Daten
Kommune
Nörvenich
Größe
525 kB
Datum
28.01.2016
Erstellt
18.01.16, 19:06
Aktualisiert
18.01.16, 19:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Staatskanzlei NRW
z. H. Herrn Abteilungsleiter
Martin Hennicke
Stadttor 1
Ansprechpartner:
Beigeordneter Rudolf Graaff
Tel.: 0211-4587239
1. Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
Tel. 0211-300491300
40190 Düsseldorf
Beigeordneter Hilmar von Lojewski
Tel.: 030-37711501
Geschäftsführer Markus Moraing
Tel.: 02 21 - 3 77 02 24
Aktenzeichen:
II gr-ko 20.0.4-004/001
Datum: 14.01.2016
Kabinettsbeschlüsse zur Änderung des LEP-Entwurfs
Zweites Beteiligungsverfahren vom 15.10.2015 bis 15.01.2016
Sehr geehrter Herr Hennicke,
die Landesregierung hat in ihren Sitzungen am 28.04.2015, am 23.06.2015 und am
22.09.2015 den Entwurf des Landesentwicklungsplans vom 25.06.2013 (LEP-Entwurf)
nach Auswertung der im Beteiligungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen beraten und
beschlossen, ihn in wesentlichen Teilen zu ändern.
Aufgrund der Änderung des LEP-Entwurfs hat die Landesregierung weiterhin beschlossen,
zu den geänderten Teilen ein zweites Beteiligungsverfahren durchzuführen. Von der hierdurch eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machen wir nachfolgend Gebrauch.
Vorbemerkung und Zusammenfassung
Der überarbeitete LEP-Entwurf greift wichtige Forderungen aus unserer Stellungnahme
vom 28.02.2104 auf. Insoweit stellen die Änderungen eine Verbesserung der kommunalen
Planungshoheit dar und sind zu begrüßen. Allerdings wurden Anregungen zur Überarbeitung von Festlegungen teilweise nicht berücksichtigt bzw. teilweise in abgeschwächter
Städtetag NRW
Lindenallee 13-17
50968 Köln
Tel. 0221 / 3771-0
www.staedtetag-nrw.de
Landkreistag NRW
Liliencronstr. 14
40472 Düsseldorf
Tel. 0211 / 96508-0
www.lkt-nrw.de
Städte- und Gemeindebund NRW
Kaiserswerther Str. 199-201
40474 Düsseldorf
Tel. 0211-4587-0
www.kommunen-in-nrw.de
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VKU e. V.
Brohler Straße 13
50968 Köln
Tel. 0221-3770224
www.vku.de
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Form umgesetzt. Soweit unsere Anregungen gar nicht aufgegriffen wurden, halten wir an
unserer Stellungnahme vom 28.02.2014 fest.
In einigen Fällen bleibt der Planentwurf hinter den kommunalen Erwartungen zurück. Dies
betrifft insbesondere die Festlegungen zum Siedlungsraum und zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Wir fordern die Landesregierung daher auf, den LEP-Entwurf nach Maßgabe der nachfolgenden Anregungen mit dem Ziel zu überarbeiten, die bestehenden Planungsspielräume der Kommunen für eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entwicklung zu erhalten. Dabei folgt unsere Stellungnahme der Gliederung des Planentwurfs.
Zusammenfassend möchten wir zunächst unsere wesentlichen Forderungen zu dem Entwurf voranstellen:
Unterkapitel 1.2 Demographischer Wandel
Die Landesregierung hat sicherzustellen, dass die raumordnungsrechtlichen Festlegungen im neuen LEP und den nachfolgenden Regionalplänen den durch den Zuzug von
Flüchtlingen entstehenden Mehrbedarf an neuen Wohnflächen angemessen berücksichtigen. Dazu ist eine ständige Aktualisierung der Bevölkerungsstatistik erforderlich.
Ziel 6.1-1 Flächensparende und bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung
Die neue Systematisierung ist zwar zu begrüßen. Allerdings werden die Voraussetzungen für die Siedlungsentwicklung hierdurch nicht erleichtert. Die Rücknahmepflicht
von Darstellungen im Flächennutzungsplan (FNP) für Flächen, für die kein Bedarf
mehr besteht (bisheriges Ziel 6.1-2), muss aufgehoben werden. Dies ist eine der Hauptforderungen der kommunalen Spitzenverbände bei den Festlegungen zur Siedlungsentwicklung, auf deren Einhaltung zur Sicherung kommunaler Bauleitplanung nicht
verzichtet werden kann.
Es ist zudem klarzustellen, dass die Berechnungsmethoden zur Wohnbauflächenermittlung und zur Wirtschaftsflächenermittlung nur als Referenzwertverfahren und nicht als
starre, verbindlich geltende Berechnungsverfahren zur Anwendung kommen. Gutachten und Konzepte der Gebietskörperschaften zur Wirtschaftsflächenermittlung sollten
ebenfalls Berücksichtigung finden, da andernfalls zukünftige Trends und Entwicklungen keinen Zugang in die Bedarfsberechnung finden.
Die aufgehobene Regelung in Absatz 2 des Grundsatzes 6.1-8 wird in abgeschwächter
Form fortgesetzt. Vorhandene Brachflächen verhindern nun nicht mehr die Inanspruchnahme von Freiraum, sie reduzieren aber den Bedarf. Solange nicht geklärt ist,
ob faktisch nicht verfügbare (z. B. entgegenstehender Eigentümerwille) oder zu wirtschaftlichen Konditionen nicht entwickelbare Brachflächen (z. B. Altlasten, Insolvenz
des Eigentümers) von einer Eignung ausgenommen sind, wird diese Regelung aus
Gründen mangelnder Bestimmtheit abgelehnt.
Grundsatz 6.1-2 Leitbild „Flächensparende Siedlungsentwicklung“
Die nun als Grundsatz vorgesehene Festlegung des 5-ha-Ziels lehnen wir aus Gründen
fehlender Rechtssicherheit ab, wenngleich das politische Leitbild der Sache nach auch
von den kommunalen Spitzenverbänden geteilt wird.
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Ziel 10.2-2 Vorranggebiete für die Windenergienutzung
Die Festlegung von Flächen für die Windenergienutzung im Umfang von insgesamt ca.
54.000 ha lehnen wir weiterhin ab. Aus kommunaler Sicht ist auf raumordnerische
Festlegungen für die Windenergienutzung gänzlich zu verzichten. Sie schränken die
kommunale Planungshoheit unangemessen ein und führen durch die Ausweisung von
Vorranggebieten zu einem erheblichen Abstimmungsbedarf der Kommunen mit den
Regionalplanungsbehörden, zu Verzögerungen bei der kommunalen Bauleitplanung
und zu praktischen Umsetzungsproblemen.
1.
Kapitel 1 „Einleitung“
Neues Unterkapitel „1.2 Demographischen Wandel gestalten“
Im Rahmen der Auswertung der Anregungen des Beteiligungsverfahrens wurde die
„Einleitung“ des LEP-Entwurfs (Kapitel 1) neu gefasst. Die Ausführungen zum demographischen Wandel, die bislang unter „1.1 Neue Herausforderungen“ zu finden
waren, wurden auf der Grundlage einer aktualisierten Bevölkerungsvorausberechnung
von IT.NRW vom Frühjahr 2015 für den Zeitraum 2014 bis 2040/60 überarbeitet und
in einem eigenen Unterkapitel „1.2 Demographischen Wandel gestalten“ neu platziert.
Danach soll die Bevölkerung in NRW von 2014 bis 2025 um etwa 0,9 % zunehmen,
bis 2035 wieder auf das Niveau von 2015 absinken und danach kontinuierlich zurückgehen (Seite 4 des Entwurfs vom 22.09.2015). Insofern soll es bei den Grundtendenzen des demographischen Wandels bleiben. Allerdings sollen die Wirkungen später
eintreten als bisher erwartet mit der Folge, dass langfristig auch die Wohnflächennachfrage zurückgehen wird. Aufgrund der aktualisierten Daten des demographischen
Wandels wurden daher keine Änderungen an den Festlegungen getroffen.
Diesen Ausführungen und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen ist zu widersprechen. Sie bilden nicht den seit dem Jahr 2014 massiv angestiegenen Zuzug von Menschen aus Krisenländern im süd- und außereuropäischen Raum nach NRW ab, der
nach aktuellen Angaben des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW im Jahr
2015 etwa 231.000 registrierte Menschen erreicht hat, die den Kommunen zugewiesen
worden sind, und voraussichtlich auch in den nächsten Jahren auf einem ähnlich hohen
Niveau bleiben wird. Denn die aktualisierte Bevölkerungsvorausberechnung von
IT.NRW mit einem Bevölkerungszuwachs von 0,9 % entspricht bei einem aktuellen
Bevölkerungsstand von 17,6 Mio. Menschen in NRW einem Zuwachs von nur
158.000 Menschen. Das Landesbauministerium geht aber davon aus, dass allein durch
den Zuzug von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 und dem nachfolgendem
Familiennachzug in NRW eine mittelfristige Wohnungsnachfrage durch rund 500.000
Menschen mit einem dauerhaften Bleiberecht entsteht. Das entspricht einem Bevölkerungszuwachs von 2,8 % nur in den Jahren 2015 und 2016.
Für diese Menschen muss angemessener Wohnraum geschaffen werden. Hierfür sind
weitere Flächen erforderlich, die in der Bedarfsermittlung des LEP-Entwurfs bislang
nicht berücksichtigt worden sind.
Die Landesregierung hat daher sicherzustellen, dass die raumordnungsrechtlichen
Festlegungen im neuen LEP und den nachfolgenden Regionalplänen den so entstehenden Mehrbedarf an neuen Wohnflächen berücksichtigen und die Städte und Gemeinden handlungsfähig bleiben, ohne den Anspruch an ein flächensparendes Bauen auf-4-
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zugeben. Dazu ist eine ständige Aktualisierung der Bevölkerungsstatistik erforderlich.
Die Erstellung von Bevölkerungsprognosen im Dreijahres-Rhythmus ist angesichts
von gravierenden Wanderungszuwächsen in kürzesten Zeiträumen viel zu ungenau.
Darüber hinaus sind weitere Ergänzungen im neuen Unterkapitel 1.2 als auch bei den
Festlegungen für eine bedarfsgerechte und flächensparende Siedlungsentwicklung und
das 5-ha-Ziel erforderlich.
Neues Unterkapitel „1.3 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ermöglichen“
Im Zuge der Neufassung der „Einleitung“ des LEP-Entwurfs (Kapitel 1) wurde zudem
ein eigenes Unterkapitel zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung geschaffen, in dem
konkrete Ausführungen zur Bedeutung der räumlichen Entwicklung für einen attraktiven Wirtschaftsstandort gemacht werden. Darin heißt es u. a., dass „ein am Bedarf der
Wirtschaft orientiertes Flächenangebot unter Berücksichtigung der teilräumlichen Gegebenheiten in NRW ein Ziel der Landesregierung“ (Seite 6 des Entwurfs vom
22.09.2015) ist.
Dies ist zu begrüßen. Da die Belange des Mittelstandes und der Wirtschaft im Erstentwurf des LEP nicht ausreichend berücksichtigt waren, hatten wir ein eigenes Kapitel zu wirtschaftlichen Aspekten gefordert und gemeinsam mit den Wirtschaftskammern einen Vorschlag für ein entsprechendes Kapitel „Wirtschaft“ erarbeitet, in dem
der Bedarf an Wirtschaftsflächen für ein differenziertes Gewerbe- und Industrieflächenangebot dargestellt wird. Positionen aus diesem Vorschlag haben Eingang in das
neue Unterkapitel gefunden.
Auf Seite 10 wird auf die weichen Standortfaktoren eingegangen. Hier fehlt neben den
Angeboten für Sport, Erholung, Freizeit und Tourismus das Kulturangebot. Zudem
sollte es ergänzend heißen:„…lebenswerte Städte und Gemeinden…“.
Neues Unterkapitel „1.4 Natur, erneuerbare Ressourcen und Klima schützen“
Auf Seite 15 des ebenfalls neuen Unterkapitels „1.4 Natur, erneuerbare Ressourcen
und Klima schützen“ ist ausgeführt, dass ca. 15 % der Landesfläche als Kernflächen
eines alle Landesteile umfassenden Biotopverbundes erfasst und im LEP für den
Schutz der Natur festgelegt werden sollen. 15 % der Landesfläche ist eine hohe Hürde,
die nicht in allen Landesteilen gleichermaßen gelten kann. Gegen die Ausweitung des
Biotopverbundes auf mindestens 15% der Landesfläche wurden auch im Rahmen der
Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und in der
Stellungnahme des VKU zum Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes NRW Bedenken geäußert. Wie dort bereits gefordert, soll der im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehene Flächenanteil von 10 % nicht überschritten werden.
Unter den Abschnitt „Ressourcen langfristig sichern“ gehört zudem der Erhalt von
landwirtschaftlichen Flächen als regionale Ernährungsgrundlage für unsere Bevölkerung.
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2.
Kapitel 2 „Räumliche Struktur des Landes“
Ziel 2-1 Zentralörtliche Gliederung
Die zentralörtliche Gliederung bleibt gegenüber dem LEP 1995 unverändert. Es bleibt
damit bei einem dreistufigen System, das insbesondere auf der Stufe der Mittelzentren
Kommunen sehr unterschiedlicher Größe und Bedeutung einer gemeinsamen Funktionsstufe zuordnet. In polyzentralen Verdichtungsräumen mit vielfachen Funktionsüberlagerungen versagt das klassische dreistufige System der räumlichen Zuordnung
und Abgrenzung von unterschiedlichen Versorgungsfunktionen. Die Komplexität des
faktischen zentralörtlichen Standortgefüges unterstreicht das Erfordernis, das zentralörtliche System in der Landesplanung während der Geltungsdauer des neuen LEP zu
überprüfen und weiterzuentwickeln.
Ziel 2-3 Siedlungsraum und Freiraum
Das Ziel fordert die planerische Unterscheidung von Siedlungsraum, der vorrangig
Siedlungsfunktionen wie Wohnen und Gewerbe erfüllen soll, und Freiraum, der vorrangig der Freiraumnutzung zur Verfügung stehen soll.
Die Festlegung wird nunmehr um die Klarstellung ergänzt, dass sich in den im Freiraum „gelegenen Ortsteilen eine Siedlungsentwicklung vollziehen“ kann. Bei diesen
Ortsteilen handelt es sich um solche mit weniger als 2.000 Einwohnern. Nach den Kategorien der Raumordnung werden sie nicht dem Siedlungsraum (ASB und GIB) zugerechnet, sondern dem Freiraum. Mit dieser Ergänzung des Ziels 2-3 korrespondiert
die Streichung des Grundsatzes „6.2-3 Eigenentwicklung untergeordneter Ortsteile“ in
Kapitel 6.
Die Änderung ist zu begrüßen. Sie entspricht unserer Forderung, den kommunalen
Planungsspielraum zu erhöhen, da aufgrund der Regelung des jetzt gestrichenen
Grundsatzes 6.2-3 in kleineren, dem regionalplanerischen Freiraum zugeordneten
Ortsteilen eine Entwicklung kaum noch möglich war.
Die Ergänzung in Ziel 2-3 stellt nunmehr auch klar, dass die Siedlungsentwicklung
von diesen Ortsteilen nicht nur am Bedarf der dort ansässigen Bevölkerung ausgerichtet wird, sondern auch den Bedarf von vorhandenen Betrieben berücksichtigen soll.
Dies ist eine Verbesserung, reicht aber noch nicht vollständig aus. Denn in großen,
dünnbesiedelten Flächengemeinden gibt es Ortsteile mit weniger als 2.000 Einwohnern, die eine Versorgungsfunktion für andere, noch kleinere Ortsteile übernehmen.
Zur Sicherung des vorhandenen Angebots an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen in diesen versorgenden Ortsteilen muss ihnen
eine Siedlungsentwicklung - auch im Außenbereich - zugestanden werden, die über
den Eigenbedarf der Einwohner dieses Ortsteils hinaus geht. Diese Ergänzung sollte in
die Erläuterungen zu dieser Festlegung aufgenommen werden.
Außerdem wird in Ziel 2-3 ein Ausnahmetatbestand neu aufgenommen, wonach im
regionalplanerisch gesicherten Freiraum im Wege der Bauleitplanung ausnahmsweise
Sonderbauflächen für bestimmte Vorhaben ausgewiesen werden können. Dies betrifft
zum einen Bauvorhaben, die einer zugehörigen Freiflächennutzung untergeordnet
sind, wie z. B. Clubgebäude an Golfplätzen oder Naturschutzstationen. Zum anderen
werden damit Vorhaben des Bundes oder Landes nach § 37 BauGB erfasst, bei denen
die „besondere öffentliche Zweckbestimmung“ die Sonderbaufläche im Freiraum aus-6-
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nahmsweise erfordert. Hierbei kann es sich beispielsweise um Justizvollzugsanstalten
oder forensische Kliniken handeln, die ihren Standort nicht im Siedlungsraum haben
können. Damit wird auch zugleich klargestellt, dass diese Vorhaben nicht unter den
Begriff "Siedlungsentwicklung" fallen.
3.
Kapitel 4 „Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“
Ziel 4-3 Klimaschutzplan
Die Zielbestimmung, wonach die Raumordnungspläne diejenigen Festlegungen des
Klimaschutzplans umsetzen, die gemäß § 6 Abs. 6 Klimaschutzgesetz NRW für verbindlich erklärt worden sind, soweit sie durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können, soll ersatzlos gestrichen werden. Dies ist zwar zu begrüßen, allerdings bleibt die o.g. Verpflichtung aufgrund einer gleichlautenden Regelung in § 12 Abs. 7 Landesplanungsgesetz (LPlG), der im Zuge der Verabschiedung
des Klimaschutzgesetzes im Jahr 2013 entsprechend geändert worden war, bestehen.
Die im LEP-Entwurf gestrichene Zielbestimmung wirkt also durch die gesetzliche Regelung weiter. Insoweit halten wir an der Forderung aus unserer Stellungnahme zum
Entwurf des Klimaschutzgesetzes vom 16.02.2012 fest, in der wir die gesetzliche Vorgabe zur Festlegung von Vorgaben aus dem Klimaschutzplan in Raumordnungsplänen
abgelehnt haben.
Die in § 12 Abs. 7 LPlG vorgesehene Umsetzungspflicht von Festlegungen des Klimaschutzplans in den Regionalplänen widerspricht dem in den §§ 4 und 5 Raumordnungsgesetz (ROG) normierten Verhältnis von Fachplanung zur Raumordnung. Diese
Normen schreiben den umgekehrten Fall vor, nämlich die Bindungswirkung der Fachplanungsträger an raumordnerische Festlegungen. Wenn aber - wie im vorliegenden
Fall - die Raumordnung Maßnahmen des Klimaschutzplans konkretisieren muss, kann
sie nicht mehr ihre Aufgabe als Gesamtplanung erfüllen und unterschiedliche Fachplanungen und Nutzungsansprüche an den Raum koordinieren und ausgleichen. Sie
wird zum Ausführungsinstrument einer Fachplanung degradiert. Dieser Systembruch
begegnet rechtlichen Bedenken.
Raumordnung und Landesplanung bilden im Gegensatz zur fachlich-sektoral ausgerichteten Fachplanung (z. B. für Klimaschutz, Verkehr, Wirtschaft, Verteidigung
oder Abfallentsorgung) eine übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende
räumliche Gesamtplanung, deren Sinn und Ziel es ist, die vielfältigen Raumnutzungsansprüche, die an den knappen und nicht beliebig vermehrbaren Raum gestellt werden,
frühzeitig bestmöglich zu harmonisieren und zu koordinieren. Die Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung müssen daher ebenso Gegenstand von planerischen
Abwägungsprozessen sein, wie andere Belange. Daher können bestimmte Maßnahmen
des Klimaschutzplans nicht als raumordnerische Festlegungen zur Umsetzung vorgegeben werden, sondern müssen selbst Gegenstand des Abwägungsprozesses im Rahmen der Aufstellung oder Änderung eines Raumordnungsplans sein. Der Landesplanungsbehörde bzw. den Regionalplanungsbehörden kann der Abwägungsvorgang, in
welchem Verhältnis eine Maßnahme des Klimaschutzplans zu anderen legitimen Ansprüchen an den Raum steht oder wie sich die Klimaschutzmaßnahme dann diesen
Ansprüchen gegenüber durchsetzt, nicht abgenommen werden. Mit der Beschneidung
des regionalplanerischen Abwägungserfordernisses und Ermessensspielraums wird
mittelbar auch die kommunale Planungshoheit in unzulässiger Weise eingeschränkt.
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Insofern besteht das Erfordernis, auch § 12 Abs. 7 LPlG zu streichen. Dies muss im
Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Neufassung bzw. Änderung des
Landesplanungsgesetzes berücksichtigt werden (DS 16/9809 und DS 16/9805). Die
Landesregierung hat mit ihrem Beschluss, die Zielbestimmung „4-3 Ziel Klimaschutzplan“ aufzugeben, einen ersten wichtigen Schritt getan. Dies ist zu begrüßen.
Die mit dem Wegfall dieser Regelung verfolgte Aufhebung der Verknüpfung von
Klimaschutzplanung und Raumordnungsplanung entfaltet aber nur dann seine Wirkung, wenn sie auch für § 12 Abs. 7 LPlG zum Tragen kommt.
4.
Kapitel 5 „Regionale und grenzübergreifende Zusammenarbeit"
Grundsatz 5-2 Europäischer Metropolraum Nordrhein-Westfalen
Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände und des VKU sind alle Regionen in
Nordrhein-Westfalen – ob Metropolregion, Regiopolregionen oder ländlicher Raum gleichrangig zu unterstützen und zu fördern. Raumordnung als eine zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung eines Raumes darf auf Landesebene gegebene unterschiedliche Raum- und Strukturformate nicht selektiv präferieren und das Gebot einheitlicher Lebensverhältnisse damit gefährden.
Die Neuschaffung des Begriffs „Metropolraum NRW“ zur Positionierung und Außendarstellung des Landes sehen wir als wenig zielführend an, da hier offenbar eine Vermischung von Begrifflichkeiten erfolgt, der keine klare Definition zugrunde liegt. Es
ist nicht nachzuvollziehen, weshalb dem gesamten Land NRW der „Metropol“-Begriff
gleichsam übergestülpt wird.
5.
Kapitel 6 „ Siedlungsraum“
Ziel 6.1-1 Flächensparende und bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung
Die bisher vorgesehenen Festlegungen zur Siedlungsentwicklung „6.1-1 Ziel Ausrichtung der Siedlungsentwicklung“, „6.1-2 Ziel Rücknahme von Siedlungsflächenreserven“, „6.1-10 Ziel Flächentausch“ und „6.1-11 Ziel Flächensparende Siedlungsentwicklung“ werden in einem neuen „Ziel 6.1-1 Flächensparende und bedarfsgerechte
Siedlungsentwicklung“ zusammengefasst. Hierdurch sollen Doppelungen vermieden
und die Vorgehensweise für eine flächensparende und bedarfsgerechte Neuausweisung
von Siedlungsraum verständlicher dargestellt werden.
Die Systematisierung ist zu begrüßen. Allerdings werden die Voraussetzungen für die
Siedlungsentwicklung hierdurch nicht erleichtert, da die Rücknahmepflicht von Darstellungen im Flächennutzungsplan (FNP) für Flächen, für die kein Bedarf mehr besteht (bisheriges Ziel 6.1-2), nicht aufgehoben werden soll. Der Wegfall dieser Rücknahmepflicht ist eine der Hauptforderungen der kommunalen Spitzenverbände bei den
Festlegungen zur Siedlungsentwicklung, auf deren Einhaltung zur Sicherung kommunaler Bauleitplanung nicht verzichtet werden kann.
Diese Zielfestlegung widerspricht dem in § 1 Abs. 3 ROG verankerten Gegenstromprinzip, das eine wesentliche Leitvorstellung der Raumordnung darstellt; nach dem
Gegenstromprinzip erfolgt nicht nur ein Einfügen der Teilräume in die Gegebenheiten
und Erfordernisses des Gesamtraumes, sondern ebenso eine Berücksichtigung der Ge-8-
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gebenheiten und Erfordernisse der Teilräume durch den Gesamtraum. Darüber hinaus
widerspricht es auch dem Charakter eines FNPs, der (langfristig und zukunftsorientiert) die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung für die Stadt/das Gemeindegebiet
definiert und Wachstumspotentiale auch dann aufzeigen soll, wenn diese ggf. kurzoder mittelfristig nicht aktivierbar sein sollen. Der FNP wird zudem in seinem umfangreichen Aufstellungsprozess nicht nur von einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung
flankiert, sondern auch fortlaufend mit der höheren Verwaltungsbehörde, der Bezirksregierung, abgestimmt und schließlich durch diese genehmigt. Aus dieser intensiven
Abstimmung der Bauleitplanung mit der Regionalplanung leitet sich ein Vertrauensschutz für die entsprechende Planung ab, der hier unterlaufen werden soll.
Praktisch konterkariert die im LEP in Aussicht genommene Regelung einerseits eine
vorausschauende und längerfristige Flächenpolitik der Kommunen und nimmt ihnen
andererseits zugleich auch die Möglichkeit, zeitnah und flexibel zu reagieren, um alternative Flächenpotentiale erschließen zu können. Diese Notwendigkeit zeigt sich in
der gegenwärtigen Situation, in der schnellst möglich Wohnraum für Flüchtlinge außerhalb provisorischer Notunterkünfte geschaffen werden muss. Dies setzt Reserven
an baureifen Flächen voraus. Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit und einer
verantwortungsvollen Stadtentwicklungspolitik ist es daher von zentraler Bedeutung,
weiterhin Flächen für unvorhersehbare Situationen vorzuhalten. Zudem wirkt sich ein
hinreichendes Angebot an Siedlungsreserven dämpfend auf Bodenpreissteigerungen
aus. Hingegen gehen von Flächenreserven, die nicht in Anspruch genommen werden,
i.d.R. auch keine negativen Auswirkungen aus.
Die Regelung wird von den kommunalen Spitzenverbänden daher nur in Form eines
„Grundsatzes“ des LEP akzeptiert, der sich auf die Rücknahme von Festlegungen in
Regionalplänen beschränkt. Es muss zudem klargestellt werden, dass sich die in Regionalplänen vorgesehene Rücknahme von Siedlungsflächen nur auf Flächen beziehen
kann, die noch nicht oder nicht mehr in einem FNP als Bauflächen dargestellt werden.
Das bedeutet, dass bereits eine Darstellung von Bauflächen im FNP und nicht erst eine
Festsetzung von Baugebieten im Bebauungsplan eine Rücknahme im Wege der Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung ausschließt.
Auch die nun im LEP festgeschriebene Pflicht zum "Flächentausch" ist bereits seit
vielen Jahren in zahlreichen Kommunen gängige Praxis und erfordert daher keine landesplanerische Zielbestimmung; dies gilt insbesondere für Flächen mit Nutzungshemmnissen, die die tatsächliche Entwicklung von Bauland verhindern, und die vorrangig aufgegeben werden sollen, bevor an anderer Stelle im Freiraum auf Flächen zurückgegriffen wird. Jedoch kann aus Gründen des Wohnbedarfs oder des Gewerbeflächenbedarfs in dem einen Teil des Stadtgebietes eine Entwicklung bzw. Umwandlung
von Freiraum in Siedlungsfläche notwendig werden. Eine solche Umwandlung in
Siedlungsfläche darf aber nicht davon abhängig gemacht werden, dass an anderer Stelle im (großflächigen) Gemeindegebiet eine Reservefläche, die zeitlich nachfolgend
entwickelt werden könnte, in Freiraum umgewandelt werden muss. Dort, wo Flächentausch bereits seit Jahren praktiziert wird, stoßen die Möglichkeiten der Flächenverrechnung und des Flächentausches bereits an Grenzen. In der Praxis zeigt sich, dass
abhängig von den jeweiligen örtlichen Konstellationen der Anspruch eines „mindestens gleichwertigen“ Flächentausches nicht immer (zeitnah) erfolgen kann, während in
anderen Planungsfällen bzw. Konstellationen durchaus auch übergleichwertiger Flächentausch realisiert wird. Die Festlegung „gleichwertig“ ist zu starr und nicht praxisgerecht.
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Wesentliche Neuerungen enthalten die Erläuterungen des neuen Ziels 6.1-1 im Bezug
auf die Frage, was „Bedarfsgerechtigkeit“ im Rahmen der Siedlungsentwicklung ist.
Insoweit werden konkrete Hinweise zur Berechnung des Wohnflächenbedarfs und des
Gewerbeflächenbedarfs aufgenommen, die im Ergebnis eine Überarbeitung der Methoden für den regionalplanerischen Flächenbedarf darstellen und sich an dem Gutachten von Prof. Dr. Vallée von der RWTH Aachen zur „Bedarfsberechnung für die Darstellung von Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) und Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen (GIB) in Regionalplänen“ orientieren. Dazu ist folgendes festzustellen:
Wohnbauflächenermittlung
Für die Ermittlung der Wohnflächenbedarfe wird eine landeseinheitliche Berechnungsmethode vorgegeben, von der die Regionalplanungsbehörden in begründeten Fällen, z. B. auf der Grundlage empirischer Ermittlungen, abweichen dürfen.
Zwar ist ein einheitliches Modell zur Bedarfsberechnungen für ASB, das für alle
Regionalplanungsbehörden gilt, zu begrüßen. Es kann aber die zukünftigen Flächenbedarfe nur auf der Grundlage der bisherigen Entwicklung anhand allgemeiner Prognosen abbilden. Örtliche Besonderheiten bleiben systembedingt ebenso
unberücksichtigt wie beispielsweise die Änderung des Wanderungs- oder Ansiedlungsverhaltens.
Außerdem muss das Berechnungsmodell den durch den anhaltenden Zuzug von
Menschen aus Krisenländern im süd- und außereuropäischen Raum entstehenden
Bedarf an zusätzlichem Wohnraum bei der Bedarfsermittlung für Wohnbauflächen berücksichtigen. Dazu ist eine ständige Aktualisierung der Bevölkerungsstatistik erforderlich.
In die Erläuterungen ist daher die Klarstellung aufzunehmen, dass die Berechnungsmethode (nur) einen grundsätzlichen Orientierungsrahmen darstellt und daher offen ist für die Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Entwicklungen
und Bedarfe. Insoweit muss sichergestellt sein, dass die Bezirksplanungsbehörden
auf der Grundlage belastbarer kommunaler Bedarfsanalysen von den Gemeinden
nachgewiesene Flächenbedarfe nach dem Gegenstromprinzip zu berücksichtigen
haben.
Wirtschaftsflächenermittlung
Dem gegenüber soll der Bedarf an neuen Wirtschaftsflächen auf der Grundlage
einer Trendfortschreibung der Daten des Siedlungsflächenmonitorings ermittelt
werden. Dazu wird für jeweils eine Region (mindestens einen Kreis) die durchschnittliche jährliche Inanspruchnahme der letzten mindestens zwei Monitoringperioden mit der Zahl der Jahre des Planungszeitraums multipliziert. Die so ermittelten Bedarfe können um einen Planungs- bzw. Flexibilitätszuschlag von bis zu
10 %, in begründeten Ausnahmefällen maximal bis zu 20 % erhöht werden.
Bereits nach der noch geltenden GIFPRO-Methode (Gewerbe- und Industrieflächenprognose) wird bei der Ausweisung von Wirtschaftsflächen generell ein regionalplanerischer Zuschlag von 20 % berücksichtigt. Auf einen Zuschlag in dieser
Höhe kann – unabhängig davon, wie er bezeichnet wird – auch in Zukunft nicht
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verzichtet werden. Darüber hinaus muss er in begründeten Ausnahmenfällen auf
mindestens 30 % erhöht werden können.
Aus planungspraktischer, wirtschaftsfördernder und kommunalpolitischer Sicht
müssen Flächen für Planungsvarianten zur Verfügung stehen, von denen nur die
tatsächlich benötigten Flächen zu Gewerbe- und Industriegebieten entwickelt
werden. Nur eine solche Flächenverfügbarkeit trägt dazu bei, Abhängigkeiten von
Bodeneigentumsverhältnissen zu minimieren, Bodenpreissteigerungen einzudämmen und Entwicklungsblockaden zu verhindern. Diese grundlegenden Rahmenbedingungen müssen auch weiterhin gewährleistet sein. Kommunen müssen
auf örtliche Bedarfe und Entwicklungen flexibel und zeitnah reagieren können.
Im Übrigen ist mit der Festlegung von GIB ein Gewerbe- oder Industriegebiet
weder bauleitplanerisch gesichert noch tatsächlich entwickelt. Die Festlegung
verbessert nur den kommunalen Planungsspielraum, um schneller auf konkrete
Bedarfe reagieren zu können, da Regionalplanänderungsverfahren langwierig sind
und Investitionsmaßnahmen unnötig verzögern.
Des Weiteren muss die Bedarfsermittlung auf der Grundlage der Daten des Siedlungsflächenmonitorings berücksichtigen, dass hier nur ein Trend (aus der Vergangenheit in die Zukunft) fortgeschrieben wird. Auch berücksichtigt die landesweite Bevölkerungsprognose von IT.NRW weder kommunale Strategien gegen
Bevölkerungsverlust oder für Bevölkerungswachstum noch die Bereitschaft der
einzelnen Kommunen in Wachstumsregionen, die für das prognostizierte Bevölkerungswachstum erforderlichen Siedlungsflächen überhaupt zu entwickeln bzw.
auszuweisen. Eine ausschließliche Orientierung an den Prognosedaten von
IT.NRW könnte zu deutlichen Fehlinvestitionen in die Infrastruktur führen. Es
sollten daher die Gutachten und Konzepte der Gebietskörperschaften ebenfalls
Berücksichtigung finden, da andernfalls zukünftige Trends und Entwicklungen
keinen Zugang in die Bedarfsberechnung finden und nicht zuletzt auch um die
ohnehin zeitaufwändigen Verfahren zur Verteilung der für die Region ermittelten
Bedarfe auf die Gebietskörperschaften zu beschleunigen.
Auch dürfen Kommunen nicht benachteiligt werden, die aufgrund von faktischen
oder planerischen Entwicklungshindernissen Wirtschaftsflächen nicht bedarfsgerecht ausweisen konnten. Die Ursachen einer unterdurchschnittlichen Flächenentwicklung müssen daher analysiert und ggf. als Sonderbedarfe ausgeglichen
werden.
Hinzu kommt, dass bei der Berechnung des Flächenbedarfs die Gefahr besteht,
dass die in den Regionalplänen für die Wirtschaft zur Verfügung gestellten Bruttoflächen nicht zu einem ausreichenden Flächenangebot auf der Netto-Seite führen. Am Beispiel von 24 regionalplanerisch gesicherten Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen (GIB) aus allen Landesteilen in NRW ist im Auftrag von
IHK NRW von dem Büro für Gewerbe- und Freiraumplanung, Prof. Dr. Gerd
Hennings, und die STADTRAUMKONZEPT GmbH untersucht worden, welche
Unterschiede zwischen regionalplanerisch gesicherter und tatsächlich gewerblich
nutzbarer Fläche bestehen (IHK NRW, „Nordrhein-Westfalen: Vom Brutto zum
Netto“). Über alle Untersuchungsgebiete ergab sich im Mittel, dass nur rund 2/3
der GIBs tatsächlich auch gewerblich genutzt werden können. Das andere Drittel
wird anderweitig, etwa für Grünflächen, Ausgleichsflächen oder Verkehrsflächen,
eingesetzt. Bei Bebauungsplänen, die ab dem Jahr 2000 aufgestellt worden sind,
betrug der Netto-Brutto-Anteilswert sogar nur noch 57 %. Die Ursachen für diese
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Flächenverluste sieht der Gutachter in vielfältigen neueren planungs- und umweltrechtlichen Regelungen, die die Entwicklung der Flächen erheblich einschränken.
Diese Restriktionen müssen daher durch eine Erhöhung des Umfangs der zukünftigen Flächenausweisungen regionalplanerisch ausgeglichen werden.
In den weiteren Erläuterungen werden Vorgaben für die Anrechnung von planerisch verfügbaren Brachflächen und betriebsgebundenen Erweiterungsflächen auf
den Wirtschaftsflächenbedarf gemacht. Während betriebsgebundene Erweiterungsflächen i. d. R. zur Hälfte anzurechnen sind, werden Brachflächen mit der
Teilmenge angerechnet, die sich für eine bauliche Nutzung eignet und bereits als
Siedlungsfläche festgelegt ist.
Damit wird die jetzt aufgehobene Regelung in Absatz 2 des Grundsatzes 6.1-8 in
abgeschwächter Form fortgesetzt. Vorhandene Brachflächen verhindern nun nicht
mehr die Inanspruchnahme von Freiraum, sie reduzieren aber den Bedarf. Dabei
bleibt unklar und ohne Definition, was unter dem Begriff der „Eignung für eine
bauliche Nutzung“ zu verstehen ist. Solange aber nicht geklärt ist, ob faktisch
nicht verfügbare (z. B. entgegenstehender Eigentümerwille) oder zu wirtschaftlichen Konditionen nicht entwickelbare Brachflächen (z. B. Altlasten, Insolvenz
des Eigentümers) von einer Eignung ausgenommen sind, muss diese Regelung
aus Gründen mangelnder Bestimmtheit abgelehnt werden.
Der Wegfall der Bedarfsanrechnung und Bedarfsprüfung bei der Entwicklung von
Brachflächen empfiehlt sich aber auch aus anderen Gründen. Um das Ziel der Innenentwicklung zu stärken und die Mobilisierung von Brachflächen zu forcieren,
benötigt die Brachflächenentwicklung einen Vorteil gegenüber der Siedlungsentwicklung unbelasteter Flächen. Dieser Bonus soll einen gewissen Ausgleich für
die vielfältigen Hemmnisse bieten, die in finanzieller und tatsächlicher Hinsicht
bei der mitunter langwierigen Sanierung, schwierigen Erschließung und kostspieligen Entwicklung von Bau- und Gewerberuinen und von Altlastengrundstücken
bestehen und dadurch einen Anreiz auslösen, sich diesen Problemimmobilien zuzuwenden.
Grundsatz 6.1-2 Leitbild „Flächensparende Siedlungsentwicklung“
Die als Zielbestimmung in „Ziel 6.1-11 Flächensparende Siedlungsentwicklung“ vorgesehene Pflicht, das tägliche Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsfläche in NRW
bis zum Jahr 2020 auf 5 ha und langfristig auf „netto null“ zu reduzieren, soll aufgegeben und als Grundsatz der Raumordnung in eine neue Regelung „6.1-2 Grundsatz
Leitbild Flächensparende Siedlungsentwicklung“ aufgenommen werden. Wir hatten in
unserer Stellungnahme vom 28.02.2014 die als raumordnerisches Ziel vorgesehene
strikte Festlegung des 5-ha-Ziels aus rechtlichen Gründen (mangelnde Bestimmbarkeit) abgelehnt, das 5-ha-Ziel allerdings als politisches Leitbild grundsätzlich mitgetragen.
Insofern stellt die Abstufung des 5-ha-Ziels auf einen Grundsatz der Raumordnung
eine Verbesserung dar, wenngleich nach wie vor unklar bleibt, welchen Anteil die
sechs Planungsregionen und die 396 Städte und Gemeinden in NRW von diesem 5-haZiel jeweils im Rahmen ihrer Siedlungsflächenentwicklung umsetzen sollen und wie
dieser Anteil bestimmt werden soll. Die Regelung ist daher zu unbestimmt.
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Zudem wird die Problematik dieser raumordnerischen Festlegung an der aktuellen
Flüchtlingszuwanderung deutlich. Nach der Modellrechnung des MBWSV und der
NRW.Bank vom November 2015 werden – wie oben unter 1. dargestellt – infolge des
Zuzugs in den Jahren 2015 und 2016 und des Familiennachzugs 500.000 Menschen
dauerhaft in NRW bleiben und Wohnraum benötigen. Die in ihren Annahmen sehr zurückhaltende Modellrechnung geht davon aus, dass für diese Menschen nach Abzug
des aktivierbaren Wohnungsleerstandes 130.000 neue Wohnungen errichtet werden
müssen. Der LEP-Entwurf legt für die Ermittlung des Wohnbauflächenbedarfs siedlungsstrukturtypische Dichtewerte zugrunde, die im ländlichen Raum bei 20
Wohneinheiten (WE) / Hektar Bruttofläche (ha) beginnen und im hochverdichteten
großstädtischen Raum bei 60 WE / ha enden (Seite 53 LEP-Entwurf). Geht man für
die Berechnung des Wohnflächenbedarfs nur für die oben genannten bleibeberechtigten Flüchtlinge aus den Jahren 2015 und 2016 von einem Mittelwert von 40 WE / ha
aus, dann wäre Flächen in einem Umfang von 3.250 ha zu überbauen. Das entspricht
einem Flächenverbrauch von fast 9 ha / Tag. Sicherlich werden diese Flächen nicht
innerhalb eines einzigen Jahres und nicht nur durch die Ausweisung neuer Baugebiete
„verbraucht“. Aber das 5-ha-Ziel erfasst alle Flächenbedarfe, also den (ohne Flüchtlingsbedarfe) regulären Wohnungsbaubedarf von aktuell jährlich 60.000 Wohnungen
in NRW, den Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen und den Bedarf für überörtliche Verkehrswege. Diese Entwicklungsbedarfe werden in der Summe das 5 ha-Ziel
deutlich „reißen“. Allein die aktuelle Situation zeigt insofern, dass ein solches Ziel die
tatsächlichen Entwicklungen und Bedarfe nicht abbilden kann.
Hinzu kommt, dass nach überwiegender Auffassung die amtliche Flächenstatistik, die
der Ermittlung des „Flächenverbrauchs“ nach dem 30-ha-Ziel der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“ der Bundesregierung bzw. dem 5-ha-Ziel auf NRW-Ebene zugrunde liegt, überholt ist. Das 30- bzw. 5-ha-Ziel stellt bekanntlich auf die statistisch
ausgewiesenen Siedlungs- und Verkehrsflächen (SuV-Flächen) ab, zu denen neben
Verkehrsflächen, Betriebsflächen sowie Gebäude- und gebäudebezogenen Freiflächen
auch Erholungsflächen, Friedhofsflächen, Parks, Sportanlagen, Grünanlagen und Ausgleichsflächen zählen. Die letztgenannten Flächen führen nicht zu einem dauerhaften
Verlust der ökologischen Funktion von Böden, sondern - im Gegenteil - ihre Entwicklung geht oftmals einher mit einer Entsiegelung von Flächen und der Schaffung von
Kaltluftschneisen, die im Zuge des Klimaschutzes zur Durchlüftung von hochverdichteten Stadtteilen notwendig sind.
Zieht man die „naturbelassenen Flächen“ von den SuV-Flächen ab, liegt der Grad des
„Flächenverbrauchs“ in NRW bereits heute bei 6 ha und nicht bei 10 ha pro Tag. Allerdings schnellte vor einigen Jahren der durchschnittliche Flächenverbrauch singnifikant in die Höhe, als das Begleitgrün von Straßen und Wegen in die Statistik einbezogen wurde, obwohl keine neuen Verkehrsflächen entstanden waren. Auch die Erhebung der IHK.NRW zur Gewerbeflächenentwicklung zeigt diese Verfälschungstendenzen auf, wonach 47 % der Fläche von neuen Gewerbe- und Industriegebieten nicht
für die betriebliche Nutzung zur Verfügung steht, obwohl 100 % dem Flächenverbrauch zugeordnet werden.
Daher sollte angesichts der unklaren Definition und der nicht näher bestimmten statistischen Erhebungsmethode aus Gründen der Rechtssicherheit auf die Festlegung des 5ha-Ziels als Grundsatz der Raumordnung verzichtet werden. Dennoch wird das 5-haZiel als politisches Ziel von den kommunalen Spitzenverbänden nach wie vor ausdrücklich unterstützt.
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Ziel 6.1-4 Keine bandartigen Entwicklungen und Splittersiedlungen
Wie bereits im Rahmen unserer Stellungnahme vom 28.02.2014 dargestellt, sollte
auch das Ziel 6.1-4 als Grundsatz herabgestuft werden. Dies würde im Einzelfall mehr
Raum für flexiblere Entscheidungen ermöglichen, die den örtlichen Situationen und
Bedürfnissen besser entsprechen können.
Grundsatz 6.1-6 Vorrang der Innenentwicklung
Die bisher als Zielbestimmung vorgesehene Regelung, wonach Planungen und Maßnahmen der Innenentwicklung Vorrang vor der Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich haben, soll als Grundsatz der Raumordnung umgewandelt werden. Dies ist
zu begrüßen. Die Abstufung entspricht unserer Forderung.
Grundsatz 6.1-8 Wiedernutzung von Brachflächen
Der Grundsatz sieht vor, dass durch Flächenrecycling Brachflächen neuen Nutzungen
zugeführt werden sollen. Auf die Vorgabe in Abs. 2, dass eine Neudarstellung von
Siedlungsflächen auf Freiflächen nur erfolgen soll, wenn auf der Grundlage des Siedlungsflächenmonitorings nachgewiesen wird, dass keine geeigneten Brachflächen zur
Verfügung stehen, wird verzichtet. Dies ist zu begrüßen und entspricht unserer Anregung.
Im Zuge der anstehenden Entwicklung einer Brachfläche ist für die dafür ggf. notwendig werdende Änderung von GIB in ASB ein förmliches Änderungsverfahren des Regionalplans erforderlich. Zur Erleichterung der Wiedernutzung von Brachflächen sollte klargestellt werden, dass das Änderungsverfahren in der Praxis der Regionalplanungsbehörden nicht mit Bedarfsprüfungen und ggf. mit Forderungen nach der Aufgabe oder dem Tausch von Siedlungsflächen verknüpft wird. Um die Entwicklung von
Brachflächen, die im Siedlungszusammenhang und nicht isoliert im Freiraum liegen,
zu erleichtern, sollte – auch im Sinne des Grundsatzes Ziel 6.1-6 „Vorrang der Innenentwicklung“ – neben der Bedarfsberechnung und –anrechnung auch auf eine Änderung des Regionalplans vor Satzungsbeschluss des Bebauungsplans verzichtet werden.
Dies sollte insbesondere für Maßnahmen gelten, die einen Flächenbedarf von 10 ha
überschreiten und daher gemäß § 35 Abs. 2 LandesplanungsgesetzDVO im Regionalplan in der Regel zeichnerisch darzustellen sind. Die Regionalpläne würden dann auf
der Grundlage der Änderung des FNP oder des B-Plans nachträglich angepasst. Dieses
Verfahren sollte in die Erläuterungen zum Grundsatz 6.1-8 aufgenommen werden.
Grundsatz 6.2-1 Ausrichtung auf zentralörtlich bedeutsame Allgemeine Siedlungsbereiche
Die bislang als Zielbestimmung ausgekleidete Festlegung „6.2-1 Zentralörtlich bedeutsame allgemeine Siedlungsbereiche“ soll zukünftig als Grundsatz der Raumordnung abgestuft werden. Dies entspricht unserer Anregung. Darüber hinaus wird das
Ziel „6.2-4 Räumliche Anordnung neuer Allgemeiner Siedlungsbereiche“ als neuer
Absatz 2 in den neuen Grundsatz 6.2-1 integriert und damit ebenfalls zu einem Grundsatz abgestuft. Der so geschaffene neue Grundsatz erhält die neue Bezeichnung „6.2-1
Ausrichtung auf zentralörtlich bedeutsame Allgemeine Siedlungsbereiche“.
Diese Änderungen sind zu begrüßen, da sie die Regelungen zur Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf solche Allgemeinen Siedlungsbereiche, die über ein räumlich
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gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen verfügen, einer Abwägung zugänglich machen. Dennoch bleibt unklar,
was unter "zentralörtlich bedeutsamer allgemeiner Siedlungsbereich" zu verstehen ist
und wie diese abzugrenzen sind. Es besteht somit die Gefahr der uneinheitlichen
Handhabung und Interpretation durch die Regionalplanungsbehörden.
Zu begrüßen ist auch, dass in den Erläuterungen konkrete Ausnahmen aufgeführt werden, in denen von der vorrangigen Entwicklung dieser zentralörtlich bedeutsamen Allgemeinen Siedlungsbereiche (zASB) zugunsten von (herkömmlichen) ASB abgesehen
werden kann. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn topographische oder naturräumliche Gegebenheiten oder vorrangige Schutz- oder Nutzungsfunktionen (Naturschutz- oder Hochwasserschutzgebiete) einer Angliederung an einen zASB entgegen
stehen, ebenso wenn ein neuer ASB in der Hauptsache für gewerbliche Betriebe vorgesehen ist.
Schließlich findet die Klarstellung in den Erläuterungen Zustimmung, dass kleinere
Ortsteile (mit weniger als 2.000 Einwohnern) als ASB dargestellt werden sollen, wenn
sie im Zuge ihrer Eigenentwicklung über die Darstellungsschwelle von 2.000 Einwohnern hinauswachsen.
Mit den Änderungen des 6.2-1 und des 6.2-4 geht die Streichung des Grundsatzes
„6.2-3 Eigenentwicklung untergeordneter Ortsteile“ einher, die mit der Ergänzung in
Ziel „2-3 Siedlungsraum und Freiraum“ korrespondiert, wonach sich die Siedlungsentwicklung von Ortsteilen mit weniger als 2.000 Einwohnern am Bedarf der dort ansässigen Bevölkerung und vorhandenen Betriebe ausrichtet. Dies ist ebenfalls zu begrüßen. Die ursprüngliche Regelung hätte dazu geführt, dass in kleineren, dem regionalplanerischen Freiraum zugeordneten Ortsteilen mit weniger als 2.000 Einwohnern
eine Entwicklung kaum noch möglich ist.
Ziel 6.3-3 Neue Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen
Die bisher geplante Zielbestimmung, nach der neue Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen unmittelbar anschließend an die vorhandenen ASB oder GIB
festzulegen sind, wurde zum einen um eine Ausnahme für die Nutzung von Brachflächen erweitert, die im Freiraum liegen. Zum anderen wurde die Ausnahme gestrichen,
dass eine gewerbliche oder industrielle Nutzung im Freiraum infolge einer betriebsgebundenen Erweiterung notwendig ist.
Im Fall der Brachflächenausnahme ist Voraussetzung für die gewerbliche und industrielle Nutzung, dass über eine ergänzende Zweckbindung sichergestellt wird, dass nur
eine Nachnutzung bereits versiegelter Flächen einschließlich vorhandener Infrastruktur erfolgt, die aus dieser Brachfläche vorhandenen naturschutzwürdigen Teilflächen
von der Nachnutzung ausgenommen werden und eine kurzwegige verkehrliche Anbindung gegeben ist. Zwar ist die von uns geforderte Erweiterung der Flächennutzung
für GIB-Bereiche grundsätzlich zu begrüßen. Leider schränken aber die vorgesehenen
engen Voraussetzungen das hierdurch neu geschaffene Nutzungspotenzial wieder erheblich ein. Auf den Voraussetzungskanon sollte daher verzichtet werden.
Die Streichung der Ausnahme, dass eine gewerbliche oder industrielle Nutzung im
Freiraum zulässig ist, sofern sie infolge einer betriebsgebundenen Erweiterung notwendig ist, ist abzulehnen. Nunmehr ist die Erweiterung eines durch Bebauungsplan
oder FNP gesicherten Betriebes nicht mehr möglich, wenn sich der Bauleitplan nicht
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in einem GIB befindet. Es muss aber möglich sein, über eine ergänzende Bauleitplanung betrieblich benötigte Erweiterungsflächen zu schaffen und die Regionalplanungsbehörde in die Lage zu versetzen, eine entsprechende Festlegung zu treffen. Betriebliche Nutzungen, die nach § 30 BauGB zu beurteilen sind, dürfen nämlich nicht
schlechter gestellt werden als im Außenbereich gelegene Betriebe, die nach § 35 Abs.
4 Nr. 6 BauGB erweitert werden können. Daher ist sicherzustellen, dass in Fällen einer
vorhandenen Bauleitplanung eine Betriebserweiterung möglich bleibt, auch wenn sich
der zulässigerweise errichtete gewerbliche oder industrielle Betrieb auf einer Fläche
befindet, die (noch) nicht als GIB festgelegt ist.
Diese Fallkonstellation und der sehr umfangreiche Ausnahmekatalog zeigt das Grundproblem dieser Festlegung. Eine Zielbestimmung, die neue GIB ausschließlich unmittelbar anschließend an vorhandene ASB oder GIB zulässt, ist als strikt zu beachtende
Vorgabe praktisch nicht in jedem Fall umsetzbar und rechtlich kaum haltbar. Sie
könnte in Einzelfällen trotz vorliegenden Bedarfs zu einem faktischen Planungsstopp
führen. Dies soll aufwendig mit einem Katalog mit vier verschiedenen Ausnahmetatbeständen vermieden werden. Ob dies gelingen kann, ist sehr fraglich.
Die begrüßenswerte Intention, den Freiraum zu schützen und vorhandene Infrastrukturen kosteneffizient zu nutzen, ließe sich auch mit einem Grundsatz der Raumordnung
verfolgen, der der Regionalplanungsbehörde die Möglichkeit offen halten würde, in
atypischen Fällen die bedarfsgerechte Entwicklung von Wirtschaftsflächen zuzulassen.
Die bislang als Festlegung vorgesehenen Ausnahmen könnten in den Erläuterungen
die Abweichung von der Anwendung des Grundsatzes beispielhaft konkretisieren.
6.
Kapitel 7 „Freiraum“
Grundsatz 7.1-7 Nutzung von militärischen Konversionsflächen
Diese Festlegung (ursprünglich 7.1-8), nach der auf militärischen Konversionsflächen
im Freiraum Festlegungen und Maßnahmen zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes und/oder der Nutzung für Erneuerbare Energien zum Tragen kommen sollen,
wird nunmehr auf überwiegend landschaftlich geprägte militärische Konversionsflächen (beispielsweise Truppenübungsplätze) beschränkt. Damit wird eine gewerbliche
Nachnutzung erleichtert. Die Änderung entspricht unserer Anregung und ist zu begrüßen.
Ziel 7.2-2 Gebiete für den Schutz der Natur
Die Vorgabe, dass Gebiete für den Schutz der Natur (GSN) durch besondere Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege soweit wie möglich zu verbinden sind, wird gestrichen. Die Streichung erfolgte zutreffend aus rechtlichen Erwägungen, da die Kriterien und Maßstäbe für diese Vorgabe nicht hinreichend in der
Festlegung bestimmt werden konnten.
Ziel 7.3-1 Walderhaltung und Waldinanspruchnahme
Das ehemalige „Ziel 7.3-3 Waldinanspruchnahme“ geht in dem neuen Ziel „Walderhaltung und Waldinanspruchnahme“ ohne wesentliche textliche Änderungen auf. In
den Erläuterungen (S. 119) werden für die Zumutbarkeit von Alternativen jedoch neu
sehr hohe Hürden aufgebaut. Hier sollten Einzelfallentscheidungen, z. B. bei betriebs- 16 -
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gebundenen Erweiterungen in weniger wertvollen Waldflächen weiterhin möglich
bleiben.
Ziel 7.5-3 Standorte für raumbedeutsame Gewächshausanlagen
Die Zielbestimmung, dass Standorte für raumbedeutsame Gewächshausanlagen im
Regionalplan als allgemeiner Freiraum- und Agrarbereich für zweckgebundene Nutzungen „Gewächshausanlage“ zeichnerisch festzulegen sind, soll ersatzlos gestrichen
werden. Diese Änderung stärkt die kommunale Planungshoheit.
7.
Kapitel 8 „Verkehr und technische Infrastruktur“
Allgemeines
Der Ausbau von Radschnellwegen wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Um
den erklärten Willen der Landesregierung zur Einrichtung von Radschnellwegen auch
im LEP zu dokumentieren, wird angeregt, in Kapitel 8.1 ein weiteres Ziel zum Thema
"Radschnellwege" aufzunehmen.
Ziel 8.1-6 Landes- bzw. regionalbedeutsame Flughäfen in NRW
Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass die Einteilung in „landesbedeutsame
Flughäfen“ und „regionalbedeutsame Flughäfen“ nicht zur unverhältnismäßigen Beschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten der Kategorie „regionalbedeutsame Flughäfen“ führen darf.
Ziel 8.1-11 Öffentlicher Verkehr
In Ziel 8.1-11 wird nunmehr festgelegt, dass Mittel- und Oberzentren statt an den
Schienenverkehr (nur noch) an den Öffentlichen Verkehr anzubinden sind, da aus
Sicht der Landesregierung in vielen Mittelzentren eine Anbindung an den Schienenverkehr kaum möglich ist. Die Zielbezeichnung „Schienennetz“ wird insoweit folgerichtig in „8.1-11 Öffentlicher Verkehr“ umbenannt. Nach Ausführung der Landesplanungsbehörde soll hierdurch auch die Trassenreaktivierung nicht tangiert werden.
Zwar kann mit der Erweiterung dieses Ziels auf alle Formen des ÖPNV - und damit
auch den straßengebundenen Linienverkehr und den Verkehr mit Schnellbussen - umfassend die Zentralität, die Erreichbarkeit und die Versorgungsfunktion der Mittelund Oberzentren erreicht werden. Gleichwohl führt die Änderung der Zielbestimmung
dazu, dass bislang nicht an das Schienennetz angeschlossene Mittelzentren kaum noch
eine Chance auf Anbindung haben. Um dies zu ermöglichen, hatten wir in unserer
Stellungnahme vom 28.02.2014 ausdrücklich die Zielfestlegung auf den Schienenverkehr begrüßt.
Um durch die aus der Zielqualität erwachsenen Beachtenspflicht keine unrealistische
Selbstbindung des Landes zu begründen, sollte die raumordnerische Festlegung zur
Anbindung von Ober- und Mittelzentren an den Schienenverkehr als abgestufter
Grundsatz der Raumordnung beibehalten werden, nicht aber als Festlegung für den
Ausbau des Schienenverkehrs gänzlich abgeschafft werden. Dann gäbe es weiterhin
eine – jetzt abwägbare – Verpflichtung des Landes zum Ausbau des Schienennetzes
auch zugunsten von bislang nicht angeschlossenen Mittelzentren.
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Grundsatz 8.2-3 Bestehende Höchstspannungsfreileitungen und Ziel 8.2-4 Neue
Höchstspannungsfreileitungen
Aus Rechtsgründen soll das ursprüngliche Ziel 8.2-3 „Höchstspannungsfreileitungen“
in einen Grundsatz und neues Ziel aufgeteilt werden. Zur Konfliktminimierung müssen neue Trassen grundsätzlich einen Abstand zur Wohnbebauung von 400 m und zu
einzelnen Wohngebäuden im Außenbereich von 200 m einhalten. Hierzu enthält der
LEP ein entsprechendes neues Ziel 8.2-4. Bei vorhandenen Trassen sollen diese Abstände im Rahmen des möglichen eingehalten werden. Dies soll in einem Grundsatz
8.2-3 geregelt werden. Diese Neuregelung entspricht unserer Forderung und erhöht
den kommunalen Planungsspielraum für Arrondierungsmaßnahmen.
8.
Kapitel 9 „Rohstoffversorgung“
Ziel 9.2-2 Versorgungszeiträume
Von der Festlegung von Versorgungszeiträumen für „Bereiche für die Sicherung und
den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe“ (BSAB)
von mindestens 20 Jahren für Lockergesteine (z. B. Kies, Sand, Ton) und von mindestens 35 Jahren für Festgesteine (z. B. Naturstein, Basalt, Kalkstein, Tonschiefer) wird
in den Erläuterungen eine Abweichung für regionalplanerisch bereits gesicherte längere Versorgungszeiträume zugelassen. Das erhöht die Sicherheit der betroffenen Unternehmen und ist daher zu begrüßen.
Ziel 9.2-3 Tabugebiete und Grundsatz 9.2-4 Zusätzliche Tabugebiete
Auf die Festlegung von Tabugebieten, in denen keine Vorranggebiete für BSAB festgelegt werden dürfen, soll im neuen LEP (Ziel 9.2-3) und in Regionalplänen (Grundsatz 9.2-4) nunmehr verzichtet werden. Daher sollen beide Festlegungen gestrichen
werden. Dies ist zu begrüßen, da über die fachrechtlichen Regelungen des Arten-, Natur-, Wasser- und Bodenschutzes ein ausreichender Ausgleich zwischen den Interessen
der Wirtschaft und den Anforderungen des Trinkwasserschutzes, der Landwirtschaft
und des Naturschutzes erzielt werden kann. So sieht § 35 Abs. 2 des Referentenentwurfs zur Novelle des Landeswassergesetzes ein grundsätzliches Verbot der Abgrabung von Bodenschätzen mit Ausnahme- und Befreiungsvorschriften vor, wenn durch
die Abgrabung keine nachteilige Veränderung des Wasserhaushalts und der Wasserbeschaffenheit zu erwarten ist.
9.
Kapitel 10 „Energieversorgung“
Grundsatz 10.1-3 Neue Standorte für Erzeugung und Speicherung von Energie
Im vierten Absatz der Erläuterungen zum Grundsatz 10.1-3 wird ausgeführt, dass die
zunehmend fluktuierende Stromerzeugung den Ausbau neuer Speicherkapazitäten erfordert. Hierbei kommen insbesondere Talsperren infrage, wie auch der zweite Satz im
vierten Absatz beschreibt („Als Energiespeicher und zugleich als Standorte für Pumpspeicherkraftwerke eignen sich Talsperren (s. Kapitel 7.4 Wasser).“). Zum Schutz des
Trinkwassers sollte aus unserer Sicht hinter Satz 2 folgender neuer Satz 3 eingefügt
werden:
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„Bei Talsperren, die der öffentlichen Wasserversorgung dienen, gilt der Vorrang der
Trinkwasserversorgung vor allen anderen Nutzungen.“
Ziel 10.2-2 Vorranggebiete für die Windenergienutzung und Grundsatz 10.2-3 Umfang der Flächenfestlegungen für die Windenergienutzung
Das ursprüngliche Ziel 10.2-2 „Vorranggebiete für die Windenergienutzung“ soll aufgeteilt werden in ein Ziel und in einen Grundsatz. Damit wird einerseits am Ziel festgehalten, bis 2020 mindestens 15 % der Stromversorgung durch Windenergie zu decken. Andererseits werden die Flächenvorgaben für die Planungsregionen als Grundsatz formuliert. Insofern soll es keine qualifizierten Zielvorgaben mehr für die Windenergievorrangflächen in den einzelnen regionalen Planungsgebieten geben. Dies erhöht die Rechtssicherheit, da nunmehr Detailfragen wie Flugsicherung, Landschaftsund Artenschutz, die auf den Umfang der ausweisbaren Fläche Einfluss nehmen können, berücksichtigt werden können. Dies ist zu begrüßen.
Gleichwohl bleibt zu kritisieren, dass die bisher bestehende Flächenkulisse (in der
Summe 54.000 ha, in Teilkontingenten aufgeteilt auf die sechs Planungsregionen in
NRW) grundsätzlich bestehen bleiben und an der Festlegung von Vorranggebieten
durch die Regionalplanungsbehörden festgehalten werden soll.
Aus kommunaler Sicht ist auf raumordnerische Festlegungen für die Windenergienutzung gänzlich zu verzichten. Sie schränken die kommunale Planungshoheit unangemessen ein und führen durch die Ausweisung von Vorranggebieten zu einem erheblichen Abstimmungsbedarf der Kommunen mit den Regionalplanungsbehörden, zu
Verzögerungen bei der kommunalen Bauleitplanung und zu praktischen Umsetzungsproblemen.
Die Ausweisung von Vorranggebieten in Regionalplänen verursacht einen Konflikt
zwischen zwei dann konkurrierenden Planungsebenen – der der Regionalplanung und
der der Bauleitplanung – und kann sogar zu widersprüchlichen Festsetzungen führen.
So besteht beispielsweise für die Regionalplanung keine rechtliche Verpflichtung zur
Durchführung einer Artenschutzprüfung. Diese gilt erst für die nachgelagerten Planungs- und Zulassungsverfahren. Daher wird bei Ausweisung von WindenergieVorrangzonen auf Ebene der Regionalplanung nur eine überschlägige Vorabschätzung
durchgeführt, die beim anschließenden Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans
und der dort durchzuführenden Artenschutzprüfung zu dem Ergebnis führen kann,
dass die Vorrangfläche aus dem Regionalplan aufgrund eines rechtlichen Hindernisses
nicht vollzugsfähig ist, da diese Fläche dann ein hartes Tabukriterium darstellt.
Ziel 10.3-4 Ausschluss von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten
Als neues Ziel 10.3-4 ist die Festlegung in den überarbeiteten LEP-Entwurf aufgenommen worden, nach der die Gewinnung von Erdgas, welches sich in sogenannten
unkonventionellen Lagerstätten befindet, ausgeschlossen ist.
In NRW werden Erdgasvorkommen in unkonventionellen Lagerstätten in Form von
Schiefer- und Flözgas vermutet. Die Förderung dieser Vorkommen ist nach derzeitigem Stand der Technik nur unter Einsatz der so genannten Fracking-Technologie
möglich. Das Ziel bezieht sich nicht auf Tiefbohrungen für andere Zwecke wie z. B.
der Nutzung von Tiefengeothermie oder auf die konventionelle Erdgasgewinnung. Si- 19 -
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chere Technologien für die Gewinnung von Erdgas aus sogenannten konventionellen
Lagerstätten, d. h. vor allem aus Sand- und Karbonatgesteinen, kommen schon seit den
1960er Jahren in Deutschland zum Einsatz.
Im LEP-Entwurf vom 25.06.2013 war eine raumordnerische Festlegung zum Fracking
zunächst nicht vorgesehen. Wir hatten in ihrer Stellungnahme vom 28.02.2014 gefordert, eine Festlegung aufzunehmen, die Fracking nur in Gebieten zulässt, in denen eine
Gefährdung der Trinkwasserversorgung, des Grundwassers, des Bodenschutzes, des
Naturschutzes, der Landwirtschaft und der Wohnbevölkerung ausgeschlossen ist.
Auf der Grundlage eines bei Frau Professor Dr. Sabine Schlacke vom Institut für Umwelt- und Planungsrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster eingeholten
Gutachtens hat die Landesregierung die rechtliche Zulässigkeit überprüft und bejaht,
dass Fracking-Vorhaben in unkonventionellen Lagerstätten landesweit in NordrheinWestfalen im Rahmen des Landesentwicklungsplanes ausgeschlossen werden können.
Nach dem Stand der Forschung können Fracking-Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen bei Menschen und an der Umwelt erzeugen. Insbesondere kann das FrackFluid den Bodenhaushalt und den Wasserhaushalt gefährden. Nach dem Stand der
Wissenschaft werden irreversible Schäden für den Boden- und Wasserhaushalt nicht
ausgeschlossen. Insbesondere für das Grundwasser ist von erheblichen Risiken auszugehen. Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand kann sowohl das Gefährdungs- als auch das Risikopotenzial der Technologie nicht abschließend bewertet werden. Insofern besteht weiterhin erheblicher Untersuchungsbedarf. Auch besteht wissenschaftliche Unsicherheit bezüglich der durch Fracking induzierten seismischen Aktivität.
In Anbetracht der Hochwertigkeit der bedrohten Rechtsgüter und der nicht auszuschließenden, möglicherweise irreversiblen Beeinträchtigungen von diversen Räumen
und ihren Funktionen kommt die Landesregierung zu dem Schluss, aufgrund ihres
Schutz- und Risikovorsorgeauftrags Fracking-Vorhaben in unkonventionellen Lagerstätten landesweit auszuschließen.
Dies ist aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Trinkwasserversorgung und der
weiteren Umweltbelange zu begrüßen. Allerdings muss sicher gestellt sein, dass ein
solcher genereller Ausschluss rechtssicher festgesetzt werden kann und keine unzulässige Verhinderungsplanung darstellt. Insbesondere wäre es wichtig, den Schutz durch
eine sprachliche Konkretisierung der relativ unbestimmten Begriffe „unkonventionelle
Lagerstätte“ und „Fracking“ zu erhöhen. Hierzu schlagen wir folgende Formulierung
des Ziels 10.3-4 vor (Änderungen in Fettdruck):
„Die Gewinnung von Erdgas aus Schiefer-, Ton- oder Mergelstein oder Kohleflözgestein mit Hilfe des unterirdischen Aufbrechens von Gestein mit hydraulischem
Druck (sog. „Fracking-Technologie“), welches sich in sogenannten konventionellen
Lagerstätten befindet, ist ausgeschlossen, weil durch den Einsatz dieser Technologie
der Fracking-Technologie erhebliche Beeinträchtigungen des Menschen und seiner
Umwelt zu besorgen sind und die Reichweite hiermit verbundener Risiken derzeit nicht
abschätzbar ist.“
Des Weiteren ist zu prüfen, ob in die geplante Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes (im Rahmen des „Gesetzes zur Änderung von wasser- und naturschutzrechtlichen
Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fra- 20 -
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cking-Technologie“ - Entwurf vom 10.12.2014) eine entsprechende Länderöffnungsklausel aufgenommen werden muss.
Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie die unsere Anregungen im Zuge der Auswertung des
zweiten Beteiligungsverfahrens berücksichtigen und unsere Vorschläge in die Endfassung
des LEP-Entwurfs aufnehmen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Hilmar von Lojewski
Beigeordneter
des Städtetages Nordrhein-Westfalen
Dr. Marco Kuhn
Erster Beigeordneter
des Landkreistages Nordrhein-Westfalen
Rudolf Graaff
Beigeordneter
des Städte- und Gemeindebundes NordrheinWestfalen
Markus Moraing
Geschäftsführer
VKU – Nordrhein-Westfalen