Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
105 kB
Datum
15.11.2012
Erstellt
01.11.12, 15:16
Aktualisiert
01.11.12, 15:16
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 413/2012
Az.: - 650.0 -
Amt: - 65 BeschlAusf.: - - 650.0 - Datum: 18.10.2012
gez. Böcking
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Betriebsausschuss Straßen
Betrifft:
- 20 -
Termin
15.11.2012
BM / Dezernent
24.10.2012
Datum Freigabe -100-
Bemerkungen
beschließend
Notwendig werdende Änderungen im örtlichen Friedhofsrecht u. Neukalkulation der
Friedhofsgebühren nach Beschluss über ein neues Friedhofskonzept
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Der Bürgermeister wird beauftragt, nach erfolgter Beschlussfassung über ein neues
Friedhofskonzept die dann notwendig werdenden Satzungsänderungen der Friedhofssatzung und
der Friedhofsgebührensatzung – einschließlich einer Gebührenneukalkulation – vorzubereiten.
In Abhängigkeit von der Beschlussfassung über das neue Friedhofskonzept sollen die
erforderlichen Modifizierungen in den Satzungen dem Rat der Stadt Erftstadt nach Möglichkeit bis
Mitte 2013 zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden.
Die Neukalkulation der Friedhofsgebühren soll dem Demographiewandel und der wandelnden
Bestattungskultur Rechnung tragen und geeignet sein, für die Zukunft eine weitest mögliche
Erhöhung des Gebührendeckungsgrades zu erzielen. Gleichwohl soll hierbei aber der
grundsätzlichen Maßgabe Rechnung getragen werden, zumindest im Vergleich zu anderen
– insbesondere benachbarten – kommunalen Friedhofsträgern konkurrenzfähig zu bleiben.
Begründung:
Die Zukunft der kommunalen Friedhöfe stellt angesichts der rückläufigen Bestattungszahlen, der
teilweise zu groß dimensionierten Friedhofsanlagen und aufgrund des Wandels beim
Bestattungsverhalten eine Herausforderung für die kommunalen Friedhofsträger dar.
Die ehemalige Rolle des städtischen Friedhofsträgers als Monopolanbieter eines herkömmlichen
Standardangebotes ist im Friedhofswesen vorbei - im Gegensatz zu anderen, ebenfalls
gebührenfinanzierten Dienstleistungen der Kommunen.
Sinkenden Einnahmen im Kerngeschäft stehen bei vielen Friedhöfen steigende Ausgaben für
Instandhaltung und Pflege der Anlagen gegenüber. Finanzielle Defizite sind für kommunale
Friedhofsträger gegenwärtig geradezu betriebstypisch geworden. Es ist ein offenes Geheimnis,
dass nahezu sämtliche öffentliche Friedhofsträger gegenwärtig defizitär arbeiten und sich
aufgrund der generell veränderten Rahmenbedingungen im Friedhofswesen nicht zuletzt auch im
Bereich der Gebührenfestsetzung mit gegensteuernden Handlungsmöglichkeiten zu befassen
haben.
Dabei sind die Lösungsansätze der Kommunen sehr unterschiedlich. Sie reichen von
beträchtlichen Gebührenerhöhungen in zwei- bis dreistelligen Prozentsätzen mit dem Willen zur
Erzielung höherer Gebührendeckungsgrade bis zu Gebührensenkungen zur Erhaltung von
Konkurrenzfähigkeit, um einen weiteren Einbruch der Bestattungszahlen durch zusätzliche
Abwanderungen (sog. „Bestattungstourismus“) zu vermeiden. Selbst die einzelnen
Bestattungsarten und Bestattungsleistungen werden in ihrer Gebührenstruktur im kommunalen
Vergleich sehr unterschiedlich bewertet, da offenkundig von unterschiedlichen Prämissen bzw.
abweichenden Zielvorgaben ausgegangen wird.
Es bleibt aber fest zu stellen, dass jeglicher Lösungsansatz und jegliche (Gegen)Steuerung, ob im
Bereich des kommunalen Bestattungsangebotes, der Belegungsstrategien, oder im Rahmen der
gemeindlichen Gebührenfestsetzung, letztlich der Gefahr von Prognoserisiken und
Fehlbeurteilungen unterliegen.
Mit einem neuen planerischen Friedhofskonzept kann die Wirtschaftlichkeit der städtischen
Friedhöfe nicht sofort verbessert werden. Im Gegenteil: Neuinvestitionen werden den
Gebührendeckungsgrad zunächst zusätzlich belasten, da neue Bestattungsangebote naturgemäß
nicht sofort in Gänze ausgelastet sein können und eine Gebührenrefinanzierung von
Neuinvestitionen nur über viele Jahre im Wege der Abschreibung möglich ist.
Positive Gebührenergebnisse können sich bestenfalls erst mittelfristig, z.T. erst nach zwanzig bis
dreißig Jahren einstellen, vorausgesetzt, die gegenwärtig anstehenden Prognosen und
Entscheidungen erweisen sich in der Zukunft als richtig. So ist die heute
missliche Situation der öffentlichen Friedhofsträger – neben den veränderten gesetzlichen
Rahmenbedingungen – auch auf frühere, zum Teil nicht vorhersehbare Fehleinschätzungen zur
demographischen Entwicklung und zur Entwicklung der Bestattungskultur
(vom Sarg zur Urne, vom traditionellen Grab zu Grabfeldern) bis in die 1960’er und 1970’er Jahre
hinein zurück zu führen.
Im Rahmen eines neuen Bestattungskonzeptes und einer begleitenden Neukalkulation der
Gebühren muss es Ziel sein, mittel- bis langfristig wieder eine möglichst hohe Auslastung der
städtischen Friedhofsflächen zu erreichen. Abwanderungen und die Umlage steigender
Allgemeinkosten auf weniger Bestattungs- und Zahlfälle wirken sich zwangsläufig Gebühren
erhöhend aus. Schließlich müssen auch ungenutzte Friedhofsüberhangflächen, zur Zeit in
Erftstadt geschätzt bis zu ca. 30 % ausmachend, zusätzlich durch den Friedhofsträger gepflegt
werden, wodurch natürlich zusätzliche Kosten bei entsprechenden Gebührenmindereinnahmen
hervorgerufen werden. Hingegen dürfen allenfalls nur 10 – 15 % dieser Überkapazitäten laut
Fachliteratur und Rechtsprechung tatsächlich in die Gebührenkalkulation einfließen. Deshalb ist
planerisch ein zielorientiertes und effektives Flächenmanagement notwendig, um diese
Überkapazitäten zu reduzieren. Unter Umständen können geeignete Überhangflächen abgetrennt,
entwidmet und für andere öffentliche Zwecke bereitgestellt (z.B. als Ausgleichs-/Ökokontoflächen),
veräußert oder Dritten (gegen Entgelt) zur Nutzung überlassen werden, um sie für den Bereich
des Friedhofswesens Erlös steigernd, oder zumindest gebührenneutral zu machen.
Neben
den
Überlegungen
zur
Veränderung
des Friedhofsangebotes
und der
Gebührenbetrachtung auf der Einnahmeseite müssen bei einer vollumfänglichen Problemanalyse
übergreifend aber auch auf der Ausgabenseite die vielfältig begründeten, gebührenrelevanten
Kostensteigerungen im örtlichen Friedhofswesen hinterfragt und geprüft werden. Entsprechende
Gebührenumlagen werden – verstärkt durch den Wegfall des Sterbegeldes - allenfalls nur in
begrenztem und vertretbarem Umfang durch den Gebührenpflichtigen akzeptiert, andernfalls zieht
er Konkurrenzangebote mit unter Umständen sogar attraktiveren Angeboten in Betracht. Die
notwendige Veränderung der Friedhöfe in konkurrenzfähige, moderne Dienstleister ist also mit
einer Vielzahl an Anforderungen verbunden, die in einen komplizierten gebührenrechtlichen
Rahmen eingebunden sind.
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Aus einem Positionspapier des deutschen Städtetages zur Strukturdebatte im Friedhofswesen
geht die Auffassung hervor, dass der Erhalt kommunaler Friedhöfe aufgrund ihrer sozialen und
kulturellen Wertigkeit letztlich auf eine Verantwortungs- und Kostenübernahme der Allgemeinheit
– auch mit finanziellem Beitrag aus allgemeinen Deckungsmitteln – angewiesen sein wird.
Ohnehin ist ein sog. „Grünflächenanteil“ i.H.v. mind. 10 % der Friedhofsflächen, der den
Allgemeinnutzen kommunaler Friedhöfe als Grün- u. Parkanlagen abdecken soll, nach
einschlägiger Rechtsprechung nicht gebührenfähig und aus allgemeinen Deckungsmitteln zu
bestreiten (sog. „grünpolitischer Wert“, vgl. u.a. VG Münster - 6 K 973/88 -, OVG Niedersachsen
– 8 KN 123/03 - ). Deshalb hält auch der deutsche Städtetag eine strikte systematische Trennung
zwischen den über Gebühren zu finanzierenden Leistungen für Bestattungen und Friedhofspflege
und den aus Allgemeinmitteln zu finanzierenden Leistungen zum Erhalt des traditionellen
Friedhofs, mit all seinen diversen, schützenswerten Funktionen für die Gesellschaft, zwingend für
geboten. Auch dieses Positionspapier kommt im Übrigen zu dem Fazit, dass rückläufige
Bestattungszahlen, veränderte Bestattungskultur, spürbar rückläufiger Flächenverbrauch und die
neu entstandenen Konkurrenzsituationen das Ziel, kostendeckende Gebühren zu erheben, kaum
mehr erreichbar machen. Letztlich können tendenziell eher steigende Betriebskosten nicht immer
weniger Friedhofsnutzern auferlegt und zugemutet werden können.
Nach Schaffung neuer Rahmenbedingungen durch ein neues Friedhofskonzept wird ein
Zeitfenster von 3 – 6 Monaten für eine Fortschreibung des einschlägigen Satzungsrechts und für
eine aufwändige Neukalkulation der Friedhofsgebühren, ggf. unter Schaffung neuer
Gebührenpositionen, für erforderlich gehalten.
Es sollte aber im Bewusstsein der öffentlichen Wahrnehmung und Steuerung sein, dass auch ein
neues Friedhofskonzept und eine Neukalkulation der Friedhofsgebühren unter den gegebenen
Rahmenbedingungen und unter Einhaltung des gebührenrechtlich Vertretbaren kurz- bis
mittelfristig wohl keinen kostendeckenden Betrieb der städtischen Friedhöfe bewirken können.
(Dr. Rips)
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