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Beschlussvorlage (Wegweiser - Was kann ich tun?)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
53 kB
Datum
17.11.2010
Erstellt
08.11.10, 06:21
Aktualisiert
08.11.10, 06:21

Inhalt der Datei

Anlage 1 zur Rahmenvereinbarung Wegweiser zum Kindesschutz „Ich kann etwas tun!“ Einleitung Es gibt Kinder, die leben in Angst, weil sie von ihren Eltern geschlagen werden, weil sie angebrüllt werden oder sich zu Hause niemand um sie kümmert, wenn sie Beistand und Hilfe brauchen. Andere Kinder kommen unversorgt in die Schule oder trauen sich wegen ihrer häuslichen Probleme nicht mehr in die Schule und haben keine Freunde. Jedem Lehrer, jeder Lehrerin fallen Beispiele für solche Kinder ein. Nicht immer gelingt es, die Not dieser Kinder in vollem Umfang wahrzunehmen und Hilfen anzubieten. Dafür sind teils die vielfältigen Anforderungen, denen Lehrpersonen im schulischen Alltag begegnen müssen, verantwortlich, andererseits besteht aber auch Unsicherheit über die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, bevor Dritte zur Hilfe einbezogen werden. Hier will der vorliegende Wegweiser eine Hilfestellung sein, erste Einschätzungen zur Gefährdungssituation von Kindern selbst vornehmen zu können, und er will Wege aus der Ohnmacht heraus in das hilfreiche Handeln hinein aufzeigen. Der Wegweiser leistet einen Beitrag zur Information und Aufklärung im Handlungsfeld „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“. 1 Inhalt: Der Wegweiser 1. informiert über die gesetzlichen Grundlagen für ein Handeln zum Schutz von Kindern; 2. stellt in diesem Zusammenhang die Aufgaben der Jugendämter dar; 3. erläutert und differenziert den Begriff „Kindeswohlgefährdung“; 4. nennt Möglichkeiten persönlichen Handelns im konkreten Einzelfall; 5. macht Handlungsabläufe transparent und 6. fördert die hilfreiche Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Elternhaus zum Schutz von Kindern. 2 1. Gesetzliche Grundlagen Im § 81 SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe ist die Schule als erster Partner für die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Jugendhilfe genannt. Der § 5 Schulgesetz NRW benennt die Verpflichtung der Schulen, ihrerseits mit den Trägern der Jugendhilfe zusammenzuarbeiten. Diese gegenseitige Verpflichtung führte im Rhein-Erft-Kreis dazu, dass eine Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit von Schulen und Jugendhilfe zwischen den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Rhein-Erft-Kreis und der Schulaufsicht geschlossen wurde mit dem Ziel, die vorhandenen Kooperationsformen der Beteiligten zum Wohle der Kinder weiterzuentwickeln, zu systematisieren und zu intensivieren. § 8a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (1) (2) (3) (4) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten. In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden. Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein. 3 § 42 Schulgesetz NRW (6) Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes. In dem § 42 Abs. 6, der sich so leicht liest, wird jedem Lehrer und jeder Lehrerin ganz bewusst eine hohe Verantwortung übertragen, denn die Schule als der Ort, an dem Kinder und Jugendliche sich täglich aufhalten, ist besonders geeignet, Schülerinnen und Schüler sensibel wahrzunehmen, ihre Nöte zu erkennen und ihnen als Helfer zu begegnen. Um dem hohen Anspruch, der sich hinter Formulierungen wie „jedem Anschein“ oder „rechtzeitig“ verbirgt, gerecht zu werden, bedarf es eines umfangreichen Wissens über Kindeswohlgefährdung, über die Aufgaben und Leistungen der Jugendhilfe sowie einer geeigneten Vernetzung zwischen Schule und der Jugendhilfe bzw. dem Jugendamt. 2. Aufgaben der Jugendhilfe Die Aufgaben der Jugendhilfe werden insbesondere im zweiten Abschnitt des SGB VIII Förderung der Erziehung in der Familie - sowie im vierten Abschnitt - Hilfen zur Erziehung/Eingliederungshilfe - beschrieben. Die Vernetzung mit dem Jugendamt ist deshalb so wichtig, weil das Jugendamt einerseits umfangreiche Leistungen zur Unterstützung von Familien bereithält sowie andererseits das Staatliche Wächteramt ausübt. In Art. 6 des Grundgesetzes (GG) heißt es: (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. Vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen Das Jugendamt ist nach § 42 SGB VIII verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche darum bittet. Das Jugendamt hat den Personensorgeberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten. Widerspricht der Personensorgeberechtigte der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich 1. das Kind oder den Jugendlichen dem Personensorgeberechtigten zu übergeben oder 2. eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohle des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen. Das Jugendamt ist verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen dies erfordert. So können Kinder wirkungsvoll vor Schaden bewahrt werden. Zusammenarbeit mit dem Familiengericht Geht es um den akuten Kindesschutz, so handelt das Jugendamt nicht nur als Leistungsbehörde, die Anträge von Sorgeberechtigten entgegennimmt und in 4 Kooperation mit freien Trägern Jugendhilfeleistungen erbringt, sondern kann entsprechend dem GG zum Schutz der Kinder auch gegen den Willen der Sorgeberechtigten tätig sein. In diesen Fall trifft das angerufene Familiengericht die Entscheidung, ob zur Gefahrenabwehr z. B. nach § 1666 BGB ein Eingriff in die elterliche Sorge notwendig ist, welcher die Voraussetzung dafür ist, dass das Jugendamt dem Kind längerfristig die notwendige und fachlich geeignete Hilfe leisten kann. 3. Was also ist Kindeswohlgefährdung? Kindeswohlgefährdung ist eine andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns durch sorgeberechtigte oder sorgeverantwortliche Personen, welches zur Sicherstellung der seelischen und körperlichen Versorgung des Kindes notwendig wäre. Die Unterlassung kann aktiv oder passiv aufgrund unzureichender Einsicht oder unzureichenden Wissens erfolgen. Die durch Kindeswohlgefährdung bewirkte chronische Unterversorgung des Kindes hemmt, beeinträchtigt oder schädigt seine körperliche, geistige und seelische Entwicklung und kann zu gravierenden und bleibenden Schäden oder gar zum Tode des Kindes führen. Kindesmisshandlung Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige (bewusste oder unbewusste) gewaltsame körperliche und/oder seelische Schädigung, die in Familien oder Institutionen (z.B. Kindergärten, Schulen, Heimen...) geschieht und die zu Verletzungen, Entwicklungs-verzögerungen oder sogar zum Tode führt und die somit das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigt oder bedroht. Körperliche Kindesmisshandlung Körperliche Misshandlung umfasst jede gewalttätige Handlung, die zu physischen Verletzungen führen und der Entwicklung des Kindes schaden kann. Die tatsächliche Schädigung ist dabei nicht so maßgeblich wie die Art und Weise, auf die sie entstanden ist. Formen körperlicher Kindesmisshandlung Prügel, Schläge mit Gegenständen, kneifen, beißen, treten und schütteln des Kindes, Stichverletzungen, Vergiftungen, würgen und ersticken, verbrennen, verbrühen, unterkühlen. Mögliche Auffälligkeiten beim Kind/Jugendlichen Massive oder sich wiederholende Verletzungen (Blutergüsse, Striemen, Brüche, unklare Hautveränderungen), Kind/Jugendlicher trägt im Sommer langärmelige Kleidung/lange Hosen, Kind/Jugendlicher will nicht mit ins Schwimmbad, Kind/Jugendlicher ist selbst gewalttätig gegen Dritte, Äußerungen des Kindes/Jugendlichen. Seelische Kindesmisshandlung Die seelische Gewalt beinhaltet eine feindliche oder abweisende, ablehnende oder ignorierende Verhaltensweise gegenüber einem Kind. Dieses Verhalten ist als Misshandlung zu bezeichnen, wenn es zum festen Bestandteil der Erziehung (d. h. auch Beziehung) alltäglich gehört. 5 Formen seelischer Kindesmisshandlung Aktive Zurückweisung (das Kind zum Sündenbock machen, ihm Hilfe verweigern), herabsetzen (kränken, öffentlich demütigen), terrorisieren (das Kind in extreme Angst versetzen), isolieren (in den Keller sperren, abnorm langer Hausarrest), korrumpieren (das Kind zu kriminellen Handlungen, Drogenmissbrauch oder rassistischen Überzeugungen verleiten), Ausbeutung (das Kind als Arbeitskraft oder Eltern- bzw. Partnerersatz einsetzen), Verweigerung emotionaler Zuwendung (Desinteresse, mangelnde Interaktion mit dem Kind). Mögliche Auffälligkeiten beim Kind/Jugendlichen Distanzlosigkeit, Isolation des Kindes in der Gruppe, das Kind traut sich nichts zu, spielt z.B. nicht mit, aus Angst zu verlieren, das Kind/der Jugendliche ist auffallend dominant und kann sich Gruppenentscheidung unterordnen, es/er will alles kontrollieren, Äußerungen des Kindes/Jugendlichen. nicht der Kindesvernachlässigung Als Vernachlässigung wird die mangelhafte Sorge für die körperliche und psychische Gesundheit des Kindes bezeichnet, ebenso wie das Versäumnis, ihm angemessene Erziehungs- und Sozialisationsbedingungen zu schaffen. Formen von Kindesvernachlässigung Stark unzureichende Ernährung oder Pflege des Kindes, Verwahrlosung der Wohnung, passive Unterlassung jeglicher ärztlicher Behandlung oder gebotener Unterbringung in einer Klinik, Vernachlässigung der Kleidung, Duldung des Herumtreibens, mangelhafte Beaufsichtigung, mangelhafte Sorge für einen regelmäßigen Schulbesuch, Duldung ungünstiger Einflüsse Dritter, sehr instabile Lebensführung, schleppende Unterhaltszahlungen. Mögliche Auffälligkeiten beim Kind/Jugendlichen Sehr mager oder sehr dick, wiederholt schmutzige Haut, faulende Zähne, unzureichende Bekleidung, häufiges Fehlen in der Schule, häufige Straftaten, Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten oder wiederholt zu altersunangemessenen Zeiten in der Öffentlichkeit, Äußerungen des Kindes/Jugendlichen. Sexueller Missbrauch von Kindern Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Mädchen oder Jungen gegen seinen Willen vorgenommen wird, wobei das Kind als Objekt zur Befriedigung eigener Bedürfnisse benutzt wird. Dabei nutzt der 6 Erwachsene/Jugendliche seine Macht oder die Abhängigkeit des Kindes aus, um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Das Kind wird zur Beteiligung an sexuellen Aktivitäten überredet oder gezwungen, da es aufgrund seiner emotionalen und intellektuellen Entwicklung und des ungleichen Machtverhältnisses nicht frei entscheiden kann. Das Machtgefälle und das Vertrauen des Kindes geben dem Erwachsenen/Jugendlichen die Möglichkeit, das Kind zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Formen sexuellen Missbrauchs Heimliches vorsichtiges Berühren oder berühren lassen, verletzende Redensarten oder Blicke, Kinderpornographie, orale, vaginale oder anale Vergewaltigung, Zeuge sexueller Gewalt/sexueller Handlungen. Mögliche Auffälligkeiten beim Kind/Jugendlichen Sexuelle Übergriffe gegen andere Personen, wiederholtes stark sexualisiertes Verhalten, Äußerungen des Kindes/Jugendlichen. 4. Möglichkeiten individuellen Handelns im konkreten Einzelfall Sie als Lehrer/in, der/die dem/der Schüler/in täglich begegnet, nehmen in der Reihe der Helfer eine besonders gewichtige Rolle ein. Sie können dem Kind so begegnen, dass es sich angenommen fühlt und Entlastung findet, indem es sich vertrauensvoll an Sie wenden kann. Selbstverständlich bedarf es hierzu einer offenen Atmosphäre, die dem Kind Sicherheit und Perspektive vermittelt. …In Bezug auf sich selbst Zunächst einmal ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, wenn Sie bei einem Kind den akuten Verdacht auf eine Gefährdungssituation haben. Panik und Vorverurteilungen machen ohnmächtig und lenken vom Kind ab. …In Bezug auf das Kind Versetzen Sie sich in das Kind hinein. Versuchen Sie, aus seiner Perspektive den Bedarf an Hilfe und Gespräch heraus zu spüren. Es kann hilfreich sein, zunächst nur still das Kind zu beobachten. Beachten Sie das Kind im Kontakt mit anderen Kindern und FreundInnen. Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Oft reicht dieses Maß an geschenkter Aufmerksamkeit aus, damit das Kind sich angenommen fühlt und Sie auf seine Situation anspricht. Sie können diesen Prozess begünstigen, indem Sie ihrerseits das Kind auf Dinge, die Ihnen auffallen, ansprechen. Achten Sie dabei darauf, das Kind nicht auszufragen, sondern ihm mit offenem Interesse zu begegnen. Das Kind sucht nach Menschen, die ihm Sicherheit und Ruhe vermitteln und zuhören. Das Kind bestimmt, wieviel es Ihnen erzählen möchte. Achten Sie darauf, dass Sie die Zeit, die Sie für Gespräche mit dem Kind veranschlagen, nicht zu knapp bemessen. Achtung Wir alle möchten Kindern in Not gerne schnell und umfassend helfen. Hierbei übersehen wir jedoch in unserer Betroffenheit, dass ein Kind in mancher Situation nicht so weit ist, konkret Hilfe anzunehmen, insbesondere, wenn damit 7 gravierende Veränderungen in seinem Lebens- und Familienalltag verbunden sind. Die große Kunst im Umgang mit Kindeswohlgefährdung liegt somit oft in der Geduld und der ruhigen Konzentration, die jeder der Helfer aufbringen muss. Schnelle Aktionen, die eine Menge Wirbel auslösen und alle Beteiligten überfordern, bringen oft den Kindern am wenigsten. Machen Sie sich fortlaufende systematisch strukturierte Notizen zu Ihren Beobachtungen. Halten Sie das Datum Ihrer Beobachtung fest. Diese Dokumentationen helfen bei der Beratung im Kollegium und bei der Entscheidung, wann Sie Kinderschutzfachkräfte in den Hilfeprozess einbinden (vgl. hierzu die Rahmenvereinbarung). Ansprechpartner in Ihren Kommunen sind in erster Linie die Allgemeinen sozialen Dienste (ASD). …In Bezug auf die Eltern Legen Sie besonderen Wert auf Gespräche mit den Eltern. Laden Sie die Eltern im normalen Rahmen ein, z. B. zum Elternsprechtag. Nehmen Sie sich in diesen Gesprächen mehr Zeit als gewöhnlich. Stellen Sie Fragen zur besonderen Situation des Kindes. Achten Sie darauf, dass Sie den Eltern Zeit geben, ihre persönliche Sicht auf das Kind zu schildern. Auch wenn die Eltern dabei das Kind zu einem „Problemkind“ stilisieren, kann dies von besonderem Interesse sein. Wertschätzen Sie die Darstellung der Eltern und machen Sie Ihnen das Angebot, für das Kind Hilfen zu suchen. …In Bezug auf das Kollegium Es ist wichtig, dass Sie in Ihrem Kollegium Strukturen schaffen, in denen es Zeiten des kollegialen Austausches über einzelne, auffällige Kinder und Jugendliche gibt. Deshalb gilt: Je besser Sie innerhalb des Kollegiums vernetzt sind und je vertrauter Sie in der Kooperation mit Ihren örtlichen Unterstützungssystemen sind, umso sicherer und aufgehobener kann sich das Kind fühlen, das sich Ihnen anvertraut. Es wird spüren, dass es Sie nicht überfordert und sich Ihnen mit dem, was es bewegt, zumuten darf, weil Sie ein Helfernetz aktivieren können, welches professionell und sachbezogen Hilfen anbieten kann. …In Bezug auf die offenen und geschlossenen Ganztagsschulen Auch Mitarbeiter/innen der Ganztagsschule erhalten häufig durch eigene Beobachtungen oder durch Äußerungen von Schülern/innen Einblicke in deren besondere Situation. Vereinbaren Sie innerhalb der Schule konkrete Wege kurzfristigen Austauschs und regelmäßiger Kontakte zwischen den Mitarbeitern/innen der Ganztagsschule und den Lehrern/innen. Kollegialität, gemeinsame Beratung und gut aufgebaute Vernetzung sind die tragenden Elemente für alle Beteiligten im Kontext der Kindeswohlgefährdung. 5. Handlungsketten Anonyme Fallberatung Ein besonders bewährtes Vorgehen ist die anonyme Fallberatung. Es ist jederzeit möglich, Fachleuten aus der Jugendhilfe Beobachtungen von Kindern anonym zu 8 schildern und sich zu beraten, ohne dass damit gleich ein „Stein ins Rollen gebracht wird“, den Sie nicht mehr stoppen können. Hierbei ist auch die gute Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe, wie sie in den vergangenen Jahren zunehmend ausgebaut werden konnte, hilfreich. In dieser Beratung passieren zwei ganz entscheidende Dinge: Zum einen entlasten Sie sich selbst und tragen nicht mehr so schwer an Ihrem Wissen und Ihren dunklen Ahnungen. Zum anderen holen Sie sich kompetente Fachkräfte in die Helferkette, mit denen Sie die nächsten Schritte planen und reflektieren können. In der Folge ist genau abzusprechen, wer was tun wird. Ihre Aufgabe wird es insbesondere sein, mit dem Kind im persönlichen Kontakt zu sein, sich Notizen zu ihren Gesprächen und Beobachtungen zu machen und den Kontakt mit den Eltern zu forcieren. Vermittlung konkreter Hilfen Gemeinsam entscheiden Sie mit den in der Jugendhilfe tätigen Kinderschutzfachkräften („insoweit erfahrene Fachkräfte“ nach § 8a SGB VIII), wann es notwendig wird, die Anonymität aufzuheben, damit über die Beratung des Lehrers/der Lehrerin hinaus dem Kind und der Familie konkrete, bedarfsgerechte Hilfe (Hilfe zur Erziehung) angeboten und vermittelt werden kann. Ein paar Sätze zum Datenschutz Grundsätzlich gilt, dass Sozialdaten nur erhoben werden dürfen, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Die Daten sind grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben, können aber über eine Schweigepflichtsentbindung durch die Betroffenen auch bei Dritten eingeholt werden. Allerdings gibt es gesetzlich verankerte Ausnahmen von dieser Bestimmung. Vermutete Gefährdung des Kindeswohls kann eine solche Ausnahme darstellen. Hierbei gilt der Grundsatz, dass die Sicherung des Kindeswohls vor Elternrecht zu setzen ist (vgl. § 1 SGB VIII). Das heißt im Detail: Liegt ein begründeter Verdacht auf Verletzung des Kindeswohls vor, so sind die beteiligten Institutionen zur Zusammenarbeit und zum Austausch von Daten verpflichtet, sofern gerade diese Vorgehensweise für die Erfüllung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII gefordert ist. Das heißt, dass in diesem begründeten Fall die Daten durch die Schule an den ASD weitergegeben werden dürfen, sofern der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen andernfalls in Frage gestellt wäre (vgl. § 8 a Abs. 1 Satz 2). 6. Förderung der Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Elternhaus Wenn es darum geht, Kindeswohl zu sichern und Kinder vor Gefahren zu schützen, so ist die Zusammenarbeit mit den Eltern von besonderer Bedeutung. Nach § 27 SGB VIII hat „ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist….. Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. 9 Zu diesen Hilfen zur Erziehung gehören insbesondere § 28 Erziehungsberatung § 29 Soziale Gruppenarbeit § 30 Erziehungsbeistandschaft § 31 Sozialpädagogische Familienhilfe § 32 Erziehung in einer Tagesgruppe § 33 Vollzeitpflege § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform § 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung § 35a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche Diese Hilfen leistet das Jugendamt in Zusammenarbeit mit freien Trägern der Jugendhilfe. Trotz des Leistungs- und Anspruchcharakters, der das SGB VIII und damit auch das Jugendamt kennzeichnet, scheuen sich viele Menschen davor, ihre Ratlosigkeit und Überforderung einzugestehen. Sie haben Angst davor, dass ihnen ihre Kinder vom „Jugendamt weggenommen“ werden. Nicht selten leisten auch Medienberichte hier Vorschub. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie als Lehrer, die unmittelbar mit dem Kind und den Eltern zusammenarbeiten, über fundierte Kenntnisse bzgl. der Möglichkeiten des Jugendamtes verfügen, individuelle, Familien unterstützende und Familien erhaltende Hilfen zu vermitteln. Gelingt es Ihnen, offen und wertschätzend mit den Eltern zusammenzuarbeiten, so ist meist eine gute Basis für die Inanspruchnahme von Hilfen geschaffen. 10 Anlage 2 zur Rahmenvereinbarung Jugendhilfeträger, Einrichtungen der öffentlichen und freien Jugendhilfe und Kinderschutzfachkräfte Jugendamt Bedburg Jugendamt Bergheim Jugendamt Brühl Jugendamt Elsdorf Jugendamt Erftstadt Jugendamt Frechen Jugendamt Hürth Jugendamt Kerpen Jugendamt Pulheim Jugendamt Wesseling Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Tel.: Email: Erziehungsberatungsstellen im Rhein-Erft-Kreis: Fachstellen gegen sexuellen Missbrauch im Rhein-Erft-Kreis Regionale Schulberatung: Internetlinks: www.kinderschutzzentren.org www.bundesverein.de www.donnavita.de www.zartbitter.de 11