Politik bei uns wird nicht mehr aktiv betreut, eine Datenaktualisierung findet genausowenig statt wie Support.

Wir würden gerne weitermachen. Aber die Ansprüche an die Plattform passen nicht zum vollständig ehrenamtlichen Betrieb. Hintergründe und Ideen zur Rettung finden Sie in diesem Blogartikel.

Sitzungsvorlage (Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
24 kB
Datum
14.07.2010
Erstellt
22.07.10, 18:16
Aktualisiert
22.07.10, 18:16
Sitzungsvorlage (Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue) Sitzungsvorlage (Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue) Sitzungsvorlage (Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue) Sitzungsvorlage (Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue)

öffnen download melden Dateigröße: 24 kB

Inhalt der Datei

Stadt Jülich Der Bürgermeister Amt: 30 Az.: 30/1024-10 Gr. Jülich, 10.06.2010 öffentlicher Teil Vorlagen-Nr.: 363/2010 Sitzungsvorlage Beratungsfolge Haupt- und Finanzausschuss Termin 08.07.2010 Stadtrat 14.07.2010 TOP Ergebnisse Antrag 18/2010 (DIE LINKE) - Auftragsvergabe/Tariftreue Anlg.: - 1 30 30 SD.Net Beschlussentwurf: Dem Antrag wird nicht gefolgt Begründung: Bei Vergaben durch die Kommunen ist zu unterscheiden zwischen solchen unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte, die zu einer europaweiten Ausschreibung verpflichten. Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte besteht Marktfreiheit des EG-Vertrages. Hier sind zu beachten das Haushaltsgrundsätzegesetz, die Haushaltsordnungen des Bundes und des Landes, das Gemeindehaushaltsrecht/Erlasse, die VOB/A, alt. VOL/A, alt. VOF. Bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte sind die EG- Vergaberichtlinien, der vierte Teil des GWB (§§97ff.) die Vergabeordnungen, VOB/A, alt. VOL/A, alt. VOF zu beachten. Aufträge werden nach § 97 Abs.4 GWB an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere oder auch weiterführende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetze vorgesehen ist. § 97 Abs.4 GBW ist u.a. konkretisiert in §16(2) Nr.1 VOB/A. „Bei öffentlicher Ausschreibung ist zunächst die Eignung der Bieter zu prüfen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die (...) Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung notwendige Sicherheit bietet; dies bedeutet, dass sie die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen.“ Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 97 Abs.4 GWB im Jahr 2009 bedeutet das: ¾ Auftragnehmer hat das für den Auftrag notwendige Fachwissen ¾ Auftragnehmer hat die für den Auftrag notwendige wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit ( finanzielle Mittel, Personal, Maschinen etc.) ¾ Auftragnehmer hat in der Vergangenheit seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. ¾ Auftragnehmer hält die deutschen Gesetze ein, u.a. > für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge, > Entgeltgleichheit von Männern und Frauen > International vereinbarte Grundprinzipien und Rechte wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation zum Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit Demnach könnten allgemeinverbindliche Tarifverträge oder gesetzliche Mindestlöhne zur Bedingung gemacht werden, deren Zuwiderhandlung zum Ausschluss führte. (Dies erscheint dem Rechnungsprüfungsamt im Einzelfall geboten) In Fällen der VOL hätte die Stadt bei Vergaben unterhalb des Schwellenwertes es in der Hand allgemeine Tariftreue zu fordern, da es keine gesetzlichen Vorgaben gibt (dann müsste jedoch die Vergabeordnung der Stadt geändert werden, wobei diese Änderung auch Regelungen treffen müsste, die eine Kontrolle der Tariftreue und deren Umfang festlegen.) (Das Rechnungsprüfungsamt hält eine solche Vorgehensweise für verwaltungsaufwendig und kaum praktikabel, insoweit sie über die adäquate Vorschrift § 16 (5) VOL/A betreffend gesetzliche Vorgaben und allgemeinverbindliche Tarifverträge hinausgehen. „ Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist.“ ¾ Beispiel: Tariftreue als „andere oder weitergehende“ Anforderung i.S. § 97 Abs.4 GWB ¾ 2006: BVerfG hat Vereinbarkeit landesrechtlicher Tariftreueregelung mit deutschem Verfassungsrecht erklärt ¾ 2006: Vorlage an EuGH, ob landesrechtliche Tariftreueregelung mit europäischem Recht vereinbar, ¾ 2008: EuGH sieht die Vereinbarkeit „in diesem Fall“ nicht (Der EuGH urteilte wie folgt: Die Verpflichtung ortsübliche Tariflöhne zu zahlen gilt als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit und darf deshalb nicht zur Bedingung von öffentlichen Aufträgen gemacht werden. Lediglich eine Verpflichtung auf gesetzliche Mindestlöhne und allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge würde nach der Entsende-Richtlinie den Schutz von Arbeitnehmern sichern und damit eine Einschränkung der Dienstleistungsrichtlinie rechtfertigen. Die darüber hinausgehende Tariftreueverpflichtung sichere gerade nicht die faktische Gleichstellung von ausländischen mit deutschen Arbeitnehmern, „sondern sie verhindere die Beschäftigung von Arbeitnehmern aus einem anderen Mitgliedsstaat als der Bundesrepublik Deutschland im deutschen Hoheitsgebiet, da ihr Arbeitgeber seinen Kostenvorteil nicht in den Wettbewerb einbringen könne.“ Mindestlöhne würden nach dieser Rechtssprechung zur Lohnobergrenze, inländische Unternehmen, die sich an Tarifverträge halten müssen, würden diskriminiert. ¾ Berlin: Berliner Vergabegesetz Sept.2009 vom Senat beschlossen ¾ Bremen: Bremer Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe vom 24.11.2009 ¾ Hamburg, Saarland, Schleswig-Holstein haben gleichfalls entsprechende Gesetze. ¾ In Nordrhein-Westfalen fehlt ein entsprechendes Gesetz, da das TariftreueG außer Kraft ist und eine entsprechende notwendige Änderung des Vergabegesetzes noch nicht erfolgt ist. Eine Verpflichtung der Auftragnehmer zur Tariftreue als -andere oder weitergehende Anforderung- darf in NRW daher in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage nicht gestellt werden. Sitzungsvorlage 363/2010 Seite 2 Nach § 97 Abs.4 S.2 GWB „ können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben“... ¾ Öffentlicher Auftraggeber darf von Unternehmen ein bestimmtes Verhalten bei der Auftragsausführung verlangen. ¾ Auftragsausführungsbestimmungen = Leistungsanforderungen = Bestandteil der Leistungsbeschreibung ¾ NICHT Eignungs- oder Zuschlagskriterium und ¾ Sind nach bisheriger Rechtslage zulässig ¾ Voraussetzung ist jedoch Bezug zum Auftraggegenstand Beispiele aus der Gesetzesbegründung sind hier: ¾ Beschäftigung von Auszubildenden oder Langzeitarbeitslosen bezogen auf den konkreten Auftrag ¾ Angemessene Bezahlung zur Sicherstellung der Qualifikation von Wachpersonal ¾ Sicherstellung der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen bei der konkreten Ausführung des Auftrags ¾ Begrenzung des Schadstoffausstoßes von (zu beschaffenden) Dienst - KFZ ¾ Umweltfreundliche Produktionsvorgaben, z.B. Recyclingpapier, Strom aus erneuerbaren Energiequellen Folglich ist ein dem Antrag entsprechender Beschluss generell nicht möglich, es bedarf einer Änderung des Vergabegesetzes auf Bundesebene oder eines Vergabegesetzes in NRW damit die nach § 97 Abs.4 GWB erforderliche Gesetzesgrundlage für andere oder weitergehende Anforderungen an Auftragnehmer möglich wäre. Möglich wäre jedoch: Als Handlungsoption für Aufgabenträger i.S. des § 97 Abs.4 S.2 GWB legt der Auftraggeber zusätzliche Anforderungen fest, die nicht bieter-/eignungsbezogen, sondern ausführungsbezogen sind, d.h. der Auftragnehmer hat sie nur für die Erbringung des jeweiligen Auftrages zu beachten. Bei Missachtung führte dies zum Ausschluss des Angebotes. Die Rechtsprechung erkennt Tariftreueregelungen als zulässige auftragsbezogene Bedingungen an (so OLG Düsseldorf, B 05.05.2008-VII-Verg 5/08). Die Anforderung an das Tariftreueverlangen: ¾ Bekanntmachung in der Leistungsbeschreibung ¾ Sachlicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand, d.h. Beschränkung auf die eingesetzten Arbeitnehmer ¾ Auswahl eines sachlich angemessenen Tarifvertrages Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kommune unterhalb des Schwellenwertes solche Tariftreuebegehren fassen könnte, unter den oben genannten Bedingungen, oberhalb des Schwellenwertes wäre dies nur maßnahmebezogen als zusätzliche Anforderung an den Bieter möglich. Tariftreuebegehren unterhalb des Schwellenwertes würden allerdings bedeuten, dass die Behörde in ihrem Leistungsverzeichnis den Tarifvertrag benennen und die Einhaltung auch kontrollieren müsste, womit die vergebende Stelle der Kommune überfordert würde, angesichts der Vielzahl bestehender Einzeltarifverträge. Zudem würde auch manche Vergabe dadurch erschwert oder unmöglich, Sitzungsvorlage 363/2010 Seite 3 der Einzeltarifverträge. Zudem würde auch manche Vergabe dadurch erschwert oder unmöglich, da bei Mischtätigkeiten, die unter verschiedene Tarifverträge fallen könnten, der jeweils richtige gefunden werden müsste und einzelne Unternehmen, die den Auftrag auch ordnungsgemäß und ggfls. günstiger ausführen könnten ausgeschlossen werden müssten, da sie gerade einem anderen Tarifvertrag unterfielen. Der erwünschte Erfolg des Antrages ist durch die Kommune nicht herbeizuführen, vielmehr müssten bundesweit geltende Mindestlöhne eingeführt oder vermehrt für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge geschaffen werden. ja 1.Finanzielle Auswirkungen: Gesamtkosten: nein jährl. Folgekosten: Haushaltsmittel stehen bereit: ja jährl. Einnahmen: nein (siehe Beschlussentwurf) bei Produktsachkonto: (unter Berücksichtigung der Vorbelastungen) noch verfügbar: Erläuterungen zu Ziffer ______ 2.Der Personalrat ist zu beteiligen: Mitbestimmung Mitwirkung ja nein Anhörung Der Personalrat hat zugestimmt: ja nein Der Personalrat hat Bedenken erhoben: ja nein 3.Die Gleichstellungsbeauftragte ist zu beteiligen: ja nein Sie hat dem Beschlussentwurf gemäß § 5 Abs. 5 GO NW widersprochen: ja nein Sitzungsvorlage 363/2010 Seite 4