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Sitzungsvorlage (Anlage 2)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
165 kB
Datum
26.03.2015
Erstellt
12.03.15, 17:28
Aktualisiert
12.03.15, 17:28
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Inhalt der Datei

S O Z I E T Ä T DR. ERWIN FUCHS* *GESELLSCH. BIS 2000 / VERSTORBEN D E R R E C H T S A N W Ä L T E HEINRICH STASS* *GESELLSCH. BIS 2000/ VERSTORBEN DR. ALBRECHT FUCHS DO RI S S TUMP FACHANWALT FÜR BAURECHT UND ARCHITEKTENRECHT F A CHA NW Ä LT I N FÜR FAMILIENRECHT Per Mail Stadt Jülich z. H. Herrn Martin Schulz Große Rurstraße 17 52428 Jülich P E TE R P H. S T U M P FACHANWALT FÜR STEUERRECHT WWW.FUCHS-STASS-STUMP.DE WWW.FUCHS-STASS-STUMP.EU FUCHS STASS STUMP Jülich, den 12.03.2015 58.74. Unser Aktenz.: 0131/15Za Sehr geehrter Herr Schulz, ich beziehe mich auf das Gespräch mit Herrn Rehers und darf Ihre Anfrage vom 09.03.2015 wie folgt beantworten. Ich gehe von folgendem Sachverhalt aus: Die Stadt Jülich hat im Jahre 2013 die Firma BBE Handelsberatung beauftragt, ein Einzelhandelskonzept zu erstellen. Dieses Einzelhandelskonzept liegt seit Juli 2014 der Stadt Jülich vor. In der Sitzung des Ausschlusses für Kultur, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing vom 26.02.2015 ist das Einzelhandelskonzept vorgestellt worden. Nach mir vorliegenden Unterlagen ist ein Beschluss nicht gefasst worden. Ziel ist es, dass der Rat der Stadt Jülich dieses Einzelhandelskonzept als Grundlage für weitere Entwicklungen im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch (im Folgenden BauGB) beschließt. Ich soll auf Wunsch der Verwaltung folgende juristische Fragen beantworten. 1. Kann bei Ausdehnung des Zentralen Versorgungsbereiches nach Norden in Richtung Krankenhaus im Bereich ehemaliges Studienkolleg/Parkplatz Polizei Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplanes oder auf eine Baugenehmigung § 34 BauGB hergeleitet werden? 2. Außerdem stellt sich die Frage, ob durch die Veränderung des zentralen Versorgungsbereiches das Gutachten möglicherweise entwertet und die Methodik angreifbar wird. Kurze gutachterliche Stellungnahme: Die Sach- und Rechtslage ist recht komplex und kann innerhalb der mir zu Verfügung stehenden Zeit nicht umfassend dargestellt werden. Ich will den Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen kurz darlegen. D-52428 JÜLICH, KÖLNSTRASSE 46 D-52403 JÜLICH, POSTFACH 21 60 TELEFON 02461 – 7061 TELEFAX 02461 – 55401 SPARKASSE DÜREN IBAN : DE61 3955 0110 0000 0490 64 BIC : SDUEDE33XXX POSTBANK KÖLN IBAN : DE24 3701 0050 0075 9405 02 BIC : PBNKDEFF -2- FUCHS STASS STUMP Der zentrale Versorgungsbereich spielt in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle bei der Bauleitplanung der Gemeinde, hier der Stadt Jülich. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB ist bei der Bauleitplanung zwingend die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche eines der vom Gesetzgeber vorgegebenen Planungsziele ist. Ohne eine Einbeziehung dieses wichtigen Gesichtspunktes in den Abwägungsprozess ist jede Bauleitplanung angreifbar und hat fatale Folgen für die Ziele des Erhaltes und der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche. Der zentrale Versorgungsbereich hat jedoch noch eine weitere Bedeutung, wenn, wie offenbar von der Stadt geplant, die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche Eingang findet in ein städtebauliches Entwicklungskonzept. Denn dieser städtebauliche Entwicklungsprozess ist eigenständig nach § 1 Abs. 6 Nr.11 BauGB zu berücksichtigen. Juristisch und planerisch bedeutet dies eine sogenannte Selbstbindung der Verwaltung und somit der Stadt Jülich für die weitere Bauleitplanung. Wenn der Rat der Stadt Jülich ein solches Planungskonzept als planerische Leitlinie gem. § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch verbindlich beschließt, und im Rahmen dieses Planungskonzeptes die einzelnen Gesichtspunkte des § 1 Abs. 6 BauGB abwägt, kommt aus meiner Sicht diesem städtebaulichen Entwicklungskonzept überragende Bedeutung zu, einerseits bei der weiteren Bauleitplanung, insbesondere der Aufstellung von Bebauungsplänen, aber insbesondere bei der Frage, welche Baugenehmigung zu erteilen ist und welche zu versagen ist. Wenn eine weitere Bauleitplanung in Zukunft erfolgen sollte, z. B. die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes, dann muss zwingend dieses Entwicklungskonzept vorrangig berücksichtigt werden. Andernfalls ist zumindestens die Abwägung fehlerhaft und damit der Bebauungsplan eingreifbar. Es gibt sicherlich einige Gebiete der Stadt Jülich, in denen ein solcher Bebauungsplan nicht aufgestellt wurde, weil das entsprechende Gebiet fast vollständig bebaut ist. Hier richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens grundsätzlich nach § 34 BauGB. Und hier bei § 34 BauGB spielt der zentrale Versorgungsbereich wiederum eine weitere wichtige Rolle. Denn in § 34 Abs. 3 a Satz 2 BauGB heißt es, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Rahmen des § 34 BauGB Berücksichtigung finden. Ob, und dies ist eine weitere von mir nicht zu beantwortende Rechtsfrage, es vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll wäre, auch für schon vollständig bebaute Gebiete nachträglich einen Bebauungsplan zu erlassen, wofür offenbar die Firma BBE Handelsberatung neigt, ist eine Frage, die ich an dieser Stelle unbeantwortet lasse. Zusammenfassend: Die Skizzierung der Sach- und Rechtslage ist naturgemäß grob, die Einzelheiten sind noch ein wenig komplexer, für die heutige Ausschlusssitzung mag diese Übersicht genügen. -3- FUCHS STASS STUMP Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Landesentwicklungsplan Nordrhein Westfalen (LEP NRW) großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten ausschließlich innerhalb zentraler Versorgungsbereiche ansiedeln will. Damit soll der Zersplitterung des Handels entgegengewirkt werden. Der zentrale Versorgungsbereich, der von der Stadt Jülich im Rahmen des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes festgelegt wird, hat somit im Endeffekt eine positive und eine negative Ausrichtung. Positiv meine ich, dass alle Bauvorhaben, die als großflächigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten errichtet werden sollen, grundsätzlich dann einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nach § 34 BauGB haben dürften, die in dem zentralen Versorgungsbereich liegen. Denn damit wird ja dem Grundgedanken des Landesentwicklungsplanes Rechnung getragen, dies ist der von Landesregierung vorgesehene Idealfall, nämlich die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsflächen mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten. Negativ bedeutet dies aber auch, dass grundsätzlich diese großflächigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten eben nur in den zentralen Versorgungsbereichen und nicht außerhalb angesiedelt werden sollten. Wenn nunmehr der zentrale Versorgungsbereich zu weit gefasst wird, hat dieser möglicherweise zwei Konsequenzen, einerseits, dass an den Rändern dieses zentralen Versorgungsbereiches Großmärkte entstehen, die den gewünschten Effekt nicht haben. Der zweite Gesichtspunkt ist aber meines Erachtens noch viel entscheidender. Wenn das Zentrum nicht so eng gefasst wird, wie nur irgendwie möglich, besteht die Gefahr, dass das gesamte Konzept als nicht schlüssig angesehen wird. Wenn das Entwicklungskonzept aber nicht schlüssig ist, dann droht die Gefahr, dass auch im ungeplanten Innenbereich außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches der großflächige Einzelhandel mit zentrenrelevanten Kernsortimenten sich ansiedeln darf. Auf dieses Risiko hat die Firma BBE zu Recht hingewiesen. Ich verweise insofern auf Seite 86 des Gutachtens, wo dieses nicht zu unterschätzende Risiko unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Mannheim zutreffend dargestellt wurde. Denn grundsätzlich, und dies ist der juristische Ausgangsanspruch, hat jeder Eigentümer eines Grundstückes einen auf Artikel 14 des Grundgesetzes gestütztes Recht, auf seinem Grundstück im Rahmen des baurechtlich Zulässigen zu bauen. Will eine Gemeinde dies ausschließen, so bedarf es entsprechender Begründungen. Und die Begründung muss „sattelfest“ sein. Denn, und insofern ist das Verwaltungsgericht Mannheim noch einmal wegen der Bedeutung zu zitieren: „Ist der bauplanerische Ausschluss einzelner Nutzungsarten nur dann städtebaulich gerechtfertigt, wenn er anhand eines schlüssigen Plankonzeptes auf Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit überprüft werden kann.“ Somit kann ich aus juristischer Sicht Ihre Fragen wie folgt beantworten: 1. Wird der zentrale Versorgungsbereich nach Norden Richtung Krankenhaus im Bereich „ehemaliges Studienkolleg/Parkplatz“ ausgeweitet, dann dürfte ein Bauantrag für einen entsprechenden großflächigen Einzelhandelsbetrieb mit zentrenrelevanten Kernsortimenten für diesen Bereich große Aussicht auf Erfolg haben. Wenn man dann der Meinung sei, andere, dem -4- FUCHS STASS STUMP Zentrum näher zugewandte Grundstücke seien besser geeignet, so wird man dann erfolgreich diesen Bauantrag nicht ablehnen dürfen. 2. Die zweite Frage beantwortet sich schon durch die erste Antwort. Ob das Gutachten entwertet wird, ist eine Frage, jedenfalls ist es bedenklich, ohne eine positive Stellungnahme der Gutachter den zentralen Versorgungsbereich auszuweiten. Ich habe das gesamte Einzelhandelskonzept durchgelesen, es erscheint mir auf den ersten Blick schlüssig, ohne dies im Einzelnen juristisch geprüft zu haben. Mir liegt auch seitens der Stadt die Stellungnahme der Firma BBE vom 27.02.2015 vor. In Kenntnis dieser, doch recht massiven Bedenken gegen die Ausweitung hätte ich aus juristischer Sicht erhebliche Zweifel, ob nicht dieses Entwicklungskonzept als gesamtes „verwässert“, und damit angreifbar wird. 3. Nicht geklärt habe ich die Frage, ob man nicht auch außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches, z.B. in dem jetzt hier kritischen Bereich Krankenhausparkplatz nicht dennoch eine Baugenehmigung für ein großflächiges Einzelhandelsunternehmen werden könnte. Unterstellt einmal das Szenario, ein entsprechender Betreiber stellt einen Bauantrag, die Stadt Jülich kommt dann in einigen Jahren zum Ergebnis, dass ein solcher Einzelhandel an dieser Stelle doch der Innenstadt dienlich ist, so kann die Stadt Jülich meines Erachtens auch dann noch eine Baugenehmigung erteilen, wenn sie gegen ihr eigenes Konzept verstößt. Nachbarn dürften dagegen keine Rechte geltend machen, weil der Verstoß gegen Bauleitplanungen nicht nachbarschützend sein dürfte. Nicht zu unterschätzen wäre dann wiederum das Risiko, dass in diesem Fall die Stadt Jülich sich gegen ihr eigenes Entwicklungskonzept stellt und dann möglicherweise bei anderen Bauanträgen außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches kaum überzeugend ihren zentralen Versorgungsbereich als bauplanerischer Leitidee verteidigen könnte. Diese sind, und man mag mir dies verzeihen, insgesamt nur kursorische Überlegungen, aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Zeit konnte ich die Sach- und Rechtslage nicht weiter vertiefen. Mit freundlichen Grüßen RAe. Dr. Fuchs - Stass - Stump durch Dr. Albrecht Fuchs Rechtsanwalt