Daten
Kommune
Nörvenich
Größe
2,3 MB
Datum
09.02.2017
Erstellt
18.01.17, 19:07
Aktualisiert
18.01.17, 19:07
Stichworte
Inhalt der Datei
Auswirkungsanalyse
zur geplanten Ansiedlung eines Netto-Marktes
in der Gemeinde Nörvenich
für die
RATISBONA Projektentwicklung KG, Maxhütte-Haidhof
Ihre Ansprechpartner
Wirtschaftsgeogr. Claus Ciuraj, M.A.
(Projektleitung)
Dipl.-Geogr. Rainer Schmidt-Illguth
(Niederlassungsleitung)
BBE Handelsberatung GmbH
Goltsteinstraße 87a
50968 Köln
Deutschland
Tel +49 221 789 41 160
Fax +49 221 789 41 169
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Wissen schafft Zukunft.
Köln, im Dezember 2016
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Inhaltsverzeichnis
1
Aufgabenstellung und methodische Vorgehensweise .................................................................... 4
1.1
Ausgangssituation und Zielsetzung ............................................................................................. 4
1.2
Methodische Vorgehensweise ..................................................................................................... 4
2
Projektrelevante Marktentwicklungen................................................................................................ 6
3
Markt- und standortseitige Rahmenbedingungen .......................................................................... 10
3.1
Einzelhandelsrelevante Planungsvorgaben – Landesentwicklungsplan NRW ......................... 10
3.2
Städtebauliche Rahmenbedingungen ........................................................................................ 12
3.3
Mikrostandort ............................................................................................................................. 15
4
Relevante Wettbewerbssituation ...................................................................................................... 18
5
Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftpotenzial........................................................... 22
6
Auswirkungsanalyse.......................................................................................................................... 26
7
6.1
Umsatzleistung des Planvorhabens........................................................................................... 26
6.2
Umsatzumverteilungseffekte ...................................................................................................... 29
6.3
Städtebauliche Bewertung des Planvorhabens ......................................................................... 31
6.4
Einordnung des Vorhabens in die Ziele des Landesentwicklungsplanes .................................. 32
Fazit ..................................................................................................................................................... 34
2
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile im Lebensmittelhandel ................................................................. 6
Abbildung 2: Durchschnittliche Artikelanzahl nach Betriebstyp ....................................................................... 8
Abbildung 3: Siedlungsstruktur der Gemeinde Nörvenich ............................................................................. 12
Abbildung 4: Einwohner der Gemeinde Nörvenich ........................................................................................ 13
Abbildung 5: Angebotsstruktur der Gemeinde Nörvenich .............................................................................. 14
Abbildung 6: Mikrostandort und Umfeldnutzungen ........................................................................................ 15
Abbildung 7: Regionalplan.............................................................................................................................. 16
Abbildung 8: Projektskizze ............................................................................................................................. 17
Abbildung 9: Relevante Wettbewerbsstandorte (Auswahl) ............................................................................ 18
Abbildung 10: Lebensmittelmärkte Gewerbegebiet Nörvenich ...................................................................... 19
Abbildung 11: Nahversorgungsrelevante Angebotssituation in Nörvenich .................................................... 21
Abbildung 12: Fußläufiger Nahbereich* ......................................................................................................... 23
Abbildung 13: Perspektivisches Einzugsgebiet .............................................................................................. 24
Abbildung 14: Umsatzerwartung des Planvorhabens .................................................................................... 27
Abbildung 15: Erwartete Kundenstruktur und Kaufkraftbindung des Planvorhabens
in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten („Worst-Case“) ............................................. 28
Abbildung 16: Umverteilungseffekte des Planvorhabens in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten
(„Worst-Case“) ......................................................................................................................... 30
3
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
1 Aufgabenstellung und methodische Vorgehensweise
1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung
Die RATISBONA Holding GmbH & Co. KG plant, auf dem Eckgrundstück Bahnhofstraße/ Kastanienweg
in Nörvenich einen Netto Discountmarkt anzusiedeln. Der Markt wird auf eine Verkaufsfläche (VKF) von
maximal rd. 1.200 m² projektiert. Zusätzlich ist im Neubau eine Mietfläche für ein Café mit Backwarenverkauf vorgesehen, dessen Verkaufsfläche sich auf 100 m² belaufen soll.
Das Vorhaben macht die Änderung eines Bebauungsplans erforderlich, der für den überwiegenden Teil
des Planareals bisher ein Sondergebiet „Schulzentrum“ festsetzt.
Da das Planvorhaben als großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu beurteilen ist, ergeben sich im Verfahren zur Änderung der Bauleitplanung besondere Anforderungen. Insbesondere ist zu klären, ob das Vorhaben die Ziele des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen - Sachlicher Teilplan zum großflächigen Einzelhandel beachtet.
Darüber hinaus wird im Rahmen der Bauleitplanung unter anderem ein gutachterlicher Nachweis erforderlich, dass für den Realisierungsfall nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung in der Gemeinde Nörvenich und in den Nachbarkommunen ausgeschlossen werden können.
Die BBE Handelsberatung ist mit der Erarbeitung eines entsprechenden Gutachtens beauftragt worden,
das in dem anstehenden Genehmigungsverfahren als Entscheidungsgrundlage Verwendung finden kann.
Die Ergebnisse der Analyse werden im Folgenden dargelegt.
1.2 Methodische Vorgehensweise
Die Grundlage der Analyse bilden Recherchen der Gutachter in der Gemeinde Nörvenich und den relevanten Nachbarkommunen. Die Ergebnisse der Untersuchung basieren insbesondere auf folgenden Datengrundlagen:
■ Durchführung von Vor-Ort-Recherchen zur Bewertung der Mikrostandort-Situation.
■ Aktualisierte Erhebung der relevanten Anbieter von Nahrungs- und Genussmitteln im Untersuchungsraum. Hierzu zählen insbesondere Lebensmittel-Discounter, Super- und Verbrauchermärkte sowie SB-Warenhäuser.
■ Umsatzschätzung für die erfassten Einzelhandelsbetriebe unter Berücksichtigung der standortbezogenen Rahmenbedingungen sowie branchen- und betriebsformenspezifischer Leistungskennziffern.
■ Verwendung von aktuellen Datenmaterialien der BBE Marktforschung (z. B. gemeindebezogene
Kaufkraftkennziffern und sortimentsspezifische Pro-Kopf-Ausgaben).
4
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
■ Aufbereitung relevanter sekundärstatistischer Daten und Informationsquellen (u. a. Einwohnerzahlen der Gemeinde Nörvenich; Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen - Sachlicher Teilplan
Großflächiger Einzelhandel; Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln).
■ BBE-Erfahrungswerte aus ähnlich gelagerten Untersuchungen.
Die Prognose der derzeitigen und der durch das Planvorhaben beeinflussten zukünftigen Kaufkraftbewegungen wird unter Zugrundelegung der folgenden Faktoren durchgeführt:
■ Zeitdistanzen zwischen den Wohnortstandorten im Einzugsbereich und den projektrelevanten
Einzelhandelsstandorten,
■ Einwohnerzahlen im Untersuchungsgebiet,
■ einzelhandelsrelevantes Kaufkraftniveau im Untersuchungsgebiet,
■ Attraktivität der untersuchungsrelevanten Einkaufsziele im Untersuchungsgebiet ausgedrückt
durch das Verkaufsflächenangebot, die Angebotsstruktur und die Erreichbarkeit,
■ Bereitschaft der Konsumenten zur „Raumüberwindung“ beim Einkauf bestimmter Warengruppen.1
Das eingesetzte Prognosemodell wurde bereits in zahlreichen Praxissituationen erprobt und verfeinert, so
dass es zur Abschätzung der Auswirkungen von Einzelhandel auf die Kaufkraftbindung und die Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet geeignet ist.
1
Während beispielsweise bei Artikeln des täglichen Bedarfes (v. a. Lebensmittel und Drogeriewaren) das Kriterium der räumlichen Nähe des Einkaufszieles gegenüber dem Kriterium der Attraktivität relativ wichtiger ist,
dominiert bei Artikeln des mittel- und längerfristigen Bedarfes (u. a. Sportartikel oder Bekleidung / Schuhe)
das Kriterium der (vermuteten) Attraktivität.
5
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
2
Projektrelevante Marktentwicklungen
Zur Einordnung des Vorhabens in einen übergeordneten Rahmen innerhalb der deutschen Handelslandschaft werden im Folgenden einige Entwicklungen und Trends im Lebensmitteleinzelhandel, speziell im
Marktsegment „Lebensmitteldiscounter“, aufgezeigt.
Der Ausgabenanteil für Lebensmittel hat im Gegensatz zu anderen Bereichen des Handels in den letzten
Jahren leicht zugenommen. Der Grund dafür liegt zum einen in Veränderungen der Nachfrage und steigenden Preisen begründet, zum anderen in einer Diversifizierung des Angebotes. Nachfrageseitig haben
verschiedene Lebensmittelskandale ein Umdenken in Gang gesetzt, das bei den Verbrauchern zu einer
leicht gestiegenen Ausgabebereitschaft für qualitativ hochwertige Lebensmittel geführt hat. Insbesondere
lässt sich dies am boomenden Absatz von Bio-Lebensmitteln ablesen, die inzwischen zum Sortiment aller
Lebensmittelmärkte - vom Lebensmitteldiscounter bis zum Bio-Supermarkt - zählen.
Von den Einzelhandelsausgaben der deutschen Verbraucher in Höhe von ca. 525 Mrd. € entfallen rd. 272
Mrd. € auf die Kernsortimente der Nahversorgung (Lebensmittel, Getränke, Drogeriewaren, Apotheken2
waren). Dies entspricht einem Anteil von rd. 52 % und dokumentiert die hohe Bedeutung dieses Marktsegmentes, insbesondere der Nahrungs- und Genussmittel.
Abbildung 1:
100%
90%
Entwicklung der Marktanteile im Lebensmittelhandel
4,3%
3,9%
3,5%
3,3%
3,2%
14,1%
14,1%
13,6%
12,9%
12,6%
35,4%
35,9%
37,0%
38,0%
38,6%
80%
70%
Übrige LEH-Geschäfte
60%
SB-Warenhäuser
50%
Supermärkte/große Supermärkte
Discounter
40%
30%
20%
46,2%
46,1%
45,9%
45,8%
45,6%
2008
2010
2012
2014
2015
10%
0%
Quelle: EHI handelsdaten aktuell 2016, BBE-Darstellung 2016
2
Vgl. MB-Research, Sortimentskaufkraft 2015 in Deutschland
6
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Die Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel ist insgesamt durch eine starke Dynamik geprägt, wobei
das Wachstum der Branche vor allem durch zunehmende Nachverdichtung, Flächenausweitungen und
Diversifizierung des Angebots generiert wird. Gleichzeitig weist die Branche eine hohe Konzentration auf
Handels- und Lieferantenseite auf.
Aufgrund einer ausgeprägten Preisorientierung der deutschen Kunden und an veränderte Verbraucherwünsche angepasster Betriebskonzepte haben die Lebensmitteldiscounter in den letzten Jahrzehnten
stark an Marktanteilen gewinnen können und sind seit einigen Jahren mit einem Marktanteil ca. 46 % der
am stärksten präsente Betriebstyp des Lebensmittelhandels (vgl. Abbildung 1).
Anders als Supermärkte, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser stellen die Lebensmitteldiscounter
keine Vollsortimenter dar. Auf einer Verkaufsfläche von bis zu 1.500 m² bieten Lebensmitteldiscounter ein
schnelldrehendes Sortiment mit relativ niedriger Artikelzahl an. Die Attraktivität der Lebensmitteldiscounter basiert also auf einem preislichen Vorteil, kombiniert mit einer überschaubaren Anzahl an Artikeln.
Während Lebensmitteldiscounter von den Konsumenten in der Regel zum preisgünstigen Grundeinkauf
aufgesucht werden, sind Supermärkte v. a. wegen ihres umfassenden Sortiments, einer großen Auswahl
an Frischeartikeln, der attraktiveren Warenpräsentation und Ladenatmosphäre, des fachkundigen Personals und der Service-Elemente gefragt. Aus der zunehmenden Bedeutung der Faktoren Übersichtlichkeit
und angenehme Atmosphäre sowie einer Zunahme der Artikelzahl resultiert der steigende Flächenbedarf
der Lebensmittelmärkte.
Bei den Discountmärkten ist zwischen den Hard-Discountern und den Soft- bzw. Markendiscountern zu
unterscheiden (vgl. Abb. 2). Hard-Discounter führen etwa 800 – 1.000 verschiedene Artikel, wo hingegen
die Soft-Lebensmitteldiscounter mit bis zu 1.700 Artikeln, mehr als die doppelte Artikelzahl anbieten. Der
Schwerpunkt liegt bei beiden Lebensmitteldiscounterarten im Trockensortiment, das um Getränke (v. a. in
Einwegverpackung) ergänzt wird. Bedienungsabteilungen wie Frischetheken und andere Dienstleistungen sind in Lebensmitteldiscountern nicht vorzufinden. Charakteristisch für Lebensmitteldiscounter, insbesondere Hard-Discounter, ist der hohe Anteil an Eigenmarken, die sehr preiswert angeboten werden
können.
Dieser Betriebstyp weist eine preisorientierte und werbeintensive Unternehmensphilosophie auf. Die Warenpräsentation wird daher in der Regel eher nüchtern gestaltet, wobei vereinzelt ausgewählte Warengruppen (z. B. Drogerieartikel) aufwendiger präsentiert werden. Die Soft- bzw. Markendiscounter verfolgen dabei das Discount-Konzept weniger strikt als die Hard-Discounter. Der Nonfood-Bereich, der sich
neben festen Nonfood-Artikeln zu einem Großteil aus wöchentlich wechselnden Aktionsangeboten zusammensetzt, umfasst durchschnittlich einen Umsatzanteil von 9 % bis 13 %.
7
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Abbildung 2:
Durchschnittliche Artikelanzahl nach Betriebstyp
Durchschnittliche Artikelanzahl nach Betriebstypen
Artikel pro Filiale (in TSD)
SB-Warenhaus
50 - 70
Verbrauchermarkt
25 - 45
Supermarkt
9 - 14
Hybrid-Discounter
2,8 - 3,5
Soft-/ MarkenDiscounter
1,3 - 1,7
Hard-Discounter
0,8 - 1
SB-Markt
1 - 3,6
Convenience- und
Nachbarschaftsladen
0,5 - 1
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Quelle: BBE-Darstellung 2015
Die Lebensmitteldiscounter besitzen in der Regel einen einheitlichen Marktauftritt, so dass der Kunde in
jedem Markt dasselbe Sortiment vorfindet. Abgeleitete Betriebsformen wie beispielsweise bei den Supermärkten (z. B. City-Supermarkt) sind bei Lebensmitteldiscountern i. d. R. nicht vorzufinden.
Eine Ausnahme bilden die Supermarkt-Discount-Hybriden (oder Hybrid-Discounter), zu denen in
Deutschland u.a. Netto zählt. Netto positioniert sich hinsichtlich der Artikelzahl aber auch der Bedienform
und des Getränkesortiments zwischen Supermärkten und Lebensmitteldiscountern.
Mit rund 3.500 Artikeln liegt die Artikelzahl eines Netto-Marktes deutlich über den discount-typischen 800
bis 1.700 Artikeln, so dass Netto ein weitaus größeres Sortiment führt als es Hard- oder Soft-Discounter
tun.
Dies hat zur Folge, dass das Sortiment breiter und auch tiefer aufgestellt ist und der Kunde eine umfangreichere Auswahl an Produkten vorfindet. Neben Eigenmarken bietet Netto dabei eine discount-untypisch
hohe Anzahl an Markenartikeln an.
Auch im Nonfood I-Segment (Drogerieartikel, Tiernahrung und Wasch- und Putzmittel) verfügt Netto über
eine größere Sortimentsbreite und entspricht diesbezüglich eher dem Nonfood I Aufbau eines Supermarktes. Zudem verzichtet Netto weitgehend auf Aktionsartikel, so dass der entsprechende Umsatzanteil
deutlich unter dem der klassischen Discounter liegen dürfte.
Dabei ist auch bei den Lebensmitteldiscountern ein seit Jahren kontinuierlich stattfindendes Verkaufsflächenwachstum festzustellen. So werden im Discountsegment seitens der Betreiber für Neubauten mittlerweile Verkaufsflächen zwischen 800 und 1.500 m² als marktgerecht angesehen. Der gestiegene Flächenbedarf bei Lebensmitteldiscountern hat vor allem folgende Ursachen:
8
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
■ Die ansprechende Präsentation insbesondere von Frische-Produkten (Obst, Gemüse), Backwaren
und Bio-Lebensmitteln hat neben einer qualitativen Aufwertung des Marktauftritts regelmäßig auch
einen höheren Platzbedarf zur Folge.
■ Großzügigere Warenpräsentation und niedrigere Regalhöhen erleichtern vor allem den älteren
Kunden (u. a. auch mit Blick auf den demographischen Wandel) den Warenzugang.
■ Gesetzliche Vorgaben machen einen zusätzlichen Platzbedarf erforderlich, so u. a. die Anforderungen der geänderten Verpackungsverordnung, nach der Kunden Verpackungsmaterial sofort im
Laden entsorgen können, oder die Pfandregelung für Kunststoffflaschen.
■ Großzügigere Verkehrsflächen, insbesondere größere Gangbreiten, tragen auch zu einer effizienteren Bestückung des Ladens und zur Vereinfachung von (logistischen) Betriebsabläufen bei.
Sowohl bei Supermärkten als auch Discountern werden größere Flächen somit nicht in gleichem Umfang
zu Mehrumsätzen, sondern regelmäßig zu einer abnehmenden Flächenleistung führen.
Ordnet man das Planvorhaben in Nörvenich in die aufgezeigten Vertriebskonzepte im Lebensmitteleinzelhandel sowie die aktuellen Marktentwicklungen im Nahrungs- und Genussmittelsektor ein, so ist Folgendes festzuhalten:
■ Per Definition ist der zu untersuchende Netto-Markt dem Betriebstyp „Lebensmittel-HybridDiscounter“ zuzuordnen.
■ Als Hybrid-Discounter positioniert sich Netto zwischen herkömmlichen Discountern und Vollsortimentern. Hierbei bietet er Preise auf Discountniveau und trotzdem ein reichhaltiges Frische- und
Markenangebot, so dass ein Netto-Lebensmittel-Discountmarkt umfassende Nahversorgungsfunktionen übernehmen kann.
■ Im Discountsegment werden seitens der Betreiber für Neubauten mittlerweile Verkaufsflächen
zwischen 800 und 1.500 m² als marktgerecht angesehen. Die Fa. Netto plant in der Gemeinde
Nörvenich eine Verkaufsflächengröße von maximal rd. 1.200 m², die somit im Mittelfeld moderner
Lebensmittel-Discounter anzusiedeln ist.
Fazit zu Entwicklungen und Trends in der Lebensmittelbranche:
■ Verkaufsfläche steigt bei Supermärkten und Lebensmitteldiscountern.
■ Lebensmitteldiscounter sind der am stärksten verbreitete Betriebstyp des Lebensmitteleinzelhandels.
■ Nach hohen Zugewinnen in den 1990er Jahren ist der Marktanteil der Discountmärkte inzwischen relativ stabil.
■ Im Zeitverlauf weisen die Discounter dabei eine immer größer werdende Angebotstiefe im
nahversorgungsrelevanten Angebot auf.
■ Hard-/Soft-Discounter (u.a. Aldi, Lidl) gewährleisten eine preisgünstige Grundversorgung
(800 bis 1.700 Artikel).
■ Hybrid-Discounter (u.a. Netto) positionieren sich zwischen klassischen Discountern und
Vollsortimentern und verfügen mit bis zu 3.500 Artikeln über ein weitaus größeres Sortiment
als Hard- oder Soft-Discounter.
9
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
3
Markt- und standortseitige Rahmenbedingungen
3.1 Einzelhandelsrelevante Planungsvorgaben – Landesentwicklungsplan NRW
Mit dem Inkrafttreten des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen, Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzelhandel am 13.07.2013 bestehen nachfolgende Grundsätze und Ziele der Raumordnung, die im
Rahmen des Bauleitplanverfahrens bei der Abwägung berücksichtigt (Grundsätze) bzw. beachtet (Ziele)
3
werden müssen .
■ Ziel 1: Standorte nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen
Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO dürfen nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) dargestellt und festgesetzt
werden.
■ Ziel 2: Zentrenrelevante Kernsortimente: Standorte nur in zentralen Versorgungsbereichen
Großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten sind nur in bestehenden sowie neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrierter Lage zulässig. Als zentrenrelevant gelten dabei die Sortimente gemäß Anlage 1 – Sachlicher Teilplan sowie weitere, von der jeweiligen Standortgemeinde als zentrenrelevant festgelegte Sortimente
(Ortstypische Sortimentsliste).
Großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten (Nahrungsund Genussmittel, Drogeriewaren) dürfen ausnahmsweise auch außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen realisiert werden. Dazu ist nachzuweisen, dass eine Errichtung in integrierter Lage aus städtebaulichen oder siedlungsstrukturellen Gründen nicht möglich ist, das Vorhaben einer
wohnortnahen Versorgung mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten dient und zentrale Versorgungsbereiche nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
■ Ziel 3: Beeinträchtigungsverbot
Durch großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten dürfen zentrale
Versorgungsbereiche nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
■ Grundsatz 4: Nicht-zentrenrelevante Kernsortimente: Verkaufsfläche
Der zu erwartende Umsatz von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit nicht-zentrenrelevanten
Kernsortimenten soll die sortimentsbezogene Kaufkraft der Standortgemeinde nicht überschreiten.
■ Ziel 5: Nicht-zentrenrelevante Kernsortimente: Standort, relativer Anteil zentrenrelevanter Randsortimente
Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BAUNVO mit nicht-zentrenrelevanten
Kernsortimenten dürfen außerhalb zentraler Versorgungsbereiche dargestellt und festgesetzt
werden, wenn der Umfang zentrenrelevanter Sortimente maximal 10 % der Verkaufsfläche beträgt
und es sich um Randsortimente handelt.
3
Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat am 14.12.2016 der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans (LEP
NRW) in der Fassung des Kabinettbeschlusses vom 05.07.2016 mehrheitlich zugestimmt. Mit der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW wird die Verordnung im Januar 2017 in Kraft treten. Die Grundsätze und Ziele des sachlichen Teilplans werden mit den Ordnungsnummern 6.5-1 bis 6.5-10 in den LEP NRW integriert.
10
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
■ Grundsatz 6: Nicht-zentrenrelevante Kernsortimente: Verkaufsfläche zentrenrelevanter Randsortimente
Die maximale Verkaufsflächenobergrenze für zentrenrelevante Randsortimente soll 2.500 m² nicht
überschreiten.
■ Ziel 7: Überplanung von vorhandenen Standorten
Abweichend von den vorstehenden Zielen/ Grundsätzen dürfen vorhandene Standorte außerhalb
von zentralen Versorgungsbereichen als Sondergebiet festgesetzt werden, wenn die Verkaufsflächen auf den baurechtlichen Bestandsschutz begrenzt werden. In Ausnahmefällen sind auch geringfügige Erweiterungen möglich.
■ Ziel 8: Einzelhandelsagglomerationen
Außerhalb Allgemeiner Siedlungsbereiche ist dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und
Erweiterung bestehender Einzelhandelsagglomerationen entgegenzuwirken. Gleiches gilt für Einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb zentraler Versorgungsbereiche. Gemeinden haben dabei sicherzustellen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche vermieden wird.
Unter Verfestigung ist dabei etwa die Änderung der Sortimente bestehender Betriebe zu verstehen, während mit Erweiterung das Hinzutreten weiterer Einzelhandelsbetriebe zu einer bestehenden Agglomeration gemeint ist.
■ Grundsatz 9: Regionale Einzelhandelskonzepte
Bei der Aufstellung und Änderung von Regionalplänen sind Regionale Einzelhandelskonzepte in
die Abwägung miteinzustellen.
■ Ziel 10: Vorhabenbezogene Bebauungspläne für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs.3 BauNVO
Diese sind, soweit von § 12 Abs. 3a (1) BauGB kein Gebrauch gemacht wird, nur zulässig, wenn
sie den vorab formulierten Anforderungen der Festlegungen 1-8 entsprechen.
11
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
3.2 Städtebauliche Rahmenbedingungen
Die Gemeinde Nörvenich, kreisangehörige Gemeinde im Kreis Düren, liegt im Südwesten des Landes
Nordrhein-Westfalen im Regierungsbezirk Köln. Innerhalb des Kreisgebiets nimmt Nörvenich eine östliche Randlage ein, die nördliche und östliche Gemeindegrenze ist demnach deckungsgleich mit den
Grenzen zum Rhein-Erft-Kreis. Angrenzende Gemeinden und Städte sind Vettweiß und Kreuzau im Süden, Düren im Westen, Merzenich und Kerpen im Norden sowie Erftstadt im Osten.
Der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) weist Nörvenich die Funktion eines
Grundzentrums zu, das als solches die Versorgung der eigenen Wohnbevölkerung mit Gütern und
Dienstleistungen des Grundbedarfs sicherzustellen hat.
Abbildung 3: Siedlungsstruktur der Gemeinde Nörvenich
Quelle: eigene Darstellung
Die wichtigsten Hauptverkehrsstraßen stellen die das Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung querende
B 477 (Vettweiß – Nörvenich – Kerpen/BAB 4), die L 495 (Anschlussstellen „Gymnich“/BAB 61 sowie
„Hürth/ BAB 1) sowie die L 263 dar, über die die beiden benachbarten Mittelzentren Düren bzw. Erftstadt
verkehrlich angebunden sind.
Die Gemeinde Nörvenich in ihrer heutigen Form wurde mit der kommunalen Neugliederung von 1974
gebildet und besteht seitdem aus 14 Ortsteilen.
12
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Siedlungsschwerpunkt ist der namensgebende Hauptort der Gemeinde Nörvenich, in dem mit rd. 3.800
Einwohnern etwa 35 % der Gesamtbevölkerung leben und in dem sich auch der Projektstandort befindet.
Die Bevölkerungszahlen in den 13, dispers über das Gemeindegebiet verteilten, ländlich strukturierten
Ortslagen sind mit jeweils 200 bis max. 1.100 Personen deutlich geringer.
Auch die Bevölkerungsdichte von rd. 153 Personen je km² bringt die von weitläufigen landwirtschaftlichen
Flächen geprägte Siedlungsstruktur zum Ausdruck.
Abbildung 4: Einwohner der Gemeinde Nörvenich
Einwohner
Ortsteil
absolut
prozentual
Binsfeld
958
9
Dorweiler
206
2
Eggersheim
210
2
1.117
10
Frauwüllesheim
706
6
Hochkirchen
424
4
Irresheim
184
2
Nörvenich *
3.856
35
Oberbolheim
191
2
Pingsheim
675
6
Poll
265
2
Rath
634
6
Rommelsheim
497
5
Wissersheim
952
9
10.875
100
Eschweiler über Feld
Nörvenich insgesamt
Quelle: Gemeinde Nörvenich; Stand: 30.09.2016
* = kasernierte Soldaten in den Bundeswehrunterkünften Fliegerhorst und Haus Hardt: 9
Der vorhandene Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz konzentriert sich, wie die Bevölkerung
auch, auf den Siedlungsschwerpunkt und weist eine deutliche Zweiteilung auf:
■
Die bislang einzigen größeren, in Nörvenich ansässigen Einzelhandelsbetriebe nehmen ausschließlich Standorte in dezentraler Gewerbegebietslage im östlichen Teil des Hauptortes ein.
Hierbei handelt es sich um drei Lebensmittelmärkte (Rewe, Aldi, Lidl) sowie den Bekleidungsfachmarkt Kik.
■
Entlang der Bahnhofstraße, die die wesentliche innerörtliche Erschließungsstraße des Kernortes
darstellt, sowie im unmittelbar östlich anschließenden Bereich des Marktplatzes ist der überwiegende Teil des – ausschließlich kleinteilig strukturierten und auf die Versorgung der eigenen Bevölkerung ausgerichteten – lokalen Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatzes vorzufinden.
Hierbei dominieren Dienstleistungsangebote (u.a. Restaurants, Schnellimbiss, Friseure, Kosme13
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
tikstudio, Allgemeinmediziner, Zahnarzt, 2 Bankfilialen, Fahrschule, 2 Versicherungsbüros); Einzelhandelsangebote sind nur stark untergeordnet vorzufinden (u.a. Kiosk mit Post, Bäckerei mit
Café, Modeboutique, Elektrohaushaltsgeräte, Apotheke).
Mit dem Rathaus, der Neffeltal-Veranstaltungshalle sowie der Gemeinschaftsgrundschule sind
auch wesentliche öffentliche Einrichtungen auf diesen Bereich konzentriert.
Abbildung 5: Angebotsstruktur der Gemeinde Nörvenich
Quelle: eigene Darstellung
Vor dem Hintergrund der vorgefundenen Versorgungsstrukturen ist die zentrale Ortsmitte in dem derzeit
4
in Erarbeitung befindlichen kommunalen Einzelhandelskonzept als einziger zentraler Versorgungsbereich des Grundzentrums festgelegt und bereits mit der Bezirksregierung Köln abgestimmt worden.
Gemäß räumlicher Abgrenzung umfasst das Hauptzentrum auch das Grundstück des Netto-Marktes (vgl.
Abbildung 6).
4
Büro sgp Stadtplaner + Architekten, Bonn gemeinsam mit BBE Handelsberatung.
14
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
3.3 Mikrostandort
Der Standort des Planvorhabens befindet sich auf einem bislang mindergenutzten Grundstück an der
Bahnhofstraße, rd. 60 Meter östlich des Rathauses in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gemeinschaftsgrundschule.
Wie bereits dargelegt, befindet sich das für die Netto-Ansiedlung vorgesehene Grundstück innerhalb des
einzigen zentralen Versorgungsbereiches der Gemeinde Nörvenich, innerhalb dessen sich die höchste
Funktionsdichte in einer fußläufigen Entfernung vom Projektstandort von rd. 150 Metern feststellen lässt.
Abbildung 6: Mikrostandort und Umfeldnutzungen
Quelle: eigene Darstellung
15
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Für das schräg gegenüberliegende Areal der ehemaligen Hauptschule wird eine Nachnutzung durch ein
Seniorenwohnheim mit entsprechenden ergänzenden Nutzungen angestrebt, dessen Bauleitplanung sich
ebenfalls in Aufstellung befindet.
Die verkehrliche Anbindung des Mikrostandortes soll über die Bahnhofstraße erfolgen, die als Haupterschließungsstraße des Kernortes von wesentlicher innerörtlicher Bedeutung ist. Mit dem ÖPNV ist das
Areal durch den Haltepunkt „Nörvenich-Schlosspark“ der Linien 208 (Düren – Nörvenich - Zülpich) und
212 (Nörvenich – Erftstadt-Lechenich) in rd. 150 Metern Entfernung angebunden. Die fußläufige Erreichbarkeit ist durch straßenbegleitende Fußgängerwege gesichert.
Im Regionalplan wird das Projektareal als Allgemeiner Siedlungsbereich (ASB) dargestellt.
Abbildung 7: Regionalplan
Quelle: Bezirksregierung Köln; Regionalplan für den
Regierungsbezirk Köln – Teilabschnitt – Region Aachen
Der aktuelle Flächennutzungsplan der Gemeinde Nörvenich stellt den Standortbereich als Sonderbaufläche „Schulzentrum“ dar. Die geplante großflächige Einzelhandelsentwicklung würde demnach eine
Änderung des Flächennutzungsplans erfordern.
Das Planareal befindet sich zum weit überwiegenden Teil im Geltungsbereich des Bebauungsplanes
„Nörvenich G 4 – OT Nörvenich“. Dieser setzt für den Standort ein „Sondergebiet Schulzentrum“ fest.
Die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittelmarktes erfordert somit ebenfalls die Änderung des Bebauungsplans.
An diesem Standort ist die Ansiedlung eines Netto-Discountmarktes mit rd. 65 Stellplätzen geplant.
Mit einer Verkaufsfläche von maximal 1.200 m² wird die Grenze zur Großflächigkeit nach § 11 Abs. 3
BauNVO von 800 m² überschritten. Zusätzlich ist im Neubau eine Fläche von etwa 100 m² für ein Café
mit Backwarenverkauf vorgesehen.
16
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Abbildung 8: Projektskizze
Quelle: RATISBONA Holding GmbH & Co. KG
17
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
4 Relevante Wettbewerbssituation
Um Aussagen über die wettbewerblichen Rahmenbedingungen sowie mögliche durch die Errichtung des
Netto-Marktes hervorgerufenen städtebaulichen Auswirkungen treffen zu können, ist eine Betrachtung
der relevanten Angebotsstrukturen im Umfeld des Planstandortes notwendig.
Die Wettbewerbssituation wird dabei wesentlich durch die vorhandenen Lebensmitteldiscount- und Supermärkte geprägt, während der kleinteilige Einzelhandel (Lebensmittelfachgeschäfte) nur in begrenztem
Maße von der Ansiedlung des Lebensmittelmarktes betroffen sein wird. Dies resultiert daraus, dass Systemwettbewerber (= Super-/ Discountmärkte, Verbrauchermärkte/ SB-Warenhäuser) als Betriebe, die
dem Versorgungseinkauf dienen und eine große Sortimentsüberschneidung mit dem Vorhaben aufweisen, in einen stärkeren Wettbewerb mit dem Vorhaben treten als einzelne Lebensmittelhandwerksbetriebe oder spezialisierte Lebensmittelfachgeschäfte (z. B. Weinhändler, Obst- und Gemüsehändler).
Da der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand für den (regelmäßigen) Einkauf
nahversorgungsrelevanter Sortimente stark begrenzt ist, umfasst das Untersuchungsgebiet im Wesentlichen die Angebotsstrukturen in Nörvenich. Darüber hinaus sind auch die relevanten Angebote in den
Nachbarkommunen (u.a. Düren, Kerpen, Erftstadt, Vettweiß) zu berücksichtigen.
Abbildung 9: Relevante Wettbewerbsstandorte (Auswahl)
Quelle: Eigene Darstellung; Nexiga 2012
18
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Den dabei erfolgten Umsatzschätzungen der BBE Handelsberatung GmbH liegen detaillierte Vor-OrtRecherchen zugrunde, die – ausgehend von betriebsformen- bzw. betreiberspezifischen Durchschnittswerten – weitere relevante Einflussfaktoren berücksichtigen (u.a. das ansprechbare Kaufkraftvolumen,
die Wettbewerbssituation, die Attraktivität der Anbieter, die Verkaufsflächendimensionierung, die Stellplatzsituation etc.) und in die jeweilige Umsatzprognose miteingestellt werden.
Das nahversorgungsrelevante Angebot innerhalb der Gemeinde Nörvenich konzentriert sich in hohem
Maße auf den Kernort des Grundzentrums und hier insbesondere auf das im Osten gelegene Gewerbegebiet.
In autokundenorientierter Lage befinden sich hier in räumlicher Nähe zueinander die großflächigen Filialen der Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl sowie ein rd. 1.400 m² großer Rewe-Supermarkt. Im Vorkassenbereich des Rewe-Marktes befinden sich zudem eine Bäckerei-Filiale und ein Kiosk.
Abbildung 10: Lebensmittelmärkte Gewerbegebiet Nörvenich
Quelle: Eigene Fotos
19
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
In der gewachsenen Ortsmitte beschränkt sich das entsprechende Angebot auf die am Marktplatz gele5
gene Bäckerei Uhlmann sowie einen Kiosk/ Post-Shop. Größere Lebensmittelmärkte sind hier demnach
6
nicht (mehr) vorzufinden, so dass nur eine unzureichende wohnortnahe Versorgungssituation besteht.
Insgesamt beläuft sich das nahversorgungsrelevante Angebot im Kernort Nörvenich auf rd. 2.900 m² bzw.
rd. 19 Mio. €.
Gemeinsam mit insgesamt rd. 170 m² nahversorgungsrelevanter Verkaufsfläche in den sonstigen Ortslagen der Gemeinde (v.a. Hofläden), summiert sich das Gesamtverkaufsflächenangebot innerhalb der Gemeinde auf rd. 3.050 m².
In den umliegenden Kommunen sind umfangreiche Nahversorgungsangebote vorzufinden. Hervorzuheben sind folgende Betriebe:
Stadt Düren
■
Netto, Aldi, Lidl, Rewe; Kölner Landstraße; rd. 11 km Entfernung
■
Aldi, Edeka; Euskirchener Straße; rd. 13 km Entfernung
Gemeinde Merzenich
7
8
■
Netto; Valdersweg; rd. 9 km Entfernung
■
Rewe; Burgstraße; rd. 10 km Entfernung
Stadt Kerpen
■
Aldi, Edeka; Kerpen-Buir, Steinweg; rd. 7 km Entfernung
■
Aldi, Rewe, Rossmann; Kerpen-Langenich, Stiftsstaße; rd. 11 km Entfernung
Stadt Erftstadt
■
Netto, Lidl, Aldi, Norma, Rewe (2x); Erftstadt-Lechenich; rd. 9 - 11 km Entfernung
■
Norma, Rewe; Erftstadt-Gymnich; rd. 11 km Entfernung
Gemeinde Vettweiß
■
5
6
7
8
Aldi, Rewe; Gereonstraße; rd. 10 km Entfernung
zzgl. Caféhaus Uhlmann
Seit dem Rückzug von Kontra/Rewe bzw. Schlecker an der Barrensteinstraße sind keine größeren Nahversorger mehr in der Ortsmitte ansässig.
Pkw-Entfernung ab Zentrum Nörvenich; gerundete km-Werte
Zukünftig soll das nahversorgungsrelevante Angebot der Nachbarkommune durch einen weiteren Lebensmittelmarkt/ Getränkemarkt im „Merz-Park“ ergänzt werden (Quelle: http://www.gemeindemerzenich.de/medien/bindata/aktuelles/Flyer_Merzpark.pdf).
20
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass sich das relevante Wettbewerbsumfeld, in dem die geplante
Netto-Filiale agieren wird, im Wesentlichen auf die Gemeinde Nörvenich selbst und hier vor allem auf die
im Gewerbegebiet ansässigen Lebensmittelmärkte Aldi, Lidl und Rewe bezieht. Denn diese Märkte bilden
zusammen momentan den Angebotsschwerpunkt nahversorgungsrelevanter Sortimente innerhalb des
Grundzentrums. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass diese aktuell einen Großteil der
lokalen Kaufkraft binden können und derzeit (überdurchschnittlich) hohe Umsätze erwirtschaften können.
In der Ortsmitte wird hingegen nur ein ausschnittweises nahversorgungsrelevantes Angebot vorgehalten
(Bäckerei; Kiosk).
Bestehende Kaufkraftabflüsse finden insbesondere im Rahmen von Pendelbeziehungen statt und werden
demzufolge vor allem bei den verkehrlich gut zu erreichenden Angebotsstandorten in den Nachbarkommunen zu entsprechenden Mehrumsätzen führen.
Abbildung 11: Nahversorgungsrelevante Angebotssituation in Nörvenich
Standort
Kernort Nörvenich insgesamt, davon:
Gewerbegebiet
Sonstige Ortslagen Nörvenich
Nörvenich insgesamt
Verkaufsfläche
in m²
Umsatz
in Mio. €
2.885
19,2
2.820
18,7
170
0,5
3.055
19,7
Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen
21
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
5 Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftpotenzial
Das Einzugsgebiet umfasst den Siedlungsbereich, in dem die Verbraucher überwiegend bzw. zu großen
Teilen das Planvorhaben aufsuchen werden. Es stellt damit das Gebiet dar, in dem der Planstandort eine
hohe Versorgungsbedeutung übernehmen wird.
Unter Berücksichtigung der Angebots- und Nachfragesituation wird gutachterlicherseits das Einzugsgebiet für das Untersuchungsobjekt abgegrenzt. Dabei sind für die Einkaufsorientierung der Bevölkerung
grundsätzlich folgende Faktoren von Bedeutung:
■ die Häufigkeit der Bedarfsdeckung in den geplanten Sortimentsbereichen,
■ der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand,9
■ die projektrelevante Wettbewerbssituation, wie z. B. die Entfernung und die Attraktivität der relevanten Anbieter im Standortumfeld,
■ die Attraktivität der Projektvorhaben, die u. a. durch die Dimensionierung, die Leistungsfähigkeit
und den Bekanntheitsgrad der Betreiber bestimmt wird,
■ die Qualität des Projektstandortes, die u. a. aus der verkehrlichen Erreichbarkeit, der Lage zu
Siedlungsschwerpunkten sowie aus vorhandenen Agglomerationseffekten resultiert,
■ Barrierewirkungen ausgehend von z. B. topografischen, infrastrukturellen oder baulichen Gegebenheiten,
■ traditionelle Einkaufsorientierungen der Bevölkerung,
■ die zentralörtliche Funktion der Standortkommune.
Dazu ist anzumerken, dass ein Einzugsgebiet grundsätzlich nicht als statisches Gebilde anzusehen ist,
sondern vielmehr als modellhafte Abbildung eines Teilraumes, aus dem potenziell der wesentliche Kundenanteil eines Betriebes/ Standortverbundes stammt.
Für den zu untersuchenden Netto-Markt sind folgende Faktoren für die Reichweite des Kundenherkunftsgebietes von Bedeutung:
■ Aufgrund des nahversorgungsbezogenen Angebotsschwerpunktes (Nahrungs- und Genussmittel,
Drogeriewaren) des Netto-Marktes stellt der zum Einkauf akzeptierte Zeitaufwand für die Ausdehnung des Einzugsgebietes grundsätzlich einen begrenzenden Faktor dar.
9
Mit zunehmender Häufigkeit der Bedarfsdeckung und abnehmendem spezifischen Wert des nachgefragten
Gutes nimmt der zum Einkauf akzeptierte Zeitaufwand ab. Demzufolge sind bei einem Angebot der Grundversorgung die Aktionsradien räumlich enger als bei Angeboten des längerfristigen Bedarfsbereichs (z. B. Möbelsortiment).
22
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
■ Der Planstandort befindet sich in Solitärlage abseits hochfrequentierter, überörtlich bedeutsamer
Straßen und wird auch vor diesem Hintergrund keine weiträumige Ausstrahlung entfalten können.
■ Aufgrund der hohen Angebotsdichte im weiteren Untersuchungsraum ist auch von dort keine Orientierung auf das in Nörvenich geplante Angebot anzunehmen. Denn die dort lebende Bevölkerung kann sich entweder wohnortnah versorgen oder auf gleichem bzw. schnellerem Wege attraktivere Angebotsstandorte aufsuchen.
■ Die geplante Netto-Filiale wird demnach vor allem lokale Versorgungsfunktionen übernehmen.
Durch die siedlungsstrukturellen Gegebenheiten wird dieser Sachverhalt nochmals verstärkt.
Im Rahmen der Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11
Abs. 3 BauNVO“ wurde die Empfehlung ausgesprochen, die Ausdehnung eines als fußläufig zu erachtenden Nahbereichs mit der Einwohnerdichte zu variieren, um den unterschiedlichen Anforderungen an
eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in verdichteten städtischen Bereichen einerseits und
in dünner besiedelten ländlichen Räumen andererseits gerecht zu werden.
Den Empfehlungen folgend kann für die Gemeinde Nörvenich mit einer Einwohnerdichte von unter 200
Einwohnern je km² ein Radius von bis zu 2.500 m als Nahbereich bewertet werden.
Abbildung 12: Fußläufiger Nahbereich*
Quelle: Eigene Darstellung auf Kartengrundlage von Nexiga, 2012
* Angaben der fußläufigen Entfernung/Gehminuten gemäß Google Routenplaner
23
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Wie die vorstehende Darstellung belegt, ist dem Vorhabenstandort in Nörvenich ein Nahbereich zuzuordnen, der neben dem gesamten Siedlungskörper von Nörvenich auch die Ortslage Oberbolheim umfasst.
Alle in diesem Bereich vorhandenen Wohnquartiere sind fußläufig an den Standort angebunden, die
Fußwege-Distanzen belauf sich auf maximal 1.100 Meter.
Insgesamt verfügt dieser Nahbereich über ein Bevölkerungspotenzial von etwa 4.050 Einwohnern.
Mit Ausnahme der im Westen der Gemeinde gelegenen und auf die Angebotsstandorte in Düren orientierten Ortslagen Binsfeld, Rommelsheim und Frauwüllesheim wird darüber hinaus auch die in den sonstigen, ländlich strukturierten Ortslagen von Nörvenich lebende Bevölkerung auf die im Kernort vorhandenen Angebotsstrukturen ausgerichtet sein; denn diese verfügen über keine eigenen (Nah-)Versorgungsmöglichkeiten.
Abbildung 13: Perspektivisches Einzugsgebiet
Quelle: Eigene Darstellung, Nexiga 2012
Das perspektivische Einzugsgebiet des Planvorhabens wird demnach über den fußläufigen Einzugsbereich hinausreichen und auch die restlichen Ortslagen von Nörvenich – für die bereits heute eine starke
Orientierung auf die im Kernort vorhandenen Versorgungsstrukturen zu unterstellen ist – umfassen.
24
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Demnach wird der geplante Netto-Markt den Großteil der in der Gemeinde Nörvenich lebenden Bevölkerung ansprechen können, für die die geplante Netto-Filiale zukünftig den einzigen siedlungsintegrierten
Nahversorger im Kernort darstellen wird. Denn die bislang in Nörvenich ansässigen Lebensmittelmärkte
nehmen durchgängig autokundenorientierte Gewerbegebietslagen ein.
In dem zu erwartenden Einzugsgebiet des Planvorhabens leben insgesamt rd. 8.710 Personen, davon
etwa 4.050 Personen im fußläufigen Nahbereich des Vorhabenstandorts.
Über das abgegrenzte Einzugsgebiet hinaus sind nur in geringem Maße Umsätze mit Kunden aus sonstigen Wohnorten zu erwarten. Diese werden im weiteren Verlauf der Untersuchung als „diffuse Umsatzzuflüsse“ berücksichtigt.
Das vorhabenrelevante Kaufkraftvolumen errechnet sich aus der Multiplikation der Bevölkerungszahl
im Einzugsgebiet mit dem statistisch ermittelten Pro-Kopf-Ausgabebetrag von rd. 2.648 € für nahversor10
gungsrelevante Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) , gewichtet mit der ortsspezifischen Kaufkraftkennziffer (MB-Research).
Die Höhe der Kaufkraftkennziffer wird durch die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung bestimmt. Die
Kennziffer gibt unabhängig von der Größe der Stadt das verfügbare Netto-Einkommen pro Einwohner im
Verhältnis zum Gesamt-Einkommen der Bundesrepublik an, welches für die Ausgaben im Einzelhandel
zur Verfügung steht. Das sortimentsspezifische Kaufkraftniveau für nahversorgungsrelevante Sortimente
in der Gemeinde Nörvenich liegt bei rd. 99 und somit leicht unterhalb des Bundesdurchschnitts (=100).
Nach den Zahlen der BBE-Marktforschung steht, unter Berücksichtigung der erläuterten Parameter, im
abgegrenzten Einzugsgebiet in den Sortimenten Nahrungs- und Genussmittel/ Drogeriewaren ein Kaufkraftvolumen in Höhe von insgesamt rd. 23 Mio. € im Jahr zur Verfügung, wovon etwa rd. 10 Mio. € auf
die Bewohner des Kernorts entfallen.
10
Quelle: BBE-Berechnungen auf Basis von IfH-Daten (Stand Dezember 2015)
25
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
6 Auswirkungsanalyse
6.1 Umsatzleistung des Planvorhabens
Unter Berücksichtigung der vorhandenen Wettbewerbsstrukturen im Untersuchungsgebiet, der Attraktivität des Planvorhabens sowie des ansprechbaren Kaufkraftvolumens im Einzugsgebiet werden die durch
die geplante Ansiedlung zu erwartenden Umsätze prognostiziert. Dabei bildet die Einschätzung der durch
das Planvorhaben zu erwartenden Umsätze die Voraussetzung für die Prognose ausgelöster Umsatzumlenkungen und der hierdurch möglicherweise hervorgerufenen städtebaulichen Auswirkungen.
Die Umsatzerwartung hängt zunächst von der Marktbedeutung der projektierten Betriebsform (HybridDiscounter) sowie des Betreibers und der Größe des Lebensmittelmarktes (rd. 1.200 m²) ab. Darüber
hinaus nehmen auch die Gesamtattraktivität des Standortes, das ansprechbare Kaufkraftpotenzial im
Einzugsgebiet sowie die Intensität des Wettbewerbs Einfluss auf den zu erwartenden Umsatz.
Für das Planvorhaben sind diesbezüglich folgende Faktoren zu berücksichtigen:
■ Laut aktueller Veröffentlichung der auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten Hahn Gruppe – in
Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut GfK sowie des Immobiliendienstleisters CBRE - beträgt der durchschnittliche Filialumsatz eines Lebensmittel-Discountmarktes im Netto-Filialnetz rd.
11
3,2 Mio. € (Brutto).
■ Im Discountsegment werden für Neubauten seitens der Betreiber mittlerweile Verkaufsflächen
zwischen 800 und 1.500 m² als marktgerecht angesehen, wobei Verkaufsflächengrößen von rd.
800 m² immer seltener realisiert werden. In Nörvenich wird eine Verkaufsfläche von rd. 1.200 m²
projektiert – eine Größenordnung, die im Hinblick auf ihre Dimensionierung im Mittelfeld moderner
Lebensmittel-Discounter rangiert.
■ Bezogen auf die durchschnittliche Verkaufsfläche innerhalb des Netto-Filialnetzes (Ø 770 m²)12,
ist die angestrebte Größendimensionierung dagegen als deutlich überdurchschnittlich anzusehen.
■ Kundenfrequenzstarke Einzelhandelsbetriebe, von denen das Planvorhaben profitieren könnte,
sind im Umfeld des Planstandorts nicht vorzufinden.
■ Da sich der Standortbereich des Netto-Marktes zudem nicht an einer überörtlich bedeutsamen
Straße befindet, sind für das Planvorhaben keine hohen Streuumsätze zu erwarten.
■ Luftlinie rd. 800 Meter vom Planstandort entfernt, befinden sich die Filialen von Aldi, Lidl und Rewe. Das in der Ortsmitte geplante Vorhaben trifft somit auf ein stark ausgeprägtes, lokales Wettbewerbsumfeld.
Unter Berücksichtigung vorab genannter Aspekte gehen die Gutachter davon aus, dass der geplante
Netto-Lebensmittelmarkt eine Umsatzleistung von rd. 3,2 Mio. € erwirtschaften kann – eine Größenordnung, die dem Durchschnittsumsatz des Netto-Filialnetzes entspricht („Real-Case“).
Im Sinne eines Worst-Case-Szenarios wird diese Umsatzgröße um rd. 20 % überzeichnet, so dass sich
der in die Umverteilungsprognose eingestellte Filialumsatz auf rd. 3,8 Mio. € beläuft.
11
12
Vgl. Retail Real Estate Report 2015/2016 der Hahn Gruppe in Zusammenarbeit mit der GfK und CBRE;
Standort- und Flächenproduktivitätsentwicklung von Lebensmitteleinzelhändlern in 2015; S. 26
Ebd.
26
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) entfallen
hiervon rd. 3,4 Mio. € und auf die Nonfood-Sortimente rd. 0,4 Mio. €. Bei den Nonfood-Sortimenten handelt es sich vornehmlich um die in der Regel wöchentlich wechselnden Aktionswaren.
Insbesondere aufgrund der bestehenden Nahkonkurrenz zu den Filialen der beiden Marktführer Aldi und
Lidl ist der unterstellte „Worst-Case“-Umsatz als theoretische Größe anzusehen, die in der Realität nicht
zu erreichen sein wird.
Abbildung 14: Umsatzerwartung des Planvorhabens
„Real-Case“ Umsatzerwartung in Mio. €
„Worst-Case“ Umsatzerwartung in Mio. €
Nahrungs- und Genussmittel/ Drogeriewaren
2,9
3,4
Sonstige Sortimente
0,3
0,4
Summe
3,2
3,8
Sortiment
Quelle: Eigene Berechnungen; Rundungsdifferenzen möglich
Da die Aktionswaren des Lebensmitteldiscountmarktes häufig wechseln, sind Zuordnungen von Verkaufsflächen und Umsätzen auf einzelne Warengruppen nur bedingt möglich. Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Aktionswarenprogramm sämtliche Warengruppen des Einzelhandels umfasst, wobei insbesondere folgende Sortimentsbereiche regelmäßig im Angebot zu finden sind:
■ Bekleidung / Textilien
■ Schuhe / Lederwaren
■ Papier / Schreibwaren / Bücher
■ Haushaltswaren
■ Spielwaren und Sportartikel
■ Elektrogeräte und Unterhaltungselektronik
■ Heimwerker- / Gartenbedarf
Nach gutachterlichen Berechnungen auf Basis von Branchenveröffentlichungen und Ergebnissen der
BBE-Marktforschung stellt das Textilsortiment unter den Nonfood-Artikeln von LebensmittelDiscountmärkten das umsatzstärkste Teilsortiment dar. Im Durchschnitt über alle Discountmärkte entfallen ca. 6,0 % des Gesamtumsatzes auf das Textilsortiment. An zweiter Stelle folgt mit ca. 3,5 % des Umsatzes das Segment Elektronik / Unterhaltungselektronik. Für die sonstigen Nonfood-Sortimente liegen
die durchschnittlichen Umsatzanteile bei ca. 0,5 - 1,0 %. Eine tiefergehende Flächen- bzw. Sortimentsdifferenzierung ist darüber hinaus nicht möglich. Vor diesem Hintergrund werden in der weiteren Untersuchung ausschließlich die nahversorgungsrelevanten Sortimente einer genaueren Untersuchung unterzogen.
27
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Mit rd. 3,4 Mio. € von rd. 3,8 Mio. € liegt der Angebotsschwerpunkt der geplanten Netto-Filiale eindeutig
in den nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren).
In der folgenden Tabelle sind die Umsatzerwartungen des Marktes und die Kaufkraftbindungsquoten für
nahversorgungsrelevante Sortimente im Einzugsgebiet zusammengefasst dargestellt.
Insgesamt wird die geplante Netto-Filiale rd. 3,2 Mio. € des prognostizierten Umsatzes mit in Nörvenich
lebenden Personen erwirtschaften, für die der Netto-Markt zukünftig den einzigen Lebensmittelmarkt in
der gewachsenen Ortsmitte des Kernorts darstellen wird. Somit werden rd. 95 % des prognostizierten
Umsatzes aus dem Einzugsgebiet generiert, was die versorgungsbezogene Bedeutung des Untersuchungsvorhabens für die in Nörvenich lebende Bevölkerung nochmals verdeutlicht.
Dabei wird der geplante Netto-Markt rd. 14 % des im Einzugsgebiet vorhandenen Kaufkraftpotenzials
binden; im fußläufigen Nahbereich wird der Markt eine Kaufkraftbindung von etwa 16 % erreichen.
Abbildung 15: Erwartete Kundenstruktur und Kaufkraftbindung des Planvorhabens
in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten („Worst-Case“)
Umsatzherkunftsgebiete
Erwarteter Umsatz
Kaufkraft
Kaufkraftbindung
in Mio. €
in %
in Mio. €
in %
Fußläufiger Nahbereich
1,7
50
10,6
16
Erweitertes Einzugsgebiet
1,5
44
12,3
12
Einzugsgebiet gesamt
3,2
95
22,9
14
diffuse Zuflüsse
0,2
5
./.
./.
Gesamt
3,4
100
./.
./.
Rundungsdifferenzen möglich
Quelle: eigene Prognose und Berechnungen
Wie vorab dargelegt, ist am Standort nur untergeordnet von diffusen Zuflüssen auszugehen. Diese werden sich in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten zukünftig auf rd. 0,1 Mio. € belaufen und somit rd.
5 % des zu erwartenden Umsatzes darstellen.
28
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
6.2 Umsatzumverteilungseffekte
Im Hinblick auf die absatzwirtschaftlichen Auswirkungen ist der zu erwartende nahversorgungsrelevante
Sortimentsumsatz der Projektplanung als maßgebliche Bewertungsgröße heranzuziehen. Denn dieser
kann Auslöser für Veränderungen von Kaufkraftströmen und in deren Folge für Auswirkungen auf bestehende Angebotsstrukturen sein.
Ausgehend vom Status quo werden die Veränderungen der Kaufkraftströme im Rahmen einer Kaufkraftstrom-Modellrechnung simuliert. Auf der Basis dieses Simulationsmodells können Aussagen darüber
getroffen werden, welche Standorte durch die Realisierung der geplanten Einzelhandelsentwicklung in
welchem Umfang durch Umsatzeinbußen in den relevanten Sortimentsbereichen betroffen werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der im Realisierungsfall am Planstandort zu erwartende Umsatz
zwangsläufig Anbietern an anderer Stelle verloren geht, da durch die Realisierung nicht mehr Kaufkraft
entsteht, sondern diese lediglich zwischen den unterschiedlichen Wettbewerbern/ Wettbewerbsstandorten umverteilt wird. Dies ist grundsätzlich als Ausdruck erwünschten und zulässigen Wettbewerbs zu
sehen, kann aber für die Genehmigungsfähigkeit des Planobjektes eine Rolle spielen, wenn wesentliche
Auswirkungen i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO zu erwarten sind.
Bei der Einschätzung der zu erwartenden Umsatzverlagerungseffekte werden folgende Annahmen zugrunde gelegt:
■ Die durch die Einzelhandelsplanung hervorgerufenen Umsatzverlagerungen gehen in erster Linie
zu Lasten derjenigen Wettbewerber, die eine vergleichbare Marktpositionierung und Angebotsausrichtung aufweisen. Dies bedeutet, dass als Hauptwettbewerber des Netto-Marktes in erster Linie
discountorientierte Lebensmittelanbieter anzusehen sind. Aber auch größere Vollsortimenter mit
umfangreichem Eigenmarkenanteil im unteren Preissegment stehen verstärkt in Wettbewerbsbeziehungen zu Lebensmittel-Discountern. Dies umso mehr, wenn es sich um Soft- oder HybridDiscounter mit umfangreichen Markenprodukten und einer insgesamt höheren Artikelzahl handelt,
wie es auch bei Netto der Fall ist.
■ Grundsätzlich wird mit zunehmender Entfernung zwischen den Wettbewerbern und dem Projektstandort die Stärke der Umsatzverlagerungseffekte abnehmen. Dies bedeutet, dass Einzelhandelsbetriebe im näheren Umfeld des Projektstandortes stärker von Umsatzverlagerungen betroffen sind als weiter entfernt gelegene Einzelhandelsbetriebe.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass für den Verbraucher die Attraktivität von Einzelhandelsbetrieben mit zunehmender Zeitdistanz und dem hiermit verbundenen steigenden Zeit- und Kostenaufwand geringer wird. Die Zeitdistanzempfindlichkeit der einzelnen Sortimente ist jedoch unterschiedlich und wird wesentlich durch den Warenwert und die Häufigkeit der Nachfrage bestimmt.
So weisen insbesondere Güter des täglichen Bedarfs wie - z. B. Lebensmittel und Drogeriewaren
- aufgrund des relativ niedrigen Warenwertes sowie der relativ hohen Einkaufsfrequenz eine hohe
Zeitdistanzempfindlichkeit auf. Die Folge hiervon ist, dass bereits nach relativ kurzer Zeitdistanz
die Nachfrage nach diesen Gütern deutlich abnimmt.
■ Der geplante Netto-Markt wird vornehmlich der Versorgung der in Nörvenich lebenden Bevölkerung dienen und daher über ein ähnliches Marktgebiet wie die im Gewerbegebiet ansässigen
Wettbewerber verfügen.
Die vorstehenden Annahmen haben im Hinblick auf die geplante Ansiedlung des Netto-Marktes und den
im Worst-Case zu erwartenden Umsatzverlagerungen nach der BBE-Prognose folgende Konsequenzen:
29
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
Mit rd. 2,5 Mio. € wird der weit überwiegende Teil der im Realisierungsfall zu erwartenden Umverlagerungen innerhalb der Gemeinde Nörvenich erfolgen und sich hier auf die im Gewerbegebiet ansässigen
Lebensmittelmärkte konzentrieren.
Die Umverteilungsquoten belaufen sich dort auf durchschnittlich rd. 13 %, wobei der Rewe-Supermarkt
von geringeren Umsatzeinbußen betroffen sein wird als die beiden – systemgleichen – Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl.
Die drei in Gewerbegebietslage ansässigen Lebensmittelmärkte stellen dabei (bislang) den einzigen Angebotsstandort nahversorgungsrelevanter Sortimente innerhalb der Gemeinde dar und werden daher
einen Großteil der lokalen Kaufkraft binden sowie (leicht) überdurchschnittliche Umsatzleistungen generieren können.
Nach Marktzutritt von Netto und den damit einhergehenden Umverlagerungen werden diese immer noch
durchschnittliche (Rewe-Supermarkt) bis leicht unterdurchschnittliche (Aldi/ Lidl) Filialumsätze erwirtschaften können. Die Betriebsaufgabe einer dieser Marktteilnehmer ist somit – trotz Wettbewerbsverschärfung – nicht zu erwarten.
Gegenüber Wettbewerbsbetrieben außerhalb der Gemeinde Nörvenich ergeben sich Umsatzumlenkungen in einer Höhe von insg. rd. 0,9 Mio. €. Hierbei wird es sich maßgeblich um derzeit aus dem Gemeindegebiet abfließende Kaufkraft handeln, die zukünftig in Nörvenich gebunden werden kann.
Neben den nächstgelegenen Netto-Filialen in Düren, Merzenich und Erftstadt werden auch die in verkehrsorientierter Lage der Umlandkommunen ansässigen Anbieter von Umsatzumlenkungen betroffen
sein, die allerdings einzelbetrieblich eine Größenordnung von 0,1 Mio. € nicht übersteigt.
Aufgrund der geringen absoluten Höhe der prognostizierten Umverteilungen sowie der Vielzahl dort vorhandener Wettbewerber, sind einzelbetriebliche Umsatzeinbußen in geschäftsgefährdender Höhe demnach grundsätzlich auszuschließen.
Abbildung 16: Umverteilungseffekte des Planvorhabens
in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten („Worst-Case“)
Standort
Gemeinde Nörvenich insgesamt, davon:
Derzeitiger
Umsatz
in Mio. €
Umsatzverteilung
in Mio. €
in %
19,7
2,5
13
Gewerbegebiet
18,7
2,5
13
Diffuse Umverteilung
-
0,9
-
Umverteilungseffekte insgesamt
-
3,4
-
Quelle: Eigene Berechnungen; Rundungsdifferenzen möglich
* marginal; < 0,05 Mio. € bzw. < 0,5 %
30
Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
6.3 Städtebauliche Bewertung des Planvorhabens
Die prognostizierten Umverteilungseffekte des Vorhabens sind im Hinblick auf die versorgungsstrukturellen und städtebaulichen Auswirkungen zu bewerten. Dabei stehen die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche und der wohnungsnahen Versorgung im Vordergrund.
Städtebaulich relevante Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich wären dann zu erwarten,
wenn bestehende Einzelhandelsbetriebe infolge der Ansiedlung der Planvorhaben gefährdet würden, die
für die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs eine große Bedeutung
haben.
Bei der Bewertung der städtebaulichen Auswirkungen sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
■ Das Grundstück des geplanten Netto-Marktes befindet sich innerhalb des mit der Bezirksregierung Köln bereits vorabgestimmten zentralen Versorgungsbereiches von Nörvenich, der als
Hauptzentrum gesamtgemeindliche Versorgungsfunktion übernehmen soll. Dabei stellt die im
Kernort gelegene Ortsmitte den einzigen zentralen Versorgungsbereich des Grundzentrums dar.
■ Als Hybrid-Discounter positioniert sich die Firma Netto zwischen herkömmlichen Discountern und
Vollsortimentern. Hierbei bietet sie Preise auf Discountniveau und trotzdem ein reichhaltiges Frische- und Markenangebot, so dass ein Netto-Lebensmittelmarkt umfassende Nahversorgungsfunktionen übernehmen kann.
■ Es wurde aufgezeigt, dass von dem im Worst-Case-Szenario maximal zu erwartenden Gesam-
tumsatz (rd. 3,8 Mio. €) etwa 3,4 Mio. € in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten erwirtschaftet werden. Der Angebotsschwerpunkt des Planvorhabens ist somit eindeutig in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten festzustellen.
■ Nahezu der gesamte Umsatz wird dabei durch die in Nörvenich lebende Bevölkerung getätigt,
was die versorgungsbezogene Bedeutung des Untersuchungsvorhabens verdeutlicht. Das Planvorhaben wird somit überwiegend von der lokalen Nachfrage getragen und dient vornehmlich der
der lokalen Grundversorgung im Gemeindegebiet.
■ Einer weiträumigeren Ausstrahlung stehen sowohl die siedlungsstrukturellen/ topgrafischen Gegebenheiten als auch die Angebotssituation im weiteren Untersuchungsraum entgegen.
■ Die bisherige Angebotssituation im Lebensmitteleinzelhandel innerhalb des Grundzentrums wird
maßgeblich von den drei im östlichen Gewerbegebiet gelegenen Lebensmittelmärkten geprägt.
Innerhalb der Ortsmitte ist derzeit dagegen nur ein ausschnittweises Nahversorgungsangebot vorzufinden.
■ Mit Marktzutritt des in zentraler Lage von Nörvenich geplanten Netto-Marktes werden vor allem
die bislang einzigen größeren Lebensmittelmärkte von Umsatzeinbußen betroffen sein. Diese
werden derzeit allerdings überdurchschnittliche Umsatzleistungen generieren können und mit
Planrealisierung zukünftig auf ein durchschnittliches (Rewe) bis leicht unterdurchschnittliches (Aldi/ Lidl) Niveau zurückfallen. Die Betriebsaufgabe einer der dort ansässigen Wettbewerber ist
demnach nicht zu erwarten.
Da sich der Standort allerdings in einer Gewerbegebietslage mit vornehmlicher Ausrichtung auf
PKW-Kunden befindet, wären selbst im Falle des Rückzuges einer der Anbieter keine städtebaulich relevanten Auswirkungen zu erwarten.
■ Mit negativen Auswirkungen auf die Ortsmitte von Nörvenich bzw. auf die der wohnortnahen Versorgung dienenden Standorte ist im Realisierungsfall somit nicht zu rechnen. Vielmehr wird mit
Realisierung des Planvorhabens eine umfassende (Nah-)Versorgungsfunktion der Ortsmitte wiederhergestellt, die seit der Betriebsaufgabe von Kontra bzw. Rewe ausschließlich von den in Gewerbegebietslage ansässigen Betrieben gewährleistet worden ist.
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Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
■ Aufgrund der nur geringen Umverlagerungen gegenüber Standorten außerhalb von Nörvenich ist
dort ebenfalls nicht davon auszugehen, dass die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche oder der wohnungsnahen Versorgung dienender Angebotsstandorte beeinträchtigt wird und
die Zutrittschancen von Betrieben gleicher Marktausrichtung durch das Planvorhaben eingeschränkt werden.
■ Für die sonstigen Sortimente / Non-Food-Sortimente, bei denen eine Umsatzleistung von rd.
0,4 Mio. € zu erwarten ist, ist davon auszugehen, dass die entsprechende Kaufkraft derzeitig bereits überwiegend von größeren Lebensmittelmärkten gebunden wird. Somit kann unterstellt werden, dass die hierdurch hervorgerufenen Umsatzverlagerungen in erster Linie die im Untersuchungsgebiet ansässigen strukturprägenden Lebensmittelmärkte betreffen werden. Sonstige Einzelhandelsbetriebe wären dagegen nur in einem sehr geringen Maß durch Umsatzumverteilungseffekte tangiert, so dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Betriebe ebenfalls nicht gefährdet
wird.
■ Im Fazit stellt das im Hauptzentrum von Nörvenich geplante Vorhaben eine sinnvolle Entwicklung
der wohnungsnahen Versorgung im Grundzentrum dar, die keine negativen Auswirkungen auf
zentrale Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung erwarten lässt.
6.4 Einordnung des Vorhabens in die Ziele des Landesentwicklungsplanes
Mit dem Inkrafttreten des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen, Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzelhandel am 13.07.2013 bestehen Grundsätze und Ziele der Raumordnung, die im Rahmen des
Bauleitplanverfahrens in der Abwägung berücksichtigt bzw. beachtet werden müssen.
Nachfolgend wird die projektierte Einzelhandelsentwicklung im Hinblick auf die Ziele und Grundsätze mit
Projektrelevanz bewertet:
Ziel 1: Standorte nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen
Gemäß Ziel 1 dürfen Kerngebiete und Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsvorhaben im Sinne
des § 11 Abs. 3 BauNVO nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB)
dargestellt und festgesetzt werden. Der Planstandort des Netto-Marktes wird im Regionalplan als ASB
dargestellt, so dass die Realisierung des Planvorhabens dem Ziel 1 des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen, Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzelhandel entspricht.
Ziel 2: Zentrenrelevante Kernsortimente nur in zentralen Versorgungsbereichen
Gemäß sachlichem Teilplan sind die Kernsortimente des geplanten Lebensmitteldiscountmarktes als
zentren- und gleichzeitig nahversorgungsrelevant (Nahrungs- und Genussmittel/ Gesundheits- und Körperpflegeartikel) einzustufen.
Ziel 2 fordert für großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Kernsortiment einen Standort
innerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches.
Im Rahmen des derzeitig in Erarbeitung befindlichen kommunalen Einzelhandelskonzeptes ist die räumliche Abgrenzung des einzigen zentralen Versorgungsbereiches von Nörvenich bereits mit der Bezirksre-
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Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
gierung Köln vorabgestimmt worden. Das Grundstück des Netto-Marktes befindet sich demnach innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches, der als Hauptzentrum eine gesamtgemeindliche Versorgungsfunktion gewährleisten soll (vgl. Abbildung 6).
Demnach beachtet das Vorhaben auch das Ziel 2 des sachlichen Teilplans
Ziel 3: Zentrenrelevante Kernsortimente: Beeinträchtigungsverbot
Nach den Ergebnissen der in Kapitel 6.2 dargelegten Umsatzumverteilungsanalyse werden durch das
Planvorhaben keine zentrenschädigenden Auswirkungen zu erwarten sein.
Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung der BBE Handelsberatung davon auszugehen, dass
das Planvorhaben den im Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen, Sachlicher Teilplan
Großflächiger Einzelhandel formulierten Zielen entsprechen wird.
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Auswirkungsanalyse • Ansiedlung einer Netto-Filiale • Gemeinde Nörvenich
7 Fazit
■ Im Kernort der Gemeinde Nörvenich soll auf dem Eckgrundstück Bahnhofstraße/ Kastanienweg
ein Netto Discountmarkt angesiedelt werden. Dieser ist auf eine Verkaufsfläche von rd. 1.200 m²
projektiert. Zusätzlich ist im Neubau ein Café mit Backwarenverkauf (100 m²) vorgesehen.
■ Das Planareal befindet sich zum weit überwiegenden Teil im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Nörvenich G 4 – OT Nörvenich“, der für den Standort ein „Sondergebiet Schulzentrum“ festsetzt.
Neben einer Änderung des Flächennutzungsplanes erfordert die Ansiedlung eines großflächigen
Lebensmittelmarktes somit ebenfalls die Änderung des Bebauungsplans.
■ Das Grundstück des geplanten Netto-Marktes befindet sich innerhalb des mit der Bezirksregierung Köln bereits vorabgestimmten zentralen Versorgungsbereiches von Nörvenich, der als
Hauptzentrum gesamtgemeindliche Versorgungsfunktion übernehmen soll. Dabei stellt die im
Kernort gelegene Ortsmitte den einzigen zentralen Versorgungsbereich des Grundzentrums dar.
■ Im Zuge der Wettbewerbsanalyse konnte aufgezeigt werden, dass sich das derzeitige Lebensmittelangebot in Nörvenich im Wesentlichen auf die drei in Gewerbegebietslage ansässigen Anbieter
Rewe, Aldi und Lidl beschränkt.
In der Ortsmitte ist hingegen kein umfassendes Nahversorgungsangebot (mehr) vorzufinden.
■ Im projektrelevanten Einzugsgebiet des Planvorhabens, das unter Berücksichtigung der umfangreichen Angebotsstrukturen in den Umlandkommunen - mit Ausnahme der im Westen des Gemeindegebietes gelegenen Ortslagen Binsfeld, Rommelsheim und Frauwüllesheim – den Großteil
der Gemeinde Nörvenich umfasst, leben insgesamt rd. 8.710 Einwohner. Diese verfügen über ein
Nachfragevolumen in den nahversorgungsrelevanten Sortimentsgruppen von insgesamt rd. 23
Mio. €.
■ Es wurde aufgezeigt, dass von dem im Worst-Case-Szenario maximal zu erwartenden Gesam-
tumsatz (rd. 3,8 Mio. €) etwa 3,4 Mio. € in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten erwirtschaftet werden. Der Angebotsschwerpunkt des Planvorhabens ist somit eindeutig in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten festzustellen.
■ Hinsichtlich der zu erwartenden Marktanteile lässt sich festhalten, dass aus dem Einzugsgebiet
ein Umsatz von insgesamt rd. 3,2 Mio. € im Bereich der nahversorgungsrelevanten Sortimente
generiert wird. Gemessen am prognostizierten Gesamtumsatz des Planvorhabens entspricht dies
einem Umsatz- bzw. Kundenanteil von rd. 95 %. Lediglich rund 5 % des Umsatzes werden - aufgrund der abseitigen Lage zu regional bedeutsamen Verkehrswegen sowie nicht vorhandener,
weiträumig ausstrahlender Umfeldnutzungen, als Streuumsätze von außerhalb des abgegrenzten
Einzugsgebiets zufließen.
■ Der geplante Lebensmittelmarkt dient somit zum weit überwiegenden Teil der Versorgung der in
der Gemeinde Nörvenich lebenden Bevölkerung.
■ Die zu erwartenden Umverteilungen werden vor allem innerhalb der Gemeinde Nörvenich stattfinden und sich hier auf die größeren Lebensmittelmärkte konzentrieren.
■ Trotz spürbarer Umsatzverluste werden die betroffenen Lebensmittelanbieter aber auch nach dem
Marktzutritt der geplanten Netto-Filiale weiterhin oberhalb der Rentabilitätsschwelle betrieben
werden können. Zudem nehmen diese durchgängig Gewerbegebietslagen ein, so dass etwaige
Wettbewerbswirkungen ohne städtebauliche Relevanz wären.
■ Darüber hinaus wird der geplante Netto-Markt auch dazu in der Lage sein, bislang aus dem Gemeindegebiet abfließende Kaufkraft zukünftig in Nörvenich binden zu können. Die in den umliegenden Kommunen ansässigen Wettbewerber werden hierbei allerdings einzelbetrieblich von nur
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geringen Umverteilungseffekten betroffen, so dass auch hier Betriebsgefährdungen in jedem Falle
auszuschließen sind.
■ Die im Falle des Planvorhabens zu erwartenden Umverlagerungen werden nach Auffassung der
BBE Handelsberatung GmbH somit keine mehr als unwesentlichen Auswirkungen im Sinne von
§ 11 Abs. 3 BauNVO auf zentrale Versorgungsbereiche sowie auf der wohnortnahen Versorgung
dienende Angebotsstandorte entfalten.
■ Darüber hinaus entspricht das Vorhaben den Zielen und Grundsätzen der Landesplanung.
Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass aufgrund der Höhe der prognostizierten Umverteilungseffekte keine Gefährdung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit einzelner Wettbewerber zu erwarten ist und demnach durch das Planvorhaben weder in Nörvenich noch in Nachbarkommunen
städtebaulich relevante Auswirkungen gegenüber zentralen Versorgungsbereichen oder sonstigen, für die wohnungsnahe Versorgung wichtigen Standorten hervorgerufen werden.
Zudem konnte aufgezeigt werden, dass die in Nörvenich geplante Netto-Filiale dazu in der Lage
sein wird, eine wohnungsnahe und für die im Kernort lebende Bevölkerung auch eine fußläufige
Grundversorgung in zentraler Lage zu gewährleisten.
Köln, im Dezember 2016
BBE Handelsberatung GmbH
i. V. Claus Ciuraj
i. V. Rainer Schmidt-Illguth
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