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Kommune
Bedburg
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09.07.09, 02:28
Aktualisiert
09.07.09, 02:28
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Übersicht über die wichtigsten Änderungen des GO-Reformgesetz
Paragraph GO NRW
Änderungen
§1
Wesen der Gemeinden
Programmatischer Zusatz zur Generationenverantwortung
§4
Zusätzliche Aufgaben
kreisangehöriger Gemeinden
Senkung der Schwellenwerte der Großen und Mittleren kreisangehörigen Gemeinden auf 50.000 EW
(bisher 60.000 EW) bzw. 20.000 EW (bisher 25.000
EW) auf Antrag der Gemeinden
§ 13 Name und Bezeichnung
Einführung des Begriffes „Kreisstadt“
§ 26 Bürgerbegehren/(Rats)Bürgerentscheid
Einführung eines Rats-Bürgerentscheides aufgrund
eines Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschlusses des Rates
Einführung einer Sperrwirkung hinsichtlich eines vom
Rat für zulässig erklärten Bürgerbegehrens
§ 36 Bezirksvertretungen in kreisfreien Städten
Einführung der Möglichkeit zur Bezeichnung der
Bezirksvorsteher als „Bezirksbürgermeister“ durch
Ratsbeschluss
§ 39 Gemeindebezirke in kreisangehörigen Gemeinden
Einführung der Möglichkeit zur Bezeichnung der
Ortsvorsteher als „Ortsbürgermeister“ durch Ratsbeschluss
§ 40 Träger der Gemeindeverwaltung
Einbeziehung des Bürgermeisters als „gesetzliches“
Mitglied im Rat
Folge:
Erweiterung / Klarstellung des Stimmrechts des
Bürgermeisters in Einzelfällen (Anpassung verschiedener GO-Regelungen: §§ 7, 26, 34, 43 bis 45, 47,
49, 50, 58, 66, 67)
§ 41 Zuständigkeiten des Rates
Einführung eines Ratsvorbehaltes u. a. für die Veräußerung (un)mittelbarer Beteiligungen von Gesellschaften, Vereinigungen privaten Rechts sowie
weiterer Rechtsgeschäfte (§§ 111, 114a u. a.)
§ 45 Entschädigung ehrenamtlicher
Mandatsinhaber
Weiterentwicklung der Entschädigungsregelungen
Ausweitung der Aufwandsentschädigungen z. B.
auf stv. Ausschussmitglieder (stv. sachkundige Bürger); Zahlung auch für Teilfraktionssitzungen,
Höchstzahlbegrenzung
Anpassung der Entschädigung alle 2,5 Jahre auf
der Grundlage der Steigerung des Kostenindexes
ausgewählter Waren und Leistungen
§ 50 Abstimmungen)
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Besetzung der Ausschüsse nach dem Hare/Nie-
Paragraph GO NRW
Änderungen
meyer-Prinzip (ab der nächsten Wahlperiode
2009 bis 2014)
Befangenheit des Bürgermeisters § 50 Abs. 6
Entsendung von gemeindlichen Vertretern in
„weitere Gremien“ (§§ 63 Abs. 2 bzw. 113) nach
dem Hare/Niemeyer-Prinzip (ab 2009)
Paragraph GO
)
Änderungen
§ 53 Behandlung der Ratsbeschlüsse
Klarstellende Regelung zum Handeln des ehrenamtlichen bzw. hauptamtlichen Vertreters des Bürgermeisters
§ 55 Kontrolle der Verwaltung
Einführung einer (allgemeinen) Auskunfts- und Stellungnahmeverpflichtung des Bürgermeisters gegenüber dem einzelnen Rats- bzw. Bezirksvertretungsmitglied
Einführung eines Akteneinsichtsrechts einzelner
Rats-, Ausschuss- bzw. Bezirksvertretungsmitglieder
sowie Ausschussvorsitzender und Bezirksvorsteher
zur Vorbereitung bzw. hinsichtlich der Kontrolle von
Angelegenheiten des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches
Erweiterung des allgemeinen Akteneinsichtsrechts
auf Fraktionen
§ 56 Fraktionen
Herabsetzung der Anzahl der Ratsmitglieder zur Bildung einer Fraktion im kreisangehörigen Raum auf
generell 2 und im kreisfreien Raum auf generell 3
Personen
Regelung zur Gruppenbildung ab 2 Personen
Festlegung eines Anspruches auf Zuwendungen
auch für Gruppen und Sachzuwendungen für
einzelne Ratsmitglieder
Klarstellung der Wahrnehmung der Ratsmitgliedschaft durch hauptamtliche Fraktionsmitarbeiter
sowie der Berücksichtigung von Hospitanten in
der Fraktion
Regelung zur Übermittlung personenbezogener
Daten
§ 58 Zusammensetzung der Ausschüsse und ihr Verfahren
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Verpflichtende Berücksichtigung der vom Bürgermeister bzw. einer Fraktion für eine Ausschusssitzung beantragten Tagesordnungspunkte
Paragraph GO NRW
§ 65 Wahl des Bürgermeisters
Änderungen
Neuregelung der Wahlzeit des Bürgermeisters auf
6 Jahre) – Stichwahlregelung entfällt gemäß § 46 c
KWahlG
Anwendung der dienstrechtlichen Regelung nach
Maßgabe des § 195 LBG NRW (Aufhebung der
Altersbegrenzung von 68 Jahren)
§ 66 Abwahl des Bürgermeisters
(§ 45 KreisO)
Einführung eines verkürzten Abwahlverfahrens ohne
Bürgerentscheid durch Verzicht des Bürgermeisters
§ 71 Wahl der Beigeordneten
Redaktionelle Klarstellung der fachlichen Voraussetzungen
§ 73 Geschäftsverteilung
Neuregelung: Festlegung der Geschäftskreise der
Beigeordneten durch den Rat im Einvernehmen mit
dem Bürgermeister (bei Uneinigkeit: Festlegung
durch den Rat mit gesetzlicher Mehrheit)
Generelle Zuweisung der dienstrechtlichen Kompetenzen auf den Bürgermeister
Möglichkeit zur Übertragung dienstrechtlicher Entscheidungen bzgl. leitender Bediensteter auf den
Rat durch Hauptsatzungsregelung (einvernehmliche
Regelung zwischen Rat und Bürgermeister erforderlich; bei Uneinigkeit: Entscheidung durch den Rat
mit Zwei-Drittel-Mehrheit)
§ 97 Sondervermögen
Möglichkeit zur sinngemäßen Anwendung der für
die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen
der Eigenbetriebe geltenden Vorschriften
§ 98 Treuhandvermögen
Modifizierung der haushaltsrechtlichen Verfahrensvorschriften
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Paragraph GO NRW
§ 107 Zulässigkeit wirtschaftlicher
Betätigung
Änderungen
Einführung des Erfordernisses des „dringenden“
öffentlichen Zweckes und des Erfordernisses
„besserer Aufgabenerfüllung“ durch die Kommunen
hinsichtlich der Neuaufnahme von wirtschaftlichen
Betätigungen außerhalb des Kernbereiches der Daseinsvorsorge (Energie-, Wasserversorgung, öffentlicher Verkehr, Telekommunikation)
Gleiche Regelung gilt auch für die Neuaufnahme
wirtschaftsbezogener überörtlicher Tätigkeiten, wirtschaftlicher Auslandsbetätigungen sowie Tätigkeiten
nichtwirtschaftlicher Art (Sonderregelung Krankenhäuser)
§ 108 Unternehmen und Einrichtungen
des privaten Rechts
Anpassung des Zustimmungserfordernisses der Gemeindevertreter an die Voraussetzungen des § 107
§ 111 Veräußerung von Unternehmen,
Einrichtungen und Beteiligungen
Einführung eines Ratsvorbehaltes
§ 113 Vertretung der Gemeinde in Unter- Konkretisierung der Wahrnehmung gemeindlicher
Interessen auch bei mittelbaren Beteiligungen
nehmen oder Einrichtungen
§ 114a Rechtsfähige Anstalten des
öffentlichen Rechts (AöR)
Konkretisierung der Beteiligungsregelungen an
anderen Unternehmen bzw. der Neugründung nach
Maßgabe des Anstaltszweckes sowie der Einbeziehung des Rates
§ 115 Anzeige
Erweiterung der Anzeigepflicht z. B. bei der Erweiterung der AöR oder mittelbarer Beteiligung an
Unternehmen u. a.
Im Rahmen der Kommunalverfassungsreform erfolgt zugleich eine redaktionelle Anpassung z. B.
im Hinblick auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters als „gesetzliches Mitglied im Rat“ (vgl. § 40)
sowie die Bezeichnung der Arbeitnehmer (Beamte, Angestellte, Arbeiter) als „Bedienstete“ (§§ 64,
68, 74, 79, 93, 113).
Paragraph LBG NRW
§ 195 LBG
Änderungen
Wahl der (Ober-) Bürgermeister / Landräte auf sechs
Jahre – Wahltermin September / Oktober 2009 (mit
der Kommunalwahl)
Aufhebung der Altersbegrenzung von 68 Jahren,
keine Anwendung der §§ 44, 45 beim Bürgermeister
Klarstellung zur Begründung von Versorgungsansprüchen nach „Erreichen“ einer mindestens
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achtjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit
Einführung einer Ermessensregelung zur Anerkennung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten durch den
Rat
Paragraph GKG NRW
§4
GKG
§§ 27, 28
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Änderungen
Möglichkeit zur Übernahme allgemeiner – nicht nur
einzelner – Aufgaben durch gemeindliche Zweckverbände / Mehrfachzweckverbände
Einführung des interkommunalen Kommunalunternehmens AöR
Die Änderung der Kommunalverfassung nach dem GO-Reformgesetz
Hans-Gerd von Lennep und Anne Wellmann, Düsseldorf1
I. Einführung
Am 20.09.2007 hat der Nordrhein-Westfälische Landtag in dritter Lesung das sogenannte „Gesetz zur
Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung – GO-Reformgesetz“2 verabschiedet und damit ein weiteres bereits durch die Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP vom 20. Juni 20053 angekündigtes
Reformvorhaben umgesetzt. Die Gemeindeordnung wird im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der
kommunalen Selbstverwaltung geändert. Dieses ist als Artikelgesetz ausgestaltet und enthält in Artikel
1 die Änderungen zur Gemeindeordnung (GO). Neben der Gemeindeordnung wurden auch die Kreisordnung, die Landschaftsverbandsordnung, das Gesetz über den Regionalverband Ruhr, das Gesetz
über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG), das Gesetz zur Einführung des Neuen Kommunalen
Finanzmanagements, das Landesbeamtengesetz (LBG) und das Gesetz über die kommunalen Versorgungskassen geändert. Eng im Zusammenhang mit der Reform der Gemeindeordnung steht das
vom Landtag NRW ebenfalls in dritter Lesung am 20.09.2007 verabschiedete „Gesetz zur Änderung
des Kommunalwahlgesetzes“ (KWahlG)4. Die Änderungen treten überwiegend am Tag nach der Verkündung in Kraft5; mit einer Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt ist im Oktober zu rechnen.
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen der Gemeindeordnung dargestellt. Änderungen
der anderen Gesetze finden nur Berücksichtigung, soweit sie mit der Gemeindeordnung in engem
Zusammenhang stehen.
II. Ziele der Reform
Bereits in der Koalitionsvereinbarung vom 20.Juni 2005 hat sich die Regierungskoalition aus CDU und
FDP die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung zum Ziel gesetzt.6 Die angestrebten Änderungen
sollten danach „den Gemeinden ein größtmögliches Maß an Freiheit verschaffen, um die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlicher zu gestalten“. Der im Jahre 1994 begonnene
Reformprozess der Kommunalverfassung sollte auf der Basis des Berichts der Reformkommission
des Innenministeriums aus dem Jahre 20027 fortgeführt werden. Während es Aufgabe der Expertenkommission war, konkrete Vorschläge zur Beseitigung von Anwendungsproblemen und sprachlichen
und systematischen Unklarheiten zu erarbeiten, geht das nun vorliegende Gesetz zur Stärkung der
kommunalen Selbstverwaltung über diese Aufgabenstellung hinaus. Ziel des GO-Reformgesetzes ist
es vielmehr, das Verhältnis der beiden eigenständigen Organe Bürgermeister und Rat zueinander
besser auszugleichen. Dazu soll das Amt des Hauptverwaltungsbeamten gestärkt und der Eigenstän1
Der Autor ist Beigeordneter, die Autorin Hauptreferentin für Kommunalverfassungsrecht beim Städte- und Gemeindebund NRW in Düsseldorf.
Landtagsdrucksache 14/67.
3
Koalitionsvereinbarung vom CDU und FDP zur Bildung einer neuen Landesregierung in NRW vom 20.06.2007, im Internet unter www.cdunrw.de/media/koalitionsvereinbarung
4
Landtagsdrucksache 14/70.
5
Zu beachten sind die Übergangsvorschriften des Artikel 2 KWahlG für Bürgermeisterwahlen, deren Wahltag von der Aufsichtsbehörde vor InKraft-Treten des Änderungsgesetzes bereits festgelegt worden war, die Wahl aber erst nach In-Kraft-Treten der Änderungen durchgeführt
wird.
6
Koalitionsvereinbarung vom CDU und FDP zur Bildung einer neuen Landesregierung in NRW vom 20.06.2007, im Internet unter www.cdunrw.de/media/koalitionsvereinbarung, S. 50.
7
Kommissionsbericht über Änderungsnotwendigkeiten der Gemeindeordnung NRW vom Januar 2002, im Internet unter
www.im.nrw.de/bue/1.htm.
2
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digkeit der Vertretung konsequenter Rechnung getragen werden. Ferner sollen die Kompetenzen der
Organe klarer gegeneinander abgegrenzt werden. Ein zweiter Kernpunkt des Gesetzes ist die Stärkung des ehrenamtlichen Elements der Kommunalverwaltung im Hinblick auf die Rechte der einzelnen Ratsmitglieder und der Fraktionen. Weitere Ziele betreffen die Stärkung der demokratischen Beteiligung der Bürger die Herabsenkung der Schwellenwerte sowie erweiterte Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit und schließlich die Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung.8
1. Stärkung der Stellung des Bürgermeisters
a) Verlängerung der Amtszeit
Wesentlichste Änderung im Zusammenhang mit der Stärkung der Stellung des Bürgermeisters ist die
Abkoppelung der Bürgermeisterwahl von der Kommunalwahl durch Verlängerung der Amtszeit auf
sechs Jahre gemäß § 65 Abs. 1 GO. Die Absätze 2,3, und 4 des § 65 GO zur Nachwahl des Bürgermeisters während der laufenden Legislaturperiode werden dementsprechend gestrichen. Ebenfalls
gestrichen wurde in § 46c KWahlG die Durchführung von Stichwahlen Das heißt, zukünftig werden die
Bürgermeister nur noch in einem Wahlgang gewählt, wer die meisten Stimmen auf sich vereint, ist als
Bürgermeister gewählt. Folge der getrennten Wahl ist ebenfalls die Neufassung des Abs. 3, wonach
der Bürgermeister vom Vorsitzenden (ehrenamtlichen Stellvertreter oder Altersvorsitzender) in einer
Sitzung des Rates vereidigt und in sein Amt eingeführt wird. Die Abkoppelung der Bürgermeisterwahl
von der Kommunalwahl trägt der herausgehobenen Stellung des urgewählten Bürgermeisters Weise
Rechnung und stärkt seine persönliche und fachliche Unabhängigkeit. Seine parteipolitische Zugehörigkeit tritt in den Hintergrund. Kritisch zu sehen ist, dass der Gesetzgeber eine Verlängerung der
Amtszeit auf sechs Jahre beschlossen hat und nicht wie noch in der Koalitionsvereinbarung angekündigt und in der Anhörung zum GO-Reformgesetz vom 15.08.2007 überwiegend von den geladenen
Sachverständigen gefordert auf acht Jahre.9 Für die längere Amtszeit von acht Jahren spricht, dass
diese erst wirklich die Kontinuität der Amtsführung gewährleisten und die Durchführung von größeren
Projekten ermöglichen würde. Auch für Quereinsteiger würde das Bürgermeisteramt bei einer längeren Wahlzeit attraktiver. Die versorgungsrechtlichen Probleme, die eine geringere als achtjährige
Wahlzeit mit sich bringt, wären bei einer längeren Wahlzeit ebenfalls gelöst worden, da dann die gemäß § 195 Absatz 4 Satz 3 Nr. 1 Landesbeamtengesetz geforderte achtjährige ruhegehaltsfähige
Mindestdienstzeit in jedem Fall erreicht würde.
Die Verlängerung der Amtszeit gilt erst für die Bürgermeister, die nach Inkrafttreten des GOReformgesetzes gewählt werden. Alle anderen Hauptverwaltungsbeamten bleiben bis 2009 im Amt.
2009 findet dann die letzte verbundene Wahl statt. Der Termin für die Wahl des Bürgermeisters muss
zukünftig frühestens drei Monate vor und spätestens sechs Monate nach Ablauf der Amtszeit des
amtierenden Bürgermeisters stattfinden, § 65 Abs. 1 Satz 1 GO.
b) Wegfall der Altersgrenze
Des Weiteren weggefallen ist gemäß § 195 Abs. 4 Sätze 1 und 2 Landesbeamtengesetz (LBG) die
Altersgrenze von 68 Jahren für Bürgermeister und Landräte und die bisher auch für Bürgermeister
gemäß §§ 44, 45 LBG vorhandene Möglichkeit, mit Erreichen des 65jährigen Lebensjahrs in den Ruhestand zu gehen. Das heißt, alle Bürgermeister, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gewählt wer8
Gesetzentwurf der Landesregierung vom 19.03.2007, Landtagsdrucksache 14/3979.
Koalitionsvereinbarung vom CDU und FDP zur Bildung einer neuen Landesregierung in NRW vom 20.06.2007, im Internet unter www.cdunrw.de/media/koalitionsvereinbarung, S. 50; Ausschussprotokoll Apr 14/455.
9
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den, werden unabhängig vom Alter auf volle sechs Jahre gewählt und können aus Altergründen nicht
vorzeitig ausscheiden. Die Altergrenze von 68 Jahren gilt hingegen weiterhin für alle Bürgermeister,
die nach altem Recht gewählt worden sind. Sie scheiden mit dem Erreichen des 68sten Lebensjahr
aus dem Amt aus und können sich dann aber nach neuem Recht erneut zur Wahl stellen.
c) Verkürztes Abwahlverfahren
Des Weiteren sieht das Reformgesetz die Einführung eines verkürzten Abwahlverfahrens durch Verzicht des Hauptverwaltungsbeamten vor. Gemäß § 66 GO ist zur Abwahl des Bürgermeisters die Einleitung eines Abwahlverfahrens von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder
notwendig und eines mit Mehrheit von 2/3 der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder zu fassenden Beschlusses. In diesem Fall kann der Bürgermeister nun auf die daraufhin folgende Entscheidung der
Bürger verzichten. Dem Amtsinhaber wird insofern die Möglichkeit gegeben, die Wirkungen der Abwahl ohne Durchlaufen des gesamten Abwahlverfahrens herbeizuführen.
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d) Stimmrecht
Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 GO wird der Bürgermeister Mitglied im Rat kraft Gesetzes. Dadurch wird
das Stimmrecht des Bürgermeisters erweitert. Bestimmt das Gesetz künftig, dass „der Rat“ oder “der
Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder“ entscheidet, so stimmt der Bürgermeister als „Mitglied im Rat“
mit. § 40 Abs. 2 Satz 6 GO bestimmt abschließend die Fälle, in denen der Bürgermeister nicht mit
stimmen darf. Gemäß § 50 Abs. 6 GO gelten die Ausschließungsgründe des § 31 auch für den Bürgermeister.
e) Personalkompetenz
Gemäß § 73 Abs. 1 GO kann der Rat die Geschäftskreise der Beigeordneten nur noch im Einvernehmen mit dem Bürgermeister festlegen. Damit wird die Organisationsbefugnis des direkt gewählten
Bürgermeisters, der die Gesamtverantwortung für das Funktionieren der Verwaltung trägt, im Verhältnis zum Rat in konsequenter Weise gestärkt. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, kann der Rat
den Geschäftskreis der Beigeordneten mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder festlegen.10 Bei der Entscheidung stimmt der Bürgermeister nicht mit. Kommt die Mehrheit des Rates
nicht zustande, bleibt es bei der Geschäftsverteilungskompetenz des Bürgermeisters nach § 62 Abs. 1
Sätze 3 u. 4 GO.
Gemäß § 73 Abs. 3 GO kann die Hauptsatzung bestimmen, dass dienstrechtliche Entscheidungen für
Bedienstete in Führungsfunktionen, die das beamtrechtliche Grundverhältnis oder Arbeitsverhältnis
eines Bediensteten betreffen, ebenfalls nur im Einvernehmen von Rat und Bürgermeister zu treffen
sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Kommt das Einvernehmen nicht zustande, kann
der Rat mit 2/3-Mehrheit entscheiden. Kommt die 2/3 Mehrheit nicht zustande, bleibt es bei der Entscheidung durch den Bürgermeister. § 73 Abs. 3 Satz 6 GO definiert als Bedienstete in Führungsfunktion die Leiter von Organisationseinheiten, die dem Hauptverwaltungsbeamten oder einem anderen
Wahlbeamten oder diesem in der Führungsfunktion vergleichbaren Bediensteten unmittelbar unterstehen, mit Ausnahme von Bediensteten mit Aufgaben eines persönlichen Referenten oder Pressereferenten.
f) Beratungsgegenstand in Ausschüssen
Zu erwähnen ist schließlich noch, dass zukünftig auf Verlangen des Bürgermeisters der Ausschussvorsitzende gemäß § 58 Abs. 2 Satz 3 verpflichtet ist, einen Gegenstand in die Tagesordnung aufzunehmen.
10
Der Regierungsentwurf vom 19.03.2007 sah noch eine 2/3 Mehrheit vor.
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2. Herabsetzung der Schwellenwerte – Stärkung interkommunaler Zusammenarbeit
Ein Kernpunkt des GO-Reformgesetzes ist die Herabsenkung der Schwellenwerte sowie die erweiterte Möglichkeit interkommunaler Zusammenarbeit.
a) Herabsetzung der Schwellenwerte
Das gestufte Aufgabenmodell für kreisangehörige Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ermöglichte es
bisher, qualifizierte Kreisaufgaben als originäre gesetzliche Zuständigkeit entweder auf mittlere kreisangehörige Städte (über 25.000 Einwohner) oder auf große kreisangehörige Städte (über 60.000 Einwohner) zu übertragen. § 4 GO sieht nunmehr die Herabsenkung der Schwellenwerte von 25.000
Einwohnern auf 20.000 Einwohner und von 60.000 Einwohnern auf 50.000 Einwohner vor. Damit trägt
das Reformgesetz einer langjährigen Forderung des Städte- und Gemeindebundes NRW sowie einer
entsprechenden Empfehlung der Expertenkommission Rechnung. In der Anhörung vom 15.08.1007
wurde die Herabsenkung von Sachverständigen ebenfalls ganz überwiegend begrüßt.11 Aufgrund der
Herabsetzung der Schwellenwerte haben 38 Kommunen Aussicht auf Bestimmung zur mittleren
kreisangehörigen Stadt sowie 19 Kommunen Aussicht auf frühzeitige Bestimmung zur großen kreisangehörigen Stadt.
Mit der Qualifizierung als mittlere kreisangehörige Stadt bzw. große kreisangehörige Stadt ist gleichzeitig die Übernahme neuer Aufgaben verbunden. Die diesbezügliche Aufgabenübertragung erfolgt
durch Gesetz oder Rechtsverordnung (§ 4 Abs. 1 GO). Für mittlere kreisangehörige Städte bedeutet
dies u.a. die Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde, örtliche Trägerschaft der öffentlichen Jugendhilfe, Trägerschaft von Rettungswachen nach Bedarfsplan, Einrichtungen des Rechnungsprüfungsamtes, Einstellung hauptamtlicher Kräfte der freiwilligen Feuerwehr für den Betrieb einer ständig besetzen Feuerwache. Bei großen kreisangehörigen Städten kommt u.a. hinzu Aufgaben der Wohnungsbaubewilligungsbehörde, die Ausländeraufsicht, Gewerbeüberwachungsaufgaben, Aufgaben nach der
Handwerksordnung sowie Teilaufgaben im Bereich des Staatsangehörigkeitsrechts.
aa) Antragslösung
Da die Übernahme von neuen Aufgaben personelle, organisatorische und finanzielle Konsequenzen
hat, sieht § 4 Abs. 2 und Abs. 3 zunächst eine sog. Antragslösung vor. Zur mittleren kreisangehörigen
Stadt bzw. zur großen kreisangehörigen Stadt ist eine Gemeinde auf eigenen Antrag zu bestimmen,
wenn ihre maßgebliche Einwohnerzahl an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen mehr als 20.000 bzw.
50.000 Einwohner beträgt. Damit obliegt es zunächst der freien Entscheidung der Gemeinde, ob sie
den privilegierten Status der mittleren bzw. großen kreisangehörigen Stadt einnehmen will. Über einen
solchen Antrag entscheidet das Innenministerium. Es hat diesem Antrag zu entsprechen, es sei denn
zwingende übergeordnete Interessen stehen dem entgegen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 GO). Was unter
zwingenden übergeordneten Interessen zu verstehen ist, führt die Gesetzesbegründung leider nicht
aus. Hier bleibt abzuwarten, wie dieser unbestimmte Rechtsbegriff in der Praxis ausgefüllt werden
wird. Die Bestimmung kreisangehöriger Gemeinden zur mittleren und großen kreisangehörigen Stadt
11
Kommissionsbericht, FN 6 S. 12; Ausschussprotokoll Apr 14/455 S. 9.
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erfolgt durch Verordnung der Landesregierung.12 Änderungen dieser bestehenden Rechtsverordnung
treten ein Kalenderjahr nach der Verkündung in Kraft.
bb) Bestimmung von Amts wegen
Die Möglichkeit der frühzeitigen Bestimmung einer mittleren oder großen kreisangehörigen Stadt auf
Antrag entfällt, wenn die maßgebliche Einwohnerzahl an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen mehr
als 25.000 bzw. 60.000 Einwohner beträgt. In diesen Fällen wird die betreffende Stadt von Amts wegen zur mittleren bzw. großen kreisangehörigen Stadt bestimmt (§ 4 Abs. 2 und 3 GO).
cc) Rückstufung
Je nach Ausprägung der demografischen Entwicklung vor Ort wird die neu eingeführte Möglichkeit der
Rückstufung Bedeutung erlangen. Auch hier hat der Gesetzgeber sowohl eine Antragslösung als auch
eine Entscheidung von Amts wegen vorgegeben. Eine große kreisangehörige Stadt ist auf eigenen
Antrag zur mittleren kreisangehörigen Stadt zu bestimmen, wenn ihre maßgebliche Einwohnerzahl an
fünf aufeinanderfolgenden Stichtagen weniger als 50.000 Einwohner beträgt. Eine Entscheidung von
Amts wegen erfolgt, wenn sie an 5 aufeinanderfolgenden Stichtagen weniger als 45.000 Einwohner
beträgt.
Auf Antrag kann eine mittlere kreisangehörige Stadt oder eine große kreisangehörige Stadt aus der
Rechtsverordnung gestrichen werden, wenn sie an 5 aufeinanderfolgenden Stichtagen weniger als
20.000 Einwohner hat. Von Amts wegen erfolgt die Streichung, wenn die Einwohnerzahl an 5 aufeinanderfolgenden Stichtagen weniger als 15.000 Einwohner betragen hat.
b) Additiver Schwellenwert
Zusätzlich zur Herabsenkung der Schwellenwerte hat der Gesetzgeber eine durchgreifende Öffnungsklausel eingefügt, die die Kooperationszulässigkeit von der Aufgabenträgerschaft entbindet. Diese
Regelung kann mit dem Stichwort „additiver Schwellenwert“ gekennzeichnet werden. Sie bedeutet,
dass eine Gemeinde im Wege einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung gemäß § 23 GkG mit einer
weiteren oder mehreren benachbarten Gemeinden eine oder mehrere Aufgaben, die normalerweise
einer mittleren oder großen kreisangehörigen Gemeinde zustehen in der Form gemeinsam wahrnehmen kann, dass eine der Gemeinden die Aufgabe übernimmt oder für die übrigen Beteiligten durchführt. Voraussetzung ist, dass die Summe der Einwohnerzahl der beteiligten Gemeinden die maßgebliche Einwohnerzahl für die Bestimmung als mittlere bzw. große kreisangehörige Stadt überschreitet.
Die Gemeinde, die die Aufgaben übernimmt bzw. für die übrigen Beteiligten durchführt, gilt dann als
mittlere bzw. große kreisangehörige Stadt (§ 4 Abs. 8 GO). Diese Regelung ermöglicht es insbesondere im kreisangehörigen Raum, dass Städte und Gemeinden intensiver als bisher gemeinsam arbeiten können. Veränderungen werden sich auch in Ballungsgebieten ergeben, da nunmehr eine Zusammenarbeit zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden, denen bisher keine
zusätzlichen Aufgaben übertragen wurden, möglich ist. Eine solche Kooperation ist nach der Neuregelung nicht am Kriterium der Effizienzsteigerung zu messen. Der Gesetzgeber weist in der Begründung
darauf hin, dass er in dieser Hinsicht auf die Vernunft der Verantwortungsträger baut und die diesbe-
12
Siehe Verordnung zur Bestimmung der großen kreisangehörigen Städte und der mittleren kreisangehörigen Städte nach § 4 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13.11.1997
i.d.F. vom 01.01.2002
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züglichen Vereinbarungen gewährleisten, dass die Qualität der Aufgabenerfüllung gewährleistet ist
und eine kostengünstigere Gesamtorganisation der Aufgabenerledigung erreicht wird.
Sofern durch solche Kooperationsvereinbarungen Aufgaben vom Kreis auf die Gemeinde übergehen,
ist das Benehmen mit dem abgebenden Kreis erforderlich. Benehmen ist weniger als Einvernehmen;
ein Vetorecht besteht insofern nicht. Die Kooperation im Rahmen des additiven Schwellenwertes ist
beschränkt mit Blick auf entgegenstehendes Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften, Verbot oder Einschränkungen durch Gesetz oder Rechtsverordnung sowie die Verletzung
schutzwürdiger Belange Dritter oder entgegenstehende Gründen des öffentlichen Wohls.
Geblieben ist die auch schon nach altem Recht mögliche Vereinbarung zwischen mittleren und großen kreisangehörigen Städten mit einem Kreis, dass ein oder mehrere der ihr aufgrund des Status
zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben vom Kreis übernommen werden.
c) Kommunalunternehmen
Im Zusammenhang mit der erweiterten interkommunalen Zusammenarbeit ist auf die Ergänzung des
Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit hinzuweisen. Kommunen können zur gemeinsamen
Wahrnehmung von Aufgaben nunmehr neben Arbeitsgemeinschaften, Zweckverbänden, öffentlichen
Vereinbarungen gemeinsame Kommunalunternehmen bilden. Mit den gemeinsamen Kommunalunternehmen wird eine Sonderform der Anstalt des öffentlichen Rechts gem. § 114 a GO NRW eingeführt.
Wollten bisher mehrere Kommunen eine Anstalt öffentlichen Rechts gemeinsam errichten, war dies
nur auf dem Umweg über einen Zweckverband möglich. Wegen des damit verbundenen hohen Aufwands soll die wünschenswerte Zusammenarbeit der Gemeinden und Kreise dadurch erleichtert werden, dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, die Trägerschaft einer Anstalt öffentlichen Rechts
unmittelbar gemeinsam zu übernehmen (§ 27 Abs. 1 GKG). Die Errichtung eines gemeinsamen
Kommunalunternehmens steht nicht nur bei Neugründungen zur Verfügung, sondern gibt den Kommunen auch die Möglichkeit, bereits bestehende kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts zu
verschmelzen, sowie bestehende Regie- und Eigenbetriebe auf die neue Organisationsform nach dem
Umwandlungsgesetz umzuwandeln.
3. Stärkungen der ehrenamtlichen Vertretungen
Wie bereits eingangs dargestellt, ist es Ziel des GO-Reformgesetzes, das Verhältnis der beiden eigenständigen Organe Bürgermeister und Rat zueinander noch besser auszugleichen. Insofern bedurfte es parallel zur Stärkung des Hauptverwaltungsbeamten der Stärkung der Rechte einzelner Ratsmitglieder und der Fraktionen.
a) Kontrolle der Ratsmitglieder
Die Kontrollmöglichkeiten der Ratsmitglieder werden insoweit erweitert, als nunmehr der Bürgermeister verpflichtet ist, auch einzelnen Ratsmitgliedern auf Verlangen Auskunft zu erteilen und zu einem
Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen. Gleiches gilt auch für Mitglieder der Bezirksvertretungen (§
55 Abs. 1 GO). Die ausdrückliche Normierung des Auskunftsrechts des einzelnen Ratsmitgliedes bestätigt lediglich die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts 13. Nach wie vor hat der Rat die Mög-
13
OVG NRW vom 05.02.2002, NWVBl 2002, S. 183; OVG NRW, Beschluss vom 25.05.07, 15 B 634/07
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lichkeit, gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 in der Geschäftsordnung Inhalt und Umfang des Fragerechts der
Ratsmitglieder zu regeln.
Neben dem bisher in § 55 Abs. 3 und 4 GO geregelten Akteneinsichtsrecht auf Beschluss des Rates
mit Mehrheit der Ratsmitglieder (also ohne Stimmrecht des Bürgermeisters!) bzw. auf Verlangen eines
Fünftels der Ratsmitglieder oder einer Fraktion bestimmt der neu eingefügte § 55 Abs. 5 GO nunmehr,
dass jedem Ratsmitglied auf Verlangen Akteneinsicht zu gewähren ist. Voraussetzung ist allerdings,
dass die Akten der Vorbereitung oder der Kontrolle von Beschlüssen des Rates, des Ausschusses
oder der Bezirksvertretung dienen, der es angehört. Das Akteneinsichtsrecht ist ein Recht, das durch
die Ratsmitglieder oder Mitglieder der Bezirksvertretung persönlich wahrzunehmen ist; insofern sind
Dritte von der Teilnahme ausgeschlossen. Nicht jede Akte ist einem einzelnen Ratsmitglied zur Akteneinsicht freigegeben. In Bezug auf die „Vorbereitung der Beschlüsse“ muss es sich um einen Vorgang handeln, der einer Ermächtigung durch einen Beschluss des Rates oder einer Bezirksvertretung
bedarf, bevor er umgesetzt wird. Die „Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse“ bezieht sich auf
Akten, aus denen hervorgeht, wie die Verwaltung den Beschluss umgesetzt hat.14
b) Fraktionen/Wählergruppen
Hinsichtlich der Stellung der Fraktionen und Gruppen in den Räten der Städte und Gemeinden sind
folgende Änderungen in § 56 GO hervorzuheben: Zunächst enthält § 56 Abs. 1 eine Definition der
Fraktionen, die inhaltlich auch auf Gruppen anzuwenden ist. Die jeweiligen Mitglieder müssen sich auf
der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken
zusammenschließen. Damit wird klargestellt, dass die Bildung sog. „technischer Fraktionen“ unzulässig ist. Hinsichtlich der Mindestgröße einer Fraktion wird zwischen zwei Mitgliedern bei kreisangehörigen Gemeinden und drei Mitgliedern bei kreisfreien Städten unterschieden. Während früher lediglich
den Fraktionen Zuwendungen aus Haushaltsmitteln gewährt wurden, ist dies nun ausdrücklich gesetzlich auch den Gruppen zugestanden. Die Gruppe erhält eine proportionale finanzielle Mindestausstattung, die zwei Drittel der Zuwendungen der kleinsten Fraktion nicht überschreiten darf.
Auch ein einzelnes Ratsmitglied kann Haushaltsmittel beim Rat beantragen, die eine Gruppe erhalten
würde. Große finanzielle Bedeutung wird diese Vorschrift kaum erlangen. Nach der Änderung des
Kommunalwahlgesetzes erfolgt das Verteilungsverfahren zur Umrechnung von Stimmen in Sitze oder
Mandate nach der Divisor-Methode mit Standardrundung nach Sainte-Lague/Schepers. Nach diesem
Verfahren erhält jede Partei oder Wählergruppe so viele Sitze, wie sich nach Teilung ihrer Stimmen
durch den Zuteilungsdivisor und anschließender Rundung ergeben (§ 33 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz). Parteien oder Wählergruppen, die nicht mindestens eine Zahl von 1.0 für einen einzigen Sitz
erreichen, bleiben bei der Sitzzuteilung unberücksichtigt. (§ 33 Abs. 3 Kommunalwahlgesetz). Dieser
erhöhte Zahlenbruchteil zur Erreichung eines Sitzes wird damit begründet, dass derjenige, der ein
Mandat erhält, über einen ausreichenden Rückhalt in der Wählerschaft verfügen müsse. 15 Dieser
erhöhte rechnerische Zahlenbruchteil zur Erlangung eines Mandats wirkt sich faktisch als Wiedereinführung einer Sperrklausel aus, die je nach Größe der Gemeinde zwischen 1,1 und 5 % liegt. Dadurch
wird der verfassungsrechtlich dem Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Neben der Partizipation und Transparenz hat der Gesetzgeber auch für die Funktionsfähigkeit der
zu wählenden Volksvertretungen Sorge zu tragen. Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem
14
Landtagsdrucksache 14/3979, S. 104/141
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Urteil vom 06.07.1999 diesen Gesichtspunkt bekräftigt und nur die Beibehaltung der 5 Prozentklausel
für verfassungswidrig erklärt.16 Die Höhe der Haushaltsmittel für ein einzelnes Ratsmitglied darf die
Hälfte des Betrages nicht übersteigen, die eine Gruppe erhalten würde.
c) Aufwandsentschädigung
Ferner wurden die Regelungen zur Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Rates gemäß § 45 GO
überarbeitet. Unabhängig von einem Anspruch auf Verdienstausfall besteht nunmehr auch ein Anspruch auf Aufwandsentschädigung für stellvertretende Ausschussmitglieder für die Teilnahme an
Fraktionssitzungen unabhängig vom Eintritt des Vertretungsfalls. Des Weiteren ist gesetzlich klargestellt, dass auch Sitzungen von Teilen einer Fraktion an Fraktionssitzungen zu qualifizieren sind. Verpflichtend ist es für die Kommunen, die Zahl der ersatzpflichtigen Fraktionssitzungen pro Jahr in der
Hauptsatzung zu beschränken.
d) Tagesordnung der Ausschüsse
Neben dem Bürgermeister haben auch Fraktionen das Recht von einem Ausschussvorsitzenden zu
verlangen, einen Gegenstand in die Tagesordnung aufzunehmen (§ 58 Abs. 2 GO).
4. Stärkung der demokratischen Beteiligung der Bürger
a) Ratsbürgerentscheid
Der Rat kann zukünftig gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 GO mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beschließen, dass über eine Angelegenheit der Gemeinde ein Bürgerentscheid stattfindet. Damit übernimmt Nordrhein-Westfalen eine Regelung, wie sie in den süddeutschen
Ländern (Baden-Württemberg, Bayern) bereits existiert. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Instrument direkter Demokratie vor Ort bewährt. Mit dem Ratsbürgerentscheid kann immer nur eine Einzelfrage geklärt werden. Die gesamten Voraussetzungen des § 26 GO müssen vorliegen, um einen wirksamen Ratsbürgerentscheid durchzuführen. Demgegenüber haben Städte und Gemeinden gute Erfahrungen bei allgemeinen Befragungen der Bürgerinnen und Bürger gemacht. Im Rahmen dieser
allgemeinen Befragungen konnten verschiedene Alternativen, etwa für die Neugestaltung eines Rathauses und die Gestaltung einer Parklandschaft vorgestellt werden und von den Bürgerinnen und
Bürgern begutachtet werden. Solche Bürgerbefragungen sind im Übrigen schon lange ein Instrument
zur Verwirklichung des Leitbildes „Bürgerkommune“.
15
16
Landtagsdrucksache 14/3977 S. 45.
Verfassungsgerichtshof VerfGH NRW, NVwZ 2000, 666/667.
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b) Sperrwirkung des Bürgerbegehrens
Eine Stärkung der Stellung der Bürger bei Einleitung eines Bürgerbegehrens wurde dahingehend vorgenommen, dass nach Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens keine entgegenstehende
Entscheidung der Gemeindeorgane mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden darf. Ausnahmen sind nur in den Fällen zulässig, in denen rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu bestehen.
5. Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung
a) wirtschaftliche Betätigung gemäß § 107 Abs. 1 GO
Als weiteren Kernpunkt sieht das GO-Reformgesetz eine Verschärfung der kommunalen
wirtschaftlichen Betätigung vor, wie sie bereits in der Koalitionsvereinbarung vom 20.06.2007
unter dem Schlagwort „Privat vor Staat“ angekündigt worden war. Die wirtschaftliche Betätigung ist gemäß § 107 Abs. 1 GO im Rahmen der Leistungsfähigkeit nur noch zulässig bei
Vorliegen eines „dringenden“ öffentlichen Zwecks und wenn der öffentliche Zweck „durch
andere Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann“ (echte Subsidiaritätsklausel). Dies gilt sowohl für die wirtschaftliche Betätigung auf dem Gemeindegebiet
als auch bei der überörtlichen wirtschaftlichen Betätigung gemäß § 107 Abs. 3 GO. Damit
hat Nordrhein-Westfalen den restriktivsten Rechtsrahmen für die kommunale wirtschaftliche
Betätigung im Vergleich zu allen anderen Bundesländern erhalten.17
Ausgenommen von der verschärften Subsidiaritätsklausel sind weiterhin die Kernbereiche
der Daseinsvorsorge wie die Energie- und Wasserversorgung, der öffentliche Verkehr und
Telekommunikationsdienstleistungen. Aber auch für diese Bereiche gilt das Merkmal „dringend“. Nach der Gesetzesbegründung sollen mit diesem Merkmal erhöhte Anforderungen an
die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung gestellt werden. Dies führe faktisch zu einer
erhöhten Darlegungslast für die Kommune, warum sie selbst tätig werden will.18 Durch die
Wiedereinführung des Tatbestandsmerkmals „dringend“ ist insoweit die Rechtslage wieder
eingeführt worden, die bis 1999 bestand. Die Ausfüllung des Begriffs „dringend“ dürfte den
Aufsichtsbehörden und Gerichten wegen seiner Unbestimmtheit große Schwierigkeiten bereiten.
Für die privilegierten Bereiche des § 107 Abs. 1 Nr.3 GO führt die Gesetzesbegründung aus,
dass eine Einschränkung dieser Bereiche nicht gewollt sei. Vielmehr sollten Kommunen
auch weiterhin berechtigt sein, für den Heimatmarkt Energie zu erzeugen und energienahe
Dienstleistungen anzubieten. Dazu gehörten auch das Energiemanagement, die Energieberatung und sonstige energienahe Dienstleistungen, soweit nicht in den Bereich des Handwerks übergegriffen werde. Diese Relativierung in der Gesetzesbegründung erhält den
Stadtwerken auf dem hart umkämpften und dem stetigen Wandel unterliegenden Energiemarkt zwar gewisse Spielräume, wird die Wettbewerbssituation der Stadtwerke jedoch nicht
unerheblich verschlechtern. Die Stadtwerke unterliegen ebenso wie die privaten Energieun17
Zu den Regelungen in den anderen Bundesländern und zur Bewertung der Verschärfung des § 107 siehe Wellmann NWVBl. 2007, S. 2 ff.
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ternehmen dem europäischen Wettbewerbsrecht. Das muss jedoch heißen, dass sie nicht
nur die gleichen Pflichten wie ihre privaten Konkurrenten haben müssen, sondern auch die
gleichen Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten. Dies gilt insbesondere auch für die Möglichkeiten überörtlicher Betätigung.
Durch die Einführung der echten Subsidiaritätsklausel in § 107 Abs. 1 Nr. 3 GO ist die Gemeinde im Gegensatz zur vorher geltenden „einfachen“ Subsidiaritätsklausel nicht mehr bereits bei Leistungsparität zur wirtschaftlichen Aktivität berechtigt, sondern nur, wenn sie den
öffentlichen Zweck besser und wirtschaftlicher erfüllen kann als der private Unternehmer.
Der dazu erforderliche Vergleich ist nur unter erheblichen Schwierigkeiten vorzunehmen, da
die Gemeindeordnung zum einen keine Maßstäbe nennt, an denen man sich orientieren
kann, und die privaten Unternehmen kaum ihre Geschäftsdaten umfassend offen legen dürften. Dabei ist zu beachten, dass der Vergleich sich nur auf das Unternehmen insgesamt beziehen kann und nicht etwa auf einzelne (lukrative) Sparten.19 Zudem könnte ein solcher Vergleich nur gezogen werden, wenn bekannt wäre, wie effizient und ökonomisch das kommunale Unternehmen arbeitet, wozu es dann aber eingerichtet sein müsste. Da aber die Einrichtung erst nach dem Vergleich erfolgen darf, ist eine prognostische Beurteilung geboten,
ohne dass verlässliche Prognosekriterien zur Verfügung stehen20. Bei den zu treffenden Erwägungen steht der Gemeinde daher ein umfangreicher Beurteilungsspielraum zu, den nur
sie aufgrund ihrer Kenntnisse über die örtlichen Wirtschaftsverhältnisse ausfüllen kann21. Aus
diesem Grund ist die Überprüfung der Zweckmäßigkeitserwägungen der Gemeinde den Aufsichtsbehörden und den Gerichten auch weiterhin weitgehend entzogen. Es dürften lediglich
unvertretbare Verwaltungshandlungen unterbunden werden können22.
b) nichtwirtschaftliche Betätigung
Bei der nichtwirtschaftlichen Betätigung bleibt der Aufgabenkatalog des § 107 Abs. 2 GO
unverändert bestehen. Das heißt, dass die örtliche nichtwirtschaftliche Betätigung wie z.B.
die Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie die Wirtschaftsförderung keinen neuen Einschränkungen unterliegt. Die überörtliche nichtwirtschaftliche Betätigung gemäß § 107 Abs.
4 GO wird jedoch ebenfalls an das Vorliegen eines dringenden öffentlichen Zwecks gebunden und wird damit ebenfalls beschränkt. Zwar führt die Begründung aus, dass die interkommunale Zusammenarbeit dadurch nicht eingeschränkt werden solle, solange Vergaberecht keine Anwendung finde. Betrachtet man jedoch die vergaberechtliche Rechtsprechung,
so wird schnell deutlich, dass die überörtliche nichtwirtschaftliche Betätigung nicht unerheblich eingeschränkt wird. So wird sich in Zukunft die Frage stellen, ob und unter welchen Voraussetzungen beispielsweise eine gemeindeüberschreitende Abfallentsorgung überhaupt
noch zulässig sein wird.
18
Gesetzesbegründung Lantagsdrucksache 14/3979, S. 149.
Vgl. hierzu insbesondere VGH RP, NVwZ 2000, S. 801 ff.
20
Schink, NVwZ 2002, S. 129, 137.
21
Ehlers DVBl 1998, S. 502; Hill BB 1997, S. 429; VGH RP, DVBl. 2000, S. 992.
22
Schink, NVwZ 2002, S. 137; Ruffert, VerwArch 2001, S. 46.
19
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c) Bestandsschutz
Artikel XI § 1 GO-Reformgesetz enthält eine Bestandsschutzklausel für wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigungen, die vor dem 19. März 2007 (Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag) zulässigerweise aufgenommen wurden. Das heißt, die verschärften Voraussetzungen für eine
wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden in § 107 beziehen sich nicht auf die bereits unter der bisherigen Rechtslage aufgenommenen und danach zulässigen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen
Betätigungen. Die Gesetzesbegründung wurde nach starker Kritik in der öffentlichen Anhörung vom
14.08.200723 dahingehend nachgebessert, dass die Bestandsschutzregelung keinesfalls ein Einfrieren
auf dem derzeitigen Stand zugelassener und aufgenommener Betätigungen bedeuten solle. Bestehende Tätigkeiten könnten in sachlicher und räumlicher Hinsicht durchaus erweitert werden. Hierbei
seien allerdings die Neuregelungen des § 107 zu beachten, die keineswegs sinnvolle Erweiterungsmöglichkeiten ausschließen oder diese auch nur wesentlich erschweren würden. Vielmehr ließen auch
die Neuregelungen umfängliche Spielräume für eine kraftvolle wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche
Betätigung zu.
6. Fazit
Die aufgezeigten Änderungen stellen insgesamt eine sehr umfassende und auch weitreichende Änderung der Gemeindeordnung dar. Der bei der Reform im Jahre 1994 begonnene Prozess zur Stärkung
des Hauptverwaltungsbeamten durch Einführung der Einheitsspitze hat mit dem GO-Reformgesetz
einen zumindest vorläufigen Abschluss gefunden. Das Spannungsverhältnis zwischen den wichtigsten
kommunalen Organen Bürgermeister und Rat ist neu austariert worden. Ob die Regelungen sich in
der Praxis bewähren und einen fairen Umgang miteinander unterstützen werden, wird deren Anwendung zeigen. Bezüglich der Verschärfung der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung steht zu befürchten, dass die Reform für Städte und Gemeinden, Kommunalaufsicht und Gerichte vor allem viele
Anwendungsprobleme und offene Rechtsfragen geschaffen hat.
23
Ausschussprotokoll Apr 14/452.
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