Daten
Kommune
Langerwehe
Größe
2,2 MB
Datum
19.04.2016
Erstellt
08.04.16, 18:08
Aktualisiert
08.04.16, 18:08
Stichworte
Inhalt der Datei
Luftverkehrliches Gutachten
zur Frage der Vereinbarkeit von vier auf der Halde Nierchen
geplanten Windkraftanlagen mit dem Flugbetrieb an den
Militärflugplätzen Nörvenich und Geilenkirchen sowie dem
zivilen Verkehrsflughafen Köln-Bonn
Auftraggeber:
Energiekontor AG
Mary-Somerville-Str. 5
28359 Bremen
Erstellt am:
18.11.2014
Erstellt durch:
Mörz Transport Consult
Bergstr. 15
81539 München
Tel.: 089-625 9118
Fax: 089-6975 8605
Email: mail@transport-consult.de
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TRANSPORT CONSULT
Bearbeiter:
Dr.-Ing. (NCSU) Armin Mörz
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Anlass und Vorbemerkung
Die Energiekontor AG (Vorhabensträgerin) plant, auf der Halde Nierchen im Zuge eines
Repowering neun bestehende Windkraftanlagen (WKAs) mit einer Gesamthöhe von 87 m
durch vier WKAs mit einer Gesamthöhe von bis zu 170 m zu ersetzen.
Halde Nierchen liegt zwischen der Militärflugplätzen Nörvenich und Geilenkirchen und somit
im Anflugbereich dieser Flugplätze. Weiterhin liegt der Standort im erweiterten
Anflugbereich des Flughafens Köln-Bonn. Um vorab eine Einschätzung des Vorhabens
seitens der Luftwaffe zu erhalten, richtete die Energiekontor AG im Februar 2013 eine
entsprechende Anfrage betreffend WKAs einer Gesamthöhe von 150 m an das Luftwaffenamt
(LwA), die zunächst die Aussage erbrachte, es sei eine Maximalhöhe von 340 m über
Meeresspiegel (ü. NN) nicht zu überschreiten, da Verfahrenshöhen im Luftraum durchstossen
würden. In der Folge äusserte sich das LwA dahin gehend, das die Gesamthöhe der WKAs
auf maximal 329 m Gesamthöhe begrenzt sei. Als Gründe für diese Höhenbeschränkung
wurde angeführt, dass im Bereich der Halde Nierchen eine MRVA1 von 2.100 ft MSL und
eine COLD MRVA von 2.300 ft MSL gelte und
•
eine Anhebung der MRVA in diesem Bereich aufgrund der An- und Abflugverfahren
sowie
•
der Nähe zum Luftraum Köln-Bonn
nicht möglich sei. Eine nähere Präzisierung dieser Gründe erfolgte nicht.
Veranlasst durch diese negative Aussage beauftragte die Vorhabensträgerin mit Schreiben
vom 21.08.2014 die Mörz Transport Consult mit der Erstellung eines luftfahrttechnischen
Gutachtens, um
•
die erforderliche Anhebung der MRVA,
•
die An- und Abflugverfahren zum und vom Flughafen Köln-Bonn sowie
•
die Struktur des Luftraums und die Lage der WKAs darin
zu überprüfen und die Möglichkeiten sowie Voraussetzungen zur Schaffung einer
Vereinbarkeit der Windkraftanlagen mit dem Luftverkehr abzuklären.
Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen.
1
MRVA - Minimum Radar Vectoring Altitude (dt.: Radarführungsmindesthöhe)
Untersuchung Halde Nierchen
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Methodische Vorgehensweise
Konkret wird in diesem Gutachten untersucht, ob und inwiefern Möglichkeiten und
Voraussetzungen zur Schaffung einer Vereinbarkeit der Windkraftanlagen mit dem
Luftverkehr bestehen. Die hierbei anzulegenden Maßstäbe ergeben sich aus den Verhältnissen
vor Ort und den Gesetzen und Richtlinien, die dazu dienen, die Sicherheit des Luftverkehrs zu
gewährleisten. Aufbauend auf den Ergebnissen einer Bestandsanalyse werden sodann die
Möglichkeiten aufgezeigt, um die Vereinbarkeit der WKAs mit dem Luftverkehr herzustellen.
Die WKA-Standorte
Die Halde Nierchen ist zwischen der Stadt Eschweiler (ca. 5 km) und der Gemeide
Langerwehe (ca. 2 km) gelegen. Die nächstgelegenen Flugplätze sind
•
der Verkehrslandeplatz Aachen-Merzbrück (EDKA) ca. 10 km westlich,
•
der Militärflugplatz Nörvenich (ETNN) ca. 22 km östlich,
•
der Militärflugplatz Geilenkirchen (ETNG) ca. 26 m nordwestlich und
•
der Verkehrsflughafen Köln-Bonn (EDKK) ca. 57 km östlich
vom Standort.
Weiterhin umgibt in einer Entfernung von ca. 11 km in nördlicher Richtung das
Flugbeschränkungsgebiet ED-R 111 das Forschungszentrum Jülich. Es ist durch einen Radius
von 2 nm2 (3,7 km) und eine Vertikalausdehnung von der Erdoberfläche3 bis 2.300 ft.4 (ca.
700 m) NN5 definiert.
Wie aus Abb. 2 ersichtlich, befindet sich Halde Nierchen ausserhalb der Kontrollzonen6 aller
benachbarten Flugplätze und Flughäfen. Der Verkehrslandeplatz Aachen-Merzbrück verfügt
über keine CTR.
2
nm - nautische Meile. 1 nm = 1,852 km
Erdoberfläche – engl. Ground, Abk.: GND
4
ft. – foot, pl. feet. Engl. Längenmass. 1 ft. = 0.3048 m
5
NN – Normal Null. Höhenangaben mit diesem Zusatz sind auf den mittleren Meeresspiegel bezogen.
6
Kontrollzone – Controlled Area, Abk.: CTR
Untersuchung Halde Nierchen
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Abb. 1
Abb. 2
Halde Nierchen mit Blick in Richtung Langerwehe (WKAs beispielhaft)
Lage der Standorte für die geplanten WKAs sowie Entfernung zu den nächstgelegenen Flugplätzen.
Untersuchung Halde Nierchen
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Flugplätze und Flughäfen
Wie bereits oben erwähnt, befinden sich im Umfeld von Halde Nierchen mehrere Flugplätze
und Flughäfen. Mit Ausnahme des Verkehrslandeplatzes Aachen-Merzbrück wird an den
Flugplätzen Nörvenich und Geilenkirchen Verkehr nach Instrumentenflugregeln (IFR)
abgewickelt, wobei am Platz Geilenkirchen für Anflüge in Richtung 27 ein
Instrumentenlandesystem (ILS) zur Verfügung steht. Am Flughafen Köln-Bonn werden ILSPräzisionsanflüge auf den Landebahnen 14L und 32R sowie 24 abgewickelt. Auf Landebahn
06, deren Anflug westlich des Flughafens und somit näher an Halde Nierchen beginnt, sind
Nichtpräzisionsanflüge durchführbar.
Flugplatz/Flughafen
Start- und
Landebahn
Länge x
Breite, m
Seitlicher Abstand
der Halde Nierchen
zur verlängerten
Grundlinie der Startund Landebahn, km
Verkehrsart
Aachen-Merzbrück
08/26
520 x 20
3
VFR
Nörvenich
07/25
2.441 x 45
7
IFR, VFR
Geilenkirchen
09/27
3.048 x 45
16
IFR*, VFR
14L/32R
3.815 x 60
46
IFR, VFR
14R/32L
1.863 x 45
45
VFR
06/24
2.459 x 45
20
IFR**/VFR
Köln-Bonn
* ILS
** ILS
auf Landebahn 27
auf Landebahn 24
Tabelle 1
Start- und Landebahnen sowie deren Ausrichtung an den benachbarten Flugplätzen und Flughäfen.
Der negative Bescheid des LwA hinsichtlich einer Anhebung der MRVA war mit dem
Hinweis auf die Anflugverfahren und die Nähe zum Luftraum Köln-Bonn verbunden. Aus
diesem Grunde wird zunächst der diesbezügliche Sachverhalt für alle hier betrachteten
Flugplätze und Flughäfen überprüft.
Verkehrslandeplatz Aachen-Merzbrück
Dieser Flugplatz ist ca. 10 km von Halde Nierchen entfernt (s. Abb. 2). Dies ist erheblich
mehr als die Länge der An- und Abflugflächen von 2 km sowie des Radius von 3,1 km der
äusseren Hindernisbegrenzungsflächen wie sie NfL I 92/13 für einen Verkehrslandeplatz
dieser Grösse definiert. Auch ein eventuell bestehender beschränkter Bauschutzbereich von 4
km um den Flugplatzbezugspunkt wird durch das Vorhaben nicht berührt.
Hinsichtlich der An- und Abflüge zum und vom Verkehrslandeplatz Aachen-Merzbrück
bestehen daher keine Konflikte.
Untersuchung Halde Nierchen
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Verkehrsflughafen Köln-Bonn
Bedingt durch die grosse räumliche Distanz von ca. 57 km zum Flughafen Köln-Bonn liegt
die Halde Nierchen ausserhalb von sowohl dessen Hindernisfreiflächen nach NfL I 328/01 (s.
Abb. 3) als auch des Bauschutzbereiches nach §12 LuftVG. Gleiches gilt für die
Anflugflächen und Anflugsektoren des Bauschutzbereiches.
Abb. 3
Prinzipieller Aufbau der Hindernisfreiflächen für Flughäfen mit Instrumentenflugbetrieb.
Quelle: NfL I 328/01
Hinsichtlich der Anflugverfahren sind durch die Deutsche Flugsicherung im
Luftfahrtbandbuch (AIP) Deutschland verschiedene Instrumentenan- und -abflugverfahren
veröffentlicht (s. Abb. 4). An- und Abflüge aus und in westlicher Richtung werden über das in
ca. 3 km östlich des Militärflugplatzes Nörvenich stehende VOR7 NOR geführt, an dem in
6.000 ft. NN eine Warteschleife eingerichtet ist.
Die Entfernung dieser Warteschleife zur Halde Nierchen beträgt ca. 22 km. Luftfahrzeuge
verlassen das VOR NOR für Anflüge auf Landebahn 16 in 3.500 ft. NN, für Anflüge auf alle
anderen Landebahnen in 4.000 ft. NN. Selbst bei einem unwahrscheinlichen direkten
Überflug über WKAs einer Bauhöhe von 170 m auf Halde Nierchen bestünde in einer
Flughöhe von 3.500 ft. NN ein vertikaler Abstand von ca. 2.200 ft. (670 m) zwischen dem
Luftfahrzeug und den WKAs. Dies entspricht dem mehr als Doppelten des einzuhaltenden
Minimalabstandes von 1.000 ft. für Instrumentenflüge.
Aufgrund der horizontalen und vertikalen räumlichen Verhältnisse sind keine Konflikte mit
den Anflugverfahren auf den Flughafen Köln-Bonn festzustellen. Gleiches gilt für Abflüge
über VOR NOR, da die Steigwinkel nach dem Start deutlich grösser sind als die Sinkwinkel
beim Landeanflug. Sofern ein Abflug von VOR NOR aus über Halde Nierchen führt, ist daher
die dort erreichte Flughöhe weitaus grösser als die oben betrachteten 3.500 ft.
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VOR – VHF Omnidirectional Radio Range, dt.: Drehfunkfeuer. Funkfeuer für die Luftfahrtnavigation.
Untersuchung Halde Nierchen
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Abb. 4
Veröffentlichte Anflugrouten über das VOR Nörvenich auf den Flughafen Köln-Bonn.
Quelle: AIP Deutschland, MTC
Militärflugplätze
Die vom LwA auferlegte Beschränkung der Gesamthöhe auf 340 m NN und die spätere
weitere Reduzierung auf 329 m NN wurde mit dem Durchstossen von Verfahrenshöhen und
damit Verfahrensflächen begründet, die eine Anhebung der MRVA nicht zuliessen. Weitere
Einzelheiten zu den betroffenen Flugplätzen, den Verfahrensflächen und den Verfahren selbst
wurden nicht mitgeteilt. Es ist daher nicht bekannt, um welche Verfahrensflächen es sich
konkret handelt.
Wie bereits oben festgestellt, bestehen keine Konflikte mit den An- und Abflugsektoren und
den Hindernisfreiflächen für Präzisionsanflüge. Da jedoch nur der Flugplatz Geilenkirchen und dieser nur in Landerichtung 27 - mit einem ILS-System ausgerüstet ist, sind auch andere
Anflugverfahren in Betracht zu ziehen. So ist an beiden Plätzen auch ein TACAN8
vorhanden.
Die verschiedenen Anflugverfahren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Anforderungen an
die Hindernisfreiheit, insbesondere in Bezug auf den Öffnungswinkel der An- und
Abflugflächen. Bezüglich des Gradienten der An- und Abflugflächen stellen die 2% für
Präzisionsstart- und Landebahnen für Luftfahrzeuge der Codezahl 4 die untere Grenze dar9.
Die Länge der An- und Abflugflächen für Präzisionsanflüge beträgt 15.000 m.
Die Projektion des Standorts der Halde Nierchen auf die verlängerte Start- und
Landebahnachse jedes der beiden Flugplätze liegt rund 20 km von der jeweiligen
Landeschwelle entfernt und somit jenseits des Endes der Anflugflächen. Eine durch die
geplanten WKAs verursachte Beeinträchtigung der Anflüge im Instrumentenflugbetrieb auf
8
TACAN – Tactical Air Navigation. Militärisches Drehfunkfeuer mit einer dem VOR ähnlichen Funktion,
jedoch höherer Präzision.
9
Siehe NfL I 328/01
Untersuchung Halde Nierchen
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diese Flugplätze kann daher ausgeschlossen werden. Andere An- und Abflugverfahren
unterscheiden sich in Ihren Anforderungen an die Hindernisfreiheit zum Teil deutlich von
jenen für Präzisionsanflüge. So steigt zum Beispiel die laterale Ausdehnung der An- und
Abflugflächen in dem Masse wie die Präzision des Verfahrens sinkt, während die Steigung
der An- und Abflugflächen für kleinere Luftfahrzeuge zunimmt. Weiterhin sind auch die
Verfahrensflächen für den Fehlanflug zu berücksichtigen.
Da unklar ist, auf welche Verfahrensflächen sich die Aussage des LwA bezieht, betrachten
wir in dieser Untersuchung die Höhenverhältnisse für eine verlängerte Anflugfläche einer
Steigung von 2% für einen Präzisionsanflug. Diese Steigung liegt unterhalb des für
Fehlanflugflächen10 in Ansatz gebrachten Steiggradienten von 2,5%11.
Wir beschränken die Betrachtung auf den Landeanflug auf Startbahn 07 des Flugplatzes
Nörvenich, da Halde Nierchen annähernd 16 km querab der verlängerten Start-und
Landebahnachse des Flugplatz Geilenkirchen liegt und somit hinsichtlich der An- und
Abflugflächen dort als unkritisch einzuschätzen ist. Zum Vergleich beziehen wir in die
Betrachtung zwei weitere Hindernisse ein: den Funkturm bei Grosshau und WKAs östlich
von Hürtgenwald. Beide sind südlich, Halde Nierchen nördlich der verlängerten
Landebahnmittellinie gelegen.
Die jeweiligen geometrischen Verhältnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Daraus ist zu
entnehmen, dass die verlängerte Anflugfläche bei unbegrenzter lateraler Ausdehnung ca.
134 m über den mit einer Bauhöhe von 170 m angenommenen WKAs auf Halde Nierchen
verläuft. Der vertikale Abstand zum Hindernis ist deutlich grösser als für den Funkturm und
die weiter südlich gelegenen WKAs.
Diese Zahlen veranschaulichen, dass die WKAs auf Halde Nierchen bei etwa vergleichbarer
Entfernung entlang der Start- und Landebahnachse sowohl weiter querab von dieser Achse
entfernt als auch weiter unterhalb der verlängerten Anflugfläche liegen als die zwei
Vergleichshindernisse. Unter diesem Aspekt ist die Bebauung auf Halde Nierchen daher
hinsichtlich der Anflugverfahren unkritischer.
Da Verfahrensflächen in aller Regel symmetrisch zu beiden Seiten der verlängerten Start- und
Landebahnachse aufgebaut sind und der Funkturm und die WKAs bei Hürtgenwald
genehmigt und somit als mit dem Flugbetrieb am Flugplatz Nörvenich vereinbar anzusehen
sind, kann die Aussage des LwA auf der Grundlage dieser Betrachtung nicht bestätigt werden.
Dies schliesst jedoch nicht aus, dass möglicherweise nördlich des Flugplatzes gesonderte
Verfahren eingerichtet sind, die die Beschränkung der Bebauung von Halde Nierchen auf 340
bzw. 329 m NN begründen. Zur weiteren Klärung ist seitens des LwA eine Konkretisierung
seiner Aussagen, insbesondere der einander widersprechenden Angaben zu den möglichen
Gesamthöhen, aber auch zu in Anwendung gebrachten militärischen Standards notwendig.
10
Unter der Annahme eines geraden Fehlanflugs.
Da es sich dabei um den Steiggradienten handelt, ist hier zusätzlich die minimale Hindernisfreiheit (Minimum
Obstacle Clearance) von 50 m zu berücksichtigen.
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Hindernis
Abstand zur
Schwelle
der
Landebahn
07, km
Abstand zur
verlängerten
Landebahnmittellinie,
km
Hindernishöhe,
m NN*
Höhe der
Anflugfläche am
Ort des
Hindernisses,
m NN
Höhe der
Anflugfläche
über dem
Hindernis,
m
Halde Nierchen
20,4
7,4
390
524
134**
Funkturm bei Grosshau
19,4
2,3
503
504
1
WKAs östlich von
Hürtgenwald
21.0
4,9
531
536
5
*
Annahme für Halde Nierchen: WKAs mit 170 m Bauhöhe
Die mit 2,5% geneigte Fläche des Fehlanfluges liegt an der Stelle von Halde Nierchen in ca. 230 m über den
WKAs. Nach Abzug der minimalen Hindernisfreiheit von 50 m verbleiben ca. 180 m. Die Anflugfläche stellt daher
den kritischen Fall dar.
**
Tabelle 2
Lage und Höhe der WKAs auf Halde Nierchen und vergleichbare Hindernisse zur Schwelle der
Landebahn 07 am Militärflugplatz Nörvenich.
Luftraum
Nach §10 LuftVO ist der Luftraum (LR) über Deutschland in verschiedene Klassen eingeteilt.
Die wesentlichen dieser Klassen sind – von der Erdoberfläche ausgehend – die Lufträume G,
E, C und D (s. Abb. 5). Flughäfen werden von Kontrollzonen der Klassen C, D oder F
umgeben. Nur die Lufträume der Klassen F und G sind unkontrolliert. Weitere Lufträume
sind Flugbeschränkungsgebiete (ED-Rs) und Gefahrengebiete (ED-Ds), in die nicht oder nur
unter bestimmten Bedingungen wie z.B. zu festgelegten Tageszeiten eingeflogen werden darf.
Weiterhin verläuft innerhalb des Luftraums G das Band für militärischen Tiefflug.
Je nach Klasse des beflogenen Luftraums unterliegt der Flug unterschiedlichen
Bestimmungen, wobei diese für die Lufträume C und C (CTR) identisch sind. Gleiches gilt
für die Lufträume D und D (CTR).
Die allgemeine Obergrenze des unkontrollierten Luftraums G, die gleichzeitig die
Untergrenze des kontrollierten Luftraums E darstellt, verläuft in 2.500 ft. über Grund (GND).
Die Unter- und Obergrenzen aller übrigen Lufträume werden durch Höhenangaben in ft. NN
definiert. Ausserhalb und unmittelbar anschliessend an Kontrollzonen ist die Obergrenze von
Luftraum G in der Regel auf 1.700 ft. bzw, 1.000 ft NN abgesenkt, um nach Instrumenten anund abfliegende Luftfahrzeuge durchgängig im kontrollierten Luftraum zu führen.
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Abb. 5
Struktur des Luftraums über Deutschland.
Quelle: DFS
Luftraumstruktur im Bereich von Halde Nierchen
Das westliche Nordrhein-Westfalen weist mit den Flughäfen Köln-Bonn, Düsseldorf,
Dortmund und Niederrhein, dem Verkehrslandeplatz Mönchengladbach und den
Militärflugplätzen Geilenkirchen und Nörvenich eine grosse Dichte von Flugplätzen mit zum
Teil eng beieinander liegenden CTRs auf. Aus diesem Grunde ist die Obergrenze des
Luftraums G weiträumig auf 1.000 ft. GND abgesenkt. Dieser Bereich beginnt an der
deutsch-belgischen bzw. deutsch-niederländischen Grenze und erstreckt sich bis ca. zur
geographischen Länge von Hamm nach Osten. Die nördlichen und südlichen Begrenzungen
verlaufen auf der Höhe von Goch (Norden) und Simmerath (Süden).
Weiterhin ist die Untergrenze von Luftraum C12 östlich einer grob beschrieben von Erkelenz
über Jülich und Euskirchen nach Remagen verlaufenden Linie auf 4.500 ft. NN abgesenkt
(siehe auch Abb. 6)13. Die Halde Nierchen liegt ca. 10 km westlich dieser Linie inmitten des
Bereiches mit einer Obergrenze von 1.000 ft. GND für den Luftraum G. Ein mit der
Bebauung mit WKAs von bis zu 170 m Bauhöhe verbundener Konflikt ist nicht erkennbar,
zumal sich in diesem Bereich bereits ein Funkmast bei Stolberg mit einer Bauhöhe von ca.
230 m befindet.
12
Gleichbedeutend mit der Obergrenze von Luftraum E
Die Höhe dieses Luftraums ist weiter östlich nochmals auf 2.500 ft. NN reduziert. Im Bereich der CTR
Nörvenich verläuft dessen Untergrenze an der CTR-Obergrenze von 2.900 ft. NN.
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Minimum Radar Vectoring Altitude
In einer der Stellungnahmen des LwA wird Bezug genommen auf die Minimum Radar
Vectoring Altitude (MRVA) und darauf, dass diese nicht angehoben werden könne.
Zum Verständnis: "Die MRVA ist die niedrigste Höhe über NN, die für die Radarführung von
IFR-Flügen unter Berücksichtigung der Sicherheitsmindesthöhe (1000ft über dem höchsten
Hindernis im Umkreis von 8 km) und der Luftraumstruktur (Untergrenze des kontrollierten
Luftraumes plus eines Puffers von 500 ft) genutzt werden kann.
Unterhalb der MRVA können IFR-Flüge grundsätzlich nur auf veröffentlichten IFRVerfahren freigegeben werden."14
Oberhalb der MRVA ist in jedem Fall Hindernisfreiheit und Radarkontakt gewährleistet.
Oben stehende Definition enthält zwei Bedingungen, die durch die MRVA erfüllt werden
müssen:
1. Ein garantierter vertikaler Mindestabstand Luftfahrzeug – Hindernis von 1.000 ft
innerhalb einer Entfernung von maximal 8 km zum Hindernis und
2. Eine Höhe über NN, die mindestens 500 ft. über der Untergrenze von Luftraum E
(hier 1.000 ft. GND) am Standort des Hindernisses liegt.
Die jeweils grössere der mit (1.) und (2.) für den jeweiligen Standort ermittelten Höhen ist für
die MRVA massgebend.
MRVA-Sektoren
MRVAs werden in Abhängigkeit von der Höhe bestehender oder zukünftiger Hindernisse für
Sektoren festgelegt. In Abb. 6 ist die derzeitige Einteilung des Gebiets um die
Militärflugplätze Geilenkirchen und Nörvenich in Sektoren dargestellt. Die in den weiss
umrandeten MRVA-Sektoren unter den Sektorbezeichnungen eingetragenen Zahlen stellen
die MRVA in Hunderten ft. sowie, in eckigen Klammern, die MRVA COLD15 dar, die in
jedem Fall höher liegt. Für unsere Betrachtung bezüglich der Hindernisse am Boden ist die
jeweils erste Zahl ausschlaggebend, da kritischer.
Ebenfalls in Abb. 6 eingetragen ist ein Radius von 8 km um Halde Nierchen sowie um den
1.693 ft. (516 m) NN hohen Funkmast bei Stolberg. Durch letzteren wird die MRVA von
2.700 ft. NN in Sektor NG2 definiert. Die WKAS auf Halde Nierchen mit einer Gesamthöhe
von knapp über 1.000 ft. NN und weitere WKAs in NG1 mit einer Gesamthöhe zwischen ca.
1.010 und 1.030 ft. NN bedingen die derzeit gültigen MRVAs von 2.100 ft. NN in den
Sektoren NG1 und NN1. In Sektor NN4, innerhalb dessen sich der Funkmast und Halde
Nierchen befinden, liegt die MRVA in 2.900 ft. NN.
Alle MRVAs bleiben unberührt, sofern die WKAs auf Halde Nierchen eine Bauhöhe von ca.
110 m nicht überschreiten. Für eine Bebauung mit 150 m und 170 m hohen WKAs ist die
Anhebung der MRVA für die Sektoren NN1 und NG1 bzw. von Teilen derselben auf 2.300 ft.
NN erforderlich.
14
Quelle: MRVA-Chart der DFS, Stand 19.04.01
Diese MRVA findet bei kalten Wetterbedingungen Anwendung
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NG1
21 [23]
NN1
21 [23]
NG2
27 [31]
NN2
20 [21]
NN4
29 [32]
NN3
28 [31]
NN5
35 [37]
Abb. 6
MRVA-Gebiete, 8-km Hindernisradien, Untergrenzen der Lufträume E und C.
Quellen: MIL AIP, DFS
Vorschlag zur Anpassung der MRVA-Gebiete
Die auf Halde Nierchen geplanten WKAs erfordern die Anhebung der MRVA auf 2.300 ft.
NN. Unter der Annahme, dass die MRVA COLD wie im Bestand um 200 ft. höher ist, liegt
diese in derselben Höhe wie die Untergrenze des um den Flughafen Köln-Bonn auf 2.500 ft.
NN abgesenkten Luftraums C, deren Begrenzung durch NN1 verläuft (s. Abb. 6). Eine
Anhebung der MRVA für die Sektoren NG1 und NN1 insgesamt ist jedoch nicht erforderlich.
Ein möglicher Konflikt mit Luftraum C kann durch einen zusätzlichen Sektor etwa der Form
wie in Abb. 7 dargestellt vermieden werden. Hierdurch verbleiben die MRVA und die MRVA
COLD in NN1 unverändert und dadurch unterhalb des auf 2.500 ft. abgesenkten Luftraums C.
NG1
21 [23]
NN1
21 [23]
NG2
27 [31]
NN4
29 [32]
Abb. 7
Möglicher neuer MRVA-Sektor
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An- und Abflugrouten
Für die Flugplätze Nörvenich und Geilenkirchen sind verschiedene An- und Abflugverfahren
veröffentlicht.
Die An- und Abflüge zum und vom Flugplatz Nörvenich führen in der Regel entweder aus/in
südlicher Richtung oder aus nordwestlicher Richtung östlich an ED-R 11 vorbei zum/vom
Flugplatz. Eine Ausnahme stellt die in Abb. 8 abgebildete Abflugroute nach Nordwesten dar,
die über den neuen MRVA-Sektor (hier mit NG1a benannt) führt. Die angehobene MRVA
wirkt sich nicht negativ aus, denn bereits vor Verlassen der CTR und des Kurses 240° müssen
die Luftfahrzeuge die Mindesthöhe von 3.200 ft. NN, das heisst, 900 ft. über der MRVA bzw.
700 ft. über der MRVA COLD, erreicht haben.
NN1
21 [23]
NG1a
23 [23+x]
NN4
29 [32]
Abb. 8
Abflugrouten NN 107 – 125 vom Flugplatz Nörvenich
Quelle: CENOR FLIP, Stand 21. 08.2014
Mehrere An- und Abflüge zum und vom Flugplatz Geilenkirchen nutzen den Luftraum im
Bereich der anzuhebenden MRVA. In Abb. 9 und Abb. 10 sind beispielhaft eine Anflug- und
eine Abflugroute dargestellt. Alle der existierenden Routen führen in Höhen über den Sektor
NG1a, die in Folge der Anhebung der MRVA (COLD) unverändert beibehalten werden
können. Im Fall der Abflugroute in Abb. 9 führt der Flug bereits heute über ED-R 111 mit
einer Obergrenze von 2.300 ft. NN, die der angehobenen MRVA entspricht. Querab von
Halde Nierchen ist eine Flughöhe von mindestens 5.500 ft. NN einzuhalten.
Die Anflugroute in Abb. 10 führt aus einer Warteschleife in einer Höhe von mindestens
2.500 ft. NN in den Endanflug. Auch hier liegt die Flughöhe über der angehobenen MRVA
und in der Höhe der angehobenen MRVA COLD, jedoch nicht darunter. Es ist daher keine
Änderung der Flughöhen erforderlich.
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Circling-Verfahren sind durch die Anhebung der MRVA nicht betroffen, da der Radius von
maximal 5,28 nautischen Meilen (9,79 km) um die jeweilige Landebahnschwelle nicht in den
Sektor NG1a eindringt.
NG1
21 [23]
NG1a
23 [23+x]
NN1
21 [23]
NG2
27 [31]
NN4
29 [32]
NN5
35 [37]
Abb. 9
Abflugrouten NG 86 – 96 vom Flugplatz Geilenkirchen
Quelle: CENOR FLIP, Stand 01.05.2014
NG1
21 [23]
NG2
27 [31]
Abb. 10
NG1a
23 [23+x]
NN4
29 [32]
Anflugrouten NN 107 – 125 zum Flugplatz Geilenkirchen (Höhe der Warteschleife: 2.500 ft. NN min.)
Quelle: CENOR FLIP, Stand 01.05.2014
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Zusammenfassung und Fazit
Die Energiekontor AG plant, auf der Halde Nierchen neun bestehende Windkraftanlagen mit
einer Gesamthöhe von 87 m durch vier WKAs mit einer Gesamthöhe von bis zu 170 m zu
ersetzen. Eine Vorabprüfung durch das Luftwaffenamt erbrachte das Ergebnis, dass die
Umsetzung des Vorhabens die Anhebung einer MRVA voraussetzt. Dies sei jedoch aufgrund
der Nähe zum Luftraum Köln und der Durchdringung von Verfahrenshöhen nicht möglich.
Die Überprüfung der Sachverhalte zeigt, dass die Errichtung von WKAs einer Bauhöhe von
150-170 m die Erhöhung der MRVA in den Sektoren NG1 und NN1 um 200 ft. auf 2.300 ft.
NN erfordert. Sofern die Bauhöhe 110 m nicht überschreitet, bleibt die bestehende MRVA
von 2.100 ft. NN unberührt.
Um einen Konflikt mit dem im Bereich des Flughafens Köln-Bonn auf 2.500 ft. NN
abgesenkten Luftraum C zu vermeiden empfehlen wir, aus Teilbereichen der MRVASektoren NG1 und NN1 einen neuen Sektor mit der MRVA von 2.300 ft. NN einzurichten.
Hinsichtlich der neuen MRVA COLD gehen wir von 2.500 ft. NN aus. Dadurch bleiben alle
An- und Abflugrouten von der MRVA-Anhebung unberührt.
Eine Untersuchung der zu erwartenden Hindernissituation bezüglich der An- und
Abflugflächen legt den Schluss nahe, dass diese durch die höheren WKAs nicht verletzt
werden und somit die Flugsicherheit nicht beeinträchtigt wird. Gleiches gilt für
Fehlanflugflächen mit einer Steigung von 2,5%. Die diesbezügliche Aussage des LwA kann
daher auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt werden. Dies schliesst
jedoch nicht aus, dass möglicherweise gesonderte Flugverfahren eingerichtet sind oder andere
Sachverhalte wirksam sind, die eine Beschränkung der WKA-Höhe auf Halde Nierchen
begründen. Zur weiteren Klärung dieser Frage ist seitens des LwA eine Präzisierung seiner
Aussagen erforderlich, insbesondere der einander widersprechenden Angaben zu den
möglichen Gesamthöhen der WKAs sowie zur Anwendung gebrachter militärischer
Standards.
München, den 18.11.2014
Dr. Armin Mörz
Untersuchung Halde Nierchen
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18.11.2014