Daten
Kommune
Bedburg
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Erstellt
09.07.09, 02:28
Aktualisiert
09.07.09, 02:28
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 2 zur Vorlage WP6-393/2004
Der Hauptgeschäftsführer
Schnellbrief
An die
Mitgliedsstädte und -gemeinden
Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf
Kaiserswerther Straße 199-201
40474 Düsseldorf
Telefon 0211•4587-1
Telefax 0211•4587-211
e-mail: info@nwstgb.de
Internet: www.nwstgb.de
Aktenzeichen: III/2 702
Ansprechpartner:
Hauptreferent Gerbrand
Referent Becker
Durchwahl 0211•4587-234; -226
03.06.2004
Muster-Bürgerantrag zum Kinder- und Jugendförderungsgesetz
Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
zur Zeit wird im politischen Raum die Frage erörtert, wie das im Rahmen der
Volksinitiative für eine Förderung und Sicherung der Jugendarbeit abgegebene Votum
von 175.000 Bürgerinnen und Bürger in NRW aufgegriffen werden soll. Zur Diskussion
steht die Verabschiedung eines Jugendförderungsgesetzes mit der Zielsetzung,
verlässliche Perspektiven für die Träger von Einrichtungen und Angeboten zu
schaffen. Entsprechende Muster für Bürgeranträge, die Vorgaben für das
Abstimmungsverhalten von Gemeindevertretern in Gremien der kommunalen
Spitzenverbände
insbesondere
mit
der
Zielrichtung
konkreter
Leistungsverpflichtungen in der Jugendhilfe enthalten, begegnen erheblichen
rechtlichen Bedenken.
Nach den der Geschäftsstelle vorliegenden Informationen geht die Volksinitiative „Jugend
braucht Zukunft“ u.a. auf Ratsmitglieder zu mit der Bitte, vorformulierte Bürgeranträge nach §
24 der Gemeindeordnung zu stellen. Die Musteranträge enthalten die Anregung, dass sich
die Vertreter der jeweiligen Gemeinde in den kommunalen Spitzenverbänden für die
Verabschiedung eines Kinder- und Jugendfördergesetzes in NRW, das konkrete
Leistungsverpflichtungen für das Land und die Kommunen enthält, einsetzen sollen. Über die
aktuelle Diskussion zu einem Kinder- und Jugendförderungsgesetz hatten wir bereits mit
Bürgermeister-Newsletter vom 06.05.2004 berichtet.
Sowohl das Verfahren als auch die inhaltliche Aussage des Musterantrags sind aus Sicht der
Geschäftsstelle nicht nachvollziehbar. Nach § 24 der Gemeindeordnung (GO) muss die
Anregung eine Angelegenheit der Gemeinde sein, also in den Aufgabenkreis der Gemeinde
fallen. Dies erfordert, dass die Aufgabe einen spezifischen Bezug auf die örtliche
Gemeinschaft hat und von der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbstständig
bewältigt werden kann. Dementsprechend darf sich die Gemeinde nicht mit Angelegenheiten
befassen, die ihrem Inhalt nach in die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Trägers
öffentlicher Gewalt fallen. Eine Willensbildung, die insoweit den örtlichen Wirkungskreis der
Gemeinde überschreiten würde, hat nach ganz herrschender Auffassung in der Literatur zu
unterbleiben. Versteht man den Antrag dergestalt, dass der Rat der jeweiligen Kommune ein
entsprechendes Gesetz bzw. ein Gesetz mit einer bestimmten Zielrichtung fordert, so wäre
dies unzulässig. Denn Gesetzgebungsinitiativen können nur aus der Mitte des Landtags oder
seitens der Landesregierung erfolgen (Art. 65 Landesverfassung NRW).
Darüber hinaus begründet auch die Formulierung, wonach die Vertreter der Gemeinde
aufgefordert werden sollen, „die politischen Maßnahmen zur Absicherung der Kinder- und
Jugendarbeit in NRW aktiv zu unterstützen“, keine Angelegenheit der Gemeinde, da diese
Anregung genauso zu unbestimmt ist wie die Forderung nach „konkrete(n)
Leistungsverpflichtungen für das Land NRW und die Kommunen“.
In diesem Zusammenhang stellt sich ferner die Frage, ob der Rat Vertretern der Gemeinde
im Hinblick auf deren Abstimmungsverhalten in Gremien der kommunalen Spitzenverbände
überhaupt Vorgaben machen kann. Über § 113 Abs. 1 S. 2 GO sind die in Ausschüsse der
kommunalen Spitzenverbände entsandten Vertreter der Gemeinde zwar an Beschlüsse des
Rates und seiner Ausschüsse gebunden. Gleichwohl ist sehr zweifelhaft, ob ein aus obigen
Gründen unzulässiger Bürgerantrag eine entsprechende Bindungswirkung entfaltet. Denn
der Rat wäre zur Beschlussfassung nicht berechtigt, soweit sie den notwendigen
spezifischen Bezug auf die örtliche Gemeinschaft vermissen lässt.
Schließlich ist angesichts der aktuellen Finanzmisere der Kommunen aus Sicht der
Geschäftsstelle der Hinweis angezeigt, dass es der bislang festgelegten Linie des StGB
NRW widerspricht, über konkrete Leistungsverpflichtungen ohne entsprechende
Finanzierungsgrundlage die Handlungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden bzw. der
örtlichen Jugendhilfeträger weiter einzuengen. Die Geschäftsstelle wird dem Präsidium zu
dessen nächster Sitzung am 23.06.2004 vorschlagen, die Überlegungen aus dem
parlamentarischen Raum, durch ein Jugendförderungsgesetz Planungssicherheit in der
Kinder- und Jugendarbeit zu erzielen, nur dann zu unterstützen, wenn hierdurch keine
zusätzlichen finanziellen Belastungen auf die Kommune zukommen und keine neuen
rechtlichen Verpflichtungen und Standards geschaffen werden. Rechtsnormen oder
Verwaltungsvorschriften, die kommunale Entscheidungsspielräume in der Jugendförderung
einengen, müssen aus Sicht der Geschäftsstelle strikt abgelehnt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bernd Jürgen Schneider