Daten
Kommune
Jülich
Größe
2,1 MB
Datum
09.02.2015
Erstellt
30.01.15, 17:02
Aktualisiert
30.01.15, 17:02
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Inhalt der Datei
Integrationsrat der Stadt Jülich
Vorsitzende Silvia Welker
Jülich, 09.04.2014
An den
Rat der Stadt Jülich
Herrn Bürgermeister H. Stommel
Große Rurstr. 17
52428 Jülich
Antrag an den Rat der Stadt Jülich
zur Förderung der Beschäftigung und der Ausbildungsbeteiligung von
Migrantinnen und Migranten sowie zur Stärkung der Interkulturellen Kompetenz
aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung
Sehr geehrter Herr Stommel,
gemäß Beschlussfassung des integrationsrates in seiner 18. Sitzung am 09. April 2014,
bitte ich darum, den nachfolgenden Antrag in die Tagesordnung der nächsten
Ratssitzung aufzunehmen:
Beratunqsqeqenstand
r
Förderung der Beschäftigung und der Ausbildungsbeteiligung von Migrantinnen
und Migranten in der Verwaltung
"r- Stärkung der Interkulturellen Kompetenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
der Verwaltung
Beschlussvorschlaq
Die Verwaltung wird aufgefordert, bei allen Neueinstellungen und besonders bei der
Besetzung
von
Ausbildungsplätzen
Bewerberinnen
und
Bewerber
mit
Migrationshintergrund verstärkt zu berücksichtigen. Dazu sind kurzfristig Maßnahmen zu
entwickeln und umzusetzen, die eine Erhöhung der Zahl der Beschäftigten mit
Migrationshintergrund in allen Bereichen und Ebenen bewirken, so dass ihr Anteil an den
Beschäftigten in der Verwaltung mittelfristig dem Anteil der Migrantinnen und Migranten
an der Stadtbevölkerung entspricht. Teil dieses Konzepts sollte eine Bestandsaufnahme
zur Personalentwicklung in der Stadtverwaltung sein, die Auskunft gibt
a) über die Zahl der in Ausbildung befindlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund,
und
b) über die Zahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund.
Das Konzept soll, die in der Begründung genannten, beispielhaften Instrumente
berücksichtigen, die zum Teil bereits in anderen Kommunen erfolgreich eingesetzt
werden.
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Ebenso soll der Aspekt der Stärkung der Interkulturellen Kompetenz aller Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen der Verwaltung im Rahmen des Konzeptes berücksichtigt werden.
Dem Rat der Stadt ist jährlich ein Bericht vorzulegen, der über die erfolgten Maßnahmen
und die erzielten Ergebnisse informiert.
Im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten sollte auch bei den städtischen
Gesellschaften insbesondere SEGmbH, Brückenkopfpark GmbH, Stadtwerke Jülich
GmbH dafür geworben werden, in ihrer Personalpolitik entsprechende Ziele und
Maßnahmen zu verfolgen.
Begründung
Eine zeitgemäße und erfolgreiche Integrationspolitik in der Kommune ist inzwischen zum
unverzichtbaren Element der Kommunalpolitik geworden. Die Interkulturelle Öffnung der
Verwaltung wird in der Selbstverpflichtungserklärung der kommunalen Spitzenverbände
zum Nationalen Integrationsplan als unerlässlicher
Bestandteil erfolgreicher
Integrationspolitik definiert.
Dem öffentlichen Dienst kommt eine Vorbildfunktion zu, wenn es darum geht, Personen
einen chancengleichen Zugang zu ermöglichen, die bisher im Arbeitsleben benachteiligt
sind. Diese Vorbildfunktion besteht zum einen gegenüber der Privatwirtschaft. Denn
staatliche Institutionen erscheinen ihrerseits unglaubwürdig, wenn sie eine Verbesserung
beispielsweise der Beteiligung von Migrantinnen und Migranten einfordern, ohne selber
deren Repräsentanz innerhalb ihres eigenen Personals zu verbessern. Zum anderen
lassen sich Veränderungen im gesellschaftlichen Bewusstsein erreichen, indem der
öffentliche Dienst bei der Verwirklichung des Ziels, die Beteiligung von Migrantinnen und
Migranten zu verbessern, eine Vorreiterrolle einnimmt.
Im öffentlichen Dienst und besonders in der öffentlichen Venwaltung sind Beschäftigte
mit Migrationshintergrund gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung immer noch
stark unterrepräsentiert. Integration ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die
ethnische Vielfalt der Stadtgesellschaft sollte sich auch in der Verwaltung einer Stadt
abbilden, und dies nicht allein nur, um Migranten als Klienten adäquater als bisher
ansprechen zu können.
Beamte und Angestellte der Verwaltung sind aufgrund der Art ihrer Tätigkeit in
besonderem Maße in der Öffentlichkeit präsent und kommen auf vielfältige Weise mit der
in Jülich lebenden Bevölkerung in Kontakt. Sie begegnen Bürgern als Repräsentanten
des Staates, vollziehen Gesetze und treten als Akteure des Verwaltungshandelns in
Erscheinung. Die verstärkte Beschäftigung von Migrantinnen und Migranten in der
Verwaltung würde daher nicht nur für die im öffentlichen Dienst tätigen Migranten eine
Integrationsmöglichkeit bedeuten, sondern darüber hinaus das Bild von Migrantinnen
und Migranten in der Öffentlichkeit verändern. Und zwar in zweifacher Hinsicht:
Einerseits bei der einheimischen, deutschen Bevölkerung, die Migrantinnen und
Migranten in verantwortlichen, den Staat repräsentierenden Positionen begegnet.
Andererseits bei Menschen mit Migrationshintergrund, die auf diese Weise ein
Identifikationsangebot mit dem Staat, in dem sie leben, erhalten. Dies wiederum kann zu
einer besseren Identifikation der Migrantinnen und Migranten mit dem Staat führen.
Darüber hinaus sind im öffentlichen Dienst tätige Migrantinnen und Migranten Vorbild für
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Jugendliche mit Migrationshintergrund, die durch die Begegnung unmittelbar erfahren,
dass der öffentliche Dienst auch für sie ein attraktives Berufsfeld sein kann.
Im Interesse der demographischen Entwicklung muss das Ausbildungs- und
Qualifikationspotenzial von jungen Menschen mit Migrationshintergrund stärker als
bisher ausgeschöpft werden, um auf den wachsenden Bedarf nach interkultureller
Kompetenz in der Verwaltung vorbereitet zu sein. Viele Zugewanderte sind hoch
motiviert, gut qualifiziert, sie sind mehrsprachig und verfügen über interkulturelle
Kompetenzen. Diese Potenziale gilt es zu nutzen und gezielt zu fördern.
Migrantinnen und Migranten in der Stadtverwaltung können „Türöffner" für alle Migranten
in Jülich sein und das zum Teil belastete Verhältnis zwischen Verwaltung und Migranten
verbessern helfen. Verwaltungsangestellte mit Migrationshintergrund können sich in der
Regel besser in die Situation anderer Migrantengruppen hineinversetzen als deutsche
Beschäftigte.
Durch Fachpersonal aus Zuwandererfamilien können Kunden und Klienten besser
erreicht werden. Die städtischen Angebote werden durch in der Verwaltung beschäftigte
Migrantinnen und Migranten stärker und besser wahrgenommen, die Kundennähe wird
gesteigert. Beratung und Betreuung von Klienten können besser auf den tatsächlichen
Bedarf von Kundinnen und Kunden aus Zuwandererfamilien abgestimmt werden. Durch
mehrsprachige Auszubildende können z.B. Übersetzungsarbeiten zeitnah und Kosten
sparend erledigt werden.
Zur Förderung von Angehörigen
Instrumente insbesondere an:
ethnischer
Minderheiten
bieten
sich
folgende
Bestandsaufnahme zur Personalentwicklung/Ist-Analyse
Ausgangspunkt sollte eine Ist-Analyse sein, die Aussagen darüber trifft, wie sich
der Beschäftigungsanteil von Migrantinnen und Migranten in den einzelnen
Besoldungs- und Vergütungsgruppen der jeweiligen Bereiche darstellt. Dadurch
können erstmalig möglichst umfassende Daten über die Situation von
Beschäftigten mit Migrationshintergrund, insbesondere über Einstufung, Funktion,
Gehalt,
Lebensalter,
Dienstalter
sowie
Aufstiegsund
Weiterbildungsmöglichkeiten gewonnen werden. Aus den erhobenen Daten
sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Angehörigen ethnischer
Minderheiten im öffentlichen Dienst erarbeitet werden, z.B. Förderpläne mit
Zielvorgaben.
Gezielte Ansprache und Information von Migranten,
und ihren Eltern sowie Lehrern und Berufsberatern
IVligrantenjugendlich
Die Verwaltung sollte alle Möglichkeiten nutzen, Migranten und besonders
Migrantenjugendliche für eine Beschäftigung bzw. eine Ausbildung bei der
Stadtverwaltung
gezielt
zu
motivieren
und
anzusprechen.
In
Stellenausschreibungen sollten Angehörige ethnischer Minderheiten ausdrücklich
aufgefordert werden, sich zu bewerben. Ein solcher Zusatz ist aufgrund der
Zielsetzung des Art. 3 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip
verfassungsgemäß.
Darüber
hinaus
besteht
die
Möglichkeit,
die
Sonderqualifikationen von Menschen mit Migrationshintergrund z.B.
interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse - gezielt auszuschreiben.
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Zudem sollten Migrantenjugendliche z.B. durch geeignete Faltblätter/Flyer oder
andere Medien, durch das Angebot von Schülerpraktika, Tage der offenen Tür
angesprochen werden. Um Jugendliche mit Migrationshintergrund zu gewinnen,
sollten
auch
die
Eltern
von
Migrantenjugendlichen
über
Ausbildungsmöglichkeiten, -anforderungen sowie berufliche Perspektiven in der
Stadtverwaltung informiert werden. Lehrer und Berufsberater und -beraterinnen
der Agentur für Arbeit sollten auf das besondere Interesse der Venwaltung an
Auszubildenden mit Migrationshintergrund aufmerksam gemacht werden.
Veränderte Auswahlverfahren
Darüber hinaus sollten die eingesetzten Testverfahren auf kulturelle
Gebundenheit überprüft werden und gegebenenfalls durch neue, fairere Tests
ersetzt werden. So hat die Polizei in NRW so genannte „culture-fair" Tests
eingesetzt, die persönliche Qualifikationen, wie Auffassungsgabe und
Kombinationsfähigkeit prüfen, ohne Sprachelemente und kulturgebundenes
Wissen zu verwenden.
Zu erwägen wäre auch das Angebot von „Trainingstests" nach dem Vorbild der
Duisburger Stadtverwaltung (Dort können junge Zugewanderte, die Interesse an
einer Ausbildung bei der Stadt haben, vor dem „eigentlichen" Einstellungstest mit
einem „Trainingstest" ihre Stärken und Schwächen überprüfen. Dabei erhalten sie
auch Tipps, wie sie gezielt an sich arbeiten können.)
Geringe Sprachdefizite sollten kein Hindernis für die Ausbildung in der
Stadtverwaltung sein, stattdessen sollte interessierten und geeigneten
Jugendlichen angeboten werden, während ihrer Ausbildung Zusatzunterricht zu
erhalten, um spezifische Lücken aufholen zu können.
Gleichbehandlung
und
interkulturelle
Kompetenz
als
Themen
Fortbildung der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter
Fortbildungsveranstaltungen sollten auf die Themen Gleichbehandlung und
interkulturelle Kompetenz eingehen. Diese Themen sollten vor allem
verpflichtender Bestandteil von Fortbildungsmaßnahmen sowohl für Dienstkräfte
mit Leitungsaufgaben als auch für andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein.
Bei der Entwicklung aller Maßnahmen sollten Integrationsrat,
Personalrat,
Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung einbezogen werden, um
bereits bestehende Aktivitäten zur Gleichstellung benachteiligter Gruppen aufeinander
abzustimmen und miteinander zu koordinieren.
Gez.:
Silvia Welker
Vorsitzende
4
der