Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
3,0 MB
Datum
26.04.2016
Erstellt
14.04.16, 15:07
Aktualisiert
14.04.16, 15:07
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Inhalt der Datei
Beiräte für Stadtgestaltung
in Nordrhein-Westfalen
Beispiele aus der Praxis
Beiräte für Stadtgestaltung
in Nordrhein-Westfalen
Beispiele aus der Praxis
Eine Gemeinschaftsinitiative
des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW
der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen,
des Städtetages Nordrhein-Westfalen und
des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen
Inhaltsverzeichnis
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1
Stadtgestaltung als baukulturelle Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2
Beiräte für Stadtgestaltung in NRW
mit einem Blick über die Landesgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1 Tradition und Vorbilder moderierter Gestaltungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Die Situation in Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
_Aufgaben der Beiräte
_Größe und Mitglieder der Beiräte
_Wohn- und Geschäftssitz der Mitglieder
_Tätigkeit der Mitglieder
_Geschäftsführung; Aufstellung der Tagesordnung
_Öffentlichkeit
2.3 Das Beispiel der Niederlande und der europäischen Nachbarn . . . . . . . . . . . . 14
3
Der Belang Gestaltung – Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.1 Bundes- und Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.2 Kommunale Satzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
_Gestaltungssatzung
_Befreiungsregelungen (BauGB / BauO NRW)
_Erhaltungssatzung / Gestaltungssatzung
3.3 Denkmalbereichssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3.4 Kommunales, sonstiges öffentliches oder
„der Stadt nahestehendes“ Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.5 Vertragliche Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
_Städtebaulicher Vertrag
_Vorhaben- und Erschließungsplan
_Durchsetzung gestalterischer Absichten
4
Beispiele aus der Beiratsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
_Vorbemerkung
4.1 Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
_Architektenbeirat
_Aufstockung Musikhochschule
_Wohn- und Geschäftshaus Büchel 38
_Statement des Architekten
4.2 Bielefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
_Beirat für Stadtgestaltung
_Platz vor der Volksbank Am Kesselbrink
4.3 Bocholt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
_Beirat für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Feldmark
_Neuer Stadtteil für 2.700 Einwohner Bocholt Feldmark
4.4 Gütersloh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
_Beirat für Stadtgestaltung
_Innerstädtische Wohn- u. Geschäftsbebauung Kolbeplatz
4.5 Herford . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
_Beirat für Stadtbildpflege
_Fachmarkt Elverdisser Straße
4.6 Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
_Gestaltungsbeirat
_Büro- und Geschäftsgebäude Im Mediapark 6
4.7 Krefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
_Gestaltungsbeirat
_Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäude Eichendorffstraße
4.8 Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
_Beirat für Stadtgestaltung
_Platzgestaltung mit Fahrradstation Bahnhofsvorplatz
4.9 Unna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
_Bauforum für Stadtgestaltung
_Wohn- und Geschäftsgebäude Markt 16
4.10 Exkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
_Ein Plädoyer für die Einrichtung von Gestaltungsbeiräten
_und ein Bericht aus der Praxis in Gütersloh
_Von den Mühen der Beiratsarbeit – ein Zwischenbericht aus Wuppertal
5
Synopse dreier Geschäftsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
6
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6.2 Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
_Mitglieder der Projektgruppe
_Beiräte für Stadtgestaltung
6.3 Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Einleitung
Mehr Baukultur ist mehr Kommunikationskultur:
Gestaltungsbeiräte
„Die Quellen des Schönen, des Guten, des Angenehmen
& c. liegen also in uns selbst; & die Gründe dafür suchen
heißt nach den Ursachen für das Vergnügen unserer
Seele suchen.“
Montesquieu
Gibt es eigentlich jemanden ohne Verlangen nach Schönheit und Ästhetik, nach Baukultur? Weist jemand baukulturelle Ansprüche grundsätzlich zurück? Und schließlich:
gibt es eigentlich jemanden, der mit dem gegenwärtigen
Zustand der Baukultur zufrieden ist?
So gesehen bringt die wohlfeile Forderung nach „mehr
Baukultur“ sehr schnell sehr viele Gruppen zusammen:
die Architekten und Städtebauer, deren berufliche Selbstdefinition elementar mit Begriffen wie Gestaltqualität
und Schönheit verbunden ist; die Politiker, die sich der
kulturellen Dimension ihres Handelns bewusst sind oder
auch nur mit der Außergewöhnlichkeit der von ihnen
„verantworteten“ Baukultur Rückschlüsse auf ihre eigene
Außergewöhnlichkeit ermöglichen wollen; die Mitarbeiter
in den Verwaltungen und Bau-Organisationen, die sich
in der langfristigen Verantwortung für mehr architektonische bzw. urbane Qualität sehen; die Bauherren, die –
mal aus Gründen des Prestiges, mal wegen der Vermietbarkeit und mal aufgrund der langfristigen Wertsicherung
von Investitionen – bauliche Qualität und „Unverwechselbarkeit“ anstreben; und schließlich die Stadtbewohner
und -besucher, die auch in der Architektur „Selbstvergewisserung“ und Wiedererkennbarkeit suchen.
Der große Konsens für „mehr Baukultur“ verliert sich
jedoch schnell, wenn es an die Konkretisierung baukultureller Maßstäbe und Kriterien geht. Denn die Umsetzung von Baukultur kann Widerstände erzeugen oder
auch Geld kosten. Bevor dies geschieht, streitet man
sich zunächst einmal darüber, was Baukultur hier und
heute eigentlich ist. Schnell wird klar: Baukultur bleibt
„ein sich ständig ändernder Begriff. Er zielt letztlich
auf eine besondere Haltung gegenüber dem Planen
und Bauen ab. Als solche entzieht sich Baukultur schlichter empirischer Messbarkeit oder Operationalität. Denn
sie ist
– weniger ein Produkt als ein Anspruch, und
– weniger ein Zustand als ein Prozess.
Baukultur spricht in erster Linie künstlerisch / ästhetische
Kriterien an, die in dem Begriff der Gestaltqualität anklingen. Kriterien sind dann Authentizität, Innovation,
Umgang mit Maßstäblichkeiten, Materialien und städtebauliche Integration“ 1.
Doch auch die letztgenannten Begriffe sind nicht unmittelbar praxistauglich. Will man die Forderung nach „mehr
Baukultur“ nicht im Nebel der Heterogenität bzw. Komplexität des Baukulturbegriffes aufgehen lassen, braucht
man eine Verständigung darüber,
1
vgl. dazu das Memorandum der Landesinitiative „StadtBauKultur NRW“: Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und
2
Die Kommunikationswissenschaft weist darauf hin, dass sich komplexe Sachverhalte, die von mehr als drei Faktoren abhängen,
auf welche Bereiche sich der baukulturelle Entwicklungsprozess beziehen sollte (auf Gebäude, auf den öffentlichen Raum, auf Parks, Gärten und Landschaft oder
auch auf die „Verfahren des Planens und Bauens“).
■ nach welchen Kriterien Baukultur zu beurteilen ist. Fest
steht, dass Begriffe wie „Gestaltqualität“, „städtebauliche Integration“ oder „historische Kontinuität“ nicht
direkt einer öffentlichen Kommunikation zugänglich
sind 2. Und darüber hinaus verändern sich diese Kriterien mit der Zeit.
■ wer bzw. welche Akteure für die Kontrolle und Umsetzung dieser baukulturellen Werte verantwortlich sind
(Politik, Verwaltung, Fachverbände, sonstige Gremien,
Bürgergruppen …).
Die in diesen Fragen erkennbare Begriffs- und Anspruchsverwirrung darf jedoch nicht zu dem Schluss führen, dass
der Baukulturbegriff beliebig dehnbar ist. Denn die Beantwortung der Frage, welches bauliche Projekt Qualität hat
und welches nicht, fällt in der Realität normalerweise kaum
schwer. Die Forderung nach „mehr Baukultur“ bedarf also
immer einer sachlichen, räumlichen und zeitlichen Konkretisierung. Die baukulturellen Qualitäten spezifischer Bauprojekte sind in der Regel leicht zu bestimmen, wenn man
■ die konkrete Standortsituation einbezieht,
■ die jeweils maßgeblichen historischen, gestalterischen,
räumlichen und funktionalen Bindungen würdigt und
■ verschiedene architektonisch / städtebauliche Lösungsvorschläge gegenüberstellt.
■
Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, Memorandum StadtBauKultur NRW. Düsseldorf 2002
kaum einer (massen-)medialen Diskussion zugänglich sind.
4|5
Qualifizierung: Projekte und Verfahren
Baukultur heißt in erster Linie (Weiter-)Qualifizierung. Auch
die Geschichte der Baukultur in Deutschland ist – zumindest in der nachabsolutistischen bzw. nachtotalitären Zeit –
vor allem eine Geschichte von Qualifizierungsverfahren 3.
Das Spektrum der Methoden und Verfahren zur qualitativen
Absicherung von Städtebau- und Architekturentscheidungen
ist dabei immer breiter geworden und wird neuerdings
durch die Landesinitiative „StadtBauKultur NRW“ entscheidend verstärkt:
■ Gestalterische Vorschläge können inzwischen mit Hilfe
mehrdimensionaler Darstellungstechniken auch für
„Gestaltungslaien“ kommunizierbar gemacht werden.
In Ausstellungen, Modellen und dreidimensionalen
Computersimulationen werden baulich-gestalterische
Probleme einem immer breiteren Publikum vermittelbar.
Dies gilt im besonderen Maße für filmische Darstellungstechniken, die auch interaktiv gestaltbar sind 4.
■ Fachzeitschriften und -veröffentlichungen und neuerdings das Internet verbreitern die Diskussionsbasis für
moderne Architektur und aktuellen Städtebau 5. Baukultur hat Einzug in das Feuilleton der überregionalen Zeitungen gefunden. Fachverbände und -organisationen
initiieren und begleiten den lokalen und regionalen
3
■
■
Architekturdiskurs. In Nordrhein-Westfalen hat die Architektenkammer mit dem „Tag der Architektur“ Jahr
für Jahr mehr Zuspruch in der Bevölkerung gefunden.
Für die nächsten Jahre ist ein Landespreis für Baukultur geplant.
Die herkömmlichen Strategien zur Bürgerbeteiligung
und -mitwirkung werden durch neue Methoden ergänzt. Das betrifft nicht nur die Rechtsverfahren der
Bauleitplanung, bei denen die frühzeitige Bürgerinformation und -beteiligung eingeführt wurden.
Mindestens ebenso wichtig sind die partizipatorisch
angelegten Zukunfts- und Perspektivenwerkstätten 6,
in denen es möglich ist, komplexe städtebauliche und
planerische Problemkonstellationen mit breiter Öffentlichkeitsbeteiligung zu diskutieren. Informelle Planungsverfahren, von Runden Tischen über Stadtteilforen bis
hin zu Workshops, gewinnen an Bedeutung. Vor allem
in Großstädten haben sich Stadt- und Architekturforen
entwickelt. In Nordrhein-Westfalen sind entsprechende
Aktivitäten in Essen („Essen erlebt Architektur“) und
Köln (Veranstaltungsreihe „plan“) bekannt geworden.
Das Wettbewerbswesen hat sich immer weiter ausdifferenziert. Traditionelle Verfahren werden durch „Offene
Verfahren“ und Werkstätten ergänzt. Daneben haben
vgl. Becker, Heidede (unter Mitarbeit von Sabine Klott) (Deutsches Institut für Urbanistik), Geschichte der Architekturund Städtebauwettbewerbe. Stuttgart 1992. Dies., Stadtbaukultur – Modelle, Workshops, Wettbewerbe. Verfahren
zur Verständigung über die Gestaltung der Stadt. Stuttgart 2002
4
Beispielhaft sei etwa auf die zur Zeit aktuelle Ausstellung RheinRuhrCity im Düsseldorfer Forum Kultur und Wirtschaft
hingewiesen, die dem Besucher ermöglicht, selber empirisch abgesicherte „Zukunftsbilder“ des Ballungsraums RheinRuhr
zu entwickeln (vgl. NRW-Forum Kultur und Wirtschaft (HG), The Regionmaker RheinRuhrCity. Düsseldorf 2002)
5
vgl. dazu etwa die Initiative „koelnarchitektur.de“, ein Leitprojekt der Landesinitiative StadtBauKultur NRW
6
In Nordrhein-Westfalen gab es in den letzten Jahren derartige Verfahren beispielsweise in Essen, Wuppertal,
Leverkusen und zuletzt in Düsseldorf.
■
sich Umsetzungs- und Realisierungsverfahren etabliert.
In Nordrhein-Westfalen wurden seit 1988 für mehr als
400 Wettbewerbe Fördermittel gewährt.
Die Kommunikation über Gestalt, Schönheit und Funktionalität braucht auch Kristallisations„orte“ und Bilder.
Das können Architekturzentren, -museen und -galerien
sein. In Nordrhein-Westfalen spielt in diesem Zusammenhang die Internationale Bauausstellung Emscher
Park eine wichtige – auch international herausragende –
Rolle. Die IBA setzte gestalterische Zeichen gerade in
solchen Städten und Regionen, in denen die Gestaltungsdefizite unmittelbar ablesbar waren. Nahezu jedes
der etwa 120 IBA-Projekte liefert einen spezifischen Beitrag zur Regionalen Baukultur.
Gestaltungsbeiräte – die öffentlichste aller Künste braucht
die qualifizierte öffentliche Diskussion
Soll die Qualifizierung in Architektur und Städtebau nicht
episodisch und damit letztendlich beliebig bleiben bzw.
nachhaltige „Strukturveränderungen“ bewirken, bedarf sie
bestimmter Formen der Kontinuität und Institutionalisierung. Beiräte für Stadtgestaltung können dabei eines der
zentralen diskursiven Instrumente sein. Ausgehend vor
allem vom Vorbild Salzburg haben sich derartige Beiräte
Einleitung
inzwischen in vielen Groß- und Mittelstädten des Landes
Nordrhein-Westfalen etabliert. Sie sind – obwohl sehr heterogen zusammengesetzt und in ihrem Selbstverständnis,
ihrer „Reichweite“ und ihren Arbeitsmethoden sehr spezifisch – in vielen Städten zu akzeptierten „Instanzen der
Baukultur“ geworden.
Gerade wenn es in einer Stadt noch keine gesicherten Erfahrungen mit der Arbeit dieser Beiräte gibt, dominieren
im Regelfall Bedenken. Nur allzu oft wird der Politik ein
Allzuständigkeitswahn unterstellt, die Bauherren sehen
die Wirtschaftlichkeit ihres Projektes gefährdet, die (betroffenen) Architekten sprechen von Geschmacksdiktaten und staatlich / kommunaler Willkür („Schönheit per
Gesetz“), und die Verwaltung sieht sich in ihrem vermeintlichen Monopol der politischen Entscheidungsvorbereitung gefährdet.
Vorbehalte dieser Art sind – schon gar in dieser allgemeinen Form – nicht begründet. Schon oft wurde nachgewiesen, dass eine breite öffentliche Diskussion Projekte im
Regelfall eben nicht verzögert. Auch die Einschätzung,
dass ein hohes gestalterisches Niveau zwangsläufig mit
Kostensteigerungen verbunden ist, gehört in den Bereich
der Vorurteile.
Eines ist sicher: will man an der Stadt als sozialem und kulturellem Projekt festhalten, bedarf es auch eines Engagements für die Gestalt der Stadt. Denn es gibt keinen „guten
Fürsten“ mehr, der sich für das „Gesamte“ verantwortlich
7
fühlt und das private Darstellungsbedürfnis zurückdrängen
kann. Und es gibt keine zwingende Logik der (Bau-) Materialität mehr, die in der Vergangenheit für eine gewisse
Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes von Städten gesorgt
hat – heute ist beim Bauen fast alles für fast jeden verfügbar. Und es gibt eine zunehmende Spezialisierung des Bauprozesses. Und wenn viele mitwirken – die Bauherren, die
Architekten, die Investoren, die Verwalter, die Fachplaner,
die Kostencontroller, die Makler, … – , dann mag das zwar
dem einzelnen Gebäude, wohl kaum aber dem städtebaulichen Gesamtensemble nutzen.
Mit der Einrichtung von Gestaltungsbeiräten sind eine
Reihe hochinteressanter Optionen verbunden:
■ Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Formen von
„störender Architektur“ verhindert werden. Verwüstete
Stadtbilder gibt es genug – mal aus Gedankenlosigkeit,
mal aus Gründen des kurzfristigen Gewinnstrebens.
Jedes maßstabssprengende Projekt und jede gestalterische Willkür muss mit einer öffentlichen Thematisierung rechnen.
■ Sie schaffen eine lokale öffentliche Diskussionsplattform – und damit Bewusstsein – für Fragen der Architektur und des Städtebaus. Der Wert eines solchen
Diskussionsforums leitet sich daraus ab, dass es sich
nicht erst zum Zeitpunkt eines Konflikts konstituiert,
sondern kontinuierlich und neutral Stellung beziehen
kann.
■
■
■
■
Sie mögen zuweilen umstrittene Empfehlungen entwickeln. Aber sie leisten einen entscheidenden Beitrag
zur Transparenz von Entscheidungskriterien und -wegen.
Sie können wegen ihres intermediären Charakters zwischen den am Bauprozess beteiligten Gruppen vermitteln. Sie sind – bei genauerer Betrachtung – Teil des
bürgerschaftlichen Engagements für städtische Belange. Sie vermitteln zwischen dem spezifischen Interesse
des Einzelobjekts und den Interessen der Allgemeinheit.
Sie gehen in der Gestaltung ihrer Tätigkeit selbstbestimmt vor; sie sind insbesondere nicht an (gesetzliche
oder sonstige) Regelungswerke gebunden. Beiräte können nur auf die Überzeugungskraft ihrer inhaltlichen
Argumentation vertrauen – und das macht sie glaubwürdig.
Sie sind letztlich eine Beitrag zur Deregulierung, da sie
im Vorfeld formaler Regelungen tätig sind. Zu Recht
bemerkt dazu der Vorsitzende des BDA-Landesverbandes: „Die dauerhafte Verankerung von Gestaltungsbeiräten wird nur gelingen, wenn dadurch ein Beitrag zur
Deregulierung geliefert wird“ 7.
Wie jede Kommission und Beratungsinstitution müssen
sich auch Gestaltungsbeiräte ihrer Verantwortung bewusst
sein. Ihre Tätigkeit kann – zumindest in ihren Konsequenzen – als Eingriff in das Grundeigentum bzw. die künstlerische Freiheit interpretiert werden. Kritische Stimmen
König, Joachim, Zielsetzungen des Kongresses. In: Bund Deutscher Architekten BDA, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. (HG),
Qualitätssicherung in Architektur und Städtebau. Instrumentarien im europäischen Vergleich. Dokumentation des Kongresses
am 24./25. November 2000 in Köln. o.O. (Köln) 2001
6|7
monieren, die Beiräte hätten sich zuweilen zu sehr auf
architektonische Einzelprojekte konzentriert. Räumlich
konzentriere sich ihre Arbeit zu sehr auf die „Schokoladenseiten“ der Städte und vernachlässige die suburbanen
Räume ebenso wie die städtische Peripherie mit ihren
Gewerbegebieten, Ausfallstraßen und Einfamilienhausgebieten. Wieder andere befürchten eine durch die Beiräte
bewirkte Nivellierung aller Projekte auf ein architektonisches Mittelmaß. Ob eine solche Kritik berechtigt ist oder
nicht: sie spricht weniger gegen die Beiräte an sich als
letztendlich für eine weitere Qualifizierung bzw. punktuelle Ausweitung der Beratungstätigkeit. Ziel ist und bleibt,
lokale Projekte und Planungen auf eine breitere Basis zu
stellen und für Transparenz zu sorgen.
Ob die Arbeit von Gestaltbeiräten erfolgreich ist, hängt
sicher auch ganz maßgeblich von der Strukturierung der
Tätigkeit ab. Mit welchen Qualifikationen sind die Kommissionen ausgestattet, welche „fremden Einflüsse“ von
außerhalb der Stadt lassen sie zu? Wie wird der Wechsel
der Beiratsmitglieder organisiert? Auf welche Projekte oder
Teile der Stadt konzentrieren sich die Beiräte? Und schließlich: welches Verhältnis suchen sie zur Öffentlichkeit?
Jeder Beirat wird sich diese und ähnliche Fragen neu stellen
müssen. Aber es gibt auch gesicherte Erfahrungen, auf die
die Arbeit neuer Beiräte aufbauen kann und sollte. Diese
Erfahrungen praxisorientiert und umsetzungsbezogen aufzubereiten und sie damit breiteren Fachkreisen zugänglich
zu machen, ist eine der Hauptintentionen der vorliegenden
Broschüre.
Die in dieser Broschüre dokumentierten Beispiele machen
deutlich, dass sich das Engagement in Beiräten für Gestaltung lohnt. Sie zeigen aber auch, dass es in diesen Beiräten
nicht um abstrakte Ordnungen oder gar um Omnipotenz
geht. Letztendlich gehört es zur Aufgabe der Beiräte, Architektur in Urbanität zu transformieren.
Dr. Ulrich Hatzfeld
Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur
und Sport des Landes NRW
1
Stadtgestaltung als baukulturelle Aufgabe
Bund, Land und Kommunen reagieren seit einiger Zeit auf
qualitative, insbesondere gestalterische Defizite unserer
gebauten Umwelt, die immer deutlicher von Überlegungen
kurzfristiger Renditen bestimmt wird. Gerade in NordrheinWestfalen wurde durch geplante und gebaute Beispiele mit
vom Land gestützter Finanzierung aufgezeigt, welche Bedeutung sozialen und gestalterischen Aspekten für die notwendige Umorganisation unserer Wirtschaftsstruktur als
Folge globaler Herausforderungen beizumessen ist. Es
wurde dabei nachgewiesen, dass in unserem dicht verschachtelten Gesamtbaubestand und in den darin integrierten sozialen Strukturen behutsame Veränderungen
unter Berücksichtigung aller Qualitätsmerkmale auf Dauer
mehr bewirken als die auf Momenterfolge programmierten, wirtschaftlich-quantitativen Optimierungen.
Unsere gebaute Umwelt bestimmt in hohem Maße unser
Wohlbefinden und damit unser soziales Verhalten, unseren Berufs-, Familien- und Kulturalltag, unsere qualitative
Gesellschaftsfähigkeit. Da dieser Einfluss jedoch den
meisten Menschen nicht bewusst ist, liegt eine wichtige
Aufgabe darin, das Wissen und Sensibilität für diese Zusammenhänge zu vermitteln und die Urteilsfähigkeit der
Allgemeinheit zu verbessern. Dass hierbei den Schulen
eine wichtige Rolle zukommt, versteht sich von selbst. Es
geht zum einen um eine Wahrnehmungsschulung: das
Auge und alle übrigen Sinne müssen für Dimensionen,
Rhythmisierungen, Proportionen, Materialien und Farben
sensibilisiert, Geplantes und Gebautes unter ästhetischen
Kriterien analysiert werden.
Zum anderen ist Wissensvermittlung erforderlich: Planungen bleiben bisher für viele Menschen mangels Anleitung
unverständlich. Gebautes ist ohne Grundkenntnisse der
Gestaltung und ohne Anwendung sozialer Gesichtspunkte
nicht zu beurteilen. Unterschiedliche Stadtcharakteristiken,
Stadtkörnungen und deren Auswirkung auf die Akzeptanz
der Betroffenen gilt es zu studieren und die prägenden Gestaltungselemente eines Hauses, einer Straße, eines Quartiers, letztlich einer ganzen Stadt nachvollziehbar bewusst
zu machen und als Entscheidungskriterien den gut fassbaren rechnerischen Größen an die Seite zu stellen.
Um diese anspruchsvollen Zielsetzungen verwirklichen zu
können, sollten mehrere Voraussetzungen für die Arbeit
von Gestaltungsbeiräten unbedingt erfüllt sein:
■
■
Da dieser Fundus an Erfahrungen und Einsichten vielfach
fehlt, hat es die Landesinitiative „StadtBauKultur NRW“
relativ schwer, Verständnis und Unterstützung für die Umsetzung von Planungen und Bauten zu finden.
Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass die Berücksichtigung baukultureller Aspekte bereits in einer frühen
Planungsphase ansetzen muss. Diese Aufgabe konkret
wahrzunehmen heißt, schon in der Planungsphase auf
die Berücksichtigung der genannten, mitunter schwer
greifbaren Dimensionen, die insgesamt gesellschaftspolitisch große Relevanz haben, zu achten, ohne die
wirtschaftlichen, konstruktiven, organisatorischen und
zeitlichen Aspekte zu vernachlässigen.
Gestaltungsbeiräten kommt in mehrfacher Hinsicht eine
Schlüsselfunktion bei der Umsetzung des baukulturellen
Aufgabenfeldes als gesellschaftspolitische Zielsetzung zu:
– Sie können vor Ort ganz konkret helfen, im Einzelfalle
das, was auf Bundes- und Landesebene als Zielsetzung
diskutiert wird, umzusetzen.
– Sie können Schulungsorte der Sensibilisierung für
stadtgestalterisch-ästhetische Fragen sein.
– Sie können unabhängig, überparteilich und sachbezogen
Ratgeber und Vervielfältiger baukultureller Gedanken
allgemein und im Konkreten sein.
■
■
■
Es ist wichtig, dass Politik, Verwaltung und unabhängige, d.h. vor Ort nicht involvierte, fachkundige
Berater gleichermaßen in ihnen vertreten sind.
Es ist besonders wichtig, dass dieses Gremium über
Jahre gemeinsame Lernprozesse bewältigt, um die
Grundlagen der Wertigkeit in baukünstlerischer und
sozialer Abhängigkeit zu erfahren.
Es ist wichtig, hinsichtlich Vorlagerecht und Vorlagenotwendigkeit von einzelnen Projekten und Planungen
keine Einschränkungen zu machen.
Es ist wichtig, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt über
die Auswirkungen planerischer Programmvorgaben
auch in gestalterischer und stadtstruktureller Hinsicht
informiert zu werden, um diese im Vorfeld von Entscheidungen der politisch Verantwortlichen diskutieren
und ihnen Empfehlungen geben zu können.
Es ist wichtig, dass sich der Gestaltungsbeirat aus Vertretern unterschiedlicher Positionen und Berufe, die sich
respektieren und im Miteinander einen konstruktiven
Austausch pflegen, zusammensetzt. Diskussionskultur
ist eine der Grundvoraussetzungen für die Erarbeitung
baukultureller Empfehlungen.
Gestaltungsbeiräte in Nordrhein-Westfalen haben eine
lediglich beratende Funktion gegenüber Verwaltung und
Politik. Es ist deshalb wichtig, dass sie sich durch kontinuierliche, konstruktive und allgemein verständliche Empfehlungen das Vertrauen der Entscheidungsgremien erarbeiten.
Nur auf diese Weise wird es ihnen gelingen, bereits in
frühen Planungsstufen über wichtige, auch kritische Projekte Informationen zu erhalten, um somit Empfehlungen
8|9
erarbeiten zu können, ohne dass diese durch Vorentscheidungen schon mit Fixpunkten belastet sind.
Da in den Gestaltungsbeiräten Fachkompetenz unterschiedlicher Ausrichtungen vertreten ist, bleibt gerade bei ästhetisch-gestalterischen Fragen ein großer Spielraum für das
Geschmacksurteil jedes Einzelnen. Fragen müssen nicht
deckungsgleich von allen – ob geschult oder nicht geschult – gesehen und entschieden werden. Es gibt aber
allgemein gültige Kriterien, die gestalterische Qualität greifbar und vermittelbar werden lassen und die dennoch ein
breites Spektrum unterschiedlicher gestalterischer Lösungen für einzelne Aufgaben zulassen.
Es kommt also darauf an, städtebaulich und inhaltlich
das Richtige am richtigen Ort mit hohem gestalterischem
und sozialem Anspruch zu realisieren, um langfristig
Wirtschaftlichkeit durch hohe Akzeptanz zu erreichen.
Der Gestaltungsbeirat bietet wichtige Hilfestellungen,
um baukulturelle Aspekte in unseren Planungs- und Bauprozessen einzubringen und sicherzustellen, dass sie später
auch von allen Verantwortlichen über die Planungsphase
hinweg in die Realisierung hineingetragen und durchgestanden werden.
Gestaltungsbeiräte werden in immer mehr Städten des
Landes installiert. Wenn die durch das Land getragene
„Initiative StadtBauKultur NRW“ greifen soll, stellen sie
eine der wichtigen Detailkomponenten dar, die ein Umsetzen dieser notwendigen, richtigen und beispielhaften
Initiative vor Ort ermöglichen helfen.
Die in dieser Broschüre aufgezeigten Beispiele können
bisher natürlich nur zum Teil befriedigen, weil die Schulungsprozesse gerade erst in Gang gesetzt wurden, die
Zuständigkeiten zum Teil sehr eingeschränkt sind und
der Zeitpunkt, an dem ein Projekt auf die Tagesordnung
kommt, fast immer zu spät ist. Auch sind die betroffenen
Planer und Bauherren meistens noch zu wenig von der
Notwendigkeit und den positiven Auswirkungen der Beiratsempfehlungen überzeugt. Die Beispiele zeigen aber
auf, wie im Detail eine Verbesserung insbesondere der
Qualitäten des öffentlichen Raumes und damit eine höhere Akzeptanz und bessere soziale Integration erreicht
werden kann. Es wäre schön, wenn diese Broschüre dazu
beitragen könnte, Missverständnisse auszuräumen, Erwartungen zu relativieren und Initiativen für die weitere
Installation von Gestaltungsbeiräten zu stützen.
Walter von Lom
Architekt BDA, Köln
Vorsitzender des Gestaltungsbeirates der Stadt Köln
von 1988 –1994
2
Beiräte für Stadtgestaltung in NRW –
mit einem Blick über die Landesgrenzen
2.1
Tradition und Vorbilder moderierter
Gestaltungsprozesse
Kommunale Bemühungen um die qualitative Absicherung
und Verbesserung von Architektur- und Städtebauvorhaben
haben in Deutschland bereits eine lange Tradition. Sie
waren im 19. Jahrhundert eher defensiv gegen den zunehmenden baulichen Wildwuchs gerichtet, wurden dann
aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts, angeregt von der
Denkmal- und Heimatschutzbewegung sowie der Wohnungs- und Siedlungsreform, zu einer aktiven öffentlichen
Baupflege und Gestaltungsberatung (s. Becker 2002,
S. 221-332).
Die in der Wiederaufbauzeit nach dem 2. Weltkrieg in
zahlreichen deutschen Städten gegründeten Kommissionen und Beiräte knüpften vielfach an diese Vorkriegstraditionen an.
Was wir heute unter Gestaltungsbeiräten (auch Beirat für
Stadtgestaltung, Planungsbeirat, Baukunstbeirat, Bauforum für Stadtgestalt, Beirat für Stadtbildpflege o.ä.
genannt) verstehen, geht in die späten 1960er und die
70er Jahre zurück. Auch für die Bereiche Architektur und
öffentlicher Raum forderten Fachleute und Bürger – nicht
zuletzt im Sinne eines Protestes gegen die „Unwirtlichkeit
unserer Städte“ sowie unter der Maßgabe sozialer und
später auch ökologischer Kriterien – mehr Transparenz
der politischen Entscheidungsprozesse sowie Mitwirkungsmöglichkeiten ein.
Im Unterschied zur Gestaltungssteuerung durch „von
oben“ erlassene Verordnungen zur Baugestaltung, Gestaltungsfibeln oder -satzungen, die nur bedingt geeignet sind, ästhetische Qualität hervorzubringen, setzt
das Instrumentarium Gestaltungsbeirat auf diskursive
Prozesse und Kooperation.
Bundesweit sind heute ca. 50 Gestaltungsbeiräte tätig, wie
eine BDA-Recherche im Jahr 2000 ergab. Eine systematische Erhebung oder Darstellung gibt es zu diesem Thema
nicht. Auch ist die Abgrenzung zwischen Planungsbeiräten
einerseits und „Stadtforen“, „Architekturwerkstätten“ u.ä.
andererseits, die oft einen mehr temporären Charakter
besitzen, mitunter schwer zu treffen. Die Satzungen und
Geschäftsordnungen der Beiräte sowie dementsprechend
deren Zuständigkeiten und Einflussmöglichkeiten divergieren bundesweit sehr stark, während es in NordrheinWestfalen zumindest von der grundsätzlichen Verfasstheit
her eine relativ große Einheitlichkeit gibt.
Städte mit Beiräten für Stadtgestaltung in NRW
Aachen
Bielefeld
Detmold
Dortmund
Duisburg
Gütersloh
Herford
Köln
Krefeld
Moers
Münster
Siegen
Unna
Wesel
Wuppertal
Architektenbeirat
Beirat für Stadtgestaltung
Beirat für Stadtgestaltung
Gestaltungsbeirat
Beirat für Stadtgestaltung
Gestaltungsbeirat
Beirat für Stadtbildpflege
Gestaltungsbeirat
Gestaltungsbeirat
Gestaltungsbeirat
Beirat für Stadtgestaltung
Beirat für Stadtgestaltung
Bauforum für Stadtgestalt
Gestaltungsbeirat
Gestaltungsbeirat
Immer wieder wird auf das positive Beispiel, ja Vorbild
des Salzburger Gestaltungsbeirates verwiesen (s. Voggenhuber 1988). 1983 gegen starken Widerstand von dem
grünen Baustadtrat Johannes Voggenhuber gegründet,
konnten bereits 1986 in einer Ausstellung zahlreiche
Projekte vorgestellt werden, die sich in ihrer hohen Qualität nicht zuletzt dem Einwirken des Beirats verdankten
(s. Steiner 1986). Zwei Merkmale heben den Salzburger
Gestaltungsbeirat sowohl von fast allen älteren als auch
den später gegründeten Beiräten ab: zum einen die Öffentlichkeit der Sitzungen selbst und die allgemeine Zugänglichkeit aller Empfehlungen und Urteilsbegründungen des
Beirates, zum anderen die Besetzung mit überwiegend
auswärtigen, auch nicht-österreichischen Beiratsmitgliedern. Seit 1992 ist die Zuständigkeit des Beirates für die
Begutachtung aller stadtbildprägenden großen Bauvorhaben im Salzburger Raumordnungsgesetz (§ 39 Abs. 4)
rechtlich verankert (s. Becker 2002, S. 311 ff).
Bocholt
Beirat für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Bocholt Feldmark
Gestaltungsbeirat für die Entwicklungsmaßnahme Neuss Allerheiligen
Neuss
Gründungsjahre (Revisionen)
der Beiräte für Stadtgestaltung in NRW
1975 (1986)
1979 (1992)
1987 (2000)
1988 (1990/98/01)
1994
1990 (1995)
1995
1996 (1997)
1996 (2002)
1996 (2001)
1999 (2000)
2000
2001
2001
2002
2002
2002
Bielefeld
Aachen
Siegen
Köln
Unna
Krefeld
Bocholt Feldmark
Duisburg
Gütersloh
Münster
Wesel
Herford
Dortmund
Wuppertal
Detmold
Moers
Neuss Allerheiligen
10 | 11
2.2 Die Situation in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein Westfalen gibt es derzeit 15 Städte mit Gestaltungsbeiräten, darunter zwei der drei größten Städte
(Köln und Dortmund). Acht weitere Großstädte (Aachen,
Bielefeld, Duisburg, Krefeld, Moers, Münster, Siegen und
Wuppertal) sowie eine Reihe kleinerer Städte (Detmold,
Gütersloh, Herford, Unna und Wesel) verfügen ebenfalls
über Beiräte.
1975 gründete sich der Architektenbeirat Bielefeld (seit
1986 Beirat für Stadtgestaltung). Es folgten bis zur Mitte
der 90er Jahre: Aachen, Duisburg, Gütersloh, Köln, Krefeld,
Münster, Siegen und Unna. Seit dem Ende der 90er Jahre
ist ein deutlicher Schub von Neugründungen festzustellen:
Dortmund, Herford (Wiedergründung), Wesel, Wuppertal,
Moers, zwei weitere, Marl und Detmold, sind derzeit in der
Gründungsphase. Zwei Sonderfälle sind zu erwähnen: Die
Städte Bocholt und Neuss haben Beiräte jeweils für ein begrenztes Stadtgebiet installiert. Diese haben die Aufgabe,
die großen Neubaugebiete der Entwicklungsmaßnahmen
Bocholt-Feldmark bzw. Neuss-Allerheiligen zu begleiten
und sind insofern von vorneherein temporärer Natur. (Die
Satzungen dieser Beiräte werden am Beispiel Bocholt im
Kapitel 4 erläutert.)
Das zur Zeit deutlich belebte Interesse vieler Städte, die
Gründung eines Beirates für Stadtgestaltung in Betracht
zu ziehen, ist als Reaktion auf das in breiten Bevölkerungskreisen seit den 1970er Jahren nochmals gewachsene
Bewusstsein zu verstehen, dass die bauliche Gestaltung
und Qualität der öffentlichen Räume ein wichtiger Faktor
für die Lebensqualität unserer Städte ist. Vor Ort äußert
sich dies in zunehmend kritischer Beobachtung des Planungs- und Baugeschehens sowohl was die Plätze und
Parks als auch den Neubau und den Umgang mit Denk-
mälern und historischer Bausubstanz anbelangt. Die öffentliche Hand wird in ihrer Rolle als Vorbild gefordert, und das
in einer Zeit, wo sie die eigene Bautätigkeit immer stärker
zurücknehmen muss und vielfach nur imstande ist, eine
Stimulatoren- und Moderatorenrolle für private Investitionsinteressen einzunehmen.
Angesichts vielfach komplexer und anspruchsvoller Aufgabenstellungen bietet sich die Einbeziehung von Experten
als geeigneter Weg an, zu konsensfähigen und qualitätvollen Lösungen zu kommen, ohne dass Entscheidungszuständigkeiten abgegeben werden müssen. Gestaltungsbeiräte
bringen einen hohen Grad von Erfahrung und Sachverstand
in das Baugenehmigungsverfahren ein, das sich die Kommune zu eigen machen kann. Da die Planungsbeiräte keine
Ausschüsse im Sinne der Gemeindeordnung NRW sind,
haben ihre Beratungsergebnisse lediglich empfehlenden
Charakter.
_Aufgaben der Beiräte
Allgemein besteht die Aufgabe der Beiräte in der Diskussion und Urteilsfindung über die vorgelegten Projekte mit
dem Ziel, Empfehlungen für die Fachausschüsse, den Rat
und die Verwaltung zu erarbeiten. Eine Beratung der Architekten und Bauherren ist bei früher Vorlage eines Projektes
und Änderungswünschen Bestandteil des Verfahrens, wird
aber nur in der Dortmunder Satzung explizit als Aufgabenstellung genannt.
Die Planungen, die in den Beiräten behandelt werden,
reichen von Einzelvorhaben, städtebaulichen Projekten,
Bebauungsplänen (alle) und Erhaltungs- bzw. Gestaltungssatzungen (Münster, Herford) über Grün- und Freianlagen (Krefeld, Köln, Dortmund, Gütersloh), Platz- und
Straßengestaltungen (Krefeld, Köln, Dortmund, Herford),
Verkehrsbauten (Detmold) bis hin zu Maßnahmen wie Werbeanlagen (Unna, Köln, Bielefeld, Duisburg, Gütersloh),
Stadtmöblierung (Dortmund, Detmold, Köln), Beleuchtung
und Leitsysteme (Detmold, Dortmund). Entscheidend ist in
der Regel die besondere Bedeutung des Vorhabens für das
Stadtbild bzw. seine Auswirkungen auf historisch bedeutende Bausubstanz, auf Denkmäler und Ensembles.
Überwiegend handelt es sich um Projekte im allgemeinen
Baugenehmigungsverfahren, um Bauvoranfragen und Bauanträge, zunehmend aber auch um Befreiungsfälle nach
§ 34 BauGB. Gerade für die letztgenannten, häufig weitreichenden und konfliktträchtigen Entscheidungen stellen die
Beiratsempfehlungen eine zunehmend wichtige, fachlich
legitimierte Unterstützung für Politik und Verwaltung dar.
Allgemeiner Konsens, auch wenn dies in den Satzungen
nicht explizit erwähnt wird, ist, dass Projekte, die die
Umsetzung von Wettbewerbsergebnissen darstellen, im
Beirat nicht zur Beratung kommen, es sei denn, dass sich
gravierende Abweichungen gegenüber dem zur Realisierung vorgesehenen Entwurf abzeichnen.
Damit die Urteile des Beirates überhaupt für eine Optimierung des Vorhabens fruchtbar gemacht werden können, ist
es entscheidend, dass die Behandlung der Fälle frühzeitig
erfolgt. Dem scheint die Forderung in einigen Satzungen
bzw. Geschäftsordnungen zu widersprechen, dass Beratungen des Beirates nicht zu Verzögerungen im bauaufsichtlichen Verfahren führen sollen. Eine mögliche Form, diese
beiden Vorgaben sicher zu stellen, hat der Beirat der Stadt
Köln gemeinsam mit der Verwaltung entwickelt: der Gestaltungsbeirat wird bei wichtigen Projekten bereits vor dem
sogenannten „Ämterdurchlauf” im Baugenehmigungsverfahren über das Projekt informiert.
2
_Größe und Mitglieder der Beiräte
Die Berufung der Beiratsmitglieder erfolgt in der Regel
durch den Rat der Stadt, häufig auf Vorschlag der Verwaltung und unter Einbeziehung der örtlichen oder auch
überregionalen Fachverbände. In den meisten Städten
ist die Amtszeit des Beirates an die Wahlperiode des
Rates gekoppelt.
In erster Linie ist von den Mitgliedern der Gestaltungsbeiräte Fachkompetenz gefragt. Daher handelt es sich in der
Regel um anerkannte Fachleute der Bereiche Architektur,
Städtebau, Landschaftsplanung sowie zum Teil auch der
Bereiche Denkmalschutz, Heimatpflege, Bildende Kunst
und Verkehrsplanung (letzteres: Duisburg). Die Qualifikation der ArchitektInnen soll, z.B. in Köln, durch ihren
Erfolg bei Wettbewerben und Architekturpreisen oder
durch Preisrichtertätigkeit belegt werden.
Diese Fachleute bilden einen Beirat aus 4 (Krefeld, Unna,
Wuppertal) bis 11 (Bielefeld, Duisburg) Mitgliedern und
sind in der Regel allein stimmberechtigt. In den Beiräten
der Städte Unna, Dortmund und Wesel kommen zu diesen
noch stimmberechtigte Mitglieder aus der Verwaltung und
der Politik hinzu. Der Dortmunder Beirat erreicht so eine –
in Bezug auf seine Arbeitsfähigkeit sicher nicht unproblematische – Größe von 14 Personen. Für alle anderen Beiräte gilt, dass Vertreter der beteiligten Fachressorts mit
Berichtspflicht, aber ohne Stimmberechtigung, an den
Beiratssitzungen teilnehmen können. Das Gleiche gilt für
die Vertreter des Rates, in der Regel Mitglieder der entsprechenden Fachausschüsse. Lediglich in Moers ist eine
Teilnahme von Vertretern der Ratsfraktionen an Beiratssitzungen nicht vorgesehen.
Ansonsten wird auf die Sitzungsbeteiligung der Politiker
im Hinblick auf Akzeptanz und Umsetzbarkeit der Empfehlungen des Beirates großen Wert gelegt. In Köln werden
seit 2001 sogar zusätzliche Sitzungen des Gestaltungsbeirates mit den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschusses durchgeführt, um den Gedankenaustausch
noch intensiver führen zu können.
Eine quasi „automatische” Umsetzung der Beiratsempfehlungen erfolgt dennoch in der Regel nicht. Sowohl die
Verwaltung als auch Ausschüsse und Rat beziehen die
fachlichen Stellungnahmen des Beirates selbstverständlich
in den Entscheidungsprozess ein. Dennoch bleibt es ihnen
vorbehalten, zu einem abweichenden Ergebnis zu kommen.
_Wohn- und Geschäftssitz der Mitglieder
Einerseits ist es selbstverständlich wichtig, bei den Beiratsmitgliedern Ortskenntnisse, auch historischer Art, voraussetzen zu können, um zu einer fundierten Beurteilung der
jeweiligen städtebaulichen und gestalterischen Situation
zu gelangen. Andererseits kann aber der Blick von außen
genauso wichtig und befruchtend für die Diskussion sein.
Mit dieser Thematik gehen die Beiräte unterschiedlich um.
Die Bielefelder, Duisburger, Gütersloher und Herforder Mitglieder müssen alle ihren Wohn- und Geschäftssitz vor Ort
haben. Moers und Dortmund lassen unter Verweis auf die
Wahrung der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit Mitglieder aus dem örtlichen Einzugsbereich nicht zu. Andere
Geschäftsordnungen sehen mindestens ein (Detmold) oder
aber zwei (Wuppertal) auswärtige Mitglieder vor oder öffnen den Beirat für KollegInnen der gesamten Region (Münster). Die Stadt Köln hat seit ihrer letzten Satzungsänderung
2001 ein externes Mitglied (zusätzlich) in den Beirat aufgenommen, welches sogar vom Oberbürgermeister der Stadt
berufen und als einziges Mitglied für seine Tätigkeit honoriert wird, wodurch die Wichtigkeit dieser externen Meinung besonders herausgestellt ist. In den letzten Jahren
ist die Tendenz, die Beiräte mit Mitgliedern von außerhalb
zu besetzen, deutlich stärker geworden.
Beiräte für Stadtgestaltung in NRW –
mit einem Blick über die Landesgrenzen
_Tätigkeit der Mitglieder
Die Mitglieder müssen sich zur Verschwiegenheit verpflichten und ihre Tätigkeit gewissenhaft und uneigennützig ausführen. Im Falle einer persönlichen Beteiligung oder der
enger Angehöriger an einem im Beirat zu behandelnden
Projekt, ist das betroffene Mitglied von der Beratung ausgeschlossen.
Im Allgemeinen handelt es sich um eine ehrenamtliche
Tätigkeit, größtenteils mit Aufwandsentschädigung (außer
Bielefeld). Die Aufwendungen werden nach den Maßgaben
der Gemeindeordnung sowie der städtischen Satzungen
ausgeglichen. Nur in wenigen Städten gibt es einen eigenen Haushaltstitel für den Gestaltungsbeirat. Dieser ist mit
Beiträgen zwischen 2.500 und 25.000 Euro ausgestattet.
Damit werden zum Beispiel Gutachten, externe Sachverständige oder Veröffentlichungen bezahlt.
_Geschäftsführung; Aufstellung der Tagesordnung
Die Geschäftsführung hat mit einer Ausnahme das für
Stadtplanung zuständige Dezernat. Wichtig für die effektive Arbeit der Beiräte ist, wer die Vorschläge für die Tagesordnung machen kann. Strikt wird dies in Unna und
Münster praktiziert. Dort kommen nur Projekte auf die
Tagesordnung, die vom Vorsitzenden in Abstimmung mit
der Verwaltung vorgeschlagen werden (Unna) bzw. die
vom Vorsitzenden im Benehmen mit dem Rat, ggf. auch
erweitert durch den Beschluss des Beirates, vorgeschlagen
werden (Münster). Einige Geschäftsordnungen machen
darüber keine Angaben. Sonst gilt in der Regel, dass alle
Mitglieder des Beirates Tagesordnungspunkte einbringen
können. Dortmund hebt hervor, dass auch Architekten und
Bauherren ein Projekt zur Verhandlung beim Beirat vorschlagen können. Damit sichergestellt werden kann, dass
alle „wichtigen” Projekte behandelt werden können, ist
12 | 13
eine enge Zusammenarbeit mit dem Bauaufsichtsamt
notwendig (die Geschäftsordnung der Stadt Dortmund
macht hierzu ausführliche Vorgaben, siehe Synopse Kapitel 5). Wie diese Kooperationen gehandhabt werden,
ist den Satzungen bzw. Geschäftsordnungen nicht zu
entnehmen. Hier kommt es sicherlich darauf an, dass
die Beiräte politisch ernsthaft gewollt und von der Verwaltung entsprechend unterstützt werden.
Die Beiräte tagen in der Regel monatlich, und je nach
Größe der Stadt werden bis zu 50 Projekte im Jahr behandelt. Den Entwurfsverfassern wird in aller Regel Gelegenheit zur Äußerung bzw. Erläuterung ihres Projektes
vor dem Beirat gegeben. Moers überlässt die Vorstellung
der Projekte dem jeweiligen Antragsteller. Einige Satzungen stellen das Recht der Entwurfsverfasser zur Vorstellung heraus (Wuppertal, Gütersloh), ansonsten ist es
eine Kannbestimmung.
_Öffentlichkeit
Alle Gestaltungsbeiräte tagen nichtöffentlich. Die Vermittlung der Beiratsarbeit nach außen, insbesondere
gegenüber der örtlichen Presse, muss daher jeweils
geklärt werden. In Absprache mit der Verwaltung und
den Politikern wird in oder nach der Sitzung darüber
entschieden, ob die Öffentlichkeit über die behandelten
Projekte und die Beratungsergebnisse informiert werden
soll, falls keine datenschutzrechtlichen Bedenken dagegen
stehen. Durch die Bekanntmachung der Beiratsempfehlung
kommt oftmals ein wichtiger Anstoß der bürgerschaftlichen
Diskussion zustande.
2.3
Das Beispiel der Niederlande und der
europäischen Nachbarn
Ein vielfach zitiertes, erfolgreiches Beispiel für eine umfassende staatliche und kommunale Qualitätsfürsorge in
architektonischen und städtebaulichen Fragen sind die
Niederlande. Eine große Zahl von Institutionen und Angeboten, vom Niederländischen Architektur Institut NAI
in Rotterdam angefangen bis hin zu Beratungseinrichtungen in vielen kleinen Städten, ist Ausdruck des gesellschaftlichen Konsenses über die Zielsetzung einer
guten architektonischen und städtebaulichen Gestaltung.
Gestaltungsbeiräte sind in den Niederlanden auf kommunaler Ebene bereits seit 1925 etabliert und baugesetzlich
verankert. Alle genehmigungspflichtigen Baupläne werden auf ihre ästhetische Qualität und ihre ansprechende
Einfügung in die Umgebung hin begutachtet.
Seit einigen Jahren regte sich jedoch in den Niederlanden
Kritik an der weitreichenden Einflussnahme und Zuständigkeit der „welstands-commissies”, die sich zu beinahe
autonomen Institutionen verfestigt haben, und es gibt
Bestrebungen, die Qualitätskontrolle wieder mehr als
gemeinsame Aufgabe von Kommunen und Bürgern zu
begreifen. Seit 2001 besagt ein Gesetz, dass die Kommissionen in Zukunft nur dort tätig werden, wo die
Kommune sich selbst zuvor detaillierte Regeln zur Architektur- und Stadtgestaltung – jeweils bezogen auf bestimmte Gebäudetypen, Stadtviertel und städtebauliche
Entwicklungsgebiete – gegeben und entsprechende Beurteilungskriterien formuliert hat. Die Gemeinden werden
sich dieser Aufgabe in den nächsten Jahren, beraten von
der „Federatie Welstand”, der Dachorganisation der Niederländischen Gestaltungsbeiräte in Nimwegen, intensiv
widmen.
Weitet man den Blick auf andere europäische Länder aus,
so kann man in den letzten Jahren zwei gegenläufige
Trends beobachten: zum einen sind große Fortschritte bei
der Verankerung von qualitätssichernden Instrumentarien
gemacht worden, so dass man von einer zunehmenden
Institutionalisierung sprechen kann; andererseits ist eine
De-Institutionalisierung oder fortschreitende Liberalisierung
in Ländern mit langjährig verfestigten Strukturen, wie etwa
in den Niederlanden, zu konstatieren. Im Hinblick auf die
deutsche, insbesondere nordrhein-westfälische Entwicklung
ist es von großem Interesse, eine eigene Position zwischen
diesen beiden Tendenzen zu beschreiben.
Die Erfahrungen mehrerer europäischer Nachbarländer
(s. BDA Landesverband NRW 2001) zeigen deutlich, dass
Gestaltungsbeiräte zu den erfolgreichen Instrumenten einer
qualitätsorientierten Architekturpolitik auf kommunaler
Ebene gehören. Je vielseitiger außerdem andere Instrumentarien – Wettbewerbe, Ortsbildsatzungen, Stadtmodelle,
Architekturzentren, Bildungsarbeit – eingesetzt und gepflegt
werden und je intensiver die öffentliche Diskussion über planerische und baukulturelle Themen der Stadt außerhalb des
Beirats geführt wird, umso mehr wird auch der Stellenwert
und die Wirksamkeit eines solchen Gremiums von Politik
und Bürgern erkannt und anerkannt werden.
Dr. Uta Joeressen
Geschäftsführerin BDA Landesverband NRW, Düsseldorf
3
Der Belang Gestaltung – Rechtliche Grundlagen
3.1 Bundes- und Landesrecht
Das Bundes- und Landesrecht enthält eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften, die sich mit gestalterischen Fragen
im Städtebau im weiteren und im engen Sinne befassen.
Der Unterschied besteht darin, dass dem Bund die Befugnis
zur Regelung im Städtebaurecht zugeordnet worden ist,
während die klassischen Regelungen zur Gestaltung zum
Bauordnungsrecht – also zum Landesrecht – gehören. Die
Abgrenzung ist teilweise nicht einfach, wie das Verhältnis
der Erhaltungssatzung gem. § 172 BauGB zur Gestaltungssatzung auf der Grundlage des § 86 BauO NRW verdeutlichen mag.
3.2 Kommunale Satzungen
_Gestaltungssatzung
Nach § 86 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 BauO NRW können die
Gemeinden Vorschriften erlassen über
a) die äußere Gestaltung baulicher Anlagen, Werbeanlagen und Warenautomaten zur Durchführung
baugestalterischer Absichten in bestimmten, genau
abgegrenzten bebauten oder unbebauten Teilen des
Gemeindegebietes,
b) besondere Anforderungen an bauliche Anlagen
zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze
oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer
oder städtebaulicher Bedeutung sowie von Bauund Naturdenkmälern.
Die Nr. 1 dient der Absicherung bestimmter baugestalterischer Absichten in der Form von satzungsrechtlich festgelegten Anforderungen an „etwas noch Entstehendes“.
Die baugestalterische Absicht i.S. der Nr. 1 muss entweder
der Satzung selbst oder der Begründung entnommen werden können. Voraussetzung ist also, dass ein Konzept oder
eine Idee eigens für die Ausgestaltung eines konkreten,
überschaubaren Ortsteils vorhanden ist und sich die örtliche Bauvorschrift daraus folgerichtig ableiten lässt. Diese
Gestaltungsvorschriften müssen sich im Übrigen auf solche
über deren Ausdehnung nach Länge, Breite und Höhe, über
ihre Körperform, über das zu verwendende Material der
Außenhaut und die Farbgebung beschränken. Nur bei
Werbeanlagen kommen noch Vorschriften über den Anbringungsort als möglich hinzu, d.h. die Festlegung bzw.
die Beschränkung des Aufstellungs- oder Anbringungsbereiches. In die Gestaltungsvorschriften können darüber hinaus auch Bestimmungen über die zulässige Neigung des
Daches, die Zulässigkeit von bestimmten Dachformen wie
Satteldach / Walmdach, die Ausgestaltung der Dächer
durch Dachaufbauten und dgl. aufgenommen werden.
In Nr. 2 des § 86 Abs. 1 BauO NRW ist die Ermächtigung
zum Erlass örtlicher Bauvorschriften auf eng begrenzte
Bereiche, nämlich auf bestimmte Bauten, bestimmte
Straßen, Plätze oder Ortsteile sowie auf bestimmte Bauund Naturdenkmäler bezogen. Den bestimmten Bauten,
Straßen, Plätzen oder Ortsteilen muss außerdem noch eine
besondere schützenswerte geschichtliche, künstlerische
oder städtebauliche Bedeutung zu Eigen sein. Sie sind in
jedem Fall schützenswert, wenn sie vom Denkmalrecht
erfasst werden. Eine städtebauliche Bedeutung liegt dann
vor, wenn eine stadtbildprägende Wirkung bejaht werden
kann.
Eine künstlerische Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn
die baulichen Anlagen das ästhetische Empfinden in besonderem Maße ansprechen oder mindestens den Eindruck
vermitteln, dass sie etwas nicht Alltägliches darstellen oder
ihnen Symbolgehalt zukommt. Dabei können auch neu angelegte fertige Straßen und Plätze und moderne Bauten
künstlerisch bedeutend und damit schutzbedürftig sein.
Als Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher Bedeutung können nur solche angesehen werden,
die als Einzelbauwerke oder im Zusammenwirken mehrerer
Gebäude den charakteristischen Eindruck einer historischen
Epoche aufweisen. Historische Bedeutung kann im Einzelfall dabei auch ein Gebäude besitzen, in dem sich ein bedeutendes historisches Ereignis vollzogen hat, ohne dass
es als Bauwerk selbst den Rang eines Kunstwerkes besitzt
und ohne dass es stilistisch für die Epoche, in der das historisch bedeutende Ereignis stattgefunden hat, besonders
charakteristisch wäre.
Örtliche Bauvorschriften dürfen nicht für das gesamte
Gemeindegebiet erlassen werden. Sie sind nur in genau
abgegrenzten bebauten oder unbebauten Teilbereichen
des Gemeindegebietes zulässig (Nr. 1). Die von Nr. 2
erfassten Straßen und Plätze brauchen im Einzelnen
namentlich nicht bezeichnet zu werden. Es genügt, wenn
ein bestimmter Bezirk, der die schützenswerten Straßen
und Plätze einschließt, durch genaue Bezeichnung unmissverständlich abgegrenzt wird. Auch hier kann wie für Nr. 1
in einem Plan verdeutlicht werden, um welchen Bezirk es
sich handelt. Dieser Plan wird dann Bestandteil der Satzung. Die Ermächtigung zum Erlass baugestalterischer
Vorschriften beschränkt sich nicht auf die Abwehr von
Verunstaltungen, also auf den negativen Schutz, wie er
bereits durch § 12 BauO NRW erfasst wird. Der Gemeinde
wird vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, eine über die
Abwehr von Verunstaltungen hinausgehende positive
Baupflege zu betreiben.
Was die Verwirklichung von planerischen Absichten der
Gemeinde anbelangt, geht die Rechtsprechung davon aus,
dass zur Durchführung baugestalterischer Absichten i.S.
des § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW sich die Gemeinde einer
Planungsaufgabe zu unterziehen hat, die wiederum zum
Ausgleich der widerstreitenden Interessen eine planerische
Abwägung verlangt. Da die Satzung durch Festlegung
14 | 15
baugestalterischer Absichten zu einschränkenden Regelungen führt, setzt dies – nach der Entwicklung entsprechender
Absichten – einen Ausgleich der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen voraus, der wegen der möglichen Unvereinbarkeit nicht allein im Wege eines objektiv
angemessenen Kompromisses, sondern nur durch eine –
unvermeidliche subjektive – Gestaltung erfolgen kann, wie
sie der Abwägung als Kernstück der Planung immanent ist.
Eine einseitige Betonung des „Gestaltungs“-Gedankens
scheidet damit aus. Die Mitwirkung eines Gestaltungsbeirates ist in der Erarbeitungsphase möglich. Da es sich um
kommunales Satzungsrecht handelt, ist letztlich der Rat der
Gemeinde bzw. Stadt ausschließlich verantwortlich.
Gestaltungsvorschriften sind im vereinfachten Genehmigungsverfahren (sog. Regelverfahren) gem. § 68 Abs. 1
Satz 4 Nr. 3 BauO NRW von der Bauaufsichtsbehörde zu
prüfen. Die in § 68 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW aufgeführten
Sonderbauten unterliegen der umfassenden bauaufsichtlichen Prüfung, also auch in Bezug auf gestalterische Vorschriften.
Eine verfahrensmäßige Einschaltung von Gestaltungsbehörden in bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren ist rechtlich unzulässig.
Gegenüber der BauO NW 1995 ist die Voraussetzung,
dass die in § 67 BauO NRW genannten genehmigungsfreien („freigestellten“) Anlagen (Wohngebäude, Garagen
und überdachte Stellplätze im Geltungsbereich eines
Bebauungsplans i.S. von § 30 Abs. 1 oder § 30 Abs. 2
BauGB) örtlichen Bauvorschriften nach § 86 BauO NW
nicht widersprechen dürfen, entfallen. Die Begründung
liegt darin, dass die örtlichen Bauvorschriften zum Bauordnungsrecht zählen, auch wenn sie Eingang in den Bebauungsplan gefunden haben. Folglich sind die öffentlichen
Bauvorschriften von der Bauherrin bzw. dem Bauherrn
ohnehin zu beachten.
_Befreiungsregelungen (BauGB / BauO NRW)
§ 86 Abs. 4 BauO NRW räumt den Gemeinden die Möglichkeit ein, örtliche Bauvorschriften auch als Festsetzung
in einem Bebauungsplan im Sinne von § 8 oder § 12 des
Baugesetzbuches aufzunehmen. Die Gemeinde hat ein
Wahlrecht, ob sie eine isolierte Gestaltungssatzung erlassen
oder die örtlichen Bauvorschriften in den Bebauungsplan
als Festsetzungen aufnehmen will. Eine Aufnahme in den
Festsetzungskatalog des Bebauungsplans empfiehlt sich
wegen der Übersichtlichkeit und Rechtssicherheit. Eine
isolierte örtliche Bauvorschrift wird dann zweckmäßig
sein, wenn der Geltungsbereich der Bauleitplanung und
der örtlichen Bauvorschrift divergiert.
Mit der Aufnahme in den Bebauungsplan werden die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BauGB anwendbar.
Welche verfahrensrechtlichen Vorschriften maßgeblich sind,
enthält die Regelung des § 86 Abs. 4 BauO NRW. Bei der
Aufnahme baugestalterischer Regelungen als Festsetzungen in Bebauungsplänen wird der rechtliche Charakter
nicht verändert. Die baugestalterischen Vorschriften erhalten also keinen planungsrechtlichen Charakter. Sie bleiben
vielmehr ein Element des Bauordnungsrechts und damit
des Landesrechts.
Sofern Entscheidungen über Abweichungen von baugestalterischen Vorschriften erforderlich werden, unterliegen
sie daher nicht den Vorschriften des § 31 BauGB. Über
Abweichungen entscheidet die Bauaufsichtsbehörde nach
den in § 73 BauO NRW festgelegten Rechtsgrundsätzen.
Einschlägig ist die Vorschrift des § 86 Abs. 5 BauO NRW,
wonach Abweichungen von örtlichen Bauvorschriften im
Einvernehmen mit der Gemeinde von der Bauaufsichtsbehörde zugelassen werden können. Dabei wird § 36 Abs. 2
Satz 2 des Baugesetzbuchs für entsprechend anwendbar
erklärt, mit der Folge, dass das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt gilt, wenn es nicht binnen 2 Monaten nach
Eingang des Ersuchens der Bauaufsichtsbehörde verweigert worden ist.
Handelt es sich um genehmigungsfreie Wohngebäude,
Stellplätze und Garagen, die nach § 67 BauO NRW zu
beurteilen sind, gilt folgende Maßgabe: Erfordert das
geplante Bauvorhaben eine bauordnungsrechtliche Abweichung i.S. des § 73 BauO NRW, so steht dieser Umstand der Anwendung des Freistellungsverfahrens nach
§ 67 BauO NRW nicht entgegen. Dies folgt aus der Bestimmung des § 67 Abs. 5 BauO NRW, wonach festgelegt
wird, dass § 68 Abs. 7 BauO NRW entsprechend Anwendung findet. Danach ist über Abweichungen (§ 73 BauO
NRW) „auf besonderen Antrag“ von der Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden.
Gerade die hier aufgezeigten verfahrensrechtlichen Vorgaben verbieten grundsätzlich eine Zwischenschaltung von
Beiräten. Es handelt sich bei der Anwendung von Befreiungsregelungen um Gesetzesvollzug, den die Bauaufsichtsbehörden in Erfüllung geltenden Rechts wahrzunehmen
haben.
_Erhaltungssatzung / Gestaltungssatzung
Die Gemeinde kann nach § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB Gebiete festlegen, in denen der Abbruch, die Änderung, die
Nutzungsänderung oder die Errichtung baulicher Anlagen
sowie nach Maßgabe einer Rechtsverordnung des Landes
die Begründung von Wohnungs- bzw. Teileigentum der Genehmigung bedürfen (Erhaltungsgebiete). Die Festlegung
der Gebiete dient der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets (Schutz des Ortsbilds, der Stadtgestalt, des
Landschaftsbilds, der Erhaltung städtebaulich bedeutsamer
Anlagen), der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung oder der Sicherung eines sozial gerechten Ablaufs städtebaulicher Umstrukturierung. Die Vorschrift dient
der Erhaltung und Erneuerung von Städten und Dörfern.
3
Die dem Planungsrecht des Bundes zugeordneten Bestimmungen des § 172 BauGB ergreifen verfassungsgemäß
auch den Denkmalschutz, diesen jedoch nur in seinem
städtebaulichen Aspekt, d.h. in seiner Ausstrahlungswirkung in das Bauplanungsrecht. Im Übrigen ist Denkmalschutz Sache der Länder. Die damit angesprochenen
verschiedenen Regelungsbereiche sind nach den Zielen
abzugrenzen, die der Gesetzgeber mit der Erhaltung baulicher Anlagen jeweils verfolgt. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 03.07.1987
(– 4 C 626/85 – NVwZ 1988, 357) hat Denkmalschutz die
Erhaltung baulicher Anlagen aus historischen Gründen im
weitesten Sinne im Auge: Er will dadurch die geschichtliche, insbesondere kunst- oder architekturgeschichtliche
Epoche und Entwicklungen, aber auch allgemein- oder
sozialgeschichtliche Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentieren. Das Bauplanungsrecht hingegen nimmt die zu erhaltenden baulichen Anlagen in ihrer Beziehung zur aktuellen
Stadtstruktur und in ihrer stadträumlichen Funktion für
das gegenwärtige Zusammenleben der Menschen in der
Gemeinde in den Blick. Es bezieht vorhandene bauliche Anlagen in ihrer Bedeutung für eine geordnete städtebauliche
Entwicklung, eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozial gerechte Wohnnutzung und eine menschenwürdige Umwelt in seine Regelung ein. Städtebauliche
Erhaltungsgründe und Gründe des Denkmalschutzes sind
nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts prinzipiell
voneinander getrennt zu prüfen. Dies kann dazu führen,
dass eine einzelne bauliche Anlage entweder nur aus den
genannten städtebaulichen Gründen ohne denkmalschützerischen Bezug oder nur als Baudenkmal ohne städtebauliche Funktion erhaltungswürdig ist. Im Einzelfall können
aber beide Gründe zusammentreffen.
Durch die Erhaltungssatzung wird ein gemeindlicher Genehmigungsvorbehalt für den Rückbau (Abbruch), die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen in
den Fällen des Schutzes der städtebaulichen Gestalt auch für
die Errichtung baulicher Anlagen und in den Milieuschutzfällen auch für die Bildung von Wohnungs- bzw. Teileigentum begründet. Die Genehmigung darf nur versagt werden,
wenn die bauliche Anlage für das Ortsbild, die Stadtgestalt
oder das Landschaftsbild prägend ist. Es geht nicht um den
Erhalt von baulichen Anlagen aus Gründen des Denkmalschutzes. Schutzobjekt ist nicht das Einzelgebäude als solches, sondern die prägende Funktion, die das Gebäude für
seinen städtebaulichen Zusammenhang hat.
Mit der Satzung wird das Erhaltungsgebiet zunächst nur
flächenbezogen bezeichnet. In der Satzung wird die Erhaltungswürdigkeit des Gebietes festgestellt und damit die
Genehmigungsbedürftigkeit baulicher Veränderung begründet. Ob die Voraussetzungen für die Erhaltungswürdigkeit
im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben gegeben sind, ist
hingegen erst im Rahmen der Entscheidung über einen
Antrag zu prüfen. Das Ablaufprogramm der Erhaltungssatzung ist somit durch eine Zweistufigkeit gekennzeichnet.
In der ersten Stufe wird durch die Satzung mit der Gebietsfestlegung nur ein „präventives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt“ begründet. Das heißt, es wird eine vorbeugende
Kontrolle im Hinblick auf die Erhaltungsziele eingeführt.
Erst bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag
erfolgt die Abwägung für das einzelne Grundstück bzw.
Vorhaben, wie sie beim Bebauungsplan schon auf der normativen Ebene vollzogen sein muss. Gründe für die Versagung der Genehmigung im Verfahren auf der Grundlage
des § 172 BauGB hat die Gemeinde nicht zu regeln. Diese
ergeben sich aus dem Gesetz selbst.
3.3 Denkmalbereichssatzung
§ 5 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Land Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz –
DSchG) räumt den Gemeinden die Möglichkeit ein, in begrenztem Maße ortsbezogenes Denkmalrecht zu schaffen.
Der Belang Gestaltung –
Rechtliche Grundlagen
Der Erlass von Denkmalbereichssatzungen ist eine Selbstverwaltungsangelegenheit. Denkmalbereiche sind regelmäßig Mehrheiten von baulichen Anlagen, auch wenn
nicht jede dazugehörige einzelne bauliche Anlage die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt (§ 2 Abs. 3 Satz 1
DSchG). Denkmalbereiche können aber auch Einzelbauten
sowie deren engere Umgebung sein. Der Sinn der Regelung des § 5 DSchG liegt also darin, eine Mehrheit von
Sachen unter Schutz zu stellen, weil eine Unterschutzstellung der Einzelobjekte nach den §§ 3, 4 DSchG nicht in
Frage kommt oder zu aufwendig ist. Mit der Schaffung
eines Denkmalbereichs wird ein eigenständiges Rechtsinstrument geschaffen, das sich von dem Inhalt des in den
Denkmalschutzgesetzen der anderen Bundesländer verwandten Begriffs des Ensembles bzw. der Denkmalschutzzone abgrenzt. Das Ziel des Gesetzes, Denkmäler in seiner
Ganzheit zu erfassen und zu schützen, lässt sich auf zwei
verschiedenen Wegen, die sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern überschneiden und ergänzen können,
erreichen: Zum einen in Form des Substanzschutzes nach
den §§ 3 und 4 DSchG; zum anderen in Form des flächendeckenden Erscheinungsschutzes nach § 5 DSchG. Für das
letztere Verfahren gibt es jedoch keine vorläufige Sicherungsmöglichkeit.
Denkmalbereiche sind regelmäßig Mehrheiten von baulichen Anlagen; es können Stadtgrundrisse, Stadtbilder,
Ortsbilder, Ortssilhouetten, Stadtteile und Stadtviertel,
Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzüge, bauliche
Gesamtanlagen und Einzelbauten sowie deren engere
Umgebung sein, sofern sie für deren Erscheinungsbild
bedeutend ist.
Die Voraussetzung für den Erlass von Gestaltungssatzungen einerseits und Denkmalbereichssatzungen andererseits sind teils deckungsgleich, teils grundverschieden.
Der wesentliche Unterschied liegt in der Zielsetzung:
16 | 17
Im Denkmalbereich geht es ausschließlich um den Schutz
des kulturellen Erbes, bei Gestaltungssatzungen um Regelungen für die künftige Gestaltung alter und neuer baulicher Anlagen nach heutigen Vorstellungen.
Einer Erlaubnis bedarf nach § 9 Abs. 1 b DSchG derjenige,
der in der engeren Umgebung von Denkmälern Anlagen
errichten, verändern oder beseitigen will, wenn hierdurch
das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird.
Um die Voraussetzung der für das Denkmal bedeutsamen
Umgebung festzustellen, ist es notwendig, dass ein enger
optischer Bezug zwischen geschützter Anlage und geschützter Umgebung bestehen muss. Zu dem Begriff der
engeren Umgebung ist festzustellen, dass er eher zur
räumlichen Enge als zur Weite tendiert. Die engere Umgebung eines Baudenkmals muss selbst kein Baudenkmal sein oder enthalten. Die Begrenzung folgt aus dem
Zusammenwirken mit dem Begriff des Erscheinungsbildes des Denkmals. Dies erfordert einerseits einen engen
optischen Bezug zwischen Denkmal und der durch die
Erlaubnispflicht betroffenen Umgebung.
3.4
Kommunales, sonstiges öffentliches oder
„der Stadt nahestehendes“ Eigentum
Bei den genannten Bauten muß sichergestellt werden,
dass eine vorbildliche städtebauliche Qualität erreicht
wird. Bedauerlicherweise ist diese Forderung in den vergangenen Jahrzehnten nicht ausreichend beachtet worden, wie die Errichtung von Gebäuden der Sparkassen
belegt. Sofern die öffentliche Hand bei der Errichtung
derartiger Bauten Einfluss hat, sollte dieser auch ausgeübt werden. Dabei müssen in der Diskussion Gesichtspunkte vernachlässigt werden, die darauf abstellen, dass
gerade die öffentliche Hand auch nach außen hin ihre
„Sparsamkeit“ dokumentieren soll.
3.5 Vertragliche Vereinbarung
_Städtebaulicher Vertrag
§ 11 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthält die grundsätzliche Bestimmung, dass städtebauliche Verträge zur Vorbereitung
und zur Durchführung städtebaulicher Maßnahmen zulässig sind, ohne sie gegenständlich zu begrenzen. Es handelt
sich dabei um eine ergänzende Regelung zu den zahlreichen, im BauGB gesondert geregelten und ermöglichten
städtebaulichen Verträgen zu Einzelproblemen, wie etwa
das Plananerkenntnis in § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB oder die
Ablösungsvereinbarung nach § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB.
Satz 1 eröffnet der Gemeinde generell die Handlungsform
des Vertrages zur Lösung städtebaulicher Probleme. Hierzu
gehört – selbstverständlich – auch die Verfolgung gestalterischer Absichten. Gerade in einem derartigen Vertrag
besteht die Möglichkeit zu einer detaillierten Regelung,
wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass ein städtebaulicher Vertrag nur zustande kommen kann, wenn dies auch
mit Einverständnis des Vorhabenträgers oder Investors geschieht. Die verfahrensmäßige Einschaltung eines Beirates
ist zwar möglich, sollte jedoch zurückhaltend gehandhabt
werden, weil die wirtschaftlichen Interessen sowohl der
Stadt bzw. Gemeinde einerseits als auch diejenigen des
Vorhabenträgers bzw. Investors zu beachten sind.
_Vorhaben- und Erschließungsplan
Die Initiative zur Schaffung von Baurechten mit Hilfe des
Vorhaben- und Erschließungsplans liegt grundsätzlich in
der Hand des Investors. Dieser erarbeitet die städtebauliche Planung und verpflichtet sich vertraglich zu ihrer
Verwirklichung einschließlich der Tragung der Planungsund Erschließungskosten. Somit hat § 12 BauGB auch das
Ziel, die Gemeinden von Planungs- und Erschließungsaufgaben zu entlasten und zugleich private Initiativen bei der
Planung und Erschließung zu stärken. Die gemeindliche
Verantwortung für die städtebauliche Planung bleibt hingegen unberührt. Der Vorhaben- und Erschließungsplan
wird Bestandteil des Bebauungsplans (§ 12 Abs. 3 Satz 1
BauGB). Auch mit diesem Modell besteht die Möglichkeit,
in dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan gestalterische
Festsetzungen zu treffen und eine weitere Konkretisierung
und Ausdifferenzierung in dem Durchführungsvertrag
vorzunehmen. Auch hier gilt bei der möglichen verfahrensmäßigen Einschaltung eines Beirats die gebotene Zurückhaltung, wie generell bei den städtebaulichen Verträgen.
_Durchsetzung gestalterischer Absichten
Die Möglichkeiten, gestalterische Absichten durchzusetzen,
bestehen auch beim Verkauf stadteigener Grundstücke. In
den zivilrechtlichen Verträgen sollten stadtgestalterische
Überlegungen, sofern sie nicht durch Gestaltungssatzung
festgelegt worden sind, weitestgehend dokumentiert werden. Es besteht die Möglichkeit, dass den Erwerbern stadteigener Grundstücke auch abverlangt wird, städtebaulich
gute Lösungen zu gewährleisten. Durch die vertraglichen
Möglichkeiten, z.B. auch bei den Durchführungsverträgen
bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen, wird weitestgehend erreicht, städtebauliche Qualität sicherzustellen.
Hier besteht eine weitergehende Möglichkeit der Mitwirkung von Gestaltungsbeiräten.
Gundolf Bork
Hauptreferent Städte- und Gemeindebund NRW, Düsseldorf
4
Beispiele aus der Beiratsarbeit
_Vorbemerkung
Dieses Kapitel stellt die konkrete Arbeit von Gestaltungsbeiräten in NRW dar. Anhand
ausgewählter Beispiele soll möglichst nachvollziehbar gemacht werden, welche sinnvollen und positiven Änderungen durch die Einschaltung des Beirates erreicht werden
konnten.
Durch eine im Frühjahr 2002 durchgeführte systematische Befragung der Kommunen in
NRW ist es gelungen, einen Einblick in die Tätigkeit der bestehenden Beiräte zu erhalten.
Die Beiräte waren gebeten worden, Beispiele zur Dokumentation ihrer Arbeit in der vorliegenden Broschüre einzureichen. Die hier dargestellten Projekte stellen eine von der
Arbeitsgruppe vorgenommene Auswahl der eingegangenen Projekte und Unterlagen
dar. Einige Beiratmitglieder haben dankenswerterweise in ergänzenden Statements über
ihre Erfahrungen berichtet.
Bei der Recherche stellte sich heraus, dass es nicht einfach war, den Erfolg der Beiratsarbeit in Form von ansprechenden gebauten Beispielen zu dokumentieren. Es sind oftmals nicht die architektonischen Highlights, mit denen sich die Beiräte beschäftigen.
Denn hervorragende Architektur bedarf der Optimierung nicht und steht daher selten
auf der Agenda eines Gestaltungsbeirates. Großen Raum nehmen hingegen die eher
problematischen Planungen ein, bei denen die Beiräte oftmals in einem mühevollen
Diskussions- und Revisionsprozess nur das Schlimmste verhindern können (siehe auch
Exkurs 4.10: Von den Mühen der Beiratsarbeit – ein Zwischenbericht aus Wuppertal).
Trotz dieser Problematik meinen wir, ist es gelungen, eine anschauliche und vielfältige
Beispielsammlung zusammenzustellen.
Zur Veröffentlichung der einzelnen Projekte ist die ausdrückliche Zustimmung der Bauherren und Architekten eingeholt worden.
18 | 19
4.1 Aachen
_Architektenbeirat
Der Architektenbeirat der Stadt Aachen kann auf eine
lange Tradition zurückblicken. Bereits in den 60er Jahren
wurde Beiratsarbeit von Architekten ehrenamtlich wahrgenommen.
Aber erst im Jahre 1992 hat der Rat der Stadt eine Geschäftsordnung für die formale Arbeit des Architektenbeirates beschlossen.
Aufgabe dieses Beirates ist die Beratung über Vorhaben,
die für die Qualität des Aachener Stadtbildes von erheblichem Einfluss sind. Diese Beratung betrifft insbesondere
die Errichtung und Änderung von Bauten im Geltungsbereich der Stadtbildsatzung vom 27.06.1979 sowie
Vorhaben mit wesentlicher Bedeutung für das Stadtbild
außerhalb des Geltungsbereiches der Stadtbildsatzung.
Der Beirat setzt sich zusammen aus 7 stimmberechtigten
Mitgliedern (5 Architekten, einem Stadtplaner sowie einem
Landschaftsplaner) und beratenden Mitgliedern, bestehend
aus jeweils einem sachkundigen Vertreter der Stadtratsfraktionen sowie dem zuständigen Beigeordneten und Vertretern der betroffenen Fachämter.
Der Architektenbeirat tagt monatlich in nichtöffentlichen
Sitzungen und behandelt im Durchschnitt 40 bis 50 Projekte im Jahr. Er verfügt über ein Budget von 9.000 Euro
jährlich.
1. Entwurf: umlaufende Arkadenebene
2. Entwurf: gliederndes Vordach mit Bezug zum Altbau
_Aufstockung Musikhochschule
Theaterplatz 14, Aachen
Voraussetzungen
Grundlage für die Planung war eine durch das Landesinstitut für Bauwesen im Jahre 1996 gestellte Bauvoranfrage, in der prinzipiell die Frage einer Gebäudeaufstockung
an dieser für das Stadtbild bedeutsamen Stelle geklärt
wurde. Das Gebäude ist Teil des historischen Ensembles
der klassizistischen Stadterweiterungsplanung. Die linear
angelegte Theaterstraße führt dort achsial auf die Rückseite des von Schinkel inspirierten Stadttheaters. Durch
das die Straße und den Platz flankierende Gebäude, das
jetzt als Musikhochschule genutzt wird, erfährt der Theaterplatz seine südöstliche Platzfassung. Direkt angrenzend
befindet sich der unter Denkmalschutz stehende Landesbehördenbau.
Architekten: Hestermann, König, Schmidt & Partner,
Architekturwerkstatt Aachen. Fertigstellung: 2001
Projektidee
Der neue Probensaal ist eine Erweiterung der Aachener
Abteilung der Musikhochschule Köln. Als multifunktionaler
Raum wurde er geplant, um neben Chor- und Orchesterproben auch für Examenskonzerte, Tanzproben und sonstige
Lehrveranstaltungen genutzt zu werden. Mit der Errichtung
dieses zusätzlichen Übungssaales wurde die Ausbildungssituation an der Musikhochschule wesentlich verbessert.
Einfluss des Beirates
Das Projekt wurde zweimal im Architektenbeirat behandelt.
Das ursprüngliche Konzept sah eine umlaufende Arkadenebene in Form einer vorgelagerten Stahlkonstruktion vor,
die in der Flucht der darunterliegenden Geschosse die
Kopf- und Seitenansicht des Gebäudes zusammenziehen
sollte. Der Beirat empfahl, die Maßstäblichkeit und Eigenständigkeit des Dachgeschossaufbaus zu überarbeiten.
Die Architekturkonzeption der zweiten Phase stellte mit
Hilfe eines neuen Vordaches den Bezug zum höheren Gebäudeteil des Altbaus her und gliederte die Fassade nur
unterhalb des Vordaches. Der Gesamtbaukörper wurde
durch einen Loggiabereich an der Kopfseite über die gesamte Breite zusammengefasst. Der Beirat hob die Wichtigkeit der Kopfausbildung zum Theater hervor und bat
um Klärung des Übergangs zwischen bestehender Fassade
und Aufstockung.
Realisierter Entwurf: zurückgesetzte Fassade
Der schließlich realisierte Entwurf betont einerseits die
Kopfseite durch ein weit auskragendes Dach, andererseits
die lineare Bebauung der Theaterstraße, die an dieser
Stelle ihren Endpunkt findet, durch das explizite Zurückweichen von der Gebäudeecke. Die Aufstockung findet in
den historischen Bauten der Umgebung kein Vorbild, wohl
aber in den Staffelgeschossen der umliegenden 60er-JahreBebauung. Der Verzicht auf die vorgelagerte Stahlkonstruktion betont die Zurücksetzung des Dachgeschosses und
unterstreicht die Eigenständigkeit der Aufstockung.
Realisierter Entwurf: auskragendes Dach
20 | 21
1. Entwurf
2. Entwurf
3. Entwurf
_Büchel 38, Aachen
Architekt: Prof. Dr.-Ing. Kahlen Planungsgesellschaft mbH
& Co. KG, Aachen. Fertigstellung: 1995
Voraussetzungen
Über die Festlegung der Nutzung, deren Genehmigungsfähigkeit sowie die Geschosszahl und das Maß der Überbauung im Hof, bestand nach der Abstimmung mit den
Genehmigungsbehörden früh Planungssicherheit.
Relativ schwierig gestaltete sich hingegen die Entscheidungsfindung zur Fassade – insbesondere, da dieses Gebäude eine Verbindung zwischen zwei unterschiedlichen
baulichen Epochen darstellt und die Trauflinie der Straßenbebauung an diesem Grundstück einen Höhenversprung
von nahezu einem Geschoss aufweist. Darüber hinaus
sollte das Tragwerk der bestehenden Fassade weitgehend
erhalten bleiben und aus Kostengründen eine Anpassung
der vorhandenen Fassade an die veränderte Nutzung erfolgen.
Infolge dessen wurden verschiedene Varianten zur Straßenfassade entwickelt, die im Wesentlichen die Dachform
variierten sowie den Höhenversprung zwischen der rechten und linken Nachbarbebauung gestalterisch verarbeiteten. Als grundsätzliche Alternative dazu wurde auch eine
Fassadenstudie erstellt, die eine gläserne Vorhangfassade
vorsah. Diese sollte unterschiedliche, durch ein Siebdruckverfahren aufgebrachte Gestaltungsmotive als Werbeträger
oder signifikante Erscheinung erhalten und dem Gebäude
eine besondere Identität vermitteln.
Projektidee
Bei dem Projekt handelt es sich um einen Altbau. Dieser
wurde in den 50er Jahren errichtet und füllt eine Baulücke
im historischen Stadtkern von Aachen zwischen einem
Gründerzeithaus und einem Nachkriegsbau aus den 50er
Jahren. Da das Gebäude im Bereich der Stadtbildsatzung
liegt, wurde es im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens
mehrfach im Gestaltungsbeirat vorgestellt. Ursprünglich
gab es einen rückwärtigen Anbau mit einer Hofeinfahrt
und einem Innenhof. Im Zuge der Umgestaltung und Überplanung des gesamten Gebäudes und der Anbauten wurde
von den Bauherren eine erdgeschossige gewerbliche Nutzung und in den Obergeschossen Wohnungen vorgesehen.
Im Innenhof wurde ein eineinhalbgeschossiger Anbau geplant, der mit der gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss
und den dazu gehörigen Außenfronten zur Straße Büchel
in Verbindung steht.
4.1 Aachen
_Statement des Architekten
Dieser Entscheidungsfindungsprozess verlief nicht ohne
Spannungen, da es sich bei den Mitgliedern des Beirates
zum Teil um ortsansässige Architekten handelt, welche
natürlich im Wettbewerb mit dem planverfassenden Büro
im Raum Aachen stehen. Bei aller Mühe zur Neutralität ist
es unserem Erachten nach nicht möglich, sich von dieser
grundsätzlichen Wettbewerbssituation zu befreien, sich auf
einem quasi neutralen Boden zu bewegen. Hinzu kommt,
dass ein dominanter Vorsitzender des Architektenbeirates
die Diskussion im Sinne seiner Architekturauffassung zu
beeinflussen vermag und darin auch die Gefahr einer Tendenzbildung der Architektur liegt.
Endgültige Lösung
Einfluss des Beirates
In mehrfachen Vorstellungsgesprächen wurden die Entwürfe mit zu weitgehenden Maßstabssprüngen sowie
fremden Materialien vom Gestaltungsbeirat abgelehnt.
Im Zuge dieses Entscheidungsfindungsprozesses kristallisierte sich dann die realisierte Fassade als einfache Lochfassade heraus. Durch eine schlanke Detaillierung der
Öffnungen sowie durch die Übernahme der Proportionen
aus den Obergeschossen in der Sockelzone ergab sich die
endgültige Version. Diese fand dann auch die Zustimmung
des Architektenbeirates und wurde in der Folge realisiert.
Endgültige Lösung
Andererseits haben wir auch gerade bei Projekten mit einem
deutlichen Gestaltungswillen kontroverse Diskussionen im
Architektenbeirat erlebt, die nicht zu einer einhelligen Meinungsbildung führten, sondern in Ablehnung bzw. Zustimmung endeten. Da es ja heute auch keinen allgemein
gültigen Architekturstil gibt, liegt diese Gefahr auch durchaus auf der Hand, so dass bei der gestellten Aufgabe einer
Baulückenschließung im historischen Stadtkern von Aachen
zwischen unterschiedlichen Nachbarbebauungen durchaus
verschiedene, gültige Lösungsansätze möglich sind. Insofern kann die Institution des Architektenbeirates sicherlich
Auswüchse verhindern, jedoch keine Normen der Gestaltfindung von sensiblen Bauaufgaben vorgeben.
Rainer Oestereich-Rappaport
Projektleitender Architekt im Büro Prof. Dr.-Ing. Kahlen
22 | 23
4.2 Bielefeld
_Beirat für Stadtgestaltung
Im Jahr 1975 wurde die Anregung des damaligen Bielefelder Oberbürgermeisters (SPD) nach mehr Planungsberatung in den politischen Ausschüssen aufgenommen.
Abstimmende Gespräche zwischen Politikern, der Verwaltung und dem Bund Deutscher Architekten (BDA) führten
zu konkreten Überlegungen, einen Architektenbeirat zu
installieren, für den es seinerzeit kaum Vorbilder gab.
Nach intensiver Zusammenarbeit wurde die „Geschäftsordnung für die Zusammenarbeit zwischen dem Architektenbeirat und der Stadt Bielefeld” vom Hauptausschuss
unterzeichnet. Im selben Jahr fand die erste Sitzung des
Beirates statt, der aus sechs freischaffenden Bielefelder
Architekten bestand. Der Architektenbeirat wurde zu
einer Institution in Bielefeld, dessen fachliche Qualität
gerne in Anspruch genommen wurde.
Zehn Jahr später war das Bestreben groß, den Beirat fachlich auf eine breitere Basis zu stellen. So wurden die Aufgabenfelder des Beirates um die Bereiche Grünordnungs- und
Freiraumplanung, Denkmalschutz, Ortsbild- und Heimatpflege sowie Bildende Kunst und Kultur erweitert. Zu den
Architekten, die mit sechs Sitzen die Mehrheit im Beirat
behalten sollten, wurden für die neu hinzugekommenen
Bereiche fünf Vertreter und Vertreterinnen der Bielefelder
Vereine in den Beirat gewählt. Der Architektenbeirat wurde
1986 durch den neuen „Beirat für Stadtgestaltung” ersetzt
und erhielt durch ein erweitertes Aufgabenfeld mehr politisches Gewicht.
Der Beirat für Stadtgestaltung besteht heute aus 13 ordentlichen Mitgliedern sowie einer gleichen Anzahl von Stellvertretern, deren Teilnahme und Mitsprache bei den Sitzungen
ausdrücklich erwünscht ist. Die Architekten bilden hierbei
die größte Gruppe. Verschiedene Ämter der Verwaltung
sind – so weit notwendig – bei den Sitzungen anwesend.
Die Ratsparteien benennen jeweils einen Vertreter ihrer
Fraktion, der an den Sitzungen teilnimmt. Wie die Vertreter
der Verwaltung sind sie redeberechtigt, dürfen aber nicht
mit abstimmen. Seit 1989 ist die Vertreterin des Vereins
Pro Grün Vorsitzende des Beirates.
Der Beirat ist ein ehrenamtlich tätiges Gremium, das den
Rat und die Verwaltung beraten soll. Die Sitzungen sind
nichtöffentlich. Es werden Bauanträge und Bauvoranfragen
im Rahmen des üblichen Baugenehmigungsverfahrens beraten sowie Bebauungspläne und Fälle bearbeitet, die nach
§ 34 des Bau GB entschieden werden. Hierbei geht es vor
allem um Bauvorhaben und Orte, die einen gesamtgestalterischen Anspruch im Stadtgrundriss erheben. Der Beirat
spricht Empfehlungen aus.
Von entscheidender Bedeutung ist die frühzeitige Einbeziehung des Beirates, um die grundsätzliche Machbarkeit
bzw. Verträglichkeit eines Bauvorhabens hinsichtlich seiner
Auswirkungen auf das Stadtbild zu prüfen. Ziel der Tätigkeit des Beirats ist es auch, neue eigenständige Lösungen
als Zeichen einer neuen Generation anzuregen. Allerdings
kann er diese im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit
nicht selbst entwickeln.
Zustand vor der Planung
Ziel des Beirates ist ein qualitätsvolles Stadtbild für eine
lebenswerte Stadt. Daher ist es nicht Aufgabe des Beirates,
nach Kompromisslösungen zu suchen, sei es in finanzieller
oder gestalterischer Hinsicht. Der Maßstab kann immer nur
das beste Ergebnis sein. Aus Sicht des Beirates werden die
von ihm ausgesprochenen Empfehlungen leider nicht häufig genug von den nachfolgenden politischen Beschlussgremien angenommen.
Die 27jährige kontinuierliche, ehrenamtliche Tätigkeit des
Beirates ist im Stadtbild durchaus wohltuend erkennbar,
wenn sie auch manchmal nicht so offensichtlich ist, dass
sie von der Bürgerschaft erkannt wird.
1. Entwurf
Realisierter Entwurf
_Platz vor der Volksbank
Am Kesselbrink, Bielefeld
Einfluss des Beirates
Den Entwurf des Platzes hat das Planungsamt intern vorgenommen und das Projekt dem Beirat vorgestellt. Der
erste Entwurf sah eine kleinteilige Gliederung des Platzes
durch eine Aktionsfläche aus Gelbgrand, eine Baumreihe
mit Bänken sowie zwei Pflanzbeeten parallel zu den begleitenden Straßen vor. Die Idee war, den Platz zu den
verkehrsreichen Straßen hin abzuschirmen.
Der Beirat empfahl bei der Planung die Einbeziehung des
nördlich gelegenen Phillip-Reis-Platzes sowie – unter Hinweis auf die sich dort kreuzenden Wegebeziehungen –
den Verzicht auf die Aktionsfläche. Zudem schlug er vor,
die östliche Bepflanzung niedrig zu halten und auf die
nördliche zu verzichten.
Der Entwurf wurde daraufhin überarbeitet und in seiner
neuen Form realisiert. Der Platz präsentiert sich heute als
eine ruhige, durchgepflasterte Fläche, die lediglich durch
drei Bäume an seiner Ostseite gegliedert ist. Weder ist er
aufdringlich möbliert noch gestalterisch überfrachtet.
Entwurfsverfasser: Michael Steigemann, Planungsamt
Bielefeld. Fertigstellung: 2000
Projektidee / Voraussetzungen
Der Platz in der Bielefelder Innenstadt wurde im Volksmund das „Loch vor der Volksbank” genannt. Eine weitestgehend offene Zufahrtsrampe zu der angrenzenden
Tiefgarage Kesselbrink nahm direkt vor dem Bankgebäude eine große Fläche in Anspruch. Im Laufe der Jahre war
die Tragsicherheit der Anlage nicht mehr gewährleistet,
so dass die Sanierung der gesamten Tiefgarage notwendig wurde. Dadurch ergab sich die Chance, die Ein- und
Ausfahrtsbereiche zu verlegen und eine großzügige Platzfläche in der Stadt zurück zu gewinnen.
Das ehemalige „Loch“ präsentiert sich heute
als ruhiger Stadtplatz
24 | 25
4.3 Bocholt
_Beirat für die städtebauliche Entwicklungs_maßnahme Feldmark
Der Beirat in Bocholt stellt einen Sonderfall unter den Gestaltungsbeiräten dar. Er ist speziell für die Bebauung eines
neu zu entwickelnden Ortsteils gegründet worden und
steht in direktem Zusammenhang mit dem Ergebnis des
städtebaulichen Ideenwettbewerbs für das 43 ha große
Stadtgebiet im Westen der Bocholter City. Prämiert wurde
1993/94 der Entwurf der Arbeitsgruppe Baufrösche, Kassel,
gemeinsam mit der Planungsgemeinschaft Landschaft
und Freiraum, Kassel. Grundidee des Entwurfes war eine
flexible Konzeption von einzelnen Wohnquartieren mit
unterschiedlich großen Parzellen. Wegen des bereits im
Wettbewerbsentwurf angelegten hohen Maßes an Flexibilität regten Vertreter des Preisgerichtes und des Ministeriums an, ein Gremium zu schaffen, welches die Maßnahme
in der Phase der Detailplanung und Realisierung laufend
begleitet.
Als Nahtstelle zwischen der verwaltungsinternen und politischen Beratung aller die Entwicklungsmaßnahme tangierenden Problemfelder wurde der Gestaltungsbeirat für die
Entwicklungsmaßnahme Bocholt-Feldmark mit Beschluss
der Stadtverordnetenversammlung vom 25.01.1995 eingerichtet.
Der Gestaltungsbeirat setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden des Ausschusses für Planung und Bau und seinem
Stellvertreter sowie jeweils einem Vertreter der Parteien, die
in der Stadtverordnetenversammlung vertreten sind, dem
Entwicklungsträger (TEB), einem Vertreter der Wettbewerbsjury, einem Vertreter des Ministeriums für Städtebau, und
Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW (MSWKS) sowie Vertretern der Stadtverwaltung. Die Geschäftsführung
obliegt dem Baudezernat, der Sitzungsturnus beträgt 6 bis
8 Wochen. Zu den Sitzungen werden Planer, Architekten,
Investoren und Sachverständige je nach Bedarf hinzugezogen, um ihre Konzepte vorzustellen oder zu Sachproblemen Stellung zu nehmen. Der Beirat fasst keine Beschlüsse
sondern spricht Empfehlungen für den Bauausschuss aus.
Alle in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien haben über den Gestaltungsbeirat die Möglichkeit,
gleichrangig vom Informationsangebot des Beirates zu
profitieren und ihre Ideen und Überlegungen zu einem
möglichst frühen Zeitpunkt in die Konzeption einfließen
zu lassen. Die Empfehlung des Beirates kann ebenso frühzeitig in den Fraktionssitzungen diskutiert werden. Die
Beratung in den Fachausschüssen wird effektiviert, Verfahren im Zuge der Baufeldrealisierung beschleunigt.
Rahmenplan der Entwicklungsmaßnahme
_Neuer Stadtteil für 2.700 Einwohner
Bocholt Feldmark
Städtebaulicher Wettbewerb: Baufrösche Kassel /
Planungsgemeinschaft Landschaft und Freiraum, Kassel
Erschließungsplanung: Dr. Dahlem, Essen
beteiligte Architekten: Baufrösche Kassel; Gitter + Hamacher, Darmstadt; Prof. Jos Weber, Hamburg; Schaller /
Theodor, Köln; Planquadrat, Dortmund; Wohnstadt,
Aachen; Erich Heumer, Bocholt; Heinz Fischer, Bocholt;
Joachim Leson, Bocholt; Andreas Herzog, Wuppertal;
Farwick + Grote, Ahaus
Luftbild
Zentraler Platz
Grünzug
Projektidee / Voraussetzungen
Bei dem Projekt in Bocholt handelt es sich um eine Neubaumaßnahme für ca. 2.700 neue Einwohner. Auf einer
Fläche von 43 ha entsteht ein neues Wohngebiet, welches
den westlichen Bereich der Innenstadt arrondiert und den
Ortsteil Lowick an das Stadtzentrum anbindet. Mit der Entwicklungsmaßnahme soll der erhöhten Wohnungsnachfrage mittelfristig nachgekommen werden. Seit 1995 ist das
Konzept in drei rechtskräftigen Bebauungsplänen derart
festgesetzt, dass ein hohes Maß an Gestaltungsspielraum
für Investoren verbleibt. In den Bebauungsplänen sind lediglich Mindestfestsetzungen für die überbaubaren Grundstücke, die örtlichen Verkehrsflächen sowie die Art und
das Maß der baulichen Nutzung festgelegt.
Der Beirat prüft sämtliche Planungen im Bereich der Entwicklungsmaßnahme. Für Gruppenbaumaßnahmen,
größere Bauprojekte oder Projekte von städtebaulicher
Bedeutung werden grundsätzlich von den Architekten
bzw. Bauherren Vorentwürfe gefordert und zur Beratung
vorgelegt. Eine Empfehlung zur Veräußerung des Grundstücks wird erst nach abschließender Entscheidung des
Beirates ausgesprochen. Eine begleitende informelle Vorprüfung des Vorhabens und die Optimierung verwaltungsinterner Bearbeitungsprozesse ermöglichen eine zügige
Genehmigung des Vorhabens und eine zeitnahe Veräußerung des Grundstücks. Darüber hinaus wird die Ausgestaltung des öffentlichen Raumes durch den Beirat begleitet.
Entwurfsplanungen für Infrastrukturmaßnahmen, wie
Straßenbau- und Freiraumprojekte, werden beispielsweise
vorgestellt und zur Ausführung „freigegeben”. Schließlich
sind auch grundsätzliche Strategien Themen der Beiratssitzungen, wodurch Weichen für die weitere Entwicklung
gestellt werden.
Einfluss des Beirates
In der Gesamtschau kann der Gestaltungsbeirat als ein
die Entwicklungsmaßnahme begleitendes Fachgremium
angesehen werden, welches umfassend über die Maßnahme informiert ist, relevante Projekte bzw. Maßnahmen
beeinflusst und eine Voraussetzung für städtebauliche
Qualitäten schafft. Der Beirat liefert damit einen entscheidenden Beitrag zur Baukultur in einem neu entstehenden
Siedlungsbereich.
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4.4 Gütersloh
_Beirat für Stadtgestaltung
Die Gründung des Beirats für Stadtgestaltung der Stadt
Gütersloh geht auf den Antrag des Heimatvereins Gütersloh e.V. aus dem Jahre 1995 zurück. Im Mai 1996 beschließt der Rat die Satzung für den Gestaltungsbeirat
der Stadt Gütersloh. Noch vor der Sommerpause des gleichen Jahres beruft der Rat der Stadt die Beiratsmitglieder,
die erste Sitzung findet dann im September 1996 statt.
Im Februar 2002 beschließt der Rat eine Satzungsrevision.
In dieser wird eine direkte Kopplung der Amtszeit der Beiratsmitglieder an die Ratsperiode festgelegt.
Aufgabe des Beirates ist es, zu den wichtigen stadtgestalterischen Projekten der Stadt Stellung zu nehmen
und den Planungsausschuss und die Verwaltung bei
ihren Entscheidungen zu beraten. Dies umfasst die Neuaufstellung und Änderung von Bebauungsplänen, Neubaumaßnahmen, bauliche Veränderungen an Gebäuden
oder Gebäudeensembles, Neuanlagen oder Änderungen
von Grünbereichen oder Grünflächen sowie die Gestaltung von Anlagen zur Außenwerbung.
Der Beirat tagt nichtöffentlich, 6 bis 8 mal jährlich und
besteht aus insgesamt 8 Mitgliedern und ihren Stellvertretern, die allesamt ihren Wohn- und Geschäftssitz in
Gütersloh haben müssen. Vier der Mitglieder vertreten
die Bereiche Architektur, Städtebau und Landschaftsplanung, drei Mitglieder den örtlichen Heimatverein. Hinzu
kommt der Stadtbaurat als beratendes Mitglied.
Von 1996 bis 2001 sind zwischen 11 und 32 Projekte pro
Jahr im Beirat behandelt worden, insgesamt waren es in
dem Zeitraum 129 Projekte.
Kolbeplatz
_Innerstädtische Wohn- und Geschäftsbebauung
Kolbeplatz, Gütersloh
1. Preis städtebaulicher Wettbewerb: Prof. Rob Krier
Beteiligte Architekten: Hauer + Kortemaier; Herzog +
Kordtomeikel; Dobra und Diekötter; Winkler; Planungsgruppe Radmann und Partner. Fertigstellung: 1999
Projektidee
Der Kolbeplatz, der inmitten der Innenstadt in großer Nähe zum Hauptbahnhof und den Einkaufsstraßen Berliner
Straße und Kökerstraße liegt, stellt mittlerweile einen
wichtigen Teil des Hauptgeschäftsbereiches der Stadt
Gütersloh dar. Die noch aus den 60er Jahren stammende Zielvorgabe, auf dem Kolbeplatz ein Parkhaus mit
Gemeinschaftsanlagen für private Einstellplätze zu schaffen, konnte aufgegeben werden. In der Folgezeit wurde
der Platz als öffentlicher Parkplatz genutzt. Die Aufenthaltsqualität des Platzes war trotz teilweiser Bebauung
und Sanierung gering und wurde der zentralen Innenstadtlage des Platzes nicht gerecht. Die Situation war
also städtebaulich sehr unbefriedigend.
und Wohnungen. Mit der Bebauung des Platzes zugunsten
einer gemischten Nutzung und der Schaffung von Stadträumen unterschiedlicher Größe und Funktion wurde die
Stärkung der Innenstadt als zentraler Versorgungs-, Dienstleistungs- und Kommunikationsbereich mit einem hohen
Erlebnis- und Aufenthaltswert vorangetrieben.
Luftbild
Geschäfte, Gastronomie, Büroflächen und Wohnungen
Voraussetzungen
Zur Neugestaltung des ungeordneten Freiraumes lobte die
Stadt Gütersloh einen städtebaulichen Ideenwettbewerb
aus. Im Dezember 1993 sprach das Preisgericht der Arbeit
von Prof. Rob Krier den ersten Preis zu, nach dessen Konzept die Parkplatzfläche durch Baukörper in eine Platzfolge gegliedert werden sollte. Zur Durchführung des
preisgekrönten Entwurfes bedurfte es der Änderung des
Bebauungsplanes. Dieser stützt sich nun auf das Ergebnis
des Wettbewerbes und definiert städtebauliche Ziele. Er beinhaltet sowohl planungsrechtliche als auch örtliche Bauvorschriften zur Gliederung und Gestaltung der Baukörper.
durch Abschluss notarieller Verträge zu der „Investorengemeinschaft Kolbeplatz” als Gesellschaft bürgerlichen Rechts
zusammengeschlossen. Die Investorengemeinschaft, zuständig für die oberirdische Bebauung der städtischen
Grundstücksanteile auf dem Kolbeplatz, wird ergänzt durch
die Beteiligung des Kaufhauses Klingenthal in Form einer
Besitzgesellschaft mit dem Ziel, die notwendige zweigeschossige Tiefgarage unter dem Kolbeplatz zu errichten.
An der Besitzgemeinschaft ist wiederum die gesamte Investorengemeinschaft beteiligt. Dieses gemeinsame Handeln aller Beteiligten, der Bauherren / Investoren, Planer
und der Stadt hatte für Gütersloh Modellcharakter (PublicPrivate-Partnership).
Um eine zügige Neubebauung des Kolbeplatzes sicherzustellen, wurde seitens der Stadt ein Projektsteuerer
beauftragt. Durch das geschickte Baustellenmanagement
der Projektsteuerer konnte die gesamte Baumaßnahme
innerhalb von eineinhalb Jahren Bauzeit im Oktober 1999
abgeschlossen werden.
In den verschiedenen Geschäftshäusern findet man heute
hochwertige Geschäfte, Gastronomie sowie Büroflächen
Um die Bebauung des Kolbeplatzes gesamtheitlich realisieren zu können, hatte die Stadt die Vergabe der Bauflächen
im Sommer 1996 öffentlich ausgeschrieben. Für die Bebauung der 3 Baublocks auf stadteigenen Grundstücken
wurden nach ständiger Beratung durch den Grundstücksausschuss ab September 1996 in einem mehrstufigen
Auswahlverfahren die 10 Bauherren und Investoren festgelegt. Diese haben sich seit Oktober 1997 rechtsverbindlich
Einfluss des Beirates
Zur Sicherung der Gestaltungsziele wurde in der frühen Planungsphase seitens der Stadt und des Gestaltungsbeirates
ein Workshop mit den beteiligten Architekten durchgeführt.
Ergebnis dieser Abstimmung waren u.a. die gestalterischen
Vorgaben für die Dächer (Eindeckung, Rinne, Gesimse,
Gaupen), die Fassadenmaterialien und Farben sowie die
Fensterproportionen und -formate. Die beteiligten Architekten einigten sich darauf, einer einheitlichen Gestaltung
Folge zu leisten.
Dem Workshop folgten weitere Beratungen im Gestaltungsbeirat der Stadt, um verbindliche Lösungen zu entwickeln,
sowie ein zweiter Workshop mit den Architekten und Vertretern der Verwaltung und des Gestaltungsbeirates. Darin
wurden die zuvor verabschiedeten Vorgaben des 1. Workshops für die konkrete Farb- und Materialwahl der Außenfassaden sowie der Traufen- und Dachaufbautendetails
abgestimmt. Mit dem 2. Workshop wurde der Beratungsprozess im Beirat für Stadtgestaltung zum Abschluss
gebracht.
28 | 29
4.5 Herford
_Beirat für Stadtbildpflege
Im Hinblick auf die lange Tradition des Beirates für Stadtbildpflege in Herford wurde dieser im August 2000 erneut
einberufen, nachdem er 1994 nach über 20jährigem Bestehen aufgelöst worden war. Wesentlicher Grund für
die Wiedereinberufung des Beirates war die Erkenntnis,
dass die Begutachtung wichtiger Fragen der Stadtgestaltung durch ein Fachgremium als Entscheidungshilfe für
Politik und Verwaltung hilfreich ist, um anstehende ortsbildprägende Aufgaben und Projekte nachhaltig richtig
zu beurteilen.
Besondere Hilfestellung kann der Beirat der Verwaltung
und auch den planenden Architekten geben, wenn es
darum geht, die Bereitschaft der Bauherren zu hochwertiger Architektur über die reine Funktionserfüllung hinaus
zu fördern. Diese Sensibilisierung gilt sowohl im Neubaubereich, als auch für Eingriffe in den Bestand.
Schwerpunktmäßig behandelt der Herforder Beirat für
Stadtbildpflege die historischen Stadtquartiere innerhalb
der Wallanlagen sowie die Stadteingänge als Visitenkarte
Herfords. Mögliche Aspekte dabei sind neben der Baugestalt neuer und historischer Gebäude auch Kunst und
Grün in der Stadt, der Einklang der Gebäude untereinander
sowie eine maßvolle und verträgliche Bebauungsdichte.
Dabei differenziert der Beirat seine Arbeit in Pflicht und Kür.
Die Pflicht besteht aus der Begleitung und Beurteilung aller
in sein Aufgabengebiet reichenden aktuellen Planungen,
während die Kür darüber hinaus einzelne Quartiere Herfords, auch ohne den Druck anstehender Bauaufgaben,
untersucht, Chancen diskutiert und Empfehlungen über
zukünftige Wege formuliert, diese Bereiche weiterzuentwickeln. Besonders der letzte Aspekt ist dem Herforder
Beirat bei seiner Arbeit wichtig, da frühzeitige Konzepte
hilfreich sind, positive Entwicklungen zu fördern und somit
die Eingriffsmöglichkeiten nicht auf kleine Korrekturen vor
Planungsende reduziert werden.
Bestandsfoto
Thomas Gabriel
Bürgermeister
_Fachmarkt Novum
Elverdisser Straße, Herford
Henning Schlattmeier
Vorsitzender des Beirates für Stadtbildpflege
Entwurfsverfasser: Archidea, Immobilien u. Projektentwicklungs GmbH, Herford. Planungsstand: 2002
Projektidee / Voraussetzungen
Der Neubau eines Geschäftshauses für einen Fachmarkt
wurde durch viele Faktoren entwurflich beeinflusst. Der
Bereich innerhalb eines gültigen Bebauungsplanes machte
eine städtebauliche Neugestaltung notwendig: In direkter
Nachbarschaft zu dem bestehenden „Stelzenhaus“ (siehe
Bestandsfoto), welches mit seiner Größe und Monumentalität die vergangene – und mittlerweile verworfene –
architektonische Idee der städtebaulichen Dominante
repräsentiert, sowie die exponierte Verkehrslage stellen
schwierige städtebauliche Rahmenbedingungen dar.
Zudem waren die Belange der Bauherren, eine allenfalls
zweigeschossige Bebauung zu planen, von großem Einfluss.
Entwurf: II-geschossige Bebauung mit herausgeschobener Eingangsebene
Modellstudie 1. Entwurf
Entwurf: III-geschossige Bebauung mit aufgeständertem Trakt
Modellstudie 2. Entwurf
Einfluss des Beirates
Die Notwendigkeit baurechtlicher Befreiungen und das
städtebauliche Konzept wurden in der ersten Entwurfsvorlage vom Beirat für Stadtbildpflege kritisch bewertet, so
dass eine Überarbeitung notwendig wurde. Bei der Präsentation des zweiten Entwurfes, in dem die Geschossigkeit
und die Architektursprache geändert wurden, konnten die
städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten herausgearbeitet werden, so dass der Gebäudeentwurf zur Weiterplanung freigegeben werden konnte.
Der Entwurf sieht auf dem Grundstück an einer innenstadtrelevanten Straßengabelung zwei straßenflankierende
Gebäudekörper (zwei- und dreigeschossig) vor, die einer
Symmetrie unterliegen und miteinander verschmelzen. Der
zweigeschossige Baukörper wird aufgeständert, so dass
ein gedeckter Eingangsbereich entsteht, und hebt sich vom
dreigeschossigen Baukörper durch eine gegensätzliche
Materialität ab (heller Putz – schwarze Zinkscharen).
Durch die entwurfsbedingte Vergrößerung der Nutzfläche
mussten Mietbereiche abgegrenzt und vermarktet werden,
so dass die Wirtschaftlichkeit des Objektes neu bewertet
werden musste. Der Gebäudeentwurf sieht eine deutliche
Neudefinition des Straßenraumes vor, sowie einen baurechtlich notwendigen Abstand zum Stelzenhaus. Eine
städtebauliche Einbindung des Stelzenhauses ist nach
Meinung der Entwurfsverfasser nicht möglich.
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4.6 Köln
_Gestaltungsbeirat
Der Gestaltungsbeirat in Köln wurde im Jahre 1988 ins
Leben gerufen. Anlass seiner Gründung war der Wunsch
nach der Mobilisierung gestalterischer Kräfte, die den politischen Entscheidungsgremien in kritischen Fachfragen
kompetenten Rat geben sollten. Er ist hervorgegangen
aus dem Arbeitskreis Stadtgestaltung (seit 1986), welcher
aus Verwaltungsmitgliedern der Bauämter bestand.
Die Aufgabe des Gestaltungsbeirates besteht in der Erarbeitung von Empfehlungen für die Verwaltung, die
Fachausschüsse und den Rat zu städtebaulichen und
baukünstlerischen Projekten, die für die Erhaltung oder
Gestaltung des Kölner Stadtbildes von erheblichem Einfluss sind.
Der Beirat setzt sich aus sechs stimmberechtigten ehrenamtlichen Mitgliedern sowie ihren Stellvertretern zusammen, die vom örtlichen Kontaktkreis der Architekten- und
Ingenieurverbände vorgeschlagen und vom Rat der Stadt
für eine Zeit von höchstens sechs Jahren berufen werden.
Seit der Revision der Geschäftsordnung 2001 kann ein
siebtes, diesmal auswärtiges Mitglied durch den Oberbürgermeister der Stadt Köln benannt werden, das in besonders wichtigen oder schwierigen Fällen zu den Beratungen
hinzugezogen wird.
Die Beauftragung des externen Mitglieds erfolgt aus dem
Budget, das dem Beirat jährlich zur Unterstützung der inhaltlichen Arbeit zur Verfügung steht, auch um z.B. Gutachten zu vergeben, und sich zurzeit auf 10.000 Euro beläuft.
An den monatlichen Sitzungen nehmen auch der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, je ein Vertreter der
Ratsfraktionen sowie Bezirksvertreter der jeweils betroffenen Stadtbezirke teil. Es werden jährlich rund 50 Projekte
im Beirat behandelt.
Seit seiner Gründung ist die Geschäftsordnung des Beirates stetig weiterentwickelt worden. 1990 hat man die
Dauer der Mitgliedschaft im Beirat reduziert sowie die
Teilnahme der politischen Vertreter den tatsächlichen
Gegebenheiten angepasst. 1995 wurde die Anzahl der
stimmberechtigten Mitglieder von 7 auf sechs reduziert
und der Beratungskatalog auf Werbeanlagen ausgedehnt.
Im Jahre 2001 ist dann das bereits oben erwähnte externe
Mitglied hinzugekommen. Seitdem sind auch Sondertermine
zwischen dem Beirat und dem Stadtentwicklungsausschuss
zur gemeinsamen Beratung von Schwerpunktthemen zwischen Beirat und Politkern vorgesehen.
Neben dem klassischen Alltagsgeschäft der Beratung
von Bauvorhaben beschäftigt sich der Kölner Beirat in
letzter Zeit zunehmend auch mit der strategischen Begleitung von Projekten und Stadtentwicklungsthemen.
Zum einen werden Workshops zu wichtigen städtebaulichen Themen angeschoben. „Auf die Plätze” war ein
solcher Workshop. Zum anderen werden Konzepte zu
bestimmten Bereichen entwickelt, wie zum Beispiel das
Ringkonzept für die Bebauung rechts und links des Kölner
Innenstadtrings. Zudem ist in gemeinsamer Diskussion
mit der Verwaltung ein Katalog von Gebietsbeschreibungen aufgestellt worden, der die im Gestaltungsbeirat zu behandelnden Gebiete bzw. Projekte spezifiziert
(die wichtigsten Ausfallstraßen, die Ränder des inneren
Grüngürtels, die Rheinuferstraße). Außerdem gibt es
seit jüngster Zeit eine interne Vereinbarung mit der Bauverwaltung zur Beteiligung des Gestaltungsbeirates im
Baugenehmigungsverfahren. Ziel ist eine größere Planungssicherheit und Transparenz für die Bauherren, die
Verhinderung von Verfahrensverzögerungen und eine
möglichst lückenlose Beteiligung des Beirates bei allen
wichtigen Projekten.
1. Entwurf
_Büro- und Geschäftsgebäude
Im Mediapark 6, Köln
Architekt: Architekturbüro Mronz, Köln. Fertigstellung: 2000
Projektidee
Der MediaPark mit seiner Bebauung nimmt in der Stadtentwicklungspolitik Kölns eine besondere Stellung ein. So
wurde an die Vergabe der Grundstücke u.a. die Bedingung
zur Durchführung von Hochbauwettbewerben geknüpft,
um die erwartete architektonische Qualität des herausragenden Standortes zu garantieren. Darüber hinaus tritt
bei der Entwicklung des Standortes die MediaPark Entwicklungsgesellschaft mbH (MPK) als Projektentwickler
und grundstücksübergreifender Projektsteuerer auf. In
dieser Funktion hat sich die MPK durch Vereinbarungen
in den Grundstückskaufverträgen mit den Investoren ein
weitgehendes Mitspracherecht bei der Außengestaltung
der privaten Hochbauten gesichert. So muss z.B. jeder
Bauantrag vor Einreichung bei der Behörde der MPK
zur Freigabe vorgelegt werden um sicher zu stellen, dass
die gestalterischen und technischen Vorgaben aus der
Einfluss des Beirates
Der Gestaltungsbeirat hat nach Einbindung durch das Bauaufsichtsamt den Entwurf der Platzfassade jedoch in seiner
Gänze abgelehnt und eine Überarbeitung empfohlen. Nach
erfolgter Überarbeitung und Neueinreichung wurde der
Gestaltungsbeirat erneut mit dem Antrag befasst. Der
Entwurfsverfasser stellte persönlich die überarbeitete Planung vor. Die Entwicklung der Platzfassade wurde daraufhin positiv bewertet und die Baugenehmigung erteilt. Die
Fassade zum Platz hin wurde beruhigt und erhielt eine
klare Gliederung.
Realisierter Entwurf (als digitale Bildmontage)
sogenannten „Grundlagenurkunde” (Gestaltungssatzung
als Teil der Kaufverträge) umgesetzt werden.
Voraussetzungen
Der anspruchsvolle, ursprüngliche Entwurf des Wettbewerbsgewinners gelangte nicht zur Ausführung, da sich Bauherr
und Architekt kurz vor Baubeginn überworfen haben. Das
Büro Mronz hat dann das hier dargestellte Bürogebäude
entwickelt, dessen Außenkonturen durch den Grundstückszuschnitt der trapezförmigen Fläche vorbestimmt waren.
Der Platzfassade kommt bei der Frage der Gestaltung wegen ihrer prominenten Lage eine besondere Rolle zu.
Vor diesem Hintergrund galt es, den Entwurf des Bürogebäudes besonders kritisch zu begleiten. Bereits bei
der Überprüfung des Fassadenentwurfs und der Material- und Farbwahl des Gebäudes auf Übereinstimmung
mit den städtebaulichen und architektonischen Leitlinien sowie der erwünschten Ensemblewirkung mit
der Nachbarbebauung durch die MPK wurden Defizite –
vor allem bei der Platzfassade – festgestellt. In einer
Stellungnahme an den Bauherren wurde die Bauantragsplanung seitens der MPK zwar freigegeben, jedoch
hinsichtlich der Fassadenausbildung mit Auflagen und
Optimierungsempfehlungen versehen.
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4.7 Krefeld
_Gestaltungsbeirat
Der Gestaltungsbeirat der Stadt Krefeld ist im Jahre 1990
gegründet worden. Seine Aufgabe besteht in der Erarbeitung von Empfehlungen für die Verwaltung, den Ausschuss
für Stadtplanung und Stadtsanierung bzw. den Bauausschuss zu städtebaulichen Projekten, die für die Stadt Krefeld von besonderer Bedeutung sind und auf das Stadtbild
einen erheblichen Einfluss ausüben. Im Gestaltungsbeirat
werden behandelt: Städtebauliche und Hochbauplanungen,
Platzgestaltungen, besonders zu gestaltende Wegebeziehungen wie z.B. größere Einkaufszonen und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, größere Verkehrsbauten und
Brückenbauwerke sowie bauordnungs- und planungsrechtliche Verfahrenswege.
Der Beirat setzt sich zusammen aus jeweils einem Vertreter
des Bundes Deutscher Architekten (BDA), der Vereinigung
freischaffender Architekten Deutschland (VfA), des Bundes
Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB)
und der Landschaftsarchitekten (BDLA). Bei Bedarf können
weitere sachkundige Personen beratend hinzugezogen
werden. Von jeder Fraktion nimmt ein Mitglied teil sowie
außerdem der zuständige Dezernent als Vertreter der Verwaltung.
Der Beirat tagt bei Bedarf, mindestens dreimal jährlich,
nichtöffentlich und behandelt im Schnitt 30 Projekte im
Jahr.
1. Entwurf
_Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäude
Eichendorffstraße / Violstraße, Krefeld
Entwurfsverfasser: Rateiczak und Tiemann PlanungsGBR,
Krefeld. Fertigstellung: 2001
Projektidee / Voraussetzungen
Die städtische Grundschule an der Eichendorffstraße sollte
eine neue Turnhalle und ein neues Gebäude für sechs Klassen erhalten. Um diese Neubaumaßnahmen finanzieren zu
können, hat die Stadt Krefeld das Gartengelände vor der
Schule verkauft, auf dem das neue Wohn- und Bürogebäude entstehen konnte.
Es handelt sich um einen dreiteiligen Gebäudezug in
direkter Nachbarschaft zum Krefelder Zoo, der 18 Eigentumswohnungen sowie 1900 qm Gewerbefläche aufnimmt. Ein Arkadengang verbindet die drei Baukörper
miteinander.
Einfluss des Beirates
Die Planungsgesellschaft hatte der Verwaltung Pläne für
drei dreigeschossige Gebäudeteile plus gewalmter Dachgeschosse vorgelegt. Auf Anregung des Gestaltungsbeirates wurden die Dachgeschosse in Staffelgeschosse
umgewandelt.
Der Beirat hat durch seine Kritik an der Höhenentwicklung
der geplanten Walmdächer dazu beigetragen, dass die
Gebäude in einer zeitgemäßen Formensprache realisiert
wurden.
Überarbeiteter Entwurf
Realisierte Anlage
Realisierte Anlage
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4.8 Münster
_Beirat für Stadtgestaltung
Der Wiederaufbau Münsters wird von der Stadt als eine
anerkannte Leistung angesehen, die dem guten Zusammenwirken von Architekten, Bauwilligen, Rat und Verwaltung zu verdanken ist.
In expliziter Anknüpfung hieran beruft der Rat der Stadt
Münster auf Antrag der SPD und der Grünen im Jahre 1996
einen Beirat für Stadtgestaltung. Dieser soll bei der Entscheidungsvorbereitung in Fragen der Stadtgestaltung
und des Stadtbildes beratend tätig sein und die Fachverwaltung unterstützen, ergänzen, ihr gegebenenfalls auch
eine andere fachliche Sicht gegenüberstellen. Er soll bei
schwierigen Entscheidungen eine kritische Diskussion
anstoßen und mit seinen Empfehlungen die Basis für die
Beratung der zuständigen Gremien, insbesondere des
Planungsausschusses, verbreitern.
Die Beratungsergebnisse haben Empfehlungscharakter und
umfassen die Aufstellung oder Änderung von Gestaltungsund Erhaltungssatzungen sowie von Bebauungsplänen.
Behandelt werden Baumaßnahmen der öffentlichen Hand
und solche besonders großen Umfangs, bauliche Veränderungen an historischen oder baukünstlerisch wertvollen
Bahnhofsvorplatz vor der Umgestaltung
Gebäuden oder Ensembles sowie Neubauten in deren
Nähe, aber auch Bauvorhaben mit stadtbildprägendem,
repräsentativem oder monumentalem Charakter privater
Bauwilliger. Dem Beirat gehören neun auf ihrem Gebiet
anerkannte Fachleute (Architekten) an (keine Vertretung
möglich), die ihren Wohn- und Geschäftssitz im Regierungsbezirk Münster haben sollen. Er tagt ca. 10 x jährlich und behandelt bis zu 40 Projekte.
_Platzgestaltung mit Fahrradstation
Bahnhofsvorplatz Münster
Architekten: Brandt und Böttcher, Berlin. Verkehrsplaner:
Stephan Böhme. Fertigstellung: 1999
Projektidee / Voraussetzungen
Bis zu 4.000 Fahrräder wurden in der Vergangenheit im
gesamten Vorplatzbereich des Hauptbahnhofes Münster
mehr oder weniger geordnet abgestellt. Die mit dieser
massiven Ansammlung verbundenen Probleme sollten
durch den Bau einer Radstation für ca. 3.000 Fahrräder
gelöst werden. Für die Gestaltung der Fahrradstation
erarbeitete zunächst die Stadt mehrere Entwürfe.
Entwurf der Stadtverwaltung für die Fahrradstation
Einfluss des Beirates
1997 regte der Beirat für Stadtgestaltung an, sowohl für
die Fahrradstation als auch für das gesamte Bahnhofsumfeld ein Optimierungsverfahren durchzuführen. Gegenstand des Verfahrens war nicht der bereits ausführungsreife, unterirdische Teil der Fahrradstation, sondern der
Zugangsbau für die Fahrradstation sowie die Neugestaltung des gesamten Bahnhofsvorplatzes, einschließlich der
notwendigen Funktionsabläufe der baulichen Anlagen,
Nebenanlagen und eventuellen Grünanlagen.
Das Optimierungsverfahren wurde im Rahmen einer Entwurfswerkstatt mit Beteiligung von sechs Architekturbüros
durchgeführt. Dem Preisgericht gehörten neben weiteren
Fachpreisrichtern zwei Mitglieder des Beirates für Stadtgestaltung sowie Sachpreisrichter an. Die Entscheidung
konnte innerhalb von drei Tagen herbeigeführt werden.
Der erste Preisträger wurde mit einer Überarbeitung und
schließlich mit der Realisierung des Vorhabens beauftragt.
Die Realisierung der unterirdischen Fahrradstation und
den damit zusammenhängenden oberirdischen baulichen
Anlagen wurde zwischenzeitlich abgeschlossen. Die Radstation war der erste Schritt zum neuen Bahnhofsvorplatz,
dessen Umgestaltung in den nächsten Jahren sukzessive
durchgeführt wird.
Neugestalteter Vorplatz mit Radstation
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4.9 Unna
_Bauforum für Stadtgestaltung
Das Bauforum für Stadtgestaltung der Stadt Unna wurde
im Jahr 1994 zum Zwecke der Intensivierung und Formalisierung der Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung und dem Arbeitskreis freier Architekten in Unna
gegründet. Es berät den Rat der Stadt und seine Ausschüsse sowie die Verwaltung in stadtgestalterischen, baukünstlerischen und denkmalpflegerischen Fragen und erarbeitet
Empfehlungen für die Erhaltung und Gestaltung des Stadtbildes von Unna. Dem Gremium kommt keine Entscheidungskompetenz zu.
Die Aufgabe des Bauforums umfasst Stadtentwicklungstendenzen und hieraus abgeleitete Zielvorstellungen, die
Neuaufstellung oder Änderung stadtgestalterisch bedeutender Bebauungspläne, herausgehobene Neubaumaßnahmen der öffentlichen Hand im Bereich des Hoch-, Tief- und
Straßenbaus sowie die Anlage von Grünflächen, bauliche
Veränderungen an historisch oder baukünstlerisch wertvollen Gebäuden (Baudenkmäler) oder Ensembles sowie an
in ihrer Nähe geplanten Baumaßnahmen, Baumaßnahmen
besonders großen Umfangs oder von Bauten mit stadtbildprägendem, repräsentativem oder monumentalem Charakter von privaten Bauherren, sowie die Gestaltung von
Außenwerbung.
Das Bauforum besteht aus 8 Mitgliedern, 4 davon sind
Mitglieder des Arbeitskreises freier Architekten, 3 sind
Mitglieder des Rates der Stadt. Hinzu kommt ein Mitglied
aus der Bauverwaltung. Sie alle arbeiten uneigennützig
und ohne Vergütung. Das Bauforum tagt nichtöffentlich,
2 bis 4 mal im Jahr und berät im Durchschnitt 13 Projekte in diesem Zeitraum.
Gebäude vor dem Abriss
_Wohn- und Geschäftshaus
Markt 16, Unna
Architekt: Ulrich Bräckelmann, Unna. Fertigstellung: 2000
Projektidee / Voraussetzungen
Dem im Jahre 2000 in unmittelbarer Zentrumslage von
Unna (Marktplatz) realisierten Projekt ging eine fast zweijährige Planungsphase voraus. Das ursprüngliche Gebäude wurde nach einem Brand aufgrund seiner Baufälligkeit
abgerissen, ohne die angrenzenden Nachbargebäude, von
denen das Linke unter Denkmalschutz steht, zu beeinträchtigen. An gleicher Stelle sollte mit dem Ersatzneubau in
den Abmessungen von ca. 5,50 m Breite und 17,00 m
Tiefe (auf dessen Längsseiten keine Belichtungsmöglichkeiten gegeben waren) ein attraktives Wohn- und Geschäftshaus in 3 1/2-geschossiger Bauweise entstehen.
Für den Entwurf galt es, die Maßgaben des Planungsamtes,
der Unteren Denkmalbehörde (Stadt Unna) und des Westf.
Amtes für Denkmalpflege (Münster) angemessen zu berücksichtigen und einen Baukörper zu entwickeln, der sich
in Größe, Proportion und Fassadengestaltung in das vorhandene, historisch gewachsene Umfeld einfügen sollte.
Gleichzeitig sollte jedoch ablesbar bleiben, dass es sich bei
dem Neubau um ein „zeitgenössisches“ Bauwerk handelt.
Die Fassade zum Marktplatz wurde in unterschiedlichen
Entwurfsansätzen geplant und diskutiert. Eine giebelständige Lösung wurde von Seiten der Denkmalpflege mit der
1. Variante wurde von der Denkmalpflege abgelehnt
Neubau am historischen Platz
Begründung der durchgängigen Traufständigkeit der Nachbarbebauung abgelehnt. Die daraufhin entwickelte Lösung,
die eine schräge Verglasung in der Walmdachfläche vorsah,
wurde ebenfalls von Seiten der Denkmalpflege als kritisch
erachtet.
und darunterliegender Drempelverglasung (zur Herstellung
einer direkten Sichtbeziehung aus der Maisonettewohnung
auf den Marktplatz). Das neue Architekturelement im vorhandenen, historisch gewachsenen Platzensemble wurde
übereinstimmend als nicht störend empfunden.
Einfluss des Bauforums
Zu diesem Zeitpunkt wurde das Projekt in das Bauforum
der Stadt Unna eingebracht und durch den planenden
Architekten zur Diskussion gestellt. Die Entwicklung eines
eigenständigen Baukörpers mit achsialem Fassadenaufbau
wurde von allen Beteiligten klar favorisiert. Das Votum
des Bauforums galt der Ausführung in der vorgeschlagenen Form mit einem verglasten Walmdachelement
Durch das klare Votum der Architekten des Bauforums
wurden die Realisierungsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erheblich verbessert. Somit konnten im Dialog
die ursprünglichen Bedenken des Denkmalamtes sowie
des Planungsamtes ausgeräumt werden. Es ist ein Gebäude entstanden, das sowohl bei den in der Planung
Beteiligten als auch in der Öffentlichkeit auf Akzeptanz
trifft.
2. Variante fand die Unterstützungs des Bauforums (und der
Denkmalpflege)
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4.10 Exkurse
_Ein Plädoyer für die Einrichtung von Gestaltungs_beiräten und ein Bericht aus der Praxis in Gütersloh
„Eine Stadt soll so gebaut sein, dass sie ihre Bürger sicher
und zugleich glücklich macht.”
Diese Forderung stammt von dem griechischen Philosophen
Aristoteles, der die schlichten wie verpflichtenden Worte vor
über 2.000 Jahren niederschrieb.
Und wie zur Bestätigung rief der Italiener Äneas Sylvius viele
hundert Jahre später beim Besuch der deutschen Städte
1458 bewundernd aus: „Kein Land in Europa hat bessere
und freundlichere Städte als Deutschland. (…) Nirgends
unter allen Völkern gibt es so viel Freiheit als in deutschen
Städten.” Diese so nie wieder erlangte Bedeutung der Stadt
ging zunächst in den Wirren und Grausamkeiten des Dreißigjährigen Krieges, durch die zunehmenden Abhängigkeiten
von landesherrlichen Geboten und schließlich in den Zeiten
des Absolutismus durch die alles überlagernde höfische Kultur verloren. Der Dreißigjährige Krieg zerstörte weitgehend
die mittelalterlichen Stadtbilder, der Zweite Weltkrieg dann
endgültig das, was davon übrig geblieben war und was sich
danach in den Zeiten des Absolutismus, des wieder erstarkenden Bürgertums und der Industrialisierung an Stadtbaukunst entwickeln konnte.
Wer kennt sie nicht, die bewegenden Worte, die Gerhard
Hauptmann dreiundachtzigjährig im Februar 1945 bei den
verheerenden Verwüstungen von Dresden fand: „Wer das
Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang
Dresdens.” Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit gewann das Planungs- und Baugeschehen gewaltig an Dynamik. Und spätestens seit den sechziger Jahren
des 20. Jahrhunderts hat die Entwicklung durch die Massenmotorisierung und durch den Massenwohnungsbau geradezu spektakuläre Züge angenommen.
An dieser dynamischen Entwicklung hat auch Gütersloh
teilgenommen. Gütersloh liegt im wirtschaftlich starken
und oft unterschätzten Ostwestfalen, das sich im Chor
der Regionen traditionell bescheiden und mit verhaltener
Stimme zu Wort meldet. Gütersloh, auch Sitz des gleichnamigen Kreises, kann auf seinem Stadtgebiet gleich mehrere
„Global Player” nachweisen. So erwirtschaftete die Bertelsmann-Gruppe im Jahr 2001 einen Umsatz von 9,7 Milliarden Euro, der Hausgerätehersteller Miele beschäftigt allein
am Standort Gütersloh 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und die Europa-Zentrale von Lycos-Europe ist
ebenfalls in dieser Stadt ansässig.
Eine Idylle, möchte man meinen, und doch gibt es einen
Umstand, der bis heute das Selbstverständnis vieler Gütersloherinnen und Gütersloher prägt: Der Stadt mangelt es an
„großer Geschichte”. Zwar gibt es bereits in einer Urkunde
des Bischofs Arnold von Osnabrück 1184 einen Hinweis
auf den Namen „Gutherslo”, doch war Gütersloh über viele
Jahrhunderte nur das unbedeutende, bäuerlich geprägte
Heidedorf.
Das änderte sich erst mit dem Bau der Chaussee Minden –
Koblenz 1819, der Inbetriebnahme der Eisenbahnverbindung Köln – Minden im Jahr 1847 und der maßgeblich
dadurch geförderten Textil- und Fleischindustrie, der eisenund holzverarbeitenden Betriebe, der Möbelfabrikation und
nicht zuletzt der Buchdruckereien, in denen der Konzern
Bertelsmann seinen Ursprung hat. In der Folge dieses Industrialisierungsprozesses entwickelte sich die Stadt vor allem
als Produkt der einzelnen unternehmerischen Entscheidungen. Zwar gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts Versuche, für die städtebauliche Ordnung Pläne aufzustellen.
Doch die beeindruckende städtebauliche Figur – ein kreisrunder Platz von 60 Metern Durchmesser, von dem die
Straßen strahlenförmig abgingen – wurde nie realisiert.
Auch in dem Ende der 1860er Jahre einsetzenden Bauboom wurden zwar einzelne repräsentative Gebäude
vermögender Bürger errichtet, doch lag diesen Projekten
keine zusammenhängende Planung zugrunde. Bis zum
Erlass eines Ortsstatutes im Jahre 1896 kann von einer
geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht gesprochen
werden. Gebaut wurde schlichtweg entlang der Straßen,
immerhin wurde auf Einhaltung der Baufluchtlinien geachtet. Der zur Hilfe gerufene renommierte Stadtplaner Professor Karl Henrici aus Aachen attestierte der Gütersloher
Bevölkerung, sie habe eine „offenbare Neigung, sich ganz
zerstreut anzusiedeln”. Er kritisierte damit offensichtlich die
vorherrschende, sich noch über Jahrzehnte hinweg haltende
Auffassung, jeder könne auf seinem Grund und Boden bauen, solange Rechte Dritter nicht unmittelbar berührt werden.
Weitere Planungen aus dem Jahr 1938 sowie dem Zeitgeist
entsprechende Planungen noch während des II. Weltkrieges
für eine große Nord-Süd-Achse und ein Aufmarschgelände
wurden glücklicherweise nicht verwirklicht. Die Zeit nach
dem II. Weltkrieg diente erst einmal der Wohnraumbeschaffung und dem Wiederaufbau. Ortssatzungen, Fluchtlinienpläne, Baustufenpläne und Bauzonenpläne sowie der
Leitplan von 1959, anschließend der Flächennutzungsplan
und die Bebauungspläne nach dem Bundesbaugesetz ab
1960 dienten der Steuerung.
Im Wesentlichen also eine Städtebaugeschichte ohne große
Ambitionen, ohne die beeindruckenden Gründerzeitviertel
wie in vielen Ruhrgebietsstädten, ohne die epochalen
Siedlungsbauten der zwanziger Jahre wie in Berlin oder
Hamburg und ohne den Aufbruch der Nachkriegszeit wie
in Münster oder in Freudenstadt. In dieser Situation mag
man sich nun die Frage stellen, was ein Gestaltungsbeirat
in einem städtebaulich offensichtlich so geordneten Gefüge leisten kann und soll. Die Antwort liegt auf der Hand:
Gerade weil die Verhältnisse so sind! Die Stadt weist zwar
eine wenig spektakulär wirkende Szenerie auf, ist aber
immerhin von großen städtebaulichen Sünden verschont
geblieben. Die Innenstadt ist kompakt, homogen und übersichtlich, und die großen und kleinen Stadterweiterungen
an den Rändern sind auch nicht schlechter als das, was
tausendfach in Deutschland passierte.
So gesehen kann die Frage „Ist das Glas Wasser nun halb
voll oder halb leer” nur zugunsten der städtebaulichen
Struktur der Stadt Gütersloh beantwortet werden. „Gar nicht
mal so schlecht” ist schon ein klassischer Gütersloher Superlativ, und in dieser Situation ist jedes ambitionierte Bauwerk
für die Stadt ein unbedingter Gewinn. Der Gestaltungsbeirat
hat für Gütersloh gerade in dieser Situation eine besondere
Bedeutung. Er ist nicht das „besserwisserische Organ”, sondern ein qualifizierter Ort der fachlichen Auseinandersetzung. Er ist kein „Aufpasser”, sondern prägt durch seine
Dikussionen und Entscheidungen den städtebaulichen
Wert dieser Stadt.
Es bleibt unbestritten, dass die bauliche Entwicklung dadurch nicht einfacher wird. Die Beteiligung von immer mehr
Akteuren an der Stadtentwicklung, die Erfindung neuer
Begriffe und neuer Handlungsfelder – wie des vor einigen
Jahren entstandenen „Stadtmarketings” – , die immer kürzer
werdenden Halbwertzeiten der rechtlichen Grundlagen, die
zu Recht wachsenden Beteiligungsansprüche der Bürgerinnen und Bürger haben Planungsprozesse und Planungsprodukte aufwendiger und langwieriger gemacht.
Da, so mag man einwenden, muss es nicht auch noch eine
weitere Einrichtung geben, die sozusagen am Ende der
Kette, wenn es um das konkrete Bauen geht, ein Projekt
also fast abgeschlossen ist, den städtebaulichen Wert kritisch unter die Lupe nimmt. In einer Zeit, in der die Städte
auch um kleinste Projekte buhlen und konkurrieren, zu
vielen Zugeständnissen bereit sind und vermeintlich dynamisierende Begriffe wie der der „projektorientierten”
Landesplanung problemlos Eingang in die planerische
Nomenklatur gefunden haben. Auch hier liegt die Antwort
auf der Hand: Gerade weil wir uns in dieser Konkurrenzsituation befinden, geht es auch um das Profil der Stadt,
um die Wahrung und Schaffung eigener städtebaulicher
Werte. Sie dienen der Identität und Image-Bildung, die im
Konzert mit den vielen begleitenden Maßnahmen – bspw.
denen der Wirtschaftsförderung – zur wirtschaftlichen
Stabilisierung und Weiterentwicklung der Stadt beiträgt.
Insofern ist ein Gestaltungsbeirat ein direktes Element des
Stadtmanagements.
Die Stadtverwaltungen stehen durch den Kontakt mit Bauherren, Bauträgern oder Projektentwicklern gewissermaßen
direkt an der Front. Ihre Aufgabe ähnelt dabei der Quadratur des Kreises: Sie sollen Projekte zügig entwickeln, dabei
städtebauliche Werte nicht außer Acht lassen, den Projektbetreiber monetär nicht überfordern, ihre eigenen Wertstellungen zumindest nicht in Gänze über den Haufen werfen,
die Voten und Wünsche der Politik mit berücksichtigen, Bürgeransprüche befriedigen usw. usf. In dieser Situation auch
noch für angemessene bauliche Formen zu sorgen, verlangt
geradezu nach herkulischen Kräften und guten Nerven.
Dabei sind es weniger die ganz großen Projekte, die systembedingt längere Vorlauf- und Diskurszeiten haben. Es sind
vielmehr eher die kleinen und mittleren Projekte, die
Baulückenschließungen, die Bebauung der letzten Kriegsoder Industriebrachen, die das städtebauliche Bild unserer
Städte prägen. Da passiert es eben nicht selten, dass ein
Bauherr nur mühsam die Fassung behält, wenn in Projektbesprechungen die Bebauung eines vielleicht nur wenige
hundert Quadratmeter großen Grundstückes im Stadtkern
auch noch im Gestaltungsbeirat beraten werden soll. Es
erscheint völlig unverständlich, ein solch eher peripheres
Bauvorhaben in einem Beirat zu diskutieren. Auch hier ist in
der Regel ordentlich Überzeugungsarbeit zu leisten und sich
Argumenten wie „Das kostet meine Zeit und mein Geld”
oder „Wer will das denn beurteilen” zu widersetzen und
sie in einen konstruktiven Dialog münden zu lassen. Soviel
muss gesagt werden: Es ist zwar sehr aufwendig, in der
Regel aber führen die gemeinsamen Diskussionen zum
Erfolg.
Insofern ist ein Gestaltungsbeirat der direkte strategische
Partner der ganz vorne kämpfenden Verwaltung. Gemeinsame und ernsthafte städtebauliche Ambitionen vorausgesetzt, können Projekte im besten Sinne kongenial begleitet
und zu einer gemeinsamen Lösung von Beirat und Verwaltung geführt werden. Wenn der Beirat also wie ein
„Kollegialorgan” betrachtet wird, kann nach einer gewissen
Zeit des gemeinsamen Trainings im strategischen Miteinander auf den Gestaltungsbeirat als Partner nicht mehr
verzichtet werden. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass
durchaus auch berechtigte Kritik an der Arbeit angesagt ist.
Der Gestaltungsbeirat nimmt sich – dies ist auch gar nicht
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anders zu leisten – nicht jedes Objekt, sondern nur die
städtebaulich herausragenden Projekte vor. Hier kann häufig davon ausgegangen werden, dass ein bereits mehr oder
weniger ambitionierter Entwurf vorliegt. In den im Beirat
geführten Diskussionen kann sich nun der Effekt einstellen,
dass ein vielleicht passabler Entwurf bis in das letzte Gestaltungselement verfeinert wird. Dies dient sicherlich dem
Bauwerk selbst und seinem städtebaulichen Umfeld. Gleichzeitig aber entstehen in der Stadt Dutzende von Häusern,
die der Beirat nie zu Gesicht bekommt. Es handelt sich um
die vielen Einfamilienhausbauten, die augenblicklich das
Gros der bauwirtschaftlichen Leistungen ausmachen. Sie
prägen jene Teile einer Stadt, die als „Neubaugebiet” nach
Abschluss des Planverfahrens einer städtebaulichen Beratung in der Regel nicht mehr zugänglich sind. Insbesondere
nach Einführung der freigestellten Vorhaben durch die Novellierung der Landesbauordnung. Auch Gewerbebauten
sind zu selten Gegenstand der einschlägigen Beratungen.
In diesem Zusammenhang ist zu fragen, ob Gestaltungsbeiräte auch außerhalb des konkreten Objektes durch eine
eigene Öffentlichkeitsarbeit zur Stadtbaukultur beitragen
können. Dies aber sind Vorbehalte, die sich nicht gegen
das sinnvolle Institut eines Gestaltungsbeirates als solchen
wenden, sondern im Gegenteil Ansporn sind, diese Defizite
zu erkennen und sie zu eliminieren. Einer Stadt eine ansprechende städtebauliche Form zu geben, war in den
Zeiten des Feudalismus ein teures Hobby der jeweiligen
Landesherren, hat aber zu beeindruckenden Ergebnissen
geführt, die sich heute in Lehrbüchern als vorbildhafter
Städtebau wiederfinden.
Diese Zeiten sind vorbei. Städtebauliche Ambitionen beizubehalten, einem Stadtgefüge wenigstens teilweise oder in
Einzelbauten ein unverwechselbares Gepräge zu geben verlangt nach langem Atem und guten Nerven, nach strategischem Können und manchmal taktischem Handeln und
vor allem nach einem Gestaltungsbeirat, der diese Eigenschaften mit trägt und diese Aufgaben mit bewältigt. So
gesehen sind Gestaltungsbeiräte ein unverzichtbarer Teil
eines kooperativen und solidarischen Handels für alle, die
an der Entwicklung der Stadt beteiligt sind.
Michael Zirbel
Leiter des Fachbereiches Stadtplanung der Stadt Gütersloh
4.10 Exkurse
_Von den Mühen der Beiratsarbeit – ein Zwischen_bericht aus Wuppertal
Der Wuppertaler Gestaltungsbeirat – bestehend aus nicht
stimmberechtigten Vertreterinnen und Vertretern von Rat,
Verwaltung, Freiraumplanung und Denkmalpflege sowie
4 auswärtigen stimmberechtigten Architektinnen und Architekten – wurde 2001 eingerichtet.
Nach einem Jahr Erfahrung ist, obwohl Ergebnisse (noch)
nicht möglich sind, allen klar, der Beirat ist bitternötig.
Und: die Arbeit ist mühsamer als vermutet. Warum?
Die eigene Praxis vor Augen haben wir spannende Gespräche mit Kollegen und Genehmigungsbehörde erwartet. Wir
hofften auf Dialoge über Architektur und Gestaltung und
dachten an die damit verbundene Aufklärung und Weiterbildung der teilnehmenden Vertreter aus der Politik. Wir
glaubten, Kollegen dabei helfen zu können, Hürden zu überwinden, die aus Planungsrecht oder behördlichen Auflagen
bestehen würden, um so moderne und unkonventionelle
Vorstellungen verwirklichen zu können, evtl. sogar innovative Zeichen zu setzen, statt veraltete B-Pläne zu erfüllen
oder sich an das vorhandene Mittelmaß der Nachbarn anpassen zu müssen. Wir ahnten, dass es auch notwendig sein
würde, planerische Fehlgriffe zu verhindern und schwachen
Entwerfern durch Vorschläge auf den richtigen Weg zu helfen. Dass gerade diese Aufgabe jedoch in dem erlebten
Maße überwiegt, hat uns doch überrascht.
Es gibt sie, die seltenen Glücksmomente, wenn ein guter
Plan mit einem ambitionierten Bauherrn uns ins Schwärmen
versetzt. Dann ist es ganz einfach. Alle sind sich einig, der
Beirat gibt wohlwollende Empfehlungen, die von selbstbewussten Kollegen gerne angenommen werden. In der Regel
aber werden Planungen vorgestellt, die so weit von unseren
Vorstellungen einer angemessenen Lösung entfernt sind,
dass ein Dialog kaum möglich ist, weil er eine gemeinsame
Sprache voraussetzt. Vorsichtige Korrekturansätze werden
als Einmischung empfunden, Vorschläge entweder wegen
angeblicher Unvereinbarkeit mit den wirtschaftlichen Zielen
abgewehrt oder zwar angenommen aber so falsch umgesetzt oder missverstanden, dass wir bei der zweiten oder
dritten Vorstellung bereuen, überhaupt eingegriffen zu
haben.
Wir sind dann schon froh, wenn wir über das Baurecht eine
zu hohe Ausnutzung des Grundstückes verhindern können
oder wenn es gelingt, unangemessene Gesten auf ein erträgliches Maß zurückzuschrauben. Von Architekturqualität
oder gar vorbildlicher Gestaltung sind wir dann immer noch
weit entfernt. Das bedrückende ist, dass die Verfasser solcher Projekte trotzdem auf die Beratung beim Gestaltungsbeirat verweisen können und wir fürchten müssen, dass
auch wir selbst an den späteren Ergebnissen gemessen
werden.
Eigentlich finde ich es ja richtig, dass ein Gestaltungsbeirat
keine Weisungsbefugnis hat, denn auch das wäre riskant.
Aber die Machtlosigkeit eines nur beratenden Gremiums ist
bisweilen frustrierend. Dennoch sind wir überzeugter denn
je, dass diese Sisyphos-Arbeit geleistet werden muss, auch
wenn sie sich selten sofort auszahlt.
Es bleibt die Hoffnung, dass ein Gestaltungsbeirat Stück
für Stück langfristig zur Qualitätsverbesserung beiträgt.
Weniger der schnelle Erfolg im Einzelfall ist wichtig, vielmehr wird die Gewöhnung der Bauwilligen an diese Einrichtung und die Sensibilisierung der politischen Kräfte durch
die kontinuierliche Beschäftigung mit den Fragen der Stadtgestaltung auf lange Sicht zu einem neuen Bewusstsein für
Planungs- und Baukultur führen.
Auch wenn manchmal die Enttäuschung ja Wut über die
mangelhaften Projekte groß ist und die Ohnmacht, mit der
wir ihnen gegenüberstehen, bisweilen lähmend, so dürfen
wir nicht nachlassen, immer wieder das Gleiche einzufordern: Zurückhaltung, Einfachheit, Klarheit, Bescheidenheit.
Wir brauchen keine „Highlights” – wenn wir sie natürlich
auch nicht verhindern wollten, falls sie sich überhaupt ankündigten – , wir brauchen Normalität auf hohem Niveau
und die erfordert viel Arbeit (und einen langen Atem) bei
allen Beteiligten.
Ich kann trotzdem oder gerade deswegen allen Kommunen
nur empfehlen, diesen dornigen Weg eines Gestaltungsbeirates zu beschreiten.
Ulrich Böttger, Architekt BDA und Stadtplaner, Köln
Vorsitzender des Wuppertaler Gestaltungsbeirates
42 | 43
5
Synopse dreier Geschäftsordnungen
Gestaltungsbeirat der Stadt Dortmund (Gründung / Stand: 06.09.2001)
Gestaltungsbeirat der Stadt Moers (Gründung / Stand: 04.11.2002)
Beirat für Stadtgestaltung der Stadt Siegen (Gründung: 19.05.1987 Stand: 31.05.2000)
Die Synopse dreier unterschiedlicher Geschäftsordnungen für Gestaltungsbeiräte erlaubt
eine schnelle Übersicht über alle wichtigen Regelungsinhalte. Die Dortmunder Geschäfts-
Aufgabe des Beirats
ordnung ist hierbei wegen ihrer Ausführlichkeit ausgewählt worden, die Siegener wegen
ihrer langen Geltungsdauer – sie gehörte zu den ersten in Nordrhein-Westfalen. Die
Geschäftsordnung der Stadt Moers schließlich ist identisch mit der Mustergeschäftsordnung, die der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen entwickelt und in seinem
Leitfaden zu Gestaltungsbeiräten im Dezember 2001 veröffentlicht hat (genaue Angaben
und Bezugsadresse siehe Literaturliste).
Dortmund
Moers
Siegen
Beirat berät über Vorhaben, Konzepte, Pla-
siehe zu behandelnde Vorhaben
Beratung der Stadt Siegen, der mit Stadt-
nungen, die für Qualität und Erhaltung des
planungs- und Bauaufgaben betrauten
Stadtbildes von erheblicher Bedeutung sind;
Ausschüsse und der Verwaltung bei Ent-
erarbeitet Empfehlungen für Verwaltung, Fach-
scheidungen, die für Stadtgestaltung von
ausschuss und Rat der Stadt sowie Bezirksver-
erheblicher Bedeutung sind
tretungen; bei früher Beratung von Vorhaben
auch Empfehlungen an Architekten und Bauherren für weitere Planungen; Beirat wird
frühzeitig bei Formulierung von Grundlagen
und Auslobung für konkurrierende Planungsverfahren (Wettbewerbe, Gutachten, Workshops) beteiligt, Vorsitzender oder Vertreter
wird in derlei Verfahren eingebunden, Ergebnis solcher Verfahren nimmt er zur Kenntnis
stimmberechtigte Mitglieder
8 Fachleute (5 Architekten oder Stadtplaner,
5 Mitglieder (Fachleute aus den Bereichen
9 Mitglieder (3 BDA, 2 VfA, 1 BDB, 2 Univer-
1 Landschaftsarchitekt, 1 Fachmann für
Architektur und Stadtplanung mit Wettbe-
sität Siegen, 1 Landschaftsarchitekt),
Denkmalschutz, 1 bildender Künstler) –
werbserfahrungen)
Qualifikation durch Erfolg in Wettbewerben
Qualifikation durch Wettbewerbserfolge oder
herausgehobene Bautätigkeit – Vorsitzender
des zuständigen Fachausschusses, je 1 Ratsmitglied der im Rat vertretenen Fraktionen,
ein Vertreter der jeweiligen Bezirksvertretung,
der für Planung und der für Bau zuständige
Beigeordnete, 1 sachkundiger Bürger
oder Preisrichtererfahrungen
Dortmund
Moers
Siegen
nach Bedarf Fachleute aus der Verwaltung
bei Bedarf andere Fachleute (Denkmalschutz,
bei Bedarf weitere Fachberater (Denkmalpfle-
(insbesondere Stadtplanungsamt)
Verkehr etc.); es können teilnehmen: Bürger-
ger, Verkehrsplaner etc.), Vertreter der im Rat
meister, Baudezernent, Mitarbeiter des Baude-
vertretenen Fraktionen, Beigeordneter für das
zernats nach Entscheidung des Dezernenten,
Bauwesen, Mitarbeiter der Verwaltung durch
Sonderfachleute auf Einladung der Geschäfts-
Hinzuziehung vom Beigeordneten
sonstige Mitglieder / Teilnehmer
stelle
die externen Fachleute sollen ihren Ge-
Wohn- und Arbeitssitz nicht im örtlichen
schäftssitz nicht in Dortmund haben, ein
Einzugsbereich
Wohn- und Arbeitssitz möglichst in Siegen
Wohn- u. Geschäftssitz der Mitglieder
Mitglied soll dem Professorenkollegium
der Dortmunder Hochschule angehören
Vorsitzender aus ihrer Mitte gewählt
Vorsitzender aus ihrer Mitte gewählt
Vertreter der Universität Siegen
Vorsitz
für die Dauer einer Legislaturperiode
i.d.R. 5 Jahre, ist den Wahlperioden
für die Dauer einer Wahlperiode, einmalige
Beiratsperiode
(5 Jahre), einmalige Wiederberufung
anzupassen, nur eine Wiederwahl
Wiederberufung möglich
von der Planungsverwaltung in Abstim-
durch den Rat auf Vorschlag der Verwaltung
auf Vorschlag der Berufsverbände und
mung mit den Fachverbänden vorgeschla-
berufen, Architektenkammer und / oder
der Universität Siegen vom Rat der Stadt
gen, vom Rat berufen
-verbände sind an der Auswahl zu beteiligen
Siegen berufen
Mitglieder üben Tätigkeit uneigennützig
keine Angaben
Mitglieder üben Tätigkeit uneigennützig
und gewissenhaft aus, erfüllen Aufgabe
Auswahl / Berufung der Mitglieder
Tätigkeit der Mitglieder
und gewissenhaft aus
fachbezogen, unabhängig und nicht als
Standes- oder Interessenvertreter
externe Mitglieder erhalten pauschales Ent-
pauschales Sitzungsgeld
keine Vergütung, keine Aufwandsentschä-
gelt, übrige erhalten Verdienstausfall und
digung, Mitglieder von auswärts erhalten
Sitzungsgeld gem. Hauptsatzung der Stadt
Fahrtkostenentschädigung
Geschäftsführung liegt beim für Stadt-
Bürgermeister bestimmt städtische
Geschäftsführung durch Beigeordneten
planung zuständigen Beigeordneten
Dienststelle
für Bauwesen
Vergütung
Geschäftsführung
44 | 45
zu behandelnde Vorhaben
Dortmund
Moers
Siegen
private und öffentliche Bauvorhaben, die nach
alle Vorhaben, die aufgrund ihrer Größen-
Vorhaben in einem möglichst frühen Pla-
Lage, Umfeld, Größe, Nutzung, Ensemble-
ordnung und Bedeutung für das Stadtbild
nungsstadium beraten: u.a. Städtebau-
wirkung oder Repräsentationsanspruch für
prägend in Erscheinung treten; bei sonstigen
projekte / Bebauungspläne, Hochbauten,
Stadtbild und Freiraum prägend sind; Verän-
Vorhaben von Bedeutung für das Stadtbild
Verkehrsbauten, Platz- u. Freiflächengestal-
derungsmaßnahmen an historisch bedeuten-
entscheidet die Geschäftsstelle über die Be-
tung; Auslobung von Wettbewerben, soweit
den, denkmalgeschützten oder stadtbildprä-
handlung im Beirat; Wettbewerbsergebnisse
wegen ihrer Lage, Nutzung und Größe erheb-
genden Gebäuden oder Ensembles; besonders
nur, wenn das eingereichte Vorhaben vom
licher Einfluss auf das Stadtbild gegeben ist;
bedeutsame Verkehrsbauten; städtebaulich-
prämierten Projekt wesentlich abweicht
Beratung privater Vorhaben, wenn Bauherr-
gestalterische und verkehrliche Konzepte mit
schaft und Architekt dies ausdrücklich wün-
großer Bedeutung für stadträumliche Qualität,
schen bzw. deren schriftliches Einverständnis
die Gestaltung von Plätzen, Straßen, Grünan-
vorliegt
lagen und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen
zum Gegenstand haben; sonstige stadtbildrelevante Planungen (Beleuchtung, Möblierung,
Leitsysteme, Werbeanlagen); Bauleitpläne mit
herausgehobener Bedeutung für die Erhaltung
und Gestaltung des Stadtbildes
Stellungnahme
Sitzungsturnus
nach Bedarf ca. sechsmal im Jahr
schriftliche Stellungnahme wird als Ergebnis
hat Empfehlungscharakter und ist insbeson-
verfasst, ist von allen anwesenden Beiratsmit-
dere bei Beteiligung in Bebauungsplan- und
gliedern zu unterschreiben, ist dem Bauherrn
Bauaufsichtsverfahren nicht bindend oder
bzw. Beauftragten bekannt zu geben
verfahrensrelevant
nach Bedarf, i.d.R. alle 2 Monate, gesetzliche
bei Bedarf, i.d.R. viermal jährlich
Fristen des Baugenehmigungsverfahrens sind
einzuhalten
Einberufung der Sitzungen
Einladung mit Tagesordnung und Sitzungs-
Einberufung durch Geschäftsstelle mind.
unterlagen eine Woche vor Sitzung
2 Wochen vor Sitzungstag
5
Dortmund
Moers
Vorschläge zur Tagesordnung von Verwal-
Geschäftsstelle setzt im Einvernehmen mit
tung, Bauherren / Architekten und Fachpo-
Vorsitzendem die Tagesordnung fest
Synopse dreier
Geschäftsordnungen
Siegen
Tagesordnung
litik; Vorlage 2 Wochen vor Sitzungstermin;
Tagesordnung wird von Vorsitzendem im
Einverständnis mit Beigeordneten aufgestellt; Geschäftsführende Dienststelle trägt
Sorge, dass dem Vorsitzenden die notwendigen Informationen über eingegangene
Bauvoranfragen / Bauanträge sowie über
alle Themen und Projekte, die zur Behandlung im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen vorgesehen sind,
zugänglich gemacht werden
wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder,
wenn die Mehrzahl der Mitglieder, darunter
wenn mindestens 5 stimmberechtigte Mit-
mindestens jedoch 3 der Architekten /
der Vorsitzende oder stellvertretende Vor-
glieder anwesend sind
Planer anwesend sind
sitzende anwesend sind
Empfehlungen werden mit einfacher Mehr-
Entscheidungen mit einfacher Mehrheit in
Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit
heit gefasst, bei Stimmengleichheit ent-
offener Abstimmung, Stimmenthaltung nicht
gefasst
scheidet Vorsitzender, ausdrückliche Min-
möglich, bei Stimmengleichheit entscheidet
dermeinungen können beigefügt werden
der Vorsitzende
Mitglied darf nicht an Beratung und Be-
Mitglieder prüfen von sich aus ihre Befangen-
bei Beteiligung an einem Vorhaben nimmt
schlussfassung über Angelegenheiten mit-
heit in Anlehnung an § 31 GO NRW
Mitglied an der Beratung nicht teil; die Be-
wirken, die ihm selbst, seinem Ehegatten,
fangenheitsvorschriften des § 31 GO NW
Verwandten bis zum dritten oder Ver-
finden entsprechend Anwendung
Beschlussfähigkeit
Abstimmung
Befangenheit
schwägerten bis zum zweiten Grade oder
von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person unmittelbaren Vorteil oder
Nachteil bringen kann; dies gilt auch, wenn
Mitglied in der Angelegenheit in anderer
46 | 47
Dortmund
Befangenheit (Fortsetzung)
Moers
Siegen
Sitzungen nichtöffentlich; Beratungsergeb-
Sitzungen nichtöffentlich; Ergebnis der Beirats-
Sitzungen nichtöffentlich; wenn datenschutz-
nisse werden durch Vorsitzenden der Presse
sitzungen ist in Abstimmung mit Bauherrn
rechtliche Bedenken nicht bestehen, können
mitgeteilt, wenn der Beirat dies beschließt
öffentlich zu machen; der politische Fachaus-
Beratungsergebnisse durch Vorsitzenden im
und sie nicht vertraulich zu behandeln sind;
schuss ist durch Geschäftsstelle fortlaufend
Einvernehmen mit Beigeordneten der Presse
Geschäftsführung ist verpflichtet, Empfeh-
zu unterrichten
mitgeteilt werden; Niederschriften werden
als öffentlicher Eigenschaft Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist,
oder wenn es gegen Entgelt für jemanden
beschäftigt ist, der an der Erledigung der
Angelegenheit persönliches oder wirtschaftliches Interesse hat
Öffentlichkeit / Information
von Verwaltung und Rat
den Ratsmitgliedern zur Kenntnis gegeben
lungen dem Bauordnungsamt und zuständigem Fachausschuss mitzuteilen
Niederschrift
für Berichterstattung und Protokollführung
ist von der Geschäftsstelle anzufertigen
wird eine Person benannt
Vorstellung des Vorhabens
Beirat kann Entwurfsverfasser / Bauherrn Gele-
erfolgt i.d.R. durch Antragsteller, ansonsten
genheit zur Erläuterung des Vorhabens geben;
durch Geschäftsstelle
er kann dazu auch ausdrücklich auffordern,
wenn dies zum umfassenden Verständnis
erforderlich ist
Wiedervorlage
Geheimhaltung
Beratungen sollen nicht zu Verzögerungen des
erhält Vorhaben keine Zustimmung, ist dem
bauordnungsrechtlichen Verfahrens führen;
Bauherrn Bearbeitungsmöglichkeit einzuräu-
nur in Ausnahmefällen soll es zu einer wieder-
men, Beirat gibt Kriterien hierfür bekannt,
holten Beratung im Beirat kommen
Vorhaben ist wiedervorzulegen
Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet
Mitglieder und sonstige Sitzungsteilnehmer
zur Geheimhaltung verpflichtet, Verletzung
führt zum Ausschluss
Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet
6
Anhang
6.1 Literatur
Achleitner, Friedrich: Traum und Wirklichkeit. Gestaltungsbeirat. in: Steiner (Hrsg.) 1986
Becker, Heidede: Stadtbaukultur – Modelle, Workshops, Wettbewerbe. Verfahren über
die Gestaltung von Stadt. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer / Deutscher Gemeindeverlag
2002, 2 Bände (Schriften des Deutschen Instituts für Urbanistik)
Bund Deutscher Architekten BDA, Landesverband NRW (Hrsg.), Qualitätssicherung
in Architektur und Städtebau. Instrumentarien im europäischen Vergleich. Kongressdokumentation. Düsseldorf 2001. Kostenlos zu beziehen beim Herausgeber: BDA Landesverband NRW, Marktplatz 10, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211-328849
Dierkes, Matthias: Gemeindliche Satzungen als Instrument der Stadterhaltung und
-gestaltung, Berlin 1991 (Schriften zum Öffentlichen Recht, Bd. 605)
Flagge, Ingeborg (Hrsg.): Gestalt und Satzung. Baufreiheit oder verordnete Baugestaltung, München 1982
Gestaltungsqualität durch Regelungsmöglichkeiten? Wege zur Erzielung städtebaulicher und architektonischer Gestaltungsqualität, Stuttgart, München, Hannover 1981
(Forum für Stadtentwicklungs- und Kommunalpraxis e.V.)
Holzbauer, Wilhelm: Experiment oder Vorbild? Der Salzburger Gestaltungsbeirat. in:
Steiner (Hrsg.) 1986
Kapell, Nancy: Das Recht selbstbestimmter Baugestaltung. Verfassungsrechtliche Grenzen
ästhetischer Anforderungen an bauliche Anlagen. Europäische Hochschulschriften: Reihe 2
Rechtswissenschaft. Bd. 3268, Frankfurt/M. 2002
Peters, Paulhans (Hrsg.): Planen für Salzburg 1987 –1991. Der 3. Gestaltungsbeirat zieht
Bilanz. Salzburg o.J. (1991)
Schneider, Bernhard: Die Freiheit der Baukunst. Gehalt und Reichweite der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG im öffentlichen Baurecht. Duncker & Humblot, Berlin 2002
Seybold, Eberhard: Bauästhetisches Ortsrecht, Regensburg 1988 (Theorie und
Forschung, Bd. 39; Architektur und Städtebau. Bd. 2)
Stadt Feldkirch (Hrsg.): Sichtung 1. Bilanz zur Qualifikation von Planen und Bauen in
Feldkirch 1997–99. Der Fachbeirat für architektonische und städtebauliche Fragen der
Stadt Feldkirch. Eigenverlag der Stadt Feldkirch, 2000, zu beziehen bei: Amt der Stadt
Feldkirch, Bauamt, Schmiedgasse 1, A-6800 Feldkirch, T (05522)304-1401, F -1409,
bauamt@rathaus.feldkirch.com
Stadt Regensburg (Hrsg.): Gestaltungsbeirat. Ein Zwischenbericht 1998–2001.
Reihe: Regensburg plant & baut Nr. 7, Regensburg, Januar 2002, zu beziehen bei:
Bauordnungsamt, Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat, Martin-Luther-Str. 1,
93047 Regensburg
Städte- und Gemeindebund NRW (Hrsg.) Arbeitsgruppe Städtebauliche Erneuerung:
Gestaltungsbeirat. Leitfaden. Düsseldorf, Dezember 2001, zu beziehen bei:
Städte- und Gemeindebund NRW, Kaiserswerther Str. 199/201, 40474 Düsseldorf
Steiner, Dietmar (Hrsg.): Das Salzburg-Projekt. Entwurf einer europäischen Stadt.
Architektur – Politik – Öffentlichkeit. Wien 1986
Veith, Andrea: Entwurfliche Gestaltungsfreiheit bei Vorhaben im „ungeplanten
Innenbereich“ (§34 BauGB). DAB-Architektenrechts-Report. Öffentliches Baurecht. in:
Deutsches Architekten Blatt 10/2001
Voggenhuber, Johannes: Berichte an den Souverän. Salzburg: Der Bürger und seine
Stadt. Salzburg und Wien 1988
48 | 49
6.2 Adressen
_Mitglieder der Projektgruppe
Bund Deutscher Architekten BDA
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.
_Geschäftsstellen der Beiräte für
_Stadtgestaltung in NRW
Marktplatz 10
Ministerium für Städtebau und Wohnen,
40213 Düsseldorf
Kultur und Sport des Landes Nordrhein-
Aachen
Bauordnungsamt Abt.3/10
Westfalen
Stadt Moers
Lagerhausstraße 20
Fürstenwall 25
Dezernat V
52058 Aachen
40219 Düsseldorf
Rathaus
Herr Schulz
47439 Moers
Tel. 0241-4326313
Landesinstitut für Bauwesen des Landes
Fax 0241-4326318
Nordrhein-Westfalen
Walter von Lom & Partner GBR
Theaterplatz 14
Rheingasse 14
Bielefeld
52062 Aachen
50676 Köln
Stadtplanungsamt
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Stottrop Büro für Stadtplanung
33501 Bielefeld
Zollhof 1
Marsiliusstraße 20
Herr Michael Steigemann
40221 Düsseldorf
50937 Köln
Geschäftsführer
Postfach
Tel. 0521-512 779
Städtetag Nordrhein-Westfalen
Fax 0521-516 227
Lindenallee 13 - 17
michael-steigemann@bielefeld.de
50968 Köln
Bocholt
Städte- und Gemeindebund
Berliner Platz 1
Nordrhein-Westfalen
46395 Bocholt
Kaiserswerther Str. 199/201
Treuhänderische Entwicklungsgesellschaft
40474 Düsseldorf
Bocholt-Feldmark mbH
Berliner Platz 1
46395 Bocholt
Herr Andreas Nienaber
Tel. 02871-953 437
Fax 02871-953 438
Herr Bußhoff
Tel. 02871-953-159
Fax 02871-953-438
jbusshof@mail.bocholt.de
6
Anhang
Detmold
Herford
Münster
Unna
Rathaus Am Markt
Auf der Freiheit 21
Bauordnungsamt
Rathauspölat 1
32754 Detmold
Postfach 2843
Klemensstraße 10
59423 Unna
Tel. 05231/977-0
32046 Herford
48143 Münster
Herr Leipski
Fax 05231/977-299
Herr Fest
Herr Thielen
Tel. 02303-103-610
Tel. 05221-189480
Tel. 0251-492 6300
Fax 02303-103-608
Dortmund
Fax 0251-492 7756
Wesel
Stadtplanungsamt
Köln
44122 Dortmund
Stadtplanungsamt
Herr Fritz
Willy-Brandt-Platz 2
Neuss
Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat
Tel. 0231-50 22618
50679 Köln
Amt für Stadtplanung
Postfach 10 07 60
Fax 0231-50 27982
Herr Nottebrock
Rathaus
46467 Wesel
Tel. 0221-221 22827
41456 Neuss
Frau Kerstin Osinski
Duisburg
Fax 0221-221 22450
Herr Weidenhaupt
Tel. 0281-203 413
Amt für Stadtentwicklung, Planung
Herr Gellissen
Tel. 02131-90 6141
Fax 0281-203 396
und Denkmalschutz
Tel. 0221-221 22893
Herr Szuggat
Friedrich-Albert-Lange-Platz 7
Stadtplanungsamt@stadt-koeln.de
Tel. 02131-90 6140
Wuppertal
Fax 02131-90 6143
Ressort 101.23
47049 Duisburg
Bauamt@stadt-muenster.de
Fachbereich 1
Stadtentwicklung und Stadtplanung
Herr Thomas Grothe
Krefeld
Ltd. städt. Baudirektor
Fachbereich 61
Siegen
Große Flurstraße 10
Tel. 0203-283 3348
Stadtplanung und Bauaufsicht
Lindenplatz 7
42275 Wuppertal
Fax 0203-283 3270
Krefeld
57078 Siegen
Frau von Lom
Herr Bernthaler
Herr Joachim Brune
Tel. 0202-563 6113
Gütersloh
Tel. 02151-863739
Stadtbaurat
Fax 0202-563 8556
Fachbereich Stadtplanung
Fax 02151-863754
Tel. 0271-404 3300
Frau Gellißen
Berliner Straße 70
markus.bernthaler@krefeld.de
Fax 0271-404 2730
Tel. 0202-563 5045
Fax 0202-563 8595
33330 Gütersloh
Herr Michael Knostmann
Moers
Tel. 05241-82 2726
Bauverwaltungsamt
Fax 05241-82 3533
Rathaus
Michael.Knostmann@gt-net.de
47439 Moers
Herr Petersen
Tel. 02841-201 444
Fax 02841-201 407
sven.petersen@moers.de
50 | 51
6.3
Bildnachweise
Titel:
Jürgen Tölle, Olaf Mahlstedt (Landesbildstelle Westfalen);
Stadtplanungsamt Münster; Hestermann, König, Schmidt & Partner;
Stadt Bocholt / TEB / PLF Kassel; Prof. Kahlen Planungsgesellschaft
S. 20/21:
Landesinstitut für Bauwesen Aachen (LB); Hestermann, König, Schmidt & Partner
S. 22/23:
Schwager; Prof. Kahlen Planungsgesellschaft
S. 24/25:
Landesinstitut für Bauwesen Aachen (LB); Stadt Bielefeld
S. 26/27:
Stadt Bocholt / TEB / PLF Kassel; Luftbild: Stadt Bocholt / TEB /
Stuttgarter Luftbild Elsässer GmbH
S. 28/29:
Leskovsek; C. Hauer
S. 30/31:
Landesinstitut für Bauwesen Aachen (LB); Archidea
S. 32/33:
Architekturbüro Kottmair
S. 34/35:
Rateiczak und Tiemann
S. 36/37:
Jürgen Tölle, Olaf Mahlstedt (Landesbildstelle Westfalen);
Stadtplanungsamt Münster
S. 38/39:
Ulrich Bräckelmann