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Antrag (Antrag bzgl. Lösungsvorschläge zur Senkung der Kassenkredite)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
297 kB
Datum
02.10.2012
Erstellt
12.01.12, 07:56
Aktualisiert
12.09.12, 06:10
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Inhalt der Datei

STADT ERFTSTADT öffentlich Der Bürgermeister A 526/2011 Az.: Amt: - 20 BeschlAusf.: - 20 Datum: 30.11.2011 Amtsleiter Datum Freigabe -100- BM / Dezernent - 20 - Den beigefügten Antrag der CDU-Fraktion leite ich an die zuständigen Ausschüsse weiter. Beratungsfolge Finanz- und Personalausschuss Termin 07.12.2011 vorberatend Finanz- und Personalausschuss 20.03.2012 vorberatend Rat 27.03.2012 beschließend Betrifft: Bemerkungen Antrag bzgl. Lösungsvorschläge zur Senkung der Kassenkredite Finanzielle Auswirkungen: keine Unterschrift des Budgetverantwortlichen Erftstadt, den 02.02.2012 Stellungnahme der Verwaltung: Die kommunalen Gebietskörperschaften in Deutschland weisen seit mindestens zwei Jahrzehnten ganz überwiegend negative Finanzsalden auf. Die ungünstige kommunale Finanzsituation konzentriert sich vor allem auf die Länder Nordrhein-Westfalen, Saarland und Rheinland-Pfalz. In NRW stieg der langjährige durchschnittliche Finanzierungssaldo von -49,2 auf -63,7 EUR je Einwohner. Die regelmäßig defizitären Haushaltsergebnisse führen unmittelbar in die Kreditfinanzierung der laufenden Aufgaben, beispielsweise der Ausgaben für Personal oder Sachaufwendungen. Dazu wurden mit zunehmender Bedeutung als unterjährige Finanzierungsinstrumente konzipierte Kassenkredite genutzt. Seit 1991 nimmt das Volumen der kommunalen Kassenkredite stetig zu. Die Kassenkreditentwicklung in Nordrhein-Westfalen koppelte sich nach der Jahrtausendwende deutlich von der durchschnittlichen Entwicklung in den übrigen Flächenländern ab. Die nordrheinwestfälischen Kommunen verzeichnen zum 31.12.2009 mit 965 EUR je Einwohner mehr als dreimal so hohe Kassenkredite wie die übrigen Flächenländer im Durchschnitt. Inzwischen tragen die nordrhein-westfälischen Kommunen mehr als die Hälfte der Kassenkredite in den deutschen Kommunen. Die Kassenkredite drohen auch in den nächsten Jahren weiter zu wachsen. Konnten zahlreiche Kommunen selbst in den guten Jahren keinen Haushaltsausgleich erzielen, so werden sie erst recht in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise dieses Ziel verfehlen und damit das Kassenkreditwachstum beschleunigen. So könnten die Kassenkredite bis zum Jahr 2020 auf über 50 Mrd. EUR anwachsen. Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht den rasanten Anstieg der Kassenkredite in NRW in den vergangenen 11 Jahren. Kassenkredite in NRW (in Mrd. Euro) 25 19,5 20,05 20 17,24 14,61 15 12,55 13,68 10,53 10 Kassenkredite in NRW (in Mrd. Euro) 8,5 6,8 4,7 5 3,1 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Wie sieht nun die Entwicklung der Kassenkredite in Erftstadt in den vergangenen Jahren aus? Ein kontinuierlicher Anstieg ist nicht zu verzeichnen. Eher eine Stagnation auf hohem Niveau. Nachfolgend die Stände zum 31.12. eines Jahres: 2004: 22,70 Mio. EUR 2005: 28,45 Mio. EUR 2006: 32,01 Mio. EUR 2007: 19,60 Mio. EUR 2008: 19,57 Mio. EUR 2009: 27,56 Mio. EUR 2010: 27,11 Mio. EUR 2011: 26,79 Mio. EUR Der hohe Rückgang im Jahr 2007 ist auf die Rückzahlung des Trägerdarlehens von den Stadtwerken an den Kernhaushalt zurückzuführen. Diese Rückzahlung wurde dazu verwendet, Kassenkredite in hohem Volumen zurück zu führen. Der Anstieg im Jahr 2009 resultiert aus dem hohen Jahresfehlbetrag im Jahresabschluss 2009. In der Ergebnisrechnung des Jahres 2009 wurde ein Fehlbetrag in Höhe von 9,9 Mio. EUR ausgewiesen. Da die Ergebnisse des Jahres 2010 und voraussichtlich des Jahres 2011 wieder deutlich besser ausgefallen sind, konnte ein weiterer Anstieg der Kassenkredite verhindert werden. Wie können die Ziele -2- 1. Vermeidung neuer Kassenkredite und 2. Abbau der bestehenden Kassenkredite erreicht werden? Ohne einen sofortigen Ausgleich des kommunalen Haushaltes laufen alle Maßnahmen zur Senkung der bestehenden Kassenkredite ins Leere. Das Ziel der Wiederherstellung und dauerhaften Sicherung tragfähiger Gemeindefinanzen lässt sich nur erreichen, wenn es gelingt, die Aufnahme neuer Kassenkredite wirksam zu verhindern. Maßnahmen, die auf der einen Seite bestehende Kassenkredite tilgen und auf der anderen Seite die Aufnahme neuer Schulden zulassen, verfehlen ihr Ziel. Folgerichtig muss ein Weg gefunden werden, den Haushaltsausgleich unverzüglich zu erreichen und in den Folgejahren dauerhaft gewährleisten zu können. Angesichts der hohen Defizite, die der Entwurf der Haushaltssatzung 2012 im Jahr 2012 und in den Folgejahren ausweist, stellt sich die Frage, wie die o. g. Ziele erreicht werden können. Hierzu bedarf es grundlegender finanzpolitischer Reformen sowie eines flächendeckenden haushaltspolitischen Paradigmenwechsels. Um das bestehende Defizit kurzfristig ausgleichen zu können, sind daher mehrere Bausteine erforderlich1:     Strukturmaßnahmen vom Bund, Strukturelle Haushaltskonsolidierung des Erftstädter Haushaltes, Temporäre Hilfen zum Haushaltsaugleich sowie Lückenschluss mittels Bürgerbeitrag Baustein 1: Strukturmaßnahmen vom Bund Zwingend erforderlich ist eine höhere Finanzierungsbeteiligung des Bundes an den kommunalen Sozialausgaben. In Anbetracht der großen fiskalischen Bedeutung, hohen Dynamik und geringen kommunalpolitischen Gestaltbarkeit sozialer Leistungen, sind dauerhaft tragfähige Lösungen ohne den Bund nicht darstellbar. Mit der Hilfe einer höheren Bundesbeteiligung könnte eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden korrigiert (bzw. zumindest abgemildert) werden, die wesentlich zu der problematischen Haushaltslage im Allgemeinen und der Kassenkreditproblematik im Besonderen beigetragen hat. Baustein 2: Strukturelle Haushaltskonsolidierung Um die Einnahmen und Ausgaben der Stadt auszugleichen sind neben der Unterstützung durch den Bund (und ggf. weitere Unterstützung durch das Land NRW) eigene Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich. Hierzu wird auf das im Entwurf der Haushaltssatzung enthaltene Haushaltssicherungskonzept verwiesen. Sicherlich müssen noch weitere Maßnahmen hinzukommen, sofern das Ziel eines strukturellen Ausgleichs möglichst kurzfristig erfolgen sollte. Wie oben beschrieben muss der Ausgleich im Finanzplan hergestellt werden, da andernfalls Erfolge beim Abbau der Kassenkredite gleichzeitig durch die notwendige Aufnahme neuer Kredite wieder zunichte gemacht würden. Baustein 3: Temporäre Hilfe zum Haushaltsausgleich Die Kommunen mit einem hohen Bestand an Kassenkrediten sollten eine temporäre Hilfe zur Unterstützung der eigenen Sparanstrengungen erhalten. Im Gegensatz zu der höheren Bundesbeteiligung an den kommunalen Sozialausgaben und den Maßnahmen im kommunalen Finanzausgleich, wären mit diesen Hilfen jedoch keine strukturellen, sondern lediglich temporäre 1 Vgl. hierzu auch das Gutachten „Haushaltsausgleich und Schuldenabbau - Konzept zur Rückgewinnung kommunaler Finanzautonomie im Land Nordrhein-Westfalen-“ der beiden Professoren Lenk und Junkernheinrich aus dem Jahr 2011 -3- Entlastungswirkungen verbunden. Sie verschaffen Zeit, die für einen ökonomisch und sozial vertretbaren sowie politisch verkraftbaren Konsolidierungskurs erforderlich ist. Baustein 4: Lückenschluss mittels Bürgerbeitrag Sollte trotz der Strukturmaßnahmen von Bund und Land, eigenen Sparanstrengungen sowie temporärer Hilfe der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden, muss der Lückenschluss von Einnahmen und Ausgaben über eine speziell ausgewiesene und zeitlich begrenzte Anhebung des Hebesatzes auf die Grundsteuer B – den so genannten Bürgerbeitrag – erfolgen. Nur auf diese Weise lässt sich dauerhaft sicherstellen, dass die fiskalischen (Mindest-)Vorgaben stets erreicht und die Entstehung neuer Schulden wirksam verhindert werden können. Um die Wirksamkeit des Bürgerbeitrags zu gewährleisten, sollte die Pflicht zum Lückenschluss per Hebesatzanpassung auf gesetzlicher Grundlage beruhen. Fazit: Aus eigener Kraft wird es der Stadt Erftstadt nicht gelingen können, den Bestand an Kassenkrediten kurzfristig auf „0“ zurück zu fahren. Die Defizite, die in den Finanzrechnungen im Jahr 2012 und in den Folgejahren ausgewiesen werden, verdeutlichen im Gegenteil, dass es in den nächsten Jahren wieder zu einem Anstieg des Kassenkreditvolumens kommen wird, da die Höhe der Auszahlungen die der Einzahlungen übertrifft. Dieses Delta kann nur durch die Aufnahme weiterer Kassenkredite ausgeglichen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Vorschläge der beiden Professoren Lenk und Junkernheinrich weiterhin sehr intensiv diskutiert werden und dass der Bund und das Land die Ideen und Überlegungen, die im Gutachten beschrieben werden, zum Anlass nehmen, grundlegende finanzpolitische Reformen umzusetzen. Nur so kann es den Kommunen in NRW wieder gelingen, ihre Aufgaben im Bereich der Daseinsfürsorge wahrzunehmen, ohne dafür eine weitere Verschuldung mit Kassenkrediten einzugehen. (Dr. Rips) -4-