Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
465 kB
Datum
03.02.2016
Erstellt
21.01.16, 15:02
Aktualisiert
21.01.16, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
Amt für Jugend und Familie
Leitlinienkonzept zur Gestaltung der Arbeit in den
U3-Gruppen der städtischen Kindertagesstätten
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Vorwort
Unser Bild vom Kind
Die Eingewöhnung
Die Bedeutung der Pflege
Mahlzeiten
Schlafen und Ruhen
Räumlichkeiten
Spielmaterial
Partizipation als Kinderrecht
Erziehungspartnerschaft mit den Eltern
Haltung der Fachkraft in der U3 Gruppe
Der Übergang von der U3 Gruppe in die Ü3 Gruppe
1. Vorwort
Diese Leitlinien sind als Ergänzung zu den individuellen Konzepten der
Kindertageseinrichtungen der Stadt Erftstadt erstellt worden.
Sie wurde in einem U3-Arbeitskreis zusammen mit den pädagogischen
Fachkräften der U3-Gruppen entwickelt und legen Qualitätsstandards für die
Arbeit in den Einrichtungen der Stadt Erftstadt fest.
(wir reden im Folgenden von Fachkräften, zu denen Erzieherinnen und Erzieher,
Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger und alle pädagogisch tätigen Kräfte
gehören)
2. Unser Bild vom Kind
„Bezugspunkt für das Kindeswohl sind die jedem Kind innewohnende Würde, die
Anerkennung seiner Individualität und die damit verbundenen unveräußerlichen
Grundrechte und Grundbedürfnisse.“
(Deutsche Liga für das Kind)
Säuglinge und Kleinkinder sind einzigartig. Sie haben ganz besondere Methoden,
sich Wissen über die Welt anzueignen und ihre Umgebung zu erkunden.
Altersgerechte Erfahrungen in frühester Kindheit bilden die Grundlage für das
Verständnis ihrer Welt.
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Damit Kinder eine bindungsähnliche Beziehung aufbauen, selbsttätig lernen und
sich bilden können, brauchen sie geeignete Rahmenbedingungen:
3. Die Eingewöhnung
Um den Übergang von der Familie in die außerfamiliäre Kindertagesbetreuung
erfolgreich bewältigen zu können und vor allem als positive Erfahrung für andere
Übergänge zu verinnerlichen, sind ein gutes Eingewöhnungskonzept und
einfühlsame Fachkräfte erforderlich.
Vordergründiger Bezugspunkt ist das Wohl des Kindes und bestimmend für den
Zeitablauf der Eingewöhnung.
Das Eingewöhnungskonzept in den städtischen Kitas, in Anlehnung an das
Berliner Eingewöhnungsmodell, resultiert aus den Erkenntnissen der
Bindungstheorie.
Hier eine kurze skizzierte Darstellung des Ablaufs:
Nach Erhalt der Platzzusage wird ein Gespräch zwischen Eltern, Leitung und
Gruppenfachkräften geführt.
Für das Kind wichtige Rituale werden wenn möglich übernommen.
Inhalte sind der Anamnesebogen des Kindes, sowie Tagesablauf und
Rituale in der Gruppe.
Die Eingewöhnungszeit gestaltet sich individuell nach dem Tempo des
Kindes, sie kann sich über mehrere Wochen hinziehen.
Es findet eine verbindliche Absprache mit den Eltern darüber statt, wer das
Kind in der Eingewöhnungsphase begleitet.
Falls ein Hausbesuch verabredet wird, wird dieser von den Fachkräften der
Gruppe durchgeführt.
Die ersten Tage verbringt das Kind eine gewisse Zeit (1-2 Std) mit der
Bezugsperson in der Gruppe. In dieser Zeit stellt die Bezugsfachkraft den
Kontakt zu dem Kind her.
Unter Anleitung der Bezugsperson übernimmt sie Schritt für Schritt die
Wickelsituation, um so dem Kind die Möglichkeiten zu geben, auch hier
langsam Vertrauen aufzubauen.
Als nächstes verabschieden die Fachkraft und das Kind für kurze Zeit die
Bezugsperson, die sich aber in der Kita ( Elterncafe) aufhält.
Diese Trennungszeit wird dann stets mit dem Blick auf das Kind
ausgeweitet.
Die Bezugsfachkraft ermöglicht dem Kind durch professionelles Handeln,
auch zu den anderen Fachkräften der Gruppe Kontakt aufzunehmen.
Eltern und Fachkräfte sind im ständigen Austausch über den Stand der
Eingewöhnungsphase.
Nach ca 6-10 Wochen findet ein Reflexionsgespräch über die
Eingewöhnung statt.
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4. Die Bedeutung der Pflege
Körperpflege und Wickeln kommt in der U3 Gruppe eine besondere Bedeutung
zu. Hier erfährt das Kind ungeteilte, liebevolle und fürsorgliche Aufmerksamkeit
sowie sprachliche Zuwendung. In dieser Eins zu Eins – Betreuung - wenn
umsetzbar sollte das Kind entscheiden, wer es wickelt - ist dies gut umsetzbar.
Es gibt keine festen Wickelzeiten, jedes Kind wird nach Bedarf gewickelt. Die
Erfahrung zeigt jedoch, dass sich im Laufe der Zeit, vor/nach dem
Schlafen/Mahlzeiten Wickelzeiten einstellen. Aber kein Kind läuft mit einer vollen
Windel herum, grundsätzlich ist 1x vormittags/ 1x nachmittags ein Muss!
Der Wickelraum grenzt meist an den Gruppenraum, die Türe mit einem
Sichtfenster in Erwachsenenhöhe. Somit ist Wickeln ein Moment der Ruhe vom
Gruppengeschehen, die Intimität des Wickelns bleibt gewahrt. Der Einblick für die
anderen Erwachsenen im Gruppenraum ist möglich.
Ist eine männliche Fachkraft in einer U3 –Gruppe beschäftigt, so ist es
selbstverständlich, dass auch er die Kinder wickelt. In kulturell bedingten oder
begründeten Ausnahmefällen sind intensive Lösungsgespräche zwischen Eltern
und Fachpersonal erforderlich.
Windeln, Feuchttücher, ausreichend Wechselwäsche etc. werden von den Eltern
mitgebracht und jedes Kind hat seinen eigenen Platz für seine persönlichen
Sachen.
Medizinische Pflegeartikel und Medikamente dürfen vom Fachpersonal nur nach
Absprache und Anweisung eines Arztes verabreicht werden, bei Bedarf (z.B.
Wundsein) werden nach Absprache mit den Eltern Pflegeartikel verwendet.
Es wird auf ausreichende Hygiene geachtet, dazu gehört die Desinfektion der
Wickeloberfläche nach jeder Nutzung und das Tragen von Einmalhandschuhe,
sowie das Desinfizieren der Hände. Jeder Wickelbereich hat einen Nassbereich, in
dem die Kinder bei Bedarf abgeduscht werden. Im Wickelraum, der gut
temperiert ist, hängt der Wickelplan, der Eltern anzeigt, wann ihr Kind gewickelt
wurde.
5. Die Mahlzeiten
Ihr Frühstück nehmen die Kinder variabel meist bis 10Uhr ein. Ob
Frühstücksbuffet oder in der Brotdose von zu Hause mitgebracht, es gelten
folgende Grundsätze:
Kein Kind sitzt alleine am Tisch.
Eine Fachkraft ist für die Begleitung der Kinder am Tisch zuständig. Sie lädt die
Kinder zum Frühstück ein, hilft, wo es notwendig ist und sorgt für eine gute
Atmosphäre am Frühstückstisch.
Getränke sind in der Kita in ausreichender Menge vorhanden und frei zugänglich
für jedes Kind. In der Regel Wasser mit oder ohne Kohlensäure, ungesüßter Tee
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oder Milch in Maßen. Säfte nur in besonderen Ausnahmefällen und diese werden
auch nicht von zu Hause mitgebracht.
Kinder werden zum Trinken angeregt, Trinkpausen in den Tagesablauf integriert.
Wenn Müsli angeboten wird, wird darauf geachtet, dass dieser keine Nüsse
enthält.
Meist zwischen 11:30 Uhr und 12:30 Uhr nehmen die Kinder gemeinsam ihr
Mittagsmahl ein. Das Essen wird in den meisten Kitas durch eine Fremdfirma
geliefert, es ist nahrhaft, kindgerecht und abwechslungsreich. Der Speiseplan, salz
– und zuckerarm und nicht zu scharf, wird mit der Kita abgestimmt. Die ganz
kleinen Kinder erhalten meist noch Gläschen, die sie von zu Hause mitbringen.
Sobald die ersten Zähne da sind, möchten die Kinder aber das gleiche wie alle
anderen essen. Sie werden unterstützt, in ihrem Bestreben, alleine zu essen,
alleine sich aufzufüllen oder einzuschenken. Ebenso in dem Wunsch aus dem
Becher oder Glas zu trinken.
Essen soll auch Raum für sinnliche Erfahrung geben, bevor es „geschmeckt“ wird,
muss es manchmal auch „gefühlt oder getastet“ werden. Auch diese Erfahrung
brauchen Kinder.
Kinderbesteck liegt an jedem Platz.
Selbstverständlich werden Allergien oder religiös/kulturelle Besonderheiten
beachtet. Als gesunde Zwischenmahlzeit bietet die Kita Obst und frisches Gemüse
an.
Den Mahlzeiten in der U3 Gruppe kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie sind
ein soziales Miteinander. Die Fachkraft nimmt am Essen teil (zumindest den
„pädagogischen Happen“.)
Sie nimmt kein anderes Essen als die Kinder zu sich.
Ist Vorbild und gibt Hilfestellung.
Kinder werden nicht zum Essen gezwungen und müssen auch nicht probieren,
wenn sie etwas ablehnen.
6. Schlafen und Ruhen
Die Gestaltung der Schlafzeiten entwickelt sich aus dem Bedürfnis der Kinder.
Auch hier gilt, jedes Kind nach seinem Bedarf und seinem eigenen Rhythmus.
Im Laufe der Zeit entsteht in den meisten U3 Gruppen eine gemeinsame
Schlafenszeit, meist nach dem Mittagessen. Schlafende Kinder werden nur in
absoluten Ausnahmefällen geweckt und dann auch nur nach mindestens einer
Stunde Schlaf. Ebenso werden Kinder nicht zum Schlaf gezwungen. Im
Aufnahmegespräch wird dies den Eltern als klare Regel dargelegt.
Die Kinder erfahren einfühlsame Zuwendung während des Einschlafens, damit sie
sich fallenlassen können. Sie haben ein Kuscheltier, Schmusedecke oder ihren
Schnuller dabei. Rituale von zu Hause werden soweit es geht, berücksichtigt.
Jedes Kind hat seinen Schlafplatz, den man aber auch mal tauschen kann.
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Bettwäsche wird von der Kita gestellt und einmal wöchentlich oder/ und nach
Bedarf auf 90° gewaschen.
Schlafsack und Gitterbettchen werden je nach Alter und Gewohnheit des Kindes
genutzt.
Im Schlafraum steht ein Babyphone.
7. Räumlichkeiten
Räume sind so gestaltet, dass sie Kinder in ihren Entwicklungsprozessen
unterstützen. Sie sind entscheidende Faktoren für die Handlungs- und
Erfahrungsspielräume von U3-Kindern. Zudem sind sie nach den gesetzlichen
Vorschriften und den Sicherheitsauflagen der Unfallkasse NRW ausgerichtet.
Grundsätzlich gilt für die Gestaltung einer U3-Gruppe:
• Weniger ist mehr!
• Keine Überladung des Raumes!
• Der eigentliche Gruppenraum hat wenig Möbel, 1-2 Tische, Stühle
(hier haben sich Emmy - Pikler - Stühle bewährt, da sie vielfältig in der
Nutzung sind)
• Materialschränke, die für Kinder offen erreichbar sind.
• Kurzflorige Teppiche, da kleine Kinder gerne auf dem Boden spielen
oder einfarbige abwaschbare Bodenplatten.
• Schräge Ebenen oder Podeste entsprechend dem Bewegungsdrang der
Kinder.
• Spiegel und Bilder in Kinderhöhe.
• Der Raum ist anregend und altersgerecht gestaltet.
•
Im Schlafraum steht für jedes Kind ein eigener
Schlafplatz, sei es Bettchen, Körbchen oder Podest. Wenn Kinder müde
sind, haben sie die Möglichkeit, sich in ihr Bett zurück zu ziehen.
•
In jedem Schlafraum steht ein Evakuierungsbett
(Gitterbettchen auf Rollen).
•
Der 3. Raum wird als Differenzialraum, als
Bewegungsraum oder als Kreativraum genutzt.
•
Ein eigener Wickel – und Sanitärraum gehört zu jeder
U3 Gruppe.
Dieser gesamte Spielraum bietet Kindern die Möglichkeit, das zu tun, was sie von
sich aus tun möchten und wozu sie aufgrund ihrer Entwicklung bereit sind.
8. Spielmaterial
Alle Gegenstände und Materialien müssen auf ihre Sicherheit überprüft sein,
ungiftig und ab-waschbar. Auch auf das Siegel „geeignet für Kinder unter 3
Jahren“ sollte geachtet werden.
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Materialien bieten das, was die Kinder gerade für ihre Selbstbildungsprozesse
benötigen, wie:
Malstifte , Papier, Kleister und Farbe sind jederzeit frei verfügbar.
Knete (ohne Allaun), Pinsel, Schwamm, sowie Scheren werden, anfänglich
angeleitet von der Fachkraft, eingesetzt.
Alle Materialien sind für die Kinder sichtbar.
Geschichtensäckchen und Bücher, die sprachanregend sind.
Alltagsmaterial wie Kochlöffel und Plastikflaschen.
Naturmaterialien.
Bälle, Spiegel, Tunnel, Podeste in verschiedenen Höhen.
Rollenspielmaterialien wie Puppen, Autos, Kleidung.
U3 Kinder benötigen weniger Tisch- und Gesellschaftsspiele, sondern Materialien,
die die Sinne anregen, ihrem Forscherdrang entgegenkommen und es auch
ermöglichen, sich zurück zu ziehen.
Für die Fachkraft ist es vordergründig, die Selbstbildungspotenziale und die
situationsorientierte Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und Raum und Material
dementsprechend altersgemäß einzusetzen.
Spiel ist die elementarste Form des Lernens. Sie gründet auf Freude, Neugier,
Freiheit und Spontanität.
Das eher beiläufige Lernen im Spiel entwickelt sich im Laufe der U3-Kitazeit mehr
und mehr zum spielerischen Lernen, dem mehr systematische Begleitung und
Zielorientierung zuteilwird.
9. Partizipation als Kinderrecht
Kinder haben unabhängig von ihrem Alter ein Recht auf Partizipation.
Auch die Fachkräfte der U3-Gruppen stehen in der Verantwortung, der
Partizipation von Kindern einen festen Platz einzuräumen, denn je jünger Kinder
sind:
desto weniger können sie selbst Beteiligungsrechte einfordern,
desto größer ist die Verantwortung der Fachkräfte, Kindern
Partizipation zu ermöglichen,
desto höher sind die Ansprüche daran, wie Partizipation
methodisch umgesetzt werden kann,
desto wichtiger ist es, über die pädagogische Grundhaltung
nachzudenken, die das eigene Handeln bestimmt.
10. Erziehungspartnerschaft mit den Eltern
Zum Wohle des Kindes ist es besonders erforderlich, wenn Fachkräfte und Eltern
in einem regen Austausch stehen.
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Die Erziehungspartnerschaft entwickelt die bestehenden Konzepte zur
Elternarbeit weiter, sie fokussiert die gemeinsame Verantwortung für das Kind
und sieht eine intensivere Mitwirkungs- und Kommunikationsqualität vor. Hier
stehen also Information und Austausch, Stärkung der Elternkompetenz und
Beratung, sowie eine wertschätzende, gleichwertige Haltung im Vordergrund.
Nur wenn Eltern sich offen und vertrauensvoll angenommen fühlen, können sie
dies auch an ihr Kind weitergeben.
11. Haltung der Fachkraft in der U3 Gruppe
Der Einsatz der Fachkraft in der U3 Gruppe erfolgt;
aus deren Überzeugung, Professionalität und Weiterbildungsbereitschaft,
sowie aus der Klärung der eigenen Berufsidentität im Hinblick auf die
erforderlichen neuen Aufgaben,
er erfordert ein hohes Maß an Reflexions- und Beobachtungsfähigkeit,
Sensibilität, Empathie und Respekt den Eltern und Kindern gegenüber.
Dazu gehören folgende Grundsätze:
Die Fachkraft hat eine wertschätzende Haltung Eltern und Kindern
gegenüber.
Sie lässt dem Kind Zeit, sich in seinem eigenen Tempo auszuprobieren und
sich zu entwickeln.
Sie gibt dem Kind und den Eltern Sicherheit durch transparentes, planbares
und einfühlsames Verhalten.
Sie schafft eine Umgebung, in der das Kind seine Erfahrungen und
Entwicklung steuern kann.
Sie lässt es erforschen und experimentieren.
Sie fördert die Entwicklung durch gezielte Beobachtung, sprachliche
Begleitung und alltagsintegrierte Sprachbildung.
Sie ist bereit und in der Lage, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen
und professionell darauf zu reagieren.
12. Der Übergang von der U3-Gruppe in die Ü3-Gruppe
Entscheidend ist, dass das Kind die Übergangsphase entsprechend seiner
Ressourcen, bisherigen Erfahrungen und seinem Temperament in seinem
individuellen Tempo bewältigen kann.
Geeignet sind die Formen der Begleitung der Fachkräfte, die Kindern Einblick in
ihr zukünftiges Umfeld geben, wie Besuche mit und ohne den Bezugsfachkräften,
gemeinsam gestaltete Projekte, Ausflüge etc..
Auch für Eltern ist diese Übergangsphase mit Herausforderungen und viel
Informationsbedarf verbunden.
Stand: Dezember 2015