Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
250 kB
Datum
15.12.2015
Erstellt
12.11.15, 15:02
Aktualisiert
12.11.15, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
B 461/2015
Az.:
Amt: - 51 BeschlAusf.: - 50 / 20 Datum: 24.09.2015
gez. Knips
Kämmerer
Dezernat 4
Dezernat 6
gez. Erner, Bürgermeister
BM
27.10.2015
Datum Freigabe -100-
gez. Feldmann
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Termin
25.11.2015
vorberatend
Haupt-, Finanz- und Personalausschuss
08.12.2015
vorberatend
Rat
15.12.2015
beschließend
Betrifft:
Bemerkungen
Anregung bzgl. Beitragserstattung Kitagebühren wegen des Tarifstreiks
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Stellungnahme der Verwaltung:
Elternbeiträge für die Inanspruchnahme von Kindertageseinrichtungen werden auf der Grundlage
des § 90 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB VIII und des § 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KiBiz NRW
in Verbindung mit der Elternbeitragssatzung erhoben. Sofern die Beitragssatzung eine spezielle
Regelung zu Elternbeiträgen im Falle eines Streiks von Tageseinrichtungen enthält, ist hierauf abzustellen. Für den Bereich der Stadt Erftstadt besteht eine solche Regelung nicht.
Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich bereits im Jahr 2009 mit der Frage beschäftigt, ob es Nothaushaltskommunen und Kommunen mit vorläufiger Haushaltsführung
möglich ist, Elternbeiträge zu erstatten. Das Ministerium hat mit Erlass vom 17. Juli 2009 darauf
hingewiesen, dass es für die auf der Grundlage von Gebührensatzungen gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 3
SGB VIII in Verbindung mit § 23 erhobenen Elternbeiträgen für die hier vorliegende Konstellation
keine rechtliche Pflicht zur Rückerstattung gebe, so dass eine solche Rückerstattung als freiwillige
Leistung zu bewerten wäre.
Gemeinden in der dauerhaften oder vorläufigen Haushaltsführung dürften daher keine neuen freiwilligen Leistungen erbringen. Auch eine nachträgliche Satzungsänderung komme bei Nothaushalts-, überschuldeten oder im Finanzplanzeitraum von der Überschuldung bedrohten Gemeinden
als Rechtsgrundlage für eine Beitragserstattung nicht in Betracht. Bei allen übrigen Gemeinden
steht die Rückzahlung im eigenen Ermessen. Die Gemeinde hat in eigener Verantwortung die Umstände des Einzelfalls (z.B. des Satzungsrechts, der Dauer des Streiks, der Höhe der eingesparten
Mittel) zu berücksichtigen.
Bei der Ausübung des Ermessens sind aus Sicht der Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes insbesondere folgende Aspekte einzubeziehen:
Zunächst ist vom Grundsatz davon auszugehen, dass bei kostenrechnenden Einrichtungen von
Kommunen im Haushaltssicherungskonzept und im Haushaltssanierungsplan deren Zuschussbedarf durch Reduzierung von Aufwand und/oder Steigerung von Erträgen zu begrenzen ist. Unterdeckungen dürfen in kostenrechnenden Bereichen grundsätzlich nicht entstehen. Vorliegend ist
davon auszugehen, dass Kindertageseinrichtungen in der Regel bereits kostenunterdeckend arbeiten und streikbedingte „Ersparnisse“ im Bereich der Personalaufwendungen diesen Zustand der
Unterdeckung nicht beenden. Jede Erstattung von Beiträgen hätte damit eine erneute Vertiefung
einer bestehenden Unterdeckung zu Folge.
Ein Ermessen ist angesichts der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gezogenen Grenzen im kommunalverfassungsrechtlich gezogenen Rahmen auszuüben. Grundlage ist daher die wirtschaftliche,
effiziente und sparsame Haushaltsführung (§ 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW). Hierbei kommt der Tatsache Bedeutung zu, dass die Elternbeiträge für die wirtschaftliche Führung der Einrichtung wesentlich sind, auch wenn sie im landesweiten Durchschnitt nur 12 bis 19 Prozent der Aufwendungen für Kindertageseinrichtungen refinanzieren. Diese Aufwendungen bestehen nur zum Teil aus
Personalaufwendungen, von denen im Fall eines Streiks wiederum nur Teile „erspart“ werden.
Insbesondere die Sachaufwendungen der Einrichtungen fallen auch im Falle eines Streiks wesentlich unverändert an. Eine kommunale „Ersparnis“ kann daher auch im Falle eines Streiks wesentlich nur in einem dem Anteil der Personalaufwendungen an den Gesamtaufwendungen entsprechenden Anteil bestehen. Da die Elternbeiträge sich auf die Gesamtaufwendungen der Einrichtungen beziehen (Gesamtdeckungsprinzip), könnte daher schon unter diesem Gesichtspunkt wesentlich allein ein diesem Anteil entsprechender Anteil „erspart“ worden sein. Die Aufbringung durch
die Beitragsschuldner wird dabei zudem einkommensteuerlich unterstützt (Kindergeld, Kinderfrebeträge) und schon mit Blick darauf sozial gestaffelt. Im Falle einer Erstattung würden daher die
Beitragsschuldner am stärksten entlastet, die steuerlich am stärksten begünstigt werden.
Weiter tritt hinzu, dass es sich rechtlich um Beiträge handelt, nicht jedoch um Gebühren. Es besteht damit kein strenges Gegenleistungsverhältnis. Die abstrakte und allgemeine Nutzungsmöglichkeit auch jenseits einzelner Tage reicht zur Rechtfertigung der Beitragserhebung daher aus.
Die rechtliche Wertung entspricht damit der der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen, die auch
nicht anteilig zu erstatten sind, wenn die Nutzbarkeit der Straße aufgrund von Bauarbeiten eingeschränkt ist. Selbst im – vorliegend nicht einschlägigen – Gebührenbereich, in dem – anders als
bei Beiträgen – ein strenges Gegenleistungsprinzip gilt, so etwa bei Straßenreinigungsgebühren,
geht die ständige Rechtsprechung davon aus, dass die Leistung vollständig und über einen längeren Zeitraum ausgefallen sein muss, bevor der Anspruch auf die Abgabeerhebung in Frage gestellt
wird (bei Straßenreinigungsgebühren: mindestens 2 Monate ohne Unterbrechung). Einen solchen
Zeitrahmen hat der gegenständliche Streik in keinen Ort erreicht.
Weiter tritt das kommunale Satzungsrecht hinzu: Schließt die Elternbeitragssatzung die Erstattung
von Elternbeiträgen aus, ist eine Erstattung nicht möglich. Für den Fall, dass die Satzung keine
ausdrückliche Regelung vorsieht, gelten die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts. Ein Widerruf des Abgabenbescheids nach § 49 Abs. 1 VwVfG NRW kommt dabei vorliegend regelmäßig nicht in Betracht, da ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt ganz
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oder teilweise nur mit Wirkung für die Zukunft und nur dann widerrufen werden kann, wenn nicht
nach dem Satzungsrecht ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste.
Folglich käme allein ein Erlass/eine Erstattung nach abgabenrechtlichen Vorschriften in Betracht.
Danach können Ansprüche nur dann ganz oder zum Teil erlassen bzw. Abgaben erstattet werden,
wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a
KAG NRW i.V.m. § 227 AO). Gerade dies dürfte vorliegend angesichts der Geringfügigkeit der
Beiträge, der sozialen Staffelung und steuerlichen Förderung sowie der allgemeinen abgabenrechtlichen Rechtsprechung zur Erstattung von Beiträgen und Gebühren regelmäßig nicht der Fall
sein.
Die Geschäftsstelle steht daher auf dem Standpunkt, dass die Erhebung von Elternbeiträgen auch
an Tagen des Streikes rechtlich zulässig ist.
Die wiederholt kommunizierte Haltung und Ankündigung der Stadt Erftstadt war es, dass Ende des
Tarifkonfliktes abzuwarten, um dann auf einer seriösen Daten- und Zahlenbasis der Politik einen
rechtlich abgesicherten Vorschlag zum Umgang mit den Elternbeiträgen während der Streikmaßnahmen vorzulegen.
Der Tarifkonflikt im Sozial- und Erziehungsdienst hatte eine Dauer von mehr als 7 Monaten.
In Erftstadt beteiligten sich in einer vierwöchigen Streikphase von Mai bis Juni 2016 bis zu 90 Mitarbeitende des Sozial- und Erziehungsdienst. In dieser Zeit sind 185.000 € an Personalkosten eingespart worden.
Insgesamt sind in den vier Wochen des Streiks 17 Betreuungstage ausgefallen bzw. nur über Notdienstangebote abgedeckt worden.
Während des Streiks sind summarisch 2451 Kinder, durchschnittlich täglich 144 Kinder der insgesamt 918 Kinder, in den Notgruppen betreut worden.
46 Eltern haben einen Antrag auf streikbedingte Beitragserstattung bei der Stadt Erftstadt gestellt.
Eine erste überschlägige Berechnung der Tarifsteigerungen ergibt monatliche Mehrkosten von ca.
22.000 €. Für 2015 bedeutet das (incl. Jahressonderzahlung) ca. 145.000 €. Für 2016 müssen
Mehrkosten von ca. 280.000 € veranschlagt werden. Dieses Ergebnis entspricht einer Steigerung
von ca. 3,35%.
Bei einem aktuell durchschnittlichen Elternbeitrag von 93,18 € sind für vier Wochen rund 86.000 €
Elternbeitrag anzusetzen.
Eingesparte Personalkosten
Tarifsteigerung in 2015
Elternbeiträge für 4 Wochen
Saldo
185.000
- 145.000
- 86.000
- 46.000
Die Mehraufwendungen bei einer streikbedingten Beitragserstattung betragen demnach 46.000 €.
Die Verwaltung hat unterschiedliche Varianten zum Umgang mit den streikbezogenen Elternbeiträgen geprüft. Die Elternbeiträge könnten in die Kindertagesstätten investiert werden oder
auch unmittelbar den bestehenden Fördervereinen, dort wo es diese nicht gibt den Kitas direkt, z.B. für besondere Projekte, Exkursionen oder Anschaffungen, zugeleitet werden.
Aufgrund der hohen Streikbeteiligung des Personals hat es in allen städtischen Einrichtungen nur
Notdienstangebote gegeben. Der Aufwand zur kindgenauen und differenzierten Ermittlung einer
möglichen Erstattung steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Erstattungsbeträgen.
Die Verwaltung schlägt der Politik vor, allen Eltern für die Phase des vierwöchigen Streiks einen
jeweiligen Monatselternbeitrag zu erstatten.
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In Vertretung
(Lüngen)
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