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Sitzungsvorlage (Drogenberatung Jahresbericht 2013)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
5,6 MB
Datum
03.11.2014
Erstellt
24.10.14, 17:05
Aktualisiert
24.10.14, 17:05

Inhalt der Datei

Jahresbericht 2013 des Sozialpädagogischen Zentrums Sucht- und Drogenberatung des Regionalen Caritasverbandes Düren-Jülich e.V. Bismarckstr. 6, 52351 Düren Tel.: 02421/10001 Fax.: 02421/10004 Homepage: www.spz.de Mail: info@spz.de 1 Vorwort ..………………………………………………………………………………………………….……….3 Einleitung.………………………………………………………………………………………………………….5 A Zahlen im Überblick Einführende Bemerkungen ………………………………………………………………………………….8 Entwicklung der Klientenzahlen ……………………………………………………………………………8 IntensivklientInnen………………………………………………………………………………………………9 Geschlecht ....................................................................................................10 Alter .............................................................................................................10 Herkunft .......................................................................................................12 Symptomatik …………………………………………………………………………………………………...13 Zur sozialen Situation …………………………………………………………………………..……..15 Substitution ………………………………………………………………………………………………….….17 B Ambulante Einzelhilfe Allgemeine Situation ...............................................................................................19 Pathologisches Glücksspiel…….…………………………………………………………………………….20 Cannabissprechstunde …………………………………………………………………………………………21 Vermittlung in Entwöhnungsbehandlung……….……………………………………………….………22 Elterngruppe …………………………………………………………………………………………………..….22 C Prävention Allgemeiner Bericht …………………………………………………………………………………………….24 Veranstaltungen zur Sucht- und Drogenprävention in Stadt und Kreis Düren ……...……27 D Nebenstelle Jülich Klientenzahlen……………………………………………..……………………………………………………..29 Substitution………………………………………………………………………………………………………..30 Therapievermittlung ………………………………………………………………………………………..….30 E Café D Kontaktladen ........................................................................................................34 Rechtsberatung ………………………………………………………………………………………………...37 Freizeitaktivitäten ……………………………………………………………………………………………...37 Telefonberatung und Krisenintervention ……………………………………………………………...38 Das Team der Beratungsstelle ………………………………………………………………………..…..41 Presse ……………………………………………………………………………………………………………...43 2 Liebe Leserinnen und Leser, wir freuen uns, Ihnen den Jahresbericht der Sucht- und Drogenberatung des Caritasverbandes für die Region Düren-Jülich überreichen zu dürfen, die mittlerweile seit 33 Jahren im und für den Kreis Düren tätig ist. Die Arbeit unserer Suchthilfe mit ihren beiden Drogenberatungsstellen in Düren und Jülich und einem Netz von weiteren Angeboten im Kreis Düren bleibt trotz dieser langen Geschichte weiter aktuell und unverändert wichtig. Dies zeigt bereits ein Blick auf die Zahlen der Menschen, die durch unsere Drogenberatungsstelle erreicht werden. Die Anzahl der betreuten Klienten ist auch in 2013 nochmals leicht – auf mittlerweile 1838 Menschen – angestiegen und bleibt damit auf dem Höchststand seit Gründung der Einrichtung vor 33 Jahren. Besorgnis erregend ist dabei vor allem auch der weitere Anstieg der Intensivklienten von 854 im Vorjahr auf nun schon 875. Da gleichzeitig die Finanzierung über Landes- und kommunale Mittel seit Jahren konstant bleibt, ist es in der täglichen Arbeit unserer Suchthilfe kaum möglich und gerade für das Team der Einrichtung belastend, den weiter steigenden Zahlen der Inanspruchnahme weiterhin adäquat gerecht zu werden. Die Süchte, denen wir in der Drogenberatungsarbeit begegnen, sind dabei höchst vielfältig und gerade auch die legalen Drogen und Süchte spielen dabei eine sehr große Rolle. An erster Stelle stehen in der Beratungsarbeit zwar immer noch die Opiate, aber schon an zweiter Stelle rangiert der Alkoholkonsum. Und danach findet sich neben dem Konsum von Cannabis und Amphetaminen schon in gleichem Umfang das Glücksspiel, das in den letzten Jahren einen immer größeren Umfang eingenommen hat. Glücksspiel war auch das Thema einer beeindruckenden Informationsveranstaltung unserer Drogenberatungsstelle im September, bei der mehrere Betroffene sehr eindrucksvoll von ihrer Sucht und deren Einflüssen auf ihr Leben berichtet haben. Wichtig ist und bleibt die Präventionsarbeit, der die Sucht- und Drogenberatung der Caritas einen großen Stellenwert gibt und die eine beeindruckende Zahl von mehr als 10.000 Menschen erreicht. Gerade im Bereich der legalen Süchte ist häufig eine mangelnde Vorbildfunktion der Erwachsenen mit maßgeblich für eine Ausbreitung in der Jugend. Hier bieten die Präventionsarbeit in Schulen und Jugendgruppen, aber auch das 3 Angebot von alkohol- und rauchfreien Schulpartys einen wichtigen Ansatz, um Suchtverhalten vorzubeugen. Von großer Bedeutung ist und bleibt auch das schon lange etablierte „Café D“ im Haus der Drogenberatungsstelle in Düren, das als niederschwelliges Angebot mit 20 bis 50 Gästen an jedem der drei Abende in der Woche weiter gut angenommen wird und eine Anlaufstelle für viele Problemsituationen, aber auch einfach nur einen Treffpunkt für soziale Kontakte bietet. Dies sind nur einige wenige Beispiele für das Wirken der Sucht- und Drogenberatung der Caritas im vergangenen Jahr. Das Netzwerk der vielen verschiedenen Beratungs- und Unterstützungsangebote ist es letztlich, das unsere Arbeit im Kreis Düren schon seit vielen Jahren so besonders und wirksam für die Betroffenen macht. Im Namen des Vorstandes der Caritas Düren-Jülich möchte ich mich an dieser Stelle herzlich beim Team der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Sucht- und Drogenberatung bedanken, die sich auch bei immer stärkerer Inanspruchnahme mit viel Kreativität und mit großem Engagement für unsere Klienten einsetzen. Ihr Dirk Hucko (Geschäftsführer) 4 Sucht als Markt Das Thema "Sucht als Markt" ist ein ungeheuer umfangreiches und vielschichtiges Thema, das aus den verschiedensten Blickwinkeln und Standpunkten betrachtet werden kann. Ich werde dieses Thema aus der Sicht unseres Alltags, also aus der Sicht der Suchthilfe angehen. Hier gibt es natürlich immer wieder Überschneidungen mit anderen Disziplinen, die oft in erheblicher Weise in unsere Arbeit eingreifen. Die Politik hat zum Beispiel die Möglichkeit, Gesetze für Drogengebraucher zu verabschieden, in denen der Betroffene vorrangig als Krimineller betrachtet wird, der in den Knast muss. Oder er wird als kranker Mensch eingeschätzt, der Hilfe braucht und entsprechende Hilfeeinrichtungen zur Verfügung gestellt bekommt. Unsere Position entspricht der Letzteren. Suchtkranke sind in erster Linie Opfer nicht Täter. Nach der Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) ist Sucht als Krankheit anerkannt. Die Maßnahmen der Politik und anderer Institutionen beeinflussen häufig unseren Alltag. Wir müssen hier dann pragmatisch und flexibel reagieren, ohne unsere Wertvorstellungen und Ziele aus den Augen zu verlieren und um das Beste für unser Klientel heraus zu holen. Ein grundsätzlich großes Problem ist die Kriminalisierung illegaler Drogen sowohl für die Betroffenen als auch für die Suchthilfe. Hier gelten insbesondere die Regeln der freien Marktwirtschaft: durch Kriminalisierung wird das Angebot verknappt, bei hoher Nachfrage steigt der Preis, bei hohem Gewinn nimmt die kriminelle Energie und das Interesse bestimmter krimineller Organisationen zu. Es entsteht ein Schwarzmarkt, der dem Staat jegliche Kontrolle über die Qualität bzw. die Gefährlichkeit der Drogen entzieht. Hohe Gewinne werden nicht versteuert. Durch die Unberechenbarkeit der Stoffe besteht eine große Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Betroffenen. Weiterhin ist durch illegalen Gebrauch selten gewährleistet, dass z. B. unter hygienischen Bedingungen gespritzt werden kann. Hier besteht durch den Gebrauch derselben Nadel durch verschiedene Konsumenten die Gefahr, sich vor allen Dingen mit Hepatitis C und / oder HIV zu infizieren. Durch die ungeheuer hohe Profitspanne im illegalen Drogenhandel entsteht eine Konkurrenz der Anbieter, die oft auf brutale Weise die Konsumenten mit betrifft. Schon die Prohibition in den USA hat gezeigt, dass Verbote und Strafverschärfungen nicht das Problem des Gebrauchs lösen, sondern neue mafiöse Strukturen geschaffen werden. Die Konkurrenz wurde mit allen Mitteln bekämpft, und man versuchte, in vielen 5 gesellschaftlichen Bereichen (Politik, Polizei, Gerichte usw.) oft mit Erfolg einflussreiche Personen zu kaufen. Ein großes Netzwerk an Unterstützungskräften wurde aufgebaut. Die Methoden haben sich geändert, das Prinzip ist jedoch geblieben. Zum Bereich der Hilfskräfte gehören heute auch unsere Betroffenen, die für den eigenen Gebrauch dealen. Hier sind in der Regel die Menschen zu finden, die bestraft werden und für ihr Verhalten in den Knast gehen. Wie in allen Bereichen der Gesellschaft (Bankenkrise, Managergehälter, Vergeudung von Steuergeldern, Lobbyismus jeder Art) kommen auch hier die "großen Fische" und Hintermänner, die enorme Gewinne einstreichen, meist straffrei davon. Die Kriminalisierung der Suchtkranken verhindert ihre Rehabilitation, denn ein Beschaffer illegaler Drogen kann diese in der Regel nur durch illegale Handlungen bekommen. Hier sei das Dealen zum Verdienst des Eigenkonsums oder die illegale Prostitution genannt. Beschaffung von illegalen Drogen ist meist eine Vollzeitbeschäftigung und lässt keine Zeit für andere Tätigkeiten zu. Die Drogenszene verhindert somit einen Ausstieg aus der Sucht und führt konsequenterweise in den Knast. Dort bekommt der Drogenkonsument eine gute Ausbildung für ein weiteres noch kriminelleres Leben geboten und ist nach seiner Entlassung von einer Rehabilitation noch weiter entfernt als zuvor. Es ist vorstellbar, dass eine Entkriminalisierung und eine sinnvolle, staatlich gelenkte Versorgung der Betroffenen Rehabilitationsmöglichkeiten den sowie die Sumpf der Einsetzung illegalen von angemessenen Drogenkriminalität nebst Folgeerscheinungen austrocknen könnten. Mit der Substitution sowie mit der Einrichtung von Konsumräumen im Bereich des Heroinmissbrauchs hat man vor Jahren erste, wenn auch kleine Schritte, in die richtige Richtung gemacht. Gesundheitliche Risiken durch die Kriminalisierung der Drogen sind enorm. Hier ist, wie schon erwähnt, durch unsachgemäßen Nadelgebrauch und -weitergabe ein Höchstrisiko an HIV- und Hepatitis C - Ansteckung vorhanden. Ebenso trägt die Beschaffungsprostitution zur Verbreitung dieser nicht heilbaren Krankheiten bei. Nicht behandelte Ekzeme und verschleppte andere Krankheiten sowie eine grundsätzlich unzureichende Krankenversorgung tragen zu einem schlechten gesundheitlichen Gesamtzustand der Betroffenen bei. Ein zwecks Gewinnmaximierung gestreckter und gepanschter Stoff wird häufig zum lebensbedrohlichen Faktor für den Konsumenten. Da wir uns bisher hauptsächlich mit den illegalen Drogen beschäftigt haben, kommen wir jetzt zu dem gesellschaftlich relevanteren Bereich der legalen Drogen. Häufig entsteht der Eindruck, dass die illegalen Drogen mit ihren Begleiterscheinungen die Funktion haben, von der größeren Problematik der legalen Drogen abzulenken. Die statistischen Zahlen sprechen allerdings für sich: 74.000 Tote durch Alkoholmissbrauch jährlich, oft in 6 Kombination mit Nikotin, davon 16.329 (Jahrbuch Sucht 2014) Personen, die an direkter Alkoholvergiftung und Leberzirrhose sterben. 100.000 bis 120.000 Menschen sterben jährlich an Nikotinmissbrauch, dagegen „nur“ 944 durch Missbrauch illegaler Drogen (die Zahlen stammen aus dem neuesten Jahrbuch der deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren). Nach einer vergleichenden Analyse (DHS) von 30 weltweit wirtschaftlich bedeutenden Ländern hat die BRD in Bezug auf folgende Rahmenbedingungen sehr schlecht abgeschnitten: kaum Regulierung beim Verkauf, also leichte und umfangreiche Verfügbarkeit; Industriefreundlichkeit; kaum Einschränkungen bei Werbung u. a. Warum ist es in der BRD nicht möglich, die Werbung für legale Drogen, die versucht, insbesondere junge Menschen psychologisch geschickt zu manipulieren, zu verbieten? Erstrebenswert wäre eine Umkehrung der Werbung im Sinne einer vernünftigen Aufklärung über die Gefahren des Konsums legaler Drogen. Zusätzlich wäre es sinnvoll, mit ähnlichen, die Jugend ansprechenden Methoden gezielt gegen den Gebrauch vorzugehen. Die allgemeine Verfügbarkeit sollte eingeschränkt und verstärkt kontrolliert werden. Es sollte eine lobbyfreie Drogenpolitik geben, und viele Politiker und Parteien sollten sich weniger den Interessen der Wirtschaft, sondern mehr den Bedürfnissen der alkohol- und nikotingefährdeten Jugendlichen und Erwachsenen verpflichtet fühlen. Die geschilderten Probleme und die dazu gehörenden Fragen sind seit Jahrzehnten dieselben und sind nach unserer Auffassung leicht zu beantworten und zu lösen. Jedoch zeigt die Realität, dass dieses nicht im Sinne der verantwortlichen Entscheidungsträger zu sein scheint. Also heißt es für uns, weiter zu machen wie bisher. Hinter uns stehen alle diejenigen Menschen, denen wir in der Vergangenheit geholfen haben, wieder auf einen guten Weg zu gelangen und sich und ihr Umfeld zu stabilisieren. Hieraus schöpfen wir Ansporn und Motivation für unsere weitere Arbeit. Auch in diesem Jahr Dank an die vielen Menschen, die uns unterstützt und geholfen haben, auch an die Politik von Kreis, Stadt und Land, die die Wichtigkeit und Notwendigkeit unserer Arbeit sehen und die entsprechende Unterstützung gewährleisten. Wilfried Pallenberg (Leiter der Einrichtung 7 A Zahlen im Überblick Einführende Bemerkungen Der Zulauf durch Hilfesuchende und die Inanspruchnahme unserer Leistungen im Bereich der ambulanten Hilfen liegen im Berichtsjahr 2013 ungebrochen auf einem hohen Niveau was einerseits erfreut, spiegelt er doch die hohe Qualität unserer Arbeit wider – andererseits aber auch erschreckt, insofern schädlicher/schädigender Gebrauch oder Abhängigkeit von Substanzen jeglicher Art weiterhin und sicherlich auch in absehbarer Zukunft stattfinden wird. Wir bemühen uns an dieser Stelle auch in diesem Jahr um eine Erfassung und Bilanzierung der von uns geleisteten Arbeit in der Beratungsstelle. Schwerpunkt in der nachfolgenden statistischen Erfassung ist der Bereich der ambulanten Hilfen, der Beratung, Therapie, Krisenintervention in Einzel – und Gruppensitzungen, persönlich oder am Telefon, einmalig oder langfristig umfasst. Entwicklung der KlientInnenzahlen Wie das folgende Diagramm veranschaulicht, ist im Berichtsjahr die Gesamtheit der im Bereich der ambulanten Hilfen erfassten Menschen nahezu konstant mit 1838 (1831). Bedingt durch unverändert große Nachfrage bei konstanter Beratungskapazität und inhaltlich veränderter Angebotsstruktur können wir aktuell keine erheblichen Steigerungen mehr kompensieren. Das Bild wird differenzierter, wenn wir die Gesamtheit in die drei großen Gruppen der IntensivklientInnen, der sekundär Betroffenen und der einmaligen Kontakte aufgliedern. 8 Die Population der einmaligen Kontakte ist mit nunmehr 887 (90) leicht rückläufig. Dies ist sicherlich Effekt der leicht reduzierten telefonischen Erreichbarkeit unserer Einrichtung bei gleichzeitig hoher Auslastung der personellen Kapazitäten. Bei den intensiv betreuten sekundär Betroffenen oder Angehörigen von Suchtkranken verzeichnen wir hingegen eher eine Stagnation bei 76 (7) Personen, mit denen wir im Prozess der Hilfe mindestens 3x Intensivkontakt hatten. Weiteren Zuwachs – wenn auch nur leicht – erhielt hingegen die Anzahl der betreuten IntensivklientInnen, der Gruppe von Sucht betroffenen oder bedrohten Personen, der wir den sicherlich größten Teil unseres Engagements widmen. Wie die nachstehende Grafik verdeutlicht, ist hier ein Zuwachs von 854 auf aktuell 875 zu verzeichnen. Die Grenzen des Wachstums sind seit Jahren erreicht oder überschritten – mit ein wenig Phantasie bildet die Kurve mit einem gewissen Verzögerungseffekt die Auswirkungen der politischen und ökonomischen Lage auf die Suchtarbeit ab. Zwar scheinen Stabilität und Wachstum nahezu unverändert oder ungebremst, doch geschieht dies zu Lasten einer immer größeren Bevölkerungsgruppe, die das „Tempo“ nicht mithalten kann, „überholt“ wird und von einem immer differenzierteren und in den Kapazitäten gewachsenen Arbeitsbereich der humanitären und sozialarbeiterischen Hilfe als systemstabilisierender Maßnahme aufgefangen wird. Die nachfolgenden statistischen Werte haben die Gruppe der 875 IntensivklientInnen zur Grundlage. 9 Geschlecht 72,5 % männliche Intensivklienten stehen 27,5 % weibliche Betroffenen gegenüber, ein Wert der wie die Grafik veranschaulicht durchaus im Normbereich – auch bundesweitliegt. Männliches Risikoverhalten im Umgang mit nahezu jedwedem Suchtmittel erweist sich entgegen aller Trendmeldungen über die Emanzipation des weiblichen Geschlechtes auch auf diesem Gebiet als schneller zu Abhängigkeit und Therapiebedürftigkeit führend. Nicht zuletzt beruht dies auch auf geschlechtsspezifisch unterschiedlicher Verteilung emotionaler Kompetenzen, Ressourcen und Copingstrategien, was u.a. dazu führt, dass Frauen gehäuft deutlich längere Suchtkarrieren vorweisen, „flachere Suchtkurven“ entwickeln und über lange Zeit ihren Suchtmittelkonsum verheimlichen können. Das Alter Wie schon im Vorjahr erlaubt die Datenbank keine Aussage zum effektiven Durchschnittsalter unserer Klientel, sondern lässt uns lediglich die Klientel in die Altersgruppen der Jugendlichen bis zum 21ten LJ, der jungen Erwachsenen bis zum 35 ten LJ sowie der Erwachsenen ab dem 25ten LJ unterteilen. Auch aus den unten dargestellten Diagrammen lassen sich wie auch in den Vorjahren Rückschlüsse zur Altersverteilung ziehen. So offenbart die Altersverteilung bei den IntensivklientInnen eine Verteilung von 24,9 (24,8) Jugendliche, 43,5% (44,2) junge Erwachsene und 31,6 (31,0) % Erwachsene. 10 Wir konstatieren nur geringfügige Veränderungen in der Altersstruktur der primär Betroffenen. Vergleichen wir hingegen die Altersverteilung der Gesamtheit der Klientel im Bereich „Ambulante Hilfen“, so ergibt sich eine deutlich andere Situation. Hier zeigt sich, dass die Gruppe der jungen Erwachsenen mit 37,1 (37,5%) der Gesamtheit weiterhin die größte Gruppierung stellt. Nahezu gleichauf folgt mit 36,9 (36,8%) die Gruppe der Erwachsenen mit mehr als 35 Lebensjahren, die Jugendlichen hingegen bleiben mit 26,0% (25,7%) die kleinste Gruppierung. Von Interesse wiederum scheint, dass im Vergleich bei den IntensivklientInnen die jungen Erwachsenen, bei den einmaligen Kontakten die Gruppe der Erwachsenen die Majorität darstellt. Der übergroße Anteil der einmaligen Kontakte findet mit Erwachsenen statt, Eltern zumeist, die in Krisensituationen in der Regel Informations- oder Interventionsbedarf haben. Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht die Verteilung nach Altersgruppen unter Berücksichtigung der regionalen Herkunft. Lange schon Vergangenheit sind die Zeiten, in denen der Konsum verbotener Substanzen sich in den „Metropolen“ abspielte. Vielmehr scheint der Nacheiferungseffekt „ auf dem Lande“ u.a. durch die ubiquitäre Verfügbarkeit der Medien bei gleichzeitiger Abwesenheit attraktiver und jugendgemäßer Angebote und daraus resultierender Langeweile und Leere hier verstärkend zu wirken. 11 Regionale und Altersgruppenverteilung KlientInnen ambulante Hilfen ( gesamt ) 2013 IntensivklientInnen : 868 Stadt Kreis Und Umkreis Jülich < 21 Jahre 122 94 16 9 < 35 Jahre 231 147 51 28 > 35 Jahre 148 126 32 30 Ges. 501 367 99 67 sowie 7 überregionaler Herkunft = 875 ( 854 ) Ratsuchende gesamt Sekundär Betroffene intensiv gesamt: 76 (74) Stadt Kreis < 21 Jahre < 35 Jahre > 35 Jahre Ges. 6 11 25 42 4 7 23 34 Einmalige Kontakte gesamt: 887 (903) Stadt Kreis < 21 Jahre < 35 Jahre > 35 Jahre Ges. 163 161 134 458 88 122 219 429 Davon: Stadt Jülich Davon Stadt Jülich 1 1 5 7 Davon Stadt Jülich 14 38 46 98 gesamt 216 378 274 868 Und Umkreis Jülich 1 4 5 gesamt Und Umkreis Jülich 11 19 41 71 gesamt 10 18 48 76 251 283 353 887 KlientInnen in 2013: Gesamt : 1838 (1831) für den Bereich der ambulanten Hilfen Für die Intensivklientel ergibt sich ähnlich den Vorjahreswerten ein doch eher deutliches „Übergewicht“ der aus dem Stadtgebiet Düren Stammenden mit 57,1%, was sicherlich auch mit Ballungsphänomenen und Erreichbarkeit zu erklären ist. Für die Gesamtheit der Klientel inklusive der Angehörigen und der einmaligen Kontakte indes gilt eine etwas geringer ausfallende „Stadtlastigkeit“ mit einem Verhältnis von 54,5 % zu 45,5%. 12 Symptomatik Alle Menschen, die zu uns finden, vereint die leidvolle Erfahrung, dass trotz Dosissteigerung und Erhöhung der Konsumfrequenz die ursprünglich als positiv erlebte Substanzwirkung sukzessiv verloren ging, letztlich massiv beeinträchtigte oder krank werden ließ. Häufig liegen zwischen dem Erstkonsum, der Experimentier- und folgenden Gewöhnungsphase, der Abhängigkeitsentwicklung mit Toleranzentwicklung und Verlust der Kontrolle, dem Eintritt zunehmender negativer Konsequenzen, dem Erkennen und Zulassen von Hilfsbedürftigkeit und dem Aufsuchen der Beratungsstelle viele Jahre. Dazwischen liegen mannigfache die Abhängigkeit und Suchtentwicklung forcierende Erfahrungen. Wie bei vielen Verhaltens- und Einstellungsänderungen, die letztlich der Dynamik der Methapher vom Brechenden Krug folgen, müssen in aller Regel die ursprünglich positiv empfundene und bewertete Substanzwirkung sich verflüchtigen und die aversiv erlebten Begleit- oder Nebenwirkungen hingegen in den Mittelpunkt rücken bis eine Änderungsmotivation für Außenstehende und den Betroffenen selbst erkennbar wird. Die nachstehend aufgeführte Graphik stellt die in der Datenerfassung erhobenen Hauptdiagnosen dar. Eine Hauptdiagnose wird nach standardisierten Kriterien der ICD gestellt. Für unsere Intensivklientel heißt das, dass bei 671 der 868 betreuten IntensivklientInnen eine Diagnose gestellt wurde, der Rest der Klientel konsumierte missbräuchlich Substanzen, zeigte jedoch (noch) keine eindeutigen sozialen oder gesundheitlichen Auffälligkeiten mit pathologischem Wert, die die Stellung einer Diagnose erlauben würde. 13 Mit nahezu 35,6% der Personen mit einer Diagnose nehmen die Opiatabhängigen weiterhin eine ausgesprochen prominente Position ein. Viele der Opiatabhängigen werden substituiert und/oder betreiben neben dem Konsum von Opiaten auch je nach Verfügbarkeit auch Konsum anderer Substanzen. Bei den anderen Substanzgruppen konstatieren wir eine wesentlich eindeutigere Prävalenz bezüglich der gewählten konsumierten Substanz. Hier kam es auch erheblich seltener zu mehr oder minder wahllosem parallelen Konsum verschiedener Stoffe. Zweitgrößte Gruppierung sind die Alkoholiker mit 149 Personen, was angesichts der ubiquitären Verfügbarkeit trotz des Rückgangs der Trinkmengen an reinem Alkohol in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft und im Alltag nicht wundert. Eher bewundernswert scheint uns die Regenerationsfähigkeit und Zähigkeit des menschlichen Organismus, der über lange Zeit betriebenes schädigendes Verhalten in Gestalt von übermäßigem oder maßlosem Trinken ohne gravierende Schädigungen auszuhalten scheint. Mit weitem Abstand wiederum folgen bei den substanzgebundenen Süchten die KonsumentInnen von Cannabis mit 87 Intensivklienten und AmphetaminkonsumentInnen mit 86 Personen. Eine Sonderrolle nehmen die pathologische Glücksspiel Betreibenden ein, die durch Intensivierung des Angebots bei gleichzeitiger Erhöhung der Nachfrage im Berichtsjahr sprunghaft auf 90 Personen gestiegen sind. Gründe hierfür dürften sicherlich in der Novellierung der Spielverordnung und dem Zuwachs an Spielstätten liegen, ein anderer in der schon früh einsetzenden Heranführung im Internet und den PC-Spielen und den 14 Konsolenspielen, wiederum ein anderer in der weiterhin hohen Bedeutung von Erfolg und Status durch „sich etwas leisten können“. Hier bietet ja die einschlägige Industrie ein Versprechen vom schnellen Weg zum Glück durch Erfolg – und das spielend!!!! Zur sozialen Situation „Aus ganz normalen Familien kommen ganz normale Suchtkranke“- ein Slogan, der vor Jahren von der Caritas benutzt wurde, um u.a. auf die Alltäglichkeit und Normalität von Suchtentwicklung in unserer Gesellschaft hinzuweisen und zu sensibilisieren. Suchtmittelkonsum ist alltäglich, in vielen Ritualen verankert, im Volksmund sowieso und Konsum von Alltagsdrogen mindestens so normal wie das sprichwörtliche tägliche Zähneputzen. Nur wenige nehmen nicht daran teil, leben bewusst ohne Alkohol oder Zigaretten und gesundheitsbewusst. Und außerdem: der Begriff süchtig ist nicht nur negativ besetzt – hören wir in der Werbung, dass ein Produkt „süchtig“ machen kann, so weckt das unser Verlangen, da diesem Produkt ja doch ein ungeheurer Reiz innewohnt, wir uns kaum verschließen können, geschweige denn, diesem widerstehen können. Dies umso intensiver, je „ärmer“ und leerer unser Leben uns scheint, umso mehr Glück und Erfolg, Wohlbefinden mit dem Spender von Positivem verbunden wird. Sucht gibt es quer durch alle sozialen Schichten und Altersgruppen. Bildungsstand und sozialer Status schützen nicht, verändern lediglich Auswirkungen, Gestalt und Dauer der Suchtkarriere. So wird die Sucht eines Politikers oder eines angesehenen, erfolgreichen Managers anders aussehen, andere Konsequenzen nach sich ziehen als die eines Harz IVEmpfängers ohne Zukunftsperspektive mit mehrfachen körperlichen Handicaps. Unsere Klientel rekrutiert sich aus beiden Gruppierungen: den ganz „normalen“ Menschen, die berufstätig sind, Familie haben, mitten im Leben stehen, nach außen unauffällig wirken, ihren Pflichten nachkommen und den Menschen, die entweder nie Fuß fassen konnten und Halt gefunden haben oder ihn durch die Konsequenzen der Sucht verloren haben. Das unten dargestellte Diagramm zeigt eine bereinigte Arbeitslosenquote, welche nur die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Personen zur Vergleichspopulation nimmt. Das Ergebnis von 55,4 8% offiziell arbeitslos gemeldeten Personen entspricht dabei weitgehend den ermittelten Vorjahreswerten. 15 Hintergrund ist sicherlich auch, dass ein immer größerer Prozentsatz unserer Klientel aus der Arbeitslosigkeit in den Staus der Erwerbsunfähigkeit und den Rentenbezug „rutscht“, da Komorbidität, Mehrfachbeeinträchtigungen, Langzeitarbeitslosigkeit und andere Faktoren mehr eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit aussichtslos erscheinen lassen und Jobcom oder Arbeitsagentur die vorzeitige Berentung nicht verhindern. Bezüglich der Wohnsituation unserer Klientel zeigt sich, dass das Gros der Klientel entweder allein lebt oder mit oder bei den Eltern. Gerade Jugendliche und Heranwachsende verbleiben in einer verlängerten Adoleszenzphase häufig weitaus länger im Elternhaus als noch vor 20 Jahren üblich. Ca. 10-15% unserer Intensivklientel sind mittlerweile bei verschiedenen Anbietern des Ambulant Betreuten Wohnens lebend, entweder allein lebend oder in Gemeinschaften, und werden hier betreut, um dauerhafte stationäre Maßnahmen zu vermeiden und die Selbständigung zu fördern. 16 Als weiteren Indikator neben Erwerbsstatus sowie Wohnsituation greifen wir den Parameter „Partnerschaft“ auf. Viele unserer KlientInnen benennen die Aufnahme einer tragfähigen Liebesbeziehung als Ziel ihrer Bemühungen um Veränderung und sehen darin eine stabilisierende Funktion auf ihrem Weg zur Genesung. Positive und stützende Beziehungen stellen sicher bei der Bewältigung des schwierigen Weges zur Bewältigung der Abhängigkeit eine wichtige Ressource dar; indes ist die Fähigkeit seitens unserer Klientel, diese Beziehungen auch kompetent zu führen, in aller Regel nur unzureichend entwickelt. Ziel aller Veränderungsprozesse in unserer Arbeit ist demzufolge auch die Förderung funktionaler Beziehungskompetenzen. Nicht überraschend wirkt, dass 52 % unserer Klientel alleinstehend und ohne feste Bindung sind, nur wenige von ihnen freiwillig und aus Überzeugung. Substitution Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung ist die medikamentengestützte ambulante Behandlung von vorwiegend Opiatabhängigen integraler Bestandteil der Hilfelandschaft. Wenngleich manches in diesem Segment vielleicht suboptimal funktioniert, so sichert diese Behandlung vielen schwer und lange Süchtigen das Überleben. Nie zuvor sind so viele Opiatabhängige mit teilweise schweren Begleiterkrankungen so alt geworden. Die initial beabsichtigten Effekte wie gesundheitliche Verbesserung, Reduktion an Prostitution und 17 Kriminalität konnten erreicht werden, nur wenigen Substituierten allerdings gelang die Herauslösung aus der Sucht. Dies gelang dann besser, wenn die Suchtkarriere noch nicht so lange währte und eine enge Verzahnung von medikamentöser Unterstützungen und suchttherapeutischer Hilfen hier den Weg in abstinente Lebensführung ebnete. Die Anzahl der in unserer Einrichtung psychosozial Betreuten ist gegenüber dem Vorjahr mit 238 nahezu konstant. Die Intensität der Betreuung reicht dabei von einer recht großen Zahl von Substituierten, die uns in großen Intervallen aufsuchen bis hin zu einer eher kleinen wechselnden Population von Substituierten in Krisen- oder Veränderungssituationen. Verändert hat sich in der Substitutionslandschaft Dürens die Anzahl der Substituierenden. Neben einigen Ärzten mit sehr wenigen Substituierten gibt es nun eher Schwerpunkte mit 30 und mehr Patienten, davon im Stadtgebiet Düren drei sowie die AMSO bei den RK Düren und im Süd- und Nordkreis jeweils eine. Differenziert hat sich das Angebot an verabreichten Substituten: neben Methadon und in Einzelfällen auch Polamidon wird nun vermehrt mit Subutex, Suboxone und Methadicct gearbeitet. 18 B Ambulante Einzelhilfe Zur allgemeinen Situation Insgesamt haben im Jahr 2013 1.838 Personen die Angebote der Einzelhilfe von Information, Beratung und Behandlung in Anspruch genommen. Davon waren 887 Personen Einmalkontakte, 875 IntensivklientInnen und 76 intensiv betreute Angehörige. Diese an sich ja schon sehr hohen Zahlen beziehen sich dabei nur auf die Besucher der Beratungsstellen in Düren und Jülich. Darin sind nicht die Café-„D“-Besucher, die KlientInnen im Betreuten Wohnen und die Menschen, die sonstige Hilfen unseres Verbundsystems in Anspruch nahmen, erfasst. Das zeigt: Die Sucht- und Drogenproblematik ist nach wie vor drastisch hoch und gesamtgesellschaftlich weiter ansteigend – auch wenn sich dies in den Medien nicht immer entsprechend nachhaltig widerspiegelt. Obwohl wir diese Arbeit mit den betroffenen Menschen täglich und schon sehr lange machen, sind wir immer wieder angesichts dieser hohen Nachfrage und der vollen Wartezimmer berührt. Das Gros unserer Klientel besteht sind nach wie vor aus KonsumentInnen illegaler Drogen, nämlich 636 von den insgesamt 875 IntensivklientInnen. Etwa die Hälfte dieser Gruppe sind Opiatabhängige. Entsprechend hoch ist auch die Zahl (238) der von uns psychosozial betreuten Substituierten. Die Substitution erweist sich nachweislich deutlich als lebensrettend für die Betroffenen und ist sicherlich neben anderen Wirkfaktoren auch ein wesentlicher Faktor dafür, dass die Zahl der Drogentoten bundesweit erheblich gesunken ist. Auffallend war eine gestiegene Nachfrage seitens Betroffener aufgrund ihrer einer Spielerproblematik. Dies entspricht auch einem bundesweit beobachteten Trend, nach welchem das problematische Automatenspiel – besonders auch bei jungen Menschen – erheblich zugenommen hat. Ein begünstigender Faktor ist hier sicherlich, dass – wie man auch im Kreis Düren beobachten kann – die Spielhallen nach wie vor „wie Pilze aus dem Boden schießen“. Eine weitere Thematik auf die wir seit längerem aufmerksam machen ist der zunehmend problematische teils schon als süchtig zu sehende Umgang mit Medien – vom Handy bis hin zu Computerspielen. Insbesondere der süchtige Umgang mit dem Internet (Internetsucht) ist bereits ein fast alltägliches Thema in der Suchthilfe, und es ist abzusehen, dass dies eine Sucht der Zukunft sein wird. 19 Pathologisches Glücksspiel 2013 war sicherlich das Jahr in der bisherigen Arbeit mit dieser Zielgruppe, in der Zulauf und Qualität der geleisteten Arbeit als außerordentlich zu bezeichnen sind. Die Anzahl der intensiv betreuten Spiele mit mehr als 3 Kontakten stieg von 67 im Vorjahr auf 90 im Berichtsjahr, 26 von ihnen wurden in stationäre oder ambulante Entwöhnungsbehandlung vermittelt. Der Anteil an Frauen ist mit 8% erwartungsgemäß gering, der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund ist leicht rückläufig und liegt bei den Menschen mit eher wenigen Kontakten über dem Durchschnitt. Die Altersstruktur hat sich dahingehend verschoben, dass wir immer mehr junge Erwachsene mit einer kurzen aber steilen Karriere zu unserem Klientel zählen, die andere teils gravierende Entwicklungsstörungen zum Teil durch das Glücksspiel zu kompensieren oder verlagern trachteten. Neben der therapeutischen ist hier vor psychoedukative und pädagogische Arbeit zu leisten. Ein „Höhepunkt“ in 2013 war der landesweite Aktionstag im September in Kooperation mit der Landesfachstelle. Neben Rundfunkbeiträgen gab es ein Experteninterview mit Betroffenen und Fachleuten mit reger Beteiligung. Im Mittelpunkt der regelmäßigen Aktivitäten in den Bereichen Prävention, Beratung und Behandlung standen neben den bereits gut eingeführten und bewährten Angeboten „Offene Spielergruppe“, „offene Sprechstunde“ (beide jeweils wöchentlich) die Intensivierung des Bereichs der ambulanten Behandlung von Abhängigkeit Betroffener durch die ARS. Die 2011 eingeführte Motivations- und Edukationsgruppe konnte bis ins Berichtsjahr fortgeführt werden. Viele Spieler wurden in eine stationäre Maßnahme vermittelt und im Anschluss in unserer Einrichtung nachbehandelt. Weiterhin kaum ins Gewicht fallen sowohl bei den Einmaligen als auch in der regelmäßigen und intensiven Betreuung weibliche Spieler (8von 100). Neben den Koordinationstreffen war die Teilnahme an einer zweitägigen Fortbildung zum Thema „Männlichkeit und Männerbild“ der Erwähnung wert. Themen wie Zuverlässigkeit, Kontinuität, Verbindlichkeit und defizitäre Beziehungskompetenz erwiesen sich im Bereich der gesamten Arbeit aufgrund der 20 spezifischen Problematik immer wieder als in hohem Maße belastend. Die Gruppenarbeit hatte sowohl das Bemühen um einerseits Anbindung und somit das Lösen aus der vielfach gelebten Isolation als auch die Regulierung der mannigfaltigen Störungen im sozialen Kontakt zum Gegenstand, grundlegende soziale Kompetenzen mussten eingeübt und gefördert werden. In Einzelfällen wirkte die Vermittlung in Ambulant Betreutes Wohnen stabilisierend, um umfassende existenzielle und finanzielle Hilfen anbieten zu können. Der Internetauftritt wurde in 2013 weiterhin optimiert, was neben der geschaffenen Möglichkeit zur Online-Beratung die Zugangsschwelle senkte. Dies in 2013 mit großem Erfolg, da nachweislich ein erheblicher Prozentsatz der Hilfesuchenden diesen Zugang nutzte. Im Bereich der Präventionsarbeit wurde neben den standardisierten Adressaten (Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen etc. pp) und Methoden der Informationsvermittlung und Motivationsbildung die Kooperation mit einem kommunalen Arbeitskreis in einem Stadtteil mit hoher Belastung intensiviert und die in diesem AK Tätigen informiert und sensibilisiert, um in ihrem Stadtteil entsprechend Einfluss nehmen zu können. Es wurde auf bereits vorliegendes Infomaterial in türkischer Sprache verwiesen und dieses verteilt, als auch ein eigener Flyer in türkischer Sprache erarbeitet. Cannabissprechstunde und „Realize it“ Unsere fest eingerichtete, wöchentlich stattfindende Cannabissprechstunde wurde auch in diesem Jahr gut angenommen. Über die Cannabissprechstunde ergaben sich im Jahr 2013 125 Kontakte. Bei den Hilfesuchenden handelt es sich zumeist um Jugendliche und junge Erwachsene. Der überwiegende Anteil der Hilfesuchenden erfüllt die Kriterien einer Cannabisabhängigkeit. Im Erstkontakt werden alle Anlässe für die Kontaktaufnahme, Veränderungsmotivation und -motive besprochen und erarbeitet, Bedarfe für weiterführende Unterstützungsmöglichkeiten eruiert und angeboten. An dem 10-wöchigen cannabisspezifischen Beratungsprogramm „Realize it“, welches sich an diejenigen Cannabiskonsumenten richtet, die ihren Cannabiskonsum signifikant verändern wollen, nahmen im Berichtsjahr 18 Personen teil. 21 Vermittlung in stationäre und ambulante Entwöhnungsmaßnahmen Auch diese Zahlen zeigen: Die Arbeit in der Drogenberatungsstelle läuft auf Hochtouren und in einer enormen Dichte! Die Anzahl der Vermittlungen ist in 2013 von 176 im Vorjahr noch einmal etwas angestiegen auf 181 Personen. Leider kam es besonders in diesem Jahr zu zusätzlichen Belastungen und zeitlichem Aufwand durch Veränderung der Rahmenbedingungen seitens der Rentenversicherung. Hier kam es gehäuft zu nicht nachvollziehbaren Ablehnungen der Kostenanträge, oder es wurden Kliniken (meist kostengünstigere) bewilligt, die aus unserer Sicht unpassend für die KlientInnen waren. Daraus folgte die Notwendigkeit zur Erstellung von Widersprüchen, zusätzlichen Stellungnahmen, Telefonaten mit der Rentenversicherung etc. Dieser zusätzliche Zeitaufwand hatte zur Folge, dass die Wartezeiten für die KlientInnen sich enorm verlängerte (was nicht selten auch zu Abbrüchen der Vorbereitung führte) und für Frustration, Unzufriedenheit und Ärger bei allen Beteiligten sorgte. Da der o.g. Trend auch bei anderen Einrichtungen der Suchthilfe in Düren (Gesundheitsamt, LVR-Klinik u. a.) beklagt wurde, wandten wir uns mit einem gemeinsamen Schreiben an die Rentenversicherung. Offensichtlich besteht dort ein hoher Druck zur Kostenersparnis und so muss es perspektivisch darum gehen, einen gemeinsamen Kompromiss in der weiteren Vorgehensweise zu finden. Von den 181 Personen, bei denen eine Vermittlung in Entwöhnungsmaßnahmen erfolgte, haben - 53 Personen die Therapie regulär abgeschlossen - 38 Personen befanden sich noch in der Maßnahme - 29 Personen haben die Maßnahme vorzeitig abgebrochen 31 Personen haben sich vor Beginn der Maßnahme gegen deren Durchführung entschieden. Außerdem gab es bei einigen KlientInnen Ablehnungen oder Komplikationen mit der Kostenzusage 30 Personen befinden sich noch in der Vorbereitung der Maßnahme Bei 15 Personen erfolgte die Vermittlung auf Grundlage des §35 BtmG. Elterngruppe Im Berichtsjahr besuchten neun Personen regelmäßig die Elterngruppe, darunter ein Ehepaar und acht Mütter. 22 Zwei der Mütter besuchen lediglich ungefähr jeden zweiten Monat die Gruppe. In einem Fall hat sich die positive Entwicklung des Sohnes weiter fortgesetzt. Er ist nach vielen Jahren des Drogenkonsums weiterhin stabil abstinent und setzt erfolgreich sein Studium fort. In dem anderen Fall geht der Sohn nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe jetzt einer geregelten Arbeit nach. Bei den anderen (zur Zeit ausschließlich) Söhnen setzte sich der suchtmittelgeprägte Lebenswandel mit Konsum, Psychosen, Aggressionen und Straftaten weiter fort, wenn auch mit Hoffnung stiftenden positiven Tendenzen, die, vielleicht nicht zuletzt in einem veränderten, abgrenzenderen und klareren Verhalten der Mütter begründet sind. So haben drei Söhne die Kostenübernahme für stationäre Entwöhnungsbehandlungen beantragt, ein Sohn trat Ende des Jahres seine Therapie an. Sehr betroffen hatte die Gruppe, dass der Sohn des langjährig teilnehmenden Ehepaars im November plötzlich verstarb. Nach vielen Jahren des Suchtmittelkonsums hatte er sich mit intensiver Unterstützung seiner Eltern soweit stabilisiert, dass er bei nur gelegentlichem Alkoholkonsum in einer eigenen Wohnung lebte, kleinere Arbeiten verrichten und die meisten seiner Angelegenheiten selber regeln konnte. Der plötzliche Tod stand wahrscheinlich nicht in direktem Zusammenhang mit der Einnahme von Suchtmitteln, war aber eventuell eine Folge der gesundheitlichen Schädigung durch den langjährigen Konsum. Die Möglichkeit des Versterbens des suchtmittelabhängigen Kindes bedeutet bei allen Eltern süchtiger Kinder das Fühlen einer dauerhaft präsenten Angst, deren Verdrängung die Aufwendung von viel psychischer Energie erfordert. Neben dem Mitleiden mit den betroffenen Eltern tritt diese Angst, wenn ein Sterbefall eintritt, wieder in den Vordergrund und zwingt zur Auseinandersetzung damit. Es gab auch in diesem Jahr neue Mütter, die die Gruppe ein- oder zweimal besuchten, sich aber gegen eine regelmäßige Teilnahme entschieden. Wenn die Gruppe Rückmeldungen darüber erhielt, war die Entscheidung gegen eine Teilnahme in der Regel mit der zu großen psychischen Belastung durch die Miteinbeziehung in die einzelnen Lebensgeschichten begründet. Die Gruppenmitglieder bilden mittlerweile eine sehr vertraute, homogene Gemeinschaft, die auch außerhalb der Treffen Kontakt hält und sich unterstützt. Die Gruppentreffen sind gekennzeichnet durch eine offene, wohlwollende und stützende Atmosphäre, die aber auch Raum für kritische Reflexion der Standpunkte und des Verhaltens der einzelnen Mitglieder lässt und somit einen lebendigen und gesunden Austausch ermöglicht. 23 C Prävention Allgemeiner Bericht Ein Großteil der im Berichtsjahr durchgeführten Präventionsveranstaltungen widmet sich auch in diesem Jahr dem Thema „Alkoholprävention“. Nach wie vor spielt dieses Thema in gesamtgesellschaftlichen Bezügen eine zentrale Rolle. Die Medienberichterstattung spiegelt die Brisanz des Themas „Alkohol“ in jugendkulturellen Zusammenhängen wiederholt wider. Doch exzessives, riskantes Rauschtrinken stellt sich nicht als ein vorwiegend jugendtypisches Verhalten dar. Unsere jeweiligen Angebote und Aktivitäten richteten sich daher an unterschiedliche Zielgruppen, bestehend aus Jugendlichen und Erwachsenen in Schule, Ausbildung, Betrieben und Sportvereinen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Erwachsene, ergo auch Eltern, oftmals über ein unzureichendes Problembewusstsein hinsichtlich des individuellen Umgangs mit Alkohol verfügen. So zeigt sich auch, dass viele Erwachsene sich oftmals ihrer Vorbildfunktion nur unzureichend bewusst sind. Doch auch Erwachsene müssen Verzicht üben, damit Jugendliche das Verhalten nicht kopieren. Darüber hinaus war ein klarer, regelorientierter Umgang mit Alkohol im familiären Umfeld Thema einer ganzen Reihe von Elternabenden. Auf Grundlage veränderter Alkoholkonsummuster (regelmäßiger Alkoholkonsum nimmt zugunsten von Trinkexzessen zu) wurde mit dem Präventionskonzept „HaLT-Hart am Limit“ ein zielgruppenspezifisches Angebot für Jugendliche mit riskantem/problematischem Trinkverhalten in Kooperation mit dem St. Marien Hospital entwickelt. Leitidee des Konzeptes ist es, Jugendliche mit riskantem Trinkverhalten möglichst frühzeitig mit einem kurzen, gezielten und möglichst freiwilligen Angebot bekannt zu machen. Der Zugang zum Angebot soll dabei über die stationäre Behandlung infolge einer Alkoholintoxikation erfolgen. Die niedrigschwellige, zeitlich begrenzte Frühintervention besteht sowohl aus Einzelgesprächen für Jugendliche und deren Eltern als auch aus einem Gruppenangebot „Risiko Check“. Die Einzelgespräche haben zum Ziel, über das Präventionsangebot von HaLT zu informieren und für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Problematik zu motivieren. Darüber hinaus wird Eltern Unterstützung angeboten. 24 Neben Einzelberatungen für die Familien gibt es das Gruppenangebot „Risiko-Check“. Betroffene Jugendliche haben hier die Möglichkeit, die komatöse Alkoholvergiftung gemeinsam mit Anderen aufzuarbeiten. Vor allem geht es um die Erarbeitung einer Risikokompetenz im Umgang mit Alkohol. Ziele sind, die Sensibilität der Jugendlichen für die Grenze der Selbstschädigung zu erhöhen, ihr Verantwortungsgefühl für das eigene Tun zu stärken und den individuellen Punkt des Ausstiegs aus Risikosituationen in der Zukunft innerlich zu verankern. Da der Einfluss der Clique auf den Alkoholkonsum und den damit einhergehenden Gruppenangebot Erfahrungen nicht unwesentlich mitgebracht werden. ist, dürfen auch Eine erste Freunde Umsetzung zum des Frühinterventionsangebotes erfolgte im Frühjahr 2014. Erstmalig wurde im Berichtsjahr von der Fachstelle eine dreitägige MOVE – Fortbildung durchgeführt. MOVE (Motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen) richtet sich an pädagogische Fachkräfte und vermittelt Techniken zur Gesprächsführung zur Förderung von Motivation und Veränderungsbereitschaft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit problematischem Substanzkonsum. MOVE stützt sich dabei auf das „Transtheoretische Modell“ der Verhaltensänderung, dem „Motivational Interviewing“ sowie Elementen aus weiteren Beratungs- und Gesprächsführungsansätzen. Mit Themen aus dem Bereich Suchtvorbeugung setzten sich Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulformen im Rahmen eines HipHop-Workshops auseinander. Insgesamt wurden 4 Workshops im Berichtsjahr angeboten. Die Jugendlichen setzten sich in ihren Songs mit Suchtstoffen wie Alkohol und Nikotin auseinander. Zuvor wurde mit den Jugendlichen über Ursachen für die Entstehung süchtig machender Verhaltensweisen gesprochen und Umgangsformen mit verschiedenen Suchtmitteln diskutiert. Nach Erarbeitung der Songtexte wurde mit einem Musiker der Song produziert. Neben der Alkoholprävention nahm auf substanzspezifischer, suchtpräventiver Ebene die Cannabisprävention eine bedeutende Rolle ein. Cannabis ist nach wie vor die am häufigsten konsumierte illegale Droge und integraler Bestandteil jugendlichen Lebens. Im Zuge dessen haben Eltern nach wie vor einen großen Informations- und Beratungsbedarf, dem im Berichtsjahr mit individuellen Beratungen, schulischen und außerschulischen Elternabenden und einem Elternkurs Rechnung getragen wurde. Gleichfalls zeigt sich ein 25 Informations- und Beratungsbedarf bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welches bspw. in E-Mail Beratungen und persönlichen Gesprächen im Rahmen von schulischen und außerschulischen Veranstaltungen sehr deutlich wird. Weiterhin wird von der Fachstelle die von der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung betriebene internetbasierte Ausstiegshilfe „Quit the Shit“ (QTS) unterstützt. QTS ist Teil des Cannabisprogramms NRW. Mit QTS werden insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene mit einem riskanten und abhängigen Cannabiskonsum erreicht. Das Ziel des Programms besteht darin, die Programmteilnehmer innerhalb eines Zeitfensters von 50 Tagen in ihrer individuellen Zielsetzung - nämlich Konsumreduktion oder Abstinenz - zu unterstützen. Nach wie vor wird QTS mit großem Erfolg angenommen. Die Nachfrage war im Berichtsjahr so groß, dass leider nicht alle Anfragen bearbeitet werden konnten. Da es mit QTS gelingt, Personen, die sonst keinen Zugang zu Einrichtungen der Sucht- und Drogenhilfe finden, zu erreichen und ihnen eine angemessene Unterstützung zu bieten, wurde die von vielen Teilnehmern akzeptierte Online-Beratung zum integralen Bestandteil unserer Arbeit. In der dem Verbundsystem zugehörigen EndArt-Fabrik wurden auch in diesem Jahr mehrere Maßnahmen zur Alkoholprävention durchgeführt. Zielgruppe waren Jugendliche und junge Erwachsene. Die BesucherInnen wurden angeregt, sich mit ihrer Haltung zum Alkohol und ihren entsprechenden Trinkgewohnheiten auseinander zu setzen. Aktionen zielten zudem darauf ab, für die Gefahren eines Die missbräuchlichen Alkoholkonsums zu sensibilisieren und für einen genussorientierten, verantwortungsvollen und somit risikoarmen Umgang mit Alkohol zu werben. In der Endart wurden darüber hinaus in Kooperation mit Dürener Schulen mehrere rauchund alkoholfreie SchülerInnen-Partys organisiert und dort auch durchgeführt. Traditionell wurde auch in diesem Jahr zur Karnevalszeit eine alkohol- und rauchfreie Party veranstaltet. Präventionsorientierte Veranstaltungen wie bspw. Techno-Partys, Schulpartys, Konzerte mit Schülerbands aus der Region usw. wurden gut angenommen und gut besucht. 26 Veranstaltungen zur Sucht- und Drogenprävention in Stadt und Kreis Düren im Jahr 2013 Veranstaltungen Teilnehmer 37 1.012 20 81 53 270 32 184 43 851 Schule Projekttage/-wochen, Infoveranstaltungen LehrerInnen Fachberatung, Fortbildungs-seminare für Lehrerkollegien/-gruppen, Krisenintervention Eltern schulische und außer-schulische Elternabende/- kurse, individuelle Beratung Außerschul. Multiplikatoren Fortbildungsseminare, Fachberatung, Krisenmanagement/-intervention Außerschul. Jugendarbeit Jugendgruppen, Projekttage, Cliquenberatung, Internetberatung, Quit the Shit Betriebsprophylaxe Schulung von Multiplikatoren, 7 93 Auszubildenden u. Belegschaft Interessierte Öffentlichkeit EndArt (Konzerte, Schüler-Partys usw.), 27 10.090 219 12.581 Infoveranstaltungen, Presse etc. Insgesamt D Nebenstelle Jülich Im Jahr 2013 haben wir insgesamt 352 Personen erreicht. Davon waren 164 IntensivklientInnen. Wir blicken auf ein sehr arbeitsreiches Jahr zurück – gerade noch am Rande des Machbaren, sollen die Hilfesuchenden nicht auf der Strecke und die Qualität der Arbeit so gut es geht gewahrt bleiben. 27 Die finanzielle Misere im Haushalt der Stadt Jülich und damit verbunden eine geplante Streichung der Zuschüsse für unsere Außenstelle, bescherte uns eine völlig ungesicherte Zukunft und erhebliche Sorgen um die weitere Existenz der Beratungsstelle und die möglichen Folgen für die Menschen, die uns anvertraut sind. Mit intensiver Informationsarbeit und Fachgesprächen mit der Politik konnte erreicht werden, dass die Zuschüsse für 2013 und auch 2014 weitergezahlt wurden. Mit Tatkraft kam uns dabei auch Herr Probst Wolff zu Hilfe, indem er mit einer originellen Idee eine Spende für die Finanzierung eines Jahres akquirierte. An dieser Stelle gilt ihm und dem anonymen Spender unser besonderer Dank. Erfreulich war auch die breite positiv unterstützende Resonanz aus der Jülicher Bevölkerung – von Betroffenen und Nichtbetroffenen – welche wir als gute moralische Stütze erlebt haben. Die Weiterfinanzierung unserer Arbeit brachte uns nicht nur Entlastung aus dem psychischen Druck, sondern auch die Hoffnung zurück, mit dem gesehen zu werden was sonst eher im Stillen geschieht. Wir hoffen auch, dass wir wieder eine deutliche Sensibilisierung gegenüber der Brisanz der Drogenproblematik und der Notwendigkeit einer weiteren ortsnahen Versorgung von Betroffenen in Jülich erreichen konnten, so dass in 2015 und in den Jahren danach eine weitere Finanzierung unserer Außenstelle, in der seit bald (2014) 30 Jahren eine sehr wichtige und erfolgreiche Arbeit geleistet wird, sichergestellt ist. Im Folgenden sind die statistischen Zahlen im Überblick aufgeschlüsselt werden bezüglich der Intensivklientel nach für die Suchtarbeit „relevanten“ Parametern beleuchtet werden. Dabei fällt ins Auge, dass ein hoher Anteil (92) ein junges Publikum im Alter von 16 bis 30 Jahren ausmacht. Die Aufschlüsselung nach Substanzen sagt eher etwas über Prävalenzen aus als über die Vielfalt tatsächlich gebrauchter Substanzen einer Person, wobei der Alkohol als beliebteste und eben auch tolerierte Erst- oder Zweitdroge die breite Masse der KonsumentInnen überspannt. Das Phänomen „süchtiges PC- Spielen wurde oft in der Beratung problematisiert. Es bedarf unserer Aufmerksamkeit, wenn Jugendliche sich in Parallelwelten verlieren, anstatt ihr Leben zu entdecken. Ein Einblick in die von Alkohol und Drogen bestimmten Lebenswelten minderjähriger Kinder dürfte betroffen machen und es werden seitens des Jugendamtes große Anstrengungen unternommen, damit diese Kinder ihre Familie nicht verlieren. In Familien mit Suchtproblemen sind wir dabei ein gefragter Kooperationspartner. 28 Drogenberatung Jülich Übersicht IntensivklientInnen gesamt 164 davon Therapievermittlung 27 davon Schwerstabhängige 71 davon Substituierte 60 Angehörigenberatung 81 Kurzkontakte/einmalige Beratung Mitbetroffene minderjährige Kinder gesamt 107 55 352 Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Intensivklientel: 1.Gruppe: Cannabis Amphetamine - synth. Drogen, Alkoholmissbrauch Alter 13-18 22 19-30 50 31-40 5 41-60 0 60+ 0 gesamt 77 Therapievermittlung Jugendhilfe 10 8 JA Kind 11 chronische Abhängigkeit 12 gravierende psychiatrische Erkrankungen 9 29 2. Gruppe Opiatabhängigkeit Alter 20-25 8 26-30 8 31-40 15 41-50 24 51-60 4 60+ 2 gesamt 61 davon Schwerstabhängig 61 davon Substitution 60 davon Therapievermittlung 9 davon Jugendamt Kind 8 3.Gruppe Alkoholabhängigkeit Alter 20-30 4 31-40 4 41-50 4 51-60 8 61-70 4 70 + 2 gesamt 26 davon Therapievermittlungen 8 davon Schwerstabhängigkeit 10 davon Jugendamt Kind 4 30 Zu Gruppe 1 (77) Cannabis, Amphetamine, synthetische Drogen, Alkoholmissbrauch Die größte und im Altersdurchschnitt jüngste Gruppe ist hier vertreten. Zunächst sei gesagt, dass der Gebrauch einer einzelnen Substanz eher selten geworden ist. Besorgniserregend ist die hohe Verfügbarkeit -> Einstiegsalter 14 Jahre. Mischkonsum ist also an der Tagesordnung und stellt ein erhöhtes Risiko für die User dar, sich zu vergiften. Vor allem werden Drogen mit Alkohol kombiniert oder es werden verschiedene Substanzen gleichzeitig konsumiert. Anlass zur Sorge gibt auch der Konsum synthetischer Drogen, die meist aus einem Cocktail nicht bekannter, oft gefährliche Stoffe bestehen, deren Wechselwirkungen schwer einschätzbar sind. Aus legalen Stoffen, die handelsüblich und leicht zu beschaffen sind, werden in illegalen Labors immer neue synthetische Drogen kreiert. Für Minderjährige sind die Risiken und Fehlentwicklungen oft dramatisch. Die hohe Verfügbarkeit, Risikobereitschaft und ein immenser Leistungsdruck schaffen einen guten Boden für die Entwicklung einer Abhängigkeit von leistungssteigernden Drogen. Höher- weiter- schneller - und Idole, in deren Vergleich konsumverseuchte sich Jugendliche Selbstbilder, nur noch Schulabbrüche, unvollkommen abgebrochene fühlen Lehren, können; G8-Abitur, Jugendarbeitslosigkeit und die damit verbundene Perspektivlosigkeit sind oft das Motiv, sich einer harten Realität mit Drogen zu entziehen. Bei den 26-30 jährigen, die oft schon selbst Eltern sind, sind zunehmende Verwahrlosung und Persönlichkeitsveränderungen zu ihrem Nachteil wahrnehmbar. 8 junge Personen nahmen Jugendhilfe in Anspruch. Hier sind die Heilungschancen meist gut, wenn KlientInnen bereit sind, ihren deprimierenden Trott infrage zu stellen und in die Beratung zu kommen. Die 13 bis 21-jährigen sind eher selten bereit, sich einer stationären Therapie zu unterziehen. Hier gewinnen die ambulanten Hilfen an Bedeutung. 31 Drogenkonsum wird zum Instrument, sich von den Erwachsenen abzugrenzen und gehört damit zur Jugendkultur. Der Wert der Beratung mitbetroffener Eltern ist bei dieser Personengruppe nicht hoch genug einzuschätzen. 10 Personen wurden in stationäre Therapien vermittelt, fast die Hälfte (33) in eine stationäre Entgiftung mit anschließender ambulanter Betreuung. 2.Opiatabhängigkeit (61) Die zweitgrößte Gruppe ist die der Opiatabhängigen. Drogenberatung im geschützten Raum, Stetigkeit in jahrelang gewachsenen Beziehungen zu den Beraterinnen, langjährige Erfahrung mit Schwerstabhängigkeit und Akzeptanz versus Abstinenzparadigma bestimmen das Klima in der Drogenberatung. Es ist eben nicht nur die psychosoziale Begleitung von 60 Substituierten, sondern auch immer wieder die intensive Krisenbegleitung einzelner Menschen in aktueller Not, für die wir unsere Zeit brauchen. Psychosoziale Begleitung erfordert bei Krisenmanagement, Therapievermittlung und Rückfallgeschehen die Intensivierung der Beratungskontakte und Flexibilität, um den Betroffenen wirkungsvoll beizustehen. Die Substitution und die psychosoziale Begleitung sind die wichtigsten Eckpfeiler in der Behandlung Opiatabhängiger. 60 von 61 Betroffenen waren Schwerstabhängige, 9 Betroffene konnten in eine Therapie oder mehrere Therapien vermittelt werden. Substitution ist für diesen Personenkreis notwendig für das Überleben. Dass im letzten und in diesem Jahr noch niemand verstorben ist, bestätigt die mittlerweile sehr gute Etablierung der gravierenden Versorgung von Opiatabhängigen mit Versorgungslücken vor einigen Jahren. Substitution in Jülich nach Hier ist auch die gute Zusammenarbeit mit den substituierenden Ärzten von wesentlicher Bedeutung. 3.Alkoholabhängige KlientInnen (26) Diese Gruppierung der Abhängigen ist die kleinste Gruppe und toppt mit ihrem Altersdurchschnitt in Richtung Seniorenberatung. 32 Dementsprechend fortgeschritten ist dann auch schon der Krankheitsverlauf. 16 von 26 Personen befanden sich bereits in der chronischen Phase nach Jellinek, 2 Personen hatten nach ärztlicher Einschätzung durch ihre Sucht eine Lebenserwartung von unter 3 Jahren. Dennoch sind sie erstaunlich erfolgreich bei einem gut funktionierenden Hilfesystem, das aus Suchtberatung, Angehörigenberatung, Entgiftung, stationärer und ambulanter Langzeittherapie und Selbsthilfegruppen besteht. Immerhin werden 2/3 von dieser Gruppe nach einem oder mehreren Anläufen abstinent von Alkohol und kann sich heute einer ganz neuen Lebensqualität erfreuen. 8 von 26 KlientInnen wurden in stationäre Therapien vermittelt, 18 wurden im ambulanten Rahmen betreut, die meisten haben ein oder mehrmals stationär entgiftet. 4 Personen waren unter dreißig Jahre alt, zwei davon mit schwerstem Krankheitsverlauf. Bei allen Therapievermittlungen der genannten drei Gruppen war die ambulante Nachsorgetherapie im Anschluss nahtlos durch das SPZ Düren sichergestellt. Betroffene Eltern, mitbetroffene Kinder Sucht ist in Bezug auf das Familiensystem eine systemische Erkrankung. Sie betrifft nicht nur die Suchtkranken selbst, sondern auch immer ihre PartnerInnen, Angehörige und vor allen Dingen die K i n d e r. Aus der gesamten KlientenInnenzahl waren immerhin 55 minderjährige Kinder mit betroffen. Wenn ihre Eltern Hilfe finden und sie auch annehmen, ergibt sich für diese Kinder mehr Stabilität im Beziehungs- und Erziehungsverhalten innerhalb ihrer Familie. 23 Kinder wurden wegen Kindeswohlgefährdung vom Jugendamt betreut. Die Zusammenarbeit mit den sozialpädagogischen Familienhilfen und Fallmanagern im Jugendamt gestaltete sich sehr konstruktiv und wirksam. Darüber hinaus wurden 8 Jugendliche im Rahmen der Jugendhilfe gefördert und betreut. Die Einbindung in die Drogenberatung hat für 7 Jugendliche bewirkt, dass sie ihren Konsum eingestellt haben. Damit konnten weitere Fehlentwicklungen vermieden werden. Angehörigenberatung Viele Betroffene finden über ihre Angehörigen in die Beratungsstelle. 33 Angehörige leiden häufig extrem unter den Auswirkungen von Suchtmittelmissbrauch und finden hier Hilfe. Bei den Minderjährigen ist die Einbindung der Eltern (Betreuungspersonen) Teil des pädagogischen Konzeptes. Insgesamt haben sich 81 (Vorjahr 75) Eltern, PartnerInnen, Geschwister mit ihren Fragen und Nöten an uns gewandt. Die Kurzkontakte Die Kurzkontakte und die einmaligen Beratungen gestalteten sich mit 107 Kontakten ähnlich wie im Vorjahr (95). Café „D“ Die Abende Auch im vergangenen Jahr hielten wir den Offenen / Niederschwelligen Bereich an den üblichen drei Wochentagen mo. – mi. – fr. von 17.00 Uhr – 23.00 Uhr geöffnet. Die vier Wochen Sommerpause konnten wir überbrücken, indem wir einen „Notdienst“ organisierten, der jeweils zwei bis drei Stunden pro Abend die Räume zur Nutzung (Dusche, Wäsche waschen, Einnahme einer warmen Mahlzeit) vorhielt. Dieser Notdienst wurde gerne angenommen, denn unsere Klientel kennt keine „Sommerpause“. Drogenkonsum findet auch in den Sommerferien statt! Das Café wurde wie in allen Jahren zuvor von jeweils ca. 20 – 50 Personen genutzt. Die Art der Inanspruchnahme ist ebenso vielfältig wie die Bedürfnislage unserer Klientel. Da sind die Personen, die nur nach sterilen Spritzen fragen, vielleicht noch einen Kaffee trinken und dann wieder verschwinden. Manche von ihnen wollen noch nicht mal, dass man sie mit Namen anspricht, sie kommen, nennen ihren Wunsch, bekommen, was sie wollen (sofern der Wunsch im „Repertoire“ unserer Dienstleistung liegt) und verschwinden wieder. Da sind die Personen, die regelmäßig – auch dreimal wöchentlich – auftauchen und die Inanspruchnahme unserer Angebote in ihren Alltag integriert haben: sie nutzen unsere Waschmaschinen, unseren Internetrechner, unser Telefon, unsere Dusche. Sie sprechen uns an, wenn sie Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen benötigen, wenn sie insgesamt einen „Wegweiser“ brauchen, um mit der Ämterbürokratie zurecht zu kommen. Sie bringen uns (oftmals ungeöffnete) Briefe, die wir für sie lesen und deren Inhalt wir ihnen erklären sollen. Einige Angelegenheiten lassen sich noch am Abend erledigen, Wenn dies nicht möglich ist, bieten wir den Ratsuchenden einen Tagestermin an, zu dem wir Adressaten in den Verwaltungen von Stadt und Kreis Düren erreichen 34 können. Ein Teil unserer Besucher nimmt das Angebot gerne an, ein anderer Teil lässt den Termin unentschuldigt verstreichen – eine Standard-Erfahrung in der Niederschwelligen Arbeit. Manchmal sind wir mit Akut-Situationen konfrontiert: Personen kommen psychotisch in Folge von Amphetaminkonsum zu uns oder zeigen alle Symptome einer zu hohen Konsumdosis. In solchen Fällen sind wir froh, die nah gelegene Landesklinik und den gut funktionierenden Medizinischen Dienst anrufen zu können. In aller Regel machen wir mit diesen Institutionen die Erfahrung, dass die Klientel schnell und professionell versorgt wird. Dabei fällt uns manchmal auf, für wie selbstverständlich einige Personen alleine diesen Service der schnellen und wirksamen, unter Umständen vielleicht sogar lebensrettenden Versorgung halten. Da wird gerne kritisiert, da werden Vorwürfe über schlechte Behandlung, oder ungeeignete Medikamentierung erhoben, da wird die Klinik – vereinzelt schon nach wenigen Stunden – wieder verlassen, um weiter konsumieren zu können. Diese Vorgänge sind „Klassiker“ in der Niederschwelligen Arbeit. Sie gehören zum Geschehen dazu, sind zwar nicht alltäglich, kommen aber immer mal wieder vor und werden von uns mit professioneller Haltung zur Kenntnis genommen. Die Philosophie der Niederschwelligkeit schließt diese Vorfälle mit ein, ist sogar bereit, sie zu akzeptieren – schließlich ist der Begriff der „Akzeptierenden Drogenarbeit“ nichts anderes als eine Konkretisierung des „Niederschwelligkeits“-Begriffs. Nicht akzeptabel ist und bleibt der BtM-Konsum in unserem Haus bzw. im zum Haus gehörenden Umfeld. Diese strikte Nichtakzeptanz erstreckt sich auch auf den Terminus „Gewalt“. Solange die Regel „Keine Drogen, Keine Gewalt im Haus“ eingehalten wird, gehört die Akzeptanz der Konsumentscheidung unserer Klientel zur Philosophie unserer Arbeit. Ein Großteil unserer Gäste rekrutiert sich aus Personen, die regelmäßig bei uns verkehren und unser Café besuchen, wie man eine Stammkneipe besucht. Man kennt sich, geht dementsprechend vertraut miteinander um, tauscht Alltäglichkeiten miteinander aus, diskutiert über alles nur Denkbare, führt private Vier-Augen-Gespräche, hat auch über die Café-Kommunikation hinaus privaten Umgang miteinander. Diese Personen haben zumeist eine Drogenvergangenheit, die sie mit Hilfe des Café-„D“s und mit Hilfe der Anbindung an die Drogenberatung zu bewältigen suchen. Sie stabilisieren sich, suchen Wege der Rehabilitation, haben Schwierigkeiten, die Hürden auf diesem Weg zu nehmen, ohne nicht wieder rückfällig zu werden. Der Wille zur Abstinenz ist da, reicht aber manchmal nicht aus. Rückfälle gehören also auch bei diesen Menschen zum Prozess des Gesundwerdens dazu. Sie sind froh, dass sie unsere Angebote in Anspruch nehmen können, sagen uns dies auch immer und fühlen sich uns verbunden. Für eine beträchtliche Gruppe aus diesem Personenkreis sind unsere Freizeitangebote von hohem Wert, weil sie 35 so Termine haben, mit denen sie ihre Langeweile angehen können. Auch dies ist eine Grunderfahrung in der Niederschwelligen Arbeit: „Tagesstruktur“ ist eines der Zauberwörter in der Arbeit; fehlt sie, entstehen aus der Langeweile und der Einsamkeit eine Sinnentleertheit, die wiederum zu Suchtdruck führten. Fehlt dann ein Angebot, eine Maßnahme, ist der Weg vom Suchtdruck zum Rückfall nur noch kurz. „Ich will mein altes Leben zurück“ – so beschrieb ein Gast die Divergenz zwischen seinem Drogenleben und dem „Nichts“ im jetzigen Abstinenzleben. Auch hier erfüllt das Café eine wichtige Funktion, weil unser Publikum bei uns auf Leute mit gleicher oder ähnlicher Befindlichkeit trifft – geteiltes Leid ist halbes Leid….. Wie in all den Jahren zuvor versuchen wir weiterhin, Unterhaltungsangebote zu machen: Einmal in der Woche können unsere Gäste am Fußballtraining teilnehmen (montags), mittwochs ist Badminton, freitags wird gemeinsam das Essen für den Abend vorbereitet. Unsere Quiz-Abende erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit, zwischen sieben und fünfzehn Gäste zeigen engagiert jeden Montag von 21 00 Uhr bis 23 00 Uhr ein manchmal hohes Maß an Allgemeinwissen. In diesen Stunden treffen Jugendliche unter 20 Jahren auf Enddreißiger, und es ist für den „Quizmaster“ eine Herausforderung, die Fragen so zu stellen, dass jede Generation eine faire Chance zur richtigen Antwort hat. Der Chor „Singen macht glücklich“ war unlängst den Printmedien zu entnehmen, die die entsprechenden Ergebnisse einer empirischen Studie veröffentlichen. Anlass war ein ARD-Beitrag vom 17.11.13 über den „Chor der Muffeligen“, der von Anke Engelke portraitiert wurde. Wir haben differenziertere Erfahrungen gemacht. Ja, singen kann glücklich machen, kann aber auch gegenteilige Ergebnisse mit sich bringen. Vor allem aber bedeutet organisiertes Singen in einem Chor eins: harte Arbeit. Der Chor, in 2011 gegründet, dümpelte im vergangenen Jahr bei einer regelmäßigen Teilnehmer-Zahl von vier bis fünf Personen vor sich hin, bis nach den Sommerferien eine Gruppe von sieben Personen zusätzlich an der wöchentlichen Montag-Probe teilnahm. Mit 10 + X Sängern ist ein Chor zu machen, wenn auch unter Bedingungen die schwerer nicht sein könnten: Unpünktlichkeit, Unverbindlichkeit, Rückfälle, Entgiftungen, also stationäre Aufenthalte, Psychosen, einfache Krankheiten und „normale“ Verhinderungen – letztendlich war der einzige regelmäßige Teilnehmer der Chorleiter und hauptamtliche Mitarbeiter selbst. Immerhin gab es ein Ziel: Zur alljährlich stattfindenden Weihnachtsfeier 36 sollte dem Chor ein Forum vor 100 erwarteten Gästen geboten werden. Weil vor dem Hintergrund der beschriebenen ständigen Absagen keine Kontinuität zu erzielen war, erschien eine Doppelstunde / Woche nicht ausreichend. Ab September wurde eine zweite Probe auf mittwochs angesetzt. Dieser verdoppelte Einsatz brachte die für eine Stimmsicherheit erforderliche Routine. Einer Generalprobe im Café folgte ein großer Erfolg bei der Weihnachtsfeier – da bestand der Chor aus 14 Sängerinnen und Sänger (3/4 Frauen, 1/4 Männer, Jugendliche und Erwachsene), und die 100 erwarteten Gäste waren auch alle gekommen. Im neuen Berichtsjahr ist wieder „business as usual“ angesagt: Rückfälle, Entgiftungen sonstige Verhinderungen … man wird sehen, wie es weitergeht. Rechtsberatung Unser Honorar-Rechtsanwalt, dessen Mandantschaft überwiegend aus Drogen gebrauchenden Menschen gesteht, kommt jeden zweiten und vierten Montag zur Rechtsberatung in allen juristischen Angelegenheiten, mit denen unsere Gäste konfrontiert sind, egal, ob sie strafrechtlicher, zivilrechtlicher, verkehrsrechtlicher oder sozialrechtlicher Provenienz sind. Die Beratung, der eine Rechtsvertretung nicht zwangsläufig folgen muss, ist anonym und vor allem kostenlos, wird also sehr gerne in Anspruch genommen. Die Störung des letzten Jahres, die aus der Situation entstanden war, dass die Klientel anderer Einrichtungen zu uns geschickt wurde, ist bereinigt – die Beratung ist wieder an die Anbindung in unserem Haus gekoppelt. Freizeitaktivitäten Wie in den vergangenen Jahren sind vor dem Hintergrund der These, dass Tagesstruktur unverzichtbar für das Gelingen ambulanter drogentherapeutischer Maßnahmen ist, Freizeitmaßnahmen sind integrale Bestandteile unserer Arbeit. Aus dieser Einsicht heraus betreiben wir das Café, aus dieser Einsicht heraus bieten wir Freizeiten an, die vor allem an den Wochenenden rege nachgefragt werden können. Unsere Angebote waren im Berichtjahr wieder Ausflüge, Sport, Konzerte, Parties, Besuch von Bundesliga-Spielen, „der schöne Tag“ im Phantasialand, Weihnachts- und Osterferien, Aufenthalte in Schwimmbädern und an Badeseen oder – die Highlights im Berichtjahr – „StandupPaddle“-Kurse am Rursee. Einer unserer Mitarbeiter mit ausgeprägter Neigung zu Wassersportaktivitäten und einer ausgeprägten Fähigkeit zur Vermittlung und Motivation 37 hat mehrere Male – manchmal auch spontan, je nach Wetterlage – unsere Gäste in den Bus gepackt und ist zum Standup-Paddle gefahren. Ein Sonnenuntergang auch am Rursee kann durchaus den „Flash“ beim Rauchen eines Heroin-Blechs kompensieren… Sehr gerne werden auch Wanderung im Dürener Eifelumland oder Städte-Touren nach Köln (Schokoladenmuseum) und Aachen, Lüttich und Maastricht in Anspruch genommen. Diese Ausflüge sind ganztägig, abends ist man müde und am nächsten Tag ruht man sich aus – der Suchtdruck hat so weniger Chancen. Telefonberatung / Krisenintervention Wie in den Vorjahren gehören Krisenintervention und Telefonberatung zum festen Bestandteil unseres „Leistungskataloges“. Dies ist vor allem darin begründet, dass die Telefonzentrale ab 18 von 18 00 00 Uhr zum hauptberuflichen Mitarbeiter umgestellt wird, der somit Uhr bis mindestens 22 00 Uhr erreichbar ist. Der große Teil der Anrufe – zwischen zwei und fünf pro Woche - stammt von Eltern konsumierender Jugendlicher (16-18 J.) oder erwachsener Kinder (bis ca. 35 J.), deren Konsum und dessen Folgen die Familie, die Angehörigen, die Partnerin / den Partner so sehr belasten, dass sie in ihrer Not zum Telefon greifen. In einigen Fällen wurden sie von der Telefonseelsorge oder auch sogar von der Polizei weitervermittelt. In diesen zeitlich manchmal sehr umfangreichen Gesprächen (-45 Minuten), geht es (zu) oft um die Geschichte jahrelanger Leiden, Sorgen und Beeinträchtigungen des Familienlebens. Letztlich sind die am Telefon geschilderten Störungen in der Tendenz um den Fachbegriff „Co-Abhängigkeit“ hinlänglich zu beschreiben. Weil das Leben an sich aber nicht mit Begriffen aus Psychologie und Psychotherapie oder Ratschlägen aus diesen Denkschulen auch nur annähernd angemessen beschrieben werden kann, gehen diese Gespräche weit über das therapeutische Profil hinaus. Oft wollen die Anrufer (75 % Mütter oder Partnerinnen) einfach nur reden, weinen, sich trösten lassen, dann aber auch konkrete Ratschläge entgegennehmen, entlang der Fragestellung „Was tue ich, wenn …“. Im Berichtjahr äußerten dabei viele Rat-Suchende oft den Wunsch, die Beratung in einem persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht stattfinden zu lassen. Seit Beginn des Jahres gehört deshalb das zeitnahe Beratungsgespräch zum festen Bestandteil unseres “Leistungsprofils“. Wichtigstes Kriterium: Keine lange Wartezeit von der Kontaktaufnahme zum Termin, also niederschwellige Erreichbarkeit! 38 Die jugendlichen Gäste unseres Café`s – im Alter zwischen 16 und 20 Jahren – haben eine andere Bedürfnislage als die Erwachsenen. In der Regel nutzen sie die Freizeitangebote, spielen also Billard, manche Schach, Dart oder sie nehmen an den Quizabenden teil, die seit mittlerweile vier Jahren jeweils montags veranstaltet werden. Einige der jungen Gäste nehmen den vom hauptamtlichen Mitarbeite angebotenen Instrumentalunterricht (Gitarre, Bass, Violine) in Anspruch. Es ist dabei immer wieder erstaunlich, zu welchen bemerkenswerten instrumentalpraktischen Leistungen Jugendliche selbst unter manchmal schwierigen Bedingungen (Telefon, Billard, im Nachbarraum, laute Gespräche…) gelangen können. Zur Vorspiel-Fähigkeit???? Kommen fast alle, sodass wir am Ende des Berichtsjahres tatsächlich ein kleines Konzert mit durchaus hörenswerten Vorträgen u.a. (Mozart-Sonate, Gitarren-Solo-Stücke) organisieren konnten. Alle waren so aufgeregt, als ginge es um ein „richtiges“ Konzert – dabei war es nur das Café-„D“ und 40 ZuhörerInnen. Manchmal wenden sich Jugendlich an uns wegen Ärger mit den Eltern, weil diese z.B. Cannabis in ihren Zimmer gefunden haben. In den meisten Fällen können wir vermitteln, indem wir die Beteiligten an einen Tisch bitten und sie Vereinbarungen treffen lassen, mit denen alle Beteiligten leben können – Sekundärprävention und Krisenintervention in einem. Die Zeiten, in denen Jugendliche sich als Repräsentanten einer „Gegenkultur“ verstanden, die sich u.a. auch über den Konsum illegaler BtM identifizieren, sind endgültig Vergangenheit. Man gewinnt oft den Eindruck, dass vor allem die SchülerInnen viel zu sehr mit den Anforderungen der Schulen beschäftigt sind, um darüber hinaus noch irgend eine Meinung/Haltung zu entwickeln. Der Konsum von BtM (im Vorfeld von „missbräuchlich“ wird eingesetzt zum „Abschalten“, „Entspannen“ wird gedeutet als Zusammengehörigkeit stiftend oder zum „Spaß haben“. Es ist Konsum – fast wie Internet, Smartphone, Alkohol, Gaming. Interessant ist unsere Beobachtung, dass der NikotinKonsum auch für unsere jungen Gäste mehr und mehr unwichtig wird. Rauchen scheint mittlerweile eine Angelegenheit der 40+ Generation zu sein entlang der Formel: Je älter die jeweilige Gruppe, desto größer der Anteil derer, die eine Zigarette in der Hand halten müssen. Seit dem Verbot, in geschlossenen öffentlichen Räumen zu rauchen, stehen unsere Gäste dauernd vor der Eingangstüre. Aber Jugendliche sind nur ganz selten unter ihnen… 39 Prävention durch den Spritzenautomaten Im Berichtsjahr wurden 3884 (Vorjahr 3.475) Einwegnadeln und Kondome verkauft. Die Zahl der verkauften Kondome bzw. kostenlos abgegebenen Kondome lag bei 103 (Vorjahr 83). Insgesamt also ist die Nachfrage in gestiegen. 40 F Das Team der Beratungsstelle Leitung, Koordination - Außenkontakte - Einzelberatung Wilfried Pallenberg, Sozialpädagoge (Leiter der Einrichtung) Ambulante Einzelfall-Hilfe / Einzelberatung und -therapie Psychosoziale Begleitung für Substituierte Inge Heymann, Diplom-Sozialarbeiterin (stellvertretende Leiterin) Manfred Böhm, Pädagoge M.A. Silvia Zaunbrecher, Diplom-Sozialpädagogin (75%) Birgit Leuchter, Diplom-Pädagogin (70%) Brigitte Ritzerfeld, Dipl.-Sozialarbeiterin (50%) Marion Grahs (70 %) 85% ab 1.10.2012 Prophylaxe /Youthworker und ambulante Einzelfall-Hilfe Andreas Schön, Dipl.-Soz.Pädagoge, (70%) Andrea Hoven, Diplom-Heilpädagogin, (30%) (Elternzeit ab 14.11.10) Prophylaxe und Café D Peter Verhees, Pädagoge Außenstelle Jülich Marita Grossmann, Diplom-Sozialarbeiterin (ab 1.7.04 96 %) Organisation und Verwaltung Wolfgang Güster, Verwaltungsangestellter Lydia Gehring (geringfügig Beschäftigte) Anabel Fernández-Niehoff (geringfügig Beschäftigte) 41 Honorarkräfte Klaus Pallenberg (Dipl.-Sozialpädagoge) Ulrich Gleißner (RA) Dirk Boltersdorf (Dipl.-Sozialarbeiter) In enger Zusammenarbeit mit den KollegInnen des ENDART-Vereins: Niedrigschwelliges Projekt Dirk Boltersdorf, Dipl.-Sozialarbeiter Danja Dittrich, Diplom-Sozialpädagogin (26%) Claudia Pütz (50%) 42 43 44 1. 45 46