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Sitzungsvorlage (Stellungnahme Bauvorhaben)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
247 kB
Datum
06.11.2014
Erstellt
05.11.14, 15:16
Aktualisiert
05.11.14, 15:16

Inhalt der Datei

Kirchberg, den 03.11.2014 Stellungnahme der BI Zukunft Kirchberg zum Bauvorhaben der Fa. Eichhorn Vorbemerkung Wir anerkennen und begrüßen den Wunsch der Firma Eichhorn, sich für den Wettbewerb in ihrer Branche und für die Zukunft zu rüsten und ihren Betrieb zu erweitern. Die bisher vorgeschlagene Art und Weise der Umsetzung lehnen wir allerdings strikt ab. Sie bedeutet einen massiven und für die Bürgerinnen und Bürger Kirchbergs unzumutbaren Eingriff in das dörfliche Erscheinungsbild, welcher Lebensqualität und Werte im Ort drastisch mindert und den Bestand und die Zukunft des Dorfes existenziell bedroht. Wir glauben aber, dass es Alternativen zu der vorgeschlagenen Umsetzung gibt, die sowohl für das Dorf als auch für die Firma Eichhorn eine tragbare Lösung darstellen. Wir haben folgende grundsätzlichen Anmerkungen: 1. Die Fläche der ehemaligen Papierfabrik (Gewerbefläche lt. Entwurf Bebauungsplan 12 „Kastanienbusch“ aus dem Jahr 2011) überschreitet den von der Fa. Eichhorn angegebenen Flächenbedarf für Logistikzentrum und Produktionserweiterung deutlich. Der vorliegende Antrag der Fa. Eichhorn einer Bebauung der freien Ackerfläche inkl. Überbauung der Wymarstraße hat sich unserer Ansicht nach damit erübrigt. Im benannten Entwurf des Bebauungsplans ist eine Gesamtfläche von 39.000 m² ausgewiesen. Durch die im Bebauungsplan vorgesehene Offenlegung des Mühlenteichs usw. reduziert sich die ausgewiesene Gewerbefläche auf 28.900 m². Lt. Angaben der Fa. Eichhorn wird für die Erweiterung eine Fläche von 21.000 m² benötigt (Antwort zu Frage 5 des Bürgermeisters). Davon sind ca. 5.000 m² für das Hochregallager, ca. 11.000 m² für sonstige Hallen und ca. 5.000 m² für den Verladevorplatz vorgesehen (vgl. Anlage 1 der Antworten). Ein Grund, warum diese Flächen zusammen ein Rechteck ergeben müssen, erschließt sich uns nicht. Neben der Befriedigung des beantragten Flächenbedarfs von 21.000 m² bietet die Fläche der ehemaligen Papierfabrik darüber hinaus weiteres Flächenpotenzial, um die Höhe eines Hochregallagers zugunsten seiner Länge und Breite deutlich zu verringern (Faktor 2 bis 3), insbesondere, wenn zunächst auf den Lagerbedarf abgestellt wird, der mit der jetzt angestrebten Produktionserweiterung einhergeht (s.u.). Wir weisen zusätzlich darauf hin, dass die Offenlegung des Mühlenteichs vermieden werden kann, wenn dessen bestehende Einfassung baulich nicht verändert wird. Wir machen zusätzlich darauf aufmerksam, dass eine Bebauung der östlichen Freifläche aufgrund des unmittelbar angrenzenden FFH-­‐Schutzgebiets ggf. ein langwieriges juristisches Verfahren mit ungewissem Ausgang für die Fa. Eichhorn nach sich ziehen würde. Grundsätzlich möchten wir weiterhin in das Gedächtnis rufen: 2. Die Zukunft Kirchbergs steht auf dem Spiel! Eine Umwandlung des Dorfeingangs in einen Industriepark würde unweigerlich das Ende des Dorfes bedeuten! Kirchberg als Dorf trägt schon genug Belastungen durch Tagebau, LKW-­‐Verkehr und Fabriken. Die bestehende Industrie und die Ruine am Ortseingang sind hässlich, aber mit wenig Aufwand z.B. durch Bepflanzung kaschierbar. Eine Erweiterung des Dorfeingangs zum Industriepark mit einem monströsen Hochregallager und einer Industriebrücke ist für das Dorf nicht zu ertragen und nicht zumutbar. Es führte zu einer Verschandelung des Ortsbilds, jede Vorbeifahrt hinein in das und aus dem Dorf würde eine Zumutung, wir verlören das Gefühl, das Kirchberg ein Dorf ist, speziell eines, in dem man wohnen und leben möchte! Der Fortzug aus dem Dorf würde sich verstärken, neuer Bürgerinnen und Bürger würden unter diesen Voraussetzungen wohl nicht mehr ansiedeln. Damit wären Bestand und Zukunft des Dorfes existenziell bedroht, Kirchberg drohte das „Aus“. Nicht zuletzt würden auch die Häuser und Grundstücke im Ort einen rapiden Wertverlust erfahren – bei angenommenen 800 Häusern mit einem durchschnittlichen Wert von 150.000 € und einem konservativ abgeschätzten Wertverlust von 25% sind das in Summe 30 Mio. € ! Wir regen die Anhörung unabhängiger Sachverständiger (Stadtentwickler, Architekten) an, um die negativen Auswirkung für Kirchberg detailliert zu bewerten. 3. Wir haben zwei nicht verhandelbare Positionen: kein Hochregallager und keine Industriebrücke in unserem Dorf! Die Kirchberger Bürgerinnen und Bürger -­‐ 1.100 Einwohner -­‐ haben damit einen klaren Auftrag an die Politik gerichtet. Kirchberg hat heute ca. 1.660 Bürgerinnen und Bürger. 1.100 davon haben obiges Votum abgegeben. Das sind mehr, als alle Parteien zusammen bei den letzten Kommunalwahlen an Stimmen in Kirchberg bekommen haben. Der Auftrag an die Politik ist damit eindeutig! Kirchberg könnte ein Dorf mit „Potenzial“ sein: nah an Jülich, an der Rur gelegen, per Fahrrad gut zu erreichen, insgesamt also gute Bedingungen für lebendigen Ort als Wohn-­‐ & Lebensraum und auch Arbeitsraum. Durch maßlose Industrialisierung würde dieses Potenzial zerstört. Die Frage der Gestaltung der Industrie im Ort ist also auch eine Richtungsentscheidung dahin, ob Kirchberg zum Industrieghetto verkommt, oder im Gegenteil eine Entwicklung als lebendiges Dorf nah an Jülich nimmt! 4. Ein Hochregallager ist für den Produktionsprozess nicht notwendig. Es kann daher auch an einem anderen Standort errichtet werden. Die Aufgabe des Hochregallagers ist lt. Angaben der Fa. Eichhorn einerseits die „Intralogistik“ – die Pufferung der „Halbfertigware“ (Wellpappebögen), die aus Wellpappenerzeugung kommt, und dann in Weiterverarbeitungsmaschinen zu Fertigware (Endprodukte wie Kartonagen usw.) verarbeitet wird – sowie andererseits die Lagerung und dann Kommissionierung der Fertigware, die dann an die Kunden ausgeliefert wird. Wesentlich hierbei sind die Mengenanteile für die beiden Aufgaben: gemäß den Angaben der Unternehmensleitung (Gespräch am 01.07.) wird nur ein kleiner Anteil von max. 1.000 Palettenstellplätzen für die Intralogistik benötigt1. Der überwiegende Rest, 29.000 Stellplätze und mithin 97%, dient somit der Lagerung der Fertigwaren. Diese werden nicht mehr in den Produktionsprozess eingebunden, sondern „warten“ auf ihren Versand zum Kunden. Dieses „Warten“ kann unserer Ansicht nach an einem anderen Standort passieren. So kann das Lager am Standort (für die Intralogistik) deutlich kleiner und für das Dorf zumutbar ausfallen. Dabei muss dann – wie heute – eine zusätzliche Fracht vom Werk zum externen Lager in Kauf genommen werden. Der Vorteil zu heute besteht jedoch darin, dass es ein eigenes, zentrales, automatisiertes Lager gäbe, von dem aus die Fahrten zum Kunden kommissioniert werden können. Die Aufwände für die 1 zur Aufnahme von maximal der Hälfte der maximal möglichen Tagesproduktion von 1.000.000 m² Zusammenführung der Fuhren aus mehreren Lagern und die manuelle Beschickung (mit Stapler) sowie die Lagergebühren bei den Dienstleistern entfielen. Für die jetzt geplante Erweiterung reicht lt. Angaben der Fa. Eichhorn eine Lagerkapazität von 20.000 Stellplätzen aus (vgl. Abbildung 1). 5. Die Errichtung eines Hochregallagers ist keine Voraussetzung für die Steigerung des Produktionsvolumens und damit der Produktivität Die Firma Eichhorn spricht von Steigerung der Produktionskapazitäten als dringendem Ziel (vgl. Antwort auf die Frage der BI Nr. 2). Das Werk Kirchberg bewege sich an der absoluten Kapazitätsgrenze. Für uns wird das so verständlich, dass die bestehende Wellpappenanlage im Zwei-­‐ Schicht-­‐Betrieb gefahren wird. Andere Werke fahren im Drei-­‐Schicht-­‐Betrieb (was für uns eine höhere Produktivität bezogen auf das eingesetzte Investitionskapital bedeutet). Unserer Information nach liegt der „Flaschenhals“ für die Produktionserweiterung im Raumbedarf für die nachgelagerten Weiterverarbeitungsmaschinen und die Intralogistik. Sprich, mit der räumlichen Erweiterung des Standorts und der Sicherstellung der Intralogistik vor Ort – wie beschrieben ca. 1.000 Palettenstellplätze – wären wesentliche Voraussetzungen für die Steigerung von Produktionsvolumen und Produktivität geschaffen. Auch ohne Hochregallager vor Ort. 6. 142 bestehende und 30 mögliche neue Arbeitsplätze bis 2020 sind ein gutes und beliebtes Drohmittel, aber kein Freifahrtschein zum Durchsetzen der eigenen Bedingungen! • Faktum 1: Die geplante wachsende Automatisierung in der Lagerung und die Verlängerung der eigenen Wertschöpfungskette um Lagerung und Logistik gehen zu Lasten der Erlöse der bisherigen Logistikdienstleister der Firma Eichhorn – v.a. Firmen Kaul, Fleck & Schleipen, Boos –. Hier werden auch Arbeitsplätze gefährdet sein. • Faktum 2: In Markt der Wellpappenerzeugung mit kaum steigendem Absatz gibt es sicher harten Wettbewerb. Dieser ist, wie beschrieben, eher regional ausgeprägt. Der von der Firma Eichhorn behauptete „harte Umstrukturierungsprozess“ (Folie 3 der Präsentation vom 24.09.2014) ist jedoch in der Statistik der Branche der letzten Jahre in keiner Weise nachvollziehbar. In den von Fa. Eichhorn als Beleg aufgeführten Zeitungsartikeln (Infomappe der Präsentation vom 24.09.) bleiben zwei regelrechte Insolvenzen – das Wellpappenwerk in Lamersdorf sowie in Folge das übernehmende Unternehmen. Der Rest entpuppt sich als „normaler“ Werkverkauf, z.B. im Zuge eines Generationenwechsels. Demgegenüber sind laut Statistik des Wellpappenverbands sowohl die Anzahl der Werke als auch der Unternehmen in den letzten 5 Jahren gestiegen (vgl. Abbildung 2). • Faktum 3: Wir begrüßen wie beschrieben die Absicht des Unternehmens, sich für die Zukunft zu rüsten. Es ist aber nicht so, dass das Werk Kirchberg aktuell schlecht dastünde bzgl. Produktionseffizienz – gemessen an der Wellpappenproduktion je Anlage und Anzahl Mitarbeiter. Es findet sich vielmehr für das Jahr 2013 genau im Branchendurchschnitt bzw. leicht besser (vgl. Abbildung 3). • Faktum 4: Die Wellpappenproduktion ist ein regionales Geschäft mit kaum steigendem Absatz in den letzten 10 Jahren, d.h. Produktionssteigerung und Arbeitsplatzwachstum bei der Firma Eichhorn gehen voraussichtlich zu Lasten anderer Arbeitsplätze, schlechtestenfalls sogar solcher in der Region. Neben der Fa. Eichhorn gibt es im nahen Umkreis die Wellpappenfirmen Gissler & Pass (Werk Lorsbeck), SmurfitKappa (Dürener Str.), Mondi (Koslar) und Brohl (Krauthausen). 7. Die Firma Eichhorn besitzt kein Baurecht auf dem Gelände der alten Papierfabrik Anders als in den Antworten dargestellt, besitzt die Firma Eichhorn kein Baurecht auf dem Gelände der alten Papierfabrik, da der dafür notwendige Beschluss des Stadtrats für den entworfenen Bebauungsplan nicht vorliegt. 8. Wie kann den Wünschen der Firma und dem Wohle des Dorfes zugleich Rechnung getragen werden? Aus unserer Sicht gibt es verschiedene Varianten, z.B.: Variante 1: Erweiterung am Standort alte Papierfabrik mit kleiner dimensioniertem Lager Die Erweiterung der Fa. findet auf dem Gelände der alten Papierfabrik statt. Das Lager wird entsprechend kleiner dimensioniert, dass es in ortsüblicher Höhe ausgestaltet werden kann. Eine Industriebrücke erübrigt sich. Alle Gebäude und LKW-­‐Plätze werden so optisch gestaltet und mit Busch-­‐ und Baumreihen kaschiert, dass der Charakter des Dorfes nicht beeinträchtigt wird. Produktion und Logistik werden so gestaltet, dass keine zusätzlichen Lärm-­‐ und Verkehrsbelästigungen für das Dorf entstehen. Variante 2: Erweiterung auf östlicher Freifläche ohne Brücke und mit kleiner dimensioniertem Lager Wie 1, jedoch auf der neuen Freifläche, mit Tunnel statt Brücke; hier ist genug Fläche – annähernd 40.000 m² -­‐ vorhanden, um das Lager niedrig zu gestalten. Die Verträglichkeit mit dem FFH-­‐Gebiet sehen wir als ein Problem an. Variante 3: Erweiterung am Standort alte Papierfabrik und Hochregallager an externem Standort Wenn die Firma Eichhorn nicht auf ein Hochregallager in beantragter Größe verzichten will, schlagen wir folgendes vor: Erweiterung der Produktion und Errichten eines Zwischenlagers auf dem Gelände der alten Papierfabrik. Das Hochregallager als Fertigwarenlager mit Kommissionierung und Versand wird an einem anderen Standort autobahnnah errichtet (z.B. Merscher Höhe). Am Produktionsstandort gibt es nur ein kleines Lager für die Intralogistik in ortsüblicher Höhe (Pufferung der Halbfertigware, ca. 1.000 Stellplätze benötigt lt. Unternehmensleitung Fa. Eichhorn s.o.). Der Vorteil für die Firma ggü. Var. 1 besteht darin, über ein Lager in gewünschter Größe zu verfügen. Nachteilig wäre, dass dafür neue Fläche erworben werden müsste, sowie dass wie heute eine zusätzliche Fracht vom Werk zum (dann allerdings zentralisierten, eigenen) Lager nötig wäre. In Anbetracht der Belastungen, die das Dorf heute und dann zukünftig durch die Produktion und Produktionserweiterung trägt, halten wir dieses Zugeständnis von Seiten des Unternehmens für zumutbar. Variante 4: Neuer Standort für das Unternehmen (z.B. Merscher Höhe) und Entwicklung des bestehenden Standorts z.B. zu Wohngebiet Wenn die Firma Eichhorn weder auf ein Hochregallager in beantragter Größe noch auf eine direkte Anbindung dieses Lagers an die Produktion verzichten will, empfehlen wir ein Aussiedeln des gesamten Standorts in einen Industriepark autobahnnah weit abseits der Dörfer und Städte (z.B. Merscher Höhe). Dort kann die Firma Flächen und Optionen auf Flächen für zukünftige Erweiterungen in gewünschter Höhe bekommen, und die Gestaltung des Werkes relativ frei von Interessen anderer vornehmen. Bei nahezu allen der von der Firma Eichhorn aufgeführten Hochregallager (Infomappe der Präsentation vom 24.09) handelt es sich genau um solche Standorte. Der Vorteil liegt also in der freien Gestaltung und der Dimensionierbarkeit auch für zukünftige Expansionen, die am Standort Kirchberg mit der geplanten Erweiterung definitiv ihr Ende gefunden haben. Der Nachteil liegt im nötigen Erwerb der Flächen, sowie dem Neubau von Werksteilen (Weiterverarbeitung), die bei der geplanten Erweiterung am bestehenden Standort wahrscheinlich lediglich von einem Umbau betroffen wären. Hier ist aus unserer Sicht die Stadt gefragt, speziell im Hinblick auf Flächenerwerb ein Modell zu entwickeln, mit dem alle Seiten gut leben können. Z.B. könnte das bestehende Werksgelände am Standort Kirchberg in Wohngebiet umgewandelt und entwickelt werden. So bekäme Fa. Eichhorn einen modernen neuen Standort und Kirchberg einen wirklichen Entwicklungsschub für seine Zukunft! Abbildung 1: Produk0on & Pale4enstellplätze (Fa. Eichhorn), bearbeitet Überkapazität,des, Lagers Plan%Zustand+nach+erster+Erweiterung (90+++40+=+ca.+130+Mio.+qm) !20.000+Paletten Benötigte* Lagerkapazität* 1.*Erweiterung Gewünschte* Lagerkapazität 20.000 Abbildung 2: Anzahl Unternehmen und Werke in der Wellpappenindustrie (Quelle: Verband der Wellpappenindustrie e.V., Zahlen und Fakten, Ausgabe 2014) Abbildung 3: Produk0vitätszahlen in der Wellpappenindustrie im Vergleich zu Werk Kirchberg (Quellen: Verband der Wellpappenindustrie, s.o.; Angaben der Fa. Eichhorn) (WPA: Wellpappenanlage)