Daten
Kommune
Nettersheim
Größe
565 kB
Datum
15.12.2015
Erstellt
05.11.15, 13:00
Aktualisiert
05.11.15, 13:00
Stichworte
Inhalt der Datei
GEMEINDE NETTERSHEIM
DER BÜRGERMEISTER
FB I
Vorlage 320 /X.L.
Datum: 05.11.2015
An den
Ausschuss für Schule, Familie, Jugend, Soziales und Sport Sitzungstag:
10.11.2015
Entwicklungs-, Planungs-, Bau- und Umweltausschuss
Sitzungstag:
24.11.2015
Haupt- und Finanzausschuss
Sitzungstag:
08.12.2015
Gemeinderat
Sitzungstag:
15.12.2015
zur Beratung in öffentlicher Sitzung
Bezeichnung des Tagesordnungspunktes:
Aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde Nettersheim
Die Vorlage berührt nicht den Etat des lfd. Haushaltsjahres.
Die Vorlage berührt den Etat auf der Ertrags- und/oder Einzahlungsseite.
Die Vorlage berührt den Etat auf der Aufwands- und /oder Auszahlungsseite
Mittel stehen haushaltsrechtlich zur Verfügung.
Mittel sollen über-/außerplanmäßig bereitgestellt werden
Deckungsvorschlag:
Es entstehen Folgekosten – siehe anliegende Folgekostenberechnung.
Anlagen:
Ja
Nein
2
Beschlussvorschlag:
Der Rat nimmt die Ausführungen zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung
von Flüchtlingen in der Gemeinde Nettersheim zustimmend zur Kenntnis.
Er beschließt,
zur Sicherung der Unterbringung der Flüchtlinge, im Zeitraum bis zum 30.
April 2016, achtzig weitere Unterkunftsplätze zu schaffen und dabei am
Konzept der dezentralen Unterbringung in Wohngruppen in massiven
Wohnhäusern möglichst in allen Orten der Gemeinde konsequent festzuhalten,
für den Erwerb und die Erstausstattung von Flüchtlingsunterkünften im
laufenden Haushaltsjahr 2015 im Rahmen der bestehenden satzungsgemäßen Kreditermächtigung einen zinslosen Kredit der NRWBank aus dem
Sonderprogramm „Flüchtlingshilfe“ bis zur Höhe von 550.000 € aufzunehmen,
die freiwillige Rückreise abgelehnter Asylbewerber/innen, die keinen Anspruch auf überstaatliche Förderung mehr haben, in die Heimat nach Abwägung der humanitären und wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalles
mit dem günstigsten verfügbaren Verkehrsmittel zu unterstützen und dafür
im laufenden Jahr 2015 außerplanmäßige Haushaltsmittel von höchstens
1.500,00 € zur Verfügung zu stellen und im Haushaltsplan 2016 entsprechende Bedarfsmittel vorzusehen.
Er beauftragt den Bürgermeister,
in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit der notwendigen Rahmendaten des
Bundes und des Landes bis zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, spätestens aber bis zur Sitzung des Rates, eine belastbare Prognose
zu den Auswirkungen auf das haushaltswirtschaftliche Ergebnis 2015 und
den Haushaltsplan 2016 vorzulegen,
zu gegebener Zeit in Abstimmung mit dem Kreis Euskirchen eine Aussage
zur Wirtschaftlichkeit der unterscheidlichen Modelle der Krankenhilfe nach
§ 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylBLG) zu treffen,
im Dialog mit dem Schulamt, dem Jugendamt und dem Kommunalen Integrations- und Bildungszentrum (KoBiZ) beim Kreis Euskirchen sowie den
Schulträgern unter Berücksichtigung ortsnaher Bildungsangebote eine Optimierung der Zuweisung vom Flüchtlingskindern zu Tageseinrichtungen
und Schulen sowie eine Verbesserung des lokalen Integrationsangebotes
dieser Einrichtungen zu verhandeln,
die Schaffung gemeinnütziger Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylBLG weiter zu entwickeln und - aufbauend darauf Flüchtlingen mit Arbeitserlaubnis und entsprechendem Aufenthaltstitel im
Dialog mit den Stellen der Bundesarbeitsverwaltung im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten begleitende Unterstützung zu leisten.
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Begründung:
Weltweite Flüchtlingssituation und Perspektiven
Die Flüchtlingsbewegungen nach Mitteleuropa haben in den letzten zwei Monaten
ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht und reißen vorerst nicht ab. Vor allem Menschen aus Syrien suchen über die Ägäis den Weg nach Griechenland und von dort
über den westlichen Balkan und Österreich nach Deutschland. In den letzten Tagen kommen auch wieder Flüchtlinge aus dem Iran und aus dem Libanon hinzu.
Die ungeklärte politische Lage in Syrien motiviert sicher auch zukünftig Menschen, sich zur gefahrvollen und immer schwieriger werdenden Flucht zu entschließen. Anzunehmen ist, dass mit den verschlechterten Witterungsbedingungen im Mittelmeerraum und dem bevorstehenden Winter in Südwest- und Mitteleuropa zwangsläufig eine vorübergehende Abnahme der Flüchtlingszahlen eintreten könnte, die sich aber, sollte sich bis dahin in den Auswanderungsländern keine Stabilisierung der politischen Bedingungen und der Lebensverhältnisse ergeben haben, spätestens ab Mai voraussichtlich wieder verstärken wird.
Parallel hierzu wird erwartet, dass die vom Bund beschlossenen und bereits in
Kraft gesetzten gesetzlichen Neuregelungen über die Neuordnung und Beschleunigung der Asylverfahren und der Erklärung Albaniens, des Kosovo, Mazedoniens,
Serbiens und Serbien - Montenegros zu sog. „sicheren Herkunftsländern“ voraussichtlich ab Jahresbeginn zu einer schrittweisen Rückführung der Menschen aus
diesen Staaten in ihre Heimat führen könnte.
Flüchtlingszahlen, Unterbringungssituation und mögliche Entwicklung in
der Gemeinde
In unserer Gemeinde (Stand 04.11.2015) zeigt sich folgende Situation:
Asylbewerber und deren Unterbringung in der Gemeinde Nettersheim
Stand 04.11.2015
Erwachsene
Männer
Kinder
Summe
Frauen
Holzmülheim
9
2
11
7
18
Marmagen
Kölner Str. 51
Buschgasse 15
Kölner Str. 71
4
2
15
1
5
4
5
7
19
0
7
4
5
14
23
Nettersheim
Blankenheimer Str.
1
Rosenthalstr. 11
10
4
2
2
12
6
3
0
15
6
Tondorf
Euskirchener Str. 19
7
3
10
1
11
4
Erwachsene
Männer
Euskirchener Str. 26
Zingsheim
Auf der Heide 10
Weidenstr. 14
Zwischensummen:
Kinder
Summe
Frauen
11
4
15
2
17
7
8
1
1
8
9
3
3
11
12
77
25
102
30
132
Summe:
132
Aufteilung der Personen nach Hilfearten in der Gemeinde Nettersheim
AsylBLG
Personen
SGB II
122
9
SGB XII
1
132
Die hier beherbergten Menschen gehören folgenden Nationalitäten an:
Herkunftsland
Anzahl
Flüchtlinge
Prozent
Afghanistan
5
3,8%
Ägypten
5
3,8%
Albanien
19
14,4%
Algerien
1
0,8%
Angola
3
2,3%
Bangladesch
4
3,0%
Eritrea
8
6,1%
Ghana
3
2,3%
Guinea
1
0,8%
Iran
3
2,3%
Irak
9
6,8%
Kosovo
9
6,8%
Libanon
3
2,3%
Marokko
4
3,0%
Mazedonien
1
0,8%
Nigeria
6
4,5%
Pakistan
4
3,0%
10
7,6%
1
0,8%
26
19,7%
ungeklärt
1
0,8%
Serbien-Montenegro
6
4,5%
132
100,0%
Serbien
Sri Lanka
Syrien
Summe
5
Es ist unmöglich, gesicherte Prognosen über die weitere Entwicklung zu stellen.
Dennoch fordert die rechtzeitige Planung und Vorhaltung menschenwürdiger
Wohnunterkünfte regelmäßig eine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung über einen
Zeitraum von mindestens sechs Monaten.
Derzeit geht die Gemeinde für diesen Planungszeitraum von folgender Entwicklung aus:
Monatsende…
Nov 2015
Rest
Dez 15
Jan 16
Feb 16
Mrz 16
Apr 16
Zuweisung
Rückführung
Saldo
Stand
18
16
12
12
15
16
0
0
-10
-3
-3
-3
18
16
2
9
12
13
150
166
168
177
189
202
89
-19
70
Prognose Gemeinde Nettersheim Stand 04.11.2015
Da aufgrund erheblicher Zuweisungsspitzen in den letzten vier Wochen einzelne
Unterkünfte nahe an der Kapazitätsgrenze belegt werden mussten, bedarf es bis
zum Jahresende dort einer „Entzerrung“ der Belegungen, wofür ca. 8 bis 10 Plätze zusätzlich eingeplant werden müssen.
Im Gegenzug werden durch Wegzug der dort untergebrachten Balkan – Familie
voraussichtlich bis zum Jahresende ca. 8 Plätze im Erdgeschoss der
Blankenheimer Str. 1 in Nettersheim frei. Allerdings bedarf es hier zunächst einer
Grundsanierung über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen, bevor dieser
Bereich wieder belegt werden kann.
Um Kapazitätsengpässe zu vermeiden, sollten innerhalb des nächsten halben
Jahres mindestens 80 weitere Wohnplätze geschaffen werden.
Die Prognose zum Unterkunftsbedarf wird von der Verwaltung wöchentlich fortgeschrieben.
Akquise von Unterkunftsplätzen
Bislang konnte der sich abzeichnende Unterkunftsbedarf durch rechtzeitige Beschaffung von Kauf- und Mietobjekten stets rechtzeitig gedeckt werden.
Das erklärte Ziel von Rat und Verwaltung, das Konzept menschenwürdiger dezentraler Unterbringung von Wohngruppen in massiven Häusern konsequent weiterzuverfolgen, ist bislang aufgegangen und soll auch in Zukunft so weit wie
möglich umgesetzt werden.
Die Schaffung derartiger Unterkünfte möglichst in allen Dörfern der Gemeinde ist
anzustreben, da so mögliche „Berührungsängste“ der Bevölkerung reduziert,
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„Ghetto – Situationen“ vermieden und die Integration der Flüchtlinge in den
Dorfgemeinschaften erleichtert und beschleunigt werden.
Rat und Verwaltung sind und bleiben dabei auf die Bereitschaft der Bevölkerung
angewiesen, (kostspielige) Leerstände freizugeben und zu fairen Konditionen zur
Verfügung zu stellen.
Durch Schaffung von Unterkunftsplätzen in den Orten Bouderath, Roderath und
Tondorf stehen derzeit noch knapp 50 Wohnplätze in Aussicht.
Ausgehend von der vorstehenden Prognose wird deutlich, dass hierdurch der voraussichtliche „Regelbedarf“ längstens bis Mitte Februar gedeckt werden kann.
Alle Kräfte und vor allem die Bevölkerung sind daher weiterhin zur nachhaltigen
Unterstützung aufgerufen.
Haushaltswirtschaft: Investiver Finanzierungsbedarf
Der voraussichtliche Erwerb und die notwendige Erstausstattung von Flüchtlingsunterkünften im laufenden Haushaltsjahr 2015 führt zu prognostizierten Investitionskosten von rund 550.000 €.
Die NRWBank (Förderbank des Landes für kommunale Infrastrukturmaßnahmen)
stellt den Kommunen im Rahmen des Programm „Flüchtlingshilfe“ für derartige
Zwecke zinslose Kommunaldarlehen zur Verfügung.
Derartige Konditionen können am freien Kreditmarkt nicht erzielt werden. Die
Finanzierung aus Eigenliquidität (Haushalt oder innere Darlehen) ist derzeit nicht
möglich.
Deshalb macht die Inanspruchnahme des Kreditangebots im laufenden Haushaltjahr Sinn.
Haushaltswirtschaft: Laufende Kosten der Flüchtlingshilfe
Bund und Land haben die Zuweisungen an die Städte und Gemeinden bereits im
laufenden Jahr verbessert und für das kommende Jahr nochmals erhebliche Aufstockungen der Mittel in Aussicht gestellt.
Im Land Nordrhein – Westfalen ist das Flüchtlingsaufnahmegesetz außerdem dahingehend überarbeitet worden, dass der bisherige Verteilungsschlüssel für die
Bundes- und Landeszuschüsse ab dem Jahr 2016 durch eine „Prognoserechnung
der wahrscheinlichen Zuweisungszahlen an eine Kommune“ veredelt werden soll
(bislang nur Mischsatz aus gewichteter Flächen- und Einwohnerzahl).
Es liegt derzeit noch keine belastbare Aussage zur tatsächlichen Mittelzuweisung
2016 vor, sodass angesichts der „wesentlichen Unbekannten“ augenblicklich noch
keine seriöse Prognose zur haushaltswirtschaftlichen Entwicklung abgegeben
werden kann.
Das soll, unter Berücksichtigung der Landesvorgaben und der internen Bedarfsberechnung, bis zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses bzw. des Rates
versucht werden. Die Haushaltskommission wird vorbereitend beteiligt.
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„Krisenmanagement“
Aus den Medien hinlänglich bekannt geworden war der Vorstoß des Landes am
16.10.2015, zur Verhinderung eines „Flüchtlingskollaps“ in Nordrhein – Westfalen, die Kreise und kreisangehörigen Kommunen zur Schaffung von je 70
Unterkunftsplätzen binnen drei Tagen zu verpflichten. Auch wenn dieses Szenario
einstweilen durch landesweite solidarische Unterbringungsangebote entschärft
werden konnte, bleibt doch mit Blick auf das kommende Jahr und die latente Unsicherheit über die tatsächlichen Zuweisungszwänge die Notwendigkeit eines
funktionierenden Krisenmanagements bestehen.
Hierauf hat nicht nur der Kreis Euskirchen durch die Einrichtung eines gemeinsamen Krisenstabes mit den kreisangehörigen Kommunen reagiert.
Auch die Gemeinde hat einen solchen Stab eingerichtet, dem neben den beteiligten Stellen der Verwaltung Vertreter der Feuerwehr und ortsansässiger Hilfsorganisationen angehören. Dieses Gremium trifft sich regelmäßig und vor allem im
Bedarfsfalle, um auch im tatsächlichen „worst case“ rasche und effektive (Übergangs-) Lösungen für die Unterbringung zugewiesener Menschen schaffen zu
können.
Sicherheit der Flüchtlinge; Umgang mit „schwarzen Schafen“
Die Sicherheit unserer Flüchtlinge ist über einen regelmäßigen Dialog und Austausch mit der örtlichen Schutzpolizei gewährleistet. Auch aufmerksame Nachbarn und „Hauspaten“ haben einen wachsamen Blick auf unsere Wohneinrichtungen. Wir gehen, ebenso wie die Ordnungskräfte, jeden Auffälligkeiten, die sich
bislang glücklicherweise stets als „harmlos“ erwiesen haben, konsequent nach.
Auch bei den Flüchtlingen gibt es leider (sehr wenige) „Zeitgenossen“, die sich
strafbarer Handlungen verdächtig oder schuldig machen.
Solchen Verdachtsfällen gehen die polizeilichen Einsatzkräfte nach. Sozialamt und
Ordnungsamt der Gemeinde leisten hierbei Unterstützung.
Anzeigen wegen des Verdachts des Betruges (Erschleichen von Sozialleistungen)
nach § 263 des Strafgesetzbuches mussten gegen Flüchtlinge in letzem Jahr
durch das Sozialamt zweimal erstattet werden.
Im Übrigen bewährt sich die eingehende und konsequente Prüfung und Abwicklung der Sozialleistungen nach §§ 3 ff. AsylBLG einschließlich der
bedarforientierten Verhängung vorübergehender leistungsrechtlicher Sanktionen
in der Praxis.
Krankenhilfe
Der Bund hat die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen und die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, Asylbewerbern/innen ab dem 01.01.2016 eine
Gesundheitskarte auszuhändigen und die Abrechnung der Krankenkosten für die
angeschlossenen Kommunen vorzunehmen.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Kommunen einen entsprechenden Beschluss
zur Beauftragung fassen, die auch eine pauschale Verwaltungskostenentschädigung für die Dienstleistung der Krankenkassen beinhaltet.
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Für unsere kreisangehörigen Kommunen besteht seit vielen Jahren eine funktionierende öffentlich – rechtliche Vereinbarung mit dem Kreis Euskirchen dergestalt, dass er diese Leistung zentral erbringt und mit den Städten und Gemeinden
gegen Aufwandserstattung abrechnet.
Ohne Vertiefung von Details zeichnet sich nach ersten Analysen ab, dass das
„Modell Gesundheitskarte“ sich bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen deutlich aufwändiger gestalten dürfte als die bisherige Praxis.
Bei der Gemeinde würde lediglich der Aufwand für die Aushändigung der Krankenscheine durch das Sozialamt entfallen. Dadurch würde zwar eine (eher zu
vernachlässigende) Zeitersparnis eintreten, andererseits aber auch eine wichtige
Dialogmöglichkeit über das persönliche und gesundheitliche Wohlbefinden der
Flüchtlinge verloren gehen, die zur Beurteilung von Fragen rund um Unterbringung und Beschäftigungsmöglichkeiten zum Teil von wesentlicher Bedeutung ist.
Zu diesem Punkt wird zukünftig weiter berichtet.
Bildung und Teilhabe
Gegenwärtig versucht das Kommunale Bildungs- und Integrationszentrum des
Kreises Euskirchen (KoBiZ), im Rahmen der obligatorischen Erstuntersuchung die
geeignete Tageseinrichtung oder Schule (Schulform) für Flüchtlingskinder zu finden und zu empfehlen.
In Gesprächen mit dem Schulamt und dem KoBiZ soll künftig der Einfluss der
Gemeinde auf diese Empfehlungen und Entscheidungen gestärkt werden. Dies
führt nicht nur zu kurzen, kostensparenden Wegen bei der Schülerbeförderung,
sondern vor allem auch zu einer Stärkung der lokalen und regionalen Schul- und
Kindergartenlandschaft.
Gleichzeitig muss eine sukzessive Verbesserung der Angebote (Schaffung von
Integrationsgruppen- und Klassen) mit verhandelt werden.
Hierbei ist eine starke Zusammenarbeit mit den Kindergärten und Schulen in unserer Gemeinde und in den Zweckverbänden gefordert.
Die gesetzlichen Angebote des „Bildungs- und Teilhabepakets“ nach AsylBLG und
SGB XII (Schulausstattung, Mittagessen, Betreuungsangebote, Klassenfahrten)
werden in der Gemeinde allen Flüchtlingskindern konsequent zugänglich gemacht
und auch gerne angenommen – ein sehr wirkungsvolles Mittel zur nachhaltigen
Förderung der Integration von Kindern und Jugendlichen. Diese wiederum wirken
als „Integrations – Multiplikatoren/innen“ in ihren Familien.
Arbeitsgelegenheiten
Viele Flüchtlinge werden in der Gemeinde bereits erfolgreich in gemeinnützigen
Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsyLBLG beschäftigt.
Erfahrungsgemäß hat dies in der Vergangenheit, flankiert durch die Sprachkurs –
Angebote, ganz wesentlich zur Beschleunigung der Integration und zur raschen
Vermittlung von Arbeit im Rahmen späterer Arbeitserlaubnisse beigetragen.
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Die Bemühungen um gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten sollen deshalb mit
Blick auf die gestiegene Zahl der Flüchtlinge für das kommende Jahr nochmals
verstärkt werden.
Vereine, aber auch handwerklich begabte Privatpersonen sind dabei aufgerufen,
über das Ehrenamt in unseren Orten Begleitung und Anleitung zu geben.
Betreuung der Flüchtlinge und Integration
Die, vom Teamleiter des Sozialamtes und seinen Mitarbeitern koordinierte,
Flüchtlingsinitiative Nettersheim umfasst zwischenzeitlich 59 aktive Helfer/innen
aus allen Orten der Gemeinde (und darüber hinaus).
Neben ehrenamtlichen Hauspatenschaften für die Unterkünfte und erfolgreichen
Deutschkursen in Marmagen, Nettersheim und Tondorf leiten sich aus der Flüchtlingsinitiative zahlreiche Aktivitäten wie Freundschaftstreffen, Begleitdienste,
Fahrradservice u. v. m. ab.
Erfreulich ist, dass sich auch die Dorfgemeinschaften und Vereine sich mehr und
mehr in die Betreuungs- und Integrationsarbeit einbringen möchten. Auch hier
leistet das Sozialamt im Vorfeld der Aktivitäten individuelle Beratung mit dem
Ziel, derartiges Engagement langfristig zu erhalten und zu motivieren.
Über ein Spendenkonto und einen Förderantrag im kirchlichen Bereich stehen der
Flüchtlingsinitiative für ihre Arbeit in bescheidenem Umfange jüngst auch selbstverwaltete Finanzmittel zur Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit zur Verfügung.
All dies trägt zur personellen und wirtschaftlichen Entlastung der Gemeinde bei
und stärkt das „Wir – Gefühl“ im bürgerschaftlichen Engagement.
Sehr erfreulich zu bewerten ist der Plan der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unserem Jugendtreff „Annex“ in Nettersheim, sich in Begleitung unserer
Jugendbetreuerin und in Kooperation mit dem Sozialamt so ebenfalls zeitnah in
Flüchtlingsprojekte und andere soziale Projekte einbinden zu wollen. Ein entsprechender Gedankenaustausch wurde bereits bei einem ersten Treffen vor vier Wochen im Jugendtreff angestoßen und soll bereits am 19.11.2015 konkretisiert
werden.
Nur durch das bemerkenswerte Engagement aller ehrenamtlichen Helfer/innen
war und ist es möglich, die große aktuelle und weiterhin andauernde Herausforderung der Flüchtlingskrise im Sinne der betroffenen Menschen und der Gemeindebevölkerung zu meistern.
Um das Ehrenamt auch weiterhin stark zu halten und auf die vielfältigen Herausforderungen im täglichen Einsatz vorzubereiten, steht beim Sozialamt jederzeit
fachkundige Beratung zur Verfügung, werden Schulungsmodule über das Kommunale Integrations- und Bildungszentrum beim Kreis Euskirchen (KoBiZ) angeboten und regelmäßige Treffen der Flüchtlingsinitiative zum Gedankenaustausch
organisiert und begleitet. Diese Angebote sollen zukünftig zielgruppenorientierter
und somit noch effizienter gestaltet werden.
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Dem Einsatz der hauptamtlichen Mitarbeiter/innen der Gemeinde und der vielen
Ehrenamtlichen ist es sicher zu verdanken, dass die „Stimmung“ der weitaus
überwiegenden Bevölkerung unserer Gemeinde gegenüber unseren Flüchtlingen
weiterhin offen und unvoreingenommen ist.
Das ist und bleibt unsere gemeinsame Aufgabe: Wir leben „Willkommenskultur“!
Das das, trotz vieler Schwierigkeiten, Unwägbarkeiten und mancher Belastungsspitzen so bleibt, daran sollten und werden alle beteiligten Kräfte mit Nachdruck
weiter arbeiten.
Förderung der freiwilligen Rückreise
In den kommenden Monaten wird, etwa ab Januar, mit den ersten Ablehnungen
von Asylanträgen der Flüchtlinge aus dem West – Balkan gerechnet.
Sofern diese Menschen gegen die Ablehnung keine (aussichtlosen) Rechtsmittel
bemühen werden, haben sie die Möglichkeit, einer Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise zuvor zu kommen. Das ist vor allem bei Familien mit Kindern aus
humanitären Gründen sehr zu begrüßen.
Etwa zwei Drittel der betroffenen Menschen ist nach unseren Erkenntnissen Erstantragsteller und kann somit vom freiwilligen Rückreiseprogramm der IOM (International Organization for Migration) in Nürnberg Gebrauch machen. Ihnen wird
die Rückreise von dort bezahlt und eine kleine Starthilfe für die Heimat (abhängig
vom Herkunftsland) gewährt. Das Sozialamt berät Betroffene zu diesen Möglichkeiten seit jeher offen und nachhaltig.
Folgeantragstellern kann diese Hilfe aber nur dann gewährt werden, wenn sie
nach dem ersten Aufenthalt in Deutschland noch keine solche Reisevergünstigung erhalten hatten.
Können abgelehnte Asylbewerber/innen nicht mehr in den Genuss der überstaatlichen IOM - Förderung kommen, so empfiehlt sich in bewährter Weise, die – zumeist mittellosen – Betroffenen in Abwägung humanitärer und wirtschaftlicher
Gesichtspunkte bei ihrer Rückreise aus dem gemeindlichen Haushalt zu unterstützen (der Rücktransfer beispielsweise einer fünfköpfigen Familie nach Albanien
kostet ca. 700 €, die monatliche Sozialhilfe macht ungefähr 1.500 € aus).
---------------------------------------Dem Rat wird empfohlen und seine Mitglieder ausdrücklich gebeten, die dargestellte Strategie durch Beschlussfassung im Gremium und im Rahmen der persönlichen politischen Arbeit in unseren Orten nachdrücklich zu unterstützen.
gez. Pracht
____________________
Bürgermeister