Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
123 kB
Datum
14.09.2011
Erstellt
07.09.11, 06:33
Aktualisiert
07.09.11, 06:33
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 366/2011
Az.: -51-Bt.
Amt: - 51 BeschlAusf.: - -51- Datum: 22.08.2011
gez. Brost
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Betrifft:
- 20 -
Termin
14.09.2011
gez. Dr. Rips,
Bürgermeister
BM / Dezernent
23.08.2011
Datum Freigabe -100-
Bemerkungen
zur Kenntnis
Information zum neuen Bundeskinderschutzgesetz
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Die Informationen zum neuen Bundeskinderschutzgesetz werden zur Kenntnis genommen.
Begründung:
Die Verwaltung des Jugendamtes möchte mit dieser Information den Jugendhilfeausschuss
frühzeitig über das seit langem geplante (in der letzten Legislaturperiode bereits aufgelegte, aber
nicht verabschiedete) Bundeskinderschutzgesetz, das zum 01.01.2012 in Kraft treten soll, in
Kenntnis setzen. In gleicher Angelegenheit ist die Verwaltung des Jugendamtes der Stadt Pulheim
tätig geworden. Mit Erlaubnis der Stadt Pulheim wurde der weitaus größte Teil dieser
Informationsvorlage von dort übernommen.
Das Bundeskabinett hat am 16.03.2011 das von Bundesfamilienministerin Schröder vorgelegte
Bundeskinderschutzgesetz beschlossen. In zahlreichen Regelungen werden neue Verfahrensund Personalstandards gesetzt, die insbesondere an die örtlichen Träger der öffentlichen
Jugendhilfe gerichtet sind. Zusätzlich werden die Aufsichts- und Kontrollpflichten der Jugendämter
erweitert.
Die durch das Gesetz entstehenden jährlichen Mehrkosten beziffert das Bundesfamilienministerium auf 122 Mio. €. Der Bund selbst wird hiervon ausschließlich für die Etablierung der
Familienhebammen jährlich 30 Mio. € zur Verfügung stellen, und dies auch nur zeitlich befristet
auf 4 Jahre.
Der Gesetzesentwurf beinhaltet im Überblick:
die Einrichtung von Netzwerken im Kinderschutz auf der örtlichen Ebene
den Ausbau von Hilfen zur Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz während der
Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren des Kindes (Frühe Hilfen)
eine weitere Qualifizierung des Schutzauftrages des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung
die Verbesserung der Zusammenarbeit der Jugendämter zum Schutz von Kindern, deren
Eltern sich durch Wohnungswechsel der Kontaktaufnahme entziehen wollen (sog.
Jugendamts-Hopping)
eine bundeseinheitliche Regelung der Befugnisse zur Weitergabe von Informationen an das
Jugendamt
die Verpflichtung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe zur Qualitätsentwicklung sowie zum
Abschluss von entsprechenden Vereinbarungen mit der freien Jugendhilfe als Grundlage für
deren Finanzierung
die Verpflichtung zur Vorlage erweiterter Führungszeugnisse für alle in der Jugendhilfe
beschäftigten Personen sowie das Personal in den erlaubnispflichtigen Einrichtungen
die Verpflichtung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, mit den Trägern der freien
Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten zu treffen, bei denen die Vorlage erweiterter
Führungszeugnisse auch durch ehrenamtlich tätige Personen notwendig ist.
Der Entwurf des BKiSchG als sog. Artikelgesetz gliedert sich in:
1.
2.
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz - KKG
Änderung des SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfegesetzes (unter anderen Gesetzen).
1.
Wesentliche Inhalte des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz
§ 1 Kinderschutz und staatl. Mitverantwortung
Frühe Hilfen werden als spezifische Ausprägung des staatlichen Wächteramtes eingestuft.
Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen
Angebotes für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter im Hinblick auf die
Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren.
§ 2 Informationen der Eltern über Unterstützungsangebote in Fragen der
Kindesentwicklung
Mit dieser neuen Regelung sollen Eltern sowie werdenden Müttern und Vätern Informationen über
Leistungsangebote im örtlichen Einzugsbereich zur Beratung und Hilfe in Fragen der
Schwangerschaft, Geburt und der Entwicklung des Kindes in den ersten Lebensjahren gegeben
werden.
Zu diesem Zweck sind die nach Landesrecht für die Information der Eltern zuständigen Stellen
befugt, den Eltern ein persönliches Gespräch anzubieten. Dieses kann auf Wunsch der Eltern in
ihrer Wohnung stattfinden. Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, bezieht sich die
Befugnis auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe.
Durch die gesetzliche Neuregelung werden die Informations- und Beratungsangebote für
(werdende) Eltern und der Aufbau verbindlicher Strukturen der Zusammenarbeit der zuständigen
Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz zu Pflichtleistungen bzw. Pflichtaufgaben des
Jugendamtes und in einem erheblichen Umfang ausgeweitet.
-2-
§ 3 Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz
Auf der Ebene der örtlichen Träger der Jugendhilfe sollen Netzwerke organisiert werden, die alle
wichtigen Akteure im Kinderschutz zusammenführen. Aufgabenstellung ist die
gegenseitige Information über das jeweilige Angebots- und Aufgabenspektrum
Klärung struktureller Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung
Abstimmung der Verfahren zum Kinderschutz.
So sollen Kindern und Familien möglichst effektiv individuelle Hilfen rund um die Geburt und die
ersten Lebensjahre geboten werden.
Die Netzwerke sollen durch den Einsatz von Familienhebammen gestärkt werden. Im Rahmen
eines Bundesmodellprojektes werden ab 2012 für einen Zeitraum von 4 Jahren jährlich 30 Mio. €
Bundesmittel zur Verfügung gestellt.
§ 4 Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei
Kindeswohlgefährdung
Verpflichtung von sog. Berufsgeheimnisträgern zur Beratung von Eltern, Kindern/Jugendlichen
bei gewichtigen Anhaltspunkten von Kindeswohlgefährdungen;
Berufsgeheimnisträger haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem
Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt) Anspruch auf Beratung durch eine insoweit
erfahrene Fachkraft.
Befugnis zur Datenweitergabe an das Jugendamt, wenn ein Tätigwerden für dringend
erforderlich erachtet wurde und eine Gefährdung auf eine andere Weise nicht abgewendet
werden kann.
2.
Die wichtigsten Änderungen des SGB VIII
§ 8 a Pflicht des Jugendamtes zum Hausbesuch bei Erforderlichkeit zur fachlichen
Einschätzung im Einzelfall
Von erheblicher Bedeutung für die Praxis der Jugendämter ist die Einführung des obligatorischen
Hausbesuches. Um die Lebenssituationen eines Kindes zu beurteilen, müssen Hausbesuche
durchgeführt werden, sofern sie nach fachlicher Einschätzung erforderlich sind und den Schutz
des Kindes nicht gefährden.
Eingefügt wird in Abs. 5 die Verpflichtung jedes Jugendamtes zur Übermittlung bekannt
gewordener Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung an das zuständige Jugendamt zur
Wahrnehmung des Schutzauftrages.
§ 8 b Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
Diese neu eingefügte Vorschrift begründet einen Rechtsanspruch auf Beratung durch eine
insoweit erfahrene Fachkraft des Jugendamtes (bei Kindeswohlgefährdungen im Einzelfall) für alle
Personen, die in beruflichem Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen.
In Erweiterung der schon bestehenden beratenden und prozessbegleitenden Aufgaben gegenüber
Fachkräften in den Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, entsteht hiermit die
Erweiterung des Beratungsanspruches auch gegenüber außerhalb des Systems der Kinder- und
Jugendhilfe tätigen Berufsgruppen, die im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen.
-3-
"Diesen Berufsgruppen räumt die Vorschrift einen Rechtsanspruch auf Beratung gegenüber dem
örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt) ein, der im Rahmen der
Gesamtverantwortung zur Vorhaltung eines entsprechenden Pools an Fachkräften verpflichtet ist."
(S. 38, Gesetzesbegründung zum Kabinettsentwurf vom 16.03.2011)
§ 16 Konkretisierung der Regelungen zur allgemeinen Förderung der Erziehung in der
Familie
Ergänzt wird der Beratungsauftrag der Jugendhilfe durch die Einfügung eines neuen Absatzes 3 in
den § 16 SGB VIII. Demnach sollen Müttern und Vätern sowie schwangeren Frauen und
werdenden Vätern Beratung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher
Erziehungs- und Beratungskompetenz angeboten werden.
Hierdurch erfolgt eine ausdrückliche Erweiterung des Adressatenkreises auf werdende Eltern und
eine Konkretisierung des Leistungsinhaltes im Hinblick auf die Bedarfslagen von (werdenden)
Eltern, die in der Zeit der Schwangerschaft und in den ersten Jahren nach der Geburt über die
materielle Unterstützung hinaus bedeutsam sein können.
§ 72 a Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen
Mit der Neufassung erfolgt
ein Verbot der Beschäftigung einschlägig vorbestrafter Personen
die Verpflichtung zur Vorlage erweiterter Führungszeugnisse
- für die (hauptberufliche) Beschäftigung in der Kinder- und Jugendhilfe
- für die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung
Verpflichtung zum Abschluss von Vereinbarungen mit freien Trägern zur Bestimmung der
Tätigkeiten ehrenamtlich tätiger Personen, die nur nach Einsichtnahme in ein erweitertes
Führungszeugnis wahrgenommen werden dürfen.
§§ 79, 79 a Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe
Durch die Neuformulierung des Abs. 2 im § 79 wird die kontinuierliche Qualitätsentwicklung Teil
der Gewährleistungspflicht des öffentlichen Trägers.
Neu eingefügt wird der § 79 a mit dem Inhalt:
Verpflichtung des öffentlichen Trägers zur Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von
Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität sowie geeigneter Maßnahmen zu
ihrer Gewährleistung in den einzelnen Aufgabenbereichen
Abschluss von Vereinbarungen mit freien Trägern über die Qualitätssicherung.
Kostenwirkungen
Für den Bund entstehen 2012 bis 2015 jährliche Kosten in Höhe von 30 Mio. Euro.
Für die Länder entstehen
einmalige Umstellungs-/Aufbaukosten in Höhe von 25,08 Mio. Euro im Jahr 2012 sowie
25 Mio. Euro im Jahr 2013 sowie
jährliche Mehrkosten in Höhe von 64,03 Mio. Euro.
-4-
Zeitplan
Regierungsentwurf
16. März 2011
Beratung im Bundesrat *
27. Mai 2011
1. Lesung im Bundestag
01. Juli 2011
Sachverständigenanhörung
26. September 2011
Inkrafttreten
01. Januar 2012
* = Auch die Länder befürworten eine Ausweitung der Hebammenleistungen im Rahmen des
Programms "Frühe Hilfen". Sie fordern statt der Stärkung der Familienhebammen jedoch die
Verlängerung des Behandlungszeitraums der normalen Hebammen von heute zwei auf künftig
sechs Monate nach der Geburt. Dem steht bei dem Konzept der Familienhebammen ein doppelt
so langer Zeitraum - nämlich zwölf Monate - für die Begleitung der Familien gegenüber. Hier
wollen Bund und Länder versuchen, eine rasche Einigung zum Wohle der Familien
herbeizuführen.
Abgelehnt haben die Länder die im Bundeskinderschutzgesetz vorgesehenen Regelungen zur
Einführung verbindlicher fachlicher Standards im Kinderschutz. Das Gesetz sieht hierzu die
Verpflichtung zu einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe vor.
Mit der Stellungnahme des Bundesrates wird sich der Bundestag beschäftigen. Danach geht der
Gesetzentwurf erneut in den Bundesrat.
Fazit und Konsequenzen für das Jugendamt Erftstadt
Aufgabenerweiterung im § 8 a durch verpflichteten Hausbesuch, Struktur der vorhandenen
Kooperationsvereinbarungen ist bereits befriedigend ausgebaut,
Aufgabenausweitung durch Rechtsanspruch gegen den öffentlichen Träger auf Beratung (§ 4
KKG, § 8 b SGB VIII),
notwendiger Ausbau der Frühen Hilfen (§ 2 KKG, § 16 SGB VIII), Babybegrüßungsbesuche
sind über die Familienzentren bereits etabliert,
Ausbau und Pflege der Netzwerkstrukturen und Qualitätsentwicklung (§ 3 KKG und §§ 79, 79
a SGB VIII),
eine zusätzliche Stelle für das Jugendamt ist im Stellenplan 2012 vorgesehen,
Regelförderung des Projektes des Caritasverbandes (Frühförderung von Kindern mit
risikofaktoren) ab 01.06.2012 mit einer halben Stelle.
I.V.
(Erner)
-5-