Daten
Kommune
Nörvenich
Größe
6,5 MB
Datum
09.02.2017
Erstellt
18.01.17, 19:07
Aktualisiert
18.01.17, 19:07
Stichworte
Inhalt der Datei
Artenschutzprüfung (Fledermäuse)
für den Abriss mehrerer Gebäude
der unteren Mühle in Nörvenich
Michael Straube
Wegberg
Oktober 2015
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Auftraggeber:
Landschaftsarchitektur Reepel
Schweringstr. 1
52349 Düren
Ansprechpartnerin:
Dipl.-Ing. Jutta Weber-Gray
Landschaftsarchitektur Reepel
Schweringstr. 1
52349 Düren
Auftragnehmer:
Dipl.-Biol. Michael Straube
Eichenstr. 32
41844 Wegberg
Tel. 02434-9930275
Mobil 0177-8892450
straube@michael-straube.de
Wegberg im Oktober 2015
Verwendete Kartengrundlage: © Geodaten NRW 2015
2
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
3
Inhaltsverzeichnis
ANLASS
5
UNTERSUCHUNGSGEBIET UND METHODEN
5
Nächtliche Daueraufzeichnungen
9
ERGEBNISSE
11
Potentielle Lebensstätten
11
Fledermauskartierung
12
ARTENSCHUTZPRÜFUNG
18
POTENTIELL VORKOMMENDE PLANUNGSRELEVANTE ARTEN
20
POTENTIELLE WIRKFAKTOREN
21
ERGEBNIS DER ARTENSCHUTZPRÜFUNG
22
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum, Wirkfaktoren)
I.1: Vorprüfung des Artenspektrums
I.2: Vorprüfung der Wirkfaktoren
Ergebnis der Vorprüfung
22
22
22
22
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
23
II.1 Ermittlung und Darstellung der Betroffenheit der Arten und Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen
23
II.2 Risikomanagement
24
II.3 Prognose der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
24
Ergebnis der vertiefenden Prüfung
24
Notwendige Maßnahmen
25
QUELLEN
27
ANHANG
28
Anhang 1: Fledermausarten im Messtischblatt-Quadranten 5105-4 (Nörvenich-Südost) und in den
umgebenden acht MTB-Quadranten für die Biotoptypen Säume und Hochstaudenfluren (Säu), Gärten,
Parkanlagen und Siedlungsbrachen (Gärt) und Gebäude
28
Anhang 2: Fotodokumentation
Komplex 1 - Genutztes Wohngebäude und Schuppen
29
29
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Komplex 2 - Ungenutzte Wohngebäude
Komplex 3 - Gartenhäuser
Komplex 4 - Ehemalige Mühlengebäude
Gehölze
Haselnüsse aus dem UG und vom angrenzenden Fußweg
4
32
35
36
42
44
Anhang 3: Einstellungen von Daueraufzeichnungen und Monitoring und zur Auswertung verwendete
Software
45
Anh. 4: Auswertung der Daueraufzeichnungen
46
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
5
Anlass
In Nörvenich müssen für den Neubau eines Einkaufsmarktes die Gebäude der
historischen Unteren Mühle abgerissen werden. Gebäude wie diese können potentiell
mehreren in Nordrhein-Westfalen vorkommenden Fledermausarten im Sommer und
Winter als Quartiere dienen.
Fledermäuse gehören in Deutschland zu den gefährdeten Tierarten. Daher sind nach
dem Bundesnaturschutzgesetz alle heimischen Fledermausarten und wichtige Fledermausquartiere streng geschützt (BNATSCHG 2010). In Nordrhein-Westfalen stehen alle
Fledermausarten auf der Roten Liste gefährdeter Tiere und Pflanzen. Lediglich die
Zwerg- und die Fransenfledermaus gelten derzeit als ungefährdet (LANUV 2011).
Es muss ausgeschlossen werden, dass bei den Abrissarbeiten Fledermäuse oder
andere planungsrelevante oder auch "nur" national geschützte1 Tierarten getötet,
geschädigt oder ihre Quartiere vernichtet werden. Aufgrund der Konstruktion der
Gebäude können Vorkommen streng geschützter und planungsrelevanter
Fledermausarten nicht ausgeschlossen werden. Daher besteht die Notwendigkeit einer
Artenschutzprüfung für Fledermäuse.
Ziel dieser Untersuchung war es festzustellen, ob an den rückzubauenden Gebäuden
potentielle Quartiere für Fledermäuse bestehen und ob dort aktuell Fledermäuse
Lebensstätten nutzen. Der vorliegende Bericht gibt die Ergebnisse der Untersuchung
wieder und stellt Maßnahmen und den Bedarf an weiteren Untersuchungen vor.
Untersuchungsgebiet und Methoden
Das Untersuchungsgebiet (UG) umfasst die zurückzubauenden Gebäude und die zu
rodenden Bäume auf dem Gelände der Unteren Mühle in Nörvenich (Abb. 1-3). Es
handelt sich um sieben, teilweise zusammen hängende Gebäude, die in drei Blöcken um
den Innenhof der ehemaligen Mühle (Abb. 4-5) stehen sowie zwei Schuppen im Garten
(Abb. 3 und Fotos im Anhang) mit einer Grundfläche von zusammen ca. 650 m².
Das UG liegt im Norden des Zentrums von Nörvenich. Im Westen und Süden des
Mühlengeländes schließen sich Wohngebiete an, im Osten liegt ein Schulgeländer, im
Norden eine Turnhalle. Weiter schließen sich im Norden Grünflächen (Wiesen und
Sportanlagen) an, die von Gehölzen begrenzt werden. 60 m nordöstlich des UG verläuft
der Neffelbach, etwa 150 nördlich der Mühle beginnt der beiderseits der L 495 gelegene
große und wertvolle Nörvenicher Wald, der auch den Fliegerhorst Nörvenich beherbergt,
1
Nach MKULNV (2010, S. 3, Satz 1) finden bei nicht genehmigungspflichtigen Maßnahmen und
Tätigkeiten (Umbaumaßnahmen, Abrissarbeiten, Renovierungsarbeiten) die artenschutzrechtlichen
Verbote uneingeschränkt Anwendung, so dass in diesen Fällen auch die "nur" national geschützten
Arten zu beachten sind.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
6
und der als Lebensraum zahlreicher bedeutender Tierarten bekannt ist (siehe unten
unter Artenschutzprüfung).
Erfassung potentieller Lebensstätten
Zur Erfassung potentieller und genutzter Lebensstätten wurden die Gebäude einmalig
tagsüber vom Boden aus auf Hohlräume und potentielle und genutzte Hangplätze
untersucht. Es wurden alle zugänglichen Räume, Keller und Dächer mit Ausnahme des
bewohnten Gebäudes im Westen des UG begangen. Da aufgrund der Tageszeit keine
Fledermausaktivität zu erwarten war, wurde neben sichtbaren Tieren v.a. auf Kot- und
Urinspuren sowie Lautäußerungen (mit dem bloßen Ohr hörbare Sozialrufe) geachtet.
Die Bäume wurden vom Boden aus auf potentielle Lebensstätten planungsrelevanter
Arten untersucht, ggf. unter Zuhilfenahme eines Fernglases. Eine Baumhöhle wurde von
einer Leiter aus untersucht.
Abb. 1: Grobe Lage des Untersuchungsgebietes (rot umrandet) im Norden von Nörvenich
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Abb. 2: Lage der Unteren Mühle in Nörvenich im Luftbild
Abb. 3: Untersuchte Gebäude (zur Nummerierung siehe Text Ergebnisse)
7
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
8
Abb. 4-5: Blick in den Innenhof des Mühlengeländes
Fledermauskartierung
Zur Erfassung des Fledermaus-Artenspektrums im UG und zur Erfassung möglicher
Quartiere in der herbstlichen Paarungszeit fand eine einmalige Untersuchung des
Gebietes mit einer abendlichen und einer morgendlichen Begehung statt2. Da
Fledermäuse in der Regel nicht direkt beobachtet werden können, wurde zur Erfassung
und Bestimmung bei den Begehungen ein Fledermausdetektor verwendet (Pettersson D
240x). Dieses Gerät erlaubt die Bestimmung mehrerer Fledermausarten bzw. -gattungen
mit dem Gehör. Darüber hinaus bietet es die Möglichkeit, Fledermausrufe aufzunehmen,
wiederholt abzuspielen und auf einem externen Medium zu speichern. Gleichzeitig lief
während der Begehungen ein Daueraufzeichnungsgerät (Elekon Batlogger M mit
Ultraschallmikrofon FG Black) im Rucksack, das automatisch Rufsequenzen von
Fledermäusen aufnimmt und mittels eingebautem GPS auch verortet.
Zur Bestimmung der Rufsequenzen wurde das Programm BatSound 4.03 (Fa.
Pettersson) genutzt, daneben zur Grobbestimmung der Aufnahmen des Batloggers und
der Daueraufzeichnungen (s.u.) das Programm Sonochiro (Fa. Biotope). Als
Referenzdaten wurden u.a. SKIBA (2010), AVISOFT (2010), HAMMER & ZAHN (2009) und
BARATAUD (2012) sowie die gesammelten Rufsequenzen der Fa. Ecoobs
(www.batcorder.de) genutzt, zur Bestimmung von Soziallauten PFALZER (2002). Die
Aufnahmen des Batloggers während der Begehungen wurden komplett durchgesehen.
Von den Aufnahmen an festen Standorten (s.u.) wurden - soweit vorhanden mindestens 150 Aufnahmen von Hand analysiert, darunter alle nicht als
Zwergfledermaus vorbestimmten Rufsequenzen. Die Bestimmung der Zwergfledermaus
mit der eingesetzten Software ist sehr zuverlässig, so dass - an festen Standorten - der
hohe Aufwand der Handanalyse Hunderter weiterer Rufsequenzen keinen weiteren
Erkenntnisgewinn bringt.
2
Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit waren keine weiteren Begehungen möglich und sinnvoll. Eine
Untersuchung zur Wochenstubenzeit aufgrund des Zeitplans nicht möglich.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
9
Methodisch zu berücksichtigen ist, dass ein quantitativer Nachweis leise rufender Arten
wie Langohren, Großem Mausohr, Fransen-, Bechstein- und Wimperfledermaus mit
akustischer Aufnahmetechnik in der Regel nicht möglich ist. Mehrere Arten aus der
Gattung Myotis, aber auch manche Sequenzen tief rufender Fledermausarten lassen
sich selbst mit Computeranalyse nicht sicher bestimmen bzw. trennen. Auch bei Zwergund Rauhautfledermaus gibt es Überschneidungen im Rufbereich. In vergleichbaren
Flugsituationen rufen Tiere unterschiedlicher Arten oder sogar Gattungen oft sehr
ähnlich, in unterschiedlichen Flugsituationen kann ein Tier vollkommen verschiedene
Ruftypen nutzen. Deshalb werden Rufsequenzen aus der Gattung Myotis oft als Myotis
spec. klassifiziert, tiefe Rufe, die nicht näher bestimmt werden konnten, als nyctaloid
(Großer und Kleiner Abendsegler, Breitflügelfledermaus, potentiell Zweifarbfledermaus).
Die Zahl gleichzeitig jagender Fledermäuse lässt sich mit Detektoren und
Daueraufzeichnungen (s.u.) meist nicht bestimmen. Deswegen fehlen im Folgenden
Zahlenangaben weitgehend. In der Regel wurden Einzeltiere beobachtet oder
aufgenommen.
Nächtliche Daueraufzeichnungen
Zur längeren, Beobachter-unabhängigen und parallelen Untersuchung ausgewählter
Standorte wurden in der Untersuchungsnacht zusätzlich vier Geräte zur
Daueraufzeichnung von Fledermäusen aufgestellt, die abends vor der Begehung
ausgebracht und erst am nächsten Morgen abgebaut wurden. Es wurden nur
hochwertige Daueraufzeichnungsgeräte an wechselnden Standorten eingesetzt. Die
genutzten Geräte und Mikrofone (WildlifeAcoustics SM2BAT+ mit Mikrophon SMX-UT,
Einstellungen siehe Anh. 2) sind sehr empfindlich nehmen über viele Stunden (oder
sogar Tage) Fledermausrufe in hoher Qualität auf. Zur Auswertung wurden die o.g.
Methoden und Quellen verwendet.
Als Standorte der Daueraufzeichnungen wurden drei Gebäudefassaden und ein
potentieller Quartierbaum als Standorte gewählt (Abb. 6), um die Bedeutung der
Gebäude und die potentielle Nutzung dieses Baums als Quartiere zu erfassen.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Abb. 6: Standorte der Daueraufzeichnungen (mit Gerätenummern, 6 auch Standort des
Walnussbaums)
10
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
11
Ergebnisse
Die zurückzubauenden Gebäude werden seit mehreren Jahren (Wohnhäuser ca. drei
Jahre), teilweise seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt. Nur ein Gebäude im Südwesten
wird noch bewohnt. Kenntnisse über genutzte oder potentielle Fledermausquartiere
liegen den Bewohnern dieses Hauses, dem Auftraggeber und dem Kreis Düren nicht vor.
Es ist aber bekannt, dass abends regelmäßig kleine Fledermäuse, vermutlich
Zwergfledermäuse im Garten im Westen des UG fliegen.
Die Untersuchung der Gebäude und Bäume auf Lebensstätten von Fledermäusen und
anwesende Tiere fand am 20.8.15 bei mildem, trockenem Sommerwetter statt. Wenige
Tage zuvor hatte es länger geregnet, so dass Spuren von Fledermäusen wie Kot und
Urinstreifen aus dem Sommer (Wochenstubenzeit) an Fassaden, Fenstern,
Fensterbänken und am Boden eventuell vom Regen beseitigt worden sind. Die
vertiefende Untersuchung mit Detektorbegehung und Daueraufzeichnungen fand am
Abend des 24.9.15 und am Morgen des 25.9.15 statt. Dabei wurden nochmals alle
Fassaden, Fenster und die Fensterläden auf Spuren von Fledermäusen und anwesende
Tiere untersucht. Weiter wurde die Höhle in der Walnuss von einer Leiter aus inspiziert.
Potentielle Lebensstätten
Die Gebäude wurden zum Großteil vollständig begangen (vgl. Fotos im Anhang). Das
noch bewohnte Haus war nicht zugänglich, ebenfalls mehrere Zimmer des rechten
unbewohnten Hauses. Alle Hausdächer sowie alle Räume in den ehemaligen
Mühlengebäuden sind für Fledermäuse durch Spalten am Dachrand oder zerbrochene
Fenster erreichbar.
In den Fassaden nahezu aller Gebäude waren Spalten in Fugen, Rissen oder am
Dachrand zu erkennen, die potentiell Fledermäusen als Einschlupf dienen können. Vom
Boden waren die Spalten nicht tiefer einsehbar. Fledermäuse wurden nicht entdeckt. In
den (Sattel-)Dächern konnten keine Hinweise auf eine Nutzung durch Fledermäusen und
keine anwesenden Tiere entdeckt werden. Aufgrund der Innenansicht der Dachränder
werden Fledermausquartiere in diesem Bereich ausgeschlossen. Allerdings wurden dort
im linken ungenutzten Wohngebäude mehrere alte Singvogelnester entdeckt, am
Ostgiebel zahlreiche Kotstreifen von Vögeln. Bruten von Mauerseglern werden nicht
ausgeschlossen; zum Zeitpunkt der Begehung waren die Tiere bereits ins Winterquartier
gezogen. Gewölle oder Schmelz wurden in den Dächern nicht nachgewiesen.
Auf der Nordseite der Wohnhäuser hängen mehrere, aktuell ungenutzte Fensterläden.
Hinter den Läden waren keine Fledermäuse zu sehen, neben den Läden war ebenfalls
kein Kot zu entdecken, der von anfliegenden Tieren häufig abgesetzt wird.
Die ungenutzten Wohnhäuser sind als einzige Gebäude teilweise unterkellert, die
Kellerräume - wegen eines Wasserschadens - aktuell sehr feucht. Fledermäuse könnten
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
12
theoretisch durch Spalten an der Eingangstür eindringen aber nicht frei einfliegen.
Decken und Wände der Keller weisen kaum Spalten auf, in denen sich Fledermäuse
verstecken könnten. Tiere wurden nicht entdeckt, waren aufgrund der Jahreszeit aber
auch nicht zu erwarten.
Auf einer Fensterbank im Inneren des alten Mühlengebäudes wurde zwei Bröckchen
Fledermauskot entdeckt (siehe Abb. im Anh.), sonst fehlen jegliche Hinweise auf
Fledermäuse im Inneren der Gebäude. Für die lange Zeit der Nichtnutzung ist dies
unerwartet wenig. An einem Fenster auf der Ostseite des ungenutzten Wohngebäudes
wurde ein einzelner Kotkrümel entdeckt (bei der zweiten Begehung am 24.9.
unverändert). An intensiv bejagten Fassaden finden sich oft zahlreiche Kotkrümel, ohne
dass dort ein Quartier oder sogar eine Wochenstube bestände.
Im angrenzenden Garten stehen zwei kleine Gartenhäuser. Obwohl die Fassaden
teilweise lückig sind (vgl. Abb. im Anh), bieten die einreihigen Mauern kaum Spalten und
sicherlich keine Hohlräume, die als Wochenstuben- oder Winterquartiere geeignet
wären. Dächer und Wände sind nicht isoliert. Die Ziegel des hinteren Gebäudedachs
liegen lose auf. Türen und/oder Fenster stehen teilweise offen oder sind zerbrochen.
Entsprechend zugig ist dieses Gebäude. Das Dach des vorderen Gebäudes besteht aus
Holzbrettern, die mit Teerpappe verkleidet sind. In beiden Gartenhäusern wurden
keinerlei Spuren von planungsrelevanten Arten wie Fledermäusen gefunden wurden,
ebenso wenig an Fassaden und Fenster der Gebäude. Fassaden und Giebel sind
teilweise mit Efeu zugewachsen.
Im Garten nördlich der Mühle stehen zahlreiche schwache bis mittelstarke Bäume, v.a.
Obstbäume, sowie vier stärkere Bäume: eine zweistämmige Line mit Stämmen von ca.
40 und 50 cm BHD, eine stark mit Efeu bewachsene Kastanie von etwa 50 cm BHD und
eine Walnuss mit ca. 60 cm BHD. In einem Kronenast der Walnuss befindet sich in etwa
6 m Höhe ein Spechtloch mit Flüssigkeitsaustritt. Von der Leiter aus war zu erkennen,
dass diese Höhlen nur wenige Zentimeter nach oben erweitert war und im unteren
Bereich Flüssigkeit steht, die auch austritt. Als Fledermausquartier ist sie nicht geeignet.
Fledermauskartierung
Im Rahmen der Begehungen wurden drei Fledermausarten und drei Artengruppen
nachgewiesen (vgl. Tab. 1 und Anh. 4): Breitflügel-, Rauhaut und Zwergfledermaus, die
Artengruppe Braunes/Graues Langohr, eine tief rufende Art (Breitflügelfledermaus,
Großer/Kleiner Abendsegler, Zweifarbfledermaus) sowie eine Myotis-Art (potentiell
Bechsteinfledermaus). Mehrere erfasste Arten nutzen Höhlen oder Spalten in Gebäuden
und/oder an Bäumen als Quartiere von Wochenstuben, Einzel-, Zwischen-, Paarungsoder Winterquartiere (siehe und Artbeschreibungen unten). Alle Fledermausarten sind in
NRW planungsrelevant.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Tab. 3: Liste der nachgewiesenen (fett) und der potentiell nachgewiesenen Fledermausarten
Rote Liste NRW
Plan.
rel.
Erh. atl. Reg.
Myotis bechsteini
2
x
S↑
Braunes Langohr
Plecotus auritus
G
x
G
Breitflügelfledermaus
Eptesicus serotinus
2
x
G↓
Graues Langohr
Plecotus austriacus
1
x
S
Großer Abendsegler
Nyctalus noctula
R**
x
G
Kleiner Abendsegler
Nyctalus leisleri
V
x
U
Rauhautfledermaus
Pipistrellus nathusii
R**
x
G
Zwergfledermaus
Pipistrellus pipistrellus
*
x
G
Deutscher Name
Wissenschaftlicher Name
Bechsteinfledermaus
** Wochenstuben der Rauhautfledermaus kommen im Kreis Düren nicht vor, Wochenstuben
des Großen Abendseglers sind möglich, der wandernde Teil der Populationen wird in der RL
NRW als ungefährdet (*) eingestuft
Einstufung für die Rote Liste NRW nach LANUV (2011)
1: vom Aussterben bedroht 2: stark gefährdet 3: gefährdet *: ungefährdet
V: Vorwarnliste; Art ist merklich zurückgegangen, aber aktuell noch nicht gefährdet
S: dank Schutzmaßnahmen gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet
R: durch extreme Seltenheit gefährdet
Plan.rel. planungsrelevante Art in Nordrhein-Westfalen
Erh. Atl. Reg. Erhaltungszustand in der atlantischen Region von Nordrhein-Westfalen
G: günstig S: schlecht
U: unzureichend
↓: mit Tendenz zur Verschlechterung
↑: mit Tendenz zur Verbesserung
Sicher nachgewiesene Arten
Die Breitflügelfledermaus ist wie die Zwergfledermaus ein Spaltenbewohner, der häufig
an Gebäuden nachgewiesen wird. V.a. Einzeltiere nutzen vermutlich auch Baumhöhlen
und andere Spaltenquartiere abseits von Gebäuden, werden dort aber nur selten
entdeckt. Winterquartiere sind meist weniger als 50 km, selten mehr als 300 km von den
Sommerlebensräumen entfernt. Breitflügelfledermäuse jagen in der offenen und
halboffenen Kulturlandschaft, gerne über Grünland mit Gehölzen, an Waldrändern und
über Gewässern, aber auch in Parks, Streuobstwiesen und an Laternen. Die
Jagdgebiete sind meist nur 1-8 km, maximal 12 km von den Quartieren entfernt.
Nach dem FIS Geschützte Arten in NRW ist die Breitflügelfledermaus im Flachland fast
in ganz NRW verbreitet. In den Mittelgebirgen bestehen Verbreitungslücken, die wie im
Flachland zumindest teilweise auf Erfassungslücken zurückzuführen sein dürften. Für
den Kreis Düren wird die Art in zahlreichen MTB-Quadranten im FIS angegeben. Es sind
auch mehrere Wochenstuben der Art bekannt (NABU Düren). Quartiere der
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
14
Breitflügelfledermaus sind in Nörvenich und Umgebung möglich. Im vorliegenden MTBQuadranten wird die Art nicht genannt, in mehreren Quadranten der benachbarten MTB
Düren und Kreuzau dagegen schon.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die Breitflügelfledermaus nur einmal
an einer Daueraufzeichnung erfasst. Es ist möglich, dass unter den nicht bestimmten
tiefen Rufsequenzen (nyctaloide Rufe) weitere Breitflügelfledermäuse waren. Sie
überflogen das Gebiet aber nur kurz.
Die Breitflügelfledermaus ist vom Abriss der Gebäude vermutlich nicht betroffen.
Hinweise auf Quartiere der Art oder eine Nutzung der Gebäude oder Bäume durch die
Art liegen nicht vor.
Rauhautfledermäuse werden in Nordrhein-Westfalen vorwiegend auf dem Durchzug im
Frühjahr und Herbst nachgewiesen und manchmal auch im Winter gefunden, etwa in
Holzstapeln. Wochenstuben der Art bestehen v.a. in Nordostdeutschland und -europa. In
Recklinghausen wurde die einzige Wochenstube der Art in Nordrhein-Westfalen
bekannt. Rauhautfledermäuse leben im Sommer vorwiegend in Baumhöhlen und
Rindenspalten, im Winter werden Spalten in Bäumen und Gebäuden aufgesucht. Als
Paarungsquartiere nutzen die Männchen neben Bäumen auch exponierte Objekte wie
Türme, Dalben u.ä. Zwischen Sommer- und Winterlebensräumen wandern die Tiere oft
mehrere 100 km, maximal bis zu 1.900 km weit. Als Jagdgebiete nutzt die
Rauhautfledermaus insektenreiche Waldränder, Gewässerufer und Feuchtgebiete in
Wäldern in einem Umkreis von 6 bis 7, maximal 10 km um die Quartiere.
Laut FIS ist die Art in NRW großflächig verbreitet. Sie tritt v.a. während der Zugzeiten im
Frühjahr und im Herbst auf, wobei sie im Herbst deutlich häufiger erfasst wird (eig.
Beob.). In Teilen des Flachlandes und der Mittelgebirge fehlen Nachweise, was auf
Erfassungslücken zurückgeführt werden kann. Für den Kreis Düren wird die Art
großflächig im FIS aufgeführt. Vermutlich kommt sie zur Zugzeit und im Winter
flächendeckend im Kreis vor. Winterfunde liegen dem NABU Düren vor.
Rauhautfledermäuse wurden an drei Daueraufzeichnungen mehrfach aufgenommen. Die
Art nutzt das UG zur Zugzeit sicherlich zur Jagd. Potentiell bezieht sie im UG Zwischenund Paarungsquartiere, potentiell nutzt sie dort auch Winterquartiere. Hinweise darauf
liegen aber nicht vor; Holzstapel als typische Überwinterungsorte bestehen dort nicht. Es
wurden auch keine der typischen Balzrufe der Art aufgezeichnet.
Die Rauhautfledermaus vom Abriss der Gebäude und von der Rodung der Bäume
potentiell betroffen, da sie als kleine Art auch winzige Hohlräume und Spalten nutzen
kann. Hinweise auf eine Nutzung der Gebäude oder Bäume liegen aber nicht vor.
Wochenstuben sind aufgrund der Region unbekannt und nicht zu erwarten.
Die Zwergfledermaus ist im Rheinland als typische Dorf- und Stadtfledermaus bekannt,
weil sie sich dort überall gut beobachten lässt. Kartierungen in Wäldern zeigen auch hier
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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in der Regel eine Dominanz der Art. An Gehölzen, Waldrändern und anderen Leitlinien
fliegt und jagt sie ebenfalls sehr häufig, ist hier aber nicht unbedingt immer die dominant
Art. Die Jagdgebiete liegen meist in der direkten Umgebung der Quartiere, maximal ca.
2,5 bis 4 km entfernt. Spalten und enge Hohlräume an Gebäuden sind die bevorzugten
Sommer- und Wochenstubenquartiere der Art. V.a. Männchen- und Paarungsquartiere
befinden sich aber auch in Baumhöhlen sowie in Vogel- und Fledermauskästen. Als
Winterquartiere werden - wo vorhanden - neben Häusern auch Stollen, Brücken (auch
Autobahnbrücken), Höhlen und Felsen angenommen. Oft verbringen Zwergfledermäuse
den Winter in individuenreichen Massenwinterquartieren, die aber selten bekannt sind.
Sommer- und Winterquartiere liegen oft nur wenige 10 km auseinander.
Laut FIS ist die Zwergfledermaus in Nordrhein-Westfalen flächendeckend verbreitet. Die
Art ist im Kreis Düren vermutlich die mit Abstand häufigste Art. Sie jagt im gesamten
Kreisgebiet in Siedlungen, Wäldern, strukturreichem Offenland und an Gewässern, wenn
auch mit sehr unterschiedlicher Dichte (eig. Beob.). Im Kreis Düren sind zahlreiche
Wochenstubenquartiere der Art bekannt, in Nörvenich sind ebenfalls mehrere
Wochenstubenquartiere der Art zu erwarten.
Die Zwergfledermaus ist war die mit Abstand am häufigsten nachgewiesene Art. Sie
wurde an allen Daueraufzeichnungen häufig aufgenommen. Um die Gebäude und
Bäume sowie über der Rasenfläche jagten die Tiere v.a. am frühen Abend, unmittelbar
nach Sonnenuntergang und auch am Morgen kurz vor Sonnenaufgang, so dass
vermutlich in der Nähe Quartiere bestehen. Ein Tier verließ das UG um 7.00 morgens in
Richtung Süden. Besonders stark war die Jagdaktivität am frühen Abend zwischen den
Wohngebäuden und dem Mühlengebäude. Von den Gebäuden abfliegende oder
morgens gezielt anfliegende Tiere wurden aber nicht erfasst.
Neben Ortungsrufen wurden mehrfach Sozialrufe aufgenommen, die von den Männchen
als Balzrufe eingesetzt werden. Balzende Männchen, v.a. über der Kastanienstraße
zwischen dem UG und dem Schulgebäude sowie über dem Schulhof weisen auf
Quartiere von Einzeltieren und Paarungsquartiere in der Umgebung des UG, potentiell
auch in Spalten in UG hin. Die Kotfunde im Mühlengebäude deuten auf Tiere hin, die
dort eingeflogen sind, die geringe Menge (zwei Kotbrocken) im Vergleich zu Jahrzehnten
der Nichtnutzung zeigen, dass im Inneren der Mühlengebäude kein Quartier der Art
besteht.
Quartiere der Zwergfledermaus sind potentiell von den Abbrüchen betroffen, da die Art
auch sehr kleine Spalten und Höhlungen an Gebäuden, aber auch an Bäumen nutzt.
Konkrete Hinweise darauf liegen nicht vor. Wochenstuben und Massenwinterquartiere
der Art mit Dutzenden oder Hunderten Tieren werden ausgeschlossen.
Nachgewiesene Artengruppen
Von den Langohrfledermäusen kommen im Rheinland mit dem Braunen und dem
Grauen Langohr zwei Arten vor, die sowohl äußerlich als auch anhand ihrer
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
16
Lautäußerungen nur schwer zu unterscheiden sind. Daher werden sie bei der
Lautanalyse derzeit nicht unterschieden.
Das Braune Langohr nutzt sowohl Spalten und Höhlen in Bäumen wie an Gebäuden als
Sommer- und Wochenstubenquartiere. Baumquartiere werden alle 1-4 Tage gewechselt.
Braune Langohren jagen meist in 1,5 bis 3 km um die Quartiere in Wäldern, an
Waldrändern und Gewässern, entlang von Hecken und in strukturreichen Parks und
Gärten nach Wirbellosen, die sie häufig vom Substrat ablesen. Den Winter verbringen
sie in der Regel in unterirdischen Gebäuden. Als kälteresistente Art können sie aber
vermutlich auch einen großen Teil der kalten Jahreszeit in Baumhöhlen überwintern.
Zwischen Sommer- und Winterlebensräumen legt die Art selten mehr als 20 km zurück.
Braune Langohren sind landesweit verbreitet und kommen in den meisten Wäldern und
Siedlungen vor. Lücken sind vielfach Erfassungslücken dieser leise rufenden und
heimlich dicht an Gehölzen jagenden Art. Im Kreis Düren sind zahlreiche Wochenstuben
und Winterquartiere der Art bekannt (NABU Düren). Die Art ist kreisweit verbreitet.
Das Graue Langohr ist seiner Geschwisterart in Aussehen und Ansprüchen ähnlich,
nutzt aber vorwiegend Gebäude als Sommer- und Wochenstubenquartiere. Bei der Jagd
soll es größere Waldbestände meiden (FIS). Als Abstand von Sommer- und
Winterquartieren sind 18 km belegt.
Graue Langohren wurden bislang v.a. in der Eifel und Voreifel sowie am Niederrhein
nachgewiesen. Aus Sauer-, Siegerland und Westfalen liegen wenige Nachweise vor.
Vermutlich handelt es sich um Erfassungslücken, da Graue Langohrfledermäuse in der
Vergangenheit vielfach als Braune Langohren angesprochen wurden. Im Kreis Düren
kommt die Art mit mehreren Wochenstuben und Winterquartieren vor (NABU Düren).
Trotz leiser Rufe gelangen mehrere Aufnahmen von Langohren vor den Gebäuden.
Sicherlich nutzen Langohren das Gebiet das ganze Jahr über als Jagdgebiet. Hinweise
auf Quartiere liegen aber nicht vor (siehe auch oben zur Untersuchung der Gebäude).
Braune Langohren besitzen sicher Quartiere in Gebäuden und Bäumen in Nörvenich und
in den benachbarten Wäldern und Dörfern.
Aufgrund der fehlenden Hinweise in den Gebäuden und der wenigen Aufnahmen sowohl
an den Gebäuden als auch im Bereich der Gehölze, ist sind Quartiere von LangohrFledermäusen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von den Abrissen und Rodungen
betroffen. Als auch passiv ortende Arten, die Beuteinsekten auch aufgrund deren eigener
Geräusche finden, sind Langohren lärmempfindlich. Außerdem meiden sie erleuchtete
Bereiche.
Es wurden einzelne Sequenzen tief (nyctaloid) rufender Arten aufgezeichnet. Dazu
gehören neben der oben behandelten Breitflügelfledermaus der Große und der Kleine
Abendsegler sowie die Zweifarbfledermaus. Große und Kleine Abendsegler nutzen
Quartiere an Bäumen, Kleine Abendsegler und Zweifarbfledermäuse Quartiere an
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Gebäuden. Für alle drei Arten wird die Betroffenheit von Quartieren im UG
ausgeschlossen und daher auf eine nähere Behandlung der Arten verzichtet.
Drei aufgenommene Sequenzen stammen von einer Art der Gattung Myotis. Aufgrund
der hohen Rufe kann es sich dabei um eine Bechsteinfledermaus gehandelt haben, die
im benachbarten Nörvenicher Wald verbreitet ist und Wochenstuben besitzt. Andere
Myotis-Arten können aber nicht ausgeschlossen werden. Da nur am Gerät auf der
Gebäuderückseite diese wenigen Aufzeichnungen gelangen und unterwegs bei den
Begehungen entlang und unter den Bäumen keine Tiere der Gattung aufgezeichnet
wurden, handelt es sich beim UG mit Sicherheit nicht um ein bedeutendes Jagdhabitat.
Quartiere der Bechsteinfledermaus und anderer Arten der Gattung Myotis, die sich oft in
Bäumen, manchmal auch in Gebäuden befinden, werden ausgeschlossen.
Weitere Arten
Zu Vorkommen anderer planungsrelevanter Säugetierarten liegen nach den Angaben im
FIS keine Hinweise vor. Von der Bewohnerin des noch genutzten Gebäudes kam der
Hinweis auf einen aktuellen Fund einer Haselmaus am 20.8.15. Vorher wurde die Art von
ihr nie im UG beobachtet. Zahlreiche darauf im UG und am benachbarten Weg
untersuchte Haselnüsse wiesen keine Nagespuren von Haselmäusen auf (vgl. Abb. im
Anhang). Von daher ist ein Vorkommen (Ruhe- und Fortpflanzungsstätten), auch
aufgrund des Lebensraums, unwahrscheinlich. Für die nördlich angrenzenden MTBQuadranten, die auch Teile des Nörvenicher Waldes umfassen, wird die Art im FIS
aufgeführt.
Ein Vorkommen anderer nicht in NRW planungsrelevanter Arten des Anhangs II der
FFH-Richtlinie sowie besonderer lokaler Arten ist an den Gebäuden und in den Bäumen
nicht zu erwarten.
Zusammenfassung und Bewertung der Funde
Trotz einzelner Kotfunde liegen keine Hinweise auf eine Nutzung der rückzubauenden
Gebäude durch Fledermäuse vor. Das Bestehen von Winterquartieren und kopfstarken
Wochenstubenquartieren ist unwahrscheinlich. Einzelquartiere von Fledermäusen, auch
herbstliche Paarungsquartiere v.a. der Zwergfledermaus, ggf. auch von Rauhaut- oder
Langohrfledermäusen, können nicht völlig ausgeschlossen werden.
Der Hinweis auf eine einmalige Beobachtung der Haselmaus sowie das Fehlen
eindeutiger Spuren der Art (angenagte Nüsse, Nester) lassen ein regelmäßiges
Vorkommen der Art mit Ruhe- oder Fortpflanzungsstätten im UG unwahrscheinlich
erscheinen.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
18
Artenschutzprüfung
Die Notwendigkeit der Artenschutzprüfung ergibt sich aus europa- und bundesrechtlichen Regelungen (FFH-Richtlinie von 1992, BFN 1998, BNATSCHG 2010). Danach gelten für die europäisch geschützten Anhang IV-Arten und die europäischen Vogelarten
Zugriffsverbote, u.a. für das Fangen und Töten von Tieren, die Störung dieser Arten
sowie die Beschädigung oder Zerstörung von Quartieren, die im Zusammenhang mit
Fortpflanzung, Wanderung und Überwinterung stehen (vgl. § 44 (1) BNatSchG). Die
Umsetzung des Artenschutzes wird in Nordrhein-Westfalen in der Verwaltungsvorschrift
zum Artenschutz (MUNLV 2010) geregelt. Eine Ergänzung für die baurechtliche Zulassung von Vorhaben stellt die Handlungsempfehlung von MWEBW und MKULNV
(MKULNV 2010) dar.
Die Maßstäbe für die Prüfung der Artenschutzbelange ergeben sich aus den in § 44 Abs. 1 BNatSchG
formulierten Zugriffsverboten. In Bezug auf die europäisch geschützten FFH-Anhang IV-Arten und die
europäischen Vogelarten ist es verboten :
Verbot Nr. 1: wild lebende Tiere zu fangen, zu verletzten oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen
aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (vgl. Anlage 1, Nr. 3),
Verbot Nr. 2: wild lebende Tiere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und
Wanderungszeiten so erheblich zu stören, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert (vgl. Anlage 1, Nr. 4),
Verbot Nr. 3: Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere aus der Natur zu entnehmen, zu
beschädigen oder zu zerstören (vgl. Anlage 1, Nr. 5),
Verbot Nr. 4: wild lebende Pflanzen oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie
oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (vgl. Anlage 1, Nr. 6).
Quelle: MUNLV (2010)
Der Prüfumfang der Artenschutzprüfung beschränkt sich auf die europäisch geschützten
FFH-Anhang IV-Arten und die europäischen Vogelarten. Die „nur“ national besonders
geschützten Arten sind nach BNatSchG von den artenschutzrechtlichen verboten freigestellt und werden wie alle übrigen Arten nur im Rahmen der Eingriffsregelung behandelt. Aus der Vielzahl der möglichen europäisch geschützten Arten hat das LANUV NRW
für Nordrhein-Westfalen eine Auswahl der wichtigen Arten erstellt. Diese planungsrelevanten Arten sind eine naturschutzfachlich begründete Auswahl derjenigen Arten, die
bei einer Artenschutzprüfung im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind. Das LANUV bestimmt die für Nordrhein-Westfalen planungsrelevanten Arten
nach einheitlichen naturschutzfachlichen Kriterien (KIEL 2005). Eine aktuelle Liste der
planungsrelevanten Arten wird vom LANUV im Fachinformationssystem „Geschützte
Arten in Nordrhein-Westfalen“ veröffentlicht (LANUV 2014).
Die Prüfung der Artenschutzbelange setzt eine ausreichende Ermittlung und
Bestandsaufnahme voraus, wobei der Umfang von dem zu erwartenden Arteninventar
und den Eingriffen abhängt. Der Antragsteller ist jedoch nicht verpflichtet, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
19
Die Daten können zum einen aus vorhandenen Erkenntnissen wie den LANUV-Datenbanken FIS und @LINFOS und der Fachliteratur stammen. Zum anderen können sie
durch Bestandserhebungen vor Ort gesammelt werden. Es kann auch ausreichen,
Experten zu befragen. Die Arbeit mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen ist
ebenfalls zulässig. Bei Erkenntnislücken und Unsicherheiten können „worst-caseBetrachtungen“ angestellt werden.
Gegebenenfalls lässt sich das Eintreten der artenschutzrechtlichen Verbote durch geeignete Vermeidungsmaßnahmen abwenden. Neben den herkömmlichen Vermeidungsund Minderungsmaßnahmen kommen dafür vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen in
Frage, die die kontinuierliche Funktion eines Lebensraums oder Quartiers sicherstellen
(europäisch: „CEF-Maßnahmen“, continuous ecological functionality-measures). Diese
Maßnahmen werden im Vorhinein festgelegt. Sie müssen artspezifisch sein, auf geeigneten Standorten stattfinden und für den Zeitraum des Eingriffs die ununterbrochene
Sicherung der ökologischen Funktion einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte gewährleisten. Außerdem müssen sie im räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen.
Die Artenschutzprüfung lässt sich in drei Stufen unterteilen:
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum, Wirkfaktoren)
In dieser Stufe wird durch eine überschlägige Prognose geklärt, ob und ggf. bei welchen
Arten artenschutzrechtliche Konflikte auftreten können. Um dies beurteilen zu können,
sind verfügbare Informationen zum betroffenen Artenspektrum einzuholen. Vor dem
Hintergrund des Vorhabentyps und der Örtlichkeit sind alle relevanten Wirkfaktoren des
Vorhabens einzubeziehen. Nur wenn artenschutzrechtliche Konflikte möglich sind, ist für
die betreffenden Arten eine vertiefende Art-für-Art-Betrachtung in Stufe II erforderlich.
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
Hier werden Vermeidungsmaßnahmen inklusive vorgezogener Ausgleichmaßnahmen
und ggf. ein Risikomanagement konzipiert. Anschließend wird geprüft, bei welchen Arten
trotz dieser Maßnahmen gegen die artenschutzrechtlichen Verbote verstoßen wird.
Hierzu ist ggf. ein spezielles Artenschutz-Gutachten einzuholen.
Stufe III: Ausnahmeverfahren
In dieser Stufe wird geprüft, ob die drei Ausnahmevoraussetzungen (zwingende Gründe,
Alternativlosigkeit, Erhaltungszustand) vorliegen und insofern eine Ausnahme von den
Verboten zugelassen werden kann.
Im vorliegenden Falle wurde die Prüfung der Stufe I durchgeführt und durch zwei
nächtliche Begehungen sowie die Untersuchung einer Baumhöhle ergänzt (s.o.).
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
20
Potentiell vorkommende planungsrelevante Arten
Zur Einschätzung, ob und welche planungsrelevanten Fledermausarten potentiell im
Untersuchungsgebiet vorkommen können, wurde folgende Quelle herangezogen:
- Das Fachinformationssystem geschützte Arten in NRW (FIS) für das Messtischblatt
5105-4 (Nörvenich, südöstlicher Quadrant) und die acht umliegenden MTBQuadranten für den Biotoptyp Gebäude mit Stand vom 7.9.2015.
- Kreis Düren (mündl. Mitteilung)
- NABU Düren/AK Fledermausschutz Aachen/Düren/Euskirchen (mündl. Mitt.).
Das LANUV führt im FIS für die o.g. MTB-Quadranten dreizehn Fledermausarten auf:
Braunes und Graues Langohr, Bechstein-, Fransen-, Große und Kleine Bartfledermaus,
Mücken-, Rauhaut-, Wasser- und Zwergfledermaus, Großes Mausohr, Großer und
Kleiner Abendsegler (Anh. 1).
Das Vorkommen weiterer als der genannten Fledermausarten, v.a. als Durchzügler, ist
nicht ausgeschlossen. Aufgrund der heimlichen Lebensweise und der schwierigen
Bestimmung von Fledermäusen sind die Einträge im FIS und anderen Datenbanken
sowie die Ergebnisse alter und methodisch unzureichender Kartierungen oft nicht
vollständig. Daher wird im Folgenden auch die potentiell vorkommende und für Düren,
Aachen und Eifel im FIS aufgeführte Breitflügelfledermaus in die Betrachtungen
aufgenommen.
Dem Auftraggeber und dem Kreis Düren sind keine Fledermausnachweise in der Nähe
des Untersuchungsgebiets bekannt, ebenso dem AK Fledermausschutz.
Von allen genannten Arten sind Sommer- oder Winterquartiere an Gebäuden in
Nörvenich möglich, von der Rauhautfledermaus Zwischenquartiere im Frühjahr und
Herbst sowie Winterquartiere. Der Große Abendsegler, die Bechstein- und die
Wasserfledermaus nutzen im Rheinland vorwiegend Bäume als Sommerquartiere,
Braunes Langohr, Fransenfledermaus, Bartfledermäuse und Kleinabendsegler Bäume
und Gebäude. Typische Bewohner von Spalten an Gebäuden sind Breitflügel-, Kleine
Bart- und Zwergfledermaus, die Langohren nutzt neben Spalten auch große Dachböden.
Fransen-, Rauhaut- und Zwergfledermaus sind in NRW derzeit ungefährdet. Die anderen
Fledermausarten besitzen in der Roten Liste NRW einen Gefährdungsstatus. Großes
Mausohr, Bechstein-, Breitflügel- und Große Bartfledermaus gelten als stark gefährdet,
die Kleine Bartfledermaus als gefährdet. Das Graue Langohr ist vom Aussterben
bedroht. Bei Braunem Langohr und Wasserfledermaus ist das Gefährdungsausmaß in
NRW derzeit unbekannt, die beiden Abendsegler-Arten stehen auf der Vorwarnliste und
bei der Mückenfledermaus ist die Datenlage defizitär. Die meisten o.g. genannten
Fledermausarten befinden sich in NRW in einem günstigen Erhaltungszustand, bei der
Breitflügelfledermaus aber mit der Tendenz zur Verschlechterung. Großes Mausohr,
Großes Bartfledermaus, Kleiner Abendsegler und Mückenfledermaus besitzen einem
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
21
unzureichenden Erhaltungszustand, bei der Mückenfledermaus mit der Tendenz zur
Verbesserung. Für Bechsteinfledermaus und Graues Langohr wird der
Erhaltungszustand mit schlecht bewertet, bei der Bechsteinfledermaus aber mit der
Tendenz zur Verbesserung.
Alle Fledermausarten gehören nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den streng
geschützten Arten. Außerdem werden alle Fledermausarten im Anhang IV der FFHRichtlinie aufgeführt, Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus auch im Anhang II. Alle
Fledermausarten gehören in Nordrhein-Westfalen zu den planungsrelevanten Tierarten
(LANUV 2012).
Potentielle Wirkfaktoren
Durch den Abriss der Gebäude und die Rodung der Bäume können v.a. folgende
Wirkfaktoren eintreten, die u.a. Fledermäuse beeinflussen können:
potentielle Zerstörung von Fledermausquartieren, auch von Quartieren die zu anderen
Jahreszeiten als im Sommer genutzt werden, sowie Tötung von Einzeltieren und
Gruppen
Störung planungsrelevanter Tiere in der Nachbarschaft der abzubrechenden Gebäude
Durch die Realisierung der Planung im UG kommt es weiter zur Entfernung von
Sträuchern und anderer Vegetation sowie zu Flächenversiegelungen, die zur
Verschlechterung des Jagdhabitats im Innenhof der Mühle und im Garten führen. Weiter
kann die zu errichtende Beleuchtung anziehend und abschreckend auf verschiedene
Tierarten wie Insekten, Fledermäuse und Eulen wirken.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
22
Ergebnis der Artenschutzprüfung
Aufgrund der o.g. Ergebnisse und Bewertung wird im Folgenden für die Fledermäuse die
Artenschutzprüfung der Stufe I durchgeführt, wie sie in MUNLV (2010) und MKULNV
(2010) vorgegeben ist:
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum, Wirkfaktoren)
I.1: Vorprüfung des Artenspektrums
Bei welchen Arten sind Vorkommen europäisch geschützter Arten aktuell bekannt oder
zu erwarten?
Es ist das Vorkommen von mindestens vierzehn Fledermausarten in der Region bekannt
oder zu erwarten: Braunes und Graues Langohr, Bechstein-, Breitflügel-, Fransen-,
Große und Kleine Bartfledermaus, Mücken-, Rauhaut-, Wasser- und Zwergfledermaus,
Großes Mausohr, Großer und Kleiner Abendsegler.
Aufgrund der Konstruktion der Gebäude ist ein Vorkommen aller planungsrelevanter
Fledermausarten an den Gebäuden möglich. Wochenstuben- und Winterquartiere sind
unwahrscheinlich, Zwischen- und Paarungsquartiere sowie Quartiere von Einzeltieren
aber möglich. Ein Baum könnte von mehreren Arten als Quartier genutzt werden.
I.2: Vorprüfung der Wirkfaktoren
Bei welchen Arten sind aufgrund der Wirkungen des Vorhabens Konflikte mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften möglich?
Alle o.g. Arten können Gebäude zeitweise nutzen und potentiell vom Abbruch betroffen
sein (vgl. Anh. 1), mehrere Arten von der Rodung der Bäume. Dabei können Quartiere
zerstört und Tiere getötet werden. Konflikte mit den artenschutzrechtlichen Verboten sind
daher möglich und absehbar.
Ergebnis der Vorprüfung
Soweit erkennbar, können in den Gebäuden und in einem Baum Lebensstätten von
Fledermausmäusen (v.a. Einzel-, Zwischen- und Paarungsquartiere) bestehen.
Entsprechend sind Verstöße gegen die Verbote des § 44 BNatSchG zu nicht
ausgeschlossen.
Das Vorhaben ist ohne die Ergreifung von Schutzmaßnahmen unzulässig. Es ist eine
vertiefende Prüfung (ASP Stufe II) mit der Untersuchung der Nutzung der Gebäude und
eines Baums als Quartiere notwendig.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
23
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
II.1 Ermittlung und Darstellung der Betroffenheit der Arten und
Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen
Eine grundsätzliche Betroffenheit von Fledermäusen ist nach den Ergebnissen der
Kartierung nicht ausgeschlossen. Vorkommen von Einzelquartieren in kleinen Spalten
und Hohlräumen an den Gebäuden sind für Breitflügelfledermaus, Braunes/Graues
Langohr, Rauhaut- und Zwergfledermaus nicht ausgeschlossen. Eine Betroffenheit
andere nyctaloid rufender Arten (Großer und Kleiner Abendsegler, Zweifarbfledermaus)
und von Arten der Gattung Myotis wird ausgeschlossen.
Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der potentiell an den Gebäuden
vorkommenden Arten wird ausgeschlossen. Tötungen von Einzeltieren in kleinen
Spalten und Hohlräumen sind nie ganz auszuschließen, da diese Quartiere vor dem
Abbruch meist zum Großteil nicht einsehbar sind. Jagdgebiete und Flugrouten von
Fledermäusen werden durch Bebauung, Versiegelung, Licht und Lärm verschlechtert,
bleiben aber im Umfeld im vorhandenen Umfang erhalten, insbesondere das
angrenzende Grünland und der nahe Nörvenicher Wald.
Die Zeit der Beeinträchtigungen beschränkt sich bei Fledermäusen i.W. auf die Zeit von
Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang und auf die Aktivitätszeit, die etwa von März bis
November reicht. Die Zeit von Dezember bis Februar, ggf. auch schon früher und später,
verbringen Fledermäuse im Winterschlaf. Es wird davon ausgegangen, dass – auch
aufgrund der Nähe zu Wohngebieten – keine extremen Lärmemissionen auftreten, die
Tiere in benachbarten Quartieren beeinträchtigen.
Zum Schutz von Fledermäusen sind die nachfolgenden Maßnahmen zu ergreifen:
- Beschränkung der Beleuchtung auf unbedingt notwendige Zeiten
- Beschränkung der Beleuchtung auf die notwendigen (Boden)Flächen
- Beschränkung der Lichtintensität auf das notwendige Maß, evtl. in Anpassung an die
Umgebungshelligkeit
- Verwendung von Leuchtmitteln mit Lichtfarben, die Insekten möglichst nicht anlocken
und Wirbeltiere nicht abschrecken (z.B. amberfarben)
- Keine horizontale – weit reichende - Lichtabstrahlung in die offene Landschaft
(Richtung Nörvenicher Wald) und keine vertikale Lichtabstrahlung, keine dauerhafte,
ganznächtige Beleuchtung des ganzen Neubaus
- Kein Einsatz von Geräten, die außerhalb der zu errichtenden Gebäude zu
Ultraschallemissionen führen
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
24
II.2 Risikomanagement
Unter Beachtung der oben und weiter unten vorgestellten Maßnahmen ist kein weiteres
Risikomanagement erforderlich.
II.3 Prognose der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
Unter Beachtung der oben und weiter unten vorgestellten Maßnahmen werden keine
Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG erfüllt.
Ergebnis der vertiefenden Prüfung
Unter Einbeziehung von den genannten Maßnahmen werden - für die Fledermäuse voraussichtlich keine Zugriffsverbote des § 44 BNatSchG ausgelöst. Damit ist die
Umsetzung der Planung möglich, sofern die Maßnahmen wirksam sind. Ein
Ausnahmeverfahren ist nicht erforderlich.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
25
Notwendige Maßnahmen
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen beim Abbruch
Eine Betroffenheit europäisch geschützter Fledermausarten ist nie vollständig auszuschließen, da es sich um kleine, unauffällige Tiere handelt. Um eine Betroffenheit sicher
zu vermeiden, müssen bei den Abrissarbeiten folgende Maßnahmen durchgeführt werden:
Aufgrund der meist geringen Kenntnisse über Fledermäuse ist die Information der Bauunternehmen, aller beteiligten Arbeiter und des Auftraggebers über Fledermäuse und die
gesetzliche Notwendigkeit ihres Schutzes geboten.
Es kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass in Mauerspalten und hinter
Verkleidungen nicht erkennbare Fledermausverstecke bestehen. Daher muss bei den
Abbrucharbeiten auf versteckte Quartiere und Tiere geachtet werden.
Im Falle des Fundes von Fledermäusen beim Abbruch oder im Vorfeld (etwa Auftreten
von deutlichen Kotspuren an nicht einsehbaren Stellen) sind die Arbeiten sofort zu
unterbrechen. Verletzte Tiere sind zu bergen und ein Sachverständiger ist
hinzuzuziehen. Ggf. müssen verletzte Tiere gepflegt und ausgewildert werden. Gesunde
Tiere müssen am selben Abend wieder frei gelassen werden. Sollte zum Zeitpunkt des
Abrisses strenger Frost herrschen, müssen Fledermäuse gepflegt werden, bis die
Nachttemperaturen über 5°C liegen.
Sollten beim Abbruch Vogelbruten oder nicht selbständige Jungvögel gefunden werden,
sind die Arbeiten sofort zu unterbrechen und Maßnahmen zum Schutz der Brut zu
ergreifen.
Bei der Beleuchtung der Baustelle muss - v.a. im Sommerhalbjahr- auf helle (weiße)
Lampen mit hohem UV-Anteil verzichtet werden, da sie Insekten anlocken und töten
können und nachtaktive Wirbeltiere (v.a. Eulen und Fledermäuse) abschrecken.
Aufgrund der benachbarten Gehölze, Grünlandflächen und des nahen Nörvenicher
Waldes muss v.a. eine weit reichende, horizontale Lichtabstrahlung aus dem UG in
nördlicher Richtung dauerhaft vermieden werden.
Entlang des benachbarten Weges sollte zumindest einseitig eine Baumreihe als
Leitstruktur und Jagdgebiet für Fledermäusen bestehen bleiben oder angepflanzt
werden.
Am Gebäude dürfen keine Geräte eingesetzt werden, die zu Ultraschallimmissionen
außerhalb des UG führen.
Ausgleichsmaßnahmen
Aufgrund der Ergebnisse der ASP I ist davon auszugehen, dass keine existentiellen
Fledermausquartiere (Wochenstuben- oder Winterquartiere) vorhanden sind. Quartiere
von Einzeltieren können nie ausgeschlossen werden. Daher sollten an Neubauten oder
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Nachbargebäuden (wie den Schulen oder der Turnhalle) Ersatzquartiere geschaffen
werden. Aufgrund der großen rückzubauenden Wandflächen wird die Installation von 10
Spaltenquartieren (Spaltenkästen oder Fassadensteine) angeregt. Die Kunstquartiere
sollten in verschiedene Himmelrichtungen exponiert, mindestens 3 m hoch aufgehängt
werden, aber nicht in der prallen Sonne hängen.
Freiwillige Maßnahmen
Es wird angeregt, an den Neubauten oder Nachbargebäuden auch Niststätten für an
Gebäuden nistende, nicht planungsrelevante Vogelarten (Höhlen- und Halbhöhlenbrüter)
zu schaffen.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
27
Quellen
BFN (1998): Das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000. - Schriftenreihe
für Landschaftspflege und Naturschutz 53, Bonn.
BFN (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. - Naturschutz und Biologische Vielfalt 70/1, Bonn.
BNATSCHG (2010): Bundesnaturschutzgesetz: Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) in der Fassung vom 29.7.2009. Bundesgesetzblatt 2009,
Teil I, Nr. 51, 2542-2579.
LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (2011): Rote Liste der
gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4. Fassung, 2 Bände,
LANUV-Fachbereich 36, Recklinghausen.
LANUV (2014): Planungsrelevante Arten in NRW: Liste mit Ampelbewertung des
Erhaltungszustandes (23.12.14) – Online Version unter:
http://www.naturschutzinformationennrw.de/artenschutz/web/babel/media/ampelbewertung_planungsrelevante_arten.pdf.
MUNLV (2010): Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur
Umsetzung der Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum
Artenschutz bei Planungs- und Zulassungsverfahren (VV-Artenschutz). Rd.Erl.d.
Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz v.
13.04.2010, -III 4 - 616.06.01.17 - in der Fassung der 1. Änderung vom 15.09.2010.
MKULNV (2010): Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben. - Gemeinsame Handlungsempfehlung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NordrheinWestfalen vom 22.12.2010.
MKULNV (2013): Leitfaden „Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen“ für die
Berücksichtigung artenschutzrechtlich erforderlicher Maßnahmen in NordrheinWestfalen. - Forschungsprojekt des MKULNV Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf.
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Anhang
Anhang 1: Fledermausarten im Messtischblatt-Quadranten 5105-4
(Nörvenich-Südost) und in den umgebenden acht MTB-Quadranten für
die Biotoptypen Säume und Hochstaudenfluren (Säu), Gärten,
Parkanlagen und Siedlungsbrachen (Gärt) und Gebäude
FIS NRW mit Stand vom 7.9.2015
Deutscher Name
Wissenschaftlicher
Name
Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii
Braunes Langohr
Plecotus auritus
Fransenfledermaus
Myotis nattereri
Graues Langohr
Plecotus austriacus
Große
Bartfledermaus
Myotis brandtii
Großer Abendsegler
Nyctalus noctula
Großes Mausohr
Myotis myotis
Kleine
Bartfledermaus
Myotis mystacinus
Kleiner Abendsegler
Nyctalus leisleri
Mückenfledermaus
Pipistrellus
pygmaeus
Rauhautfledermaus
Pipistrellus nathusii
Wasserfledermaus
Myotis daubentonii
Zwergfledermaus
Pipistrellus
pipistrellus
Status
Erhaltungszustand
in NRW (ATL)
Säu
Gärt
Gebäude
S+
(X)
X
(WQ)
G
X
X
WS/(WQ)
G
(X)
(X)
X/WS/WQ
S
X
XX
WS/WQ
U
X
X
WS/WQ
G
(X)
X
(WQ)
(X)
WS/WQ
XX
X/WS/WQ
X
(WS)/(WQ)
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
Art
vorhanden
U
G
U
(X)
U+
G
(WS)/(WQ)
G
X
(WQ)
G
XX
WS/WQ
G-
XX
WS/WQ
Potentiell vorkommend
Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus
Erhaltungszustand in NRW:
ATL atlantische Region von Nordrhein-Westfalen
G Günstiger Erhaltungszustand S Schlechter Erhaltungszustand U unzureichender Erhaltungszustand
- Tendenz zur Verschlechterung
+ Tendenz zur Verbesserung
Vorkommen:
WS Wochenstube
WQ Winterquartier
X Vorkommen
XX Schwerpunktvorkommen
(X) Nebenvorkommen
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Anhang 2: Fotodokumentation
Komplex 1 - Genutztes Wohngebäude und Schuppen
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Mittlerer Schuppen
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Rechter Schuppen
Linker Schuppen
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Komplex 2 - Ungenutzte Wohngebäude
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Komplex 3 - Gartenhäuser
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Komplex 4 - Ehemalige Mühlengebäude
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Fledermauskot innen auf einer Fensterbank
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Mühlengebäude vom angrenzenden Weg aus
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Gehölze
Walnuss mit Spechthöhle
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Gehölze im Garten nördlich der Mühle
Gehölze auf der Nordseite des Grundstücks (vom angrenzenden Fußweg aus)
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Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
Haselnüsse aus dem UG und vom angrenzenden Fußweg
Fotos: © Michael Straube, August/September 2015
44
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Anhang 3: Einstellungen von Daueraufzeichnungen und Monitoring
und zur Auswertung verwendete Software
Daueraufzeichnungen
WildlifeAcoustics SM2BAT+ mit Mikrophon SMX-UT
Gain 48 dB, Sample rate 384 kHz, Aufnahme als wav-Datei, Trigger +6 dB SNR, trigger
window 400 ms (left/right), max. trigger time 5 s, HPF (Mindestfrequenz) 12 kHz
Daueraufzeichnung auf Transekten
Batlogger M mit Mikrophon FG black
Trigger Mode Crest Adv., Rec=Auto, min.Crest=6, min.F=16 kHz, max.F=155 kHz
GPS=on, C.Fmt=WGS84, Int.=5 s, Pretrigger=500 ms , Posttrigger=1000 ms
Verwendete Software
Auswertung und Vorsortierung der Daten von SM2BAT+ und Batlogger: Biotope
Sonochiro V. 3.3.2
Handauswertungen mit Pettersson BatSound pro V. 4.1.4
Auswertung der Lage der Aufzeichnungen des Batloggers mit Elekon BatExplorer
V. 1.13.3.1, Übertragung und Lagekorrektur ins GIS von Hand
Artenschutzprüfung (Fledermäuse) - Abriss Untere Mühle in Nörvenich
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Anh. 4: Auswertung der Daueraufzeichnungen
Untersuchungstermine
Datum
24.9.15
25.9.15
19.00-20.30
6.00-7.20
19.32
7.21
Wetter (Beginn)
16°C, Bewölkung 0/8, 0-1Bft
9°C, Bewölkung 0/8, 0-1 Bft
Wetter (Ende)
15°C, Bewölkung 8/8, 0-1Bft
9°C, Bewölkung 0/8, 0-1 Bft
Zeit
Sonnenuntergang/-aufgang
(lokal, MESZ)
Rucksack
213
1
1
24./25.9. Nacht
SM3
Linkes
Wohnhaus
409
1
1
24./25.9. Nacht
SM4
Mühlengebäude
440
2
3
24./25.9. Nacht
SM5
Rückseite
linkes
Wohnhaus
314
1
2
24./25.9. Nacht
SM6
Unter
Walnuss
0
1
3
cf. Zwergfledermaus
BL
Sozialrufe
Zwergf.
Langohr
24./25.9. Nacht
Zwergf.
Bestimmungen
Zeit
81
22
108
8
101
48
250
10
86
70
268
12
86
2
208
Rauhautf.
Standort
Datum
Myotis spec.
Gerät
nyctaloid
Breitflügelfledermaus
Aufzeichnungen
Erläuterungen
Nacht ganznächtig
Geräte
BL Batlogger (im Rucksack mitgeführt)
SM WildlifeAcoustics SM2BAT+ (mit Gerätenummer)
Arten
Sozialrufe (bei Zwergfledermaus): Aufnahmen mit Sozialrufen
cf. Zwergfledermaus: von der Software mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als
Zwergfledermaus bestimmte Sequenzen, die keiner Nachuntersuchung von Hand
unterzogen wurden.