Daten
Kommune
Bad Münstereifel
Größe
424 kB
Datum
10.03.2015
Erstellt
26.02.15, 14:32
Aktualisiert
26.02.15, 14:32
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Inhalt der Datei
Integrationskonzept
des Kreises Euskirchen
Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
_____________________________________________________________________________________________________
Inhalt
1.
Vorwort
2.
Einleitung
3.
Integrationsziele des Kreises Euskirchen
4.
Zielgruppen
5.
Zahlen und Fakten
6.
Handlungsfelder
6.1. Interkulturelle Öffnung
6.2. Bildung
6.3. (Berufliche)Ausbildung und Beruf
6.4. Sprache
6.5. Gesundheit
6.6. Kultur, Sport und Freizeit
7.
Strukturelle und organisatorische Rahmenbedingungen
8.
Zusammenarbeit und Vernetzung
9.
Monitoring
2
Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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1. Vorwort
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
die gelingende Integration zugewanderter Menschen ist eine der
wesentlichen gesellschaftlichen Zukunftsherausforderungen und eine
Aufgabe sowohl für
Verwaltungen, Behörden, Organisationen als auch Träger und Vereine.
Im Kreis Euskirchen leben derzeit etwa 10.000 Ausländer aus ca. 130
Nationen und noch viel mehr haben einen Migrationshintergrund.
Angesichts des demografischen Wandels kommt es nicht nur darauf an,
den Rückgang und die fortschreitende Überalterung der Bevölkerung zu
bewältigen. Von zentraler Bedeutung ist vor allem die Nutzung der
Chancen, die in der gewachsenen, kulturellen und religiösen Vielfalt, der
hier lebenden Menschen liegt.
Das vorgelegte Integrationskonzept baut Brücken, schafft Verbindungen
und weist Wege zwischen den Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne
Zuwanderungsgeschichte.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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2. Einleitung
Nordrhein-Westfalen hat als erstes Flächenland ein Integrationsgesetz verabschiedet. Das
"Gesetz zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration" schafft mehr soziale
Gerechtigkeit und Chancengleichheit für Menschen ausländischer Herkunft.
Das Gesetz sieht in § 7 Abs. 1 eine Förderung von Kommunalen Integrationszentren in
Kreisen und kreisfreien Städten, die über ein vom Stadtrat bzw. Kreistag beschlossenes
Integrationskonzept verfügen, das nicht älter als 3 Jahre sein sollte, vor.
Das Integrationskonzept der Kreisverwaltung Euskirchen orientiert sich an der Definition des
Landes NRW. Demnach ist Integration „kein einseitiger Anpassungsakt von Zugewanderten,
sondern ein interaktiver Prozess zwischen Zuwanderern und Aufnahmegesellschaft, der
sowohl eine Integrationsleistung der Zuwanderer als auch eine Veränderung der
Mehrheitsgesellschaft beinhaltet“.
Mit dem vorliegenden Integrationskonzept definiert die Kreisverwaltung Euskirchen
Integrationsziele, beschreibt die Zielgruppen und formuliert inhaltliche
Handlungsschwerpunkte. Es schlägt konkrete kommunale Maßnahmen unter kontinuierlicher
Beteiligung aller Organisationen, Institutionen und Akteure vor.
Der Kreis Euskirchen strebt mit dem Konzept und mit der Einrichtung eines Kommunalen
Integrationszentrums eine enge regionale bedarfsorientierte Vernetzung, Bündelung und
Erweiterung von örtlichen Integrationsangeboten an.
3. Integrationsziele des Kreises Euskirchen
Der Kreis Euskirchen orientiert sich bei der Ausrichtung seiner Integrationsarbeit an den
Zielen des Nationalen Aktionsplanes Integration und des Aktionsplanes Integration der
nordrhein-westfälischen Landesregierung.
Darüber hinaus sind das Handlungskonzept "Demografischer Wandel" mit den
Handlungsfeldern "Bildung" und "Integration" sowie die im Rahmen des
Demografieprozesses erarbeiteten Leitziele als Grundlage für das Integrationskonzept zu
sehen.
Leitziele aus dem Handlungskonzept "Demografischer Wandel":
•
Alle Menschen im Kreis sollen gleiche Lebens- und Bildungschancen haben. Ihre
aktive Teilhabe an der Gesellschaft ist wichtig und muss gefördert werden, sie sollen
auch an der Produktivität teilhaben.
Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, damit ihnen dies gelingen kann:
Bereitschaft zu und Freude an lebenslangem Lernen sollen ermutigt werden. Die
Bildungswege sollen so geöffnet werden, dass jeder zu jedem Zeitpunkt wieder in
den Prozess des Lernens einsteigen kann.
Wir verstehen Bildung im umfassenden Sinne: sie soll alle Bereiche der Intelligenz
fördern.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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•
Zuwanderer sind im Kreis Euskirchen in ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und
mit ihren beruflichen und persönlichen Kompetenzen sowie ihrem Engagement
willkommen.
Alle legal und dauerhaft hier lebenden Zuwanderer können gleichermaßen an
gesellschaftlichen Prozessen und am öffentlichen Leben teilnehmen, wenn sie die
freiheitlichdemokratische Grundordnung akzeptieren. Ausreichende
Deutschkenntnisse sind dafür eine wichtige Voraussetzung.
Durch Integrationskurse in ausreichendem Umfang werden sie dabei unterstützt ein
Sprachniveau zu erreichen, das es ihnen ermöglicht ihre Belange eigenständig zu
artikulieren, Informationen aus den hiesigen Medien zu verstehen und sich im
alltäglichen Leben selbständig zu Recht zu finden.
Gleichberechtigung, Chancengleichheit, gesellschaftliche Teilhabe, politische
Partizipation, interkultureller Austausch und das Zusammenleben werden im Kreis
Euskirchen unterstützt und gefördert.
Ziel ist es, das alle im Kreis Euskirchen lebenden Menschen in gegenseitigem
Respekt zusammenleben und gemeinsam ihre Zukunft zum Wohle aller gestalten
können. Damit unterstützt der Kreis Euskirchen den Bundesintegrationsplan.
Darauf aufbauend wurden folgende Teilziele herausgearbeitet:
•
Entwicklung und Förderung von Maßnahmen und Projekten, die die Eingliederung,
Gleichberechtigung, Chancengleichheit, gesellschaftliche Teilhabe und das
Zusammenleben der Einwohner mit Migrationshintergrund zum Ziel haben
•
Schaffung von Rahmenbedingungen für gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten und
Zugänge zu Bildung, Ausbildung und allgemeiner Weiterbildung
•
Verbesserung der beruflichen Integration
•
Verstärkung der zielgruppenorientierten und wohnortnahen Sprachförderung
•
Verbesserung der Aufklärung von Migranten zum Gesundheitsschutz durch
verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Durchführung von lokalen Gesundheitstagen
4. Zielgruppen
Die wichtigste Zielgruppe von Integrationsmaßnahmen und somit auch des
Integrationskonzeptes sind Menschen mit Migrationshintergrund. Gem. § 4 Abs. 1 des
Teilhabe- und Integrationsgesetzes NRW gehören hierzu
1. Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes
sind oder
2. außerhalb des heutigen Gebietes des Bundesrepublik Deutschland geborene
und seit dem 01.01.1950 nach Deutschland zugewanderte Personen oder
3. Personen, bei denen mindestens ein Elternteil die Kriterien der Nr. 2 erfüllt.
Einen Migrationshintergrund haben demnach Eingebürgerte, Ausländerinnen und Ausländer,
Flüchtlinge, Aussiedlerinnen und Aussiedler und deren Nachkommen.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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5. Zahlen und Fakten
Ein Überblick über ausgewählte Integrationsdaten im Kreis Euskirchen
Die meisten der nachfolgenden Daten beziehen sich auf Ausländerinnen und Ausländer. Die
statistische Unterscheidung in Deutsche und Ausländer sagt jedoch wenig über den
Sachverhalt der Migration aus. "So haben viele Deutsche - oft bedingt durch Einbürgerung eine Zuwanderungsgeschichte, viele Ausländer sind hingegen nie zugewandert, sondern in
Deutschland geboren." (Dr. Bernhard Santel, Referatsleiter im Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen).
Es gibt zudem wesentlich mehr Personen mit Migrationshintergrund als Ausländer.
Diese Daten zu Menschen mit Migrationshintergrund sind auf kommunaler Ebene nicht ohne
weiteres verfügbar, trotz der aufgezeigten Problematik. Bei Kindern in
Kindertageseinrichtungen wird jedoch bereits der Migrationshintergrund erfasst. Die
Schulstatistik soll in den nächsten Jahren umgestellt werden. Der Kreis Euskirchen erhebt
bei der Schuleingangsuntersuchung Daten zum Migrationshintergrund nach dem Indikator
der Erstsprache.
Insgesamt bedeutet das, dass die meisten Kennzahlen zunächst noch auf Daten
zurückgreifen, die sich auf den ausländischen Pass beziehen. Sie sind dennoch Indikatoren
für eine jeweilige Tendenz, die auch in etwa für Menschen mit Migrationshintergrund
insgesamt gilt.
5.1. Basisdaten
Von den 4,3 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen mit Migrationshintergrund waren im
Jahr 2009 mehr als die Hälfte (2,4 Mio.) deutsche Staatsbürger. 13,6 Millionen Deutsche
hatten entsprechend der Definition im Mikrozensus keinen Migrationshintergrund. Der Anteil
von Menschen mit Migrationhintergrund ist 2009 mit 25,6 % im Regierungsbezirk Arnsberg
am höchsten. Der Kreis Euskirchen kommt auf 15,7 %.
Obwohl die Bevölkerungsentwicklung im Kreis Euskirchen insgesamt leicht rückgängig ist, ist
der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund gestiegen. Zwischen 2005 und 2008 lag
der Anteil zwischen 13,2 % und 13,8 %.
Karte: Ausländeranteile 2010 für Kreise und kreisfreie Städte (in %)
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Quelle: Wegweiser Kommune
Der Ausländeranteil im Kreis Euskirchen lag zwischen 2004 und 2011 relativ konstant
zwischen 5,3 % und 5,4 %. Damit haben insgesamt 10.163 Einwohner einen ausländischen
Pass. In den einzelnen Kommunen schwankt der Anteil ausländischer Einwohner mit
Stichtag zum 31.12.2010 zwischen 2,8 % in der Gemeinde Kall und 8,0 % in der Stadt
Euskirchen. Damit weist der Kreis Euskirchen insgesamt beim Ausländeranteil einen deutlich
unter dem Landesdurchschnitt (10,5 %) liegenden Wert auf.
Diagramm 1: Ausländeranteil in den Städten und Gemeinden des Kreises Euskirchen
Ausländeranteil in %
12
10,5
10
8
8
5,3
6
5,7
4,8
4,2
4,2
4
4,2
4,1
4,0
3,8
2,8
2
Da
hl
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Ka
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0
Quelle: Wegweiser Kommune, eigene Darstellung (Hinweis: Für die Gemeinde Dahlem, <
5000 Einwohner, liegen keine Angaben vor)
5.2. Sozialökonomische Integration
5.2.1. Bildung und Ausbildung
Die Entwicklungen und Daten zur Sozialökonomischen Integration sind in den einzelnen
Kommunen des Kreises sehr unterschiedlich und untereinander nicht vergleichbar.
Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund an Kindern in Tageseinrichtungen gesamt
liegt im Kreis Euskirchen bei 21,5 % und ist damit in den letzten fünf Jahren um 2,4 %
gestiegen. Kreisweit ist dieser Wert in den Städten Euskirchen und Mechernich mit 34,9 %
bzw. 22,4 % am höchsten. Für Mechernich bedeutet dies eine Zunahme von Kindern mit
Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen von 6,1 % innerhalb der letzten fünf
Jahre.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Diagramm 2: Kinder mit Migrationshintergrund in Tageseinrichtungen der Städte und
Gemeinden des Kreises Euskirchen
Anteil Kinder mit Migrationshintergrund an Kindern in Tageseinrichtungen gesamt %
40
35,4
34,9
35
30
25
22,4
21,5
20,4
20
19,9
19,8
15,4
15
14,1
9,1
10
5,9
5,2
5
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Eu
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Eu
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NR
W
0
Quelle: Wegweiser Kommune, eigene Darstellung (Hinweis: Für die Gemeinde Dahlem, <
5000 Einwohner, liegen keine Angaben vor)
Im Kreisgebiet Euskirchen werden die Kinder mit Migrationshintergrund bei ihrer Einschulung
nach dem Kriterium der Erstsprache erfasst. Nach eigener Erhebung habendemnach 30,4 %
der Schulkinder (deren Erstsprache nicht Deutsch ist) in der Stadt Euskirchen einen
Migrationshintergrund. Dies ist kreisweit der höchste Wert.
Die berufliche Integration beginnt mit dem Schulabschluss. Hier zeigen sich kreisweit
deutliche Differenzen zwischen ausländischen und deutschen Schülern. Darüber hinaus
auffällig sind jedoch auch die starken Schwankungen zwischen den einzelnen Städten und
Gemeinden des Kreises. Die Anzahl der ausländischen Schulabgänger ohne
Hauptschulabschluss ist beispielsweise in der Stadt Mechernich zwischen 2005 und 2010
um 3,2 % auf 14,3 % gestiegen während er für die Schulabgänger insgesamt um 0,3 % leicht
zurückgegangen ist. Kreisweit hat sich im gleichen Zeitraum die Zahl der ausländischen
Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss von 10,9 % auf 5,3 % im Jahr 2010 halbiert.
Landesweit konnte dieser Wert nur um 1,8 % nach unten korrigiert werden. Von den
deutschen Schülern im Kreis Euskirchen haben im Jahr 2010 lediglich 3 % die Schule ohne
Abschluss verlassen.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Diagramm 3: Entwicklung Ausländische Schulabgänger ohne Abschluss im Kreis
Euskirchen und der Stadt Mechernich
Ausländische Schulabgänger ohne Abschluss %
16
14,3
14
12
11,1
10
10,9
8
6
5,3
4
2
0
2005
2010
Euskirchen, Kreis
Mechernich
Quelle: Wegweiser Kommune, eigene Darstellung
Insgesamt hat sich der Zugang zu Bildung und Arbeit im Kreis Euskirchen für ausländische
Menschen in den letzten Jahren verbessert. Der Anteil ausländischer Auszubildender an der
ausländischen Bevölkerung zwischen 18 und 20 Jahren stieg im Kreis Euskirchen um 15,6
% auf 35,5 % innerhalb der letzten fünf Jahre. Dieser Anstieg ist doppelt so hoch wie die
landesweite Entwicklung. Im Vergleich dazu stehen allerdings 62,6 % der
Gesamtbevölkerung dieser Altersklasse in einem Ausbildungsverhältnis, so dass nach wie
vor eine Diskrepanz am Ausbildungsmarkt zwischen Deutschen und Ausländern besteht.
Die Integration in Bildung und Ausbildung ist im Kreis Euskirchen nach wie vor für Deutsche
vergleichsweise einfacher als für Ausländer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund.
Schlechtere Voraussetzungen bei der Bildung erhöhen das Risiko von Erwerbslosigkeit und
Armut. Menschen mit ausländischem Pass sind von diesem Zusammenhang sowohl im
schulischen als auch im Bereich der Ausbildung und Beschäftigung stärker betroffen.
5.2.2 Arbeitsmarkt und Beschäftigung
Analog zur Ausbildungssituation gilt diese Diskrepanz auch für die Beschäftigung am
Arbeitsmarkt. Ausländische Beschäftigte sind in den Betrieben im Kreis Euskirchen
schwächer vertreten als im Vergleich zum Ausländeranteil an der Bevölkerung. Mit Stichtag
zum 31.12.2010 betrug der Ausländeranteil bei den sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigten 3,9 % gegenüber einem Bevölkerungsanteil von 5,3 %. Ende 2010 waren 30,1
% der Ausländer im Kreis Euskirchen in einem sozialversicherungspflichtigen
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Beschäftigungsverhältnis während die deutschen Beschäftigten eine Quote von 50,6 %
erreichen konnten.
Ausländer sind im Kreis Euskirchen nach wie vor deutlich häufiger arbeitslos als Deutsche.
Bei in etwa gleichen prozentualen Abnahmen der Arbeitslosenquoten von Deutschen und
Ausländer in den letzten fünf Jahren, bewegen sich die Quoten der Arbeitslosen insgesamt
immer unterhalb des Niveaus der arbeitslosen Ausländer. Besonders deutlich wird dies bei
den Empfängern von Leistungen nach dem SGB II.
Diagramm 4: SGB II-Quote Ausländer und Gesamt im Vergleich
SGB II-Quote im Kreis Euskirchen
16
13,9
14
12
10
7,4
8
6
4
2
0
SGB II-Quote Ausländer %
SGB II-Quote gesamt %
Quelle: Wegweiser Kommune, eigene Darstellung
5.2.3 Soziale Lage
Auffällig in der kreisweiten Betrachtung der Indikatoren zu Sozialen Lage ist die stetige
Zunahme der Leistungsempfänger nach dem SGB-II unter der ausländischen Bevölkerung
sowie die damit einhergehende deutliche Zunahme der Kinderarmut.
Die gegenläufige Entwicklung von Arbeitslosen und Empfängern von Leistungen nach dem
SGB-II ist insgesamt auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten. Mit rückläufigen
Arbeitslosenquoten geht ein Anstieg der Langzeitarbeitslosen einher. Diese Entwicklung
wirkt sich allerdings bei der ausländischen Bevölkerung im Kreis Euskirchen drastischer aus
und hat insbesondere Folgen für die Kinder der Langzeitarbeitslosen.
Der Anteil der ausländischen Bevölkerung der unter 15jährigen, die Sozialgeld erhalten, ist in
den letzten fünf Jahren um 5,4 % auf insgesamt 23,3 % gestiegen. Damit ist er doppelt so
hoch wie unter der deutschen Bevölkerung. Auf lokaler Ebene gibt es Kommunen in denen
beinahe jeder dritte Ausländer unter 15 Jahren Leistungen zur Grundsicherung erhält. Der
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Indikator gibt Hinweise zu sozialen Problemlagen und Zukunftschancen der Kinder und ist
auch landesweit in den letzten Jahren auf 40% gestiegen.
Hinweis:
Die angegebenen Daten beziehen sich auf die Zuwanderungsstatistik NRW 2010, der unter
www.wegweiser-demografie.de veröffentlichen Daten basierend auf dem Jahr 2010, die
amtliche Statistik des Landesbetriebs Information und Technik NRW mit Stichtag zum
31.12.2011 sowie die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit mit Stichtag zum
31.10.2010.
6. Handlungsfelder
Das Integrationskonzept setzt mit den sechs Handlungsfeldern "Interkulturelle Öffnung"
"Bildung", "Ausbildung und Beruf", "Sprache", "Gesundheit" sowie "Kultur, Sport und Freizeit"
deutliche Schwerpunkte und greift die Schlüsselthemen der Integration auf.
In jedem Handlungsfeld benennt der Kreis Euskirchen konkrete Maßnahmen, deren
Umsetzung mit Priorität angestrebt wird. Aus diesem Konzept lässt sich jedoch kein
unmittelbarer Handlungsauftrag ableiten; vielmehr wird die Kreisverwaltung die Umsetzung
der Maßnahmen aus den Handlungsfeldern im Rahmen der Zuständigkeiten der
Geschäftsbereiche und Abteilungen aufgreifen und die erforderlichen Beschlüsse des
Kreistages und seiner Gremien einholen.
6.1. Interkulturelle Öffnung
Eine kritische Analyse der verschiedenen Organisationen, Institutionen und Einrichtungen,
die für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zuständig sind, ergibt vielfältige Barrieren
für die Zugänglichkeit zu den Dienstleistungen für Menschen mit Migrationshintergrund, die
diese von der Nutzung der Angebote abhalten.
Zugangshindernisse für Menschen mit Migrationshintergrund:
- bestehende Sprachbarrieren und Segregation
- fehlende Informationen über die Angebote
- Ängste vor ausländerrechtlichen Konsequenzen
- keine muttersprachlichen Fachkräfte
Zugangsbarrieren der deutschen Fachkräfte:
- fehlende interkulturelle Kommunikationskompetenz
- Mangel an spezifischen, auf die Bedürfnisse der Zuwanderinnen und Zuwanderern
abgestimmten Angebotsformen und an zweisprachigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
mit Zuwanderungshintergrund in Diensten und Einrichtungen.
Ziel der Interkulturellen Öffnung ist es diese Strukturen mit ihren Ausschließungen zu
verändern.
Interkulturelle Öffnung ist daher als Prozess zu verstehen, der einer regelmäßigen
Kontrolle auf Wirksamkeit und einer entsprechenden Anpassung bedarf.
Die vorgestellten Handlungsempfehlungen bieten eine erste Basis zur Interkulturellen
Öffnung der Kreisverwaltung als Querschnittsaufgabe sowie aller Bereiche der öffentlichen
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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und freien Daseinsvorsorge, die weiterzuentwickeln und nach Innen und Außen zu festigen
ist.
Mit den nachfolgend beschriebenen Maßnahmen hat der Kreis Euskirchen die Möglichkeit,
seine Handlungsfähigkeit im Bereich der Interkulturellen Öffnung zu forcieren.
Diese Maßnahmen für die unterschiedlichen Aufgabenbereiche sind nunmehr zu prüfen und
ggf. umzusetzen.
Ziel der Kreisverwaltung ist es ihre Arbeit und Angebote im Hinblick auf die Bedürfnisse und
Problemlagen der Migrantenbevölkerung entsprechend auszurichten sowie Hindernisse und
Kommunikationsbarrieren abzubauen.
Das Handlungsfeld der interkulturellen Öffnung findet sich somit in allen Arbeitsfeldern
wieder und umfasst ein weites Spektrum an bereits bestehenden Angeboten im Kreis
Euskirchen.
Maßnahmen
Priorität
1. Interkulturelle Orientierung und Öffnung von sozialen Diensten im Sozialraum
2. Erhebung des Migrationshintergrundes bei den Beschäftigten der Kreisverwaltung
3. Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen
4. Aktive Werbung bei Einstellung/Ausbildungsmessen
6.2. Bildung
6.2.1. Frühe Bildung
Teilhabemöglichkeiten und Zugänge zu Bildung sind von Anfang an entscheidend für eine
gelungene Bildungsbiografie. Ein erfolgreicher Bildungsverlauf findet seine Wurzeln in der
frühen Kindheit. Freude und Erfolgserlebnisse beim Lernen und positive Zugänge zu Bildung
prägen die eigene Bildungsbiografie von den ersten Lebensjahren an bis hin ins hohe Alter.
Studien der letzten Jahre (Sozialbericht Land NRW 2009, Grundschuluntersuchung
Wiesbaden 2007) bestätigen leider immer wieder, dass Kinder aus sozial schwachen
und/oder bildungsfernen Elternhäusern auf ihrem Bildungsweg mit deutlich größeren
Hemmnissen und Schwierigkeiten konfrontiert sind als Kinder aus so genannten
bildungsnahen Milieus. Auch Kinder aus Familien mit Zuwanderergeschichte haben häufiger
problematische Bildungsverläufe.
Der Kreis Euskirchen möchte allen Kindern Chancengleichheit und Teilhabe an Bildung,
Kultur und Gesellschaft ermöglichen und somit positive Lebensperspektiven für alle Kinder
schaffen.
Bezogen auf ausländische Kinder oder Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund
bedeutet dies, so früh wie möglich positive Zugänge zum Thema Bildung und
Bildungsinstitutionen zu schaffen. Rückmeldungen aus der Jugendhilfeplanung belegen,
dass fast alle Kinder aus Zuwandererfamilien ab spätestens dem 4. Lebensjahr
Kindertageseinrichtungen besuchen. In den ersten 3 Lebensjahren sind diese Kinder im
Kindertagesstättenbereich deutlich unterrepräsentiert. Erwiesen ist in diesem
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Zusammenhang, dass ein möglichst frühzeitiger Besuch von Kindertagesstätten den Erwerb
der deutschen Sprache positiv beeinflusst und Kinder, welche eine Einrichtung erst ab dem
4. Lebensjahr besuchen, bei Schuleintritt häufiger mit erheblichen Sprachdefiziten zu
kämpfen haben. Teilhabe an Bildung geht jedoch mit dem Beherrschen der deutschen
Sprache einher (Siehe auch Punkt 6.4).
Ziel des Kreises ist es, eine enge Zusammenarbeit mit Eltern aus Zuwandererfamilien
anzustreben, bzw. auszubauen. Hier muss mit Familien mit einem anderen kulturellen
Hintergrund und somit eventuell auch einem kulturell anders geprägtem Bildungsverständnis
die Bedeutung der Frühen Bildung thematisiert werden. Zugänge zur Frühen Bildung
müssen erleichtert werden, Bildungsübergänge müssen begleitet und unterstützt werden und
das deutsche Bildungssystem muss transparent sein.
Bildungsbiografien die von Teilhabe und Chancengleichheit geprägt sind, bedürfen eines
engen Miteinanders von Eltern und Bildungsinstitutionen. Dies bedeutet, dass
Bildungsinstitutionen ebenfalls Unterstützung in Form von Fortbildungen zur interkulturellen
Arbeit erhalten, jeweils in ihrem System, aber auch in den Übergängen (Kita-Grundschule).
Maßnahmen
Priorität
1. Beratung von Familien zum deutschen Bildungssystem. Werbung für den frühzeitigen
KiTabesuch. Über Babybegrüßungsbesuche, aber auch z.B. durch Stadtteilmütter die
unterstützen, beraten, aufklären und als Lotsinnen fungieren.
2. Förderung des Kindertagesstättenbesuches für Kinder mit Migrationshintergrund durch
eine entsprechende Arbeitsgruppe "Elternarbeit mit Migranten in Kindertagesstätten"
3. Förderung zweisprachiger Sprachförderprojekte (Griffbereit, Rucksack- KiTa, RucksackGrundschule).
4. Fortbildungen für Kindertageseinrichtungen und Schulen zur interkulturellen Arbeit (in den
Übergängen gemeinsam für ErzieherInnen und LehrerInnen), aber auch zur durchgängigen
Sprachbildung im KiTa- bzw. Schulalltag (ErzieherInnen und LehrerInnen als
Sprachvorbilder, Vermittlung von Neugier und Freude an der Sprache) .
5. Förderung von Patenprojekten (Hausaufgabenhilfe, Bewerbungstraining etc.)
6. Enge Vernetzung mit Migranteninitiativen vor Ort (z.B. türkisch- islamische Gemeinde,
Integrationsrat, Menonitische Gemeinden etc.)
7. Anwerbung z.B. türkisch-islamischer Personen mit guten Deutschkenntnissen für die
Ausbildung zur Tagespflege
8. Konzept zur allgemeinen Sprachförderung (unabhängig von Delfin 4)
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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6.2.2. Schule
Zu den Bildungsaufgaben zählt neben der Wissen- und Kulturvermittlung u.a. auch das
Verständnis für soziale und kulturelle Beziehungen. Das Zusammentreffen von Menschen
fordert einen sensiblen Umgang mit kultureller Differenz und Vielfalt. Dies ist eine
Grundvoraussetzung zur Herstellung von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit.
Dabei sind in der heutigen Zeit auch die Bereiche der Wertevermittlung wichtig, damit
Toleranz, Aufgeschlossenheit und Ehrfurcht im Umgang mit anderen Menschen gefördert
werden kann.
Ziel ist Teilhabe und Integration durch Bildung, insbesondere im Hinblick auf interkulturelle
Unterrichts- und Schulentwicklung und durchgängige Sprachbildung. Die Bildungschancen
von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im Bereich Kindergarten,
Primarstufe, Sekundarstufe I und II sowie im Übergang von Schule/Beruf sollen verbessert
werden, um möglichst früh die Grundlagen für eine erfolgreiche Schullaufbahn bzw. einen
aussichtsreichen Berufsweg zu legen.
Dabei spielt auch die Sprache eine entscheidende Rolle (vergleiche 6.4 Handlungsfeld
Sprache). Sie ist ein wichtiger Baustein im Rahmen schulischer Lehr- und Lernprozesse und
ermöglicht so das notwendige Fundament für schulischen und beruflichen Erfolg.
Maßnahmen
Priorität
1. Förderung der Mehrsprachigkeit durch Projekte wie "HSU" (Herkunftssprachlicher
Unterricht), "DEMEK" (Deutschlernen in mehrsprachigen Klassen) oder "KOALA"
(Koordinierte Alphabetisierung im Anfangsunterricht)
2. Stadtteilmütter und -väter als Bindeglied mit Lotsenfunktion zwischen Familien mit
Migrationshintergrund und Bildungseinrichtungen sowohl schulischer als auch nicht
schulischer Art, als auch mit Behörden (z.B. Jugendamt), Beratungseinrichtungen,
Verbänden, Unternehmen, etc.
3. Innovative Projekte zur kulturellen Bildung wie zum Beispiel das Friedensfest an dem sich
neben verschiedenen Nationalitäten auch unterschiedliche Institutionen beteiligen, um die
vielfältigen Sprachen und Kulturen in positive Beziehungen zueinander zu setzen
4. Erstellung von mehrsprachigem Informationsmaterial über das hiesige Schul- und
Bildungssystem in Form von Flyern sowie Informationsveranstaltungen für Eltern zur
schulischen und beruflichen Bildung in Deutschland
5. Kooperation mit dem "Netzwerk junge Migranten" der Stadt Euskirchen
6. stärkere Einbindung der Eltern mit Zuwanderergeschichte in den Schulalltag (Projekte zur
interkulturellen Bildung, schulische Aktivitäten, Elternvertretungen, …)
7. engere Zusammenarbeit mit der Elterninitiative der türkisch-islamischen Gemeinde in
Euskirchen, die Förderunterricht durch Ehrenamtler für alle Jahrgangsstufen der S I und S II
und Primarstufe anbieten.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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8. Integration von Ehrenamtlern mit Migrationshintergrund in das Projekt P.I.D.E.S der AWO
9. Erweiterung, Verzahnung und Optimierung der Netzwerke innerhalb und außerhalb des
Bereiches Schule.
10. Ausbau des Rucksack-Projektes Transfer in die Grundschulen
6.3. Ausbildung und Beruf
Die Ausbildungschancen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit
Migrationshintergrund sind auf dem regionalen Ausbildungsmarkt signifikant
unterrepräsentiert.
Mit ein Grund für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass junge Migranten die Schule mehr
als doppelt so häufig ohne Abschluss verlassen im Vergleich zu deutschen Jugendlichen.
Ihre Schulabschlüsse sind niedriger als die der Schülerinnen und Schüler ohne
Migrationshintergrund, überdurchschnittlich häufig bleiben sie ohne Berufsabschluss und
haben Probleme beim Übergang in den Arbeitsmarkt. Für alle Herkunftsgruppen gilt, dass
Mädchen und junge Frauen mittlerweile ein höheres Bildungsniveau erreichen als männliche
Jugendliche.
Die Verbesserung der beruflichen Integration von Migranten ist einer der wesentlichen
Schwerpunkte der Integrationsarbeit. Erwerbsarbeit ermöglicht Migranten soziale Kontakte
aufzubauen und zu erweitern, sich aktiv in die Aufnahmegesellschaft einzubringen und vor
allem ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu sichern.
Die berufliche Integration ist insofern ein Kernelement gesellschaftlicher Integration.
Betrachtet man die Beschäftigungssituation von Migranten im Kreis Euskirchen zeigt sich
auch hier die bekannte Diskrepanz eines Mangels an qualifizierten Arbeitskräften und einer
Vielzahl von niedrig qualifizierten Arbeitnehmern bzw. Arbeitssuchenden, die nur bedingt
Zugang zum "ersten" Arbeitsmarkt finden können.
Da der Anteil der Migranten an dem o. g. Personenkreis einen nicht unbedeutenden Anteil
einnimmt, stellt die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von Migranten im Integrationsprozess
einen zentralen Problembereich dar.
Die Notwendigkeit der Integration in den 1. Arbeitsmarkt lässt sich beispielhaft an der
Gemeinde Weilerswist auf Basis der Veröffentlichungen der Bundesagentur für Arbeit
verdeutlichen.
Die Beschäftigtenstatistik, Stand 30.06.2009, weist für die Gemeinde Weilerswist aus, dass
der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer anteilmäßig geringer ist,
als der Anteil an der Bevölkerung. So beträgt der Ausländeranteil in Weilerswist ca. 6 %, der
Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer jedoch nur ca. 3 %.
Reflektiert man die Gründe für diese Entwicklung, ist dies auf das Zusammenwirken diverser
Faktoren zurückzuführen. Hierzu gehört unter anderem die Tatsache, dass auf einem
Arbeitsmarkt mit gestiegenen Qualifikationsanforderungen die vergleichsweise niedrigen
beruflichen Qualifikationen von Zuwanderern wesentlich zu ihrer geringeren
Wettbewerbsfähigkeit beitragen.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Neben dieser gesellschaftspolitischen Aufgabe ist aus den bisher gewonnenen
Erkenntnissen im Rahmen des Demografieprozesses im Kreis Euskirchen ersichtlich, dass
die Bevölkerungsentwicklung negativ ist. Hinzu kommt, dass eine fortschreitende
Überalterung der Bevölkerung festzustellen ist.
Angesichts dieser demografischen Entwicklung und zur Vermeidung eines möglichen
Fachkräftemangels ist es von besonderer Bedeutung vorhandene Zugangsbarrieren in
Ausbildung und Beschäftigung für Jugendliche mit Migrationshintergrund abzubauen und
gleichzeitig die Strukturen im Übergang von der Schule zum Beruf überschaubarer und
transparenter zu gestalten.
Aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen ist ersichtlich, dass arbeitsmarktrelevante
Qualifikationen und Abschlüsse nur dann erreicht werden können, wenn auf die
Erfordernisse des Arbeitsmarktes zeitnah reagiert wird. Es gilt daher die Integrationsakteure
im Handlungsfeld Ausbildung und Beruf - insbesondere Jobcenter, Bundesagentur für Arbeit
- zu vernetzen, damit die vorhandenen Förderinstrumente effizienter und neue
bedarfsgerechter eingesetzt werden können.
Maßnahmen
Priorität
1. Systematische Erfassung des Merkmals "Migrationshintergrund" auf regionaler Ebene, um
konkrete Handlungsbedarfe gemeindescharf einschätzen zu können.
2. Informationsveranstaltungen für die Zielgruppe der Unternehmer mit Migrationshintergrund
3. Unternehmensbesuche mit beratendem Charakter
4. Verbesserung der Berufsorientierung durch Förderung von Projekten im
Übergangsmanagement Schule/Beruf
(z. B. Potenzialanalyse für alle Schüler ab der Klasse 8).
5. Ausbau und Fortführung der berufsspezifischen Sprachkurse im Rahmen des "ESFBAMF-Programms zur berufsbezogenen Sprachförderung".
6. Organisation von Job- und/oder Bildungsbörsen speziell für Migranten in Kooperation mit
dem Jobcenter EU-aktiv und der Agentur für Arbeit.
6.4. Sprache
Das Vorliegen von Sprachkompetenz einher mit einem ausreichenden Förderangebot bei
vorliegenden Defiziten ist von grundlegender Bedeutung für erfolgreiche Verläufe von
Lebenswegen in der Schule, dem Beruf und bei der gesellschaftlichen Integration.
Defizitäre Deutschkenntnisse stellen erhebliche Probleme bei dem Zugang zur
gleichberechtigten Teilhabe und Akzeptanz im sozialen Umfeld dar. Über die Sprache wird
gegenseitiges Verständnis, Anerkennung, aber auch Ausgrenzung transportiert.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Bereits ab dem Kleinkindalter kann eine gute sprachliche Förderung unabdingbar sein, um
die Erfolgschancen der Kinder und Jugendlichen aus zugewanderten Familien im deutschen
Bildungsnetz zu erhöhen und damit den Weg zur eigenständigen Versorgung und Integration
zu ebnen.
Eine entscheidende Aufgabe haben dabei die Eltern, indem sie Spracheerwerb und
Sprachentwicklung ihrer Kinder frühzeitig und ggf. mit Hilfe kompetenter Netzwerke
unterstützen und fördern.
Darüber hinaus vollzieht sich die durchgängige Sprachbildung entlang der gesamten
Bildungsbiographie von Kindern und Jugendlichen.
Ein wesentlicher Grund für das schlechtere Abschneiden von Kinder und Jugendlichen mit
Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen ohne Migrationshintergrund
im deutschen Bildungssystem ist, dass sie nicht in ausreichendem Maß über die Unterrichtsund Schulsprache Deutsch verfügen.
Es ist daher von besonderer Bedeutung das Instrument einer durchgängigen Sprachbildung
zu installieren, welches an diesen Befund anknüpft und sich auf den Erwerb und die
Vermittlung dieser speziellen Variante der deutschen Sprache, die in den Bildungsprozessen
eine hohe Relevanz hat, bezieht.
Ein grundlegendes Element der durchgängigen Sprachbildung ist die sog. Bildungssprache.
Bildungssprache ist durch Formen der Schriftlichkeit geprägt und damit deutlich von der
allgemeinen, mündlichen Umgangssprache abgehoben. Je weiter Schüler im
Bildungsprozess voranschreiten und je mehr sich Unterricht in Fächer ausdifferenziert, umso
mehr kommt es darauf an Inhalte ohne erklärende Kontexte, sondern allein mit
fachsprachlichen Mitteln verstehen und ausdrücken zu können.
Die durchgängige Sprachbildung muss daher umfassend und unter Berücksichtigung
kultureller Bedürfnisse und Gegebenheiten - u.a. bei der Wertschätzung der Mutter- und
Familiensprache im zweisprachigen Elternhaus einher mit der Förderung und Unterstützung
der Zwei- und Mehrsprachigkeit in einem einsprachigen Bildungssystem - gewährleistet sein
(siehe Schaubild).
Dies kann mit der frühen Deutschförderung im Kindergartenalter beginnen und sich über
schul- und ausbildungsbegleitende Hilfen bis hin zu Integrationskursen nach dem
Zuwanderungsgesetz, Kommunikations- und Orientierungskursen, Alphabetisierungskursen
und berufsorientiertem und berufsbezogenem Deutschunterricht im Erwachsenenalter zum
Erlernen der deutschen Sprache erstrecken.
Anliegen und Ziel des Kreises Euskirchen ist ein flächendeckendes, gut erreichbares und
transparent offeriertes Angebot der durchgängigen Sprachförderung für alle Alters- und
Zielgruppen.
Die Angebote müssen aufeinander abgestimmt sein und unterliegen der fortlaufenden
Anpassung. Innerhalb des Netzwerks sollen Bedarfe festgestellt und Förderlücken
geschlossen werden.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Quelle: Modellprogramm FörMig
Maßnahmen
Priorität
1. Die zweisprachigen Sprachförderprojekte "Griffbereit" (0-3 Jahre) und "Rucksack I" (3 - 6
Jahre) werden deutlich ausgebaut. "Rucksack II" (ab 6 Jahre) soll ebenfalls angeboten
werden.
2. Erweiterung und Ausbau der Sprachförderung für besondere Zielgruppen ( Eltern,
Alleinerziehende, Jugendliche) in enger Abstimmung mit dem BAMF und dem Jobcenter EUaktiv mit dem Ziel der B1 Sprachprüfung.
3. Stadtteilmütter/-väter (siehe Punkt 6.2.2. Schule)
4. Auswertung und Nutzung der Daten aus dem vom Land NRW gesetzlich
vorgeschriebenen Sprachstandsfeststellungsverfahren mit den Praktikern vor Ort (Erzieher/innen, Lehrer/-innen, Eltern); zum Beispiel zur Entwicklung von speziellen Unterstützungsund Förderangeboten für Kinder mit Migrationshintergrund und besonderen sprachlichen
Problemen.
6.5. Gesundheit
Gesundheit und Krankheit stehen in enger Wechselwirkung mit Bildung, finanziellen
Ressourcen und sozialer Eingebundenheit, somit wichtigen Faktoren für Integration.
Körperliche und seelische Gesundheit befähigen Menschen an der Gesellschaft teilzuhaben,
also auch Gesundheit an sich stellt ein wichtiges Kriterium für Integration dar.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Daten zum Gesundheitsstatus der Bevölkerung zeigen höhere Gesundheitsbelastungen und
einen schlechteren objektiven und subjektiven Gesundheitsstatus bei Migranten. Eine
Ursache hierfür liegt darin, dass bei Menschen mit Migrationshintergrund häufig die Frage
nach der eigenen Gesundheit durch die Anforderungen des
Integrationsprozesses in den Hintergrund tritt. Es kommt hinzu, dass ein Großteil der
Zuwandererfamilien von Armut bedroht ist. Hier sind insbesondere Kinder und Jugendliche
besonderen Gesundheitrisiken ( z.B. Übergewichtigkeit, psychische Auffälligkeiten )
ausgesetzt.
Wichtig ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Menschen mit Migrationshintergrund auch
im Kreis Euskirchen um eine heterogene Gruppe handelt, bei der Einflussfaktoren auf die
Gesundheit variieren. Somit muss man das Gesundheitsverhalten von Zuwandererfamilien
differenziert und unter Berücksichtigung auch durchaus vorhandener Ressourcen
betrachten. Solche Ressourcen können familiäre Strukturen, besondere
Problemlösungskompetenzen, Kenntnisse mehrerer Kulturen und Sprachen, sowie soziale
Netzwerke aufgrund der kulturellen Zugehörigkeit sein. So gibt es auch
gesundheitsfördernde Lebensmuster bei Menschen mit Migrationshintergrund wie ein
günstigeres Stillverhalten bei Müttern, niedrigerer Tabakkonsum bei Mädchen, sowie ein
geringerer Alkoholkonsum bei Jugendlichen aus islamisch geprägten Ländern.
Andererseits gibt es aber auch ungünstige Verhaltensweise wie bei der Ernährung und
Bewegung mit konsekutiver Übergewichtigkeit besonders bei Kindern und Jugendlichen,
sowie seltenere Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen und
schlechtere Zahngesundheit.
Ursachen hierfür sind kulturelle, sprachliche, rechtliche ( z. B. illegaler Aufenthaltsstatus )
Gründe, aber auch Unsicherheiten über Einrichtungen und Leistungen des
Gesundheitswesens und Erfahrungen mit Diskriminierung, Unverständnis und
Unerwünschtheit.
Im Rahmen der Einschulungsuntersuchung sehen wir für den Kreis Euskirchen, dass immer
noch ein großer Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund aufgrund bestehender
mangelnder Deutschkenntnisse Probleme in der Schule haben wird. Der Anteil der
Schulneulinge mit Migrationshintergrund (Definition hier Erstsprache nicht deutsch ) beträgt
für den Kreis Euskirchen 18,1%. Hiervon sprechen 36,4 % schlecht Deutsch. Es zeigt sich,
dass es wichtig ist im Rahmen der Gesundheitsprävention Gesundheitsförderung in jungen
Familien mit Migrationshintergrund zu etablieren, um eine Nachhaltigkeit zu erreichen.
Aber auch ältere Migranten sind eine Gruppe mit wachsender demographischer Bedeutung
und von großer Heterogenität auch im Kreis Euskirchen. Es handelt sich überwiegend um
Arbeitsmigranten, die nun die Vorreiter des Alterns in der Migration werden, aber auch um
Flüchtlinge, (Spät)Aussiedler, sowie ältere Zuwanderer ohne Status.
In dieser Bevölkerungsgruppe herrscht nur ein sehr geringer Informationsstand über
Hilfsangebote im Alter. Alte zugewanderte Menschen nutzen die Institutionen der Altenhilfe
kaum. Fehlende Informationen, schlechte Erfahrungen mit Institutionen, geringe
Deutschkenntnisse oder Angst vor möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen sind oft
große Barrieren. Konkrete Daten über diese Zielgruppe aus denen man Bedarfe ableiten
kann fehlen. Zurzeit orientiert sich die Altenhilfe überwiegend an den deutschen Seniorinnen
und Senioren. Wichtig sind hier kultursensible Angebote, die kulturelle und religiöse
Unterschiede berücksichtigen und keine Gleichbehandlung, sondern eine gleichwertige
Behandlung mit bedürfnis- und biographieorientierter Pflegebeziehung anstreben. Hierzu ist
die Fortbildung der Pflegenden in interkultureller Kompetenz, sowie ein vermehrter Einsatz
von Pflegenden mit Migrationshintergrund erforderlich. In diesem Kontext sollte man die
häufig große Familienzentriertheit der Migranten nicht außer Acht lassen.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Das bedeutet, dass die Migrationsfamilie als Ressource beachtet werden sollte und auch
Familienangehörige mit in die Beratungsangebote einbezogen werden sollten.
Auch Migranten mit Behinderungen verfügen oft nur über mangelnde Informationen
hinsichtlich der Versorgungsmöglichkeiten und Hilfsangebote. Die unterschiedliche
Muttersprache oder kulturell geprägte Vorstellungen von Behinderung und Krankheit können
dazu führen, dass die Familie nicht ausreichend unterstützt wird.
Hierbei ist ebenfalls eine kultursensible Beratung mit Berücksichtigung der Bedeutung von
Behinderung im kulturellen Kontext erforderlich.
Insgesamt gesehen sollte der Zugang für Migranten zu Gesundheitsdiensten und
Altenhilfeeinrichtungen verbessert, sowie Fachkräfte in interkultureller Kompetenz
fortgebildet werden. Wichtig sind im Hinblick auf bessere Beratungsangebote eine gute
Kommunikation mit Migrantenorganisationen, um zielgruppengerechtere Angebote verfassen
zu können. Hierzu sollten Multiplikatoren mit einbezogen werden im Sinne einer zugehenden
Beratung.
Maßnahmen
Priorität
1. Sammlung und Vernetzung von gesundheitsfördernden Projekten im Bereich Kita und
Schule.
2. Etablierung neuer Projekte, z. B. " Ich gehe zur U und Du?"
3. Fortbildung der Mitarbeiter des Gesundheitswesens ( Ärzte , Krankenpflegepersonal,
therapeutisches Personal ) und auch der Beratungseinrichtungen in. z. B. interkultureller
Kommunikation ( Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf - Weiterbildung
im KJGD bereits erfolgt ).
4. Herausgabe des Wegweisers für Gesundheit in mehreren Sprachen ( auf
Sprachkenntnisse einzelner Therapeuten wird bereits hingewiesen ), bzw. Etablierung von
Lotsenfunktionen, die Migranten der rehabilitativen bzw. medizinischen Versorgung zuführen
5. Einstellung von Fachpersonal mit Migrationhintergrund in medizinischen Versorgungs-,
sowie Beratungseinrichtungen.
6. Berücksichtigung der Heterogenität der Migrantinnen und Migranten mit
Bestandsaufnahme, hier insbesondere auch im Bereich der Altenhilfe
7. Sensibilisierung der Einrichtungen der Altenhilfe durch Vernetzung und Zusammenarbeit
mit den Migrationsdiensten. Angebot von mehrsprachigen Informationsveranstaltungen.
8. Etablierung von Präventions- und Versorgungsmaßnahmen im Bereich Sucht, HIV/AIDS,
Sexualberatung und Familienplanung für Zuwandererfamilien.
6.6. Kultur, Sport und Freizeit
Sport verbindet, fördert das Miteinander und schafft Gemeinsamkeiten. Die Aufmerksamkeit
richtet sich in Sport und Bewegung auf das Erleben, Erfahren und Verstehen des Selbst und
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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des Anderen. Über das gemeinsame Sporterlebnis ergibt sich die Gelegenheit, Menschen
anderer Kulturkreise kennenzulernen, Gemeinsamkeiten zu entdecken, aber auch
Missverständnisse und Vorurteile abzubauen sowie Verständnis und Toleranz aufzubauen.
Sport ist ein wichtiger Baustein zur Integration für Kinder und Jugendliche genauso wie für
Erwachsene.
Für eine langfristige Integration bietet der Sport mit seinen weitreichenden individuellen
Chancen und sozialen Möglichkeiten somit ein wichtiges Handlungsfeld. Es ist daher ein Ziel
der Aktivitäten im Kreis Euskirchen den Sport als Integrationsmotor zu nutzen und die
Integration der Zuwanderer in die Aufnahmegesellschaft und in den organisierten Sport zu
fördern. Eine Voraussetzung hierfür ist zunächst eine Bestandsaufnahme, in der die bisher
bestehenden Angebote und die Beteiligung der Migranten ermittelt, dargestellt wird. Derzeit
liegen keine statistischen Daten über die Vereinsmitgliedschaft von Migranten in den
Sportvereinen im Kreis Euskirchen vor, da die Vereine keine Angaben über die
Staatsangehörigkeit oder Herkunft ihrer Mitglieder erheben. Die Schätzungen über den
Organisationsgrad von Migranten in deutschen Sportvereinen variieren zwischen 5 bis 10
%, im Gegensatz dazu sind etwa 30 % der Mehrheitsgesellschaft im Sport organisiert.
Migranten sind in deutschen Sportvereinen also deutlich unterrepräsentiert. Hinzu kommt,
dass sich bei den deutschen Mitgliedern das quantitative Verhältnis zwischen den
Geschlechtern in den letzten Jahren stetig einander angenähert hat,
die Anzahl der männlichen ausländischen Vereinsmitglieder jedoch bedeutend höher ist die
der weiblichen. Es ist daher auch ein Ziel neben der generellen Steigerung der Partizipation
im Sport, bzw. in den Sportvereinen, eine höhere Beteiligung der Migrantinnen zu erreichen.
Die Repräsentativstudie „Mädchen mit Migrationshintergrund und sportliches Engagement“
zeigt, dass die geringe Beteiligung am organisierten Sport nicht durch geringeres Interesse
der Mädchen zu erklären ist; 45 % der Mädchen gaben an, dass sie gerne häufiger Sport
treiben würden. Auch die Erfahrungen aus der Praxis und der Abschlussbericht des
Projektes „Integration durch Sport – Migrantinnen im Sport“ bestätigen das hohe sportliche
Interesse von Migrantinnen. Es gibt hierbei keine signifikanten Unterschiede nach nationaler
Herkunft und eine Präferenz unter vielfältigen Sportangeboten ist nicht erkennbar.
Ausschlaggebend für die Nachfrage und Akzeptanz der Angebote ist einzig die
zielgruppenspezifische Konzeption des Angebots. Die Sportvereine haben zwar erkannt,
dass Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund zu wenig für den Vereinssport
gewonnen worden sind. Bisher haben sie jedoch Schwierigkeiten, diese Zielgruppe zu
erreichen, da die Sportvereine wenig Kontakt zu Kooperationspartnern aus der
interkulturellen Arbeit oder den ethnischen communities haben.
Auch hier soll durch eine strukturiere Integrationsarbeit und die Bildung entsprechender
Netzwerke im Kreis Euskirchen ein höherer Beteiligungsgrad erreicht werden. Auch ist
angestrebt, die Zahl der Übungsleiter mit Migrationshintergrund zu steigern. Durch spezielle
Schulungen sollen diese Personen in die Lage versetzt werden, herkunftsbedingt
vorhandene Spezifika zu moderieren. Auch dient der Einsatz von Übungsleitern mit
Migrationshintergrund der Senkung der Hemmschwelle (insbesondere bei den Eltern) und
somit zu einer größeren Akzeptanz. Erwartet wird, dass durch die hierdurch eine
Multiplikatorenwirkung erzeugt wird, die in Zukunft zu einer stärkeren gesellschaftlichen
Partizipation auf allen Ebenen führt.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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Ebenso bietet die Kultur ein nicht zu unterschätzendes Feld für die Integration. Im Kreis
Euskirchen leben Menschen aus ca. 130 Ländern. Jedes dieser Länder besitzt kulturelle
Schätze, die wir auf Urlaubsreisen bewundern und schätzen. Warum nicht auch vor Ort?
Einen (kleinen) Ansatz in diese Richtung bietet das Projekt "Reise um die Welt", das im Kreis
Euskirchen derzeit in einigen Kindergärten durchgeführt wird. Das Projekt zielt darauf ab
vorhandene Vorurteile abzubauen und den reisenden Kindern auf eine entspannte und
fröhliche Art den Blick in eine andere Kultur zu ermöglichen. Mithilfe eines Blickes in den
Alltag der Nachbarn mit (anderem) Migrationshintergrund lernen die Kinder Unterschiede zu
ihrer eigenen kulturellen Herkunft kennen, verlieren aber auch gleichzeitig die Scheu vor
dem „Unbekannten“ und sehen, wo es Parallelen gibt. Die Wahrnehmung der Existenz und
der Einblick in eine andere Kultur soll den Kindern helfen - auch in späteren Jahren, sich mit
kulturellen Unterschieden auseinanderzusetzen, mit ihnen adäquat umgehen zu lernen und
diese als selbstverständlich anzusehen. Kinder mit und ohne Migrationshintergrund
besuchen sich jeweils zu Hause und nehmen dort in der Familie ein landestypisches
Mittagessen ein, spielen, sehen Fotos an, lernen ein Lied oder erfahren auf andere vielfältige
Weise etwas über das „Gastgeberland“.
Daneben erfolgen in den Einrichtungen
gemeinsame Aktivitäten unter Beteiligung der Eltern. Es werden landestypische Speisen
gemeinsam zubereitet, Geschichten vorgelesen oder erzählt und Einblicke in die jeweilige
Heimatkultur vermittelt. Im Zuge dieses Projekts, das von den Beteiligten durchweg positiv
aufgenommen wurde, haben sich sowohl unter den Kindern als auch deren Eltern
zwischenzeitlich stabile Verbindungen ergeben, die auch über die Kindergärten hinaus
gepflegt werden. Ausgehend von diesen Erfahrungen soll das Projekt auch auf Schulen
ausgeweitet werden.
Daneben soll generell den Migranten verstärkt die Gelegenheit gegeben werden, sich und
ihre Kultur zu präsentieren. Ein Ansatz hierfür bietet die jährlich in Euskrichen stattfindende
"Offene Zeltstadt". Seit über 10 Jahren gibt es in Euskirchen in den Sommerferien für
daheimgebliebene Jugendliche die Offene Zeltstadt (OZ). Im Rahmen eines
Integrationsprojekts wurden Jugendliche mit Migrationshintergrund in die gemeinsame
Planung und Durchführung eingebunden. Hierdurch soll sich in den Angeboten die im Kreis
Euskirchen vorhandene kulturelle Vielfalt wieder finden. Die unter dieser Prämisse
durchgeführten OZ in den Jahren 2011 und 2012 waren überaus erfolgreich. Die Teilnahme
von Jugendlichen mit Migrationshintergrund konnte deutlich gesteigert werden.
Aus den bisher gewonnen Erfahrungen ist erkennbar, dass es durchaus die Möglichkeit gibt,
mit entsprechenden Angeboten und Maßnahmen zunächst ein Interesse und darauf
aufbauend eine Mitarbeit und gesellschaftliche Teilhabe zu erreichen.
Im Kreis Euskirchen soll daher durch die Beteiligung aller relevanten Kräfte - insbesondere
auch der Migranten und Migrantenselbstorganisationen - ermittelt werden, in welchen
Bereichen und mit welchen Angeboten eine zielgruppenspezifische Ansprache mit der
größtmöglichen Wirkwahrscheinlichkeit erzielt werden kann. Auf diesen Ergebnissen
aufbauend sollen dann entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden.
Maßnahmen
Priorität
1. Die Integrationspotenziale von Kultur, Sport und Freizeit sollen im Kreis Euskirchen
gestärkt, Zugangsbarrieren abgebaut und bereits bestehende Angebote (Reise um die Welt,
Offene Zeltstadt) optimiert werden.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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2. Die Netzwerke mit Partnern innerhalb und außerhalb der Bereiche Kultur, Sport und
Freizeit sollen erweitert und optimiert werden.
3. Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund in die Bereiche Betreuung,
Training und Übungsleitung der Sportvereine
4. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen sollen
kontinuierlich in interkultureller Kompetenz fortgebildet werden.
5. Leichterer Zugang für Kinder und Jugendliche
insbesondere für Mädchen, zu Sportangeboten
mit
Zuwanderungshintergrund,
7. Strukturelle und organisatorische Rahmenbedingungen
Das Kommunale Integrationszentrum des Kreises Euskirchen ist eine in den
Geschäftsbereich III - Bildung, Gesundheit, Jugend und Soziales, angegliederte Stabsstelle,
die die Integrationsarbeit als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung steuert und koordiniert.
Die Stabsstelle fungiert ämterübergreifend als Schnittstelle und bündelt die vor Ort
vorhandenen Aktivitäten und Maßnahmen der Integrationsarbeit entsprechend den
gesetzlichen Vorgaben des § 7 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes NRW.
Aus dem Kerngedanken, Integration als Querschnittsaufgabe zu verstehen, ergibt sich bei
der weiteren Konzeptumsetzung, dass die zuständigen Geschäftsbereiche und Abteilungen
die jeweiligen Maßnahmen und Projekte der Handlungsfelder in eigener Zuständigkeit
umsetzen.
Gleichwohl nimmt das Kommunale Integrationszentrum auch in der Umsetzungsphase eine
koordinierende und organisierende Rolle ein.
Das Kommunale Integrationszentrum nimmt schwerpunktmäßig folgende Aufgaben wahr:
•
Geschäftsbereichsübergreifende Vernetzung und Koordinierung innerhalb der
Kreisverwaltung, zu freien Trägern, Wohlfahrtsverbänden, kreisangehörigen Städten
und Gemeinden.
•
Unterstützung und Beratung von Schulen, anderen Bildungseinrichtungen,
Kindertageseinrichtungen, außerschulischen Trägern sowie weiteren regionalen
Einrichtungen und Organisationen.
•
Berichterstattung für die politischen Gremien des Kreises.
•
Durchführung von Erhebungen zum Integrationsbedarf im Kreisgebiet.
Mit der Einrichtung des Kommunalen Integrationszentrums wird es künftig möglich sein,
einen Überblick über die im Kreisgebiet bestehenden vielfältigen Aktivitäten und Angebote
sowie Bestands- und Bedarfsanalysen zu integrationsrelevanten Daten und Fakten zu
erhalten. Daraus lassen sich ggf. Angebotsüberschneidung und -lücken erkennen, die durch
entsprechende Maßnahmen kompensiert werden können.
Folgende Handlungsfelder werden ebenfalls in der Stabsstelle bearbeitet:
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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•
•
•
•
kommunale Koordination Übergang Schule/Beruf
Regionales Bildungsbüro
RÜM
Sozialberichterstattung/Sozialplanung
Durch die Vernetzung werden Dopplungen in der Aufgabenwahrnehmung vermieden und ein
kooperatives Handeln gewährleistet.
Einwohnerzahl Kreis Euskirchen - absolute Veränderung zum 31.12.2000 - nach Altersklassen: U 40 / Ü 40
115.000
110.000
105.000
Gesundheitswesen
100.000
95.000
+ 17.279 - 40 und älter
90.000
Jugendhilfe
Sozialwesen
- 15.633 - unter 40 Jahre
85.000
80.000
Schulen
75.000
70.000
31.12.2000 31.12.2001 31.12.2002 31.12.2003 31.12.2004 31.12.2005 31.12.2006 31.12.2007 31.12.2008 31.12.2009 31.12.2010
8. Zusammenarbeit und Vernetzung
Das Thema "Integration" als Querschnitts- und Steuerungsaufgabe des Kommunalen
Integrationszentrums erfolgt in Zusammenarbeit aller auf kommunaler Ebene in der
Integrationsarbeit Tätigen, einschließlich der freien Träger, Schulen und anderen
Bildungsstätten, Arbeitsagenturen, Jobcenter, Sport- und Kulturvereinen,
Migrantenselbstorganisationen, ehrenamtlich tätigen Bürgerinitiativen und
Religionsgemeinschaften.
Die klassischen Grenzen kommunaler Geschäftsbereichszuständigkeiten verschwimmen
angesichts der Herausforderungen einer effektiven Integrationsarbeit. In fast allen
Geschäftsbereichen der Kreisverwaltung gibt es Berührungspunkte mit dem Thema
Integration, aus dem sich viele spezielle Fragestellungen ergeben.
Die Mitarbeiter der kommunalen Integrationszentren dienen als direkte Ansprechpartner
und Multiplikatoren und werden gleichzeitig für interkulturelle Probleme sensibilisiert.
Es besteht hierdurch die Möglichkeit bei speziellen Problemen und Fragestellungen
auf ein vorhandenes Gremium zurückzugreifen. Durch dieses Gremium können
geschäftsbereichs- und verwaltungsübergreifende Informationen weitergegeben und
Fachinformationen gebündelt werden.
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Integrationskonzept des Kreises Euskirchen
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In regelmäßigen Netzwerktreffen können Erfahrungen ausgetauscht
und ein gemeinsames Handeln besser abgestimmt werden.
Hier soll an die bereits im Rahmen des Handlungskonzeptes "Demografischer Wandel"
erfolgreich durchgeführten Work-Shops unter aktiver Beteiligung der Migranten und Akteuren
der Politik, der Kommunen, der Verwaltung des Kreises und der gesellschafts- und
integrationsrelevanten Organisationen angeknüpft werden.
Diese Plattform dient der Abstimmung der Schwerpunkte der Integrationsarbeit mit allen
Beteiligten und greift aktuelle Integrationsthemen auf.
Es werden gemeinsame öffentlichkeitswirksame Aktionen wie z. B. Diskussionsrunden,
Infoveranstaltungen sowie Vorführungen geplant und durchgeführt.
Das Kommunale Integrationszentrum bildet eine neue und wichtige Schnittstelle zwischen
allen Akteuren der Integrationsarbeit und stellt den Informationsfluss sowie den fachlichen
Austausch auf Kreisebene her.
9. Monitoring
Zur Steuerung des Integrationsprozesses ist eine kontinuierliche Datenerhebung erforderlich.
Der Kreis Euskirchen strebt die Einführung eines Monitoringsystems an, welches
Schlussfolgerungen darüber gestattet, inwieweit die Maßnahmen der Handlungsfelder
erfolgreich verlaufen und in welchen Bereichen Defizite bestehen.
Hierzu muss eine kommunale Datengrundlage geschaffen werden, die die Unterscheidung
von Personen mit und ohne Migrationshintergrund, die Interpretation und Verknüpfung von
Daten in Relation zu sozialen und anderen Faktoren ermöglicht (Sozialberichterstattung).
Langfristiges Ziel des Kreises Euskirchen ist es, ein auf Kennzahlen gestütztes
Berichtswesen zu installieren, aus dem konkrete Handlungsfelder und Ziele der Integration
sozialraumscharf abgeleitet werden können.
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