Daten
Kommune
Bad Münstereifel
Größe
83 kB
Datum
10.05.2016
Erstellt
28.04.16, 15:35
Aktualisiert
28.04.16, 15:35
Stichworte
Inhalt der Datei
Staatlich anerkanntes Kneipp-Heilbad
Die Bürgermeisterin
Stadt Bad Münstereifel • Postfach 12 40 • 53896 Bad Münstereifel
Herrn Stadtverordneten
Thomas Bell
Linnerijstraße 11
53902 Bad Münstereifel
Marktstraße
Zimmer
Auskunft erteilt
Telefon-Durchwahl
Aktenzeichen
Bad Münstereifel, den
11
16
Fr. Dierichsweiler
02253/505-130
13-23-05
04.04.2016
Beanstandung eines rechtswidrigen Ratsbeschlusses
Ihr Schreiben vom 19.03.2016, meine Eingangsbestätigung vom 23.03.2016
Sehr geehrter Herr Stadtverordneter Thomas Bell,
mit Schreiben vom 19.03.2016, hier eingegangen am 21.03.2016, fordern Sie mich auf, den
Beschluss des Rates (RD-Nr. 492-X) vom 15.03.2016 als rechtswidrig zu beanstanden und
nicht umzusetzen.
Zu Begründung tragen Sie im Wesentlichen vor:
„Wie bereits im Vorfeld und bei der Sitzung von mir ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht im Dezember 2015 in einem Urteil zu diesem Thema strenge Anforderungen an die
Anlässe zum Offenhalten gestellt. Aufgrund der allgemeinen Bedeutung des Urteils erging
zeitnah ein entsprechender Erlass des Innenministeriums NRW hierzu.
Im Ratsbeschluss werden unter anderem das sogenannte „Flaggenfest“ als auch das „Maifest“ als Anlass für das Offenhalten festgelegt, obwohl diese nicht den strengen Kriterien des
Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes, als auch des Erlasses des Innenministeriums NRW
entsprechen.“
Ein Vortrag substantiierter Tatsachen, inwieweit die aktuelle Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015 und der „klarstellende Runderlass“ des Ministeriums
für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW vom
20.11.2015 - nicht des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW - konkret die Verhältnisse in der Stadt Bad Münstereifel tangiert und durch die hiesige Rechtsverordnung vom
25.03.2015 einschließlich der am 15.03.2016 beschlossenen Änderungsverordnung subjektive Rechte Dritter verletzt werden können und damit die Rechtswidrigkeit des Ratsbeschlusses vom 15.03.2016 begründet ist, enthält Ihr vorgenanntes Schreiben nicht.
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-2-
Ich weise daher Ihre Forderung nach der Beanstandung und Nichtausführung des
Ratsbeschlusses (RD 492-X) über die „Änderung der ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen im Gebiet der
Stadt Bad Münstereifel“ als unbegründet zurück.
Begründung:
Grundsätzlich entfalten aus Gründen der Gewaltenteilung Gerichtsurteile, mit Ausnahme
bundesverfassungsrechtlicher auch höchstrichterliche, nur eine unmittelbare Rechtswirkung
zwischen den am Streit beteiligten Parteien. Unbestritten ist in diesem Zusammenhang aber
auch die faktische rechtsbildende Wirkung höchstrichterlicher Rechtsprechung. Bei der Berücksichtigung solchen Richterrechts ist allerdings der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt und die vom Gericht festgestellten Urteilsgründe streng zu beachten, ein Interpretationsspielraum der Verwaltungsbehörde wird keinesfalls eröffnet.
Dem gegenüber ist der „klarstellende Runderlass“ vom 20.11.2015 eine originäre Rechtsquelle, an die sich die Verwaltung grundsätzlich bei gleichartigen Sachvoraussetzungen zu
halten hat. Dieser Erlass fordert ausdrücklich die Beachtung der aktuellen Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichtes auf dem Gebiet des Ladenöffnungsgesetzes NRW, insbesondere bei der Rechtfertigung des Anlassbezuges und der räumlichen Abgrenzung der
Sonntagsöffnung deshalb, weil die maßgeblichen Vorschriften des nordrhein-westfälischen
Ladenöffnungsrechtes den des bayerischen Ladenschlussgesetzes in diesem Punkt vergleichbar sind. Nicht mehr und nicht weniger fordert der vorgenannte Runderlass. Damit verbunden ist jedoch keinesfalls die sofortige, quasi im „vorauseilenden Gehorsam“ erfolgende,
Aufhebung aller bestehenden, im Lichte dieser Rechtsprechung noch ungeprüfter örtlichen
Regelungen. Dies ist weder angeordnet, noch kann dies unter den rechtsstaatlichen Aspekten von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit, nicht zuletzt im Interesse des örtlichen
Gewerbes, so interpretiert werden. Vielmehr ist die örtliche Ordnungsbehörde aufgefordert,
die dem Urteil vom 11.11.2015 zugrunde liegenden Urteilsgründe mit Blick auf die bestehenden örtlichen Regelungen zu hinterfragen und damit die bestehende Rechtsverordnung in
ihrer geltenden Fassung auf ihre Vereinbarkeit mit dieser Rechtssprechung zu überprüfen.
Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes lag die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (22 N 13.788) vom 06.12.2013 zugrunde.
Der 3. Leitsatz dieser Entscheidung führt in seiner Konsequenz dazu, zunächst einmal durch
die belastbare prognostische Beurteilung der Besucherströme nach den Vorgaben des Urteils des BVerwG zu überprüfen. Dabei hat das Gericht diese Prognosevoraussetzung ausdrücklich auf eine „erstmals“ durchgeführte Veranstaltung beschränkt (ebenda). Diesem Ansatz des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht in seiner,
erst am 15.02.2016 auf seiner Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Revisionsentscheidung [Ziffer II., 2., lit. d), aa)] gefolgt, während eine Reihe anderer Rechtsfragen
des Berufungsgerichtes, insbesondere formaler Art, nicht durch das Bundesverwaltungsgericht Bestätigung gefunden haben.
Unabhängig von der Frage, ob die in der hiesigen ordnungsbehördlichen Verordnung festgesetzten Sonntagsöffnungen grundsätzlich der Intention des „klarstellenden Runderlasses“
vom 20.11.2015 entsprechen, liegen im konkreten Fall maßgebliche Voraussetzungen nicht
vor.
1.
Die jetzt geänderte Verordnung wurde am 25.03.2015 erlassen. Das erst mit dem herangezogenen Urteil vom 11.11.2015 durch das Bundesverwaltungsgericht geforderte
Prognoseerfordernis war also beim Erlass dieser Verordnung nicht erkennbar. Die
diesbezüglichen Gründe des Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 11.11.2015 wurden erst am 15.02.2016 veröffentlicht und damit prüffähig.
2.
Die in der städtischen Verordnung geregelten Anlassbezüge (Maifest, Flaggenfest,
Michaelsmarkt und Lichterfest/Weihnachtsmarkt) wurden sowohl in der Verordnung
H:\13\TEXTE\Beanstandungen\Antwort040416.doc
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vom 25.03.2015 als auch in der Änderungsverordnung vom 15.03.2016 allesamt nicht
erstmals festgesetzt bzw. durchgeführt.
Zwar ist mit der Änderungsverordnung vom 15.03.2016 die Datierung, aber gerade
nicht der Anlassbezug „Maifest“ in der Kernstadt als solcher erstmalig als verkaufsoffener Sonntag festgelegt worden.
3.
Die im Erlassverfahren der Änderungsverordnung nach § 6 Abs. 4 Ladenöffnungsgesetz NRW zwingend anzuhörenden Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, Kirchen, IHK und HWK, haben durchgreifende Bedenken nicht geltend gemacht. Die noch im Erlassverfahren der Verordnung vom 25.03.2015 durch die Gewerkschaft Verdi mit Bezug auf das Berliner Ladenöffnungsgesetz erhobenen allgemeinen Bedenken gegen den Anlassbezug wurden aktuell nicht wiederholt.
Insoweit ist in dem Ratsbeschluss vom 15.03.2016 ein durch die Bürgermeisterin gemäß §
54 Abs. 2 GO NRW zu beanstandender Rechtsverstoß nicht zu erkennen.
Unbeschadet dessen hat die Stadtverwaltung eine rechtssichere Ausgestaltung ihrer
Rechtsverordnung zu prüfen. Dies wird im Interesse aller Beteiligten mit der dafür gebotenen
Sorgfalt erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Preiser-Marian
H:\13\TEXTE\Beanstandungen\Antwort040416.doc