Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
312 kB
Datum
19.11.2014
Erstellt
06.11.14, 15:08
Aktualisiert
01.12.14, 18:45
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 465/2014
Az.: 51
Amt: - 51 BeschlAusf.: - - 51- Datum: 22.10.2014
gez. Knips
Kämmerer
Dezernat 4
Dezernat 6
gez. Erner,
Bürgermeister
BM
01.12.2014
Datum Freigabe -100-
gez. Feldmann
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Betrifft:
Termin
19.11.2014
Bemerkungen
beschließend
Einrichtung einer Rufbereitschaft zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen in
akuten Krisen- und Notsituationen außerhalb der Dienstzeiten der Sozialen Dienstes
des Amtes für Jugend und Familie.
Sicherstellung der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen für den
Zuständigkeitsbereich der Stadt Erftstadt durch das CJG Haus St. Gereon in
Bergheim.
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
6000
Folgekosten in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
060363040
5331042
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
2015
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Der Jugendhilfeausschuss stimmt dem vorgelegten Konzept zur Wahrnehmung der Aufgaben im
Krisenmanagement und der Inobhutnahme zu und beauftragt die Verwaltung, den in der Anlage
beigefügten Vertrag zur Sicherstellung der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen und der
Rufbereitschaft für den Zuständigkeitsbereich der Stadt Erftstadt, mit dem CJG Haus St. Gereon
Bergheim, abzuschließen.
Begründung:
Bereitschaft
Das Jugendamt ist nach § 8a sowie § 42 Abs. 1 SGB VIII zur Inobhutnahme und zu vorläufigen
Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet, wenn eine dringende Gefahr
für das Wohl des Minderjährigen dies erfordert. Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ist eine
vorläufige Krisenintervention des Jugendamts zum Schutz des Kindes oder des Jugendlichen im
Krisen- und Gefahrenfall. Daraus folgt, dass das Jugendamt in jedem Krisen- und Gefahrenfall zum
Handeln bereit sein muss, unabhängig von seinen Dienstzeiten. Das Kind oder der Jugendliche
haben einen Rechtsanspruch auf diese Schutzmaßnahmen. Existiert eine solche Rufbereitschaft
nicht, so kann ein Jugendamt verantwortlich und ggf. haftbar gemacht werden, wenn ein Kind
oder ein Jugendlicher zu Schaden kommt, weil eine Inobhutnahme am Abend oder am
Wochenende nicht möglich war.1
Da die Wahrnehmung dieser Schutzverpflichtung zu jeder Tages- und Nachtzeit sichergestellt sein
muss, bedarf es der Organisation eines Bereitschaftsdienstes für die Zeiten außerhalb der
Dienstzeiten des Amtes für Jugend und Familie sowie des Vorhaltens geeigneter und
ausreichender Plätze in einer Notaufnahme.
Der § 87 SGB VIII definiert die örtliche Zuständigkeit für vorübergehende Maßnahmen zum Schutz
von Kindern und Jugendlichen. D.h. das Jugendamt ist örtlich zuständig, in dessen Bereich sich das
Kind oder der Jugendliche tatsächlich aufhält.
In der Fachöffentlichkeit wird eine Rufbereitschaft aus dem Schutzauftrag gemäß § 8a abgeleitet
und eingefordert, um diesen und den damit verbundenen Rechtsanspruch von Kindern und
Jugendlichen auf Schutz auch außerhalb der regulären Dienstzeiten sicherzustellen.
Bisher besteht in Erftstadt keine offizielle Rufbereitschaft im klassischen Sinne. Aktuell ist eine
Handynummer des Amtes für Jugend und Familie bei der Polizei in Kerpen, dem Ordnungsamt
und der Feuerwehr hinterlegt. Hierdurch ist jedoch kein unmittelbares Tätigwerden einer
Fachkraft vor Ort gewährleistet. Die Kriseninterventionen und Einsätze außerhalb der
Dienstzeiten sind nicht planbar und treffen alle Beteiligten immer unvorbereitet.
In der rechtlichen Systematik des SGB VIII ist die Funktion der Inobhutnahme als Ausübung des
staatlichen Wächteramtes grundsätzlich dem öffentlichen Träger vorbehalten. Gem. § 76 Abs. 1
SGB VIII können anerkannte freie Träger der Jugendhilfe aber an der Durchführung einzelner
Aufgaben des öffentlichen Träger beteiligt werden. Dies setzt voraus, dass sie durch Gesetz die
Befugnis verliehen bekommen haben, hoheitlich zu handeln (Beleihung). Eine Beleihung hat das
SGB VIII für die Träger der freien Jugendhilfe nicht vorgenommen. Die Beteiligung anerkannter
Träger der freien Jugendhilfe an der Wahrnehmung der Aufgabe der Inobhutnahme kann nur
dadurch erfolgen, dass sie an der Durchführung der Aufgabe beteiligt werden oder dass ihnen die
Inobhutnahme zur Ausführung übertragen wird (§ 76 Abs. 1 SGB VIII). Damit ist eine Delegation
ausgeschlossen. Bei einer Delegation würde nämlich die Aufgabe zur selbstständigen
Wahrnehmung im eigenen Namen und in eigener Verantwortlichkeit übertragen. Dass die
Delegation ausgeschlossen ist, ergibt sich aus § 76 Abs. 2 SGB VIII, wonach die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe trotz Beteiligung der Träger der freien Jugendhilfe für die Erfüllung der
Aufgaben verantwortlich bleiben. Dabei handelt es sich um eine absolute Pflicht, d.h. um eine
nicht durch Personal- oder Finanzmangel relativierbare Pflicht.
Beteiligungsfähig ist jeder Teil der Aufgaben nach §§ 42, 43, 50 bis 52a und 53 Abs. 2 bis 4 SGB VIII
1
Siehe auch Rechtsgutachen des Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) vom 25.03.2014
-2-
oder die Ausführung dieser Aufgabe insgesamt in all ihren Teilen. § 76 SGB VIII unterscheidet
dabei nicht danach, ob es sich um echt oder schlicht hoheitliche Aufgaben handelt. Auch soweit
die aufgezählten Teilaufgaben Eingriffe enthalten, sind sie beteiligungsfähig. Die
Jugendhilfeeinrichtung ist jedoch nicht befugt, gegen den Willen der Personensorgeberechtigten
die Aufgaben des § 42 SGB VIII (Inobhutnahme) durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine
hoheitliche Aufgabe, die nicht delegationsfähig ist. Es gilt daher die Einschränkung, dass für die
Fälle der Inobhutnahme ( gegen den Willen der Eltern ) eine Rufbereitschaft des öffentlichen
Trägers der Jugendhilfe einzurichten ist. Die Eingriffsbefugnis, die hoheitliche Entscheidung der
Inobhutnahme gegen den Willen der Personensorgeberechtigten, ist von dem öffentlichen Träger
der Jugendhilfe als Verwaltungsakt einzuholen. Bei entsprechend vorbereiteter Informationslage
kann dieser Verwaltungsakt im Krisenfall zunächst mündlich erfolgen und kann fernmündlich
eingeholt werden und wird mit Aufnahme des Dienstes unverzüglich schriftlich nachgeholt.
Für diese Form ist bei der Stadt Erftstadt ein Personenkreis zu bestimmen, der außerhalb der
Dienstzeiten jederzeit erreichbar ist. Der Einrichtung wird eine Telefonliste aus der Leitungsebene
von 51 zur Verfügung gestellt.
Inobhutnahmen gegen den Willen der Personensorgeberechtigten sind in den vergangenen
Jahren eher seltene Ausnahmefälle. Ausdrückliches Ziel des Krisenmanagements ist die
Kooperation mit den Eltern und das Einverständnis zu den evtl. erforderlichen Maßnahmen. Die
Eltern erklären sich in der Regel im Krisenmanagement mit einer bis zur weiteren Klärung
vorübergehenden Fremdunterbringung ihres Kindes oder Jugendlichem bereit.
Das Landesjugendamt hat gegen die Übertragung des Bereitschaftsdienstes nach § 76 SGB
VIII auf einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe keine Bedenken. Es muss gewährleistet
sein, dass die Aufgaben durch qualifiziertes Fachpersonal ausgeführt werden und sich der
öffentliche Träger ein Weisungs- und Kontrollrecht vorbehält.
Das Recht der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
Dem Kinderheim sollen im Rahmen der Bereitschaft folgende Aufgaben übertragen werden:
Die Fachkraft der Rufbereitschaft regelt je nach Situation und Notwendigkeit seine
Einsätze telefonisch oder durch Aufsuchen der Person/Familie.
Erstes und vorrangiges Ziel sind Informationen und Beratung, die helfen sollen, das
aktuelle Problem am Abend oder am Wochenende abzuschwächen oder auch zu lösen.
Entlastung in der Situation als aktiver Zuhörer mit Fach- und Sachkompetenz beratend zur
Verfügung zu stehen.
Gesprächssequenzen zur Vertrauensbildung.
Gefahrabwendung durch Stärkung der Persönlichkeit und der Schaffung von Lösungen
oder Lösungsansätzen.
Beratung und weitere Schritte einleiten.
Telefonische Beratung von Behörden und – von Behörden vermittelten – Privatpersonen
Klärung von Abgrenzungsfragen zur Jugendhilfe und gegebenenfalls Weiterverweisung an
zuständige Stellen, .b. PsychKG
Übernahme und geeignete Unterbringung von Kindern und Jugendlichen nach Aufgriff
durch die Polizei.
Übernahme und geeignete Unterbringung von Kindern und Jugendlichen nach
Gewalterfahrungen, Abklärung durch ärztl. Untersuchung.
Krisenintervention vor Ort in Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt
Einschätzung von Gefahrenpotentialen im Sinne des § 8a SGB VIII.
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Herausnahme von Kindern und Jugendlichen aus potentiellem Gefährdungsumfeld als
ultima Ratio (Familie, eig. Wohnung, Heim), ggf. in enger Zusammenarbeit mit
Polizeikräften.
Abklärung einer möglichen alternativen Unterbringung, insbesondere von Kleinkindern, in
den Bereitschaftspflegestellen der Stadt Erftstadt.
Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIIII, einschließlich
Inaugenscheinnahme zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen
Die Kontaktaufnahme zum Bereitschaftsdienst erfolgt über öffentliche Stellen, wie zum Beispiel
die Polizei, die Feuerwehr und das Ordnungsamt, in der Zeit von montags bis Donnerstag jeweils
von 16.00 Uhr bis 09.00 Uhr des darauffolgenden Tages, freitags ab 12.00 Uhr bis montags 09.00
Uhr, an den Wochenenden und Feiertagen ganztägig. Polizei, Ordnungsbehörden,
Rettungsdienste und Feuerwehr sind für die jeweiligen Bereiche verpflichtet, notwendige
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen.
Damit wäre einschließlich der Dienstzeiten des Jugendamtes eine ganztägige Bereitschaft für Notund Akutfälle gegeben.
Da in der Regel die Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen im CJG Haus St. Gereon in
Bergheim erfolgt, liegt es nahe, diese Rufbereitschaft an diesen Träger zu übertragen.
Die Übernahme der Rufbereitschaft erfolgt seitens des CJG zu einer Monatspauschale von 500,- €.
Sicherstellung Inobhutnahme
Mit dem CJG Haus St. Gereon besteht seit Jahren eine gute Zusammenarbeit. Zunehmende
Inobhutnahmezahlen führen dazu, dass sich die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen
schwieriger erweist. Viele Städte und Gemeinden haben in den letzten Jahren eigene, spezielle
Notaufnahmeplätze mit den Trägern der stationären Jugendhilfe vertraglich vereinbart. Die
Bereitschaft Kinder und Jugendliche aus anderen Städten aufzunehmen wird immer geringer.
Teilweise verweigern Einrichtungen Aufnahmen wenn es keinen entsprechenden vertraglichen
Vereinbarungen zwischen dem Träger und dem unterbringenden Jugendamt gibt. Landes- oder
bundesweite Suchen gestalten sich dabei oft als sehr schwierig und aufwendig und führen
gleichzeitig zu erheblichen Belastungen für die Kinder und Jugendlichen.
Die Jugendämter des Rhein-Erft Kreises haben sich auf der Suche nach geeigneten Angeboten vor
Ort gemacht. Im CJG Haus St. Gereon wurde eine entsprechende Konzeption für fachlich
qualifizierte Inobhutnahmeplätze entwickelt. In diesem Rahmen würde das CJG Haus 2 Plätze zur
Inobhutnahme bereithalten und zusätzlich einer Gruppe für 12-17 jährige im Rhein-Erft-Kreis
planen. Der vorliegende Vertrag sichert die entsprechende bedarfsgerechte Vorhaltung von
Notaufnahme bzw. Inobhutnahmeplätzen im stationären Bereich für die Stadt Erftstadt. Kosten
entstehen lediglich bei entsprechender tatsächlicher Nutzung eines Platzes nach den
Entgeldvereinbarungen.
Die Städte Kerpen, Pulheim, Bedburg, Elsdorf und Bergheim haben ähnliche Vereinbarungen mit
der Einrichtung bereits abgeschlossen.
Hinsichtlich der zukünftigen Häufigkeiten an Bereitschaftseinsätzen können nur Schätzungen
erfolgen. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der Bereitschaftseinsätze zwischen 5 und 10
Fälle pro Jahr. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl steigen wird, da in einigen Bereichen ein
steigender Bedarf an Jugendhilfeleistungen zu verzeichnen ist. Steigerungen gibt es z.B. bei
Meldungen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt sowie im Rahmen des Schutzauftrages bei
Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII. Die Zahlen der Inobhutnahmen bewegen sich von
-4-
2009-2013 zwischen 14 bis 18 Fällen pro Jahr, der 5 Jahresdurchschnitt liegt bei 16,5 Fällen pro
Jahr.
Alternativen
Bei Einrichtung eines formalen Bereitschaftsdienstes nach §§ 6, 7 und 8 TvöD mit Mitarbeitenden
des Amtes für Jugend und Familie entstünden Personalkosten in Höhe von mindestens rd.
20.000,00 Euro jährlich, ohne dabei die jeweiligen konkreten Einsätze und sich dann anschließend
gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten zu berücksichtigen. Gemäß § 8 Abs. 3 TVöD erfolgt die
Vergütung für die Rufbereitschaft von mindestens 12 Stunden in Form einer Entgeltpauschale.
Von Montag bis Freitag gilt der zweifache Satz der jeweiligen Entgeltgruppe und Samstags,
Sonntags oder Feiertags wird der vierfache Stundensatz der jeweiligen Entgeltgruppe zugrunde
gelegt. Die Vergütung einer Rufbereitschaft mit weniger als 12 Stunden wird mit 12,5% des
Stundensatzes vergütet.
Zu berücksichtigen ist hier auch die zahlenmäßige Beschränkung an Fachkräften im ASD und die
Fragestellung, ob hier abbaubare Überstunden erwirtschaftet werden oder die Dienstzeiten
finanziell vergütet werden. Der Abbau von Überstunden würde zu einer weitreichenden
Einschränkung des Dienstgeschäftes führen.
In Vertretung
(Lüngen)
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