Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
35 kB
Datum
25.05.2011
Erstellt
11.03.11, 06:29
Aktualisiert
06.09.11, 06:27
Stichworte
Inhalt der Datei
Dipl.- Ing. Ragnhild Klußmann
Stadt Erftstadt
Immobilienwirtschaft
Dr. Risthaus
Holzdamm 10
50374 Erftstadt
Köln, 18. Februar 2011
Stellungnahme Außenfassade
Sehr geehrter Herr Dr. Risthaus,
mit großem Bedauern müssen wir das Unverständnis für die Architektur des neuen Bürgerbüros in
Erftstadt-Lechenich zur Kenntnis nehmen: In zahlreichen Mitteilungen der regionalen Presse sind in
den letzten Tagen Vorschläge zur Veränderung der Außenfassade zitiert worden. Auch hat der
Ortsbürgermeister Hans Oberhofer am 08.02. 2011 einen Antrag an den Rat der Stadt Erftstadt auf
Umgestaltung der Außenfassade gestellt.
Wir möchten hiermit aus unserer Sicht als Entwurfsarchitekten noch einmal die Beweggründe und die
Entwicklung aufzeigen, die zu dem nunmehr ausgeführten Konzept geführt haben. Gleichzeitig
möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Veränderung der Außenfassade ohne unsere
Einwilligung eine eindeutige Verletzung des Urheberrechts darstellen würde, welches wir als
Entwurfsarchitekten für die Gestaltung des Bauwerkes innehaben.
In der Wettbewerbsauslobung für das Bürgerbüro Erftstadt wurde ein Entwurf angeregt, der sich
einerseits in die vorhandene Bebauung einpassen und andererseits seine besondere Bedeutung als
öffentliches Bauwerk hervorheben sollte.
Unser Entwurf wurde damals von der Jury unter anderem einstimmig zum Siegerentwurf gewählt, da
er hier eine Lösung vorschlug, die beiden Anforderungen gerecht wurde: Als skulpturaler,
monolithischer Baukörper betont er die Besonderheit seiner Nutzung an dieser Stelle, nimmt aber
sowohl in der Form als auch in der Materialwahl Bezug zu den angrenzenden Gebäuden sowie zu
dem Bonner Tor in der Weiterführung der Bonner Straße. Sowohl alle anwesenden Fraktionen als
auch die Denkmalpflege stimmten für diesen Entwurf, der zwar sehr modern und dafür in Lechenich
vielleicht ungewohnt ist, sich aber auf eine breite Bautradition gerade im Umgang mit historischen
Ensembles beruft und damit in der Fachwelt nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch in
Österreich und der Schweiz durchaus als vielerorts erprobt gilt. Gerade im ländlichen Bereich lassen
sich zahlreiche viel sensiblere bauliche Situationen zitieren, die durch die monolithische Verwendung
von Sichtbeton eine Brücke aus der Geschichte in eine zeitgemäße Architekturwelt schlagen. Deshalb
wird das Bauwerk in der Fachwelt auch einhellig gelobt.
Die städtebauliche Situation in der Umgebung des Bonner Tors ist leider in den vergangenen
Jahrzehnten nicht so sensibel und aufmerksam betrachtet worden wie es erfreulicher Weise zurzeit
der Fall ist. Zahlreiche gestalterisch sehr fragwürdige Gebäude haben die Tradition der
Backsteinbauten vollkommen aufgelöst und ein heterogenes Zusammenspiel von Formen, Farben
und Materialien an der Bonner Straße geschaffen, welches eine schwierige Aufgabe für ein weiteres
Bauwerk an dieser Stelle stellte. Die Materialwahl von Sichtbeton soll aus gutem Grund etwas Ruhe in
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diese verwirrende Situation bringen und durch seine Neutralität dem Bonner Tor seine Präsenz im
Stadtbild geben, die es wohl unstrittig verdient hat. Ziel ist es, dem vorhandenen Schilder- und
Werbewald der Bonner Straße eben nicht ein weiteres buntes Angebot hinzuzufügen. Dem
aufmerksamen Besucher der Stadt, der die Bonner Straße entlang in Richtung Altstadt fährt, fällt das
Gebäude stattdessen durch seine schlichte Einbindung in die Straßenfront auf, wie uns schon häufig
positiv berichtet wurde.
Wie natürlich nur alle am Bau beteiligten Fachleute wissen, haben wir große Anstrengungen
unternommen, die gewünschte skulpturale und farbliche Wirkung auch mit modernster
Betontechnologie umzusetzen. Dass uns damit ein Bauwerk gelungen ist, welches wegweisenden
Charakter durch die Verwendung von Dämmbeton hat, ist vielleicht für die Ansicht des Gebäudes
auch nicht von Belang. Einzig für die zahlreichen Fachveröffentlichungen, die in diesem Jahr das
Bauwerk zeigen werden, stellt die Ausführung, die mit bloßem Augen nicht zu erkennen ist, eine
Besonderheit dar. Die gewünschte Pigmentierung des Betons zu einer Sandsteinfarbe ist aber aus
diesem Grund nicht ganz so deutlich geworden, wie es sich in einer Ansichtszeichnung darstellen ließ.
Eine Nachpigmentierung durch eine Lasur wurde im Bauprozess durchaus diskutiert, sollte jedoch aus
kosten- und bautechnischen Gründen nicht realisiert werden. Jede Lasur und jeder Anstrich würde für
die Stadt Erftstadt bedeuten, Folgekosten für die regelmäßige Instandhaltung in Kauf zu nehmen.
Beton ist ein Baustoff, der durch seine Natürlichkeit nicht hundertprozentig vorher zu bestimmen ist.
Unregelmäßigkeiten wie auch leichte Farbveränderungen im Laufe der Zeit müssen wie bei der
Verwendung von Holz oder Naturstein in Kauf genommen werden. Eine nachhaltige und langlebige
Fassade jedoch ist gerade in den Zeiten knapper Kassen nicht nur wünschenswert, sondern auch
eine notwendige Bedingungen für heutige Bauwerke.
Nicht nur aus den genannten gestalterischen Gründen sehen wir die bisher gefallenen Vorschläge zur
Verschönerung der Fassade sehr kritisch. Leicht kann die Fassade statt verschönert zu werden,
eindeutig an Qualität und klarem Ausdruck verlieren und sich stattdessen in eine Beliebigkeit
einordnen, die sich mit einem städtischen Gebäude nicht vereinbaren lässt. Auch aus bautechnischer
Sicht sprechen zahlreiche Argumente gegen eine weitere Behandlung der Außenfassade.
Eine Bemalung ist bei der gewählten Oberfläche einer Bretterschalung gar nicht möglich, da die
Oberfläche zu uneben ist. Alle Wappen und Stadtsignets müssten auf einem Schild vor der Fassade
befestigt werden. Ein Anstrich ist ebenfalls nicht ohne Weiteres durchführbar, da die zum Schutz der
Fassade aufgetragene Hydrophobierung zunächst aufwendig entfernt werden müsste, um eine
Haftung des Anstrichs zu ermöglichen.
Die Stadt Erftstadt hat mit diesem innovativen Gebäude einen Schritt in die Zukunft gewagt, der von
den Bürgern mitgetragen werden kann und sollte. Das Gebäude für das Bürgerbüro ist sicherlich
zunächst ungewohnt anzuschauen und vielleicht auch erst auf den zweiten oder auch dritten Blick mit
seinen Bezügen zur Umgebung verständlich. Vielleicht bedarf es für diesen modernen Weg auch noch
etwas Zeit und Erläuterung, damit die Qualitäten und Vorzüge des Bauwerks auch wirklich erlebt
werden können. Dennoch hoffen wir, dass das Gebäude schließlich doch von den Bürgern in Erftstadt
angenommen werden kann.
Wir bitten sehr eindringlich darum, keine unbedachten und fachlich oder gestalterisch nicht sinnvollen
Entscheidungen zu treffen. Gerne sind wir bereit, alle Möglichkeiten für die Fassade mit Ihnen zu
besprechen und fachlich zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Ragnhild Klußmann
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