Daten
Kommune
Jülich
Größe
441 kB
Datum
03.11.2014
Erstellt
24.10.14, 17:05
Aktualisiert
24.10.14, 17:05
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Jahresbericht 2013
► Beratungsstelle (Jülich) im Wandel ◄
Wege finden
Psychologische Beratung
Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene des
Diakonischen Werkes des Kirchenkreises Jülich
Aachener Str. 13 A , 52428 Jülich
Telefon: 02461 / 5 26 55
Telefax: 02461 / 34 95 61
E-Mail: erziehungsberatung@diakonie-juelich.de
Nebenstellen:
52457 Aldenhoven
Pützdorfer Str. 38
Telefon: 02464 / 58 58 19 8
Fax: 02464 / 58 58 22 8
52441 Linnich
Ewartsweg 35
Telefon: 02462 / 20 18 86 0
Fax: 02462 / 20 18 86 2
Hiermit legt die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und
Erwachsene (Erziehungsberatungsstelle) des Diakonischen
Werkes des Kirchenkreises Jülich ihren Tätigkeitsbericht für den
Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2013 vor.
Wir danken unseren Klienten für ihr Vertrauen und ebenso allen
Personen und Institutionen, die uns in unserer Arbeit ideell,
finanziell und mit Sachspenden unterstützt haben, sowie unseren
Kooperationspartnern für die gute Zusammenarbeit.
Jülich, im April 2014
Das Team der Beratungsstelle
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Team der Beratungsstelle
Im Jahre 2013 gehörten, wie im Jahr zuvor, folgende Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen dem
Team der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an:
Bosau, Manfred
Diplom-Sozialarbeiter, Individualpsychologischer Berater (DGIP), Psychotherapeut für
Kinder und Jugendliche; Lehrberater am Alfred-Adler-Institut Aachen/Köln
Dyba, Janina ab 0.1.06.13
Diplom-Psychologin
Ehrhardt, Jutta E.
Diplom-Pädagogin; Diplom Supervisorin (DGSv), Diplom Sozialarbeiterin;
Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche;
Ausgebildet in: Integrativer Gestaltpsychotherapie (grad.); Integrativer Leib- u.
Bewegungstherapie (grad.) (DGIK/DGIB); Lehrtherapie (EAG/FPI) Klinischer Seelsorge
Heer, Marcella bis einschließlich 30.06.13
Diplom-Psychologin;
Psychologische
Psychotherapeutin;
Integrative
Gestaltpsychotherapie (DGIK); Cambridge Certificate of Proficiency in English
Lux, Birgitt
Diplom-Heilpädagogin; Familien- und Erziehungsberaterin (bke); PsychoanalytischSystemische Beraterin
exam. Krankenschwester
Schuy, Albert
Diplom-Sozialarbeiter; Diplom-Sozialpädagoge; Gestalttherapeut und Gruppendynamiker
Bischoff, Karin
Industriekauffrau (Sekretariat)
konsiliarisch:
Dr. Kasik-Dennhardt
Ärztin für Allgemeinmedizin; Psychotherapie / Familientherapie
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Inhalt
Vorwort …………………………………………………………………………………….…………….5
1 Beratungsstelle im Wandel…………………………………………………………………………….7
1.1 Beratungsarbeit im Wandel (Historie)……………………………………………………………8
1.2 Beratungsarbeit im Wandel der sich verändernden Familienstrukturen…………………..10
1.3 Veränderungen bei Beratung zur Regelung des Umgangs...............................................11
1.4 Wie das Internet die Beratungsarbeit beeinflusst hat........................................................13
2 Wandel der Beratungsarbeit im Blick auf unsere Arbeitsprojekte……………………………….15
2.1 Kooperation mit Familienzentren......................................................................................15
2.2 Wandel der Beratungsarbeit im Blick auf Opfer- und Täterarbeit......................................17
2.3 Beratung im Rahmen der Virtuellen Beratungsstelle der bke ..........................................18
3 Statistik………………………………………………………………...............................................19
3.1 Auftrag der Erziehungsberatung ......................................................................................19
3.2 Diagramm: Beratungsschwerpunkte ................................................................................20
3.3 Diagramm: Gesamtzahl der Beratungsfälle......................................................................21
3.4 Diagramm: Wartezeit zwischen Anmeldung und erstem Fachkontakt ..............................22
3.5 Diagramm: Altersverteilung der Kinder.............................................................................23
3.6 Diagramm: Wirtschaftliche Situation der Familie ..............................................................24
3.7 Diagramm: Tätigkeit der Eltern.........................................................................................25
3.8 Beratungszusammenhänge .............................................................................................27
4 Netzwerkarbeit………………………………………………………………………………………..28
4.1 Zusammenarbeit mit kooperierenden Einrichtungen ........................................................28
4.2 Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und präventive Tätigkeiten ............................28
4.3 Gremienarbeit ..................................................................................................................29
5 Supervision und Weiterbildung………………………………………………………………………30
Literaturhinweise………………………………………………………………………………………...31
Anhang…………………………………………………………………………………………………...32
4
Vorwort
Die Konzeption unserer Beratungsstelle trägt die Überschrift „Panta Rhei“ was soviel
heißt, wie: „alles ist im Fluss“ oder „alles befindet sich im stetigen Wandel“.
Wir beginnen damit, dass sich unsere langjährige Kollegin, Frau Marcella Heer, ihres
Zeichens Psychologische Psychotherapeutin, am 30.6. 2013 in den Ruhestand
verabschiedet hat. Wir werden ihre Erfahrung, ihr Engagement und ihre Bereitschaft
vermissen,
sich
mit
neuen
Anforderungen,
auch
technischer
Natur,
auseinanderzusetzen. Sie beteiligte sich an der Online-Beratung der Bundeskonferenz
für Erziehungsberatung und gab über dieses Medium Eltern und Jugendlichen ihre
Erfahrung weiter. Dabei war ihre verständliche Art, prägnant Zusammenhänge
verdeutlichen zu können, sehr hilfreich. Immer ansprechbar, beteiligte sie sich an
Aktivitäten außerhalb der Beratungsstelle wie Weiterbildungen im Zusammenhang mit
unseren Kooperationspartnern, Evangelische Erwachsenenbildung und Bildungsforum,
Vorträgen,
Schulveranstaltungen
oder
Besuchen
in
Familienzentren
und
Kindertagesstätten.
Ihre Nachfolge trat ab dem 1. Juni 2013 unsere neue Diplom Psychologin, Frau Dyba an.
Mit diesem Mitarbeiterwechsel wurden wir aus einer über sechzehnjährigen stabilen
Mitarbeiterkonstellation entlassen und der Wandel wird sich in den kommenden Jahren
fortschreiben.
Vor diesem Hintergrund haben wir die Beiträge des Jahresberichts unter dem
spezifischen Aspekt des Wandels verfasst.
1„Beratungsstelle (Jülich) im Wandel“
Die großen gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten Jahrzehnte, wie z. B. die
Öffnung der Grenzen, Fall der Mauer, Erweiterung der EU und die Einführung des Euro,
dadurch bedingt weiter reichende Migrationen, gehen in ihrer Wirkmächtigkeit auch an
uns nicht vorüber. Schließung von ortsnahen Firmen oder deren Verlagerung ins
Ausland, erreichen uns über die Veränderungen der Problemlagen in den Familien.
Arbeitslosigkeit und die Einführung von Hartz IV schufen institutionsübergreifend
Netzwerke der Unterstützung, an denen wir uns aktiv beteiligen. Die Computerisierung,
Internet und Handys fordern uns sowohl hinsichtlich technischer Fragen als auch mit
deren Folgen, wie z.B. Cybermobbing, Sexting und Internetsucht heraus.
Die Umstrukturierung des ländlichen Raumes erzeugt neue Konfliktfelder, wie sie sich in
Mehrgenerationenauseinandersetzungen oder verschiedenen Werteverständnissen
durch unterschiedliche kulturelle und religiöse Zugehörigkeiten widerspiegeln.
Veränderungen in der Familienpolitik und Gesetzesänderungen wie z.B. FamFG
(Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit), Ehe- und Scheidungsrecht, Sorge- und Umgangsrecht, §8a
zur Kindeswohlgefährdung, Gesetz zur Ächtung der Gewalt, Heiratserlaubnis von
gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern und Kinderwunsch und die veränderte
Stellung von nichtehelichen Vätern führen zu einer Veränderung der Beratungsanliegen.
Festzustellen ist in diesem Zusammenhang auch eine bemerkenswerte Zunahme von
Männern und Großeltern mit Beratungsbedarf.
5
Veränderungen in den Schulen, die Schaffung von Familienzentren und frühe Förderung
mit Blick auf Prävention intensivierten die Vernetzungen, Kooperationen und Gremien,
wie
„Runde
Tische“,
die
die
unterschiedlichsten
Berufsgruppen
wie
Gleichstellungsbeauftragte, Polizei, Anwälte, Jugendamt, Richter, Berater aus anderen
Fachbereichen zusammenführen.
Dies alles sind Voraussetzungen des immerwährenden Dazulernens, Voraussetzungen
für Entwicklung und Wandel, auch im Blick auf das notwendige zukünftige Beraterprofil.
Neben dem Interesse an technischen Entwicklungen sind sicher zukünftig auch
Mehrsprachigkeit und eine kulturelle Flexibilität, Spezialisierungen im Blick auf
Methoden, sowie themenabhängige Erweiterungen wünschenswert.
Wandlungsprozesse sind im Blick auch auf den Zugang zur Beratung feststellbar. Neben
der Email-Beratung (bke) und der Beratung per Email (bei Auslandsaufenthalten unserer
Klienten) und Telefon wird möglicherweise auch Videoberatung (Skypen) zukünftig
eingesetzt
werden.
Dies
setzt
den
Einsatz
moderner
und
stabiler
Kommunikationselektronik voraus. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Formen der
Beratung zukünftig weiter entwickeln werden.
Die vorhandenen technischen Möglichkeiten erweisen sich zunehmend dort als hilfreich,
wo Familienstrukturen in ihrem örtlichen Kontext gesprengt werden, z.B. aufgrund
notwendiger Arbeitsplatzwechsel (durch Verlagerung von Firmensitzen ins Ausland) oder
aufgrund von Arbeitsplatzverlust durch Schließung von Sparten. Oft besteht dann die
Notwendigkeit für die betroffene Familie, dass ein Elternteil bundesweit Arbeit sucht oder
sogar im Ausland tätig wird.
Ein Teil der Familie bleibt dann in Haus und Hof, im sozialen Netzwerk von Schule,
Kindergarten und Freundeskreis und der andere Teil befindet sich vielleicht in Minden
oder Kiel und kommt von dort am Wochenende nach Hause. Für unsere beraterische
Praxis bedeutet dies: Beratung wird dann unter Umständen über Telefonkonferenzen
getätigt und/oder die Beratungszeiten verschieben sich auf das Wochenende.
Auch die Beratungsthemen und –inhalte haben sich in diesem Zusammenhang
verändert. Wurden vor 15 Jahren als Anmeldegründe noch „Einnässen“ und „Einkoten“ in
einer überwiegenden Häufigkeit genannt, so sind es heute unter anderem aktuelle
Themen wie Beratung gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern, Internetsucht und
Cybermobbing, Sexting und sogenanntes Komasaufen.
Den größten Anteil der Beratung nehmen aber nach wie vor Themen wie familiäre
Belastungen, bedingt durch psychische Erkrankung der Eltern, Trennungs- und
Scheidungsberatung, Fragestellungen rund um das Umgangsrecht (sowohl für
verheiratete als auch für nicht-eheliche Väter), die Problematik hochstrittiger Familien
und die Komplexität von Patchwork-Familien ein.
Festzustellen bleibt, dass der Wandel in der Beratung durch geänderte
Rahmenbedingungen, wie z. B. durch den Wandel tradierter Arbeitsbiografien und
Familienformen, fundamentalen Veränderungen unterliegen wird, die heute schon
erkennbar sind, deren zukünftige Entwicklung aber noch ungewiss ist.
Die in dieser Einleitung angerissenen Problemfelder
werden nun in einigen
herausgegriffenen bedeutsamen Punkten differenzierter und ausführlicher beleuchtet.
6
1 Beratungsstelle im Wandel
1.1 Beratungsarbeit im Wandel (Historie)
Bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts galten ausschließlich Familie und Schule als
nützliche Orte der Erziehung.
Wurden hier Kinder und Jugendliche auffällig, so wurden diese gesichtet (wie es damals
hieß), d. h. es wurde untersucht, ob dem auffälligen Verhalten ein krankhafter Defekt (z.
B. „triebhafte Arbeitsscheu“) zugrunde lag.
Je nach Ergebnis der sichtenden Prüfung wurden staatliche Zwangsmaßnahmen wie
Polizeiaufsicht oder Heimeinweisung angeordnet.
In den damaligen „Sichtungsstellen“ wurde für die Kinder und Jugendlichen nach
eingehenden Untersuchungen staatliche Fürsorgeerziehung oder die Aufnahme in
gesonderte Erziehungsklassen veranlasst.
Erste Erziehungsberatungsstellen (EBs), wie wir sie heute verstehen, entstanden etwa
um 1920 (tiefenpsychologische Verfahren und therapeutische Methoden wurden
berücksichtigt). Man war überzeugt, dass eine wirksame Bekämpfung von
Erziehungsschwierigkeiten und Verwahrlosung nur durch eine Schulung der Erzieher
geschehen könne.
Mit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 wurde zum ersten Mal ein Recht des
Kindes auf Erziehung gesetzlich verankert. § 1: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf
Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit.“
Jede Stadt mit über 10 000 Einwohnern wurde zur Errichtung von Jugendämtern
verpflichtet.
In der Weltwirtschaftskrise um 1929 kam es zu einem deutlichen Abbau sozialer
Leistungen, besonders auch im Bereich der Jugendwohlfahrt.
Aufgrund der Sparmaßnahmen lebte eine Diskussion wieder auf:
„Wer ist fürsorgeberechtigt, weil noch erziehbar – wer ist nicht mehr fürsorgeberechtigt,
weil nicht mehr erziehbar?“ Um Kosten zu sparen, wurden „unerziehbare“ Kinder und
Jugendliche aus der Fürsorgeerziehung entlassen. Alle „Unerziehbaren“ wurden später
im NS-Staat durch die Polizei verwaltet. Nicht mehr das Individuum mit seinen
Bedürfnissen (z. B. das Recht auf Erziehung), sondern im Sinne der NS-Ideologen
sollte fortan der „gesunde Volkskörper“ als Ganzes im Mittelpunkt stehen. Nur die
„Wertvollen“ sollten unter Beachtung des „Volksgesamtwohls“ Hilfe und Förderung
erfahren.
Erbkranke, Unerziehbare und Schwererziehbare wurden nach einer sichtenden
Beobachtung „ausgeschieden“ und nach Sterilisation der „Bewahrung“ übergeben in
Anstalten, Arbeitshäusern, später Jugendschutzlagern. Jugendschutzlager dienten als
Auffanglager für jugendliche „Unerziehbare“, „Störer“ und „Gemeinschaftsfremde“.
Himmler unterstellte die Verwahrung dieser Jugendlichen seinem Reichskriminalamt.
Diese Lager waren auf Erziehung durch Terror bei maximaler Ausbeutung der
Arbeitskraft ausgerichtet. Am Ende stand vielfach die Ermordung eingelieferter
Jugendlicher.
8
Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Erziehungsberatungsstellen wie vom Erdboden
verschwunden, teils in den Verwüstungen des Krieges mit untergegangen, teils aber
auch aus Gründen der Spurenverwischung.
Bald nach 1945 gab es Bestrebungen, Jugendämter neuer Prägung zu schaffen, die
nicht nur im Notfall, bei Gefährdung fürsorglich tätig werden, sondern darüber hinaus
die gesamte Jugend fördern sollten. Dazu sollten dann auch wieder
Erziehungsberatungsstellen gehören, die in den 50er Jahren nach dem Modell der
„Child-Guidance-Clinic“ (in etwa: Poliklinik für ambulante Kinderbehandlung) in
Teamwork neu errichtet wurden. Es ging um die Familie, die über gute Ratschläge
hinaus möglichst kontinuierliche Hilfe bei einer gewissen Selbsterfahrung erhalten
sollte.
Es handelte sich somit um einen familienzentrierten Ansatz – familientherapeutisches
Denken dagegen kam erst in den 80er Jahren.
1961 wurde die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung als Fachverband gegründet.
Es sollte ein Berufsbild „Erziehungsberater“ etabliert werden, um Konkurrenzen und
Rivalitäten von
Fachrichtungen und therapeutisch-beraterischen Schulen zu
überwinden.
In den 70er Jahren wurde allmählich von „Multidisziplinarität“ in den Teams gesprochen,
was zu einem allgemeinen Arbeitsprinzip wurde.
Es war die Zeit, in der Erziehungsberatungsstellen in der heutigen Form entstanden und
sich bis in die Anfänge der 80er Jahre mehr als verdoppelten.
Unsere EB nahm 1978 die Arbeit auf.
9
1.2 Beratungsarbeit im Wandel der sich verändernden
Familienstrukturen
Noch immer bestimmen die traditionellen Vorstellungen das Bild der Familie: Vater,
Mutter, Kind.
Es scheint immer noch schwer zu fallen, diese Vorstellungsbilder mit der Wirklichkeit
abzugleichen, wie sie sich in unserer Beratungsarbeit abzeichnet. Die gesetzlichen
Vorgaben treiben entweder die Wandlungen in den Familienstrukturen voran, wie z. B.
die Abschaffung des Bestimmungsrechts des Ehemanns über seine Frau, oder es
folgen Entwicklungen im Blick z. B. auf die Gleichstellung von Frau und Mann, Vater
und Mutter und deren zu teilender Verantwortung für das Kind. So ist zum Beispiel in
der Zwischenzeit das gemeinsame Sorgerecht Grundlage aller Entscheidungen. Nur
unter bestimmten, nachzuweisenden Umständen wird ein alleiniges Sorgerecht
ausgesprochen.
Wurden die getrennt lebenden Mütter und deren Kinder vor Jahren eher stigmatisiert,
gehören die Allein- bzw. Getrennt- Erziehenden schon zum Alltagsbild. Im Jahr 2012
wurden in Deutschland rund 179100 Ehen geschieden. Laut statistischem Bundesamt
werden ausgehend von den derzeitigen Scheidungsverhältnissen etwa - 37 % - aller
2012 geschlossenen Ehen im Laufe von 25 Jahren geschieden. Alleinerziehen bzw.
Getrennt - Erziehen ist ein Teil der Normalität geworden. Streit um den Aufenthalt des
Kindes, um das Umgangsrecht, zu Finanzierungen und Unterhalt sowie zu Fragen der
Entwicklung des Kindes bestimmen den Alltag der Getrennt - Erziehenden. Dies sind
Bestandteile unserer Beratungsarbeit.
Ein weiterer Wandel von Familienstrukturen zeichnet sich in der gesellschaftlichen
Enttabuisierung gleichgeschlechtlicher Paare ab, die durch entsprechende Gesetze
legitimiert worden sind. Mit der Heiratserlaubnis werden nun Themen wie Kinderwunsch
oder Adoption von Kindern in Verbindung mit der einhergehenden Beziehungsdynamik
angesprochen. Zum Beispiel kämpft ein Vater für das Umgangsrecht mit seinem Kind,
welches in einer kurzfristigen Begegnung mit einer Frau entstanden ist, obwohl er sich
in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft befindet.
In der Verknüpfung zur Verbesserung der Rechtslage von nichtehelichen Vätern
werden gemeinsames Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht diskutiert, auch im
Blick auf gleichgeschlechtliche Paare.
Binden sich Allein- bzw. Getrennterziehende wieder neu, können sich schon recht
komplexe familiäre Konstellationen ergeben, mit vielen Kindern, manchmal mehr als
vier Sorgeberechtigten, mit den sich möglicherweise ergebenden Geschwisterrivalitäten
und Loyalitätskonflikten - nicht nur bei Wochenendaufenthalten. Diese sogenannten
"Patchworkfamilien" fordern ein hohes Maß an sozialer Kompetenz bei allen Beteiligten
und sind häufig Anlass vielfältiger Beratungsanliegen.
Im Hinblick auf diesen gesellschaftlichen Wandel bedarf es einer neuen, anderen Streitund Auseinandersetzungskultur, die nicht nur Eigeninteressen durchzusetzen versucht,
sondern das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt. Insbesondere wird dabei die
Befähigung gebraucht, Kompromisslösungen anzuerkennen, die wiederum
Frustrationstoleranz und Wohlwollen zur Voraussetzung haben.
10
1.3 Veränderungen bei Beratung zur Regelung des Umgangs
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1. September 2009 kann
ein Familiengericht, im Falle unterschiedlicher Vorstellungen der Eltern zur Regelung
des Umgangs, Beratung anordnen (§156 Abs.1 Satz 4FamFG).
Aufgabe der Beratungsstelle ist es, in diesem Falle darauf
hinzuwirken, die
Elternebene zu erarbeiten, ein gutes Maß an Einvernehmlichkeit zu bewirken und dabei
dem Kindeswohl gerecht zu werden. In der Regel werden Anordnungen dort nötig, wo
Vorstellungen von Rechten, weniger der Pflichten, unterschiedlich wahrgenommen,
materielle Interessen und Erziehungsauftrag verwechselt und möglicherweise
Kindeswohl und eigenes Wohl vertauscht werden.
Bisher war das Gebot der Freiwilligkeit in der Beratung unabdingbar. Mit der neuen
Rechtslage, unter Einbeziehung der Beratungsstellen, ist diese einer Notwendigkeit
gewichen, die dem Berater seitens des Gerichts eine verpflichtende Position zuweist,
mit all den Konsequenzen für die Prozesshaftigkeit von Beratung und auch für die
Schweigepflicht.
Ehemals verheiratete Eltern behalten nach der Trennung das Sorgerecht über die
Kinder. Die Paarebene ist erloschen, die Elternebene bleibt bestehen. Es gilt,
anzunehmen, dass in den meisten Fällen nach Trennung und Scheidung Eltern ihrem
Auftrag gerecht werden, zumal im Zeitraum des gemeinsamen Zusammenlebens sich
die Rollenverteilung und Zuständigkeit schon geregelt haben. Für die Beratung bleiben
meist strittige und hochstrittige Fälle.
Seit dem 19.05.2013 wurden die Rechte nichtehelicher Väter gestärkt (§1626a BGB).
Sie können auf Grund einer gemeinsamen Erklärung, auf Antrag, wenn die Mutter nicht
widerspricht, oder durch Entscheidung des Familiengerichts das Sorgerecht erhalten,
sofern es nicht dem Wohl des Kindes entgegensteht.
Alle Väter können ihre Erziehungsrechte und -pflichten leben und erleben und eine
aktive Rolle in der Begleitung ihrer Kinder zu haben.
Da, wo Eltern im Rahmen eines anderen Familienbildes ohne Trauschein
zusammengelebt haben, ist die Situation mit verheirateten Eltern vergleichbar.
Schwieriger wird es, wenn das Kind Ergebnis einer kurzen Affäre ist, beide Elternteile
sich weitgehend fremd geblieben sind, Lebensbilder und –vorstellungen weit
auseinander liegen und der zumeist vorhandene gute Wille nur eher einer Geröllhalde
gleicht, denn einem fruchtbaren Garten.
Beratung bedeutet hier Verständnis für den Anderen und dessen Lebenssituation zu
entwickeln, eigene Verstrickungen und Ängste deutlich zu machen, Selbstverständnisse
und Vorstellungen anzupassen als Grundlage für eine überschaubare Lebenssituation
der betroffenen Kinder.
Die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen ist hier besonders von
Nöten. Gericht, Jugendamt, Verfahrensbeistandschaft und die Beratungsstellen sollten
ergänzend zusammenarbeiten, damit auch in solch schwierigen Fällen gemeinsame
Elternschaft möglich wird.
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Prozess-Beispiel
Ein nicht verheiratetes Paar trennte sich, als die Tochter 2 Jahre war. Der Vater bekam
auf Antrag das Sorgerecht. Beide Eltern bekamen die Anordnung des Familiengerichts,
sich bei der Beratungsstelle zu melden.
Es gab erhebliche Unterschiede in der Wahrnehmung der Elternschaft. Zu den aus dem
Sorgerecht sich ergebenden Sorgepflichten gab es sehr unterschiedliche Vorstellungen.
Da der Vater arbeiten ging und die Mutter Hartz IV bezog, wollte er einen flexiblen
Kontakt zur Tochter. Die Mutter hatte sich weitgehend nach seinen Vorgaben zu
richten, und unangenehme Termine wie Arztbesuche, hatte sie zu erledigen. Im
Umgang mit dem Kind fehlte es ihm an Vermögen, sich mit dem Kind zu beschäftigen.
Es wurde eher aufbewahrt bzw. es verbrachte die Zeit bei seinen Eltern auf der Couch.
Gab es Probleme, bekam die Mutter die Schuld. Die Lebensplanung des Vaters bzw.
seine Vorstellung von Alltag sollte Maßstab der Dinge werden.
In der Arbeit mit den Eltern mussten Rechte und Pflichten, die sich aus der Elternschaft
ergeben, erarbeitet, Rollenbilder an die Realität angepasst, kindliche Entwicklung und
Bedürftigkeit nahegebracht und gegenseitiger Respekt eingefordert werden.
12
1.4 Wie das Internet die Beratungsarbeit beeinflusst hat
Die Ausstattung der Familien mit PCs und Internetzugang ist heute Standard.
In der Beratungsarbeit zeigen sich folgende Problemstellungen, die nicht vergleichbar
sind mit denen früherer Zeiten. Sie fallen in der Thematik auch aus dem ehemals
routinierten Therapie- und Beratungsgeschehen heraus.
Früher war das „bis spät in die Nacht hinein telefonieren" ein Thema. Die heutigen
Smartphones sind mit Internetanschluss ausgestattet und sind sowohl
Kommunikationsmittel als auch Fernseher und Mini-PC in einem. Damit einhergehend
verlieren die Eltern noch mehr die Kontrolle über den Medienkonsum ihrer Kinder. Es
wurde der Begriff Internetsucht geschaffen, um eine ausschließliche Beschäftigung mit
dem PC unter Vernachlässigung sozialer Kontakte, schulischer Anforderungen und
teilweise auch körperlicher Gesundheitsvorsorge zu beschreiben. Dies gilt für
Jugendliche, aber auch für Eltern, die über dem Spiel am PC ihre Kinder nicht mehr
richtig versorgen und ihr Alltagsgeschäft nicht mehr erledigen.
In unserer Beratungsarbeit erleben wir, dass sich Eltern und Jugendliche in
Onlinespielen verlieren, insbesondere wenn sie sich sogenannten „Clans“ anschließen,
die dann zeitliche Verbindlichkeiten bedingen, die mit den notwendigen
Alltagsverpflichtungen nicht mehr zu vereinbaren sind. Die Rollenspiele verlangen
Präsenz. Die Rollenspielfiguren können so dominant werden, dass in Fachkreisen
schon von sogenannten „proteischen Persönlichkeiten“1 gesprochen wird. Diese Nutzer
definieren ihre Identität aus ihren sich wandelnden Rollen. Die Vergangenheit verliert an
Bedeutung, und damit ist auch die Zukunft vernachlässigbar. Wichtig ist nur das Jetzt.
Sexting bedeutet das Versenden von privaten Nacktbildern. In der Beratung begegnet
uns, dass Gruppendruck ausgeübt wird, auch eigene Nacktbilder zu versenden, ein
Druck, dem junge Menschen kaum ausweichen können. Die Konsequenz der
Verweigerung oder auch des Nachgebens kann Cybermobbing, Diskreditierung und
Isolation sein. Unsere Aufgabe besteht unter Umständen darin, die
Abgrenzungsfähigkeit zu entwickeln und beizustehen, den Druck und vielleicht Isolation
auszuhalten, und die Jugendlichen dabei zu unterstützen, eigene Werte zu entwickeln
und sich konsequent dazu zu verhalten.
Schwierig wird es, wenn Eltern dabei mitmachen und selbst ihre Nacktbilder
versenden.
Eltern verzweifeln, weil die Kinder, manchmal erst zwölf Jahre alt, Spiele spielen, die
erst ab 18 Jahren erlaubt sind, wie z. B. Call of Duty . Untersuchungen bestätigen dies
(siehe Anhang aus Psychologie Heute, 4/14 S. 15). Einmal wird deutlich, dass die
Eltern diese Entwicklung nicht mehr mitvollziehen und keine Ahnung haben, was die
Kinder spielen, oder aber, dass zwischen den Eltern unterschiedliche Einschätzungen
ob des Gefährdungspotentials eines Spieles bestehen. In der Regel „gewinnt“ der
Nachgiebigere. Solche Auseinandersetzungen können auch die Partnerschaft in Frage
stellen.
Immer wieder werden wir auch damit konfrontiert, dass Kinder kostenpflichtige Seiten
angeklickt haben und dann mit üblen Droh- und Mahnverfahren verfolgt werden. Die
1
Proteus, eine altgriechische Gottheit, war der Weissagung fähig. Er entzog sich dem Begehren nach Weissagung,
in dem er seine Gestalt wandelte, so dass er nicht mehr erkannt wurde. So führte er seine Verfolger in die Irre. Nur
demjenigen, der ihn zu fassen bekam, weissagte er die Zukunft.
13
Beziehungen untereinander werden
Unterstellungen äußerst belastet.
durch
Misstrauen,
Rechtfertigungen
und
Wie es sich in unserer Praxis abzeichnet, liegt ein hohes Gefährdungspotential in den
Kontaktportalen begründet. Mädchen wie auch Jungen können dort von vermeintlich
netten, angeblich Gleichaltrigen kontaktiert werden, die Treffen ohne Wissen der Eltern
vorschlagen. Bei diesen Treffen stellt sich heraus, dass es sich um viel ältere Personen
mit negativen bis kriminellen Absichten handelt.
Diese Darstellung zeigt nur ausschnitthaft ein paar der Teilprobleme auf, wie sich das
Internet in der Beratungsarbeit widerspiegelt. „Big Data“ und das, was sich schon am
Horizont abzeichnet, bleiben unberücksichtigt.
14
2 Wandel der Beratungsarbeit im Blick auf unsere Arbeitsprojekte
2.1 Kooperation mit Familienzentren
Bei der Organisation der Einführung der Familienzentren 2006 war die zielführende
Idee die frühe Förderung der Kinder und das schnelle Bereitstellen von familiärer
Unterstützung durch Beratung, z.B. im Bereich der Gesundheitsfürsorge und
Erziehung, psychosozialer Beratung und sonstiger Hilfen, Schuldnerberatung etc. Die
Einstellung von Schulsozialarbeitern setzt diese Zielführung in die Schulen hinein fort.
Die Familienzentren, die zertifiziert diesen Titel tragen, sind verpflichtet, Verträge mit
Erziehungsberatungsstellen, Weiterbildungseinrichtungen und anderen Trägern der
Familienhilfe vorzulegen.
In diesem Zusammenhang begann 2011 unser Projekt zur Kooperation mit
Familienzentren:
Fachliche Beratung und Unterstützung von Erziehern und Erzieherinnen in
Familienzentren bei offenen Fragen zur Erziehung und Gesundheit von Kindern
Unter der Prämisse „Erziehungsberatung stellt einen grundlegenden Baustein von
Erziehung und Familienförderung sowohl für Eltern als auch für Fachkräfte dar“
wurden im Laufe der letzten drei Jahre verschiedene Angebote der Beratungsstelle für
Familienzentren zur fachlichen Beratung und Unterstützung von Erziehern und
Erzieherinnen entwickelt.
Dazu gehören die jährlichen Kooperationstreffen aller mit der Beratungsstelle
kooperierenden Familienzentren sowie zentrale Angebote (z. B. Supervision für
Erzieherinnen und Elterninformationsabende), als auch bedarfsorientierte Angebote vor
Ort (z. B. als offene Sprechstunde).
Die unterschiedlichen Anliegen der Familienzentren wurden dabei berücksichtigt und
bezogen sich auf Aspekte wie Standort des Familienzentrums (ländlich abgelegen oder
zentral in der Stadt), Ausbau zur U2/U3 Betreuung, Anteil der betreuten Familien mit
Migrationshintergrund etc.
Im Jahr 2013 bestanden Kooperationsverträge mit insgesamt fünf Familienzentren,
davon sind drei Familienzentren mit jeweils zwei Kindertagesstätten im Verbund
zusammengeschlossen, so dass es Kooperationen mit
insgesamt acht
Kindertagesstätten gab.
Zentrale Angebote der Beratungsstelle
Aufgrund des ländlichen Raums, indem sich die Kooperationspartner befinden, wurden
bestimmte Beratungsstellenangebote (Elternabende, Informationsveranstaltungen,
Fachseminare) zentral in den Räumlichkeiten der Beratungsstelle in Jülich angeboten.
Fachseminare für Erzieherinnen
Fortgeführt wurden die bereits vorher schon von der Beratungsstelle veranstalteten
Fachseminare für Erzieherinnen aus unterschiedlichen Kindertagesstätten im Kreis
Düren im vierteljährlichen Turnus.
Informationsabende für Eltern
15
Auch die zu den präventiven Aufgaben zählenden Informationsabende für Eltern
wurden in der Regel von der Beratungsstelle zentral angeboten.
Gleichzeitig hatten die Familienzentren aber auch die Möglichkeit, Informationsabende
für ihre Einrichtung zu buchen, die sie aus dem Veranstaltungskatalog der
Beratungsstelle entnehmen konnten (z. B. „Wege aus der Brüllfalle“).
Im Jahr 2013 wurden so von den Mitarbeitern der Beratungsstelle folgende
Veranstaltungen in Kooperation mit der Evangelischen Erwachsenenbildung angeboten:
Elterncoaching Gruppe,
Wege aus der Brüllfalle- kann nur noch die Supernanny helfen?
Elterncoaching (Ganztagesveranstaltung)
Ein Kind zwischen zwei Stühlen (Trennung/Scheidung)
Die Erziehungsberatungsstelle stellt sich vor
Red’ doch einfach mit! (Gesprächskreis)
Besorgt – Entsorgt!? Vater sein – sein wollen, Wunsch und Wirklichkeit
Umgang mit Grenzen, Umgang mit Loslassen (Gruppe für Frauen)
Kooperationstreffen
Zu einem wesentlichen Bestandteil der Kooperation haben sich die sog.
Kooperationstreffen herausgebildet, zu denen die Beratungsstelle alle kooperierenden
Familienzentren jährlich ins Peter-Beier-Haus einlädt.
Auch in 2013 wurde diese Veranstaltung von den Vertreterinnen der Familienzentren
sehr begrüßt, da sie auch gleichzeitig ein Gremium darstellt, in dem sich die beteiligten
Kindertagesstätten untereinander besser vernetzen können.
Neben dem fachlichen Austausch zu spezifischen und aktuellen Themen wie bspw. die
U2 Betreuung bietet diese Veranstaltung Gelegenheit, Formen der Kooperation weiter
zu entwickeln und bedarfsgerecht abzustimmen.
Angebote der Beratungsstelle „vor Ort“: Offene Sprechstunden
Bei den Angeboten vor Ort soll insbesondere dem Aspekt der Niedrigschwelligkeit
Rechnung getragen werden. Durch Unmittelbarkeit und Erreichbarkeit werden kürzere
Schritte hin zu einer Sensibilisierung eher schwer zugänglicher bzw. erreichbarer
Familien für Beratung ermöglicht.
Daneben festigt diese Angebotsform die vertrauensvolle fachliche Zusammenarbeit der
verschiedenen Einrichtungen durch fachlichen Einblick und Austausch.
Die sog. Offene Sprechstunde wurde erstmalig im Februar 2012 im Familienzentrum
Titz von der Beratungsstelle angeboten und fand schon zu Beginn gute Resonanz.
In 2013 wurde zusätzlich eine Offene Sprechstunde eingerichtet im VerbundFamilienzentrum „Hand in Hand“ in Jülich.
Die Möglichkeit des unmittelbaren Zugangs zur Sprechstunde scheint vielen
Ratsuchenden das Aufsuchen professioneller Hilfe zu erleichtern; anstelle telefonischer
Anmeldung stellten sich ausgehängte Termine mittels Abreißzetteln als besonders
günstig für die (anonyme) Inanspruchnahme der Sprechstunde heraus.
16
Ratsuchende in der Offenen Sprechstunde sind nicht nur Eltern, deren Kinder die
Tagestätte des Familienzentrums besuchen, sondern auch Eltern, deren ältere Kinder
schon zur Grundschule bzw. zur weiterführenden Schule gehen.
Daneben wurden die Sprechzeiten häufig auch von den Erzieherinnen der
Kindertagesstätten selbst genutzt zur Klärung fachlicher Fragestellungen.
Schwerpunkte der Beratungen liegen vorwiegend in den Bereichen
Trennungs- und Scheidungsberatung
Beratung zum erzieherischen Verhalten
Beratung bei innerfamiliären Konflikten
Beratung bei Schulschwierigkeiten
Beratung von Alleinerziehenden
Oftmals ist ein einmaliger Kontakt ausreichend. In den Beratungsfällen, in denen
mehrere Kontakte erforderlich sind, gelingt in den meisten Fällen die Anbindung an die
Beratungsstelle in Jülich bzw. an die Dependancen in Linnich oder Aldenhoven, so dass
dort die Beratung weitergeführt werden kann. Dadurch kann in diesen Fällen die Offene
Sprechstunde auch als Türöffner für den weiteren Beratungsprozess in der
Beratungsstelle gesehen werden.
2.2 Wandel der Beratungsarbeit im Blick auf Opfer- und Täterarbeit
Nach langen Jahren des männlichen Täterschutzes bei häuslicher Gewalt vor dem
Hintergrund des gesetzlich verankerten Bestimmungsrechtes des (Ehe-) Mannes über
die Frau, rückte in den neunziger Jahren der Opferschutz in das Blickfeld. Die
Thematisierung des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung in der Ehe
veränderte auch gesellschaftlich die Bereitschaft, Täter zu entschuldigen und zu
legitimieren. Runde Tische wurden gebildet, wie „Runder Tisch gegen häusliche
Gewalt“ oder „Runder Tisch gegen Gewalt an Frauen“. Die Polizei wurde mit
„Opferschutzbeauftragten“ ausgestattet. Das Gesetz zur „Ächtung der Gewalt“ wurde
verabschiedet.
Wie bei jedem Ausschlag eines Pendels in die eine Richtung, schwingt es in die
Gegenrichtung zurück. In Folge einer allgemeinen Akzeptanz, dass es eine nicht zu
rechtfertigende Männergewalt gibt, war bislang der Blick auf das Opfer (vornehmlich
betroffene Frauen) gerichtet. Nun stellte sich die Frage nach einer entsprechenden
Hilfestellung für die Täter. Spezifische Beratungsstellen wurden geschaffen und
beauftragt, gewalttätigen Männern zu helfen, andere Lebensbewältigungsstrategien zu
entwickeln, als Gewalt anzuwenden. 2006 nahm sich die Erziehungsberatungsstelle
Jülich gegen anfänglichen inneren und äußeren Widerstand dieses Themas an und
gestaltete das Projekt „Gewalt und Gewaltprävention in Familien“.
Im Rahmen dieses Projektes sind circa 20 Menschen im Verlauf eines Jahres in
Beratung. Diese Zahl hat sich über die Jahre stabilisiert. Sie setzt sich aus vom Vorjahr
übernommenen und Neuanmeldungen zusammen.
Ein Teil dieser Ratsuchenden meldet sich aus eigener Motivation an, andere aufgrund
einer polizeilichen Wegweisung. Diese letzte Anzahl beträgt zwischen fünf und zehn
Personen jährlich.
17
Leider müssen wir mitunter erleben, dass die „Wegweisung“ bei aggressiven
Auseinandersetzungen in Trennungs- und Scheidungssituationen als Mittel benutzt
werden kann, um sich bei späteren Gerichtsverhandlungen eine bessere
Ausgangsposition zu verschaffen.
Dazu sollte man wissen, dass die Polizei nicht die Pflicht hat, die Rechtmäßigkeit einer
Wegweisung zu ergründen oder einen Beweis zu finden, wenn sie bei „häuslicher
Gewalt“ gerufen wird. Sie ordnet „nur“ die Wegweisung an, um eine mögliche weitere
Eskalation zu verhindern. Eine Verlängerung der Wegweisung bis zu sechs Monaten
erfolgt aufgrund einer „Eidesstattlichen Erklärung“. Dieser Vorgang beruht nur auf
Aussagen des einen (Ehe)-Partners ohne definitiven Beweis der Gewaltausübung.
Auf diese Art können so Institutionen sowie Berater im Interessenkonflikt einer
Trennung- und Scheidungsberatung instrumentalisiert werden, einseitig Partei für eine
der streitenden Seiten zu nehmen.
Eine Bemerkung am Rande: Uns fällt immer wieder auf, dass Männer bei Gewalt der
Frau eher nicht die Polizei rufen, sondern den Vorfall bagatellisieren, so dass keine
Wegweisung der Frau erfolgt. Vermutlich sind Scham und das Gefühl, als „echter
Mann“ versagt zu haben, hierfür die Ursache.
2.3 Beratung im Rahmen der Virtuellen Beratungsstelle der bke
Im Rahmen des Kooperationsvertrags mit der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
– bke – bot die Beratungsstelle im Rahmen der Virtuellen Beratungsstelle der bke (bis
zum Ausscheiden unserer Diplom-Psychologin, Frau Heer), Internetberatung an. Sie
beriet innerhalb der Online-Beratungsstelle bis zum 30. Juni insgesamt 83 Klienten.
Die Online-Beratungen sind ein sehr niederschwelliges Angebot für ratsuchende Eltern
sowie für Jugendliche ab 12 Jahren, da sie völlig anonym in Anspruch genommen
werden können und der/die Ratsuchende sich auch nicht an vereinbarte Termine einer
Beratungsstelle halten muss. Die Beratungen erfolgen durch Emailkontakt.
Selbstverständlich kann diese Form der Hilfe keinen Face-to Face Kontakt ersetzen und
schon gar keine Therapie. Viele Ratsuchende mit konkreten Fragen können in der
Online-Beratung aber Antworten bekommen, die ihnen weiterhelfen.
Eine 17jähr. Schülerin stellte zum Beispiel folgende Frage: „Ich habe gestern mit
meinem Freund geschlafen und nicht verhütet. Was mache ich aber, wenn ich nun
schwanger sein sollte. Ich möchte das Kind bekommen, weiß aber nicht, an wen ich
mich wenden kann, um Hilfe zu bekommen.“
Natürlich gibt es auch Anfragen, die nicht durch einen oder mehrere anonyme
Mailkontakte zu beantworten sind. So schrieb ein 16 jähriges Mädchen: „Ich habe zu
nichts Lust mehr, das Leben ist so sinnlos. Ich hasse mich selbst ....“
Hier ist natürlich mehr nötig als „nur“ ein konkreter Ratschlag per E-Mail.
Die Beratungsstelle berät in diesen Fällen dahingehend, dass die Klienten motiviert
werden sollen, Mut zu fassen und den Schritt in eine reale Beratungsstelle oder Praxis
zu wagen. Die Emailkontakte dienen hier weniger der konkreten und schnellen
Problemlösung, als der Entlastung der Klientin und bietet ihr die Möglichkeit, sich mit
ihren Sorgen anonym und jederzeit an jemand wenden zu können, der zu“hört“ und –
wenn auch nur virtuell – für sie da ist und Interesse an ihr zeigt.
18
3 Statistik
3.1 Auftrag der Erziehungsberatung
Der Auftrag der Erziehungsberatung leitet sich ab aus dem
Jugendhilfegesetz (Achtes Buch Sozialgesetzbuch) § 28 (KJHG):
Kinder-
und
„§ 28 Erziehungsberatung
Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen
Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und
Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden
Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung
unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken,
die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind.“
(Münder, J.1999)
Vertraglich vereinbart sind die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (§
16), die Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17), die
Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge / u. a. Umgangsrecht
(§18), die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a)
und die Hilfe für junge Volljährige sowie die Nachbetreuung (§ 41). (MENNE 2009)
Der Auftrag und die Durchführung von Erziehungsberatung werden differenziert und
ergänzt durch:
1. Verträge mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe
2. Förderrichtlinien des Landes Nordrhein Westfalen, die die Ausstattung und die
Qualifikation der Mitarbeiter zum Inhalt haben (Regeln des fachlichen Könnens)
und festlegen, dass die Beratung für die Ratsuchenden kostenlos, freiwillig,
niedrigschwellig und direkt zugänglich ist, ohne Beschränkung im Blick auf
Religionszugehörigkeit, sozialen Status und nationale Herkunft
3. die Umsteuerungs- und Zielvereinbarung, die die Verpflichtung zur Kooperation
und Verträge mit dem Jugendamt, anderen Beratungseinrichtungen, wie z.B.
Schuldnerberatung und Familienbildungsstätten beinhalten
4. Kooperationsverträge mit den Familienzentren, hier Nordkreis Jülich.
19
3.2 Diagramm: Beratungsschwerpunkte
Im Jahr 2013 verteilten sich die abgeschlossenen Prozesse auf die Bereiche:
Beratungsschwerpunkt
112
120
100
89
80
60
40
20
21 18
5
21
7
2
14
0
1
3
0
0
0
1
Be
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16
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§
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17
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18
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28
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41
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KJ
H
G
0
männlich
w eiblich
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
20
3.3 Diagramm: Gesamtzahl der Beratungsfälle
Gesamtzahl der Beratungsfälle
250
230
215
200
173
148
142
150
146
100
50
0
insgesamt
davon Neuaufnahmen
männlich
abgeschlossene Beratungsfälle
w eiblich
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
Anzahl der insgesamt im Jahre 2013 unmittelbar
betreuten Kinder und Jugendlichen,
für die ein Erhebungsbogen anzulegen war
Anzahl der Neuanmeldungen
Anzahl der im Berichtsjahr abgeschlossenen Fälle
445
315
294
Nicht in diesen Zahlen enthalten sind die Klienten, die im Rahmen der Online Beratung
(Virtuelle Beratungsstelle der bke) beraten wurden. Hierbei handelte es sich um
insgesamt 83 Klienten.
Ebenfalls nicht in dieser „Klienten-Fallzahl“ enthalten sind alle weiteren, an Beratung
und Therapie beteiligten Personen, wie z.B. Eltern und andere erziehungsberechtigte
Personen.
Auch
die
einzelfallbezogene
Zusammenarbeit
mit
Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen anderer Institutionen im Sinne der Netzwerkarbeit, wie
Schulen und Kindertagesstätten, ist in der „Fallzahl“ der Klienten nicht enthalten. Wie im
Vorjahr handelt es sich um ca.1100 Personen, die in die Beratungsprozesse
einbezogen und erreicht wurden.
21
3.4 Diagramm: Wartezeit zwischen Anmeldung und erstem
Fachkontakt
Wartezeit zw. Anmeldung und 1. Fachkontakt (N)
180
164
160
140
136
120
100
80
60
40
20
3
3
0
2
3
4
0
bis zu 14 Tagen
bis zu einem Monat
männlich
bis zu zw ei Monaten
w eiblich
länger als zw ei Monate
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
bis zu 14 Tage
bis zu 1 Monat
bis zu 2 Monate
länger als 2 Monate
Fälle
300
6
2
7
Um ein schnelles und kurzfristiges Beratungsangebot zu machen, erfolgt das erste
Anmeldegespräch in der Regel innerhalb von 10 Tagen. Es dient dazu, den
Ratsuchenden die Gelegenheit zu geben, die Beratungsstelle kennenzulernen, um so
ihrer Schwellenangst zu begegnen. Sie können in einem ersten Gespräch mit einem/r
BeraterIn ihr Anliegen, ihre Sorgen und Probleme vortragen und bekommen häufig
erste Anregungen, die ihnen bei der Problemlösung helfen können.
In diesem ersten Gespräch kann durch den Berater schon eine erste Einschätzung
bezüglich Dringlichkeit, weiterer Beratung und Notwendigkeit der netzwerkartigen
Einbindung bzw. Überweisung an andere Institutionen erfolgen.
Verlängerte Wartezeiten entstehen u. a. durch Unvereinbarkeit der Termine
(Schichtarbeit, Kuraufenthalte oder Operationen).
22
3.5 Diagramm: Altersverteilung der Kinder
Alter (KJHG)
45
41
40
35
32
32
30
30
24
25
23
21
19
20
14
15
10
8
8
14
8
8
8
8
5
0
unter 3
Jahren
3 bis unter 6
Jahren
6 bis unter 9
Jahren
9 bis unter 12
Jahren
12 bis unter
15 Jahren
männlich
15 bis unter
18 Jahren
18 bis unter
21 Jahren
21 bis unter
27 Jahren
w eiblich
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
männlich: 148
3
6
9
12
15
18
21
-
weiblich: 146
unter 3 Jahre
unter 6 Jahre
unter 9 Jahre
unter 12 Jahre
unter 15 Jahre
unter 18 Jahre
unter 21 Jahre
unter 27 Jahre
insgesamt 294
16
22
56
73
51
42
22
16
Die Altersverteilung in dieser Form ergibt sich, da die Anmeldung und Erfassung des
Beratungsbedarfes über die Kinder erfolgt. Viele Beratungen werden jedoch
vornehmlich mit den Eltern durchgeführt, denn diese bilden letztlich das Stützsystem für
ihre Kinder.
Zunehmend wird aber auch ein unmittelbarer Unterstützungsbedarf für die Kinder im
Sinne von Therapie, Beratung und Förderung deutlich.
Immer häufiger werden die Mitarbeiter mit kindlichen Krisen durch Trennung und
Scheidung der Eltern, Drogenproblematik der Eltern, aber auch durch Krankheit und
Tod in der Familie konfrontiert. Unbehandelt münden diese Belastungen sehr
wahrscheinlich in seelische Fehlentwicklungen.
Hier wird sicherlich auch das neue Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Beratungskapazitäten
beanspruchen.
23
3.6 Diagramm: Wirtschaftliche Situation der Familie
Wirtschaftliche Situation der Familie
140
121
125
120
100
80
60
40
27
21
20
0
Familie lebt überwiegend von eigenen Einkünften
männlich
Familie lebt überwiegend von Sozialleistungen
weiblich
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
Die wirtschaftliche Situation der Familie wird seit 2008 erstmalig erhoben. Diese
Erhebung ersetzt den bis dahin erhobenen „beruflichen Status“ von Vater und Mutter.
Bei abgeschlossenen Fällen (294) lebten
246 Familien überwiegend von eigenen Einkünften und
48 Familien überwiegend von Sozialleistungen.
Inwieweit diese Selbstauskünfte der Wirklichkeit entsprechen, ist nicht überprüfbar.
Scham und der Versuch, nicht in den Status eines Hilfeempfängers eingeordnet – und
behandelt – zu werden, führten verschiedentlich zu verzerrenden Auskünften über die
finanzielle Situation der Familie.
24
3.7 Diagramm: Tätigkeit der Eltern
Bei den abgeschlossenen Fällen (294) stellte sich die Tätigkeit der Mutter bzw. des
Vaters, jeweils bezogen auf das männliche oder weibliche Kind, wie folgt dar:
Tätigkeit der Mutter
47
43
29
41
38
32
15
11
2
in
männlich
4
2
un
be
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40
35
30
25
20
15
10
5
0
weiblich
Tätigkeit des Vaters
140
120
115
102
100
80
60
40
20
5
4
2
14
10 10
3
0
3
0
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ig
0
w eiblich
(die Unterscheidung männlich u. weiblich bezieht sich auf das Geschlecht der Kinder der Familien, die bei uns
beraten wurden)
25
Insgesamt
Mutter
Vater
vollzeit erwerbstätig
61
217
teilzeit erwerbstätig
84
9
geringfügig beschäftigt
23
5
arbeitslos
15
20
in Ausbildung/Umschulung
8
3
Rentnerin
4
5
Hausfrau / Hausmann
85
3
unbekannt
14
32
Bei „unbekannt“ wollten oder konnten uns die beteiligten Familienmitglieder keine
näheren Angaben machen.
26
3.8 Beratungszusammenhänge
Probleme, Auffälligkeiten, Symptome in den Familien stehen im Zusammenhang mit:
-
-
-
-
-
-
-
Körperbehinderungen und chronischen Krankheiten
(Sinnesbehinderungen, Missbildungen, Allergien, Aids, Krebs, Diabetes usw.)
Psychosomatischen Symptomen
(Einnässen, Einkoten, Ein- und Durchschlafprobleme, Sprachstörungen,
Tics, sexuelle Störungen usw.)
Leistungsproblemen
(Minderbegabung, Teilleistungsstörungen,
Konzentrationsstörungen, Leistungsverweigerung usw.)
Störungen im Sozialverhalten / Dissozialität
(aggressives Verhalten, Stehlen, Herumtreiben,
Weglaufen; Rückzug und Einsamkeit usw.)
Psycho-pathologischen Auffälligkeiten und affektiven Störungen
(Zwänge, Wahnvorstellungen, paranoide Erscheinungsbilder,
psychotische Zustände, Ängste, depressive Verstimmungen,
Suizidalität usw.)
Drogen-/Genussmittelmissbrauch und anderen Süchten
(Alkohol, Medikamente, spez. Drogen, Spielsucht,
Arbeitssucht, Medienmissbrauch usw.)
Ausgeprägten Auffälligkeiten als Thema im familiären
Zusammenleben
(Vernachlässigung, Misshandlung, Körperverletzung, sexueller
Missbrauch, seelische Misshandlungen, Gewalt usw.)
Ehe- bzw. Partnerschaftsschwierigkeiten
(häufiger Streit, Trennung, Scheidung, Regelung des Umgangs usw.)
Unvollständiger Familie oder wechselnden Bezugssystemen
des Kindes
(Alleinerziehender Elternteil, Stieffamilie, Heim- und Pflegestelle usw.)
Defizitären Lebensumständen
(Armut, Überschuldung, Langzeitarbeitslosigkeit, beengte Wohnverhältnisse)
Außergewöhnlichen Belastungssituationen
(Opfersituation, Unfall, plötzliche Lebensgefahr, Tod)
Ausgeprägten Beziehungskonflikten mit außerfamiliären Bezugspersonen
(Erzieher, Lehrer, Vorgesetzte, Verwandte, Nachbarn usw.)
Sozi-kulturellen Schwierigkeiten
(Ausländerproblematik, Über-/ Umsiedler usw.)
Besonders belastenden Umwelteinflüssen
27
4 Netzwerkarbeit
4.1 Zusammenarbeit mit kooperierenden Einrichtungen
In Zusammenarbeit mit der Ev. Bildungsstätte und den Familienzentren sowie dem
Bildungsforum Düren wurden Vorträge und Weiterbildungen durchgeführt, wie z.B.
Frauengruppe - Umgang mit Grenzen, Umgang mit Loslassen
Supervision für Kursleiterinnen von Eltern u. Kind-Gruppen
Tagesveranstaltungen – Elterncoaching, Konfliktlösungsstrategien
Wege aus der Brüllfalle – kann nur noch die Supernanny helfen?
Supervision für Lehrer/Innen und Erzieher/Innen
Elternabend - Besorgt Entsorgt!? Vater sein – sein wollen,
Wunsch und Wirklichkeit
Red’ doch einfach mit! Und andere Gesprächsangebote und Vorträge zu
verschieden Themen
4.2 Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und präventive Tätigkeiten
Bei 226 Fällen arbeitete die Beratungsstelle einzelfallbezogen mit Kindergärten,
dem Jugendamt, Schulen, Ärzten, Kliniken, Gerichten und anderen sozialen
Einrichtungen zusammen. Die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kreises
Düren hat sich weiterhin kontinuierlich intensiviert.
Wie in den vergangenen Jahren arbeiteten wir auch 2013 mit dem Jülicher
Malteserkrankenhaus, St. Elisabeth, im Bereich der einzelfallbezogenen
Betreuung suizidaler Klienten zusammen.
Mitwirkung an Hilfeplangesprächen beim Kreisjugendamt Düren.
Informationsabende in Schulen, Kindergärten und -horten zu unterschiedlichen
Themen aus dem Bereich der Erziehungsberatung.
Treffen mit den Familienzentren
Lehrersprechtag des Kreises Düren
Supervision und Beratung von Fachkräften aus verschieden Institutionen
(Schule, Kita usw.)
Offene Sprechstunde in Familienzentren
Mitwirkung bei der Berufsorientierungsmaßnahme der Stadt Jülich „komm auf
Tour - meine Stärken, meine Zukunft“ Parcours im Jahr 2013
28
4.3 Gremienarbeit
Die Mitarbeiter der Beratungsstelle wirkten bei folgenden Veranstaltungen in
unterschiedlichen Gremien mit:
Sitzungen des Arbeitskreises der Leiter/Leiterinnen der Beratungsstellen der
Evangelischen Kirche im Rheinland
Sitzungen der Hauptstellenkonferenz
Runder Tisch „Gewalt gegen Frauen“
Arbeitskreis „AD(H)S“ des Kreises Düren
Arbeitskreis „Jugend“ der Stadt Linnich
Arbeitskreis „Kinder psychisch kranker Eltern“
Runder Tisch „Interdisziplinäre Zusammenarbeit“ (FamFG)
Konferenz der Bildungsanbieter des Kreises Düren
29
5 Supervision und Weiterbildung
Zur fachlichen Selbstkontrolle und um den erforderlichen qualitativen fachlichen
Standard in unserer Beratungsstelle zu wahren, nahmen Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen
an
externen
Weiterbildungsveranstaltungen,
an
Supervisionsseminaren, an externer und interner sowie an kollegialer Supervision teil.
Private und persönliche Fortbildungen sind in der Aufstellung nicht enthalten.
Weiterbildungsformen und –inhalte waren u. a.:
Beratungsstellenkonferenz der Ev. Hauptstelle für Familien- und Lebensberatung
in Düsseldorf,
Thema: „Homosexualität und Familien“
Berater -Tagung der bke-Onlineberatung
Sekretärinnen-Fachtag der Beratungsstellen in der Ev. Hauptstelle für Familienund Lebensberatung in Düsseldorf
Infotag des DW Düsseldorf,
Thema: „Neue rechtliche Stellung der nichtehelichen Väter“
Informationsveranstaltung der Psychotherapeutenkammer NRW,
Thema: „Reform der Psychotherapieausbildung“
Jahrestagung der Ev. Hauptstelle in Düsseldorf,
Thema: „Neue therapeutische Ansätze und Techniken“
Fachtagung FamFG „Chancen und Grenzen der Mediat
30
Literaturhinweise
Bergmann, Wolfgang; Hüther, Gerald (2010)
Computersüchtig. Kinder im Sog der modernen Medien. 3. Aufl. Weinheim: Beltz (BeltzTaschenbuch, 904).
Cremer, Hubert (1994)
Jahrbuch für Erziehungsberatung. Weinheim: Juventa.
Gerth, U.; Menne, K. (2009)
Der Beitrag der Erziehungsberatung zur Förderung der Gesundheit von
Kindern und Jugendlichen. In: Sachverständigenkommission Dreizehnter Kinder- und
Jugendbericht (Hrsg.)
Gröning, Katharina
Entwicklungslinien pädagogischer Beratungsarbeit: Anfänge, Konflikte, Diskurse.
Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, SGB VIII. 3., vollst. überarb. Aufl.,
mit §§ 78a ff., Gesetzesstand 1.1.1999.
31
Anhang
(Aus Psychologie Heute, 4/14 S. 15)
Themen &Trends 15
Ballerorgie im Kinderzimmer
Zwei Drittel der 14-jährigen Jungen vergnügen sich mit der Ballerorgie
Call of Duty: Mack Ops 2, obwohl dieses Computerspiel erst ab
18 Jahren freigegeben ist. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter
195 Schülern, die der Verein „Mediengewalt" veröffentlicht hat. In
dem Verkaufshit kämpft sich der Spieler durch futuristische und historische
Kriege.
Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, doch andere Erhebungen
des Vereins kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So gaben Ende vergangenen Jahres
62 Prozent der Jungen unter 316 befragten Achtklässlern zu, Grand Theft Auto V zu
spielen (Mädchen: 32 Prozent).
Dabei war das elektronische Gewaltspektakel gerade erst erschienen
und noch gar nicht für alle Computer und Konsolen verfügbar.
Wie sich beim Vergleich der Umfragen der letzten fünf Jahre zeigt,
stieg die Zahl der Jungen drastisch, die das jeweils populärste Schießspiel
bis zum Ende durchzocken. Diese Form des Zeitvertreibs hielten
dagegen nur wenige Mädchen für eine gute Idee.
Die Ballerorgien in deutschen Kinderzimmern belegen für den
Psychologen Rudolf Weiß „die Wirkungslosigkeit des Jugendmedien-schutzes bei
elektronischen Gewaltmedien". Seiner Ansicht nach sind
die Spiele so brutal, dass sie indiziert werden müssten. Dann dürften
sie nicht mehr beworben werden.
Offenbar stört es das Gros der Eltern nicht, was der Nachwuchs
spielt. 56 Prozent der Jungen gaben an, dass sie Grand Theft Auto V
mit Erlaubnis ihrer Eltern spielten. Bei Call of Duty waren es sogar 70
Prozent. Jeder vierte Spieler hatte das Spiel, das nicht an Minderjährige
verkauft werden darf, von Eltern, Großeltern, Geschwistern oder
anderen nahen Verwandten bekommen. •
JOCHEN PAULUS
Rudolf Weiß: Call of Duty Bleck Ops 2 und seine Nutzung durch Schüler des8. Schuljahres,
www.mediengewalt.eu, 2013.
32