Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
64 kB
Datum
25.02.2014
Erstellt
07.12.13, 06:16
Aktualisiert
07.12.13, 06:16
Stichworte
Inhalt der Datei
Rechnungsprüfungsamt
Stadt Erftstadt
27.11.2013
Betr.: Vorlage 357 / 2013
Neufassung der Friedhofsgebührensatzung
Stellungnahme des RPA an den Rat der Stadt Erftstadt für die
Sitzung am 10.12.2013
Im Betriebsausschuss Straßen (20.11.2013) wurde das RPA um eine Stellungnahme zur
Kalkulation
bezüglich
der
von
der
Verwaltung
(EB
Straßen)
vorgeschlagenen
Friedhofsgebührensatzung gebeten.
Aufgrund
des
engen
Zeitfensters
bis
zur
Ratssitzung
stellt
die
nachfolgende
Stellungnahme kein alle Facetten beleuchtendes Gutachten dar, sondern eine prüferische
Durchsicht im Hinblick auf Rechtskonformität und wirtschaftliche Angemessenheit der
Gebührenkalkulation.
Auch wurde ermittelt, ob es umsetzbare Möglichkeiten zur Gebührenreduzierung gibt.
I. Rechtliche Situation / Mischkalkulation
Im Rahmen des Kommunalabgabengesetzes (KAG) sind Nutzungsgebühren zu erheben,
die die ansatzfähigen Kosten (Aufwendungen für Pflege und Erhalt der Anlage) decken.
Nach welchen Maßstäben die Nutzungsgebühren festgelegt werden, ist nicht gesetzlich
vorgegeben,
allerdings
dürfen
die
Gebühren
nicht
in
einem
„offensichtlichen
Missverhältnis“ zur Nutzung stehen.
Die Kommune hat also ein Gebührenmodell zu entwickeln, dass einerseits der Nutzung
angemessen ist und andererseits betriebswirtschaftlich auskömmlich ist; eine Belastung
des allg. Haushalts und damit des Steuerzahlers ist grundsätzlich unzulässig. Sie ist
allerdings dann angemessen, wenn Grün- oder Freiflächen vorhanden sind, die sich einer
individuellen
Nutzung
entziehen
(öffentlicher Grünwertanteil).
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation
und
allgemein
zugänglich
und
genutzt
werden
-2Immer mehr Kommunen wenden sich von der traditionellen Gebührenbemessung
(Grabgröße) ab - hin zu Gunsten einer Mischkalkulation („Kölner Modell“). Hintergrund ist
hauptsächlich der überproportionale Anstieg der Urnenbestattungen, in Erftstadt bereits
über 54 %. Hierbei werden die Gebühren unterteilt in einen festen (Verhältnis nach
Kosten
/
Fallzahlen
insgesamt)
und
einen
variablen
Block
(individuell
nach
Nutzungsdauer, Flächengröße, Pflege und Belegung), da die Nutzung des Friedhofes eben
nicht ausschließlich von der Größe des Grabes abhängt.
Die Vorgehensweise der Stadt Erftstadt (Aufteilung 50:50) ist gem. dem eingesehenen
Urteil des VG Düsseldorf v. 24.10.2012 eindeutig zulässig; dieser Maßstab ist –
einheitlich angewendet - als ermessensfehlerfrei zu bezeichnen.
Vor allem großstadtnahe Kommunen, die dieses Gebührenmodell bislang noch nicht
eingeführt haben, werden sich aufgrund des Trends vermutlich kurzfristig damit befassen
müssen.
II. Betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte
Das RPA hat die Ermittlung der zu Grunde gelegten Kostenansätze - in der Kürze der Zeit
so dezidiert wie möglich - nachvollzogen:
1. Gebührenrelevante Kosten insgesamt:
Die im interkommunalen Vergleich in einigen Bereichen recht hoch angesiedelte
Gebührenstruktur (in anderen Bereichen weniger) hängt damit zusammen, dass Erftstadt
als Flächengemeinde mit vielen Ortsteilen und Friedhöfen hier entsprechend höhere
Aufwendungen hat, als dies bei nur wenigen Zentralfriedhöfen der Fall wäre.
Die geplanten anrechenbaren Kosten der Friedhofsanlagen werden mit 876.000,00 €
realistisch angesetzt.
Nur bei der Kostenart Friedhofsunterhaltung wurden 20% Anteil an „öffentlichem Grün“
sowie 10% Anteil an „abtrennbaren Überhangflächen“ in Abzug gebracht. Für die
Bemessung der gebührenneutralen Kosten des „öffentlichen Grüns“ sind nur die Kosten
heranzuziehen, die durch die Eigenschaft des Friedhofs als öffentliche Grünfläche, nicht
jedoch die, die im Rahmen des Friedhofszwecks, entstehen.
Die gesamten, ansatzfähigen Kosten der Friedhofsanlagen werden je zu 50% in
grabidentische und grabspezifische Kosten aufgeteilt.
Somit setzt sich die Nutzungsgebühr aus einem fixen Teil (1.131,78 € = 438.000,00 € /
387 Fälle) und einem variablen Teil, der die Nutzungsdauer, die Fläche, die Pflege und
die Belegung des Grabes individuell berücksichtigt (Äquivalenzrechnung), zusammen.
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation
-3Prüfung:
•
Die
Berechnung
der
Gebührenhöhe
kann
auf
Grundlage
der
gelieferten
Kostenarten und -höhen nachvollzogen werden
•
Infolge der vorgelegten Gebührenkalkulation werden die prognostizierten Kosten
der Friedhofsanlage (nach Abzug des Grünwertanteils) durch die ermittelten
Gebühren, - bei gleichbleibender Anzahl der Fälle und gleichbleibender Nachfrage
der Grabart - gedeckt.
Weiterhin:
Nach Berücksichtigung des öffentlichen Grünanteils an den Friedhöfen werden die
Gebühren, so weit möglich, sozialverträglich gestaltet.
Gleichzeitig muss eine Aufwendung aus dem allgemeinen Haushalt für die Unterhaltung
der als Schätzung angesetzten öffentlichen Flächen geleistet werden.
Empfehlung:
Der diesbezügliche Ansatz von 20 % ist pauschal bemessen und bewegt sich im
Mittelfeld
der
gerichtlich
anerkannten
Zuteilungen.
Insoweit
bestehen
keine
grundsätzlichen Bedenken. Das RPA empfiehlt dennoch – bei nächster Gelegenheit - den
Ansatz zur Rechtssicherheit zumindest durch überschlägige Berechnung zu belegen.
1.1
Personalkosten:
Es sind 10 Mitarbeiter/innen in die Kalkulation einbezogen worden. Dies erscheint viel
und wurde daher recherchiert:
a)
2 Mitarbeiter werden zu 100 % eingerechnet, 5 Mitarbeiter werden zwischen 1
und 20 % eingerechnet. Dies liegt an der dezentralen Bearbeitung der
Vorgänge
(Sachbearbeitung
Sterbefälle,
Sachbearbeitung
Grünflächen-
/Baumpflege, Bilanzbuchhaltung, Mahnwesen, Stundungen, usw.)
b)
4 Mitarbeiterinnen sind Teilzeitkräfte, die dann mit einem entsprechend
geringeren Kostenanteil einfließen.
Die prozentualen Zuteilungen sind für das RPA zwar nicht in allen Fällen zu 100 %
belegbar; jedoch würden sich durch Verschiebungen nur marginale Änderungen ergeben,
die letztlich bei der Kalkulation von untergeordneter Bedeutung blieben; selbst einer
Reduzierung der zugewiesenen Prozentpunkte um beispielsweise 30 Prozentpunkte durch
besonders
restriktive
Berechnung
müssten
im
Gegenzug
dann
Personalkosten / -nebenkosten / Steigerungsprognosen gegenübergestellt
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation
weitere
-4werden, die bis dato - nach Angaben des EB - wegen Geringfügigkeit u.ä. vernachlässigt
wurden, so dass die Reduzierung wieder eliminiert wäre. Dies jedenfalls hat eine
überschlägige Berechnung während dieser Prüfung ergeben.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Personalkostenzuteilungen letztlich Schätzwerte
sind, die bei genauer Betrachtung am unteren Ende einer realistischen Kalkulation und
Kostendeckung, d.h. eher zu Gunsten der Gebührenzahler, angesiedelt sind.
Die
Kostenberechnung
wurde
anhand
Auswertungen
aus
dem
bilanziellen
Jahresabschluss ermittelt.
III.
Entlastung der Gebührenpflichtigen durch sonstige
Maßnahmen möglich ?
Das RPA hat sich zusätzlich mit der Frage befasst, ob grundsätzliche Spielräume im
Interesse der Gebührenpflichtigen gegeben sind:
Überschüsse aus Vorjahren ?
Nein, es lag eine Unterdeckung vor; gem. § 6 Abs. 2 KAG sollen Kostenunterdeckungen
innerhalb von 4 Jahren ausgeglichen werden.
Bei stringenter Anwendung würde dies demnach eine eklatante Gebührenerhöhung
bedeuten. Die Stadt hat -
zu Gunsten der Gebührenzahler - eine rückwirkende
Fehlbetragsabdeckung nicht kalkuliert. Gemäß OVG-Urteil (NRW) vom 20.01.2010 /
Kommentierungen ist sie hierzu auch nicht verpflichtet.
Erhöhung des öffentlichen Grünflächenanteils ?
Nein,
der
Grünflächenanteil
wird
separiert
und
aus
der
Gebührenkalkulation
herausgerechnet. Er war ursprünglich pauschal mit 10 % vorgesehen und soll nun auf 20
% angehoben werden; nach Recherchen bewegt sich die Stadt hier im üblichen und
gerichtlich anerkannten Feld (10-30 %). Allerdings ist in Anbetracht der z.T. ländlichen
Struktur Erftstadts der sogenannte „öffentliche Grünflächenanteil“ mit beabsichtigten 20
% nach Auffassung des RPA vermutlich ausgereizt. Ein innerstädt. Zentralfriedhof wäre
als Gegenbeispiel wegen der parkähnlichen Nutzung nachvollziehbar anders zu sehen.
Hinzu
kommt
noch
die
Herausrechnung
von
pauschal
10
%
für
abtrennbare
Überhangflächen (dies sind z.B. zusammenhängende Leerstände, also nicht GrabZwischenlücken).
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation
-5Kalkulatorische Abschreibung ?
Nein, eine Umstellung der Abschreibung auf „Wiederbeschaffungszeitwerte“ (anstatt wie
bisher „Anschaffungswerte“) würde eine Erhöhung der Gebühren bewirken.
Kalkulatorische Verzinsung ?
Nein, die jetzige Verzinsung i.H.v. 2 % ist bereits am unteren Ende der Möglichkeiten
und
berücksichtigt
die
derzeitige
Zinslage;
eine
weitere
Absenkung
wäre
nicht
angemessen.
Zuschüsse durch die Stadt ?
Nein, theoretisch könnte die Stadt auf freiwilliger Basis Zuschüsse – quasi an den
Gebührenhaushalt – leisten. Hierzu fehlt allerdings derzeit die Finanzausstattung, eine
solche Vorgehensweise wäre daher mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar.
Spielraum der Wertansätze nach Neubewertung HGB / NKF ?
Nein, der EB führt seine Kalkulation auf Basis der HGB-Wertansätze durch. Eine
Hochrechnung auf die NKF-Werte (wie dies im Kernhaushalt zu erfolgen hätte), würde zu
höheren Gebühren führen.
Prüfergebnis:
Das Rechnungsprüfungsamt sieht die vorgelegte Gebührenkalkulation für die
Friedhofsgebührensatzung
als
kommunalen
und
Vorschriften
rechtlich
der
im
Einklang
aktuellen
stehend
Rechtsprechung
mit
den
sowie
als
wirtschaftlich angemessen an. Insgesamt hätte die Gebührenkalkulation bei
restriktiver
Vorgehensweise
nach
unserer
Auffassung
eher
Steigerungspotenzial (also zu Lasten der Nutzer) als ein Senkungspotenzial.
Gez.
(Walter)
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation
ein
Friedhofsgebühren-Variablen-Kalkulation