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Mitteilungsvorlage (KunstrasenplatzPSC_PAK Granulat)

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
98 kB
Datum
23.05.2017
Erstellt
15.05.17, 18:31
Aktualisiert
15.05.17, 18:31

Inhalt der Datei

D U R C HS C HRI FT n LANUV NRW, Postfach 10 10 52, 45610 Recklinghausen LANUV Brie Auskunft erteilt: Herr Heller 1. Direktwahl 0201/7995-1456 An den Rhein-Erft-Kreis, Der Landrat Gesundheitsamt 53/4, Umwelthygiene und Infektionsschutz z. Hd. Frau Gisela Hück Willy-Brandt-Platz 1 50126 Bergheim Fax 0201/7995-1574 dirk.heller@lanuv.nrw.de Aktenzeichen FB33-Hel-PAK Granulat-Pulheim bei Antwort bitte angeben Ihre Nachricht vom: 27.3.2017 Ihr Aktenzeichen: Datum: 27.4.2017 Per E-Mail Mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch PAK-haltiges Granulat auf einem Kunstrasensportplatz E-Mail des Gesundheitsamtes des Rhein-Erft-Kreises an das LANUV NRW vom 27.3.2017 Hauptsitz: Leibnizstraße 10 45659 Recklinghausen Telefon 02361 305-0 Fax 02361 305-3215 poststelle@lanuv.nrw.de www.lanuv.nrw.de Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Hück, mit E-Mail vom 27.3.2017 bitten Sie um Stellungnahme zu dem Untersuchungs- und Analysebericht des Bremer Umweltinstituts vom 21.2.2017 zur Ermittlung und Bewertung von PAK-haltigem Granulat auf einem Kunstrasensportplatz in Pulheim. Dieses Gutachten wurde vom Pulheimer Sport-Club 1924/57 in Auftrag gegeben. Das Bremer Umweltinstitut gibt für den Kunstrasenplatz in Pulheim eine PAK-Belastung von 72,0 mg/kg für die Summe der 16 EPA-PAK sowie Einzelwerte für verschiedene PAK an. Diese Einzelwerte vergleicht die Gutachterin mit den REACH-Grenzwerten nach EU-Verordnung 1272/2013 für spezifische PAK in Höhe von jeweils 1 mg/kg. Diese Beurteilungswerte werden für bestimmte PAKs überschritten. Ferner erwähnt die Gutachterin die Einschätzung des Umweltbundesamtes, wonach Kunstrasenplätze nicht abriebstabil seien, so dass Nutzer PAK-Abrieb und Hautkontakt ausgesetzt sind. Im Ergebnis folgert dieser, dass vorsorglich das vorhandene SBR-Granulat entfernt werden soll. Eine konkrete Expositions- und Risikoabschätzung für die Nutzer des Kunstrasenplatzes in Pulheim wurde vom Bremer Umweltinstitut in seinem Untersuchungs- und Analysenbericht nicht vorgenommen. Auch wurde von der Gutachterin keine Auswertung der Erkenntnisse aus vorliegenden gesundheitlichen Risikoabschätzungen für PAK in Gummigranulaten auf Kunstrasenplätzen durchgeführt. Zu der im Untersuchungs- und Analysebericht des Bremer Umweltinstituts durchgeführten Bewertung der ermittelten PAK-Gehalte im Granulat auf dem Kunstrasenplatz im Pulheim ergeben sich die folgenden Anmerkungen: Dienstgebäude: Essen (1), Wallneyer Str. 6 Öffentliche Verkehrsmittel: Ab Hbf Essen mit U 11 bis "Messe West/Süd, GRUGA", weiter mit Bus 142 Richtung Kettwig bis Haltestelle "Wetteramt/LANUV" Bankverbindung: Landeskasse Düsseldorf Konto-Nr.: 41 000 12 West LB AG (BLZ 300 500 00) BIC-Code: WELADEDD IBAN-Code: DE 41 3005 0000 0004 1000 12 Auf Sportplätzen werden immer häufiger Kunstrasen verlegt und diese mit Gummigranulat versehen, welches Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten kann. PAK können verschiedene gesundheitsschädliche Wirkungen verursachen. Eine Reihe von PAK gilt als krebserzeugend. Nach Kenntnisstand gibt es in Deutschland allerdings keine konkreten gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung von PAK-Gehalten in GummiGranulaten auf Kunstrasenplätzen. Mit Verordnung (EU) Nr. 1272/2013 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) ist die Verwendung von PAK in Verbraucherprodukten beschränkt worden. Erzeugnisse aus Kunststoff- oder Gummiteilen mit einem Gehalt von mehr als 1 mg/kg eines der nach EURegelung berücksichtigten krebserregenden PAK (EU8-PAK) sind ab dem 27.12.2015 verboten. Dies gilt nicht für Erzeugnisse, die vor dem 27.12.2015 in Verkehr gebracht wurden. Allerdings bezieht sich diese EU-Regelung nach Kenntnisstand nicht auf PAK-haltiges Granulat auf Kunstrasensportplätzen. Von der niederländischen Gesundheits- und Umweltbehörde (RIVM 2016) wurden zur Bewertung von ermittelten PAK-Gehalten im Gummigranulat auf Kunstrasenplätzen die von der EU zugelassenen Grenzwerte für Mischprodukte von 100 mg/kg bzw. 1000 mg/kg herangezogen [9]. Das RIVM dürfte sich hier auf eine Rechtsauffassung beziehen, wonach seitens der für REACH zuständigen Behörden im März 2016 festgelegt wurde, dass Gummigranulat auf Kunstrasenplätzen als Gemisch zu klassieren ist und mit Eintrag 28 im Anhang XVII der REACH-Verordnung übereinstimmen muss. In diesem Eintrag wird auf die auf in Anhang VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 festgelegten spezifischen Konzentrationswerte sowie auf die in der Richtlinie 1999/45/EG festgelegten Konzentrationsgrenzen verwiesen. Zu den möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen durch PAK-haltiges Granulat auf Kunstrasenplätzen liegen verschiedene Veröffentlichungen vor, u. a. aus Norwegen, den Niederlanden sowie ein aktueller Bericht der EU [4, 8, 9]. Unter dem folgenden Link finden Sie eine Auflistung von entsprechenden Publikationen: https://www.epa.gov/chemical-research/tirecrumb-and-synthetic-turf-field-literature-and-report-list-nov-2015. Bei den vorliegenden Veröffentlichungen handelt es zum einen um Risikoabschätzungen zu den möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen nach dermaler, oraler und/oder inhalativer Aufnahme von PAK. Da zu bestimmten Aspekten (Art, Häufigkeit und Dauer der Exposition des Menschen, Freisetzung bzw. Migration der PAK aus dem Granulat usw.) zum Teil beträchtliche Wissens- bzw. Datenlücken bestehen, wurden diese quantitativen Risikoabschätzungen unter Berücksichtigung einer ganzen Reihe von Annahmen durchgeführt. Diese Annahmen bildeten in aller Regel den Pessimalfall ab. Die quantitativen Risikoabschätzungen erfolgten somit unter sogenannten worst case-Bedingungen. Auch unterschieden sich die zu einzelnen Aspekten getroffenen Annahmen zum Teil erheblich. Die vorliegenden quantitativen Risikoabschätzungen sind daher insgesamt als unsicher einzustufen, was von den Autoren zumeist auch so benannt wurde. In diesen unter worst case-Bedingungen durchgeführten Risikoabschätzungen wurden nach Auffassung der jeweiligen Autoren keine erhöhten gesundheitlichen Risiken durch PAK festgestellt. Die ermittelten bzw. Seite 2 / 27.4.2017 angenommenen Belastungen liegen laut Autoren unterhalb der entsprechenden Bewertungsmaßstäbe bzw. wurden als vernachlässigbar eingestuft. Dies betrifft sowohl die gesundheitlichen Wirkungen nach Hautkontakt als auch die Effekte nach oraler und inhalativer Exposition. Lediglich in der Studie von Marsili et al. [6] wurde anhand einer bestimmten Berechnungsmethode ein erhöhtes zusätzliches Krebsrisiko nach inhalativer Aufnahme von PAK ermittelt. Diese Berechnungsmethode, bei welcher das sogenannte Toxizitätsäquivalent aus allen vorliegenden unterschiedlichen PAK berechnet wird, wird allerdings von der European Food Safety Authority (EFSA) als nicht valide eingestuft. Bei einer anderen von den Autoren angewandten Berechnungsmethode, welche als plausibel angesehen werden kann, zeigte sich dagegen kein erhöhtes zusätzliches Krebsrisiko nach inhalativer Aufnahme. Die niederländische Gesundheits- und Umweltbehörde (RIVM) hat die Gehalte von Schadstoffen wie PAK in Gummi-Granulaten von 100 Sportplätzen untersucht und eine gesundheitliche Beurteilung durchgeführt. Hierbei kommt das RIVM zum Ergebnis, dass es ungefährlich sei auf Kunstrasen mit einer Füllung aus Gummi-Granulat Sport zu treiben. Dies gelte nach RIVM auch bezüglich PAK. Die ermittelten PAK-Gehalte im Gummi-Granulat unterschreiten die nach der niederländischen Gesundheits- und Umweltbehörde (RIVM) maßgeblichen von der EU zugelassenen Grenzwerte für Mischprodukte von 100 mg/kg bzw. 1000 mg/kg [9]. Allerdings spricht sich das RIVM dafür aus, zukünftig den Beurteilungswert deutlich zu senken und sich hierbei den Beurteilungswerten für Verbraucherprodukte anzunähern. Die European Chemicals Agency (ECHA) hat im Auftrag der EU einen Bericht zur Bewertung der möglichen gesundheitlichen Risiken von Gummigranulaten auf Kunstrasenplätzen erstellt und diesen am 28.2.2017 veröffentlicht [8]. Von der ECHA wurde auch das Krebsrisiko durch PAK nach oraler, dermaler und inhalativer Aufnahme ermittelt. Hierbei wurde zur quantitativen Risikoabschätzung die sogenannte BMDL10 der EFSA [2] herangezogen. Die BMDL10 stellt die untere Grenze des Vertrauensbereiches für ein zusätzliches Risiko (Extra Risk) von 10 % dar. Für Benzo[a]pyren, PAK-8 (Summe der Konzentrationen von Benzo[a]pyren, Benzo[a]anthracen, Benzo[b]fluoranthen, Benzo[k]fluoranthen, Benzo[ghi]perylen, Chrysen, Dibenzo[a,h]anthracen und Indeno[1,2,3cd]pyren), PAK-4 (Summe der Konzentrationen von Benz[a]pyren, Benzo[a]anthracen, Benzo[b]fluoranthen und Chrysen) und PAK-2 (Summe der Konzentrationen von Benzo[a]pyren und Chrysen) hat die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) auf der Grundlage der jeweiligen kanzerogenen Wirkung BMDL10 berechnet. Diese BMDL10 für die unterschiedlichen Substanzen entsprechen den niedrigsten statistisch signifikanten Werten jeweils für einen Anstieg der Inzidenz des relevanten kanzerogenen Effektes. Sie wurden von der EFSA als Referenzpunkte festgesetzt. Laut EFSA [2] beträgt die BMDL10 der jeweiligen Kontaminanten: für BaP = 0,07 mg/kg Körpergewicht/d, für PAK-2 = 0,17 mg/kg KG/d, für PAK4 = 0,34 mg/kg KG/d und für PAK-8 = 0,49 mg/kg KG/d. Die von der ECHA berechneten Krebsrisiken durch PAK im Gummigranulat (20 mg/kg) liegen je nach Expositionsszenario zwischen 9,67 x 10-9 und 2,88 x 10-7 und damit deutlich unterhalb von 1 x 10-6, d. h. einem (zusätzlichen) Krebsfall pro einer Million Personen. Dieser Zahlenwert wird von der ECHA als ein hinnehmbares Risiko erachtet und zur Bewertung herangezogen. Dieses Risiko basiert auf entsprechenden Überlegungen der US- Seite 3 / 27.4.2017 amerikanischen Umweltbehörde (EPA). Der Zahlenwert von 1 x 10-6 bzw. die korrespondierende Dosis oder Konzentration wird als „Virtually safe dose (VSD)“ bezeichnet. Im deutschen Sprachgebrauch wird dieser Begriff mit „praktisch sichere Dosis“ übersetzt. Die VSD wird allgemein als ein Wert akzeptiert, welcher dem Vorsorgeaspekt Rechnung trägt. Bei den Berechnungen ging die ECHA von einem Gehalt von 20 mg PAK pro kg Granulat für die Summe der acht nach EU geregelten PAK aus. Die verwendeten Expositionsannahmen sind nach Auffassung der ECHA als weniger pessimal anzusehen als die in manch anderen Studien herangezogenen Daten. Insgesamt sieht die ECHA keinen Grund dafür Personen anzuweisen Kunstrasenplätze mit Gummigranulat nicht zu benutzen. Allerdings empfiehlt die ECHA, dass Änderungen in den REACHRegelungen in Betracht gezogen werden sollen, die sicherstellen, dass zukünftig ausschließlich Gummigranulate mit sehr geringen PAK-Gehalten verwendet werden. Nach ECHA liegen insgesamt nur 4 Studien vor, in welcher in Bezug auf PAKhaltiges Granulat auf Kunstrasenplätze ein sogenanntes Biomonitoring an Arbeitern und Fußballspielern durchgeführt wurde. In einer niederländischen Studie, bei der die Belastung durch PAK bzw. dessen Stoffwechselprodukte im Urin von Fußballspielern untersucht wurde, ergaben sich keine auffälligen Werte. Nach ECHA zeigen die durchgeführten Untersuchungen, dass die Aufnahme von PAK aus Granulat auf Kunstrasenplätzen bei Arbeitern und Fußballspielern gering ist [8]. Zum anderen liegen verschiedene Übersichtsarbeiten vor, in denen der Kenntnisstand aus den zum jeweiligen Zeitpunkt vorliegenden Studienergebnissen zusammengetragen und bewertet wurde. Hierbei kamen die Autoren zu dem Schluss, dass kein spezielles Gesundheitsrisiko hinsichtlich der Exposition gegenüber PAK-haltigem Granulat auf Kunstrasenplätzen besteht. Insgesamt liegen aus Sicht des LANUV NRW nach Auswertung der vorhandenen Ergebnisse aus gesundheitlichen Risikoabschätzungen zur Belastung durch PAK-haltiges Granulat auf Kunstrasenplätzen keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Gesundheitsrisiko der Nutzer von Kunstrasenplätzen vor. Bewertung der für den Kunstrasenplatz in Pulheim ermittelten PAK-Gehalte Die Gutachterin erwähnt die Einschätzung des Umweltbundesamtes, wonach Kunstrasenplätze nicht abriebstabil seien, so dass Nutzer PAK-Abrieb und Hautkontakt ausgesetzt sind. Es ist richtig, dass dies vom UBA so ausgeführt wurde. Allerdings hat das UBA hiermit lediglich eine mögliche Exposition thematisiert. Eine Aussage darüber, ob durch PAK-haltiges Granulat auf Kunstrasenplätzen gesundheitsschädliche Wirkungen verursacht werden, wurde vom UBA dadurch nicht gemacht. Auch hat das UBA nach Kenntnisstand keine gesundheitliche Bewertung in Form einer quantitativen Risikoabschätzung durchgeführt. Zur Klarstellung sei erwähnt, dass eine Exposition nicht zwingend auch gesundheitliche Beeinträchtigungen mit sich bringen muss. Das Bremer Umweltinstitut gibt für den Kunstrasenplatz in Pulheim eine PAKBelastung von 72,0 mg/kg für die Summe der 16 EPA-PAK sowie Einzelwerte Seite 4 / 27.4.2017 für verschiedene PAKs an. Der in Pulheim ermittelte Gehalt der EU8-PAK beträgt 9 mg/kg. Der Gehalt der 8 PAK nach EFSA beträgt 27 mg/kg. Die in Pulheim ermittelten PAK-Gehalte im Gummi-Granulat unterschreiten die nach der niederländischen Gesundheits- und Umweltbehörde (RIVM) maßgeblichen von der EU zugelassenen Grenzwerte für Mischprodukte von 100 mg/kg bzw. 1000 mg/kg deutlich. Der Bewertungsmaßstab der Verordnung (EU) Nr. 1272/2013 der Kommission vom 6.12.2013 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlament und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) von jeweils 1 mg/kg für die EU8-PAK wird durch die in Pulheim ermittelten PAKGehalte überschritten. Allerdings bezieht sich diese EU-Regelung auf Erzeugnisse wie Fahrräder, Haushaltsgeräte, Bekleidung, Schuhe, Handschuhe, Armbänder usw. und nach Kenntnisstand nicht (unmittelbar) auf PAK-haltiges Granulat auf Kunstrasenplätzen. Auch dürften die bei der Ableitung der REACH-Grenzwerte angenommenen Expositionsbedingungen nicht zwingend mit den Bedingungen (Dauer und Häufigkeit), welche bei einer Exposition gegenüber PAK aus Gummigranulaten auf Kunstrasenplätzen gegeben sind, vergleichbar sein. Eine Übertragung der REACH-Grenzwerte auf Nutzer von Kunstrasenplätzen erscheint daher auch aus fachlichen Gründen fraglich. Somit kann ein Vergleich der in Pulheim ermittelten Werte mit den REACH-Grenzwerten nur zur groben Einschätzung dienen. Es erscheint sinnvoll, die in Pulheim ermittelten PAK-Gehalte mit üblicherweise vorherrschenden PAK-Gehalten in Granulaten zu vergleichen um eine weitere Einschätzung zu ermöglichen. Die nach Prüfbericht für Pulheim festgestellten PAK-Gehalte im Granulat auf Kunstrasenplätze liegen nach Auffassung des LANUV NRW im Bereich von in anderen Untersuchungen [6, 7] ermittelten PAK-Gehalten und weisen zum Großteil ein ähnliches Verteilungsmuster auf. Insofern sind die in Pulheim festgestellten PAK-Gehalte in dieser Hinsicht nicht als auffällig zu bezeichnen. Allerdings konnte in der Kürze der Zeit keine umfassende Betrachtung von PAKGehalten in Granulaten auf Kunstrasenplätze vorgenommen werden. Die obige Betrachtung kann daher nur zur sehr groben Einschätzung dienen. Vom LANUV NRW wurde, nicht zuletzt aufgrund der nach Kenntnisstand unklaren Situation hinsichtlich anzusetzender Beurteilungswerte, eine überschlägige Risikoabschätzung für die in Pulheim festgestellten PAKGehalte vorgenommen. Diese erfolgte in Anlehnung an den ECHA-Bericht. Es wurden die von der ECHA herangezogenen Annahmen zur Exposition und zur Bewertung (BMDL10 nach EFSA) verwendet. Der in Pulheim ermittelte Gehalt der EU8-PAK beträgt 9 mg/kg. Dieser liegt damit unterhalb des von der ECHA für die Risikoabschätzung angesetzten PAK-Gehaltes von 20 mg/kg. Vorausgesetzt es gelten für Pulheim dieselben Expositionsbedingungen wie im Bericht der ECHA, ist für die Nutzer des Kunstrasenplatzes in Pulheim von niedrigeren Krebsrisiken auszugehen als von der ECHA berechnet. Die von der ECHA berechneten Risiken lagen im Bereich von 9,67 x 10-9 und 2,88 x 10-7 und damit deutlich unterhalb von 1 x 10-6, welches als ein hinnehmbares Risiko erachtet wird. Die für Pulheim ermittelten Krebsrisiken liegen somit ebenfalls deutlich unterhalb eines Risikos von 1 x 10-6. Die ECHA ging bei ihrer Krebsrisikoberechnung vor einer PAK-Belastung von 20 mg/m³ für die 8 PAK nach EU aus. Die als Ausgangspunkt für die Seite 5 / 27.4.2017 Krebsrisikoberechnung verwendete BMDL10 der EFSA bezieht sich zwar auch auf 8 PAK, berücksichtigt allerdings nur 6 der 8 PAK nach EU. Anstelle von Benzo[e]pyren und Benzu[j]fluoranthen wie bei der EU umfasst der Ansatz der EFSA die PAK Indeno[1,2,3-cd]pyren und Benzo[g,h,i]perylen. Nach Auffassung der ECHA können Angaben zur PAK-Belastung als EU8-PAK herangezogen werden, auch wenn sich die BMDL10 der EFSA teilweise auf andere PAK bezieht. Nichtsdestotrotz wurde vom LANUV NRW auch eine Krebsrisikoabschätzung für die 8 PAK nach EFSA vorgenommen. Für Pulheim beträgt der Gehalt der 8 PAK nach EFSA 27 mg/kg. Demnach liegen die Krebsrisiken für Pulheim analog dem ECHA-Bericht im Bereich von 1,31 x 10-8 bis 3,89 x 10-7. Für das von der ECHA berechnete Expositionsszenario Kinder (3 bis 11 Jahre) ergeben sich für Pulheim (8 PAK nach EFSA) Krebsrisiken von 3,88 x 10-7 (oral), 1,14 x 10-7 (dermal) und 4,48 x 10-9 (inhalativ). Diese errechneten Risiken liegen somit ebenfalls unterhalb von 1 x 10-6. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die in Pulheim ermittelten Krebsrisiken unterhalb des unter Vorsorgegesichtspunkten als hinnehmbar erachteten Krebsrisikos von 1 x 10-6 liegen. Es lässt sich somit für die Nutzer des Kunstrasenplatzes kein relevant erhöhtes Krebsrisiko erkennen. Hinsichtlich der Einschätzung der gesundheitlichen Bedeutung von PAKhaltigem Granulat auf Kunstrasenplätzen sei zudem auf Folgendes hingewiesen: PAK entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material wie Holz, Kohle und Öl und finden sich in den verschiedenen Umweltmedien wieder. Als wichtigste Quelle für die Exposition der Allgemeinbevölkerung sind Lebensmittel anzusehen. PAK kommen vor allem in Getreideerzeugnissen, geräuchertem und gegrilltem Fisch und Fleisch, pflanzlichen Ölen und Fetten sowie Tee und Kaffee vor. Die tägliche Aufnahmemenge von PAK wird daher zu einem hohen Anteil durch PAK aus Lebensmitteln bestimmt. Nach EFSA [2] beträgt die Aufnahme (hohe Exposition: Summe des 97,5 Perzentils für Cerealien und Meeresfrüchte + durchschnittliche Exposition der Gesamtbevölkerung) über den allgemeinen Warenkorb in Deutschland für BaP 6 ng/kg KG/d (422 ng/d nach EFSA) für PAK-2 17 ng/kg KG/d (1194 ng/d nach EFSA) für PAK-4 33 ng/kg KG/d (2311 ng/d nach EFSA) für PAK-8 49 ng/kg KG/d (3439 ng/d nach EFSA). Bei den hier zu bewertenden PAK handelt es sich um mutagene und kanzerogene Substanzen ohne Schwellenwert. Für diese Substanzen kann eine Dosis ohne ein theoretisches Krebsrisiko per Definition nicht abgeleitet werden. Hilfsweise kann zur Abschätzung des potentiellen Risikos von gentoxisch und kanzerogen wirkenden Substanzen nach Ansicht des Wissenschaftlichen Ausschusses der EFSA ein „Margin of Exposure“ (MOE) berechnet werden [1]. Der MOE ergibt sich aus einer kanzerogenen Effektdosis, abgeleitet aus der Dosis-Wirkungskurve im Tierversuch, im Verhältnis zu der menschlichen Exposition. Ein MOE von 10000, basierend auf einer sogenannten BMDL10 oder darüber, wird für genotoxische Substanzen als gesundheitlich wenig bedenklich angesehen [2; 3]. Demnach würde sich allein für die Belastung über den allgemeinen Warenkorb beispielsweise für PAK-4 ein sogenannter Margin of exposure (MOE) von 10300 ergeben. Da ein MOE von 10000 oder darüber als Seite 6 / 27.4.2017 gesundheitlich wenig bedenklich angesehen wird, schöpft bereits allein der Beitrag über den allgemeinen Warenkorb die als zulässig anzusehende Aufnahmemenge nahezu aus. Zur Minimierung der individuellen Belastung des Menschen ist somit insbesondere eine Reduzierung der PAK-Belastung durch Lebensmittel über den allgemeinen Warenkorb anzustreben. Die Exposition gegenüber PAK aus Granulat auf Kunstrasenplätzen trägt dagegen nur im geringeren Maße zur täglichen Aufnahmemenge bei [5]. Fazit In den verschiedenen durchgeführten quantitativen Krebsrisikoabschätzungen für Nutzer von Kunstrasenplätzen konnten keine relevant erhöhten Gesundheitsrisiken nach Exposition gegenüber PAK-haltigem Granulat aufgezeigt werden. Die Studien wurden in aller Regel unter worst caseBedingungen hinsichtlich der Dauer und Häufigkeit der Exposition gegenüber PAK durchgeführt. Die im ECHA-Bericht verwendeten Expositionsannahmen sind als weniger pessimal anzusehen, und dürften somit einem realitätsnäheren Szenario entsprechen. Quantitative Abschätzungen des Krebsrisikos von Nutzern von Kunstrasenplätzen mit PAK-haltigem Granulat sind allerdings als unsicher einzustufen, da hinsichtlich der zu berücksichtigenden Aspekte wie insbesondere Dauer und Häufigkeit der Exposition sehr deutliche Wissens– und Datenlücken bestehen. Eine vom LANUV NRW vorgenommene Krebsrisikoabschätzung für Nutzer des Kunstrasenplatzes in Pulheim ergibt für die verschiedenen Aufnahmepfade Krebsrisiken, welche unterhalb des aus Vorsorgegründen als hinnehmbar erachteten Risikos von 1 x 10-6 liegen. Aus Sicht des LANUV NRW liegen somit in Pulheim keine Anhaltspunkte für ein relevant erhöhtes gesundheitliches Risiko der Nutzer des Kunstrasenplatzes nach Exposition gegenüber PAK-haltigem Granulat vor. Auch ergeben sich aus Sicht des LANUV NRW keine Hinweise für eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, d. h., für das Eintreten eines vergleichsweise hohen Schadens mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit. Der Empfehlung des Bremer Umweltinstituts, vorsorglich das SBR-Granulat auf dem Kunstrasenplatz in Pulheim auszutauschen, kann daher aus Sicht des LANUV NRW nicht gefolgt werden. Verwendete Literatur: 1. 2. 3. 4. EFSA (2008): Polycyclic Aromatic Hydrocarbons in Food, Scientific Opinion of the Panel on Contaminants in the Food Chain. The EFSA Journal, Vol 727,1-114, 2008. SCHER/SCCP/SCENIHR (2009) Scientific opinion on risk assessment methodologies and approaches for genotoxic and carcinogenic substances. Scientific Opinion: Statement on the applicability of the Margin of Exposure approach for the safety assessment of impurities which are both genotoxic and carcinogenic in substances added to food/feed. The EFSA Journal, Vol 10, 2578, 2012. Artificial Turf Pitches: An Assessment of Health Risks for Football Players and the Environment. Norwegian Institute of Public Health and the Radium Hospital, Oslo, Norway, 2006. Seite 7 / 27.4.2017 5. 6. 7. 8. 9. Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Department des Innern EDI, Bundesamt für Gesundheit BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz: Gesundheitsgefährdung durch Kunstrasen? Faktenblatt Kunstrasen, November 2016. Marsili, L. et al.: Release of Polycyclic Aromatic Hydrocarbons and Heavy Metals from Rubber Crumb in Synthetic Turf Fields: Preliminary Hazard Assessment for Athletes. J Environ Anal Toxicol 5: 265, 2014. doi:10.4172/2161-0525.1000265. Menichini, E. et al.: Artificial-turf playing fields: Contents of metals, PAHs, PCBs, PCDDs and PCDFs, inhalation exposure to PAHs and related preliminary risk assessment. Science of the total environment 409, 4950-4957, 2011. European Chemicals Agency (ECHA): Annex XV Report. An evaluation of the possible health risks of recycled rubber granules used as infill in synthetic turf sport fields, 28. February 2017. https://echa.europa.eu/documents/10162/13563/annexxv_report_rubber_granules_en.pdf/dbcb4ee6-1c65-af35-7a18-f6ac1ac29fe4. Rijksinstituut voor Volksgezondheit en Milieu (RIVM): Beoordeling gezondheidsrisico´s door sporten op kunstgrasvelden met rubberegranulaat. RIVM Rapport 2016-0202. Bilthoven, Nederland. www.rivm.nl. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag gez. Dirk Heller Seite 8 / 27.4.2017