Daten
Kommune
Linnich
Größe
111 kB
Datum
23.10.2014
Erstellt
10.10.14, 13:01
Aktualisiert
10.10.14, 13:01
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT LINNICH
Mitteilungsvorlage
Der Bürgermeister
- öffentlich -
Drucksache M-38/2014
Beratungsfolge
Termin
Ausschuss für Kultur, Sport, Generationen und
Soziales
23.10.2014
Dienststelle
Datum:
Sachbearbeiter:
Fachbereich FB1
06.10.2014
Herr Helm
TOP
Aktenzeichen
Bericht zu den Themen Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und
sonstigen Flüchtlingen
Finanzielle Auswirkungen
X
Die Vorlage berührt nicht den Etat
Die Vorlage berührt den Etat auf der Einnahmeseite
Mittel stehen zur Verfügung
Hh.-Stelle
Haushaltsausgabereste
Bisher angeordnet
Investitionsprogramm
Verpflichtungsermächtigung
Mittel werden über-/außerplanmäßig bereitgestellt Hh.-Stelle
Deckungsvorschlag:
Gez. Beemelmanns
(Kämmerei)
Ergebnis der Mitteilung
Mitteilungsvorlage wird zur Kenntnis genommen
Ergebnis der Mitteilung:
Der Ausschuss für Kultur, Sport, Generationen und Soziales nimmt Kenntnis vom Bericht der
Verwaltung zu den Themen Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und
sonstigen Flüchtlingen.
Inhalt der Mitteilung:
Fast täglich ist aus den Medien zu entnehmen, dass sich die Konflikte in Nordafrika, der
ehemaligen Sowjetunion und dem Nahen Osten zunehmend verschärfen. Dadurch steigt die Zahl
asylbegehrender Menschen in Deutschland in den letzten Wochen und Monaten erheblich an. Die
Stadt Linnich nimmt zu Spitzenzeiten einen Asylbewerber pro Woche auf.
In der Ortschaft Gevenich unterhält die Stadt Linnich ein Übergangswohnheim zur Unterbringung
von Asylbewerbern und sonstigen Flüchtlingen. Die Unterkunft, die in den 50er Jahren des vorigen
Jahrhunderts umgebaut wurde, bietet Platz für ca. 62 Personen. Im Notfall könnten die
Platzkapazitäten für die Unterbringung zeitlich begrenzt auf 80 Personen erweitert werden. Das
Unterbringungskonzept sieht eine Nutzung für alleinstehende männliche Asylbewerber und
sonstige Flüchtlinge vor. Das Gebäude, eine ehemalige Luftwaffenhalle der Bundeswehr,
beherbergt 16 Zimmer unterschiedlicher Größe und Aufteilung. In einem Nebengebäude befinden
sich drei kleinere Wohneinheiten, die das Ordnungsamt für etwaige Zwangsräumungen oder
Notunterbringungen zur Abwehr von Obdachlosigkeit vorhält. Zurzeit stehen diese Räumlichkeiten
leer. Die Belegung der Zimmer in der Unterkunft schwankt zwischen einer Einzelperson und
maximal 5 Bewohnern. Neben den Schlafräumen gibt es in dem Gebäude eine
Gemeinschaftsküche, zwei kleine Lagerräume sowie sanitäre Anlagen im Ober- und
Kellergeschoss. Seit Anfang 2014 werden alle Räume sukzessive renoviert und mit neuem
Mobiliar ausgestattet. Der Brandschutz wurde optimiert. Die Einrichtungsgegenstände der
Gemeinschaftsküche wurden denen einer Großküche angepasst. Dieses Mobiliar besteht fast
vollständig aus Stahl mit Pulverbeschichtung auf Epoxidharzbasis. Eine hygienische Reinigung
und eine lange Lebensdauer sind so gewährleistet. Es hat sich gezeigt, dass bei der
Neugestaltung einzelner Zimmer die Einbeziehung der jeweiligen Bewohner effektiv ist. So wird
den Bewohnern nicht der Eindruck vermittelt, in einem „Heim“ zu leben, sondern aktiv an der
Gestaltung des Lebensraumes mitwirken zu können. Durch die Mitgestaltungsmöglichkeit der
Bewohner ergibt sich ein weiterer Aspekt, der sich als sinnvoll erwiesen hat: Die einzelnen
Zimmergemeinschaften, die aktiv in die Gestaltung ihres Lebensraumes eingebunden werden,
pflegen den Raum und Einrichtungsgegenstände sorgsamer und übernehmen eigenverantwortlich
Arbeiten für die Allgemeinheit. Regelmäßig findet vor Ort ein Austausch zwischen den
Zimmergemeinschaften und den zuständigen Mitarbeitern der Stadtverwaltung statt.
Unterbringungssituation
Aktuell leben in der Unterkunft 56 Personen. Davon entfallen auf die Stadt Linnich 37 Personen.
Diese 37 Personen unterteilen sich in 2 durch das Ordnungsamt der Stadt Linnich untergebrachte
obdachlose Männer, 21 asylbegehrende Menschen sowie 14 sonstige Flüchtlinge. Bei den
sonstigen Flüchtlingen handelt es sich um den Personenkreis, bei dem das Asylverfahren negativ
entschieden wurde. Diese Personen haben eine Duldung und sind vollziehbar zur Ausreise
verpflichtet. Die in der Unterkunft lebenden Personen stammen aktuell aus 24 unterschiedlichen
Herkunftsländern.
Im Rahmen der mit den Gemeinden Inden und Titz abgeschlossenen Öffentlich-rechtlichen
Vereinbarungen wurden aus diesen beiden Kommunen weitere 19 Personen in der Unterkunft
untergebracht (Titz: 10 Personen; Inden: 9 Personen). Trotz der hohen Auslastung der Unterkunft
ist die Übernahme und Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlinge aus Inden und Titz
grundsätzlich positiv zu sehen, da die Bewirtschaftungskosten für die Unterkunft auf diese Weise
von drei Kommunen getragen werden. Bei einer nicht vollen Auslastung der Unterkunft (nur durch
die Stadt Linnich) wären die Bewirtschaftungskosten um ein vielfaches höher. Aktuell werden
aufgrund der deutlich gestiegenen Zuweisungen jedoch keine Asylbewerber der beiden
Partnerkommunen angenommen, da die vorhandenen Plätze durch die Stadt Linnich selbst
benötigt werden. Aktuell (Stand: 02.10.2014) sind 6 freie Plätze verfügbar. Angekündigt durch die
Bezirksregierung in Arnsberg sind 5 Neuzugänge in nächster Zeit.
An dieser Stelle darf einmal auf das Verfahren der Zuweisungen hingewiesen werden:
In der Regel erreicht die Stadt Linnich 2-3 Tage vor dem Zuweisungstag eine Faxmitteilung der
Bezirksregierung in Arnsberg. Der Faxmitteilung kann der Name, das Geburtsdatum, Nationalität,
Geschlecht und der Familienstand der betreffenden Person sowie das „Weiterleitungsdatum“, d. h.
das Datum der Zuweisung entnommen werden. Mehr Informationen gibt es zu diesem Zeitpunkt
nicht. Die Stadtverwaltung hat dann innerhalb von meist nur 48 Stunden die Aufgabenstellung,
den Platz in der Unterkunft herzurichten (Bettwäsche, Geschirr etc.), den Fall im
Bearbeitungssystem anzulegen, Geldbeträge anzuweisen und die Ankunft des Asylbewerbers
vorzubereiten. In der Regel werden die Asylbewerber durch ein Reiseunternehmen auf die
jeweiligen Kommunen verteilt. Am Ankunftstag ist mit den Asylbewerbern der Grundantrag
aufzunehmen, Geldbeträge sind auszuzahlen und beim Einwohnermeldeamt ist die Anmeldung
vorzunehmen. Die Auszahlung der Geldbeträge erfolgt mittels Orderscheck, der bei der
Sparkasse Düren eingelöst werden kann. Bei allen ersten „Wegen“ werden die Asylbewerber
durch Mitarbeiter der Stadtverwaltung Linnich begleitet (die Mitarbeiter der Stadtverwaltung
übernehmen hier auch die Überwindung möglicher Sprachbarrieren und dolmetschen in englischer
oder französischer Sprache). Vor Ort in der Unterkunft erhalten die neu eingetroffenen
Asylbewerber Schlüssel für die zentrale Schließanlage der Unterkunft und für den Kleiderschrank.
Bettwäsche und Hausrat werden übergeben. Anschließend erfolgt eine kurze Führung durch die
Unterkunft. Meistens werden die Asylbewerber anschließend wieder mit in die Kernstadt
genommen, damit ein erster Einkauf mit Lebensmitteln erfolgen kann.
Generell wird die Unterkunft durch zwei Mitarbeiter der Stadtverwaltung mindestens wöchentlich
aufgesucht. Vor Ort steht den Bewohnern Herr Abdou (selbst Flüchtling aus Niger) zur Seite, der
in der Unterkunft im Auftrag der Stadtverwaltung Hausmeisterarbeiten und Reinigungsarbeiten
durchführt. Herr Abdou spricht Deutsch, Englisch und Französisch und ist oftmals „Vermittler“
zwischen den Bewohnern und den Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Er wird in seiner „Position“
von allen Seiten respektiert.
Bis auf kleinere Meinungsverschiedenheiten hat es in der Unterkunft bislang keine nennenswerten
Vorfälle gegeben. Durch das angesprochene System der sog. „Zimmergemeinschaften“ und der
Begegnung auf Augenhöhe zwischen Bewohnern und Mitarbeitern der Stadtverwaltung können
Probleme oftmals schnell und für alle Seiten zufriedenstellend gelöst werden. Die Stadtverwaltung
führt einen Belegungsplan für die Unterkunft. Es wird stets versucht, auf das Herkunftsland und
religiöse Ansichten der einzelnen Bewohner Rücksicht zu nehmen. Dies ist jedoch aufgrund der
inhomogenen Gruppe nur bedingt möglich. Im Frühjahr des Jahres 2014 wurde in der Unterkunft
für eine Woche ein Sicherheitsdienst eingesetzt, da es Schwierigkeiten mit einer
Zimmergemeinschaft gegeben hat, die trotz aller Bemühungen der Stadtverwaltung und der
übrigen Bewohner in der Unterkunft nicht dem Gemeinschaftsdenken und -handeln folgen wollte
und das Zusammenleben massiv gestört hat. Für diese betreffenden vier Personen wurde eine
andere Unterbringungsmöglichkeit im Gemeindegebiet Inden gefunden.
Neben der Unterkunft in Linnich-Gevenich wurden durch die Stadtverwaltung im Kernstadtgebiet
insgesamt fünf Mietwohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt angemietet. In einer kleinen
Wohnung lebt ein alleinstehender Flüchtling, der aufgrund einer psychischen Erkrankung auf
einen eigenen Wohnraum angewiesen ist. Zwei Wohnungen werden von zwei Flüchtlingsfamilien
(drei und zwei Personen) bewohnt. Die beiden letzten Wohnungen bewohnen jeweils vier
Asylbewerber im Rahmen einer Wohngemeinschaft. Auch die in den Wohnungen untergebrachten
Personen werden regelmäßig durch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung besucht und unterstützt.
Der große Nachteil der auf dem freien Wohnungsmarkt angemieteten Wohnungen sind die damit
verbundenen Kosten. Insbesondere die horrenden Nebenkosten treiben die Kosten für die
Unterbringungsform in die Höhe. Allein die angemieteten Wohnungen verursachen Kosten in
Höhe von 45.000,00 Euro jährlich. Es wäre für die Stadt Linnich deutlich kostengünstiger, wenn
auf die Unterkunft in Gevenich oder andere „Eigenimmobilien“ zurückgegriffen werden könnte. Mit
der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt, wenn ein Vermieter überhaupt
den Wohnraum für den betreffenden Personenkreis zur Verfügung stellt, gehen auch die
Zahlungen hoher Mietkautionen einher.
Die hohe Zahl der in Linnich lebenden Asylbewerber und Flüchtlinge und die vielen verschiedenen
Herkunftsländer der betreffenden Personen machen eine individuelle und facettenreiche
Betreuung erforderlich. Seitens der zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung wird im Rahmen
der Möglichkeiten angestrebt, vor allem jungen Asylbewerbern und Flüchtlingen eine schulische
Ausbildung zu ermöglichen. Hier arbeitet die Stadt Linnich bereits seit vielen Jahren erfolgreich mit
der Akademie Klausenhof zusammen. Die Akademie Klausenhof ist eine vom Land NRW
anerkannte Einrichtung der Weiterbildung in katholischer Trägerschaft mit Standorten in Dingden
(Verwaltungssitz, Kreis Wesel) und Rhede (Kreis Borken). Sie wurde 1959 gegründet und hat sich
seither zu einem großen Bildungszentrum entwickelt, das auf internationaler, nationaler wie
regionaler Ebene aktiv ist und eine Vielzahl von unterschiedlichen Kursen anbietet. Trägerin der
Bildungseinrichtung ist die Akademie Klausenhof gGmbH. Im Rahmen mehrmonatiger Kurse
bietet das Internat die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu lernen und die Mittlere Reife zu
erlangen. Zurzeit besuchen drei Asylbewerber die Akademie Klausenhof.
Zwei weitere wichtige Partner sind die Volkshochschule Jülicher Land und die Volkshochschule
der Stadt Düren. Dort besuchen Asylbewerber das Angebot an Deutschkursen.
Neben der Möglichkeit der Weiterbildung bietet die Stadt Linnich zurzeit insgesamt 11
Asylbewerbern im Rahmen einer gemeinnützigen Tätigkeit die Möglichkeit, am Arbeitsleben
teilzuhaben und einen geregelten Alltag zu erfahren. Der Grundschulverbund, die Haupt- und
Realschule sowie der Kindergarten in Gevenich beschäftigen derzeit jeweils einen Asylbewerber.
Im Rathaus arbeiten derzeit zwei Asylbewerber. Beim Bauhof werden insgesamt fünf
Asylbewerber eingesetzt. Für diese Tätigkeit, die auf freiwilliger Basis erfolgt, erhalten die
Asylbewerber 1,28 Euro je Arbeitsstunde zusätzlich zu dem Leistungsanspruch nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Es gibt deutlich mehr „Bewerber“ für gemeinnützige Tätigkeiten als
Plätze, die die Stadtverwaltung anbieten kann.
Eine weitere gute Zusammenarbeit führt die Stadt Linnich seit einigen Jahren mit der Diakonie
Jülich (Beratung und Hilfen für Flüchtlinge im Kirchenkreis Jülich). Die Flüchtlingsberatung ist vor
allem immer dann ein guter Ansprechpartner für Asylbewerber und Flüchtlinge, wenn die
Möglichkeiten der Stadtverwaltung ausgeschöpft sind. Auch mit der für Linnich zuständigen
Mitarbeiterin der Flüchtlingsberatung, Frau Lüdeke, stehen die zuständigen Mitarbeiter der
Stadtverwaltung in regem Kontakt.
Wünschenswert wäre ein intensiveres Betreuungsangebot für Asylbewerber und Flüchtlinge bei
Arztbesuchen, Behördengängen und der Kontaktherstellung zu Vereinen. Es ist für viele
Asylbewerber sehr schwierig, sich in den ersten Tagen und Wochen im Alltag zurecht zu finden. In
der Regel helfen die bereits länger hier lebenden Personen den „Neulingen“, doch wäre hier ein
besseres Betreuungsangebot (z. B. durch eine „Patenschaft“ aus der Bevölkerung)
wünschenswert.
Alle Kosten, die mit der Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Asylbewerber und
Flüchtlinge verbunden sind, fallen zu 100 % dem städtischen Haushalt zur Last.
Landeszuweisungen erhält die Stadt Linnich nur für diejenigen Asylbewerber, die sich im
laufenden Asylverfahren befinden. Dies sind in Linnich derzeit 36 von 55 Personen. Den
Landeszuweisungen von ca. 45.000,00 Euro stehen Ausgaben von insgesamt ca. 300.000,00
Euro gegenüber. Neben den Kosten für die Unterbringung sind die zu 100 % von der Stadt Linnich
zu tragenden Kosten für ärztliche Behandlungen und Medikamente eine große Ausgabeposition.
Zum Ende eines jeweiligen Quartals sind sämtliche Krankenkosten in die jeweiligen Fälle
einzugeben und an den jeweiligen Leistungserbringer (Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken) zu
überweisen. Für die Aufgabenerledigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz steht zurzeit ein
Arbeitsplatz mit einem Stellenanteil von 0,5 zur Verfügung.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Situation in Linnich zwar angespannt, jedoch überschaubar
ist. Die Aufgabenstellung der Landesregierung und die Erwartungen an eine kleine Kommune sind
jedoch nicht unerheblich und erfordern ein engmaschiges und unbürokratisches
Zusammenarbeiten aller städtischen Bereiche.
i.V.:
Corsten