Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
175 kB
Datum
25.02.2014
Erstellt
30.01.14, 15:17
Aktualisiert
30.01.14, 15:17
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zum A 607/2013
21.01.2014
Vergaberechtliche Stellungnahme
Rahmenbedingungen zur Gründung / Beauftragung von gemischt-wirtschaftlichen
Gesellschaften im Bereich der Abfallwirtschaft
Bei gemischtwirtschaftlichen GmbHs (Gesellschafter sind die Kommune und ein privates Unternehmen) soll i. d. R. durch die Beteiligung eines privaten Partners eine wirtschaftliche Leistungserbringung (u. a. durch den entsprechenden Know-how-Transfer) sichergestellt werden.
Im Einzelnen hat man sich in der Vergangenheit zudem erhofft, ohne Ausschreibungsverfahren
eine hohe Leistungsqualität bei angemessener Einflussnahme der Kommune sicherzustellen.
Darüber hinaus sollte durch die weitere wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft ein zusätzliches Einnahmepotenzial erschlossen werden.
Die Organisationsform der gemischtwirtschaftlichen GmbH wird derzeit jedoch im Bereich der
Abfallwirtschaft (insbesondere aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Wettbewerbs- und
Vergaberechts) nur noch in besonderen Einzelfällen umgesetzt.
Ursache hierfür ist die Situation, dass es sich bei einer GmbH um eine eigene Rechtspersönlichkeit handelt. Aufträge an eine GmbH können nur noch in wenigen Ausnahmefällen ohne
Ausschreibung vergeben werden. Dabei handelt es sich um so genannte Inhouse-Geschäfte.
Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Urteilen hohe Hürden für solche Auftragsvergaben ohne vorherige Ausschreibung errichtet.
Gemäß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 11.01.2005 (Rs. C26/03)) ist eine „Inhouse-Vergabe“ bei einer privaten Beteiligung an einer Gesellschaft (z. B.
GmbH) nicht möglich. Eine (vergaberechtsfreie) Inhouse-Vergabe der Kommune liegt nur vor,
wenn
kein privates Unternehmen an einer privatrechtlichen Gesellschaft des öffentlichen
Auftraggebers beteiligt ist,
und
wenn die Gesellschaft im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber tätig ist.
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Die strenge Rechtsprechung des EuGH macht es somit nicht mehr möglich, Leistungen ohne
Ausschreibungsverfahren an eine GmbH zu vergeben, wenn ein privater Dritter an dieser Gesellschaft beteiligt ist. Zudem darf eine entsprechende Gesellschaft nur in sehr geringem Umfang für Dritte tätig sein.
In der Umsetzung ergeben sich zudem folgende vergaberechtliche Zwänge:
Da die zu gründende Gesellschaft für den öffentlichen Auftraggeber (hier: Stadt
Erftstadt) tätig sein soll, ist der private Partner mindestens in einem wettbewerblichen Verfahren auszuwählen, welches den vergaberechtlichen Grundsätzen
(mind. Chancengleichheit, Transparenz, Diskriminierungsfreiheit) genügen muss.
Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang zunächst von der Kommune eine
GmbH gegründet und nachfolgend eine entsprechende Unternehmensbeteiligung
(z. B. 49 %) ausgeschrieben.
Im durchzuführenden Vergabeverfahren ist auch der zwischen der Kommune und
der GmbH abzuschließende Dienstleistungsvertrag in den Wettbewerb zu stellen.
Im Ergebnis ergibt sich somit in der Regel die Situation, dass zwischen der entstandenen gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft und der Kommune ein (z. B.
zehnjähriger) Dienstleistungsvertrag geschlossen wird.
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Dies führt in der Regel zu folgendem Modell
Stadt Erftstadt
- Satzungshoheit
- Gebühreneinzug
Dienstleistungsvertrag
Abfallwirtschafts GmbH
51 %
Kommunal
49 %
Privat
Privater
Dritter
Logistik
Behälter (neu)
Eigenes Personal (neu)
Eigene Fahrzeuge (neu)
Betriebshof (neu)
In diesem Zusammenhang sind unter anderem auch folgende Punkte zu beachten:
Die „Abfallwirtschafts GmbH“ ist ebenfalls ein öffentlicher Auftraggeber und muss
die Beschaffung von Behältern, Fahrzeugen und Bau- und Lieferleistungen ausschreiben.
In der Regel verbleibt die Satzungshoheit (Abfall- und Gebührensatzung) und der
Gebühreneinzug bei der Kommune (= eigener Personalbedarf).
Die Geschäftstätigkeit der GmbH darf nur in sehr geringen Umfang eine (gewerbliche) Tätigkeit für Dritte umfassen (keine Verbesserung der Auslastung der Infrastruktur durch andere Aufträge).
Verluste der GmbH wären (anteilig) durch den allgemeinen Haushalt auszugleichen und Gewinne stehen dem allgemeinen Haushalt zu (nicht Gebührenhaushalt).
Eine Änderung des einmal abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages ist im Hinblick auf Leistungsentgelte und Leistungsumfang nicht möglich, da dies eine wesentliche Vertragsänderung darstellen würde. Diese wesentliche Vertragsänderung würde zu einer erneuten Ausschreibungsverpflichtung der Kommune führen.
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Insbesondere der letztgenannte Punkt hat dazu geführt, dass entsprechende Modelle kaum
noch umgesetzt werden. Denn jede wesentliche Änderung des einmal abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages (z. B. durch Änderungen der Abfallsatzung) würde dazu führen, dass die
entsprechenden Leistungen gemäß den Regelungen der VOL/A auszuschreiben wären. An
einem entsprechenden Vergabeverfahren könnte sich zwar die gemischtwirtschaftliche GmbH
beteiligen, jedoch kann nicht sichergestellt werden, dass die Gesellschaft in dem entsprechenden Vergabeverfahren das wirtschaftlichste Angebot abgibt. Nachfolgend wäre die Gesellschaft
somit ggf. (mangels Auftrag) aufzulösen.
Unabhängig von den dargestellten vergaberechtlichen Problemen ist darauf hinzuweisen, dass
die Umsetzung eines entsprechenden Modells einen erheblichen zeitlichen Vorlauf erfordert.
Die üblicherweise erforderlichen Arbeitsschritte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Gründung einer GmbH durch die Stadt
Vergabeverfahren zum Verkauf von Gesellschaftsanteilen (inkl. Verhandlung des
Dienstleistungsvertrages)
Vorbereitung der Gesellschaft auf die Leistungsaufnahme (Einstellung Personal,
Einrichtung Betriebshof, Vergabeverfahren zum Behälterkauf, Vergabeverfahren
zur Fahrzeugbeschaffung usw.)
Probebetrieb
Leistungsaufnahme
Unter Berücksichtigung des insgesamt erforderlichen Zeitbedarfs ist aufgrund vorliegender Erfahrungswerte nicht davon auszugehen, dass die Leistungserbringung durch eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft zum 01.01.2016 gesichert werden kann. Zudem wird darauf ergänzend
darauf hingewiesen, dass aufgrund der Größe des Abfuhrgebietes und nur eingeschränkt realisierbarer Synergieeffekte Kostenvorteile gegenüber einer Dienstleistungsausschreibung i. d. R.
nicht zu erwarten sind.
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