Daten
Kommune
Jülich
Größe
113 kB
Datum
01.10.2014
Erstellt
19.09.14, 10:27
Aktualisiert
19.09.14, 10:27
Stichworte
Inhalt der Datei
Betrifft: Bürgerantrag (2/2014) zur naturnahen, repräsentativen
Umgestaltung des Schwanenteichs vom 03. Februar 2014 (Rat, 37. Sitzung)
Der Umweltbeirat der Stadt Jülich nimmt unter Einbeziehung externen Fachwissens
durch die Vereine Vogelnothilfe e.V., Paasmühle e.V. sowie Sachliteratur wie folgt
Stellung:
FAZIT: Der Umweltbeirat rät an, den Schwanenteich für die Haltung von
Schwänen - mit Hilfe von Sachverständigen - artgerecht zu gestalten. Es ist davon
auszugehen, dass sich wildlebende Schwäne anschließend ohne weiteres Zutun
niederlassen werden.
Der Schwanenteich zur Ansiedlung bzw. Haltung von Schwänen wird zwar als
grundsätzlich geeignet, jedoch nicht als optimal eingeschätzt. Der Umweltbeirat
empfiehlt, frühzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen und der beabsichtigen
Ansiedlung eines Schwanenpärchens sowohl a) u. a. (tierschutz-)rechtliche Fragen als
auch b) notwendige bzw. sinnvolle Baumaßnahmen zu klären.
Zu a) Rechtliche Fragen
Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den anzusiedelnden Schwänen um Tiere aus
Gefangenschaft handelt. Tiere aus Gefangenschaft gelten grundsätzlich als Haustiere.
Hier gilt es zu beachten, dass das Aussetzen von Haustieren strafbar ist. Findet sich für
die Tiere ein Halter, so ist die Ansiedlung zwar keine strafbare Handlung, jedoch ist
dieser gebunden an § 2 des Tierschutzgesetzes, das die Gewährleistung einer
angemessenen Ernährung, Pflege sowie Bewegungsmöglichkeit und
verhaltensgerechte Unterbringung der Tiere vorschreibt.
Zusätzlich schreibt § 11 des Tierschutzgesetzes bindend den Nachweis der
Sachkundigkeit des Halters vor. § 11 ist nach Meinung des Umweltbeirats
insbesondere dann relevant, wenn die Tiere flugunfähig sind bzw. durch menschliches
Einwirken flugunfähig gemacht wurden. Laut Tierschutzgesetz § 11 bedarf der
Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer Wirbeltiere hält und zur Schau stellt. Darüber
hinaus ergeben sich Konflikte mit dem Arten- und Tierschutzgesetz, wenn gesunde
Zugvögel permanent flugunfähig gemacht werden, um sie ganzjährig halten zu können
Folgende Punkte müssen berücksichtigt werden:
I. Artgerechte Ernährung und evtl. Beifütterung
Der Nahrungsbedarf der Höckerschwäne ist sehr hoch. Während der Mauser
fressen bspw. ausgewachsene Höckerschwäne bis zu vier Kilogramm
Wasserpflanzen pro Tag.
Besonders bei strengen Wintern, in denen das Gewässer über längere Zeit
eisbedeckt ist, leiden Schwäne unter Futtermangel. Ohne Hilfe des Menschen
können die Tiere sehr harte Winter nur schwer überstehen.
Zu beachten ist: Brot ist als Alleinfuttermittel nicht geeignet. Zudem führen
Brotreste, die nach der Fütterung übrig bleiben, zu einer Verschlechterung der
Wasserqualität. Gewässer können dann eutrophieren, d.h., sie werden überdüngt.
Damit ist ein nutzloses oder schädliches Pflanzenwachstum verbunden, wie das
unerwünschte Wuchern bestimmter Pflanzenarten (z.B. Algen). Liegen
gebliebenes Futter kann sich schnell mit Kot - und somit Krankheitserregern vermischen und sollte nach gegebener Zeit wieder entfernt werden, was
wiederum einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand bedeutet.
II. Medizinische Versorgung bzw. Kostenübernahme (auch bei Unfällen bspw. im
Straßenverkehr, Übergriffen auf Menschen und Hunden)
Schwäne sind äußerst revierorientiert und sehr wehrhaft. Bei Gefahr können sie
nicht nur mit ihrem harten Schnabel zuschnappen, sondern auch in gefährlicher
Weise mit ihren kräftigen Flügeln zuschlagen.
Insbesondere in der Brutzeit, die im März beginnt, sind die männlichen
Höckerschwäne sehr aggressiv und verteidigen ihr Territorium nachdrücklich
auch gegen näher kommende Menschen. Auch von strengen Wintern
ausgehungerte Schwäne sind aggressiv bis apathisch.
Darüber hinaus kann es zu Gefährdungen im Straßenverkehr kommen.
III. Überwinterung, v. a. bei Zufrieren des Teiches
Droht der Schwanenteich im Winter zuzufrieren, ist eine rechtzeitige Umsiedlung
der Schwäne nötig. Ansonsten laufen die Schwäne Gefahr, im Eis fest zu frieren
oder zu verhungern. Aufgrund der o. a. Wehrhaftigkeit der Tiere, kann eine
Einfangaktion nur von Experten durchgeführt werden.
IV. Nachwuchs
Der Schwanennachwuchs bleibt meist nur bis zur nächsten
Fortpflanzungsperiode in einem Verband mit den Elternvögeln. Da Schwäne
Einzelgänger sind bzw. ein Leben lang als Paar leben, verteidigen sie - für
gewöhnlich auch gegen ihren eigenen Nachwuchs - erbittert ihr Revier. Für eine
rechtzeitige Umsiedlung der flügge gewordenen Jungtiere muss daher gesorgt
sein.
Die Schwäne werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit den bereits am
Schwanenteich lebenden Nilgänsen harmonieren. Es kann davon ausgegangen
werden, dass die Schwäne den Nachwuchs der Nilgänse töten. Dieser Anblick ist
nicht für jeden Passanten angenehm.
Zu b) Notwendige bzw. sinnvolle Baumaßnahmen
I. Es muss eine ausreichende Bepflanzung (Schilf o.ä.) als Versteckmöglichkeit
vorhanden sein.
II. Schwäne ernähren sich hauptsächlich von Unterwasserpflanzen, die vom
Gewässergrund geholt werden. Wenn sie an Land gehen, fressen sie auch am
Ufer wachsende Pflanzen.
III. Die Insel mittig des Schwanenteichs ist zu vergrößern damit die Tiere
ausreichend Rückzugsmöglichkeiten haben = Schutz vor Hunden und
Zweibeinern sowie des Nachwuchses vor Fressfeinden.
IV. Das Gelände muss umzäunt werden, damit die Tiere nicht den Straßenverkehr
gefährden bzw. selbst durch diesen gefährdet sind.
V. Schwäne brüten bzw. leben i. d. R. nicht in Hütten. Die bereits vorhandene Hütte
ist daher für die Haltung der Tiere nicht unbedingt notwendig.
VI. Weitere Empfehlungen
Fachgerechte Begleitung der Maßnahme von Anfang an!
Ein öffentliches Fütterungsverbot ist gegebenenfalls sinnvoll.
Strikte Anleinpflicht für Hunde!
Evtl. ist eine Haftpflichtversicherung für den Halter sinnvoll.
Es ist laut Bundesnaturschutzgesetz § 40 verboten, fremdländische
Tierarten in die heimische Fauna einzubringen. Dies gilt auch für „schwarze
Schwäne“, die beim zuletzt getätigten Ansiedlungsversuch „gespendet“ wurden
(siehe Auszug aus der öffentlichen Sitzung des Bürgerausschusses vom 26.
Februar 2014).
Umweltbeirat der Stadt Jülich
Jülich, 19. August 2014