Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
104 kB
Datum
26.06.2012
Erstellt
23.02.12, 15:48
Aktualisiert
30.05.12, 06:31
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 49/2012
Az.: 65.4
Amt: - 65 BeschlAusf.: - - 61 - Datum: 07.02.2012
gez. Böcking
Amtsleiter
RPA
- 20 -
BM / Dezernent
Beratungsfolge
Betriebsausschuss Straßen
Termin
07.03.2012
vorberatend
Ausschuss für Stadtentwicklung
13.03.2012
vorberatend
Betriebsausschuss Straßen
05.06.2012
vorberatend
Ausschuss für Stadtentwicklung
12.06.2012
vorberatend
Rat
26.06.2012
beschließend
Betrifft:
29.05.2012
Datum Freigabe -100-
Bemerkungen
Zuständigkeitsdelegation ggf. erforderlicher planerischer Abwägung gemäß § 125,
Absatz 2 Baugesetzbuch (BauGB) durch den Rat auf den Bürgermeister
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Im Rahmen des § 125, Absatz 2 Baugesetzbuch (BauGB) ist die Herstellung einer
Erschließungsstraße
im
unbeplanten
Innenbereich
nur
dann
rechtmäßig
und
erschließungsbeitragsfähig, wenn sie den in § 1, Absatz 4 bis 7 BauGB bezeichneten
Anforderungen entspricht. Gemäß § 125, Absatz 2 BauGB erforderliche, gemeindliche
Abwägungsvorgänge werden durch den Rat der Stadt Erftstadt als gesetzlich hierfür zuständiges
Organ innergemeindlich auf den Bürgermeister übertragen.
Da die Planungsentscheidung der Gemeinde bzw. die planerische Abwägung nach § 125,
Absatz 2 BauGB im Einzelfall unmittelbarer gerichtlicher Kontrolle unterliegt, sind entsprechende
Abwägungsvorgänge, die Abwägungskriterien und die Abwägungsergebnisse verwaltungsintern
hinreichend und nachvollziehbar zu dokumentieren.
Begründung:
In unbeplanten Innenbereichen ist die Herstellung von Erschließungsstraßen und die Erhebung
von Erschließungsbeiträgen nur dann rechtlich zulässig, wenn die Gemeinde - gewissermaßen als
Ersatz für das eigentlich nach § 125, Absatz 1 BauGB gültige Bebauungsplanerfordernis –
hilfsweise zumindest eine planerische Abwägung im Sinne des § 125, Absatz 2 BauGB
vorgenommen hat.
Insofern findet die Vorschrift des § 125, Absatz 2 BauGB dem Grunde nach im Wesentlichen nur
in bestehenden „Altgebieten“ Anwendung, in denen die Siedlungsstruktur bereits besteht und
vorgegeben ist, da im Rahmen der Erschließung von Neubaugebieten in der Praxis ohnehin zuvor
entsprechende Bebauungspläne aufgestellt werden.
Ein Abwägungsvorgang nach § 125, Abs. 2 BauGB fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit des
Gemeinderates. Allerdings ist es rechtlich zulässig und inzwischen auch durchaus gängige Praxis
in den Gemeinden, dass Gemeinderäte ihre originäre Zuständigkeit aus Vereinfachungs- und
Rechtsgründen auf den Bürgermeister übertragen. Dies wird auch von der Rechtsprechung so
toleriert und den Gemeinden zur eigenen Gedankenführung und Entscheidung überlassen.
Zustimmungserfordernisse durch eine höhere Verwaltungsbehörde im Rahmen der gemeindlichen
planerischen Abwägung nach § 125, Absatz 2 BauGB bestehen nicht bzw. wurden gesetzlich
abgeschafft.
In Erftstadt gibt es innerhalb in Zusammenhang bebauter Ortsteile noch zahlreiche Straßen, die
zwar nach ihrem gegenwärtigen Ausbauzustand möglicherweise für die Erschließung der
anliegenden Grundstücke hinreichend befestigt und geeignet sind, die allerdings bislang nie nach
ortsüblichen Ausbaukriterien endausgebaut und technisch fertig gestellt wurden. Planerische
Gestaltungs- u. Entscheidungsspielräume sind in solchen Konstellationen regelmäßig limitiert und
kaum noch gegeben, da Linienführung und Ausmaße solcher Straßen aufgrund der bereits
bestehenden, angrenzenden Bebauung bereits im Wesentlichen bestimmt und festgelegt sind, so
dass
bestenfalls
nur
noch
in
Nuancen
planerische
Gestaltungsfreiheiten
und
Abwägungsspielräume bestehen. Derartige, bereits bestehende Vorgaben und Einschränkungen
lassen hingegen die nach § 125 BauGB für die rechtmäßige Herstellung von
Erschließungsanlagen generell geltenden planerischen Erfordernisse nicht entfallen. Ein zukünftig
anstehender oder beabsichtigter Ausbau solcher, dem Grunde nach bereits bestehender Straßen
bleibt daher im Ergebnis nur unter Einhaltung der Maßgaben des § 125, Absätze 1 oder 2
zulässig und beitragsfähig. Aus Sicht der Verwaltung wäre es daher aus Rechtsgründen
wünschenswert und vereinfachend, dem Bürgermeister die Zuständigkeit für planerische
Abwägungen nach § 125, Absatz 2 BauGB zu übertragen. Bei Bedarf kann so mit vergleichweise
wenig Aufwand, zeitnah und schnell die Rechtmäßigkeitsvoraussetzung nach § 125, Absatz 2
BauGB herbeigeführt und geschaffen werden. Überdies können so aufgrund der modifizierten
Rechtsprechung etwaig bereits eingetretene Rechtsfehler schneller und flexibler korrigiert werden.
Die erwünschte Zuständigkeitsdelegation auf den Bürgermeister soll den Rat bzw. den
zuständigen Fachausschuss dabei keinesfalls in seinem Recht auf Fassung entsprechender
Ausbaubeschlüsse beschneiden, sondern nur die Schaffung hierfür
zuvor erforderlicher,
materieller Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vereinfachen und ermöglichen.
Gerade in Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten in Erschließungsbeitragsangelegenheiten hat
die Rechtsprechung ausdrücklich auf die zwingenden Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen nach §
125 BauGB und die hierzu modifizierte, restriktivere Rechtsprechung hingewiesen, dabei aber
zugleich – nicht umsonst - die bestehenden Delegationsmöglichkeiten des Gemeinderates
ausdrücklich festgestellt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.05.2009– 15 A 770/07 -). Ohne vorherige
Erfüllung
der
beschriebenen
Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
sind
ergangene
Erschließungsbeitragsbescheide ggf. gerichtlich aufzuheben. In der Praxis lassen sich in
Einzelfällen bereits rechtliche Korrekturerfordernisse in Zusammenhang mit den Maßgaben nach §
125 BauGB feststellen. Ohne entsprechende Korrekturen bestehen teilweise sogar
Hinderungsgründe, eine rechtlich verpflichtende Erschließungsbeitragserhebung überhaupt
rechtmäßig vornehmen zu können.
Zukünftig noch anstehende oder gewollte Maßnahmen verlangen eine veränderte
Rechtsauslegung des § 125 BauGB (z.B. etwaiger Ausbau der Gladbacher Straße in Erp oder
etwaiger Ausbau der Straße „Heubahn“ in Ahrem). Ohne Erfüllung der gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 125 BauGB würde ein entsprechender Straßenausbau in diesen Fällen
nicht möglich sein.
Insofern soll die seitens der Verwaltung vorgeschlagene und erwünschte Legitimation des
Bürgermeisters für Abwägungsprozesse nach § 125, Absatz 2 BauGB in der Rechtsprechung
-2-
geforderte Verfahrensabläufe lediglich vereinfachen und der Vermeidung oder Korrektur von
Rechtsfehlern zweckdienlich sein.
(Dr. Rips)
-3-