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Sitzungsvorlage (Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
121 kB
Datum
20.01.2011
Erstellt
12.01.11, 18:07
Aktualisiert
12.01.11, 18:07
Sitzungsvorlage (Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei) Sitzungsvorlage (Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei) Sitzungsvorlage (Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei) Sitzungsvorlage (Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei)

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Stadt Jülich Der Bürgermeister Amt: 63 Az.: Jülich, 10.01.2011 öffentlicher Teil Vorlagen-Nr.: 11/2011 Sitzungsvorlage Beratungsfolge Ausschuss für Kultur, Integration und Soziales Termin 20.01.2011 TOP Ergebnisse Unterschutzstellung des Wohn- und Geschäftshauses Römerstraße 16b, ehemalige Bahmeisterei Anlg.: - 2 61 III IV SD.Net Beschlussentwurf: Da das Wohn- und Geschäftshaus Römerstraße 16b und das Grundstück in der Gemarkung Jülich, Flur 26, Flurstücke 202 die Voraussetzungen eines Bau- und Bodendenkmals im Sinne von § 2 Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW) erfüllt, ist unter dem Vorbehalt, dass sich im Verfahren keine anderen Ansichten ergeben, für das erwähnte Objekt die Unterschutzstellung gem. § 3 DSchG vorzunehmen. Begründung: Das oben erwähnten Objekt liegt im Denkmalbereich Nr. 1 „Renaissance-Stadtgrundriss mit Befestigungswerken und Wallanlagen“ und im Bereich der „Via belgica“, Die Bahnmeisterei ist im Kontext mit den Jülicher Bahnanlagen bedeutend für die Geschichte der Stadt Jülich. Die Erhaltung liegt aus künstlerischen und wissenschaftlichen, besonders architektur-, orts- eisenbahngeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse. Mit Schreiben vom 09.03.2009 beantragt das Rhein. Amt für Denkmalpflege im Rheinland die Unterschutzstellung des Gebäudes Römerstraße 16b und die Eintragung in die Denkmalliste. Um die Vermarktung des Objektes nicht zu gefährden, wurde in der Sitzung im April 2009 der Beschluss gefasst, das Objekt nicht unter Denkmalschutz zu stellen. Die SEG beantragt nunmehr mit Schreiben vom 04.01.2011 die Unterschutzstellung des Objektes, da das Grundstück veräußert wurde und der zukünftige Eigentümer die Unterschutzstellung des Objektes wünscht. Es sind Büros und Wohneinheiten geplant. Jülicher Eisenbahngeschichte: Bis in die Frühzeit des Eisenbahnzeitalters reichen in Jülich die Bemühungen um einen Anschluss an das Fern- und Regionalnetz der Eisenbahn zurück. Diese Ansätze seit 1836 hatten aber wegen des Festungscharakters der Stadt lange keinen Erfolg. Erst nach Aufgabe und Schleifung der Festung 1860 und Bau der Linie Mönchengladbach-Jülich-Stolberg und Düren durch die BergischMärkische-Eisenbahngesellschaft 1873 wuchs die Stadt zu einem wichtigen Knotenpunkt im regionalen Eisenbahnnetz heran. Der erste Ansatz zur Bildung eines Eisenbahnknotenpunktes folgte nach der Gründung der Aachener Industriebahn-AG. Schon 1873 entstand durch diese Gesellschaft zur Verbindung von Zechen und Unternehmen im Aachener Revier die Strecke von Aachen nach Alsdorf. 1880-1882 folgte die Fortsetzung nach Jülich und die Umbenennung des Unternehmens in Aachen-Jülicher-Eisenbahn-Gesellschaft. Die Strecke erwies sich als äußerst erfolgreich, auch für den Personenverkehr. Der Nordbahnhof in Aachen war der Endpunkt für zahlreiche Pendler und wurde mit den bis zu 7000 täglichen Reisegästen eine Art heimlicher Hauptbahnhof in der Kaiserstadt. Behindert durch langwierige Enteignungsverfahren konnte eine weitere nach Norden bis nach Holland geplante Strecke über Linnich, Baal und Hückelhoven nach Dalheim zwar schon 1908 begonnen, aber erst 1911 vollendet werden. Ebenfalls in dieser Zeit wurde in den Jahren 1911/12 für den Transport von landwirtschaftlichen Produkten, besonders Zuckerrüben sowie Sand und Kies aus Kiesgruben die Linie Jülich-Puffendorf in den Jahren 1911/12 gebaut. Aus einem Wettbewerb um die Ansiedlung eines Eisenbahn-Ausbesserungswerkes mit den Nachbarstädten Euskirchen und Düren ging Jülich vor dem Ersten Weltkrieg siegreich hervor. Das 19141918 südlich der Stadt erbaute Ausbesserungswerk wurde eines der größten seiner Art in Preußen. Es hatte mit seinen 2.300 Beschäftigten erhebliche Auswirkungen auf die Siedlungstätigkeit in einem zu dieser Zeit mit 6.100 Einwohnern zu den Kleinstädten des Landes zählenden Ortes. Zentrales Element aller Jülicher Eisenbahnlinien war der südöstlich der Stadt angelegte Bahnhof mit separaten Empfangsgebäuden für die Hauptstrecken und die Nebenstrecke nach Puffendorf. Beide Stationsgebäude wurden bei einem Luftangriff 1944 zerstört und entstanden nach dem Krieg (19501953( neu in Form der 1950er Jahre. Das zum Bahnhof gehörende Stellwerk „Inf“ blieb in stark veränderter Form erhalten. Nahezu unverfälscht überliefert ist die um 1925 nördlich des Bahnhofes erbaute Bahnmeisterei, dort, wo die Strecken nach Dalheim und Mönchengladbach aus der von Süden kommenden Haupttrasse abzweigen. Die Bahnmeisterei Jülich: Die um 1926 erbaute Bahnmeisterei ist ein zweigeschossiger Putzbau auf U-förmigem Grundriss mit hohem, schiefergedecktem Walmdach über dem zur Straße liegenden Hauptbaukörper östlichem Seitenflügel. In der siebenachsigen Straßenfassade sind symmetrisch rechts und links von der Mittelachse zwei gestalterisch gleichwertig ausgebildete Haupteingangstüren angeordnet: die rechte führte zu den Räumen der in den Lageplänen auch als Betriebsamt bezeichneten Bahnmeisterei, die linke zur Wohnung des Amtsleiters. Die drei Mittelachsen sind zu dem betont durch nur flach aus der Fassade vorkragende Zierbalkone mit Stabgittern. Alle Fenster liegen in zurückspringenden Wandfeldern. Die Pfeiler zwischen den Fenstern sind mit angedeuteten Kapitellen pilasterartig ausgebildet. Den beiden Haupteingangstüren vorgelagert ist eine insgesamt dreistufige Treppenanlage, wobei die Mittelststufe als verbindende Fläche die beiden Eingänge zur Bahnmeisterei und Amtsleiterwohnung optisch zusammenbindet. Brüstungen an beiden Seiten der Treppenanlage setzen sich fort in zunächst halbkreisförmig geschwungene, niedrig gehaltene Begrenzungsmauern eines repräsentativ gedachten, gepflasterten Hausvorplatzes. Diese Begrenzungsmauern setzen sich seitlich fort und dienen auch zur Einfriedung der Rasenfläche links und rechts der Hauszugänge. Das hohe Sitzungsvorlage 11/2011 Seite 2 Dach wird zur Straße mit übergiebelten Einzelgauben belichtet. Seiten- und Rückfassaden sind weniger aufwendig mit schlicht in die Wandflächen eingeschnittenen Fenstern gestaltet. Hervorgehoben ist ein Seiteneingang in der östlichen Schmalseite des Hauptbaus und das rückwärtige Treppenhaus mit einem flach-kreisförmigen, erkerartigen Vorbau, der über die gesamte Gebäudehöhe reicht und axialsymmetrisch mit Fenster und Hoftür gegliedert ist. Im Inneren des Hauses ist als bemerkenswerte Ausstattung nur das Treppenhaus zur Wohnung des Amtsleiters mit Türen, Fußbodenbelägen und hölzernem Stabgeländer der Treppe erhalten. Zum Haus gehört ein großes Gartengrundstück mit altem Baumbestand im Süden. Das Grundstück liegt östlich des römischen Vicus Juliacum im Bereich des römischen Gräberfeldes, das sich entlang der römischen Via belgica, der heutigen Römerstraße erstreckt. Die Via belgica, eine römische Reichsstraße, führt von Köln nach Boulogne-sur-Mer und verband die römische Provinz Niedergermanien mit dem Atlantik. Parallel zu den aus Kies und Pflasterungen errichteten Straßen verliefen Gräben, in die das Oberflächenwasser abfließen konnte. Die breite der Via belgica betrug incl. begleitender Gräben ca. 30 m. Entlang dieser Straße entstanden in Folge größere zivile Siedlungen, wie z.B. Jülich oder Landgüter (villa risticae). Oftmals bestatteten die Römer ihre Toten entlang dieser Straßen, wie dies auch in Jülich zu beobachten ist. Unmittelbar nördlich des Plangebietes wurden bei Bauarbeiten ca. 80 römische Bandgräber freigelegt, sowie einige Gräber westlich im Bereich des Lyzeums, die auf ein größeres Gräberfeld hinweisen. Nördlich des Plangebietes verläuft die Via belgica, deren Straßengräben bis in das Plangebiet hineinreichen können. Aufgrund der Grabungsergebnisse ist bereits oberflächennah mit römischen Befunden zu rechnen. Bedeutung: Die Bahnmeisterei in Jülich vermag ansatzweise noch die Bedeutung des hier seit etwa 1870 entstandenen Eisenbahnnotenpunktes zu dokumentieren. Es zeigt darüber hinaus in der Ausbildung des Gebäudekörpers mit dem hohen Waldach, mit den Fassadenausbildungen und dem erhaltenen Treppenhaus in der linken Haushälfte die traditionalistischen Grundtendenzen in der Architektur der 1920er Jahre. Diese Tendenzen behaupteten sich jenseits der Avantgardearchitektur jener Zeit und gehören zu seiner seit den Übergangsstilen der Jahrzehnte nach 1900 entwickelten Hauptstilrichtungen jeder Zeit. Diese schlichten Formen der aus dem Barock und Klassizismus stammenden Architektur wurden besonders im Zuge der Heimatschutzbewegung durch Paul Schulze-Naumburg und Paul Mebes propagiert, muss architektur- und geistesgeschichtlich zu den Hauptströmungen des frühen 20. Jahrhunderts gerechnet werden und bot über die Jahrzehnte hinweg bis in die 1930 er Jahre hinein eine Alternative zu Konstruktivismus, Kubismus und Funktionalismus. Darüber hinaus ist die Bahnmeisterei Jülich auch in volkskundlicher Hinsicht ein interessantes Beispiel für die im Zeitalter der Industrialisierung übliche Verbindung zwischen Arbeitsstätte und Wohnort. Diese Verbindung galt besonders für leitende Angestellte als unverzichtbar, da von ihnen im Notfall ein rasches Erscheinen am Arbeitsplatz erwartet wurde. Die Bahnmeisterei setzt in dieser Hinsicht die Tradition der Empfangsgebäude fort mit den dort stets integrieren Wohnungen für die Bahnhofsvorsteher. Insoweit Eisenbahngeschichte bedeutend ist für die Menschheitsgeschichte ist die Bahnmeisterei Jülich bedeutend für die Geschichte des Menschen. Sie ist zugleich im Kontext der Jülicher BahnSitzungsvorlage 11/2011 Seite 3 anlagen auch bedeutend für die Geschichte der Stadt Jülich. Ihre Erhaltung liegt aus künstlerischen Gründen im öffentlichen Interesse. Quellen und Literatur: Mebes, Paul: um 1800, Architektur und Handwerk im letzten Jahrhundert ihrer traditionellen Entwicklung, München 1908 Schule-Naumburg, Paul: Die Kulturarbeiten –9 Bände und 1 Ergänzungsband, München 1901-1917 Fitting, Martin/Sassenscheidt, Manfred: Jülich die alte Eisenbahnstadt, Jülich 1977 dies: Chronik des Eisenbahnausbesserungswerks Jülich, Jülich 1979 dies: Jülich die alte Eisenbahnstadt, Jülich 1986 Persicke, Johannes: Das Bundesbahnausbesserungswerk Jülich, in Heimatkalender Kreis Jülich 1956, S. 17-25 Stadt Jülich (Hg): Erinnerungsblatt zur Eröffnung der Eisenbahn Hauptwerkstätte in Jülich 1.8.1918 Naß, Wolfgang: Die Jülicher Kreisbahn, Aachen 1978 Wolff, Gerd: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Teil 3, Nordrhein-Westfalen, Gifhorn 1974 Ewerbeck: Empfangsgebäude der Aachen-Jülicher Eisenbahn in Aachen, in: F. L. Haarmanns Zeitschrift für Bauhandwerker, unter Mitwirkung der Lehrer der Baugewerkeschule zu Holzminden, Leipzig 1884, S. 23 ff Gilson, Norbert: Zu Fuß durch Aachens Industriegeschichte, Aachen 1998 Meyer, Lutz-Henning: 150 Jahre Eisenbahn im Rheinland, Köln 1989 Anlagen: Lageplan Gutachterliche Stellungnahme des Landschaftsverbandes Rheinland, Amt für Denkmalpflege, Pulheim vom 09.03.2009 ja 1.Finanzielle Auswirkungen: Gesamtkosten: nein jährl. Folgekosten: Haushaltsmittel stehen bereit: ja jährl. Einnahmen: nein (siehe Beschlussentwurf) bei Produktsachkonto: (unter Berücksichtigung der Vorbelastungen) noch verfügbar: Erläuterungen zu Ziffer ______ 2.Der Personalrat ist zu beteiligen: Mitbestimmung Mitwirkung ja nein Anhörung Der Personalrat hat zugestimmt: ja nein Der Personalrat hat Bedenken erhoben: ja nein 3.Die Gleichstellungsbeauftragte ist zu beteiligen: ja nein Sie hat dem Beschlussentwurf gemäß § 5 Abs. 5 GO NW widersprochen: ja nein Sitzungsvorlage 11/2011 Seite 4