Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
150 kB
Datum
07.04.2014
Erstellt
04.03.14, 13:06
Aktualisiert
04.08.15, 10:07
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Kreuzau
Bauleitplanung, Wirtschaftsförderung - Herr Gottstein
BE: Herr Gottstein
Kreuzau, 26.02.2014
Vorlagen-Nr.: 19/2014
- öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Bau- und Planungsausschuss
Hauptausschuss
Rat
12.03.2014
25.03.2014
07.04.2014
Bauvorhaben "Neubau einer Biogasanlage, Nutzungsänderung eines vorhandenen
Stallgebäudes als BHKW, Neubau einer Fahrsiloanlage" auf dem Grundstück Gemarkung
Obermaubach-Schlagstein, Flur 5, Parzelle 112/1, Heidbüchel 14;
Hier: Stellungnahme der Gemeinde Kreuzau gem. § 36 BauGB
I. Sach- und Rechtslage:
Wie Ihnen bekannt ist, liegt der zuständigen Baugenehmigungsbehörde, Kreis Düren, für das
Grundstück Gemarkung Obermaubach-Schlagstein, Flur 5, Parzelle 112/1, Heidbüchel 14, ein
Bauantrag auf „Neubau einer Biogasanlage, Nutzungsänderung eines vorhandenen Stallgebäudes
als BHKW, Neubau einer Fahrsiloanlage“ vor. Der Kreis Düren hat hierzu mit Schreiben vom
04.06.2013 die Gemeinde Kreuzau um Stellungnahme gem. § 36 Abs. 1 BauGB gebeten. Die
Verwaltung hat in ihrer Stellungnahme vom 02.07.2013 das Einvernehmen gem. § 36 Abs. 1
BauGB erteilt. Mit Schreiben vom 31.07.2013 wurde die Einvernehmenserteilung durch die
Gemeinde Kreuzau widerrufen und das Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 BauGB versagt.
Aufgrund von nachgeforderten Unterlagen und Gutachten zum Bauvorhaben durch die
Bauaufsichtsbehörde an den Antragsteller wurde die Bearbeitungsfrist durch die
Bauaufsichtsbehörde für das Verfahren ausgesetzt. Mit Schreiben des Kreises Düren vom
07.02.2014 (Eingang bei der Gemeinde am 10.02.2014) ist eine Ergänzung zum o.g. Bauantrag
bei der Gemeinde eingegangen. Dabei wird der Einbau von Bodenmassen und Erdaufschüttungen
beantragt. Die Gemeinde Kreuzau wurde um Herstellung des Einvernehmens gem. § 36 Abs. 1
BauGB gebeten, sodass nunmehr die Zweimonats-Frist gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 gilt und die
Gemeinde bis zum 10.04.2014 zum genannten Bauantrag sowie der Ergänzung bei der
Baugenehmigungsbehörde ihre Stellungnahme eingereicht haben muss.
Den Fraktionen des Rates der Gemeinde Kreuzau wurden per E-Mail vom 07.08.2013 Unterlagen
zur geplanten Biogasanlage weitergeleitet. In den Unterlagen sind eine Beschreibung des
Vorhabens sowie technische Daten zur Biogasanlage dargelegt. Aufgrund der angegebenen
Größe bzw. Leistung der Biogasanlage, stellt die geplante Biogasanlage keine
immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage dar. Somit ist die Zulässigkeit des
Vorhabens im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen.
Genehmigungsvoraussetzung ist eine gesicherte straßenmäßige Erschließung des Grundstückes.
Die zum Betrieb der Biogasanlage eingesetzten Substrate und entstehenden Gärreste werden i. d.
R. mit großen Fahrzeugen zum landwirtschaftlichen Betrieb über die örtlichen Straßen geliefert.
Aufgrund des genehmigten landwirtschaftlichen Betriebes verkehren bereits heute große
landwirtschaftliche Fahrzeuge auf den Straßen in der näheren Umgebung der Hofstelle. Die
Versagung des Einvernehmens wegen nicht gesicherter Erschließung wäre rechtlich nicht haltbar.
Im Rahmen der Ergänzung „Einbau Bodenmassen – Erdaufschüttungen“ zum o. g. Bauantrag
handelt es sich um geplante Aufschüttungen im rückwärtigen Bereich des Grundstückes, hinter
den Bestandsgebäuden und hinter dem geplanten Nachgärer. Die Aufschüttungen dienen der
Einebnung des Geländes, das aktuell ein Gefälle zum nördlich verlaufenden Effelsbach aufweist.
Die Aufschüttungen haben den Antragsunterlagen nach ein maximales Ausmaß von 3,27 m zum
vorhandenen Geländeverlauf. Planungsrechtlich ist die Aufschüttung nicht zu verhindern. Über
eine erforderliche Befreiung nach Landschaftsgesetz entscheidet der Kreis Düren in eigener
Zuständigkeit. Bis zum heutigen Tage liegt noch keine abschließende Stellungnahme der Unteren
Landschaftsbehörde vor.
Der Sitzungsvorlage ist als Anlage 1 ein Auszug aus dem Lageplan zum Bauantrag beigefügt.
Diesem sind die Standorte der neu zu errichtenden baulichen Anlagen sowie ihre Gebäudemaße
und -höhen zu entnehmen.
Im Rahmen des laufenden Baugenehmigungsverfahrens hat der Kreis Düren vom Antragsteller
u. a. ein Lärmschutztechnisches Gutachten und ein Geruchsgutachten eingefordert. Die
Gutachten wurden mit Schreiben des Kreises Düren vom 10.01.2014 der Gemeinde Kreuzau zur
Kenntnisnahme zugestellt (Hinweis: Aus Datenschutzgründen sind die Gutachten einer
Mitteilungsvorlage im nicht-öffentlichen Teil zu entnehmen). Zum Geruchsgutachten ist
zudem eine Prüfung zur Übertragbarkeit von meteorologischen Ausbreitungsbedingungen
beigefügt. Die Prüfung belegt, dass die Wetterdaten der Station Düren mit hinreichender
Genauigkeit, d. h. im Sinne der Aufgabenstellung gem. TA Luft, auf den Standort Obermaubach
übertragbar sind.
Der Kreis Düren hat der Verwaltung fernmündlich mitgeteilt, dass das Geruchsgutachten
vorsorglich dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zur Prüfung weitergeleitet
wurde. Der Kreis Düren hält das Geruchsgutachten für schlüssig und vollständig. Das
Lärmschutztechnische Gutachten ist nach Auskunft des Kreises Düren kritisch zu betrachten, da
diverse Aspekte unzureichend oder unvollständig erläutert seien.
Die Verwaltung hat die Gutachten von Rechtsanwalt Dr. Pauli, Kanzlei Lenz & Johlen, Köln,
juristisch prüfen lassen. Die schriftliche Stellungnahme von Dr. Pauli vom 21.02.2014 ist als
Anlage 2 beigefügt. Dr. Pauli ist der Auffassung, dass sowohl das Geruchs- als auch das
Lärmschutztechnische Gutachten keinen hinreichenden Nachweis erbringen, ob die geplante
Biogasanlage im Einwirkungsbereich keine schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. v. § 35 Abs. 3
Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann. Somit wird von Dr. Pauli die Empfehlung ausgesprochen
das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu versagen und die
Baugenehmigungsbehörde darauf hinzuweisen, dass eine Überarbeitung der Gutachten für
erforderlich angesehen wird. Ferner empfiehlt der Rechtsanwalt die Baugenehmigungsbehörde
innerhalb der Stellungnahme anzuregen eine Überprüfung durchzuführen, ob die beantragte
Biogasanlage
in
den
Anwendungsbereich
der
Störfallverordnung
(12.
Bundesimmissionsschutzverordnung) fällt. Die Verwaltung empfiehlt der vorgeschlagenen
Vorgehensweise von Dr. Pauli zu folgen.
Unabhängig von der Tatsache, dass die Verwaltung empfiehlt das Einvernehmen aufgrund der
nicht ausreichend aussagekräftigen Lärm- und Geruchsgutachten zu versagen, hat die Verwaltung
zudem planungsrechtliche Bedenken, die dem Bauvorhaben entgegenstehen. Hierzu zunächst die
planungsrechtlichen Gegebenheiten des Grundstückes:
-
-
Flächennutzungsplan (FNP): Im FNP ist der von der Bebauung betroffene Bereich
größtenteils als Gemischte Baufläche dargestellt. Der östliche Bereich des Grundstücks ist
im FNP als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Von der geplanten Biogasanlage
stehen der Fermenter und der Nachgärer in dem als Fläche für die Landwirtschaft
dargestellten Bereich. Die Fahrsilos und die Bestandsgebäude befinden sich in der
Gemischten Baufläche.
Bebauungsplan: Das betroffene Grundstück wird nicht von einem Bebauungsplan erfasst.
-2-
-
Innenbereichssatzung: Das Grundstück wird teilweise von einer Innenbereichssatzung
gem. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB erfasst, die am 22.02.1996 Rechtskraft erlangt hat.
Landschaftsschutzgebiet:
Zudem
liegt
das
Grundstück
teilweise
im
Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Rurtalhänge zwischen Untermaubach und Abenden“ gem.
Landschaftsplan Kreuzau-Nideggen.
Die Darstellung des Geltungsbereichs der Innenbereichssatzung ist im beigefügten Lageplan
(Anlage 1) eingezeichnet. Dem Lageplan ist zu entnehmen, dass der ansässige landwirtschaftliche
Betrieb und das Bestandsgebäude, in dem das Blockheizkraftwerk vorgesehen ist, von der
Innenbereichssatzung erfasst werden. Die neu zu errichtenden baulichen Anlagen zur
Biogasanlage (Fahrsilos, Fermenter und Nachgärer) liegen im planungsrechtlichen Außenbereich
(§ 35 BauGB). Die Abgrenzung des LSG verläuft zumeist parallel zu der der
Innenbereichssatzung; im westlichen Teil des Grundstücks verläuft die Abgrenzung des LSG
durch eines der bestehenden Gebäude des landwirtschaftlichen Betriebes. Die Abgrenzung des
LSG ist ebenfalls dem Lageplan zu entnehmen.
Der Antragsteller und die Baugenehmigungsbehörde vertreten die Auffassung, dass die beantrage
Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu werten sei und somit ein von der
planungsrechtlichen Lage her im Außenbereich privilegiertes Vorhaben darstellt. Wie oben bereits
beschrieben liegen die neu zu errichtenden baulichen Anlagen im planungsrechtlichen
Außenbereich (siehe Lageplan). Einzig das BHKW wird im Bestandsgebäude des
landwirtschaftlichen Betriebs errichtet, das im Innenbereich gem. Satzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 1
BauGB liegt. Die geplante Biogasanlage ist nach Ansicht der Baugenehmigungsbehörde und des
Antragstellers gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zulässig, da es sich um ein Vorhaben, dass der
energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes
nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient, handelt. Die Biogasanlage muss gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6
Buchstabe a) BauGB im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem (in diesem Falle
landwirtschaftlichen) Betrieb, der nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist, stehen. Wie dem
Lageplan zu entnehmen ist, befindet sich der landwirtschaftliche Betrieb innerhalb des
Geltungsbereiches der Innenbereichssatzung und ist somit nicht als landwirtschaftlicher Betrieb i.
S. d. § 35 Abs. 1 BauGB zu bewerten, sondern als Betrieb der planungsrechtlich nach § 34
BauGB („Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“) zu
bewerten ist.
Zur Privilegierung von Biogasanlagen ein erläuternder Auszug aus dem BauGB-Kommentar ErnstZinkhahn-Bielenberg zum § 35 BauGB, Randnummer 59, Juni 2013, Lfg. 109, Söfker:
„Die Rechtfertigung für die Privilegierung von Biomasse-Anlagen im Außenbereich
ist in der durch die Ausgestaltung des Privilegierungstatbestandes in Nr. 6 zum
Ausdruck kommenden Verbindung dieser Anlagen mit den im Außenbereich
anzutreffenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (…), die dort nach § 35
Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 als privilegiert zulässige Anlagen errichtet sind, begründet. Die
bei ihnen anfallende Biomasse soll „an Ort und Stelle“ in Gas, Strom usw.
umgewandelt werden. Darin liegt die Rechtfertigung für die privilegierte Zulässigkeit
dieser Anlagen im Außenbereich (…) Die Anbindung an die AußenbereichsBetriebe, bei denen Biomasse anfällt (…) sind daher notwendige Merkmale des
Privilegierungstatbestands.“
Nach Auffassung der Verwaltung besteht zum vorliegenden Bauantrag keine Privilegierung nach
§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB aufgrund der Lage des landwirtschaftlichen Betriebes im Innenbereich
nach Innenbereichssatzung gem. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB. Das geplante Vorhaben erfüllt die
Voraussetzung zur Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nicht und ist somit nicht zulässig.
Auch aus diesem Grund empfiehlt die Verwaltung das Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 BauGB zu
versagen. Ferner empfiehlt die Verwaltung zu beschließen, dass die Baugenehmigungsbehörde
-3-
aufgefordert wird, den Bauantrag aufgrund mangelhafter Antragsunterlagen und Unvollständigkeit
zurückzuweisen.
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Entfällt.
III. Beschlussvorschlag:
Zum vorliegenden Bauantrag „Neubau einer Biogasanlage, Nutzungsänderung eines vorhandenen
Stallgebäudes als BHKW, Neubau einer Fahrsiloanlage“ sowie der ergänzend beantragten
Erdaufschüttungen auf dem Grundstück Gemarkung Obermaubach-Schlagstein, Flur 5, Parzelle
112/1, Heidbüchel 14“ wird das Einvernehmen der Gemeinde Kreuzau gem. § 36 Abs. 2 BauGB
versagt, da
1. der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt hat, dass von dem Vorhaben keine
schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorgerufen
werden und eine Überarbeitung der dargelegten Lärm- und Geruchsgutachten für
erforderlich gehalten wird sowie
2. der landwirtschaftliche Betrieb, mit dem das Bauvorhaben in einem räumlich-funktionalen
Zusammenhang steht, nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist und das Bauvorhaben
die Voraussetzung zur Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB von daher nicht erfüllt
und somit nicht zulässig ist.
Der Bürgermeister
- Ramm -
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
________
________
________
________
-4-