Daten
Kommune
Jülich
Größe
143 kB
Datum
19.02.2015
Erstellt
09.02.15, 13:33
Aktualisiert
20.02.15, 12:07
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Jülich
Der Bürgermeister
Amt: 30 Az.: 30/1024-09 Me.
Jülich, 03.02.2015
öffentlicher Teil
Vorlagen-Nr.: 27/2015
Sitzungsvorlage
Beratungsfolge
Stadtrat
Termin
19.02.2015
TOP
Ergebnisse
Ja-Stimmen: 26, Nein-Stimmen:
8, Enthaltungen: 3
-> mehrheitlich dafür
Bürgerbegehren "Lehrschwimmbäder weiter betreiben"
hier: Entscheidung über die Zulässigkeit
Anlg.: - 2 I
30
SD.Net
Beschlussentwurf:
Der Rat der Stadt Jülich stellt nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW fest, dass das am 08.01.2015 eingereichte Bürgerbegehren „Lehrschwimmbäder weiter betreiben“ unzulässig ist.
Begründung:
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW (Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen) können Bürger beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst
entscheiden (Bürgerentscheid). Mit Datum vom 08.10.2014 haben Frau Carmen Busch, Frau Gerda
Flamm und Frau Jennifer Schlader dem Bürgermeister der Stadt Jülich die Durchführung eines Bürgerbegehrens angezeigt. Das Bürgerbegehren trägt den Titel „Lehrschwimmbäder weiter betreiben“.
Nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW hat der Rat unverzüglich festzustellen, ob das Bürgerbegehren
zulässig ist. Die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist eine ausschließliche
Rechtmäßigkeitskontrolle ohne Ermessensspielraum (gebundene Entscheidung des Rates). Von der
Zulässigkeitsentscheidung strikt zu trennen ist, die Entscheidung, ob der Rat in der Sache dem Bürgerbegehren stattgibt oder nicht. Dies ist erst möglich, wenn der Rat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens positiv festgestellt hat.
Zulässigkeitsprüfung:
=> form- und fristgerechte Einreichung
Nach § 26 Abs. 2 GO NRW muss das Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden und die zur
Entscheidung zu bringende Frage sowie eine Begründung enthalten. Es muss bis zu drei Bürger
benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten (Vertretungsberechtigte).
Das Bürgerbegehren wurde am 08.10.2014 von den v.g. Initiatoren beim Bürgermeister angezeigt.
Es enthielt die zuvor aufgeführten Angaben. Die als Vertretungsberechtigte genannten Personen
sind auch Bürger (§ 21 Abs. 2 GO NRW) der Stadt Jülich. Die Formvoraussetzungen sind erfüllt.
Das Bürgerbegehren ist auch fristgerecht eingereicht worden. Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Rates, der nicht der Bekanntmachung bedarf, beträgt die Frist gemäß § 26
Abs. 3 Satz 2 GO NRW drei Monate nach dem Sitzungstag. Mit der schriftlichen Anzeige des Bürgerbegehrens vom 08.10.2014 ist der Ablauf der Frist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 3 GO NRW gehemmt. Das Bürgerbegehren richtet sich gegen den Ratsbeschluss vom 25.09.2014. Nach der Zustellung der Kostenschätzung am 08.11.2014 entfiel die Fristhemmung. Die Frist endete somit am
26.01.2015. Die Übergabe des Bürgerbegehrens am 08.01.2015 war somit fristgerecht.
=> Zulässigkeit des Themas / der Fragestellung
Die in § 26 Abs. 5 GO NRW aufgeführten Tatbestände, über die ein Bürgerbegehren unzulässig ist,
sind hier nicht einschlägig.
Die zur Entscheidung zu bringende Frage muss so formuliert sein, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“
beantwortet werden kann (§ 26 Abs. 7 GO NRW). Sie muss eindeutig, aus sich heraus verständlich
formuliert und auf eine konkrete Sachentscheidung gerichtet sein, da sie die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat.
Die zur Entscheidung zu bringende Frage lautet
„Sollen die Lehrschwimmbecken in Koslar und Welldorf wieder in Stand gesetzt werden und weiter
betrieben werden?“
Hierbei handelt es sich streng genommen um zwei Fragen, nämlich zum einen, ob die beiden Lehrschwimmbecken saniert werden sollen, und zum anderen, ob sie darauf aufbauend auch weiterbetrieben werden sollen.
Eine Zusammenfassung mehrerer Fragen innerhalb eines Bürgerbegehrens ist aber grundsätzlich
zulässig, wenn diese sachlich denselben Gegenstand betreffen.
Dies ist vorliegend der Fall, da sich Instandsetzung und Weiterbetrieb der Lehrschwimmbecken
gegenseitig bedingen.
Die Fragestellung ist somit zulässig.
=> Angelegenheit des Rates
Das Bürgerbegehren muss sich auf einen Gegenstand beziehen, für den der Rat die Organkompetenz
hat. Sowohl die Entscheidung über die Schließung als auch die Entscheidung über einen eventuellen
Weiterbetrieb fallen in den Zuständigkeitsbereich des Rates.
Dieses Kriterium ist somit erfüllt.
=> Angabe der Kostenschätzung
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind verpflichtet, die Kostenschätzung der Verwaltung bei der
Sammlung der Unterschriften anzugeben (§ 26 Abs. 2 Satz 6 GO NRW). Die von der Verwaltung
mitgeteilte Kostenschätzung wird mit einer Ausnahme auf den Unterschriftenlisten auch entsprechend wiedergegeben. Lediglich die aufgeführten Sanierungskosten für den Standort Koslar
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(162.238,69 Euro) weichen von der Kostenschätzung der Verwaltung (162.138,69 Euro) ab. Diese
Abweichung ist aber unbeachtlich und hat keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Zudem enthalten die angegebenen Unterschriftenlisten auch die ordnungsgemäße Kostenschätzung der Verwaltung. Nach Bekanntwerden der Unstimmigkeiten wurden die Unterschriftenlisten überarbeitet und die Unterschriften erneut eingeholt.
=> Ausgestaltung der Unterschriftenlisten
Die an eine Unterschriftenliste gestellten formalen Voraussetzungen ergeben sich aus § 26 Abs. 2
und Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 25 Abs. 4 GO NRW. Die vorgelegten Unterschriftenlisten
entsprechen den formalen Voraussetzungen.
=> Erforderliches Unterschriftenquorum
Nach § 26 Abs. 5 GO NRW muss ein Bürgerbegehren in der Größenordnung der Stadt Jülich (bis
50.000 Einwohner) von 7 % der Bürger unterzeichnet sein. Bürger ist, wer zu den Gemeindewahlen
zugelassen ist. Die Verwaltung hat die Unterschriften geprüft und festgestellt, dass die für das Quorum erforderlichen 1.877 Unterschriften (7% von 26.812 Wahlberechtigten) vorliegen. Für das Bürgerbegehren wurden insgesamt 4.475 Unterschriften beigebracht. Seitens der Verwaltung wurden
zunächst 2.261 Unterschriften geprüft. Hiervon waren 2.100 Unterschriften gültig, 161 Unterschriften ungültig. Aus Gründen der Arbeitsökonomie wurden die übrigen Unterschriften keiner Prüfung
unterzogen.
Die Unterschriftenlisten liegen zur Einsichtnahme durch den Rat in der Sitzung vor. Die Unterschriften, die für ein Bürgerbegehren geleistet werden, sind vergleichbar mit den Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge bei Kommunalwahlen. In beiden Fällen geben die Bürger durch ihre
Unterschrift ihr Eintreten für eine bestimmte Angelegenheit oder eine politische Partei zu erkennen.
Der Umgang mit Unterschriftenlisten wird in § 81 Abs. 1 Kommunalwahlordnung NRW (KWahlO)
geregelt. Hiernach sind sie so zu verwahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind. Ein Beifügen der Unterschriftenlisten zur Sitzungsvorlage ist somit nicht möglich.
=> Begründung
Nach § 26 Abs. 2 GO NRW zählt die Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens.
Sie dient dazu, die Bürger über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären.
Diese Funktion erfüllt die Begründung nur, wenn die dargestellten Tatsachen, soweit sie für die
Entscheidung wesentlich sind, zutreffen. Hierbei ist zu beachten, dass die Begründung auch dazu
dient, für das Bürgerbegehren zu werben. Demnach kann sie auch Wertungen, Schlussfolgerungen
oder Erwartungen beinhalten, die einer Wahrheitskontrolle nicht ohne Weiteres zugänglich sind.
Die Grenzen der Überprüfbarkeit sind jedoch dann überschritten, wenn Tatsachen unrichtig wiedergegeben werden, die für eine Begründung tragend sind.
Das Bürgerbegehren wird u.a. damit begründet, dass sich die Betriebskosten für den Weiterbetrieb
der beiden Lehrschwimmbecken in der Höhe nicht wesentlich von denen für den Schwimmunterricht in den benachbarten Kommunen unterscheiden. Dieser Argumentation kann aus mehreren
Gründen nicht gefolgt werden.
Bereits in der Kostenschätzung der Verwaltung wurde bezogen auf die möglichen Einnahmeverluste
dargelegt, dass diese nur minimal ausfallen werden. Die jährlichen Einnahmeverluste betragen für
das Lehrschwimmbecken Koslar 2.100,-- Euro und 1.730,-- Euro für das Lehrschwimmbecken in
Welldorf. In der Gegenrechnung „Schließung Lehrschwimmbecken“ der Initiatoren, die Bestandteil
der Unterschriftenliste ist und entsprechend der Begründung auch Bestandteil selbiger ist, werden
Einnahmeverluste von insgesamt 25.000,-- Euro angegeben.
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Des Weiteren werden Kosten für zusätzliche Lehrerstunden bedingt durch die Busbegleitung aufgeführt. Da es sich bei Lehrern um Bedienstete des Landes handelt, berühren diese Kosten nicht den
städtischen Haushalt. Insofern ist es in der Sache unerheblich, ob tatsächlich zusätzliche Stunden für
die Busbegleitung anfallen oder ob lediglich die Zeit des Schwimmunterrichts aufgrund der An- und
Abfahrt gekürzt wird.
Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb die angegebenen Zusatzkosten für die Kindergärten oder die
VHS in der Gegenrechnung aufgeführt sind. Zum einen wird seitens der Kindergärten kein vergleichbares Schwimmen angeboten, zum anderen bietet die VHS entsprechende Schwimmkurse
gerade dort an, wo im Verbandsgebiet entsprechende Kapazitäten frei sind.
Überdies gebietet es die Funktion der Begründung, dass andeutungsweise die Motive genannt werden, von denen sich der Rat bei seiner Entscheidung hat leiten lassen. Die Verwaltungsvorlage sah
für die Sitzung am 25.09.2014 lediglich die Schließung des Lehrschwimmbeckens in Welldorf vor.
Für den Standort Koslar schlug die Verwaltung vor, dass das Lehrschwimmbecken saniert und wieder in Berieb genommen werden soll. Die Mehrheit des Rates kam aber schließlich zu dem Ergebnis, dass eine Sanierung aus haushaltsrechtlicher Sicht nicht zu verantworten sei. Um die Unterzeichner des Bürgerbegehrens in die Lage zu versetzen, eine abgewogene und verantwortungsbewusste Entscheidung zu treffen, hätte dieser Umstand in der Unterschriftenliste entsprechende Berücksichtigung finden müssen (siehe Auszug aus VG Arnsberg vom 16.05.2003 Az 12 K 2590/02 in
der Anlage 2). Hier reicht der Hinweis, dass das Hauptargument die Kosteneinsparung gewesen sei,
nicht aus. Eine Kosteneinsparung kann von vielen Motiven geleitet sein. Sie gibt aber regelmäßig
keinen hinreichenden Aufschluss über die defizitäre Haushaltslage der Stadt Jülich.
Abschließend gilt es noch zu beachten, dass die Schließung der beiden Lehrschwimmbecken keine
Auswirkungen auf die Abschreibungsmodalitäten hat. Die Gebäude sind weiterhin vorhanden und
werden planmäßig abgeschrieben. Der dargestellte Vermögensverlust entspricht nicht den Tatsachen.
Diese unrichtig dargestellten Tatsachen sind für die Begründung des Bürgerbegehrens tragend, da
nach der Begründung darauf abgestellt wird und dem Bürger auch mittels Gegenrechnung suggeriert
wird, dass kostenmäßig nahezu keine Unterschiede zwischen den beiden Varianten bestehen. Die in
Rede stehenden Kosten sind aber ermittelbar und unterliegen demnach einer Kontrollmöglichkeit.
Nach alledem genügt die Begründung nicht den Erfordernissen, so dass das Bürgerbegehren
unzulässig ist.
In diesem Zusammenhang kann auch dahin stehen, ob die Begründung nicht schon deshalb fehlerhaft ist, weil der Bedarf der Schulen nun doch durch das Hallenbad gedeckt werden kann. Im Übrigen wird auf die Sitzungsvorlage 31/2015 verwiesen.
Folgen der Feststellung über die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens:
Die Entscheidung des Rates wird in einem förmlichen Bescheid, welcher mit einer entsprechenden
Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist, den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens zugestellt. Gegen diesen Bescheid können nur die Vertretungsberechtigen binnen 1 Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Aachen erheben. Sie klagen insoweit in eigenem Namen. Das vom Rat für unzulässig erachtete Bürgerbegehren entfaltet keine Sperrwirkung.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (für Ausgaben/Investitionen mit einer Wertgrenze ab 25.000 € brutto):
entfällt
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ja
1.Finanzielle Auswirkungen:
Gesamtkosten:
x
nein
jährl. Folgekosten:
Haushaltsmittel stehen bereit:
jährl. Einnahmen:
ja
nein (siehe Beschlussentwurf)
bei Produktsachkonto:
(unter Berücksichtigung der Vorbelastungen) noch verfügbar:
Erläuterungen zu Ziffer ______
ja
2.Der Personalrat ist zu beteiligen:
Mitbestimmung
Mitwirkung
x
nein
Anhörung
Der Personalrat hat zugestimmt:
ja
nein
Der Personalrat hat Bedenken erhoben:
ja
nein
3.Die Gleichstellungsbeauftragte ist zu beteiligen:
ja
Sie hat dem Beschlussentwurf gemäß § 5 Abs. 5 GO
NW widersprochen:
ja
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x
nein
nein
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