Daten
Kommune
Jülich
Größe
1,7 MB
Datum
18.05.2015
Erstellt
24.04.15, 17:02
Aktualisiert
24.04.15, 17:02
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Inhalt der Datei
Eckpunkte-Papier „Strommarkt"
Die Energiewende stellt eine große Chance für die Modernisierung unserer Industriegesellschaft dar. Wir wollen aus ihr eine ökologische und ökonomische Erfolgsgeschichte machen.
Im vergangenen Jahr haben wir mit einer grundlegenden Reform des E E G die Kostendynamik der letzten Jahre durchbrochen und mehr Planungssicherheit für alle
Akteure geschaffen.
In diesem Jahr wollen wir die Weichen für einen verlässlichen und kostengünstigen
Strommarkt stellen, der den zukünftigen Anforderungen der Energiewende gerecht
wird. Dazu gehört auch die weitere Integration in den europäischen Binnenmarkt.
Die Themen Strommarkt, KWK-Förderung, C02-Minderungsbeitrag des Stromsektors und der Netzausbau sind fachlich eng miteinander verknüpft. Deshalb sollen die
Grundsatzentscheidungen zu diesen Vorhaben im Zusammenhang getroffen werden.
1. Grundsatzentscheidung Strommarkt
Auf der Basis einer breit angelegten Diskussion wurde mit dem Grünbuch eine weit
gehende Übereinstimmung darüber erzielt, welche Maßnahmen für einen zukunftsfähigen „Strommarkt 2.0" erforderlich sind und dass in jedem Fall zusätzlich eine Kapazitätsreserve sinnvoll ist. Nach wie vor kontrovers diskutiert wird die Frage, ob wir
darüber hinaus einen Kapazitätsmarkt brauchen, um die Versorgungssicherheit zu
gewährleisten. Diese Grundsatzentscheidung kann und muss nach den umfangreichen Konsultationen des Grünbuchs zeitnah getroffen werden, damit noch vor der
Sommerpause das Weißbuch mit den konkreten Eckpunkten für die Reform des
Strommarktes vorgelegt werden kann.
Entscheidend ist die Frage, mit welcher Konzeption wir das hohe Maß an Versorgungssicherheit in Deutschland auch in Zukunft aufrecht erhalten wollen. Die Gut-
achten des BMWi zum Strommarkt und die umfangreichen Konsultationen haben
gezeigt, dass der Strommarkt 2.0 in der Lage ist, ausreichend gesicherte Leistung
anzureizen und Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn sich Investoren darauf verlassen können, dass die Politik nicht direkt oder indirekt in die Preisbildung am
Großhandelsmarkt eingreift. Die überwiegende Mehrheit der Stellungnahmen zum
Grünbuch, die meisten unserer Nachbarländer sowie die EU Kommission sprechen
sich ebenfalls für einen Strommarkt 2.0 und gegen einen nationalen Kapazitätsmarkt
aus. Eine Kapazitätsreserve für unvorhersehbare Notfälle ist sinnvoll. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden darf diese jedoch nicht am Markt teilnehmen. Wir
sind als Ergebnis der umfangreichen Konsultationen überzeugt, dass der Strommarkt
2.0 in der Lage ist, ein hohes Maß an Versorgungssicherheit kostengünstig zu gewährleisten.
Sicher können auch Kapazitätsmarkte einen wichtigen Beitrag leisten, um die Versorgungssicherheit zu stärken. Sie bergen jedoch allesamt das Risiko ausufernder
Kosten. Auch bergen sie mit ihrer Komplexität die Gefahr erheblicher Fehlsteuerungen. Vor allem aber fällt es danach dem Staat zu, die Interventionspunkte für den
Kapazitätsmarkt zu definieren; dadurch können erhebliche Störungen des Strommarktes erfolgen.
Ein weiter entwickelter Strommarkt 2.0 wird allerdings nur dann eine stabile Basis für
künftige Investitionen schaffen, wenn Investoren sich darauf verlassen können, dass
die Rahmenbedingungen politisch und rechtlich stabil sind. Notwendig ist daher eine
eindeutige und dauerhafte politische Grundsatzentscheidung. Damit nicht zu vereinbaren wäre, wenn ein möglicher späterer Umstieg auf einen Kapazitätsmarkt z. B.
mit einer Überprüfungsklausel offen gehalten würde. Auf einer derart unsicheren
Grundlage wird niemand investieren.
Folgende Eckpunkte sind für den Strommarkt 2.0 zentral;
•
Stromversorger in die Pflicht nehmen. Die verantwortlichen Stromversorger
und -händler (d.h. in diesem Zusammenhang die sog. „Bilanzkreisverantwortlichen") müssen in Zukunft konsequent verpflichtet werden, für ihre Kunden ausreichend Strom einzukaufen. Wer weniger Strom eingekauft hat als er tatsächlich
benötigt, trägt verursachergerecht die Kosten, um seine Versorgungslücke auszugleichen. In Zeiten von Knappheit können diese hoch sein. Stromversorger und
-händler als auch große Stromkonsumenten, die sich selbst am Großhandel mit
Strom eindecken, werden sich gegen dieses Risiko mit langfristigen Lieferverträgen und Lastmanagement absichern, womit die Vorhaltung entsprechender Kapazitäten bewirkt wird.
•
Wettbewerb und Innovation entfachen. Wir brauchen Flexibilität im Strommarkt, um die wetterbedingten Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen. Flexible Kraftwerke, KWK, der europäische Stromhandel, Lastmanagement, Speicher, E-Mobilität und andere Flexibilitätsoptionen sollen in einem
fairen Wettbewerb um die besten Lösungen konkurrieren. Beispielsweise öffnen
wir die Regelenergiemärkte für flexible Lasten. Und wir reformieren die Netzentgelte und andere Abgaben, damit die Preissignale beim Verbraucher ankommen
und die kostengünstigsten Flexibilitätsoptionen genutzt werden.
•
Freie Preisbildung garantieren. Abhängig vom Stromangebot und der Nachfrage senden schwankende Preise wichtige Informationen an große Akteure an der
Strombörse (Stromversorger, -händler, Großindustrie). Diese Preisbildung muss
frei bleiben, weil nur so angezeigt wird, wie knapp Strom in einem Zeitpunkt ist.
Deshalb werden wir die freie Preisbildung rechtlich absichern: Im Energiewirtschaftsrecht werden wir sehr klar den Grundsatz festlegen, dass die Politik in die
Preisbildung am Markt nicht eingreifen darf. Ergänzt wird dieser Grundsatz durch
eine angestrebte gemeinsame Erklärung mit unseren europäischen Nachbarstaaten, die in die gleiche Richtung geht
•
Datenschutz stärken. Der Strommarkt wird die erste voll digitalisierte Branche
unserer Volkswirtschaft sein (Industrie 4.0). Smarte Technologien werden bereits
heute in stromintensiven Prozessen und im Netzmanagement eingesetzt. Wir
wollen diesen Innovationsboom, weil er Ressourcen spart und Wachstumsfelder
eröffnet. Um die weitere Entwicklung voranzutreiben, definieren wir mit dem Verordnungspaket „Intelligente Netze" sowohl die technischen Standards als auch
die Standards für den Datenschutz.
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Mit einer Kapazitätsreserve stellen wir dem Strommarkt 2.0 eine zusätzliche Absicherung (sozusagen ein „Hosenträger" zum „Gürtel") zur Seite. Gleichzeitig unterstützt die Kapazitätsreserve den Strukturwandel und den C02-Minderungsbeitrag
des Stromsektors, denn Kraftwerke in der Kapazitätsreserve können zumindest einen Teil ihrer Arbeitsplätze erhalten und emittieren nahezu keine Emissionen. Die
Kapazitätsreserve umfasst Kraftwerke, die nur dann zum Einsatz kommen, wenn es
trotz freier Preisbildung am kurzfristigen Großhandelsmarkt aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen einmal nicht zur Deckung von Angebot und Nachfrage kommen sollte. Mit der Kapazitätsreserve wird gewährleistet, dass auch in einer solchen
Situation alle Verbraucher Strom beziehen können. Die Kraftwerke werden wettbewerblich ausgeschrieben und nehmen nicht am Strommarkt teil. Bis die Übertragungsnetze ausgebaut sind, ergänzen sich in Süddeutschland Kapazitäts- und Netzreserve.
2. Förderung der Kraftwärmekoppelung
Auch in Zukunft wird eine hoch effiziente und klimafreundliche KWK eine wichtige
Rolle im Rahmen der Energiewende spielen. Allerdings muss die künftige Förderung
der KWK so ausgestaltet werden, dass sie mit den anderen Zielen der Energiewende
kompatibel ist. So macht es bei einem stetig steigenden Anteil der Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energien keinen Sinn, das Ausbauziel von 25 Prozent bis 2020 auf
die gesamte Stromerzeugung zu beziehen.
Angesichts der gesunkenen Strompreise wäre die breite Förderung von Neuanlagen
sehr teuer und würde zu einem massiven Anstieg der KWK-Umlage führen. Gleichzeitig sind bei den niedrigen Strompreisen selbst hoch effiziente KWK-Aniagen von
Stadtwerken in ihrem Bestand gefährdet. Vor diesem Hintergrund soll die zukünftige
Förderung auf die Erhaltung hoch effizienter und klimafreundlicher gasbetriebener
KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung konzentriert werden. Die Förderung der
KWK-Bestandsanlagen bildet somit eine Brücke für bestehende Kraftwerke, um sich
finanzieren zu können, bis der Abbau der Überkapazitäten und der Strommarkt 2.0
zu wirtschaftlichen Bedingungen führen, bei dem die Betreiber auch die Kapitalkosten decken können.
Neuanlagen sollen mit einer maßvollen Anhebung auch in Zukunft gefördert werden.
Wir wollen dabei vor allem erreichen, dass sich fortgeschrittene Vorhaben finanzieren können. Schon auf der Basis des bestehenden KWKG wird mit den laufenden
Vorhaben der gesetzliche Kostendeckel von 750 Mio. Euro ausgeschöpft. Wegen der
Auswirkungen auf die KWK-Umlage sollten die Fördermaßnahmen so festgelegt
werden, dass die Gesamtkosten die Größenordnung von 1 Mrd. Euro nicht überschreiten. Das KWK wird anhand folgender Eckpunkte novelliert:
•
Als Ausbauziel werden wir 25% KWK-Anteil an der thermischen Stromerzeu- '
gung festlegen.
•
Die Stromerzeugung aus KWK soll stärker auf das Preissignal reagieren und
somit flexibler werden.
•
Bei gleichbleibende Fördersatz soll in diesem Sinne auch das förderfähige Investitionsvolumen in Wärmenetze und Wärmespeicher erhöht werden.
•
Hoch effiziente mit Gas gefeuerte KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung,
die in ihrer Existenz gefährdet sind, werden für einen begrenzten Zeitraum gefördert, um ihren Bestand zu sichern.
•
Für Fallgruppen, in denen eine hoch profitable Stromerzeugung erreicht wird,
soll die Förderung nach dem KWKG entsprechend gekürzt werden. Für die
energieintensive Industrie bleibt es beim Status quo.
•
Der Kostendeckel für die Förderung der Kraftwärmekoppelung wird insgesamt
auf 1 Mrd. Euro pro Kalenderjahr begrenzt.
3. C02-Minderungsbeitrag des Stromsektors
Die Bundesregierung hat am 3.12.2014 mit dem Fortschrittsbericht zur Energiewende und dem Aktionsprogramm Klimaschutz bekräftigt, dass Deutschland zu seiner
Selbstverpflichtung steht und seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent
gegenüber 1990 senken wird. Zu den zusätzlich erforderlichen Minderungen müssen
alle Sektoren beitragen, auch der Stromsektor, der für etwa 40% der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie
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wurde vom Kabinett beauftragt dazu in 2015 einen Regelungsvorschlag zu unterbreiten.
Wir gehen davon aus, dass der europäische Emissionshandel reformiert werden
muss, aber die gegenwärtig diskutierten Maßnahmen bis 2020 keine signifikanten
Wirkungen auf die Treibhausgasemissionen des deutschen Kraftwerksparks haben
werden. Daher brauchen wir übergangsweise ein zusätzliches nationales Instrument
zur Emissionsminderung. Der Stromsektor erbringt durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz bereits einen Beitrag von 37 Mio. t C 0 2 im
Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2014. Zusätzlich sollen 22 Mio. Tonnen Emissionsausstoß insbesondere im Stromsektor reduziert werden. Gegenüber dem Emissionsniveau im Jahr 2014 sollen die Emissionen im Stromsektor somit um insgesamt 59
Mio. t gesenkt werden.
Das noch festzulegende Instrument soll den Unternehmen eine flexible Umsetzung
ermöglichen und mit dem europäischen Emissionshandel kompatibel sein. Es wurden mehrere mögliche Instrumente im Hinblick auf die Zielerreichung, den administrativen Aufwand, mögliche Auswirkungen auf die Kraftwerkswirtschaft und die
Strompreise und andere ökonomische Wirkungen überprüft. Im Ergebnis wird folgender Vorschlag unterbreitet.
•
Kraftwerke erhalten einen Freibetrag in Tonnen C 0 2 pro Gigawatt. Emittieren
Kraftwerke unterhalb des Freibetrags, tragen sie keine zusätzlichen Belastungen.
•
Der Freibetrag ist so hoch angesetzt, dass im Ergebnis ca. 90% der fossilen
Stromerzeugung den Klimabeitrag nicht leisten müssen.
•
Kraftwerke in den ersten 20 Betriebsjahren werden vollständig freigestellt.
•
Der Verpflichtung unterliegen die Stromerzeugungsanlagen, die in den europäischen Emissionshandel einbezogen sind.
•
Kraftwerke müssen für C02-Emissionen oberhalb des Freibetrags zusätzliche
ETS-Zertifikate abgeben, die anschließend stillgelegt werden.
•
Die Höhe der zusätzlich abzugebenden ETS-Zertifikate wird so festgelegt,
dass sich daraus eine ökonomische Lenkungswirkung ergibt, mit der das Minderungsziel erreicht wird.
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Die Maßnahme ist mit dem europäischen Emissionshandel kompatibel und erlaubt eine flexible Umsetzung. Stromproduktion und Emissionen oberhalb des
Freibetrags sind zulässig, die Anlagenbetreiber erhalten jedoch einen ökonomischen Anreiz zur Minderung der C02-Emissionen. Mit diesem flexiblen Ansatz
werden auch die Auswirkungen auf die Strompreise begrenzt.
4. Netzausbau
Mit Hilfe von Szenarien haben wir die wahrscheinliche Entwicklung des erneuerbaren
und konventionellen Kraftwerksparks in der Zukunft und dessen räumliche Verteilung
ermittelt. Netzentwicklungspläne dienen dazu den Transportbedarf festzustellen. Sowohl die Szenarien als auch die Netzentwicklungspläne werden regelmäßig aktualisiert. Bei beiden liegt - nach einer umfangreichen Konsultation der Öffentlichkeit die Letztentscheidung bei der Bundesnetzagentur. Die wichtigsten Netzausbauprojekte mit unabweisbaren Bedarf hat der Gesetzgeber 2013 im Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben.
Sinn und Zweck der Planung ist es, heutige und zukünftige Netzengpässe zu beseitigen. Kunden in ganz Deutschland sollen weiterhin Zugang zu den jeweils kostengünstigsten Angeboten für Strom am Großhandelsmarkt haben. Ein Marktgebiet mit
einer einheitlichen Preiszone kann nur aufrecht erhalten werden, wenn der auktionierte erneuerbare und konventionelle Strom anschließend auch zu den Kunden, die
ihn gekauft haben, transportiert werden kann. Regionale Netzengpässe sehen wir als
Übergangsproblem an.
Wir wollen die einheitliche Preiszone in Deutschland erhalten. Daher werden wir die
festgestellten Netzengpässe beseitigen. Dazu sind auch und insbesondere die drei
Gleichstromverbindungen zwischen Nord- und Süddeutschiand erforderlich. Die
Bundesnetzagentur wird dafür sorgen, dass bei der anschließenden Trassenwahl
Varianten fair und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden. Dies schließt
die Nutzung bestehender Trassen mit ein, soweit technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar. Bei besonders sensiblen Bauabschnitten wird es im Wechselstrom-
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netz bei Pilotvorhaben und im Gleichstrom netz generell die Möglichkeit einer Erdverkabelung geben.
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