Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
285 kB
Datum
22.11.2012
Erstellt
20.11.12, 06:06
Aktualisiert
20.11.12, 06:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zu A 355/2012:
Anregung bzgl. Belästigungen durch den Betrieb einer Pony-Reitschule in E.Niederberg
Zur Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung am 22.11.2012 (A 355/2012) ist von
Herrn Uwe Goldstein, E.-Niederberg, Gilgaustraße 6, ein Schreiben vorgelegt worden (s.
Anlage). Dem Schreiben ist eine Stellungnahme von Dr. Werner Klinge, Deutsches Institut
für Stadt und Raum, Berlin, beigefügt.
Die in der Stellungnahme getroffenen Aussagen basieren nach Ansicht der Verwaltung u.a.
auf der Grundlage einer falschen Einschätzung der Baugebietskategorie (Allgemeines
Wohngebiet). Inhaltlich wird insoweit auf die Stellungnahme der Verwaltung zu A 355/2012
verwiesen.
Uwe Goldstein
Gilgaustr. 6
Erftstadt, den 12.11.2012
50374 Erftstadt - Niederberg
An den Bürgermeister
der Stadt Erftstadt
Holzdamm 10
50374 Erftstadt
Ausschusssitzung
am 22.11.2012 / Betrieb einer Pony-Reitschule in Erftstadt-Niederberg
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Stellungnahme der Verwaltung bezüglich der Anregung bzgl. Belästigungen durch den Betrieb
einer Pony-Reitschule in Erftstadt - Niederberg wurde durch den Dr. Werner Klinge vom
Deutschen Institut für Stadt und Raum, Berlin, gewürdigt.
Diese Stellungnahme übersende ich Ihnen namens und im Auftrag von einigen betroffenen Bürgern.
Wir bitten Sie diese Stellungnahme bei Ihren weiteren Überlegungen bzw. Beschlüssen und
Erörterungen zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Goldstein
Dr. Wemer Klinge
Deutsches Institut für Stadt und Raum
Manteuffelstraße 111
10997 Berlin
Anregungen bzgL Belästigungen durch den Betrieb einer Pony-Reitschule in §.Nierderberg
Das Deutsche Institut für Stadt und Raum (DISR) führt einmal jährlich die Tagung
"Erfahrungsaustausch Bauleitplanung" in Nordrhein-Westfalen durch. An dieser Tagung
wirken u.a. MinR Heitfeld-Hagelgans (Landesministerium Bau, Verkehr) und BR Hantjes
(Regierungspräsidium Köln) mit. Gegenstand der Tagung sind eingereichte Fragen und
Fallbeispiele zu konkreten Vorhaben aus Gemeinden in NRW.
Die Genehmigung einer Reitschule mit Pensionspferdehaltung in Niederberg wird neben
vielen anderen Fällen Gegenstand der nächsten Tagung in Köln sein. Die Nutzungsänderung
eines kleinen Landwirtschaftsbetriebes mit etwa 8 Pferden zu einer Reitschule mit
Pensionspferdehaltung mit über 50 Tieren in Niederberg an der Bleistraße ist
bauordnungsrechtlich und planungsrechtlich genehmigungspflichtig, da diese über den
genehmigten und ausgeübten Rahmen der vorgehenden landwirtschaftlichen Nutzung hinaus
geht.
Die Nutzungsänderungsgenehmigung ist von der Stadt Erfstadt erteilt worden. Diese
genehmigte und seit einiger Zeit ausgeübte Nutzung erzeugt erhebliche Belästigungen, die das
Schutzniveau der angrenzenden allgemeinen Wohngebiete (§ 4 BauNVO) deutlich
übersteigen und auch nicht im Rahmen einer gegenseitigen Rücksichtnahme zu dulden sind.
Planungsrechtlich äußerst kritisch ist die Genehmigung des Vorhabens. Das Vorhaben liegt
zweifelsfrei im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) der Gemeinde Niederberg. Die
planungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich erfolgt auf der
Grundlage des § 34 BauGB. Danach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich in die Eigenart
der näheren Umgebung einfügt, die Erschließung gesichert ist und die Anforderungen an
gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sind. Die Eigenart der näheren Umgebung
um den Reiterhof entspricht gemäß § 34 Abs. 2 BauGB zweifelsfrei einem Allgemeinen
Wohngebiet nach § 4 BauNVO. In einem Allgemeinen Wohngebiet sind
Landwirtschaftsbetriebe, einschließlich Reiterhof mit Pensionstierhaltung unzulässig. Das
Vorhaben Reiterhof hätte nach dem geltenden Baurecht nicht genehmigt werden dürfen, weil
es sich von der Art der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung
einfiigt und zugleich bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt. Völlig unberücksichtigt
blieben zugleich die gravierenden Auswirkungen des Vorhabens durch die Funktionstrennung
von Reiterhof und Reitplätze. Dies hat zur Folge, dass die Tiere regelmäßig durch den Ort
vom Reiterhof zu den Reitplätzen geführt werden. Die hieraus resultierenden Belastungen
sind dem Vorhaben zuzurechnen und wurden weder planerisch noch bauordnungsrechtlich
bewältigt. Das Vorhaben hat rechtswidriger Weise erhebliche Spannungen im Sinne der
.Harmonierechtsprechnng" des BVerwGs erzeugt und diese nicht bewältigt. Ein solches
Vorhaben ist auch im Wege einer Befreiung im Sinne von § 34 (3a) BauGB nicht
genehmigungsfähig. Nur die Aufstellung eines Bebauungsplans oder Vorhaben- und
Erschließungsplans kann ein solches Vorhaben dann ermöglichen, wenn alle dem Vorhaben
zuzurechnenden Konflikte bewältigt werden. Eine ggf. nachträgliche Legalisierung des
Vorhabens setzt eine Bauleitplanung voraus. Ob jedoch ein Bauleitplan die durch das
Vorhaben verursachten
bezweifelt werden.
erheblichen
Auswirkungen
tatsächlich
bewältigen
kann,
muss
Die von der Stadt durchgeführte Genehmigung des Vorhabens auf der Grundlage der
Darstellungen des FNP ist rechtswidrig. Es ist fachlich absolut unverständlich, den Reiterhof
auf der Grundlage des FNPs zu genehmigen und diese rechtwidriges Handeln dann noch zum
Maßstab der Rechtfertigung des Vorhabens gegenüber den Bürgern anzufiihren. Welche
Motive die Stadt zu einem derart rechtwidrigen Handeln veranlasst haben, bleibt unklar.
Planungsrechtliche Aspekt können hierbei keine Rolle gespielt haben, weil andere Vorhaben
benachbarter Bürger zur Pferdehaltung in der Vergangenheit grundsätzlich abgelehnt wurden.
Hätte man bei diesen Vorhaben
den gleichen Maßstab
(FNP-Darstellung)
zur
Vorhabensbeurteilung
herangezogen, hätte man auch diese Vorhaben im Sinne der
Gleichbehandlung genehmigen müssen. Während die Stadt bei diesen Vorhaben sachgerecht
die Genehmigung nach § 34 (2) BauGB LV.m. § 4 BauNVO ablehnte, wurde das hier zur
Disposition stehende sehr große Vorhaben rechtswidriger Weise zugelassen.
Die Darstellungen des FNP sind nur behördenverbindlich. Die Ziele des FNP werden durch
die Aufstellung von Bebauungsplänen rechtsverbindlich umgesetzt. Für die Beurteilung von
Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB sind die Darstellungen des FNP
absolut unmaßgeblich. Die Darstellungen des FNP können in diesen Fällen nur ein
Planungserfordernis
begründen, nicht aber Grundlage der Vorhabenszulassung
bilden.
Zugleich muss überprüft werden, ob die Darstellung eines Dorfgebietes im FNP noch als
entwicklungsplanerisches
Ziel der Stadt- und Dorfentwicklung tragfähig sind. In der
Gemeinde Niederberg gibt es noch eine einzige Hofstelle. Auch zukünftig ist mit keiner
Ansiedlung neuer HofsteIlen zu rechnen. Vor diesem Hintergrund muss der FNP dem
Strukturwandel in der Landwirtschaft angepasst werden. Dies müsste in der Darstellung des
besiedelten Gemeindegebietes als Wohnbaufläche bzw. als Allgemeines Wohngebiet münden.
Werden die Ziele des FNP der tatsächlichen und prognostizierten Stadt-und Dorfentwicklung
angepasst, ist das rechtwidrig genehmigte Vorhaben Reiterhof auch im nach hinein nicht
legalisierbar. Durch das Handeln der Gemeinde w-urde einem Eigentümer eine rechtwidrige
Nutzlli'1gsänderungsgenehmi!:,llmg erteilt, die keinen Bestandsschutz bewirkt. Das Vorhaben ist
formell und materiell nicht legal. Da das fehlerhafte Verwaltungshandels dies verursacht hat,
kann der betroffene Eigentümer Entschädigungsforderungen
gegenüber der Stadt geltend
machen. In dieser Situation sollten die betroffenen Bürger erwägen, zusammen mit dem
Eigentümer des Reiterhofes, gegen dem rechtwidrigen Verwaltungshandeln der Stadt zu
klagen. Der Reiterhof ist durch das Verwaltungshandeln der Stadt existenziell bedroht, die
Bürger sind in ihren Wohnverhältnissen erheblich beeinträchtigt worden. Dieser, von der
Stadt verursachte Konflik-t ist sehr schwierig zu bewältigen. Ein erster planerischer
Lösungsansatz kann in einer Zusammenführung der Funktionen Reiterhof und Reitplätzen
liegen, um die erheblichen Belästigungen durch den Transport der Tiere durch den Ort zu
vermeiden. Weitere Möglichkeiten sind neben der dargelegten Funktionszusammenführung
in
baulichen und technischern Maßnahmen am Vorhaben Reiterhof zu prüfen.
Die ggf. von der Stadt geführte Argumentation, nach der der Reithof lediglich eine zulässige
Nachnutzung des früheren Landwirtschaftsbetriebes
bildet, kann nicht überzeugen. Der
frühere Landwirtschaftsbetrieb war aufgrund seiner Größe, der Anzahl der Tiere, fehlenden
Besucherverkehr
und der Funktionseinheit
VOll Hofstelle und Landwirtschaftsflächen
wesentlich wohnverträglicher. Hier greift dann das gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme,
dass die Bürger Nierderbergs
immer beachtet haben. Der neue Reiterhof mit
Pensionstierhaltung ist eine Nachfolgenutzung, die mit der ursprünglichen Nutzung nicht
vergleichbar ist und deshalb plammgsrechtlich völlig anders zu beurteilen ist.
Zum weiteren Vorgehen:
Die betroffenen Bürger und durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln in seiner Existenz
bedrohte Reiterhof sollten gemeinsam gegen die Stadt Erftstadt vorgehen. Für die Bürger
muss eine kurzfristige Lösung in der Zusammenführung des Reiterhofes und dessen
Reitplätze liegen. Sollte die Stadt dies verweigern, bleibt nur der Rechtsweg über eine Klage.
Berlin, den 11.11.2112
Dr. Werner Klinge