Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
105 kB
Datum
01.03.2016
Erstellt
18.02.16, 15:05
Aktualisiert
18.02.16, 15:05
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 66/2016
Az.: 3019-Stadtgarten
Amt: - 63 BeschlAusf.: - - 63 - Datum: 26.01.2016
Kämmerer
gez. Lüngen, 1. Beigeordneter
Dezernat 4
gez. Hallstein, technische Beigeordnete
Dezernat 6
gez. Erner, Bürgermeister
BM
gez. Overhoff
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Ausschuss für Stadtentwicklung und
Wirtschaftsförderung
Betrifft:
Termin
01.03.2016
Bemerkungen
beschließend
Unterschutzstellung der Splitterschutzzellen am Stadtgarten in Liblar
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung lehnt die Eintragung der Splitterschutzzellen auf dem Stadtgartengrundstück in Erftstadt-Liblar in die Denkmalliste der Stadt Erftstadt ab.
Begründung:
Der Antrag auf Unterschutzstellung der Splitterschutzzellen des Landschaftsverbandes – Amt für
Denkmalpflege im Rheinland – (LVR-ADR) ist im wesentlichen mit öffentlichem Interesse aus wissenschaftlichen, bau- und ortsgeschichtlichen Gründen begründet.
Diese Meinung wird hinsichtlich der Bedeutung und des Denkmalwertes seitens der Fachverwaltung der Unteren Denkmalbehörde nach gründlicher Recherche nicht geteilt.
Im Einzelnen:
Das Gutachten des LVR-ADR räumt die „massenweise“ Herstellung solcher Bauwerke vor und im
Zweiten Weltkrieg ein. Die Behauptung, „nur wenige hätten die Zeit überdauert“ kann allerdings
schon durch den Aufruf einer Internetseite (http://www.luftschutzbunkerforum.com/archive/index.php/t-3573-p-3.html) widerlegt werden. Dort werden zahlreiche Bunker
genau dieses Typs aufgelistet. Mehrere in Wesseling und einer auch im Museum des LVR in
Kommern, sowie in Bonn, Jülich, Köln-Rath etc.. Auch kann allein die Verknappung eines Massenproduktes u.E. allein noch keinen Denkmalwert begründen. Es kann auch nicht von einer
handwerklich wertvollen Ausführung oder gar einem Kunsthandwerk gesprochen werden. Auch
eine baugeschichtliche Bedeutung erschließt sich nicht.
Das angeführte „wissenschaftliche Interesse“ an exakt diesen Objekten ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Bis heute sind Technische Regeln, Baurichtlinien ja sogar Konstruktionspläne frei im
Internet verfügbar. Darüber hinaus können an bereits unter Denkmalschutz gestellten oder in Museen gesicherten baugleichen Objekten hinreichend Forschungen zur Befriedigung des wissenschaftlichen Interesses durchgeführt werden. Da die Standorte in Ihrer Position dokumentiert sind,
ließe sich auch ohne Unterschutzstellen Forschung zum Anwendungsbereich betreiben.
Von den auch im Gutachten angeführten üblichen Verwendungszwecken wie Schutzraum für einzelne Personen, Beobachtungs- und Bewachungsaufgaben aber auch Schutz für Personal, dass
bis zum allerletzten Moment den Betrieb einer Anlage sicherstellen mussten und den privaten
Schutz einzelner Personen gibt es im Standortumfeld der Zellen keinerlei nachvollziehbare Anzeichen. Eine erste „Vermutung“ eines Zusammenhanges mit einem „in der Nähe“ liegenden Bahnhofsgelände (es handelte sich hier um den ehemaligen Kleinbahnhof Liblar-Frauenthal) hält einer
näheren Betrachtung ebenfalls kaum stand, da das Bahnhofsgelände (sh. beigefügte Kartenzusammenführung) mehr als 300 m Luftlinie von den Auffindungsstandorten der Splitterschutzzellen
entfernt lag. Man hat diese Einmannbunker zwar nicht direkt an die Objekte gebaut, aber die hier
vorgefundene Entfernung war eindeutig zu weit für einen Schutz in letzter Minute.
Zumindest bei dem nicht eingegrabenen Objekt muss auch deutlich in Zweifel gezogen werden,
ob es sich um den Originalstandort handelt. Um die Schutzwirkung zu erhalten, durfte das Objekt
nach den Richtlinien bei der durch die in der Nähe niedergehenden Bomben oder Explosionen
erzeugte Druckwelle nicht umfallen. Dazu war es entweder an bestehenden Gebäuden zu verankern oder auf ein Fundament zu setzen und zu verankern. Dies war bei besagtem Objekt offensichtlich (Film WDR) nicht der Fall. Als Alternative kam nur das vollständige oder teilweise Eingraben in Frage. Somit ist für dieses Objekt der Auffindungsstandort wohl nicht der Einsatz- also Originalstandort.
Zudem gibt es Aussagen von Zeitzeugen, die besagen, dass diese Einmannbunker ursprünglich
am Munitionsdepot im sog. „Lauerbusch“ standen und von dort nach Räumung der späteren
Wohnsiedlung Ende der 60er Jahre nach Liblar verbracht worden sind. Bilder auf der Seite
www.bliesheim.info belegen ebenfalls, dass es sich um exakt den gleichen Bautyp gehandelt hat.
Inwieweit Splitterschutzzellen eine Bedeutung für die Geschichte des Menschen darstellen, sei
dahingestellt. Für die Entwicklung der Stadt Erftstadt oder des Stadtteils Liblar waren Splitterschutzzellen nicht erkennbar entscheidend. Auch die Geschichte der Städte allgemein haben Sie
wohl nicht beeinflusst. Auch dokumentieren sie nicht die allgemeinen Lebens- und Wohnumstände
oder Arbeitsverhältnisse jener Zeit.
Unter Würdigung aller hier dargestellten Einwände gegen den Unterschutzstellungsantrag und
dessen Begründung des LVR-ADR empfiehlt die Verwaltung daher die Splitterschutzzellen zu er-2-
halten (sh. V 18/2016 u. V 18/2016 1. Ergänzung), jedoch die Objekte nicht unter Denkmalschutz
zu stellen, da unseres Erachtens die erforderliche Denkmaleigenschaft auch in Verbindung mit
dem Auffindungsort oder einer besonderen Benutzung nicht gegeben sind.
In Vertretung
(Hallstein)
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