Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
177 kB
Datum
05.03.2013
Erstellt
17.05.12, 06:29
Aktualisiert
14.12.12, 06:07
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
A 153/2012
Az.:
Amt: - 370 BeschlAusf.: - 370 Datum: 28.03.2012
gez. Klösgen
13.12.2012
Amtsleiter
Datum Freigabe -100-
BM / Dezernent
- 20 -
Den beigefügten Antrag der FDP-Fraktion leite ich an die zuständigen Ausschüsse weiter.
Beratungsfolge
Finanz- und Personalausschuss
Termin
29.05.2012
beschließend
Ausschuss für öffentliche Ordnung
und Verkehr
15.01.2013
vorberatend
Finanz- und Personalausschuss
05.03.2013
vorberatend
Betrifft:
Bemerkungen
Antrag bzgl. Erstellung eines Entwicklungsplanes für die freiwillige Feuerwehr, der
eine moderne Unterbringung der Feuerwehr bei gleichzeitiger Verringerung der
Standorte sicher stellt
Finanzielle Auswirkungen:
Keine in 2012
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Sicherstellung des Feuerschutzes und der Hilfeleistung ist nach §1 FSHG eine
grundlegende Pflichtaufgabe der Gemeinden. Dies haben sie mit ihren Feuerwehren durch
organisatorische, technische und personelle Maßnahmen zu gewährleisten. Das bedeutet
insbesondere auch, dass die Feuerwehren jederzeit effektiv und nachprüfbar zur
Menschenrettung in der Lage sein müssen.
Dieser so genannte „Grundschutz“ kann als gewährleistet angesehen werden, wenn gewisse
Mindestanforderungen die
die Mindestpersonalstärke einer FF
die jederzeitige Verfügbarkeit des Personals
die Mindesteintreffzeiten bestimmter Personalstärken
betreffen, erfüllt sind.
Nach §1 Abs.1 FSHG "unterhalten die Gemeinden den örtlichen Verhältnissen
entsprechende leistungsfähige Feuerwehren".
Das bedeutet zunächst, dass die Gemeinde dafür verantwortlich ist, eine leistungsfähige
Feuerwehr bereitzuhalten und für deren sachgerechte Ausstattung mit ausgebildetem Personal
sowie den entsprechenden Gebäuden und Geräten zu sorgen.
Das Gesetz macht aber keine näheren Angaben darüber, wie eine leistungsfähige
Feuerwehr ausgestattet sein muss. Angesichts der unterschiedlichen Größe der Gemeinden
und unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse ergeben sich
zwangsläufig Unterschiede bei der Stärke und Ausstattung der Feuerwehren. Unabhängig
von örtlichen Besonderheiten hat aber jede Feuerwehr zur Gewährleistung eines effektiven
Feuerschutzes bestimmte, einheitliche Mindestvoraussetzungen zu erfüllen, um eine
"Standardsituation" zu meistern, die in jeder Kommune auftreten kann hier der "kritische
Wohnungsbrand" und "kritische Verkehrsunfall". Beide sind schon bei der Notrufabfrage in der
Leiststelle aufgrund der Meldung bereits als Ereignisse eingestuft, bei denen mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass Menschenleben in Gefahr sind.
Die Nichteinhaltung dieser Mindestanforderungen kann der Gemeinde als Organisationsmangel
angelastet werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass unter Bezugnahme auf einschlägige
Gerichtsurteile "angesichts der von der Feuerwehr zu bekämpfenden Gefahren im Zweifel eher ein
Mehr als ein Weniger an Personal und Hilfsmitteln zur Verfügung" stehen sollte. Umso wichtiger
ist es, die notwendigen Festlegungen zu Größe und Ausstattung einer Feuerwehr nachvollziehbar
in einem Brandschutzbedarfsplan darzustellen, der von jeder Gemeinde unter Beteiligung ihrer
Feuerwehr aufzustellen ist (§22 FSHG).
Ein wesentliches Kriterium zur Bemessung der Leistungsfähigkeit einer Feuerwehr stellt die Zeit
dar, die die Feuerwehr benötigt, um nach Eintritt eines Schadensereignisses geeignete
Maßnahmen zur Gefahrenbekämpfung einzuleiten. Der Grad der Leistungsfähigkeit einer
Feuerwehr lässt sich durch folgende Qualitätskriterien beschreiben:
> in welcher Zeit (Eintreffzeit)
> mit wie viel Mannschaft und Einsatzmitteln (Funktionsstärke)
> in wie viel Prozent der Einsätze (Erreichungsgrad)
die Feuerwehr an der jeweiligen Einsatzstelle tätig wird.
Zur Eintreffzeit und Funktionsstärke bestehen - neben den eindeutigen medizinischen und
physikalischen Rahmenbedingungen - verbindliche Vorschriften und allgemein anerkannte Regeln
der Technik (Feuerwehrdienstvorschriften, UVV, AGBF-Schutzzieldefinition u. v. m.).
Lediglich der Erreichungsgrad verbleibt daher - in gewissen Grenzen- als variable Größe, um die
Leistungsfähigkeit der Feuerwehr und damit letztlich auch das Sicherheitsniveau in der Gemeinde
festzulegen.
So ist auch die Leistungsfähigkeit der Freiwilligen Feuerwehr Erftstadt, die aus einem
ehrenamtlichen Teil mit ca. 350 aktiven Helfern in 14 Löschgruppen, sowie ca. 150 Mitgliedern in
10 Jugendfeuerwehrgruppen, ca. 100 Mitgliedern der Ehrenabteilung (alters- oder
gesundheitsbedingt ausgeschiedene ehemalige aktive Mitglieder) und einem hauptamtlichen Teil
mit 44 Mitarbeitern besteht, nach diesen Parametern auszurichten.
Die Hilfsfrist ist der Zeitraum zwischen Alarmierung der Feuerwehr und deren Eintreffen an der
Einsatzstelle und somit der Einleitung erster wirksamer Maßnahmen.
Diese Zeitspanne beträgt acht Minuten und gilt als Standard. Unter Einbeziehung weiterer, durch
die Feuerwehr nicht beeinflussbarer Zeiträume vor der Alarmierung (Entstehung eines Brandes
und Brandentwicklung, Brandentdeckung, Melde- und Dispisitionszeit -insgesamt fünf Minuten
unter günstigsten Bedingungen-) beträgt die Zeit insgesamt bis zur Einleitung erster wirksamer
Maßnahmen an der Einsatzstelle also 13 Minuten. Dies entspricht nach wissenschaftlich belegten
Erkenntnissen der Erträglichkeitsgrenze einer rauchgasexponierten Person in einem Brandraum.
-2-
Durch die hauptamtliche Wache wird i.d.R. der Erstabmarsch mit einer Staffel (sechs
Feuerwehrkräfte, bestehend aus einem Gruppenführer und fünf Feuerwehrleuten) sichergestellt.
Durch die Größe des Stadtgebietes und die dezentrale Lage der Wache, kann jedoch eine
Eintreffzeit von acht Minuten nur in einem engen Radius gewährleistet werden ( s. Darstellungen
im Brandschutzbedarfsplan 2005 S. 50). Die Aktualität der seinerzeit ermittelten Eintreffzeiten ist
jedoch zu überprüfen, da durch diverse Veränderungen der Verkehrssituation (Kreisverkehre,
Verkehrsberuhigungen u.ä.) sich diese Zeiten möglicherweise ebenfalls verändert haben.
Die Einsatzplanung, die ihre Umsetzung in der Alarm- und Ausrückeordnung findet, stellt daher
auf ein Additionsprinzip ab, in dem je nach Einsatzstichwort parallel zu der hauptamtlichen Wache
weitere Einheiten der ehrenamtlichen Feuerwehr, die um die Einsatzstelle herum ansässig sind,
alarmiert werden, um so neben dem fristgerechten Eintreffen an der Einsatzstelle aufgrund der
kürzeren Anfahrt, den zweiten Parameter in der Brandschutzbedarfsplanung zu erfüllen, nämlich
die Sollstärke.
Hiernach ist es aufgrund von Aufgabenwahrnehmungen nach den verbindlich vorgegebenen
Feuerwehrwehrdienstvorschriften, aber auch zur Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften
erforderlich, nach acht Minuten mit einer Mannschaftsstärke von 1/8 (mind. eine Führungskraft mit
Gruppenführerqualifikation und weiteren acht Helfern) vor Ort zu sein und erste Maßnahmen
einzuleiten. Nach weiteren fünf Minuten muss eine weitere Gruppe und zusätzlich ein Zugtrupp,
bestehend aus einer übergeordneten Führungskraft (Einsatzleiter vom Dienst) und drei weiteren
Helfern, also insgesamt 22 Einsatzkräfte vor Ort sein, um die nach den Feuerwehrdienst- und
Unfallverhütungsvorschriften erforderlichen Einsatzmaßnahmen durchzuführen.
Die Qualitätskriterien „Eintreffzeit“ und „Funktionsstärke“ sind unbestreitbare
Planungsgrößen, die sich aus zwingenden naturwissenschaftlichen und medizinischen
Zusammenhängen bzw. aus bundesweit eingeführten Vorschriften ergeben. Eine Feuerwehr, die
nicht innerhalb eines bestimmten Zeitfensters mit einer Mindestzahl von Einsatzkräften an der
Einsatzstelle eintrifft, kann ihren gesetzlichen Auftrag definitiv nicht erfüllen. Bei der Eintreffzeit
und Funktionsstärke bestehen somit keine fachlichen oder politischen Ermessensspielräume.
Disponibel ist jedoch der von der Gemeinde selbst festzulegende „Erreichungsgrad“.
Er beschreibt, in wie viel Prozent der Einsätze die Qualitätskriterien „Eintreffzeit“ und
„Funktionsstärke“ eingehalten werden sollen. Erst durch ihn wird der tatsächliche Aufwand einer
Gemeinde für den Feuerschutz und damit das kommunalpolitisch gewollte Sicherheitsniveau in
einer Gemeinde festgelegt. Durch diese Vorgehensweise wird gleichzeitig auch die Möglichkeit
objektiver interkommunaler Vergleiche eröffnet.
Festlegungen zum gewünschten Erreichungsgrad sind politisch zu verantwortende
Entscheidungen über die gewollte Qualität der Feuerwehr, die sich in einem engen
rechtlichen Ermessensspielraum des §1 Abs. 1 FSHG bewegen. Die Willensbildung und der
Beschluss dieses Sicherheitsniveaus erfolgen durch die gewählten Mandatsträger im Rat und
führen zu einer Selbstbindung der Gemeinde. Gleichzeitig unterliegt die Einhaltung dieser
Verpflichtung der Rechtsaufsicht durch die Aufsichtsbehörden (u. a. § 33 FSHG, § 11 sowie §§
116 bis 120 GO). Eine fachgerechte Entscheidung ist nur bei ausreichender Information der
Entscheidungsträger durch die jeweilige Feuerwehr möglich. Die konkreten
Festlegungen erfolgen über die Verabschiedung und Fortschreibung eines
Brandschutzbedarfsplans (§ 22 Abs.1 FSHG) durch den Gemeinderat. Entscheidungsträger und
damit letztlich verantwortlich sind die Mandatsträger im Rat.
Auch wenn die abschließende Beantwortung der Frage, ab welchem Erreichungsgrad von einer
Gewährleistung des Feuerschutzes auszugehen ist, letztlich einer gerichtlichen Überprüfung
vorbehalten bleibt, sind bereits einige „Orientierungsgrößen“ klar erkennbar.
In Anlehnung an Festlegungen bzw. Urteile aus dem Rettungsdienst, empfahl die AGBF Bund im
Jahr 1998 90-95% anzustreben. Andere Empfehlungen sprechen von 80-100%.
Insoweit kann bei Gemeinden, deren Feuerwehren unter Zugrundelegung der
definierten Eintreffzeiten und Einsatzstärken einen Ereichungsgrad von weniger als 80 %
erreichen, im Regelfall nicht von einer ausreichend leistungsfähigen Feuerwehr und demzufolge
nicht von einer Gewährleistung des Feuerschutzes im Sinne von §1 Abs.1 FSHG ausgegangen
werden.
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Um somit zu den Fragestellungen aus dem Antrag zurück zu kommen, muss das
Entscheidungskriterium immer die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr in Bezug auf die Erfüllung der
Anforderungsparameter sein.
Somit ist die Schaffung einer modernen Unterbringung oder die Verringerung von Standorten nicht
die Kernfrage, sondern
„wo muss ich wie viel Feuerwehr vorhalten, um die gesetzten Vorgaben zu erreichen“.
Da wir hier allerdings zur Aufgabenerfüllung zu einem hohen Anteil auf ehrenamtliche Kräfte
zurückgreifen müssen, deren Anzahl und Verfügbarkeit bekanntermaßen in allen Bereichen der
ehrenamtlichen Tätigkeiten rückläufig ist und daher jeder noch verfügbare Helfer auch während
des gesamten Tagesverlaufes im gesamten Stadtgebiet zur Erfüllung der Anforderungen wichtig
und unverzichtbar ist, ist ein Verzicht auf Standorte ohne Schwächung der Leistungserbringung
gerade in Erftstadt mit der abzudeckenden Fläche von 120 qkm und einer dezentral gelegenen
hauptamtlichen Wache derzeit nicht möglich.
Zur Untermauerung dieser Fakten und Perspektiven ist jedoch eine ausgiebige und differenzierte
Analyse der Einsatztätigkeiten erforderlich, die derzeit im Rahmen der Fortschreibung des
aktuellen Brandschutzbedarfsplanes aus 11/2004 stattfindet und frühestens im Herbst 2012
abgeschlossen werden kann, da diese aus Gründen der Kostenersparnis (eine Fremdvergabe
würde Kosten von mind. ca. 60.000€ verursachen) in Eigenleistung durch die Verwaltung und die
Feuerwehr erstellt wird.
Eine umsetzbare Erkenntnis zu möglichen Veränderungen im Bereich der Feuerwehr kann somit
evtl. frühestens für den Haushalt 2013 dargestellt werden.
(Erner)
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