Daten
Kommune
Pulheim
Größe
2,2 MB
Datum
20.09.2017
Erstellt
04.09.17, 18:38
Aktualisiert
04.09.17, 18:38
Stichworte
Inhalt der Datei
Dr. Bernhard Arnold u Dr. Stefan Marx
Gutachten und Beratung rund um den Baum
Schwerinstraße 25
50733 Köln
Arnold & Marx Schwerinstraße 25 50733 Köln
HOME Architekten BDA
Partnerschaft mbB
Herr Wolfgang Mehlich
Friedenstraße 12a
50259 Pulheim
Telefon
Fax
E-Mail
0221-764452
0221-7605502
Arnold-Marx@netcologne.de
Köln, den 23.11.2016
-
Gutachten BVMS/1116
Bauvorhaben Mühlenstraße 8-10
in Pulheim-Brauweiler.
Aktuelle Planung
und
mögliche Konflikte hinsichtlich Erhalt
des Baumbestands
Arnold & Marx
BVMS/1116: BV Mühlenstraße 8-10, November 2016
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1 Einleitung
Auf dem Grundstück Mühlenstraße 8-10 in Pulheim-Brauweiler ist der Bau von 3- bis 4-geschossiger Wohnbebauung geplant. Die Planung erfolgt durch das Büro HOME Architekten
BDA (Pulheim). Im Februar 2016 haben wir den Baumbestand auf dem Grundstück erfasst und
bewertet (Gutachten BVMS/216). Die Bewertung der Bäume sollte unter den beiden Gesichtspunkten erfolgen, welche Bäume des Bestandes erhaltenswert und bei welchen Bäumen vor dem
Hintergrund der damaligen Bauplanung Konflikte zu erwarten sind.
Wir haben im Februar 38 Bäume auf dem Grundstück erfasst und bewertet. Siebzehn Bäume haben wir als nicht oder wenig erhaltenswert eingestuft und deren Entnahme vorgeschlagen. Diese
Bäume sind entweder abgestorben bzw. absterbend, stark geschädigt oder haben keine Entwicklungsperspektive (wegen des dichten Bestandes an der südwestlichen Grundstücksgrenze, stark
bedrängt / unterdrückt und / oder fehlentwickelt). Alle diese Vorschläge zur Entnahme wurden
aus Gründen der Bestandspflege gemacht und waren unabhängig von der geplanten Bebauung
des Grundstücks.
Im Falle der vier Buchen 34-37 haben wir erhebliches Konfliktpotential mit der damaligen Planung gesehen (siehe Abbildung 1 unter Punkt 3). Die Bäume hätten so nahe am geplanten Gebäude Nr. 3 gestanden, dass man ihre einseitig entwickelten Kronen hätte kappen müssen. Durch
Grabungsarbeiten für die beiden Kellergeschosse des Hauses 3 waren zudem erhebliche Schäden
an den Wurzeln der vier Buchen zu befürchten. Wir haben daher im Gutachten festgehalten, dass
uns eine Realisierung der damaligen Planung unter Erhalt der Buchen 34-37 nicht möglich erscheint.
Mittlerweile liegt eine neue Planung vor. Herr Mehlich (HOME Architekten) hat uns beauftragt,
diese im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf den Baumbestand zu bewerten. Hierzu hat
am 18.11.2016 ein Termin mit Herrn Mehlich auf dem zukünftigen Baugelände stattgefunden.
Zudem stellte Herr Mehlich uns verschiedene Pläne in Form von pdf-Dateien zur Verfügung
(Lageplan L M 1_200 (Vorentwurf vom 08.11.2016), Festlegung OKFF-EG-TG (Vorabzug vom
11.11.2016), Schnitt B-B-11-11-16-Vorabzug und Schnitt AA-Baum 15 (Vorabzug vom
15.11.2016)).
2 Bewertung der geänderten Planung
Statt der ursprünglich fünf ist nun der Bau von sechs Häusern mit großteils kleinerer Grundfläche geplant. Die Gebäude werden nicht mehr unterkellert. Nach Aussage von Herrn Mehlich
werden die Fertigfußböden der Erdgeschosse mittels Pfählen und Bodenplatte gegründet. Um
den Anschluss an das Kanalnetz zu ermöglichen, muss das Bodenniveau auf dem gesamten Gelände um etwa 1 m angehoben werden.
In unmittelbarer Nähe der Buche 36 und 37 wird kein Gebäude mehr stehen (siehe Abbildung 2).
In der neuen Planung ist jetzt ein Gebäude (Haus 4) im südwestlichen Teil des Grundstücks, am
Fuße eines dicht mit Bäumen bestandenen Hanges vorgesehen (Abbildungen 2 und 3). Der Bau
dieses Hauses wird Schnitteingriffe an den Bäumen 15, 21, 34 und 35 erfordern (Abbildung 2).
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Buche 15
Die Krone der Buche 15 ist sehr einseitig in Richtung des geplanten Hauses 4 entwickelt. Zudem
weist der Baum einen Schrägstand in gleicher Richtung auf.
Laut Schnitt A-A hat die südwestliche Wand des Hauses 4 im Erdgeschoss einen Abstand von
etwa 3,3 m zur Stammmitte der Buche 15. Die Fassade des Hauses 4 verspringt zwar über dem
Erdgeschoss und dem zweiten Obergeschoss jeweils in nordöstliche Richtung (siehe Abbildung
3), eine lichte Höhe von mindestens 9 m ist jedoch trotzdem erforderlich. Aber auch dann könnte
das oberste Geschoss später noch Kontakt zu Teilen der Baumkrone haben.
Für Fassaden- und Dacharbeiten wird der Rohbau des Hauses 4, dass eine Höhe von etwa 12 m
haben wird, eingerüstet werden. Die rote Linie im Foto 1 (Punkt 3), deren Länge etwa 12 m entspricht, zeigt, wie weit ein Gerüst, das auf der Decke des Erdgeschosses (Bereich des ersten Versprungs) aufgestellt wird, in den Kronenbereich der Buche 15 ragen würde. Das Foto zeigt, dass
der nordöstliche Teilstamm (Durchmesser etwa 25 cm) des doppelstämmigen Baumes zum Bau
des Hauses letztlich ganz entfernt werden müsste (eine Einkürzung des betroffenen Kronenteils,
sprich ein Rückschnitt in den Schatten des verbleibenden Kronenteils, scheidet aus). Der Schnitteingriff würde dem Baum die halbe Krone nehmen und zudem zu einer großen Schnittwunde
am Stammkopf der Buche führen. Der Stammkopf ist bereits fäulegeschädigt. In der Vergangenheit wurden hier Starkäste unfachmännisch zurückgeschnitten. Die verbliebenen, ausfaulenden
Astungsstummel (Foto 2) führen über kurz oder lang zu Faultöpfen im Stamm der Buche. Durch
die Entnahme des nordöstlichen Stämmlings käme eine weitere, große Astungswunde hinzu, an
der sich mit der Zeit ein weiterer, großer Faultopf bilden wird. Langfristig ist die Bruchgefahr im
Bereich des Stammkopfes der Buche, die in Zukunft nahe eines Gebäudes stehen wird, erhöht.
Wir raten darum zur Entnahme der Buche 15 und zur gut vorbereiteten Ersatzpflanzung (z. B.
Eiche) auf dem Grundstück. Durch die Entnahme der Buche 15 entsteht im unteren Teil des
Hangs auf der SW-Seite des Grundstücks Freiraum für eine gut strukturierte Unterpflanzung mit
heimischen Sträuchern. (bessere vertikale und horizontale Zonierung, Steigerung des Nektarund Pollenangebots).
Buche 21
Gebäudeseitig wird man im oberen Kronenbereich wahrscheinlich einige wenige, durchmesserschwache Äste entnehmen müssen.
Buchen 34 und 35
Die beiden Buchen stehen an einem Hang auf der NO-Seite des Grundstücks in Nähe des geplanten Gebäudes 4 (siehe Abbildung 2). Im Lageplan sind auf der NO-Seite von Haus 4 ein Zugang zum Fahrradkeller und ein Stellplatz eingezeichnet. Zu deren Bau müssten im Hang Grabungen bis weit in den Wurzelraum der Buchen 34 und 35 durchgeführt werden. Da hierbei mit
hoher Wahrscheinlichkeit Wurzeln der beiden Bäume verletzt würden, raten wir dazu, auf den
Bau des Zugangs und der Stellfläche zu verzichten.
Auch von Anschüttungen im Umfeld der Bäume 34 und 35 (wie sie gemäß Schnitt B-B auf
Höhe des Hauses 5 geplant sind) raten wir ab, da die Wurzeln von Buchen extrem sauerstoffbedürftig sind.
Zur Errichtung von Haus 4 müssen an den Buchen 34 und 35 Äste entfernt werden. Diese Astungen sind aus verschiedenen Gründen unvermeidbar. Zum einen würden wenig produktive Äste,
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im unteren Bereich der einseitig entwickelten Kronen nach Errichtung des mehrgeschossigen
Gebäudes im Hinblick auf ihren Lichtgenuss noch schlechter gestellt werden, als sie es aufgrund
ihrer Stellung in der Krone ohnehin schon sind. Solche Äste würden von den Bäumen über kurz
oder lang in jedem Fall aufgegeben. Zum anderen muss ausreichend Platz für den Baukörper
plus Gerüst geschaffen werden. Die rote Linie im Foto 3 zeigt, wie weit ein etwa 12 m hohes
Gerüst an der NW-Seite des Rohbaus von Haus 4 wahrscheinlich in den Kronenraum der Buchen 34 und 35 ragen würde. Ein deutlicher Astüberhang ist erkennbar. Im Falle der Buche 34
ist die Entnahme von sechs Ästen im unteren Teil der Krone mit Durchmessern von 3 bis 5 cm
erforderlich (siehe Foto 4). Im unteren Teil der Krone von Baum 35 müssen acht Äste mit
Durchmessern von etwa 6 bis 15 cm entfernt werden (Fotos 4 und 5).
Im Falle von Baum Nr. 35 sind damit schon vergleichsweise umfassende Schnitteingriffe nötig.
Ob und in welchem Umfang eventuell weitere Schnitteingriffe nötig würden, um ausreichend
Freiraum für den Einsatz eines Krans zu schaffen, können wir aus den Plänen nicht ersehen.
Auch an den Bäumen 21 und 34 müssten aus gleichem Grund eventuell umfassendere Astungen
durchgeführt werden. Diesen Punkt sollte man möglichst bald verlässlich abklären.
Eingriffe im Wurzelbereich
Abgrabungen im Wurzelbereich der zum Erhalt vorgesehenen Bäume, Überschüttungen des
Wurzelwerks oder Schäden durch Bodenverdichtung mit schwerem Gerät lassen sich im vorliegenden Fall prinzipiell vollständig und ohne Mühe vermeiden. Durch die Hanglage sind die
sonst üblichen diesbezüglichen Probleme im vorliegenden Fall auch wenig wahrscheinlich, jedoch nicht vollkommen ausgeschlossen. Da das Vermeiden von Wurzelschäden durch Bauarbeiten für den langfristigen Erhalt von Bäumen sehr wichtig ist und diesem Punkt erfahrungsgemäß
bei Baumaßnahmen nicht selten keine ausreichende Beachtung geschenkt wird, sollten eindeutige Absprachen und gegebenenfalls Vorkehrungen (Absperren der baumbestandenen Hangbereiche) getroffen und diese auch überwacht werden.
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3 Abbildungen und Fotos
Abbildung 1: Ursprüngliche Planung, die ungefähren Standorte der Buchen 34-37 nordwestlich des Hauses 3 sind
eingezeichnet.
Abbildung 2: Aktualisierte Planung (Auszug aus dem Lageplan L M 1_200). Die Standorte der Buchen 15, 34 und
35 sind eingezeichnet. Pfeil: Zugang zum Fahrradkeller.
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Abbildung 3: Aktuelle Planung (Auszug aus dem Schnitt AA Baum 15).
Foto 1: Der gelbe Pfeil markiert den in Richtung des geplanten Hauses 4 wachsenden Stämmling (gelber Pfeil)
der Buche 15.
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Foto 2: Ausfaulende Starkaststummel (Pfeile) am Stammkopf der Buche 15.
Foto 3
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Foto 4: Bäume 34 und 35, die in Richtung geplantes Haus 4 überhängenden Äste, die entfernt werden müssten, sind
rot markiert (weiterer Ast im unteren Teil der Krone der Buche 35: siehe Foto 5).
Foto 5: Buche 35, drei Äste wie Foto 4 mit zusätzlichem, unterstem Ast.
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4 Erklärung
Das vorliegende Gutachten wurde objektiv, ohne vorgefasste Meinung, basierend auf dem heutigen Kenntnisstand der Dendrologie und mit anerkannten Methoden der Baumdiagnostik durchgeführt.
Köln, den 23.11. 2016
Dr. rer. nat. Stefan Marx
Dr. rer. nat. Bernhard Arnold