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Beschlussvorlage (Sachstandsbericht über den Inklusionsprozess an Erftstädter Schulen)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
113 kB
Datum
04.09.2012
Erstellt
16.08.12, 15:07
Aktualisiert
16.08.12, 15:07
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Inhalt der Datei

STADT ERFTSTADT öffentlich Der Bürgermeister V 284/2012 Az.: 40 Amt: - 40 BeschlAusf.: - 40 Datum: 26.07.2012 gez. Gerlach Amtsleiter RPA Beratungsfolge Ausschuss für Soziales und Gesundheit Schulausschuss Betrifft: - 20 - gez. Dr. Rips, Bürgermeister BM / Dezernent Termin 02.08.2012 Datum Freigabe -100- Bemerkungen 28.08.2012 vorberatend 04.09.2012 zur Kenntnis Sachstandsbericht über den Inklusionsprozess an Erftstädter Schulen Finanzielle Auswirkungen: keine Unterschrift des Budgetverantwortlichen Erftstadt, den Beschlussentwurf: Der Sachstandsbericht über den Inklusionsprozess an den Erftstädter Schulen wird zur Kenntnis genommen. Begründung: In Artikel 24 der UN-Behindertenkonvention (BRK) wird das grundsätzliche Recht von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen auf inklusive Beschulung festgeschrieben. Diese Forderung eines inklusiven Bildungssystems zählt zu den zentralen Themen im Schulbereich. Mit dem Begriff der Inklusion verbindet sich ein erweitertes Verständnis von Normalität und Vielfalt und die selbstverständliche Anerkennung individueller Unterschiede. Notwendig ist deshalb eine Neuorientierung in der sonderpädagogischen Förderung, die Schülerinnen und Schülern die volle Teilhabe am allgemeinen Schulwesen garantiert. Die wichtigste Voraussetzung für die Verwirklichung eines inklusiven Schulsystems– nämlich die Umsetzung in Landesrecht – ist jedoch bisher noch nicht erfolgt. Im Hinblick auf die Auswirkungen von Artikel 24 der BRK im Schulbereich stehen Kommunen grundsätzlich im Zugzwang, um den Interessen der betroffenen Menschen gerecht zu werden. 1. Allgemeine Ausgangslage Auch wenn die schulgesetzliche Umsetzung der BRK bisher noch nicht erfolgt ist, so sind doch im Rahmen der geltenden Rechtslage seit 2010 zunehmend Vorkehrungen getroffen worden, um dem Anliegen der Völkerrechtsvereinbarung nachzukommen. So ist die Schulaufsicht aufgefordert, gemeinsam mit den Schulträgern dafür zu sorgen, dass der Wunsch von Eltern, für ihr Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen Platz im Gemeinsamen Unterricht zu erhalten, nach Möglichkeit realisiert wird. Sollte dies nicht möglich sein, sind den Eltern seitdem die Gründe schriftlich darzulegen. Für die vielfältigen Koordinationsaufgaben im Zusammenhang mit der Einschulung und dem Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen wurde jedem Schulamt eine zusätzliche Lehrerstelle zur Verfügung gestellt, um Eltern zu beraten und Absprachen mit Schulträgern und Schulen zu treffen. Die mit der BRK verfolgte Verwirklichung eines inklusiven Gemeinwesens erfordert jedoch einen gesellschaftlichen Wandel und nicht nur isolierte Umsetzungsschritte auf kommunaler Ebene. Das Land ist daher aufgerufen, konkret aufzuzeigen, wie das Ziel der Inklusion in Nordrhein-Westfalen erreicht werden soll, welche Lücken im Landesrecht bestehen und wie diese unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit geschlossen werden können. Aktuell hat das Landeskabinett am 03.07.2012 den Aktionsplan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ verabschiedet. Dieser Aktionsplan enthält Vorhaben aus dem Zuständigkeitsbereich zahlreicher Ministerien des Landes. Zum Aktionsfeld der Inklusion im Bereich Schule wird darauf hingewiesen, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen das Recht auf einen Platz in einer allgemeinen Schule erhalten sollen, in der sie gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen ohne Behinderung lernen. Ziel sei es, dass dieser gemeinsame Unterricht zum Normalfall werde. Eltern sollten aber auch weiterhin die Förderschule wählen können, sofern sie diese für ihr Kind vorziehen. Von Landesseite soll nicht beabsichtigt sein, Förderschulen mit bestimmten Schwerpunkten abzuschaffen. Insoweit folge das Ministerium für Schule und Weiterbildung dem Landtagsbeschluss vom Dezember 2010, wonach der Elternwille entscheidend sei. Die Kreise und kreisangehörigen Kommunen sollen allerdings nach einer Schulgesetznovelle eine Öffnungsklausel nutzen und auf Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache verzichten können. Zur Umsetzung des schulischen Inklusionsplans sind eine Schulgesetznovelle und die Änderung weiterer Rechtsvorschriften erforderlich. Dabei geht es u.a. darum, dass der Auftrag der UNBehindertenrechtskonvention vor Ort auch durch so genannte Vorreiter- bzw. Schwerpunktschulen umgesetzt werden könne, Konsequenzen für die Lehreraus- und Lehrerfortbildung gezogen und insgesamt die finanziellen Rahmenbedingungen geklärt würden, mit denen die Weiterentwicklung des Schulangebots in Nordrhein-Westfalen zu einem inklusiven Schulwesen begleitet werden soll. Die Verankerung des Rechtsanspruchs auf inklusive Bildung soll so schnell wie möglich – wahrscheinlich Herbst 2012 - durch eine Schulgesetznovelle umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang sind auch die erforderlichen Kosten und deren Finanzierung zu klären und darzustellen. Dazu wird ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, bei dem zunächst ein Referentenentwurf des Ministeriums für Schule und Weiterbildung den Verbänden zur Stellungnahme übersandt wird. Zugleich werden die nach dem Konnexitätsausführungsgesetz vorgesehenen Konsultationen mit den Kommunalen Spitzenverbänden geführt. Der Städte- und Gemeindebund NordrheinWestfalen wies bereits im Vorfeld auf eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung bei den -2- Kommunen durch die konnexitätsrelevante Aufgabenerweiterung hin. Hierzu gehören alle zusätzlichen finanziellen Aufwendungen für Ergänzungspersonal, investive bauliche Vorhaben zur Schaffung einer notwendigen Barrierefreiheit sowie gegebenenfalls erhöhte Beförderungskosten für Schülerinnen und Schüler und zusätzliche Ausgaben für spezielle Lehr- und Lernmittel bzw. Hilfsmittel. Die Zuständigkeit und Finanzierungsverantwortung des Landes für das erforderliche Personal, wie unter anderem Integrationshelfer/innen, Therapeuten/innen und Sozialpädagogen/innen sowie die weitere Aus- und Fortbildung von Lehrkräften, die Sicherstellung des benötigten Personals sind für eine erfolgreiche Inklusion unverzichtbar. Integrationshelfer für seelisch behinderte Kinder finanziert das Jugendamt, da nach § 35 a Sozialgesetzbuch VIII diese über die Jugendhilfe zu fördern sind. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der örtlichen Inklusionsbemühungen können jetzt schon Unterstützungsleistungen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) beansprucht werden. Der LVR fördert bereits seit 1998 mit Mitteln aus dem Gerätepool und seit 2009 mit der Inklusionspauschale die behinderungsspezifische Ausstattung von Schulen, die sich auf den Weg zu inklusiven Schulen machen wollen. So kann Schülerinnen und Schülern mit einer Körper- oder Sinnesbehinderung an einer allgemeinen Schule ein weitgehender Ausgleich der Beeinträchtigung von Bewegungs- und Kommunikationsfähigkeiten ermöglicht werden. Eine Bezuschussung durch den LVR ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn damit eine Einschulung / Rückschulung an eine LVR-Förderschule abgewendet werden kann. 2. Örtlicher Inklusionsprozess Um die Gelingensbedingungen für den Inklusionsprozess auf Basis der vorhandenen Ressourcen abzustimmen und zu verbessern, hat der Schuldezernent bereits im Februar diesen Jahres als Austauschforum auf Erftstadt-Ebene die Gründung des „Runden Tischs schulische Inklusion in Erftstadt“ initiiert. Im engen Dialog mit verschiedenen Beteiligten, wie Vertretern aller Erftstädter Schulen (auch der Freien Waldorfschule Erftstadt), der Schulaufsicht, der Inklusionskoordinatorin des Rhein-Erft-Kreises, des Kreissozialamtes, des LVR, Haus Lebenshilfe und Verwaltungsvertretern werden schulische Inklusionsfragen praxisnah diskutiert. Dabei ist festzustellen, dass sich die Lehrkräfte der Erftstädter Schulen in besonderem Maß in den Inklusionsprozess einbringen, obwohl die Rahmenbedingungen wegen der noch ausstehenden gesetzlichen Regelungen nachdrücklich zu beklagen sind. Die Erftstädter Schulen schöpfen im Rahmen der bestehenden Vorgaben in Abstimmung mit dem Schulträger und der Schulaufsicht alle Möglichkeiten aus, um dem Elternwunsch auf inklusive Beschulung im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts Rechnung zu tragen. Die Schulaufsicht berät die Eltern, die wünschen, dass ihr Kind im Gemeinsamen Unterricht beschult wird, ob dies an einer allgemeinen Schule in zumutbarer Entfernung realisiert werden kann. Gemeinsam mit dem Schulträger prüft die Schulaufsicht für die Eltern transparent, wie die organisatorischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen erfüllt werden können. Von Seiten der Schulaufsicht wurde die Situation in Erftstadt hinsichtlich der Beschulung im Gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen als äußerst positiv bewertet. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls angemerkt, dass der Standort der Don-Bosco-Förderschule derzeit wegen stabiler Schülerzahlen nicht gefährdet ist. Die beigefügte Aufstellung gibt für das Schuljahr 2012/13 einen schulbezogenen Überblick über die belegten Plätze im Gemeinsamen Unterricht (GU) für Kinder mit förmlich festgestelltem besonderen Förderbedarf an Erftstädter Schulen. -3- Im Primarbereich werden traditionell bereits die Nordschule, die Grundschule Gymnich, die Janusz-Korczak-Grundschule und die Donatus-Grundschule als GU-Schulen geführt. An den weiteren städtischen Grundschulen finden Einzelintegrationen statt. Die Südschule hat sich lt. einstimmigem Schulkonferenzbeschluss ebenfalls dafür ausgesprochen, GU-Schule werden zu wollen und wird darin vom Schulträger unterstützt. Mit der Schulaufsicht wird derzeit dieses Vorhaben abgestimmt. Im Vergleich zur Primarstufe ist die Integrationsquote im Bereich der weiterführenden Schulen noch nicht so deutlich ausgeprägt; allerdings sind auch hier durch das besondere Engagement der Schulen äußerst positive Entwicklungen zu verzeichnen. So werden zum Beginn des Schuljahres 2012/13 sowohl an der Theodor-Heuss-Hauptschule wie auch an der Gottfried-Kinkel-Realschule der Gemeinsame Unterricht / Integrative Lerngruppe eingerichtet. In Integrativen Lerngruppen lernen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Regel nach anderen Unterrichtsvorgaben als denen der allgemeinen Schule, d.h. zieldifferent - im Gegensatz zur sonstigen zielgleichen Beschulung. An den übrigen Sekundarschulen finden ebenfalls Einzelintegrationen statt. Grundsätzlich ist noch anzumerken, dass die vorliegende Übersicht über die Inanspruchnahme des Gemeinsamen Unterrichts nur auf Grundlage der förmlich festgestellten Förderbedarfe der Schülerinnen und Schüler erstellt wurde. Die schulische Praxis sieht sich darüber hinaus jedoch auch mit Herausforderungen durch notwendige sonderpädagogische Unterstützungsleistungen für Kinder und Jugendliche konfrontiert, deren Förderbedarf förmlich nicht festgestellt wurde und sich auch in keinem personellen und sächlichen Budget widerspiegelt. 3. Fazit Der Inklusionsprozess wird nur schrittweise und über mehrere Jahre zu realisieren sein. Dabei ist Integration als Weg zur Inklusion zu verstehen und der wohnortnahe Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts ein wichtiger Schritt für den Inklusionsprozess. Zum wiederholten Male muss jedoch festgehalten werden, dass die örtlichen Inklusionsbemühungen dringend durch konkrete Vorgaben der Landesgesetzgebung unterstützt werden müssen, die insbesondere die notwendigen personellen Anforderungen sowie die sächlichen und investiven Bedarfe regelt. (Erner) -4-