Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
434 kB
Datum
03.02.2016
Erstellt
21.01.16, 15:02
Aktualisiert
21.01.16, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
Vormundschaften in Verbindung mit
unbegleiteten minderjährigen Ausländern
Bericht für JHA
am 03.02.2015
Uwe Gebs
Inhalt
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10.
Rechtliche Grundlagen
Aktuelle Fallzahlen
Allgemeine Aufgaben des Amtsvormundes
Zusätzliche Aufgaben bei unbegleiteten minderjährigen
Ausländern (UMA)
Aktueller Verteilungsschlüssel
Auswirkung des Verteilungsschlüssels für Erftstadt
Personelle Auswirkungen
Stellenmehrbedarf
Kosten
Einsatz durch Berufsvormünder
Uwe Gebs
1. Rechtliche Grundlagen
Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und
Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher vom 01.11.2015
Aus der Begründung :
„Unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche, die ohne ihre
Familien nach Deutschland einreisen, gehören zu den
schutzbedürftigsten Personengruppen überhaupt.
Sie haben nach dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes der
Vereinten Nationen (VN-Kinderrechtskonvention) ein Recht darauf,
dem Kindeswohl entsprechend untergebracht zu werden (Artikel 3,22):
Hierfür ist nach geltendem Recht dem Jugendamt eine
Primärzuständigkeit zugewiesen.
Das Jugendamt ist nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB VIII
verpflichtet, unbegleitete ausländische Minderjährige in Obhut zu
nehmen.“
Uwe Gebs
1. Rechtliche Grundlagen
Der bestellte Vormund ist verpflichtet, sein Mündel vollumfänglich zu vertreten, somit auch in den
ausländer- und asylrechtlichen Belangen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der
Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher am 01.11.2015 ist
mit einer erheblichen Zunahme von unbegleiteten Minderjährigen und damit auch der
Vormundschaften zu rechnen. Zweck des Gesetzes ist u.a. die gerechtere Verteilung der
unbegleiteten Minderjährigen auf alle Jugendämter im Bundesgebiet, unabhängig vom Ort der ersten
Feststellung. Bei Bekanntwerden der Einreise eines unbegleiteten Minderjährigen ist das örtliche
Jugendamt zunächst zur vorläufigen Inobhutnahme (§ 42a SGB VIII) verpflichtet. In diesem Rahmen
erfolgt die Erfassung der personenbezogenen Daten, vorläufige Unterbringung und Versorgung und
ein sog. Erstscreening hinsichtlich Gesundheitszustand, möglicher Kindeswohlgefährdung bei einer
Anmeldung zur Verteilung, möglicher Familienbezüge oder sonstiger sozialer Bindungen, z.B. durch
Fluchtgemeinschaften.
Sodann hat innerhalb von 7 Werktagen die Anmeldung des unbegleiteten Minderjährigen bei der
Landesstelle - in NRW beim LVR Rheinland angesiedelt - zur Verteilung zu erfolgen.
Nach spätestens 4 Wochen wird durch die Landesstelle das örtlich zuständige Jugendamt bestimmt.
Abgebendes und aufnehmendes Jugendamt müssen sich dann über die zu begleitende Übergabe
des Minderjährigen verständigen und das abgebende Jugendamt hat den UMA zum aufnehmenden
Jugendamt zu begleiten.
Für die Dauer der vorläufigen Inobhutnahme verfügt das Jugendamt über die öffentlich-rechtliche
Verpflichtung zur Vertretung des Minderjährigen, damit unverzüglich ggf. erforderliche
Rechtshandlungen vorgenommen werden können. Das nach Zuweisung durch die Landesstelle
örtlich zuständige Jugendamt hat die eigentliche Inobhutnahme vorzunehmen bzw.
Anschlussmaßnahmen einzuleiten sowie unverzüglich beim Familiengericht die rechtliche Vertretung
durch eine Vormundbestellung zu beantragen.
Uwe Gebs
2. Aktuelle Fallzahlen
• In Erftstadt befinden sich derzeit 30 unbegleitete minderjährige
Ausländer
• Diese sind wie folgt untergebracht:
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2 im betreuten Wohnen (Dachgeschoss Jugendzentrum Köttingen)
4 in stationären Einrichtungen
12 im Familienverbund in Erp, Brabanter Weg und Radmacher Straße
12 im Familienverbund in eigenen Wohnungen
• Für 16 Minderjährige besteht bereits eine Vormundschaft durch das
Stadtjugendamt.
• Weitere 14 Minderjährige befinden sich bei Verwandten, hier sind
die Statusfrage und der weitere Aufenthalt zu klären, bzw.
Amtsvormundschaften sind beantragt.
Uwe Gebs
3. Die Aufgaben der Amtsvormünder allgemein sind u.a.:
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Monatliche Treffen innerhalb und außerhalb der häuslichen Umgebung,
Monatliche Fahrtzeiten – auch große Entfernungen -,
Hilfeplangespräche,
Beantragung von Leistungen wie Hilfe zur Erziehung, sozialpädagogische Familienhilfe, Tagespflege, Bildung und
Teilhabe, BAFöG, BAB, Anerkennung Schwerbehinderung etc.
Heimplatzsuche,
Teilnahme an Schulveranstaltungen,
Aufenthaltsbestimmung,
Mitwirkung bei Regelung des Umgangs,
Entscheidung über ärztliche Eingriffe nach Konsultierung der Ärzte,
Mitwirkung bei polizeilichen Ermittlungsverfahren,
Beantragung von Personalausweisen,
Abschluss von Miet- und Versicherungsverträgen,
Beantragung der Genehmigung von Verträgen beim Vormundschaftsgericht,
Beantragung der Genehmigung zur Taufe,
Erstellung von Vermögensverzeichnissen,
Vermögensverwaltung,
Mitwirkung / Hilfestellung bei Berufswahl,
Abschluss von Ausbildungsverträgen.
Dokumentation aller Kontakte und Hilfemaßnahmen
Wahrnehmung gerichtlicher Termine,
Zustimmung beim Notar in Adoptionsverfahren
Berichte an das Vormundschaftsgericht – mindestens einmal jährlich
Uwe Gebs
etc.
4. Zusätzliche Aufgaben bei unbegleiteten minderjährigen
Ausländern
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Insbesondere die Fallbearbeitung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erfordert
einen höheren Arbeitsaufwand.
Zusätzliche Kenntnisse im Umgang mit jugendlichen Flüchtlingen sind zu erwerben.
Für Besuchskontakte ist in der Regel ein Dolmetscher erforderlich (weitere
Terminabsprache notwendig), der nur zeitlich begrenzt zur Verfügung steht.
Familienzusammenführung innerhalb Deutschlands ist schwierig und zeitaufwendig
(Kontaktaufnahme zur Bezirksregierung und Kontakt zum Verwandten, ebenfalls mit
Dolmetscher).
Stellen von Asylanträgen
Flüchtlinge aus anderen Ländern müssen eine Anhörung bei einem Entscheider in einer
Außenstelle des BAMF in NRW (Dortmund oder Bielefeld) durchführen.
Das persönliche Erscheinen zusammen mit dem sorgeberechtigten Vormund ist
erforderlich.
In der Anfangsphase sind vermehrte persönliche Kontakte zu den Flüchtlingen notwendig
(z.B. wegen Clearinggespräch, Schulanmeldung, Meldeangelegenheiten, HPG
(Hilfeplangespräch), Teilnahme am Deutschkurs, Klärung der finanziellen Situation).
Uwe Gebs
5. Aktueller Verteilungsschlüssel
Uwe Gebs
6. Auswirkung des Verteilungsschlüssel für Erftstadt
Wenn man für Erftstadt eine Einwohnerzahl von 50.000 zugrunde legt,
ergibt dies aktuell einen Zuweisungsschlüssel von derzeit
37 unbegleiteten minderjährigen Ausländern
Hierbei ist von Bedeutung, das der Verteilungsschlüssel in der
Vergangenheit stetig gesenkt wurde und dies aufgrund der zu erwartenden
Flüchtlingszahlen auch für die Zukunft zu erwarten ist.
Die bis zum 31.10.2015 bereits in Erftstadt in Obhut genommenen bzw.
in Anschlussmaßnahmen befindlichen Minderjährigen werden dabei auf
die
Zuweisungsquote
angerechnet.
Über
die
bestehenden
Amtsvormundschaften hinaus sind entsprechende Vorkehrungen zu
treffen, um auch dieser Herausforderung begegnen zu können. Zudem ist
die im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme in den ersten vier Wochen
per Gesetz gegebene umfangreiche rechtliche Vertretung wahrzunehmen.
Uwe Gebs
7. Personelle Auswirkungen
Der Gesetzgeber gibt bei den Vormundschaften / Pflegschaften für
Minderjährige eine Höchstfallzahl je Vollzeitkraft von 50 Mündeln vor.
Gleichzeitig ist es Aufgabe des Vormunds, sein Mündel in allen Bereichen
der Personensorge zu vertreten, mindestens monatlich einen persönlichen
Kontakt im Lebensumfeld des Mündels wahrzunehmen und persönlich
seine Entwicklung zu fördern, sowie Pflege und Erziehung des Mündels zu
gewährleisten. Die umfassende Wahrnehmung dieser Aufgaben ist bereits
ohne die sich aus der Eigenschaft des UMA ergebenden meist komplexen
Problemen und Fragestellungen kaum verantwortlich möglich. Der
Landschaftsverband Rheinland empfiehlt daher in seiner Richtlinie für die
Erlaubnis zur Übernahme von Vormundschaften und -pflegschaften vom
01.01.2014 eine Fallzahl von durchschnittlich maximal 30 Mündeln je
Vollzeitkraft.
Hierbei sind die umfangreichen Aufgaben für die Vormundschaften bei
UMA´s noch gar nicht mit eingerechnet.
Uwe Gebs
8. Stellenmehrbedarf
In Erftstadt gibt es derzeit ein Vollzeitstelle A 11 im Bereich Vormundschaften.
Der Mitarbeiter betreut aktuell 46 Fälle.
Um diese umfangreichen Aufgaben zu erledigen und auch der aktuellen und zu
erwartenden Fallzahl Rechnung zu tragen, ist es daher erforderlich, eine
zusätzliche ½ Stelle mit der Bewertung A 11 in der Abteilung -511Amtsvormundschaften einzurichten.
Darüber hinaus ist eine weitere ½ Stelle in der allgemeinen Verwaltung des
Jugendamtes einzurichten. Damit wird dem enormen Aufwand bzgl. der
Aktenbearbeitung und des Verwaltungsaufwandes für die UMA Rechnung
getragen.
Uwe Gebs
9. Kosten ( Stand 15.01.2016 )
Für 11 UMA entstehen derzeit Kosten im Rahmen der
wirtschaftlichen Jugendhilfe.
Diese belaufen sich mtl. aktuell pro UMA im Durchschnitt auf
4.000,00 €
Seitens des Landesjugendamtes NRW erfolgt eine
hundertprozentige Kostenerstattung.
Ab 2016 erstattet das Land im Rahmen der Kostenerstattung auch eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 3.100 Euro.
Grundlage ist ein Mittelwert aus zwei Stichtagsmeldungen.
Im fünften Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (5. AG-KJHG) heißt es dazu in
§7
Verwaltungskostenpauschale
(1) Das Land erstattet den Jugendämtern die Verwaltungskosten auf der Grundlage der zum 30. Juni und 31. Dezember eines
Jahres zur Kostenerstattung nach § 89d Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch angemeldeten Fälle durch eine Pauschale.
Die Pauschale beträgt 3100 Euro und wird für den Mittelwert der zu den Stichtagen nach Satz 1 gemeldeten Fälle gezahlt.
Die Auszahlung dieses Zuschusses an das Jugendamt erfolgt auf der Grundlage der jeweils letzten Stichtagsmeldung
als Abschlag zum 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember eines Jahres mit jeweils einem Viertel durch die
Landesjugendämter. Zum 30. April eines Jahres erfolgt eine Endabrechnung der Pauschalen des Vorjahres.
Uwe Gebs
10. Unterstützung durch Berufsvormünder
Grundsätzlich ist eine Unterstützung bzw. der Einsatz von
Berufsvormündern möglich.
Eine Abfrage der in der Nähe befindlichen Trägern hat ergeben, dass
keine Kapazitäten frei sind.
Der SKF des Rhein-Erft-Kreises und Köln sind mit Ihren Fällen vor
Ort, insbesondere aus Köln, völlig ausgelastet. Die weiteren Vereine,
die sich im größeren Umkreis um Erftstadt befinden, sind wegen
fehlender Ortsnähe nicht geeignet Vormundschaften zu übernehmen.
Um ehrenamtliche Vormünder zu gewinnen, ist von Seiten des
Jugendamtes eine enge Anbindung, Schulung und Betreuung der in
Frage kommenden Personen notwendig. Das kann mit dem
derzeitigen Personal nicht geleistet werden. Die hier bekannten
Berufsvormünder haben diesbezüglich ebenfalls keine Kapazitäten
mehr frei.
Uwe Gebs