Daten
Kommune
Jülich
Größe
5,6 MB
Datum
03.11.2014
Erstellt
24.10.14, 17:05
Aktualisiert
24.10.14, 17:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Jahresbericht
2013
des
Sozialpädagogischen Zentrums
Sucht- und Drogenberatung des Regionalen
Caritasverbandes Düren-Jülich e.V.
Bismarckstr. 6, 52351 Düren
Tel.: 02421/10001
Fax.: 02421/10004
Homepage: www.spz.de
Mail: info@spz.de
1
Vorwort ..………………………………………………………………………………………………….……….3
Einleitung.………………………………………………………………………………………………………….5
A Zahlen im Überblick
Einführende Bemerkungen ………………………………………………………………………………….8
Entwicklung der Klientenzahlen ……………………………………………………………………………8
IntensivklientInnen………………………………………………………………………………………………9
Geschlecht ....................................................................................................10
Alter .............................................................................................................10
Herkunft .......................................................................................................12
Symptomatik …………………………………………………………………………………………………...13
Zur sozialen Situation …………………………………………………………………………..……..15
Substitution ………………………………………………………………………………………………….….17
B Ambulante Einzelhilfe
Allgemeine Situation ...............................................................................................19
Pathologisches Glücksspiel…….…………………………………………………………………………….20
Cannabissprechstunde …………………………………………………………………………………………21
Vermittlung in Entwöhnungsbehandlung……….……………………………………………….………22
Elterngruppe …………………………………………………………………………………………………..….22
C Prävention
Allgemeiner Bericht …………………………………………………………………………………………….24
Veranstaltungen zur Sucht- und Drogenprävention in Stadt und Kreis Düren ……...……27
D Nebenstelle Jülich
Klientenzahlen……………………………………………..……………………………………………………..29
Substitution………………………………………………………………………………………………………..30
Therapievermittlung ………………………………………………………………………………………..….30
E Café D
Kontaktladen ........................................................................................................34
Rechtsberatung ………………………………………………………………………………………………...37
Freizeitaktivitäten ……………………………………………………………………………………………...37
Telefonberatung und Krisenintervention ……………………………………………………………...38
Das Team der Beratungsstelle ………………………………………………………………………..…..41
Presse ……………………………………………………………………………………………………………...43
2
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, Ihnen den Jahresbericht der Sucht- und Drogenberatung des
Caritasverbandes für die Region Düren-Jülich überreichen zu dürfen, die mittlerweile seit
33 Jahren im und für den Kreis Düren tätig ist. Die Arbeit unserer Suchthilfe mit ihren
beiden Drogenberatungsstellen in Düren und Jülich und einem Netz von weiteren
Angeboten im Kreis Düren bleibt trotz dieser langen Geschichte weiter aktuell und
unverändert wichtig.
Dies zeigt bereits ein Blick auf die Zahlen der Menschen, die durch unsere
Drogenberatungsstelle erreicht werden. Die Anzahl der betreuten Klienten ist auch in 2013
nochmals leicht – auf mittlerweile 1838 Menschen – angestiegen und bleibt damit auf dem
Höchststand seit Gründung der Einrichtung vor 33 Jahren. Besorgnis erregend ist dabei
vor allem auch der weitere Anstieg der Intensivklienten von 854 im Vorjahr auf nun schon
875. Da gleichzeitig die Finanzierung über Landes- und kommunale Mittel seit Jahren
konstant bleibt, ist es in der täglichen Arbeit unserer Suchthilfe kaum möglich und gerade
für
das
Team
der
Einrichtung
belastend,
den
weiter
steigenden
Zahlen
der
Inanspruchnahme weiterhin adäquat gerecht zu werden.
Die Süchte, denen wir in der Drogenberatungsarbeit begegnen, sind dabei höchst vielfältig
und gerade auch die legalen Drogen und Süchte spielen dabei eine sehr große Rolle. An
erster Stelle stehen in der Beratungsarbeit zwar immer noch die Opiate, aber schon an
zweiter Stelle rangiert der Alkoholkonsum. Und danach findet sich neben dem Konsum von
Cannabis und Amphetaminen schon in gleichem Umfang das Glücksspiel, das in den
letzten Jahren einen immer größeren Umfang eingenommen hat. Glücksspiel war auch das
Thema einer beeindruckenden Informationsveranstaltung unserer Drogenberatungsstelle
im September, bei der mehrere Betroffene sehr eindrucksvoll von ihrer Sucht und deren
Einflüssen auf ihr Leben berichtet haben.
Wichtig ist und bleibt die Präventionsarbeit, der die Sucht- und Drogenberatung der
Caritas einen großen Stellenwert gibt und die eine beeindruckende Zahl von mehr als
10.000 Menschen erreicht. Gerade im Bereich der legalen Süchte ist häufig eine
mangelnde Vorbildfunktion der Erwachsenen mit maßgeblich für eine Ausbreitung in der
Jugend. Hier bieten die Präventionsarbeit in Schulen und Jugendgruppen, aber auch das
3
Angebot von alkohol- und rauchfreien Schulpartys einen wichtigen Ansatz, um
Suchtverhalten vorzubeugen.
Von großer Bedeutung ist und bleibt auch das schon lange etablierte „Café D“ im Haus der
Drogenberatungsstelle in Düren, das als niederschwelliges Angebot mit 20 bis 50 Gästen
an jedem der drei Abende in der Woche weiter gut angenommen wird und eine
Anlaufstelle für viele Problemsituationen, aber auch einfach nur einen Treffpunkt für
soziale Kontakte bietet.
Dies sind nur einige wenige Beispiele für das Wirken der Sucht- und Drogenberatung der
Caritas im vergangenen Jahr. Das Netzwerk der vielen verschiedenen Beratungs- und
Unterstützungsangebote ist es letztlich, das unsere Arbeit im Kreis Düren schon seit vielen
Jahren so besonders und wirksam für die Betroffenen macht.
Im Namen des Vorstandes der Caritas Düren-Jülich möchte ich mich an dieser Stelle
herzlich
beim
Team
der
Mitarbeiterinnen
und
Mitarbeiter
unserer
Sucht-
und
Drogenberatung bedanken, die sich auch bei immer stärkerer Inanspruchnahme mit viel
Kreativität und mit großem Engagement für unsere Klienten einsetzen.
Ihr
Dirk Hucko
(Geschäftsführer)
4
Sucht als Markt
Das Thema "Sucht als Markt" ist ein ungeheuer umfangreiches und vielschichtiges Thema,
das aus den verschiedensten Blickwinkeln und Standpunkten betrachtet werden kann. Ich
werde dieses Thema aus der Sicht unseres Alltags, also aus der Sicht
der Suchthilfe angehen. Hier gibt es natürlich immer wieder Überschneidungen mit
anderen Disziplinen, die oft in erheblicher Weise in unsere Arbeit eingreifen.
Die Politik hat zum Beispiel die Möglichkeit, Gesetze für Drogengebraucher zu
verabschieden, in denen der Betroffene vorrangig als Krimineller betrachtet wird, der in
den Knast muss. Oder er wird als kranker Mensch eingeschätzt, der Hilfe braucht und
entsprechende Hilfeeinrichtungen zur Verfügung gestellt bekommt. Unsere Position
entspricht der Letzteren. Suchtkranke sind in erster Linie Opfer nicht Täter. Nach der
Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) ist Sucht als Krankheit anerkannt.
Die Maßnahmen der Politik und anderer Institutionen beeinflussen häufig unseren Alltag.
Wir müssen hier dann pragmatisch und flexibel reagieren, ohne unsere Wertvorstellungen
und Ziele aus den Augen zu verlieren und um das Beste für unser Klientel heraus zu holen.
Ein grundsätzlich großes Problem ist die Kriminalisierung illegaler Drogen sowohl für die
Betroffenen als auch für die Suchthilfe. Hier gelten insbesondere die Regeln der freien
Marktwirtschaft: durch Kriminalisierung wird das Angebot verknappt, bei hoher Nachfrage
steigt der Preis, bei hohem Gewinn nimmt die kriminelle Energie und das Interesse
bestimmter krimineller Organisationen zu. Es entsteht ein Schwarzmarkt, der dem Staat
jegliche Kontrolle über die Qualität bzw. die Gefährlichkeit der Drogen entzieht. Hohe
Gewinne werden nicht versteuert. Durch die Unberechenbarkeit der Stoffe besteht eine
große Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Betroffenen. Weiterhin ist durch
illegalen Gebrauch selten gewährleistet, dass z. B. unter hygienischen Bedingungen
gespritzt werden kann. Hier besteht durch den Gebrauch derselben Nadel durch
verschiedene Konsumenten die Gefahr, sich vor allen Dingen mit Hepatitis C und / oder
HIV zu infizieren.
Durch die ungeheuer hohe Profitspanne im illegalen Drogenhandel entsteht eine
Konkurrenz der Anbieter, die oft auf brutale Weise die Konsumenten mit betrifft. Schon die
Prohibition in den USA hat gezeigt, dass Verbote und Strafverschärfungen nicht das
Problem des Gebrauchs lösen, sondern neue mafiöse Strukturen geschaffen werden. Die
Konkurrenz wurde
mit allen
Mitteln
bekämpft, und man
versuchte, in
vielen
5
gesellschaftlichen Bereichen (Politik, Polizei, Gerichte usw.) oft mit Erfolg einflussreiche
Personen zu kaufen. Ein großes Netzwerk an Unterstützungskräften wurde aufgebaut.
Die Methoden haben sich geändert, das Prinzip ist jedoch geblieben. Zum Bereich der
Hilfskräfte gehören heute auch unsere Betroffenen, die für den eigenen Gebrauch dealen.
Hier sind in der Regel die Menschen zu finden, die bestraft werden und für ihr Verhalten in
den Knast gehen. Wie in allen Bereichen der Gesellschaft (Bankenkrise, Managergehälter,
Vergeudung von Steuergeldern, Lobbyismus jeder Art) kommen auch hier die "großen
Fische" und Hintermänner, die enorme Gewinne einstreichen, meist straffrei davon.
Die Kriminalisierung der Suchtkranken verhindert ihre Rehabilitation, denn ein Beschaffer
illegaler Drogen kann diese in der Regel nur durch illegale Handlungen bekommen. Hier
sei das Dealen zum Verdienst des Eigenkonsums oder die illegale Prostitution genannt.
Beschaffung von illegalen Drogen ist meist eine Vollzeitbeschäftigung und lässt keine Zeit
für andere Tätigkeiten zu. Die Drogenszene verhindert somit einen Ausstieg aus der Sucht
und führt konsequenterweise in den Knast. Dort bekommt der Drogenkonsument eine
gute Ausbildung für ein weiteres noch kriminelleres Leben geboten und ist nach seiner
Entlassung von einer Rehabilitation noch weiter entfernt als zuvor.
Es ist vorstellbar, dass eine Entkriminalisierung und eine sinnvolle, staatlich gelenkte
Versorgung
der
Betroffenen
Rehabilitationsmöglichkeiten
den
sowie
die
Sumpf
der
Einsetzung
illegalen
von
angemessenen
Drogenkriminalität
nebst
Folgeerscheinungen austrocknen könnten. Mit der Substitution sowie mit der Einrichtung
von Konsumräumen im Bereich des Heroinmissbrauchs hat man vor Jahren erste, wenn
auch kleine Schritte, in die richtige Richtung gemacht.
Gesundheitliche Risiken durch die Kriminalisierung der Drogen sind enorm. Hier ist, wie
schon erwähnt, durch unsachgemäßen Nadelgebrauch und -weitergabe ein Höchstrisiko
an
HIV-
und
Hepatitis
C
-
Ansteckung
vorhanden.
Ebenso
trägt
die
Beschaffungsprostitution zur Verbreitung dieser nicht heilbaren Krankheiten bei. Nicht
behandelte Ekzeme und verschleppte andere Krankheiten sowie eine grundsätzlich
unzureichende
Krankenversorgung
tragen
zu
einem
schlechten
gesundheitlichen
Gesamtzustand der Betroffenen bei. Ein zwecks Gewinnmaximierung gestreckter und
gepanschter Stoff wird häufig zum lebensbedrohlichen Faktor für den Konsumenten.
Da wir uns bisher hauptsächlich mit den illegalen Drogen beschäftigt haben, kommen wir
jetzt zu dem gesellschaftlich relevanteren Bereich der legalen Drogen. Häufig entsteht der
Eindruck, dass die illegalen Drogen mit ihren Begleiterscheinungen die Funktion haben,
von der größeren Problematik der legalen Drogen abzulenken. Die statistischen Zahlen
sprechen allerdings für sich: 74.000 Tote durch Alkoholmissbrauch jährlich, oft in
6
Kombination mit Nikotin, davon 16.329 (Jahrbuch Sucht 2014) Personen, die an direkter
Alkoholvergiftung und Leberzirrhose sterben. 100.000 bis 120.000 Menschen sterben
jährlich an Nikotinmissbrauch, dagegen „nur“ 944 durch Missbrauch illegaler Drogen (die
Zahlen
stammen
aus
dem
neuesten
Jahrbuch
der
deutschen
Hauptstelle
für
Suchtgefahren). Nach einer vergleichenden Analyse (DHS) von 30 weltweit wirtschaftlich
bedeutenden Ländern hat die BRD in Bezug auf folgende Rahmenbedingungen sehr
schlecht abgeschnitten: kaum Regulierung beim Verkauf, also leichte und umfangreiche
Verfügbarkeit; Industriefreundlichkeit; kaum Einschränkungen bei Werbung u. a.
Warum ist es in der BRD nicht möglich, die Werbung für legale Drogen, die versucht,
insbesondere junge Menschen psychologisch geschickt zu manipulieren, zu verbieten?
Erstrebenswert wäre eine Umkehrung der Werbung im Sinne einer vernünftigen
Aufklärung über die Gefahren des Konsums legaler Drogen. Zusätzlich wäre es sinnvoll,
mit ähnlichen, die Jugend ansprechenden Methoden gezielt gegen den Gebrauch
vorzugehen. Die allgemeine Verfügbarkeit sollte eingeschränkt und verstärkt kontrolliert
werden. Es sollte eine lobbyfreie Drogenpolitik geben, und viele Politiker und Parteien
sollten sich weniger den Interessen der Wirtschaft, sondern mehr den Bedürfnissen der
alkohol- und nikotingefährdeten Jugendlichen und Erwachsenen verpflichtet fühlen.
Die geschilderten Probleme und die dazu gehörenden Fragen sind seit Jahrzehnten
dieselben und sind nach unserer Auffassung leicht zu beantworten und zu lösen. Jedoch
zeigt die Realität, dass dieses nicht im Sinne der verantwortlichen Entscheidungsträger zu
sein scheint.
Also heißt es für uns, weiter zu machen wie bisher. Hinter uns stehen alle diejenigen
Menschen, denen wir in der Vergangenheit geholfen haben, wieder auf einen guten Weg
zu gelangen und sich und ihr Umfeld zu stabilisieren. Hieraus schöpfen wir Ansporn und
Motivation für unsere weitere Arbeit.
Auch in diesem Jahr Dank an die vielen Menschen, die uns unterstützt und geholfen
haben, auch an die Politik von Kreis, Stadt und Land, die die Wichtigkeit und
Notwendigkeit unserer Arbeit sehen und die entsprechende Unterstützung gewährleisten.
Wilfried Pallenberg
(Leiter der Einrichtung
7
A Zahlen im Überblick
Einführende Bemerkungen
Der Zulauf durch Hilfesuchende und die Inanspruchnahme unserer Leistungen im Bereich
der ambulanten Hilfen liegen im Berichtsjahr 2013 ungebrochen auf einem hohen Niveau
was einerseits erfreut, spiegelt er doch die hohe Qualität unserer Arbeit wider –
andererseits aber auch erschreckt, insofern schädlicher/schädigender Gebrauch oder
Abhängigkeit von Substanzen jeglicher Art weiterhin und sicherlich auch in absehbarer
Zukunft stattfinden wird.
Wir bemühen uns an dieser Stelle auch in diesem Jahr um eine Erfassung und Bilanzierung
der von uns geleisteten Arbeit in der Beratungsstelle.
Schwerpunkt in der nachfolgenden statistischen Erfassung ist der Bereich der ambulanten
Hilfen, der Beratung, Therapie, Krisenintervention in Einzel – und Gruppensitzungen,
persönlich oder am Telefon, einmalig oder langfristig umfasst.
Entwicklung der KlientInnenzahlen
Wie das folgende Diagramm veranschaulicht, ist im Berichtsjahr die Gesamtheit der im
Bereich der ambulanten Hilfen erfassten Menschen nahezu konstant mit 1838 (1831).
Bedingt durch unverändert große Nachfrage bei konstanter Beratungskapazität und
inhaltlich veränderter Angebotsstruktur können wir aktuell keine erheblichen Steigerungen
mehr kompensieren.
Das Bild wird differenzierter, wenn wir die Gesamtheit in die drei großen Gruppen der
IntensivklientInnen, der sekundär Betroffenen und der einmaligen Kontakte aufgliedern.
8
Die Population der einmaligen Kontakte ist mit nunmehr 887 (90) leicht rückläufig.
Dies ist sicherlich Effekt der leicht reduzierten telefonischen Erreichbarkeit unserer
Einrichtung bei gleichzeitig hoher Auslastung der personellen Kapazitäten.
Bei
den
intensiv
betreuten
sekundär
Betroffenen
oder
Angehörigen
von
Suchtkranken verzeichnen wir hingegen eher eine Stagnation bei 76 (7) Personen, mit
denen wir im Prozess der Hilfe mindestens 3x Intensivkontakt hatten.
Weiteren Zuwachs – wenn auch nur leicht – erhielt hingegen die Anzahl der betreuten
IntensivklientInnen, der Gruppe von Sucht betroffenen oder bedrohten Personen, der
wir den sicherlich größten Teil unseres Engagements widmen. Wie die nachstehende
Grafik verdeutlicht, ist hier ein Zuwachs von 854 auf aktuell 875 zu verzeichnen.
Die Grenzen des Wachstums sind seit Jahren erreicht oder überschritten – mit ein wenig
Phantasie bildet die Kurve mit einem gewissen Verzögerungseffekt die Auswirkungen der
politischen und ökonomischen Lage auf die Suchtarbeit ab. Zwar scheinen Stabilität und
Wachstum nahezu unverändert oder ungebremst, doch geschieht dies zu Lasten einer
immer größeren Bevölkerungsgruppe, die das „Tempo“ nicht mithalten kann, „überholt“
wird und von einem immer differenzierteren und in den Kapazitäten gewachsenen
Arbeitsbereich der humanitären und sozialarbeiterischen Hilfe als systemstabilisierender
Maßnahme aufgefangen wird.
Die
nachfolgenden
statistischen
Werte
haben
die
Gruppe
der
875
IntensivklientInnen zur Grundlage.
9
Geschlecht
72,5 % männliche Intensivklienten stehen 27,5 % weibliche Betroffenen gegenüber, ein
Wert der wie die Grafik veranschaulicht durchaus im Normbereich – auch bundesweitliegt.
Männliches Risikoverhalten im Umgang mit nahezu jedwedem Suchtmittel erweist sich
entgegen aller Trendmeldungen über die Emanzipation des weiblichen Geschlechtes auch
auf diesem Gebiet als schneller zu Abhängigkeit und Therapiebedürftigkeit führend. Nicht
zuletzt beruht dies auch auf geschlechtsspezifisch unterschiedlicher Verteilung emotionaler
Kompetenzen, Ressourcen und Copingstrategien, was u.a. dazu führt, dass Frauen
gehäuft deutlich längere Suchtkarrieren vorweisen, „flachere Suchtkurven“ entwickeln und
über lange Zeit ihren Suchtmittelkonsum verheimlichen können.
Das Alter
Wie
schon
im
Vorjahr
erlaubt
die
Datenbank
keine
Aussage
zum
effektiven
Durchschnittsalter unserer Klientel, sondern lässt uns lediglich die Klientel in die
Altersgruppen der Jugendlichen bis zum 21ten LJ, der jungen Erwachsenen bis zum 35 ten
LJ sowie der Erwachsenen ab dem 25ten LJ unterteilen. Auch aus den unten dargestellten
Diagrammen lassen sich wie auch in den Vorjahren Rückschlüsse zur Altersverteilung
ziehen.
So offenbart die Altersverteilung bei den IntensivklientInnen eine Verteilung von 24,9
(24,8) Jugendliche, 43,5% (44,2) junge Erwachsene und 31,6 (31,0) % Erwachsene.
10
Wir konstatieren nur geringfügige Veränderungen in der Altersstruktur der primär
Betroffenen.
Vergleichen wir hingegen die Altersverteilung der Gesamtheit der Klientel im Bereich
„Ambulante Hilfen“, so ergibt sich eine deutlich andere Situation. Hier zeigt sich, dass die
Gruppe der jungen Erwachsenen mit 37,1 (37,5%) der Gesamtheit weiterhin die größte
Gruppierung stellt. Nahezu gleichauf folgt mit 36,9 (36,8%) die Gruppe der Erwachsenen
mit mehr als 35 Lebensjahren, die Jugendlichen hingegen bleiben mit 26,0% (25,7%)
die kleinste Gruppierung. Von Interesse wiederum scheint, dass im Vergleich bei den
IntensivklientInnen die jungen Erwachsenen, bei den einmaligen Kontakten die Gruppe
der Erwachsenen die Majorität darstellt.
Der übergroße Anteil der einmaligen Kontakte findet mit Erwachsenen statt, Eltern
zumeist, die in Krisensituationen in der Regel Informations- oder Interventionsbedarf
haben.
Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht die Verteilung nach Altersgruppen unter
Berücksichtigung der regionalen Herkunft. Lange schon Vergangenheit sind die Zeiten, in
denen der Konsum verbotener Substanzen sich in den „Metropolen“ abspielte. Vielmehr
scheint der Nacheiferungseffekt „ auf dem Lande“ u.a. durch die ubiquitäre Verfügbarkeit
der Medien bei gleichzeitiger Abwesenheit attraktiver und jugendgemäßer Angebote und
daraus resultierender Langeweile und Leere hier verstärkend zu wirken.
11
Regionale und Altersgruppenverteilung
KlientInnen ambulante Hilfen ( gesamt )
2013
IntensivklientInnen : 868
Stadt
Kreis
Und
Umkreis
Jülich
< 21 Jahre
122
94
16
9
< 35 Jahre
231
147
51
28
> 35 Jahre
148
126
32
30
Ges.
501
367
99
67
sowie 7 überregionaler Herkunft = 875 ( 854 ) Ratsuchende gesamt
Sekundär Betroffene intensiv gesamt: 76 (74)
Stadt
Kreis
< 21 Jahre
< 35 Jahre
> 35 Jahre
Ges.
6
11
25
42
4
7
23
34
Einmalige Kontakte gesamt: 887 (903)
Stadt
Kreis
< 21 Jahre
< 35 Jahre
> 35 Jahre
Ges.
163
161
134
458
88
122
219
429
Davon:
Stadt Jülich
Davon
Stadt Jülich
1
1
5
7
Davon
Stadt Jülich
14
38
46
98
gesamt
216
378
274
868
Und
Umkreis
Jülich
1
4
5
gesamt
Und
Umkreis
Jülich
11
19
41
71
gesamt
10
18
48
76
251
283
353
887
KlientInnen in 2013:
Gesamt : 1838 (1831) für den Bereich der ambulanten Hilfen
Für die Intensivklientel ergibt sich ähnlich den Vorjahreswerten ein doch eher deutliches
„Übergewicht“ der aus dem Stadtgebiet Düren Stammenden mit 57,1%, was sicherlich
auch mit Ballungsphänomenen und Erreichbarkeit zu erklären ist. Für die Gesamtheit der
Klientel inklusive der Angehörigen und der einmaligen Kontakte indes gilt eine etwas
geringer ausfallende „Stadtlastigkeit“ mit einem Verhältnis von 54,5 % zu 45,5%.
12
Symptomatik
Alle Menschen, die zu uns finden, vereint die leidvolle Erfahrung, dass trotz
Dosissteigerung und Erhöhung der Konsumfrequenz die ursprünglich als positiv erlebte
Substanzwirkung sukzessiv verloren ging, letztlich massiv beeinträchtigte oder krank
werden ließ. Häufig liegen zwischen dem Erstkonsum, der Experimentier- und folgenden
Gewöhnungsphase, der Abhängigkeitsentwicklung mit Toleranzentwicklung und Verlust
der Kontrolle, dem Eintritt zunehmender negativer Konsequenzen, dem Erkennen und
Zulassen von Hilfsbedürftigkeit und dem Aufsuchen der Beratungsstelle viele Jahre.
Dazwischen liegen mannigfache die Abhängigkeit und Suchtentwicklung forcierende
Erfahrungen. Wie bei vielen Verhaltens- und Einstellungsänderungen, die letztlich der
Dynamik der Methapher vom Brechenden Krug folgen, müssen in aller Regel die
ursprünglich positiv empfundene und bewertete Substanzwirkung sich verflüchtigen und
die aversiv erlebten Begleit- oder Nebenwirkungen hingegen in den Mittelpunkt rücken bis
eine Änderungsmotivation für Außenstehende und den Betroffenen selbst erkennbar wird.
Die nachstehend aufgeführte Graphik stellt die in der Datenerfassung erhobenen
Hauptdiagnosen dar. Eine Hauptdiagnose wird nach standardisierten Kriterien der ICD
gestellt. Für unsere Intensivklientel heißt das, dass bei 671 der 868 betreuten
IntensivklientInnen eine Diagnose gestellt wurde, der Rest der Klientel
konsumierte
missbräuchlich Substanzen, zeigte jedoch (noch) keine eindeutigen sozialen oder
gesundheitlichen Auffälligkeiten mit pathologischem Wert, die die Stellung einer Diagnose
erlauben würde.
13
Mit nahezu 35,6% der Personen mit einer Diagnose nehmen die Opiatabhängigen
weiterhin eine ausgesprochen prominente Position ein. Viele der Opiatabhängigen werden
substituiert und/oder betreiben neben dem Konsum von Opiaten auch je nach
Verfügbarkeit auch Konsum anderer Substanzen. Bei den anderen Substanzgruppen
konstatieren wir eine wesentlich eindeutigere Prävalenz bezüglich der gewählten
konsumierten Substanz. Hier kam es auch erheblich seltener zu mehr oder minder
wahllosem parallelen Konsum verschiedener Stoffe.
Zweitgrößte Gruppierung sind die Alkoholiker mit 149 Personen, was angesichts der
ubiquitären Verfügbarkeit trotz des Rückgangs der Trinkmengen an reinem Alkohol in den
letzten Jahren in unserer Gesellschaft und im Alltag nicht wundert. Eher bewundernswert
scheint uns die Regenerationsfähigkeit und Zähigkeit des menschlichen Organismus, der
über lange Zeit betriebenes schädigendes Verhalten in Gestalt von übermäßigem oder
maßlosem Trinken ohne gravierende Schädigungen auszuhalten scheint. Mit weitem
Abstand wiederum folgen bei den substanzgebundenen Süchten die KonsumentInnen von
Cannabis mit 87 Intensivklienten und AmphetaminkonsumentInnen mit 86 Personen. Eine
Sonderrolle
nehmen
die
pathologische
Glücksspiel
Betreibenden
ein,
die
durch
Intensivierung des Angebots bei gleichzeitiger Erhöhung der Nachfrage im Berichtsjahr
sprunghaft auf 90 Personen gestiegen sind.
Gründe hierfür dürften sicherlich in der
Novellierung der Spielverordnung und dem Zuwachs an Spielstätten liegen, ein anderer in
der schon früh einsetzenden Heranführung im Internet und den PC-Spielen und den
14
Konsolenspielen, wiederum ein anderer in der weiterhin hohen Bedeutung von Erfolg und
Status durch „sich etwas leisten können“. Hier bietet ja die einschlägige Industrie ein
Versprechen vom schnellen Weg zum Glück durch Erfolg – und das spielend!!!!
Zur sozialen Situation
„Aus ganz normalen Familien kommen ganz normale Suchtkranke“- ein Slogan, der vor
Jahren von der Caritas benutzt wurde, um u.a. auf die Alltäglichkeit und Normalität von
Suchtentwicklung
in
unserer
Gesellschaft
hinzuweisen
und
zu
sensibilisieren.
Suchtmittelkonsum ist alltäglich, in vielen Ritualen verankert, im Volksmund sowieso und
Konsum von Alltagsdrogen mindestens so normal wie das sprichwörtliche tägliche
Zähneputzen. Nur wenige nehmen nicht daran teil, leben bewusst ohne Alkohol oder
Zigaretten und gesundheitsbewusst. Und außerdem: der Begriff süchtig ist nicht nur
negativ besetzt – hören wir in der Werbung, dass ein Produkt „süchtig“ machen kann, so
weckt das unser Verlangen, da diesem Produkt ja doch ein ungeheurer Reiz innewohnt,
wir uns kaum verschließen können, geschweige denn, diesem widerstehen können. Dies
umso intensiver, je „ärmer“ und leerer unser Leben uns scheint, umso mehr Glück und
Erfolg, Wohlbefinden mit dem Spender von Positivem verbunden wird.
Sucht gibt es quer durch alle sozialen Schichten und Altersgruppen. Bildungsstand und
sozialer Status schützen nicht, verändern lediglich Auswirkungen, Gestalt und Dauer der
Suchtkarriere. So wird die Sucht eines Politikers oder eines angesehenen, erfolgreichen
Managers anders aussehen, andere Konsequenzen nach sich ziehen als die eines Harz IVEmpfängers ohne Zukunftsperspektive mit mehrfachen körperlichen Handicaps. Unsere
Klientel rekrutiert sich aus beiden Gruppierungen: den ganz „normalen“ Menschen, die
berufstätig sind, Familie haben, mitten im Leben stehen, nach außen unauffällig wirken,
ihren Pflichten nachkommen und den Menschen, die entweder nie Fuß fassen konnten und
Halt gefunden haben oder ihn durch die Konsequenzen der Sucht verloren haben.
Das unten dargestellte Diagramm zeigt eine bereinigte Arbeitslosenquote, welche nur die
dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Personen zur Vergleichspopulation nimmt. Das
Ergebnis von 55,4 8% offiziell arbeitslos gemeldeten Personen entspricht
dabei
weitgehend den ermittelten Vorjahreswerten.
15
Hintergrund ist sicherlich auch, dass ein immer größerer Prozentsatz unserer Klientel aus
der Arbeitslosigkeit in den Staus der Erwerbsunfähigkeit und den Rentenbezug „rutscht“,
da
Komorbidität,
Mehrfachbeeinträchtigungen,
Langzeitarbeitslosigkeit
und
andere
Faktoren mehr eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit aussichtslos erscheinen lassen
und Jobcom oder Arbeitsagentur die vorzeitige Berentung nicht verhindern.
Bezüglich der Wohnsituation unserer Klientel zeigt sich, dass das Gros der Klientel
entweder allein lebt oder mit oder bei den Eltern. Gerade Jugendliche und
Heranwachsende verbleiben in einer verlängerten Adoleszenzphase häufig weitaus länger
im Elternhaus als noch vor 20 Jahren üblich. Ca. 10-15% unserer Intensivklientel sind
mittlerweile bei verschiedenen Anbietern des Ambulant Betreuten Wohnens lebend,
entweder allein lebend oder in Gemeinschaften, und werden hier betreut, um dauerhafte
stationäre Maßnahmen zu vermeiden und die Selbständigung zu fördern.
16
Als weiteren Indikator neben Erwerbsstatus sowie
Wohnsituation greifen wir den
Parameter „Partnerschaft“ auf. Viele unserer KlientInnen benennen die Aufnahme einer
tragfähigen Liebesbeziehung als Ziel ihrer Bemühungen um Veränderung und sehen darin
eine stabilisierende Funktion auf ihrem Weg zur Genesung. Positive und stützende
Beziehungen stellen sicher bei der Bewältigung des schwierigen Weges zur Bewältigung
der Abhängigkeit eine wichtige Ressource dar; indes ist die Fähigkeit seitens unserer
Klientel, diese Beziehungen auch kompetent zu führen, in aller Regel nur unzureichend
entwickelt. Ziel aller Veränderungsprozesse in unserer Arbeit ist demzufolge auch die
Förderung funktionaler Beziehungskompetenzen.
Nicht überraschend wirkt, dass 52 % unserer Klientel alleinstehend und ohne feste
Bindung sind, nur wenige von ihnen freiwillig und aus Überzeugung.
Substitution
Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung
ist die medikamentengestützte ambulante
Behandlung von vorwiegend Opiatabhängigen integraler Bestandteil der Hilfelandschaft.
Wenngleich manches in diesem Segment vielleicht suboptimal funktioniert, so sichert diese
Behandlung vielen schwer und lange Süchtigen das Überleben. Nie zuvor sind so viele
Opiatabhängige mit teilweise schweren Begleiterkrankungen so alt geworden. Die initial
beabsichtigten Effekte wie gesundheitliche Verbesserung, Reduktion an Prostitution und
17
Kriminalität konnten erreicht werden, nur wenigen Substituierten allerdings gelang die
Herauslösung aus der Sucht. Dies gelang dann besser, wenn die Suchtkarriere noch nicht
so lange währte und eine enge Verzahnung von medikamentöser Unterstützungen und
suchttherapeutischer Hilfen hier den Weg in abstinente Lebensführung ebnete.
Die Anzahl der in unserer Einrichtung psychosozial Betreuten ist gegenüber dem Vorjahr
mit 238 nahezu konstant. Die Intensität der Betreuung reicht dabei von einer recht großen
Zahl von Substituierten, die uns in großen Intervallen aufsuchen bis hin zu einer eher
kleinen
wechselnden
Population
von
Substituierten
in
Krisen-
oder
Veränderungssituationen. Verändert hat sich in der Substitutionslandschaft Dürens die
Anzahl der Substituierenden. Neben einigen Ärzten mit sehr wenigen Substituierten gibt es
nun eher Schwerpunkte mit 30 und mehr Patienten, davon im Stadtgebiet Düren drei
sowie die AMSO bei den RK Düren und im Süd- und Nordkreis jeweils eine.
Differenziert hat sich das Angebot an verabreichten Substituten: neben Methadon und in
Einzelfällen auch Polamidon wird nun vermehrt mit Subutex, Suboxone und Methadicct
gearbeitet.
18
B Ambulante Einzelhilfe
Zur allgemeinen Situation
Insgesamt haben im Jahr 2013 1.838 Personen die Angebote der Einzelhilfe von
Information, Beratung und Behandlung in Anspruch genommen. Davon waren 887
Personen Einmalkontakte, 875 IntensivklientInnen und 76 intensiv betreute Angehörige.
Diese an sich ja schon sehr hohen Zahlen beziehen sich dabei nur auf die Besucher der
Beratungsstellen in Düren und Jülich.
Darin sind nicht die Café-„D“-Besucher, die
KlientInnen im Betreuten Wohnen und die Menschen, die sonstige Hilfen unseres
Verbundsystems in Anspruch nahmen, erfasst.
Das zeigt: Die Sucht- und Drogenproblematik ist nach wie vor drastisch hoch und
gesamtgesellschaftlich weiter ansteigend – auch wenn sich dies in den Medien nicht immer
entsprechend nachhaltig widerspiegelt. Obwohl wir diese Arbeit mit den betroffenen
Menschen täglich und schon sehr lange machen, sind wir immer wieder angesichts dieser
hohen Nachfrage und der vollen Wartezimmer berührt.
Das Gros unserer Klientel besteht sind nach wie vor aus KonsumentInnen illegaler Drogen,
nämlich 636 von den insgesamt 875 IntensivklientInnen. Etwa die Hälfte dieser Gruppe
sind Opiatabhängige. Entsprechend hoch ist auch die Zahl (238) der von uns psychosozial
betreuten Substituierten. Die Substitution erweist sich nachweislich deutlich als
lebensrettend für die Betroffenen und ist sicherlich neben anderen Wirkfaktoren auch ein
wesentlicher Faktor dafür, dass die Zahl der Drogentoten bundesweit erheblich gesunken
ist.
Auffallend war eine gestiegene Nachfrage seitens Betroffener aufgrund ihrer einer
Spielerproblematik. Dies entspricht auch einem bundesweit beobachteten Trend, nach
welchem das problematische Automatenspiel – besonders auch bei jungen Menschen –
erheblich zugenommen hat. Ein begünstigender Faktor ist hier sicherlich, dass – wie man
auch im Kreis Düren beobachten kann – die Spielhallen nach wie vor „wie Pilze aus dem
Boden schießen“.
Eine weitere Thematik auf die wir seit längerem aufmerksam machen ist der zunehmend
problematische teils schon als süchtig zu sehende Umgang mit Medien – vom Handy bis
hin zu Computerspielen. Insbesondere der süchtige Umgang mit dem Internet
(Internetsucht) ist bereits ein fast alltägliches Thema in der Suchthilfe, und es ist
abzusehen, dass dies eine Sucht der Zukunft sein wird.
19
Pathologisches Glücksspiel
2013 war sicherlich das Jahr in der bisherigen Arbeit mit dieser Zielgruppe, in der Zulauf
und Qualität der geleisteten Arbeit als außerordentlich zu bezeichnen sind.
Die Anzahl der intensiv betreuten Spiele mit mehr als 3 Kontakten stieg von 67 im Vorjahr
auf 90 im Berichtsjahr, 26 von ihnen wurden in stationäre oder ambulante
Entwöhnungsbehandlung vermittelt. Der Anteil an Frauen ist mit 8% erwartungsgemäß
gering, der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund ist leicht rückläufig und liegt bei
den Menschen mit eher wenigen Kontakten über dem Durchschnitt. Die Altersstruktur hat
sich dahingehend verschoben, dass wir immer mehr junge Erwachsene mit einer kurzen
aber steilen Karriere zu unserem Klientel zählen, die andere teils gravierende
Entwicklungsstörungen zum Teil durch das Glücksspiel zu kompensieren oder verlagern
trachteten. Neben der therapeutischen ist hier vor psychoedukative und pädagogische
Arbeit zu leisten.
Ein „Höhepunkt“ in 2013 war der landesweite Aktionstag im September in Kooperation
mit der Landesfachstelle. Neben Rundfunkbeiträgen gab es ein Experteninterview mit
Betroffenen und Fachleuten mit reger Beteiligung.
Im Mittelpunkt der regelmäßigen Aktivitäten in den Bereichen Prävention, Beratung und
Behandlung standen neben den bereits gut eingeführten und bewährten Angeboten
„Offene
Spielergruppe“,
„offene
Sprechstunde“
(beide
jeweils
wöchentlich)
die
Intensivierung des Bereichs der ambulanten Behandlung von Abhängigkeit Betroffener
durch die ARS. Die 2011 eingeführte Motivations- und Edukationsgruppe konnte bis ins
Berichtsjahr fortgeführt werden. Viele Spieler wurden in eine stationäre Maßnahme
vermittelt und im Anschluss in unserer Einrichtung nachbehandelt. Weiterhin kaum ins
Gewicht fallen sowohl bei den Einmaligen als auch in der regelmäßigen und intensiven
Betreuung weibliche Spieler (8von 100).
Neben den Koordinationstreffen war die Teilnahme an einer zweitägigen Fortbildung zum
Thema „Männlichkeit und Männerbild“ der Erwähnung wert.
Themen
wie
Zuverlässigkeit,
Kontinuität,
Verbindlichkeit
und
defizitäre
Beziehungskompetenz erwiesen sich im Bereich der gesamten Arbeit aufgrund der
20
spezifischen Problematik immer wieder als in hohem Maße belastend. Die Gruppenarbeit
hatte sowohl das Bemühen um einerseits Anbindung und somit das Lösen aus der vielfach
gelebten Isolation als auch die Regulierung der
mannigfaltigen Störungen im sozialen
Kontakt zum Gegenstand, grundlegende soziale Kompetenzen mussten eingeübt und
gefördert werden.
In Einzelfällen wirkte die Vermittlung
in Ambulant Betreutes Wohnen stabilisierend, um
umfassende existenzielle und finanzielle Hilfen anbieten zu können.
Der Internetauftritt wurde in 2013 weiterhin
optimiert, was neben der
geschaffenen
Möglichkeit zur Online-Beratung die Zugangsschwelle senkte. Dies in 2013 mit großem
Erfolg, da nachweislich ein erheblicher Prozentsatz der Hilfesuchenden diesen Zugang
nutzte.
Im Bereich der Präventionsarbeit wurde neben den standardisierten Adressaten (Schulen,
Jugendfreizeiteinrichtungen etc. pp) und Methoden der Informationsvermittlung und
Motivationsbildung die Kooperation mit einem kommunalen Arbeitskreis in einem Stadtteil
mit hoher Belastung intensiviert und die in diesem AK Tätigen informiert und sensibilisiert,
um in ihrem Stadtteil entsprechend Einfluss nehmen zu können. Es wurde auf bereits
vorliegendes Infomaterial in türkischer Sprache verwiesen und dieses verteilt, als auch ein
eigener Flyer in türkischer Sprache erarbeitet.
Cannabissprechstunde und „Realize it“
Unsere fest eingerichtete, wöchentlich stattfindende Cannabissprechstunde wurde auch in
diesem Jahr gut angenommen.
Über die Cannabissprechstunde ergaben sich im Jahr
2013 125 Kontakte. Bei den Hilfesuchenden handelt es sich zumeist um Jugendliche und
junge Erwachsene. Der überwiegende Anteil der Hilfesuchenden erfüllt die Kriterien einer
Cannabisabhängigkeit. Im Erstkontakt werden alle Anlässe für die Kontaktaufnahme,
Veränderungsmotivation
und
-motive
besprochen
und
erarbeitet,
Bedarfe
für
weiterführende Unterstützungsmöglichkeiten eruiert und angeboten.
An dem 10-wöchigen cannabisspezifischen Beratungsprogramm „Realize it“, welches sich
an diejenigen Cannabiskonsumenten richtet, die ihren Cannabiskonsum signifikant
verändern wollen, nahmen im Berichtsjahr 18 Personen teil.
21
Vermittlung in stationäre und ambulante Entwöhnungsmaßnahmen
Auch diese Zahlen zeigen: Die Arbeit in der Drogenberatungsstelle läuft auf Hochtouren
und in einer enormen Dichte!
Die Anzahl der Vermittlungen ist in 2013 von 176 im Vorjahr
noch einmal etwas
angestiegen auf 181 Personen. Leider kam es besonders in diesem Jahr zu zusätzlichen
Belastungen und zeitlichem Aufwand durch Veränderung der Rahmenbedingungen seitens
der Rentenversicherung. Hier kam es gehäuft zu nicht nachvollziehbaren Ablehnungen der
Kostenanträge, oder es wurden Kliniken (meist kostengünstigere) bewilligt, die aus
unserer Sicht unpassend für die KlientInnen waren. Daraus folgte die Notwendigkeit zur
Erstellung von Widersprüchen, zusätzlichen Stellungnahmen, Telefonaten mit der
Rentenversicherung etc. Dieser zusätzliche Zeitaufwand hatte zur Folge, dass die
Wartezeiten für die KlientInnen sich enorm verlängerte (was nicht selten auch zu
Abbrüchen der Vorbereitung führte) und für Frustration, Unzufriedenheit und Ärger bei
allen Beteiligten sorgte. Da der o.g. Trend auch bei anderen Einrichtungen der Suchthilfe
in Düren (Gesundheitsamt, LVR-Klinik u. a.) beklagt wurde, wandten wir uns mit einem
gemeinsamen Schreiben an die Rentenversicherung. Offensichtlich besteht dort ein hoher
Druck zur Kostenersparnis und so muss es perspektivisch darum gehen, einen
gemeinsamen Kompromiss in der weiteren Vorgehensweise zu finden.
Von den 181 Personen, bei denen eine Vermittlung in Entwöhnungsmaßnahmen erfolgte,
haben
- 53 Personen die Therapie regulär abgeschlossen
- 38 Personen befanden sich noch in der Maßnahme
- 29 Personen haben die Maßnahme vorzeitig abgebrochen
31 Personen haben sich vor Beginn der Maßnahme gegen deren Durchführung
entschieden. Außerdem gab es bei einigen KlientInnen Ablehnungen oder Komplikationen
mit der Kostenzusage
30 Personen befinden sich noch in der Vorbereitung der Maßnahme
Bei 15 Personen erfolgte die Vermittlung auf Grundlage des §35 BtmG.
Elterngruppe
Im Berichtsjahr besuchten neun Personen regelmäßig die Elterngruppe, darunter ein
Ehepaar und acht Mütter.
22
Zwei der Mütter besuchen lediglich ungefähr jeden zweiten Monat die Gruppe.
In einem Fall hat sich die positive Entwicklung des Sohnes weiter fortgesetzt. Er ist nach
vielen Jahren des Drogenkonsums weiterhin stabil abstinent und setzt erfolgreich sein
Studium fort. In dem anderen Fall geht der Sohn nach Verbüßung einer mehrjährigen
Haftstrafe jetzt einer geregelten Arbeit nach.
Bei den anderen (zur Zeit ausschließlich) Söhnen setzte sich der suchtmittelgeprägte
Lebenswandel mit Konsum, Psychosen, Aggressionen und Straftaten weiter fort, wenn
auch mit Hoffnung stiftenden positiven Tendenzen, die, vielleicht nicht zuletzt in einem
veränderten, abgrenzenderen und klareren Verhalten der Mütter begründet sind. So haben
drei Söhne die Kostenübernahme für stationäre Entwöhnungsbehandlungen beantragt, ein
Sohn trat Ende des Jahres seine Therapie an.
Sehr betroffen hatte die Gruppe, dass der Sohn des langjährig teilnehmenden Ehepaars im
November plötzlich verstarb.
Nach vielen Jahren des Suchtmittelkonsums hatte er sich mit intensiver Unterstützung
seiner Eltern soweit stabilisiert, dass er bei nur gelegentlichem Alkoholkonsum in einer
eigenen
Wohnung
lebte,
kleinere
Arbeiten
verrichten
und
die
meisten
seiner
Angelegenheiten selber regeln konnte. Der plötzliche Tod stand wahrscheinlich nicht in
direktem Zusammenhang mit der Einnahme von Suchtmitteln, war aber eventuell eine
Folge der gesundheitlichen Schädigung durch den langjährigen Konsum.
Die Möglichkeit des Versterbens des suchtmittelabhängigen Kindes bedeutet bei allen
Eltern süchtiger Kinder das Fühlen einer dauerhaft präsenten Angst, deren Verdrängung
die Aufwendung von viel psychischer Energie erfordert. Neben dem Mitleiden mit den
betroffenen Eltern tritt diese Angst, wenn ein Sterbefall eintritt, wieder in den Vordergrund
und zwingt zur Auseinandersetzung damit.
Es gab auch in diesem Jahr neue Mütter, die die Gruppe ein- oder zweimal besuchten, sich
aber gegen eine regelmäßige Teilnahme entschieden. Wenn die Gruppe Rückmeldungen
darüber erhielt, war die Entscheidung gegen eine Teilnahme in der Regel mit der zu
großen
psychischen
Belastung
durch
die
Miteinbeziehung
in
die
einzelnen
Lebensgeschichten begründet.
Die Gruppenmitglieder bilden mittlerweile eine sehr vertraute, homogene Gemeinschaft,
die auch außerhalb der Treffen Kontakt hält und sich unterstützt.
Die Gruppentreffen sind gekennzeichnet durch eine offene, wohlwollende und stützende
Atmosphäre, die aber auch Raum für kritische Reflexion der Standpunkte und des
Verhaltens der einzelnen Mitglieder lässt und somit einen lebendigen und gesunden
Austausch ermöglicht.
23
C Prävention
Allgemeiner Bericht
Ein Großteil der im Berichtsjahr durchgeführten Präventionsveranstaltungen widmet sich
auch in diesem Jahr dem Thema „Alkoholprävention“. Nach wie vor spielt dieses Thema in
gesamtgesellschaftlichen Bezügen eine zentrale Rolle. Die Medienberichterstattung
spiegelt die Brisanz des Themas „Alkohol“ in jugendkulturellen Zusammenhängen
wiederholt wider. Doch exzessives, riskantes Rauschtrinken stellt sich nicht als ein
vorwiegend jugendtypisches Verhalten dar. Unsere jeweiligen Angebote und Aktivitäten
richteten sich daher an unterschiedliche Zielgruppen, bestehend aus Jugendlichen und
Erwachsenen in Schule, Ausbildung, Betrieben und Sportvereinen. Die Erfahrung zeigt,
dass
viele
Erwachsene,
ergo
auch
Eltern,
oftmals
über
ein
unzureichendes
Problembewusstsein hinsichtlich des individuellen Umgangs mit Alkohol verfügen. So zeigt
sich auch, dass viele Erwachsene sich oftmals ihrer Vorbildfunktion nur unzureichend
bewusst sind. Doch auch Erwachsene müssen Verzicht üben, damit
Jugendliche das
Verhalten nicht kopieren. Darüber hinaus war ein klarer, regelorientierter Umgang mit
Alkohol im familiären Umfeld Thema einer ganzen Reihe von Elternabenden.
Auf Grundlage veränderter Alkoholkonsummuster (regelmäßiger Alkoholkonsum nimmt
zugunsten von Trinkexzessen zu) wurde mit dem Präventionskonzept „HaLT-Hart am
Limit“ ein zielgruppenspezifisches Angebot für Jugendliche mit riskantem/problematischem
Trinkverhalten in Kooperation mit dem St. Marien Hospital entwickelt. Leitidee des
Konzeptes ist es, Jugendliche mit riskantem Trinkverhalten möglichst frühzeitig mit einem
kurzen, gezielten und möglichst freiwilligen Angebot bekannt zu machen. Der Zugang zum
Angebot soll dabei über die stationäre Behandlung infolge einer Alkoholintoxikation
erfolgen.
Die
niedrigschwellige,
zeitlich
begrenzte
Frühintervention
besteht
sowohl
aus
Einzelgesprächen für Jugendliche und deren Eltern als auch aus einem Gruppenangebot
„Risiko Check“.
Die Einzelgespräche haben zum Ziel, über das Präventionsangebot von HaLT zu
informieren und für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Problematik zu motivieren.
Darüber hinaus wird Eltern Unterstützung angeboten.
24
Neben Einzelberatungen für die Familien gibt es das Gruppenangebot „Risiko-Check“.
Betroffene Jugendliche haben hier die Möglichkeit, die komatöse Alkoholvergiftung
gemeinsam mit Anderen
aufzuarbeiten. Vor allem geht es um die Erarbeitung einer
Risikokompetenz im Umgang mit Alkohol. Ziele sind, die Sensibilität der Jugendlichen für
die Grenze der Selbstschädigung zu erhöhen, ihr Verantwortungsgefühl für das eigene Tun
zu stärken und den individuellen Punkt des Ausstiegs aus Risikosituationen in der Zukunft
innerlich zu verankern. Da der Einfluss der Clique auf den Alkoholkonsum und den damit
einhergehenden
Gruppenangebot
Erfahrungen
nicht unwesentlich
mitgebracht
werden.
ist, dürfen auch
Eine
erste
Freunde
Umsetzung
zum
des
Frühinterventionsangebotes erfolgte im Frühjahr 2014.
Erstmalig wurde im Berichtsjahr von der Fachstelle eine dreitägige MOVE – Fortbildung
durchgeführt. MOVE (Motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen und
jungen Erwachsenen) richtet sich an pädagogische Fachkräfte und vermittelt Techniken
zur Gesprächsführung zur Förderung von Motivation und Veränderungsbereitschaft bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit problematischem Substanzkonsum. MOVE
stützt sich dabei auf das „Transtheoretische Modell“ der Verhaltensänderung, dem
„Motivational
Interviewing“
sowie
Elementen
aus
weiteren
Beratungs-
und
Gesprächsführungsansätzen.
Mit Themen aus dem Bereich Suchtvorbeugung setzten sich Schülerinnen und Schüler
unterschiedlicher
Schulformen
im
Rahmen
eines
HipHop-Workshops
auseinander.
Insgesamt wurden 4 Workshops im Berichtsjahr angeboten. Die Jugendlichen setzten sich
in ihren Songs mit Suchtstoffen wie Alkohol und Nikotin auseinander. Zuvor wurde mit den
Jugendlichen über Ursachen für die Entstehung süchtig machender Verhaltensweisen
gesprochen und Umgangsformen mit verschiedenen Suchtmitteln diskutiert. Nach
Erarbeitung der Songtexte wurde mit einem Musiker der Song produziert.
Neben der Alkoholprävention nahm auf substanzspezifischer, suchtpräventiver Ebene die
Cannabisprävention eine bedeutende Rolle ein. Cannabis ist nach wie vor die am
häufigsten konsumierte illegale Droge und integraler Bestandteil jugendlichen Lebens. Im
Zuge dessen haben Eltern nach wie vor einen großen Informations- und Beratungsbedarf,
dem im Berichtsjahr mit individuellen Beratungen, schulischen und außerschulischen
Elternabenden und einem Elternkurs Rechnung getragen wurde. Gleichfalls zeigt sich ein
25
Informations- und Beratungsbedarf bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welches
bspw. in E-Mail Beratungen und persönlichen Gesprächen im Rahmen von schulischen und
außerschulischen Veranstaltungen sehr deutlich wird.
Weiterhin wird von der Fachstelle die von der Bundeszentrale für Gesundheitliche
Aufklärung betriebene internetbasierte Ausstiegshilfe „Quit the Shit“ (QTS) unterstützt.
QTS ist Teil des Cannabisprogramms NRW. Mit QTS werden insbesondere Jugendliche
und junge Erwachsene mit einem riskanten und abhängigen Cannabiskonsum erreicht.
Das Ziel des Programms besteht darin, die Programmteilnehmer innerhalb eines
Zeitfensters von 50 Tagen in ihrer individuellen Zielsetzung - nämlich Konsumreduktion
oder Abstinenz - zu unterstützen.
Nach wie vor wird QTS mit großem Erfolg angenommen. Die Nachfrage war im
Berichtsjahr so groß, dass leider nicht alle Anfragen bearbeitet werden konnten. Da es mit
QTS gelingt, Personen, die sonst keinen Zugang zu Einrichtungen der Sucht- und
Drogenhilfe finden, zu erreichen und ihnen eine angemessene Unterstützung zu bieten,
wurde die von vielen Teilnehmern akzeptierte Online-Beratung zum integralen Bestandteil
unserer Arbeit.
In der dem Verbundsystem zugehörigen EndArt-Fabrik wurden auch in diesem Jahr
mehrere Maßnahmen zur Alkoholprävention durchgeführt. Zielgruppe waren Jugendliche
und junge Erwachsene. Die BesucherInnen wurden angeregt, sich mit ihrer Haltung zum
Alkohol und ihren entsprechenden Trinkgewohnheiten auseinander zu setzen.
Aktionen
zielten
zudem
darauf
ab,
für
die
Gefahren
eines
Die
missbräuchlichen
Alkoholkonsums zu sensibilisieren und für einen genussorientierten, verantwortungsvollen
und somit risikoarmen Umgang mit Alkohol zu werben.
In der Endart wurden darüber hinaus in Kooperation mit Dürener Schulen mehrere rauchund alkoholfreie SchülerInnen-Partys organisiert und dort auch durchgeführt. Traditionell
wurde auch in diesem Jahr zur Karnevalszeit eine alkohol- und rauchfreie Party
veranstaltet.
Präventionsorientierte Veranstaltungen wie bspw. Techno-Partys, Schulpartys, Konzerte
mit Schülerbands aus der Region usw. wurden gut angenommen und gut besucht.
26
Veranstaltungen zur Sucht- und Drogenprävention in Stadt und Kreis Düren
im Jahr 2013
Veranstaltungen
Teilnehmer
37
1.012
20
81
53
270
32
184
43
851
Schule
Projekttage/-wochen, Infoveranstaltungen
LehrerInnen
Fachberatung, Fortbildungs-seminare für
Lehrerkollegien/-gruppen, Krisenintervention
Eltern schulische und außer-schulische
Elternabende/- kurse, individuelle Beratung
Außerschul. Multiplikatoren
Fortbildungsseminare, Fachberatung,
Krisenmanagement/-intervention
Außerschul. Jugendarbeit
Jugendgruppen, Projekttage, Cliquenberatung, Internetberatung, Quit the Shit
Betriebsprophylaxe
Schulung von Multiplikatoren,
7
93
Auszubildenden u. Belegschaft
Interessierte Öffentlichkeit EndArt
(Konzerte, Schüler-Partys usw.),
27
10.090
219
12.581
Infoveranstaltungen, Presse etc.
Insgesamt
D Nebenstelle Jülich
Im Jahr 2013 haben wir insgesamt 352 Personen erreicht. Davon waren 164
IntensivklientInnen.
Wir blicken auf ein sehr arbeitsreiches Jahr zurück – gerade noch am Rande des
Machbaren, sollen die Hilfesuchenden nicht auf der Strecke und die Qualität der Arbeit so
gut es geht gewahrt bleiben.
27
Die finanzielle Misere im Haushalt der Stadt Jülich und damit verbunden eine geplante
Streichung der Zuschüsse für unsere Außenstelle, bescherte uns eine völlig ungesicherte
Zukunft und erhebliche Sorgen um die weitere Existenz der Beratungsstelle und die
möglichen
Folgen
für
die
Menschen,
die
uns
anvertraut
sind.
Mit
intensiver
Informationsarbeit und Fachgesprächen mit der Politik konnte erreicht werden, dass die
Zuschüsse für 2013 und auch 2014 weitergezahlt wurden. Mit Tatkraft kam uns dabei
auch Herr Probst Wolff zu Hilfe, indem er mit einer originellen Idee eine Spende für die
Finanzierung eines Jahres akquirierte. An dieser Stelle gilt ihm und dem anonymen
Spender unser besonderer Dank. Erfreulich war auch die breite positiv unterstützende
Resonanz aus der Jülicher Bevölkerung – von Betroffenen und Nichtbetroffenen – welche
wir als gute moralische Stütze erlebt haben.
Die Weiterfinanzierung unserer Arbeit brachte uns nicht nur Entlastung aus dem
psychischen Druck, sondern auch die Hoffnung zurück, mit dem gesehen zu werden was
sonst eher im Stillen geschieht. Wir hoffen auch, dass wir wieder eine deutliche
Sensibilisierung gegenüber der Brisanz der Drogenproblematik und der Notwendigkeit
einer weiteren ortsnahen Versorgung von Betroffenen in Jülich erreichen konnten, so dass
in 2015 und in den Jahren danach eine weitere Finanzierung unserer Außenstelle, in der
seit bald (2014) 30 Jahren eine sehr wichtige und erfolgreiche Arbeit geleistet wird,
sichergestellt ist.
Im Folgenden sind die statistischen Zahlen im Überblick aufgeschlüsselt werden bezüglich
der Intensivklientel nach für die Suchtarbeit „relevanten“ Parametern beleuchtet werden.
Dabei fällt ins Auge, dass ein hoher Anteil (92) ein junges Publikum im Alter von 16 bis 30
Jahren ausmacht. Die Aufschlüsselung nach
Substanzen sagt eher etwas über
Prävalenzen aus als über die Vielfalt tatsächlich gebrauchter Substanzen einer Person,
wobei der Alkohol als beliebteste und eben auch tolerierte Erst- oder Zweitdroge die breite
Masse der KonsumentInnen überspannt. Das Phänomen „süchtiges PC- Spielen wurde oft
in der Beratung problematisiert. Es bedarf unserer Aufmerksamkeit, wenn Jugendliche sich
in Parallelwelten verlieren, anstatt ihr Leben zu entdecken.
Ein Einblick in die von Alkohol und Drogen bestimmten Lebenswelten minderjähriger
Kinder dürfte betroffen machen und es werden seitens des Jugendamtes große
Anstrengungen unternommen, damit diese Kinder ihre Familie nicht verlieren. In Familien
mit Suchtproblemen sind wir dabei ein gefragter Kooperationspartner.
28
Drogenberatung Jülich Übersicht
IntensivklientInnen gesamt
164
davon Therapievermittlung
27
davon Schwerstabhängige
71
davon Substituierte
60
Angehörigenberatung
81
Kurzkontakte/einmalige Beratung
Mitbetroffene minderjährige Kinder
gesamt
107
55
352
Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Intensivklientel:
1.Gruppe: Cannabis Amphetamine - synth. Drogen, Alkoholmissbrauch
Alter
13-18
22
19-30
50
31-40
5
41-60
0
60+
0
gesamt
77
Therapievermittlung
Jugendhilfe
10
8
JA Kind
11
chronische Abhängigkeit
12
gravierende psychiatrische Erkrankungen
9
29
2. Gruppe Opiatabhängigkeit
Alter
20-25
8
26-30
8
31-40
15
41-50
24
51-60
4
60+
2
gesamt
61
davon Schwerstabhängig
61
davon Substitution
60
davon Therapievermittlung
9
davon Jugendamt Kind
8
3.Gruppe Alkoholabhängigkeit
Alter
20-30
4
31-40
4
41-50
4
51-60
8
61-70
4
70 +
2
gesamt 26
davon Therapievermittlungen 8
davon Schwerstabhängigkeit 10
davon Jugendamt Kind
4
30
Zu Gruppe 1 (77)
Cannabis, Amphetamine, synthetische Drogen, Alkoholmissbrauch
Die größte und im Altersdurchschnitt jüngste Gruppe ist hier vertreten.
Zunächst sei gesagt, dass der Gebrauch einer einzelnen Substanz eher selten geworden
ist. Besorgniserregend ist die hohe Verfügbarkeit -> Einstiegsalter 14 Jahre.
Mischkonsum ist also an der Tagesordnung und stellt ein erhöhtes Risiko für die User dar,
sich zu vergiften.
Vor allem werden Drogen mit Alkohol kombiniert oder es werden verschiedene Substanzen
gleichzeitig konsumiert.
Anlass zur Sorge gibt auch der Konsum synthetischer Drogen, die meist aus einem
Cocktail nicht bekannter, oft gefährliche Stoffe bestehen, deren Wechselwirkungen schwer
einschätzbar sind.
Aus legalen Stoffen, die handelsüblich und leicht zu beschaffen sind, werden in illegalen
Labors immer neue synthetische Drogen kreiert. Für Minderjährige sind die Risiken und
Fehlentwicklungen oft dramatisch. Die hohe Verfügbarkeit, Risikobereitschaft und ein
immenser Leistungsdruck schaffen einen guten Boden für die Entwicklung einer
Abhängigkeit von leistungssteigernden Drogen. Höher- weiter- schneller - und Idole, in
deren
Vergleich
konsumverseuchte
sich
Jugendliche
Selbstbilder,
nur
noch
Schulabbrüche,
unvollkommen
abgebrochene
fühlen
Lehren,
können;
G8-Abitur,
Jugendarbeitslosigkeit und die damit verbundene Perspektivlosigkeit sind oft das Motiv,
sich einer harten Realität mit Drogen zu entziehen.
Bei den 26-30 jährigen, die oft schon selbst Eltern sind, sind zunehmende Verwahrlosung
und Persönlichkeitsveränderungen zu ihrem Nachteil wahrnehmbar.
8 junge Personen nahmen Jugendhilfe in Anspruch. Hier sind die Heilungschancen meist
gut, wenn KlientInnen bereit sind, ihren deprimierenden Trott infrage zu stellen und in die
Beratung zu kommen.
Die 13 bis 21-jährigen sind eher selten bereit, sich einer stationären Therapie zu
unterziehen. Hier gewinnen die ambulanten Hilfen an Bedeutung.
31
Drogenkonsum wird zum Instrument, sich von den Erwachsenen abzugrenzen und gehört
damit zur Jugendkultur.
Der Wert der Beratung mitbetroffener Eltern ist bei dieser Personengruppe nicht hoch
genug einzuschätzen.
10 Personen wurden in stationäre Therapien vermittelt, fast die Hälfte (33) in eine
stationäre Entgiftung mit anschließender ambulanter Betreuung.
2.Opiatabhängigkeit (61)
Die zweitgrößte Gruppe ist die der Opiatabhängigen.
Drogenberatung im geschützten Raum, Stetigkeit in jahrelang gewachsenen Beziehungen
zu den Beraterinnen, langjährige Erfahrung mit Schwerstabhängigkeit und Akzeptanz
versus Abstinenzparadigma bestimmen das Klima in der Drogenberatung.
Es ist eben nicht nur die psychosoziale Begleitung von 60 Substituierten, sondern auch
immer wieder die intensive Krisenbegleitung einzelner Menschen in aktueller Not, für die
wir unsere Zeit brauchen. Psychosoziale Begleitung erfordert bei Krisenmanagement,
Therapievermittlung und Rückfallgeschehen die Intensivierung der Beratungskontakte und
Flexibilität, um den Betroffenen wirkungsvoll beizustehen.
Die Substitution und die psychosoziale Begleitung sind die wichtigsten Eckpfeiler in der
Behandlung Opiatabhängiger.
60 von 61 Betroffenen waren Schwerstabhängige, 9 Betroffene konnten in eine Therapie
oder mehrere Therapien vermittelt werden.
Substitution ist für diesen Personenkreis notwendig für das Überleben. Dass im letzten und
in diesem Jahr noch niemand verstorben ist, bestätigt die mittlerweile sehr gute
Etablierung der
gravierenden
Versorgung von Opiatabhängigen mit
Versorgungslücken
vor
einigen
Jahren.
Substitution in Jülich nach
Hier
ist
auch
die
gute
Zusammenarbeit mit den substituierenden Ärzten von wesentlicher Bedeutung.
3.Alkoholabhängige KlientInnen (26)
Diese Gruppierung
der Abhängigen ist die kleinste Gruppe und toppt mit ihrem
Altersdurchschnitt in Richtung Seniorenberatung.
32
Dementsprechend fortgeschritten ist dann auch schon der Krankheitsverlauf. 16 von 26
Personen befanden sich bereits in der chronischen Phase nach Jellinek, 2 Personen hatten
nach ärztlicher Einschätzung durch ihre Sucht eine Lebenserwartung von unter 3 Jahren.
Dennoch sind sie erstaunlich erfolgreich bei einem gut funktionierenden Hilfesystem,
das aus Suchtberatung, Angehörigenberatung, Entgiftung, stationärer und ambulanter
Langzeittherapie und Selbsthilfegruppen besteht.
Immerhin werden 2/3 von dieser Gruppe nach einem oder mehreren Anläufen abstinent
von Alkohol und kann sich heute einer ganz neuen Lebensqualität erfreuen.
8 von 26 KlientInnen wurden in stationäre Therapien vermittelt, 18 wurden im ambulanten
Rahmen betreut, die meisten haben ein oder mehrmals stationär entgiftet. 4 Personen
waren unter dreißig Jahre alt, zwei davon mit schwerstem Krankheitsverlauf.
Bei allen Therapievermittlungen der genannten drei Gruppen war die ambulante
Nachsorgetherapie im Anschluss nahtlos durch das SPZ Düren sichergestellt.
Betroffene Eltern, mitbetroffene Kinder
Sucht ist in Bezug auf das Familiensystem eine systemische Erkrankung. Sie betrifft nicht
nur die Suchtkranken selbst, sondern auch immer ihre PartnerInnen, Angehörige und vor
allen Dingen die K i n d e r.
Aus der gesamten KlientenInnenzahl waren immerhin 55 minderjährige Kinder mit
betroffen. Wenn ihre Eltern Hilfe finden und sie auch annehmen, ergibt sich für diese
Kinder mehr Stabilität im Beziehungs- und Erziehungsverhalten innerhalb ihrer Familie.
23
Kinder
wurden
wegen
Kindeswohlgefährdung
vom
Jugendamt
betreut.
Die
Zusammenarbeit mit den sozialpädagogischen Familienhilfen und Fallmanagern im
Jugendamt gestaltete sich sehr konstruktiv und wirksam.
Darüber hinaus wurden 8 Jugendliche im Rahmen der Jugendhilfe gefördert und betreut.
Die Einbindung in die Drogenberatung hat für 7 Jugendliche bewirkt, dass sie ihren
Konsum eingestellt haben. Damit konnten weitere Fehlentwicklungen vermieden werden.
Angehörigenberatung
Viele Betroffene finden über ihre Angehörigen in die Beratungsstelle.
33
Angehörige leiden häufig extrem unter den Auswirkungen von Suchtmittelmissbrauch und
finden
hier
Hilfe.
Bei
den
Minderjährigen
ist
die
Einbindung
der
Eltern
(Betreuungspersonen) Teil des pädagogischen Konzeptes.
Insgesamt haben sich 81 (Vorjahr 75) Eltern, PartnerInnen, Geschwister mit ihren
Fragen und Nöten an uns gewandt.
Die Kurzkontakte
Die Kurzkontakte und die einmaligen Beratungen gestalteten sich mit 107 Kontakten
ähnlich wie im Vorjahr (95).
Café „D“
Die Abende
Auch im vergangenen Jahr hielten wir den Offenen / Niederschwelligen Bereich an den
üblichen drei Wochentagen mo. – mi. – fr. von 17.00 Uhr – 23.00 Uhr geöffnet. Die vier
Wochen Sommerpause
konnten
wir überbrücken,
indem wir einen
„Notdienst“
organisierten, der jeweils zwei bis drei Stunden pro Abend die Räume zur Nutzung
(Dusche, Wäsche waschen, Einnahme einer warmen Mahlzeit) vorhielt.
Dieser Notdienst wurde gerne angenommen, denn unsere Klientel kennt keine
„Sommerpause“. Drogenkonsum findet auch in den Sommerferien statt!
Das Café wurde wie in allen Jahren zuvor von jeweils ca. 20 – 50 Personen genutzt. Die
Art der Inanspruchnahme ist ebenso vielfältig wie die Bedürfnislage unserer Klientel. Da
sind die Personen, die nur nach sterilen Spritzen fragen, vielleicht noch einen Kaffee
trinken und dann wieder verschwinden. Manche von ihnen wollen noch nicht mal, dass
man sie mit Namen anspricht, sie kommen, nennen ihren Wunsch, bekommen, was sie
wollen (sofern der Wunsch im „Repertoire“ unserer Dienstleistung liegt) und verschwinden
wieder. Da sind die Personen, die regelmäßig – auch dreimal wöchentlich – auftauchen
und die Inanspruchnahme unserer Angebote in ihren Alltag integriert haben: sie nutzen
unsere Waschmaschinen, unseren Internetrechner, unser Telefon, unsere Dusche. Sie
sprechen uns an, wenn sie Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen benötigen, wenn
sie insgesamt einen „Wegweiser“ brauchen, um mit der Ämterbürokratie zurecht zu
kommen. Sie bringen uns (oftmals ungeöffnete) Briefe, die wir für sie lesen und deren
Inhalt wir ihnen erklären sollen. Einige Angelegenheiten lassen sich noch am Abend
erledigen, Wenn dies nicht möglich ist, bieten wir den Ratsuchenden einen Tagestermin
an, zu dem wir Adressaten in den Verwaltungen von Stadt und Kreis Düren erreichen
34
können. Ein Teil unserer Besucher nimmt das Angebot gerne an, ein anderer Teil lässt
den
Termin
unentschuldigt
verstreichen
–
eine
Standard-Erfahrung
in
der
Niederschwelligen Arbeit.
Manchmal sind wir mit Akut-Situationen konfrontiert: Personen kommen psychotisch in
Folge von Amphetaminkonsum zu uns oder zeigen alle Symptome einer zu hohen
Konsumdosis. In solchen Fällen sind wir froh, die nah gelegene Landesklinik und den gut
funktionierenden Medizinischen Dienst anrufen zu können. In aller Regel machen wir mit
diesen Institutionen die Erfahrung, dass die Klientel schnell und professionell versorgt
wird. Dabei fällt uns manchmal auf, für wie selbstverständlich einige Personen alleine
diesen Service der schnellen und wirksamen, unter Umständen vielleicht sogar
lebensrettenden Versorgung halten. Da wird gerne kritisiert, da werden Vorwürfe über
schlechte Behandlung, oder ungeeignete Medikamentierung erhoben, da wird die Klinik –
vereinzelt schon nach wenigen Stunden – wieder verlassen, um weiter konsumieren zu
können. Diese Vorgänge sind „Klassiker“ in der Niederschwelligen Arbeit. Sie gehören
zum Geschehen dazu, sind zwar nicht alltäglich, kommen aber immer mal wieder vor und
werden von uns mit professioneller Haltung zur Kenntnis genommen. Die Philosophie der
Niederschwelligkeit schließt diese Vorfälle mit ein, ist sogar bereit, sie zu akzeptieren –
schließlich ist der Begriff der „Akzeptierenden Drogenarbeit“ nichts anderes als eine
Konkretisierung des „Niederschwelligkeits“-Begriffs. Nicht akzeptabel ist und bleibt der
BtM-Konsum in unserem Haus bzw. im zum Haus gehörenden Umfeld. Diese strikte
Nichtakzeptanz erstreckt sich auch auf den Terminus „Gewalt“. Solange die Regel „Keine
Drogen, Keine Gewalt im Haus“ eingehalten wird, gehört die Akzeptanz der
Konsumentscheidung unserer Klientel zur Philosophie unserer Arbeit.
Ein Großteil unserer Gäste rekrutiert sich aus Personen, die regelmäßig bei uns verkehren
und unser Café besuchen, wie man eine Stammkneipe besucht. Man kennt sich, geht
dementsprechend vertraut miteinander um, tauscht Alltäglichkeiten miteinander aus,
diskutiert über alles nur Denkbare, führt private Vier-Augen-Gespräche, hat auch über die
Café-Kommunikation hinaus privaten Umgang miteinander. Diese Personen haben
zumeist eine Drogenvergangenheit, die sie mit Hilfe des Café-„D“s und mit Hilfe der
Anbindung an die Drogenberatung zu bewältigen suchen. Sie stabilisieren sich, suchen
Wege der Rehabilitation, haben Schwierigkeiten, die Hürden auf diesem Weg zu nehmen,
ohne nicht wieder rückfällig zu werden. Der Wille zur Abstinenz ist da, reicht aber
manchmal nicht aus. Rückfälle gehören also auch bei diesen Menschen zum Prozess des
Gesundwerdens dazu. Sie sind froh, dass sie unsere Angebote in Anspruch nehmen
können, sagen uns dies auch immer und fühlen sich uns verbunden. Für eine beträchtliche
Gruppe aus diesem Personenkreis sind unsere Freizeitangebote von hohem Wert, weil sie
35
so Termine haben, mit denen sie ihre Langeweile angehen können. Auch dies ist eine
Grunderfahrung
in
der
Niederschwelligen
Arbeit:
„Tagesstruktur“
ist
eines
der
Zauberwörter in der Arbeit; fehlt sie, entstehen aus der Langeweile und der Einsamkeit
eine Sinnentleertheit, die wiederum zu Suchtdruck führten. Fehlt dann ein Angebot, eine
Maßnahme, ist der Weg vom Suchtdruck zum Rückfall nur noch kurz. „Ich will mein altes
Leben zurück“ – so beschrieb ein Gast die Divergenz zwischen seinem Drogenleben und
dem „Nichts“ im jetzigen Abstinenzleben. Auch hier erfüllt das Café eine wichtige Funktion,
weil unser Publikum bei uns auf Leute mit gleicher oder ähnlicher Befindlichkeit trifft –
geteiltes Leid ist halbes Leid…..
Wie in all den Jahren zuvor versuchen wir weiterhin, Unterhaltungsangebote zu machen:
Einmal in der Woche können unsere Gäste am Fußballtraining teilnehmen (montags),
mittwochs ist Badminton, freitags wird gemeinsam das Essen für den Abend vorbereitet.
Unsere Quiz-Abende erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit, zwischen sieben und
fünfzehn Gäste zeigen engagiert jeden Montag von 21
00
Uhr bis 23
00
Uhr ein manchmal
hohes Maß an Allgemeinwissen. In diesen Stunden treffen Jugendliche unter 20 Jahren
auf Enddreißiger, und es ist für den „Quizmaster“ eine Herausforderung, die Fragen so zu
stellen, dass jede Generation eine faire Chance zur richtigen Antwort hat.
Der Chor
„Singen macht glücklich“ war unlängst den Printmedien zu entnehmen, die die
entsprechenden Ergebnisse einer empirischen Studie
veröffentlichen. Anlass war ein
ARD-Beitrag vom 17.11.13 über den „Chor der Muffeligen“, der von Anke Engelke
portraitiert wurde. Wir haben differenziertere Erfahrungen gemacht. Ja, singen kann
glücklich machen, kann aber auch gegenteilige Ergebnisse mit sich bringen. Vor allem
aber bedeutet organisiertes Singen in einem Chor eins: harte Arbeit.
Der Chor, in 2011 gegründet, dümpelte im vergangenen Jahr bei einer regelmäßigen
Teilnehmer-Zahl von vier bis fünf Personen vor sich hin, bis nach den Sommerferien eine
Gruppe von sieben Personen zusätzlich an der wöchentlichen Montag-Probe teilnahm. Mit
10 + X Sängern ist ein Chor zu machen, wenn auch unter Bedingungen die schwerer nicht
sein könnten: Unpünktlichkeit, Unverbindlichkeit, Rückfälle, Entgiftungen, also stationäre
Aufenthalte, Psychosen, einfache Krankheiten und „normale“ Verhinderungen –
letztendlich war der einzige regelmäßige Teilnehmer der Chorleiter und hauptamtliche
Mitarbeiter selbst. Immerhin gab es ein Ziel: Zur alljährlich stattfindenden Weihnachtsfeier
36
sollte dem Chor ein Forum vor 100 erwarteten Gästen geboten werden. Weil vor dem
Hintergrund der beschriebenen ständigen Absagen keine Kontinuität zu erzielen war,
erschien eine Doppelstunde / Woche nicht ausreichend. Ab September wurde eine zweite
Probe auf mittwochs angesetzt. Dieser verdoppelte Einsatz brachte die für eine
Stimmsicherheit erforderliche Routine. Einer Generalprobe im Café folgte ein großer Erfolg
bei der Weihnachtsfeier – da bestand der Chor aus 14 Sängerinnen und Sänger (3/4
Frauen, 1/4 Männer, Jugendliche und Erwachsene), und die 100 erwarteten Gäste waren
auch alle gekommen. Im neuen Berichtsjahr ist wieder „business as usual“ angesagt:
Rückfälle, Entgiftungen sonstige Verhinderungen … man wird sehen, wie es weitergeht.
Rechtsberatung
Unser
Honorar-Rechtsanwalt,
dessen
Mandantschaft
überwiegend
aus
Drogen
gebrauchenden Menschen gesteht, kommt jeden zweiten und vierten Montag zur
Rechtsberatung in allen juristischen Angelegenheiten, mit denen unsere Gäste konfrontiert
sind, egal, ob sie strafrechtlicher, zivilrechtlicher, verkehrsrechtlicher oder sozialrechtlicher
Provenienz sind. Die Beratung, der eine Rechtsvertretung nicht zwangsläufig folgen muss,
ist anonym und vor allem kostenlos, wird also sehr gerne in Anspruch genommen. Die
Störung des letzten Jahres, die aus der Situation entstanden war, dass die Klientel
anderer Einrichtungen zu uns geschickt wurde, ist bereinigt – die Beratung ist wieder an
die Anbindung in unserem Haus gekoppelt.
Freizeitaktivitäten
Wie in den vergangenen Jahren sind vor dem Hintergrund der These, dass Tagesstruktur
unverzichtbar für das Gelingen ambulanter drogentherapeutischer Maßnahmen ist,
Freizeitmaßnahmen sind integrale Bestandteile unserer Arbeit. Aus dieser Einsicht heraus
betreiben wir das Café, aus dieser Einsicht heraus bieten wir Freizeiten an, die vor allem
an den Wochenenden rege nachgefragt werden können. Unsere Angebote waren im
Berichtjahr wieder Ausflüge, Sport, Konzerte, Parties, Besuch von Bundesliga-Spielen,
„der schöne Tag“ im Phantasialand, Weihnachts- und Osterferien, Aufenthalte in
Schwimmbädern und an Badeseen oder – die Highlights im Berichtjahr – „StandupPaddle“-Kurse am Rursee. Einer unserer Mitarbeiter mit ausgeprägter Neigung zu
Wassersportaktivitäten und einer ausgeprägten Fähigkeit zur Vermittlung und Motivation
37
hat mehrere Male – manchmal auch spontan, je nach Wetterlage – unsere Gäste in den
Bus gepackt und ist zum Standup-Paddle gefahren. Ein Sonnenuntergang auch am
Rursee kann durchaus den „Flash“ beim Rauchen eines Heroin-Blechs kompensieren…
Sehr gerne werden auch Wanderung im Dürener Eifelumland oder Städte-Touren nach
Köln (Schokoladenmuseum) und Aachen, Lüttich und Maastricht in Anspruch genommen.
Diese Ausflüge sind ganztägig, abends ist man müde und am nächsten Tag ruht man sich
aus – der Suchtdruck hat so weniger Chancen.
Telefonberatung / Krisenintervention
Wie in den Vorjahren gehören Krisenintervention und Telefonberatung zum festen
Bestandteil unseres „Leistungskataloges“. Dies ist vor allem darin begründet, dass die
Telefonzentrale ab 18
von 18
00
00
Uhr zum hauptberuflichen Mitarbeiter umgestellt wird, der somit
Uhr bis mindestens 22 00 Uhr erreichbar ist. Der große Teil der Anrufe – zwischen
zwei und fünf pro Woche - stammt von Eltern konsumierender Jugendlicher (16-18 J.)
oder erwachsener Kinder (bis ca. 35 J.), deren Konsum und dessen Folgen die Familie,
die Angehörigen, die Partnerin / den Partner so sehr belasten, dass sie in ihrer Not zum
Telefon greifen. In einigen Fällen wurden sie von der Telefonseelsorge oder auch sogar
von der Polizei weitervermittelt.
In diesen zeitlich manchmal sehr umfangreichen Gesprächen (-45 Minuten), geht es (zu)
oft um die Geschichte jahrelanger Leiden, Sorgen und Beeinträchtigungen des
Familienlebens. Letztlich sind die am Telefon geschilderten Störungen in der Tendenz um
den Fachbegriff „Co-Abhängigkeit“ hinlänglich zu beschreiben. Weil das Leben an sich
aber nicht mit Begriffen aus Psychologie und Psychotherapie oder Ratschlägen aus
diesen Denkschulen auch nur annähernd angemessen beschrieben werden kann, gehen
diese Gespräche weit über das therapeutische Profil hinaus. Oft wollen die Anrufer (75 %
Mütter oder Partnerinnen) einfach nur reden, weinen, sich trösten lassen, dann aber auch
konkrete Ratschläge entgegennehmen, entlang der Fragestellung „Was tue ich, wenn …“.
Im Berichtjahr äußerten dabei viele Rat-Suchende oft den Wunsch, die Beratung in einem
persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht stattfinden zu lassen. Seit Beginn des
Jahres gehört deshalb das zeitnahe Beratungsgespräch zum festen Bestandteil unseres
“Leistungsprofils“. Wichtigstes Kriterium: Keine lange Wartezeit von der Kontaktaufnahme
zum Termin, also niederschwellige Erreichbarkeit!
38
Die jugendlichen Gäste unseres Café`s – im Alter zwischen 16 und 20 Jahren – haben
eine andere Bedürfnislage als die Erwachsenen. In der Regel nutzen sie die
Freizeitangebote, spielen also Billard, manche Schach, Dart oder sie nehmen an den
Quizabenden teil, die seit mittlerweile vier Jahren jeweils montags veranstaltet werden.
Einige der jungen Gäste nehmen den vom hauptamtlichen Mitarbeite angebotenen
Instrumentalunterricht (Gitarre, Bass, Violine) in Anspruch. Es ist dabei immer wieder
erstaunlich,
zu
welchen
bemerkenswerten
instrumentalpraktischen
Leistungen
Jugendliche selbst unter manchmal schwierigen Bedingungen (Telefon, Billard, im
Nachbarraum, laute Gespräche…) gelangen können. Zur Vorspiel-Fähigkeit???? Kommen
fast alle, sodass wir am Ende des Berichtsjahres tatsächlich ein kleines Konzert mit
durchaus
hörenswerten
Vorträgen
u.a.
(Mozart-Sonate,
Gitarren-Solo-Stücke)
organisieren konnten. Alle waren so aufgeregt, als ginge es um ein „richtiges“ Konzert –
dabei war es nur das Café-„D“ und 40 ZuhörerInnen.
Manchmal wenden sich Jugendlich an uns wegen Ärger mit den Eltern, weil diese z.B.
Cannabis in ihren Zimmer gefunden haben. In den meisten Fällen können wir vermitteln,
indem wir die Beteiligten an einen Tisch bitten und sie Vereinbarungen treffen lassen, mit
denen alle Beteiligten leben können – Sekundärprävention und Krisenintervention in
einem.
Die Zeiten, in denen Jugendliche sich als Repräsentanten einer „Gegenkultur“ verstanden,
die sich u.a. auch über den Konsum illegaler BtM identifizieren, sind endgültig
Vergangenheit. Man gewinnt oft den Eindruck, dass vor allem die SchülerInnen viel zu
sehr mit den Anforderungen der Schulen beschäftigt sind, um darüber hinaus noch irgend
eine Meinung/Haltung zu entwickeln. Der Konsum von BtM (im Vorfeld von
„missbräuchlich“ wird eingesetzt zum „Abschalten“, „Entspannen“ wird gedeutet als
Zusammengehörigkeit stiftend oder zum „Spaß haben“. Es ist Konsum – fast wie Internet,
Smartphone, Alkohol, Gaming. Interessant ist unsere Beobachtung, dass der NikotinKonsum auch für unsere jungen Gäste mehr und mehr unwichtig wird. Rauchen scheint
mittlerweile eine Angelegenheit der 40+ Generation zu sein entlang der Formel: Je älter
die jeweilige Gruppe, desto größer der Anteil derer, die eine Zigarette in der Hand halten
müssen.
Seit dem Verbot, in geschlossenen öffentlichen Räumen zu rauchen, stehen unsere Gäste
dauernd vor der Eingangstüre. Aber Jugendliche sind nur ganz selten unter ihnen…
39
Prävention durch den Spritzenautomaten
Im Berichtsjahr wurden 3884 (Vorjahr 3.475) Einwegnadeln und Kondome verkauft. Die
Zahl der verkauften Kondome bzw. kostenlos abgegebenen Kondome lag bei 103 (Vorjahr
83). Insgesamt also ist die Nachfrage in gestiegen.
40
F Das Team der Beratungsstelle
Leitung, Koordination - Außenkontakte - Einzelberatung
Wilfried Pallenberg, Sozialpädagoge (Leiter der Einrichtung)
Ambulante Einzelfall-Hilfe / Einzelberatung und -therapie
Psychosoziale Begleitung für Substituierte
Inge Heymann, Diplom-Sozialarbeiterin (stellvertretende Leiterin)
Manfred Böhm, Pädagoge M.A.
Silvia Zaunbrecher, Diplom-Sozialpädagogin (75%)
Birgit Leuchter, Diplom-Pädagogin (70%)
Brigitte Ritzerfeld, Dipl.-Sozialarbeiterin (50%)
Marion Grahs (70 %) 85% ab 1.10.2012
Prophylaxe /Youthworker und ambulante Einzelfall-Hilfe
Andreas Schön, Dipl.-Soz.Pädagoge, (70%)
Andrea Hoven, Diplom-Heilpädagogin, (30%) (Elternzeit ab 14.11.10)
Prophylaxe und Café D
Peter Verhees, Pädagoge
Außenstelle Jülich
Marita Grossmann, Diplom-Sozialarbeiterin (ab 1.7.04 96 %)
Organisation und Verwaltung
Wolfgang Güster, Verwaltungsangestellter
Lydia Gehring (geringfügig Beschäftigte)
Anabel Fernández-Niehoff (geringfügig Beschäftigte)
41
Honorarkräfte
Klaus Pallenberg (Dipl.-Sozialpädagoge)
Ulrich Gleißner (RA)
Dirk Boltersdorf (Dipl.-Sozialarbeiter)
In enger Zusammenarbeit mit den KollegInnen des
ENDART-Vereins:
Niedrigschwelliges Projekt
Dirk Boltersdorf, Dipl.-Sozialarbeiter
Danja Dittrich, Diplom-Sozialpädagogin (26%)
Claudia Pütz (50%)
42
43
44
1.
45
46