Daten
Kommune
Pulheim
Größe
109 kB
Datum
07.03.2017
Erstellt
23.02.17, 18:37
Aktualisiert
23.02.17, 18:37
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
47/2017
Erstellt am:
09.02.2017
Aktenzeichen:
II / 410
Mitteilungsvorlage
Gremium
Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit
TOP
ö. Sitzung
nö. Sitzung
X
Termin
07.03.2017
Betreff
Antrag des Bürgervereins "Mehr Kulturprojekte mit Kindern und/oder Jugendlichen"
Mitteilung
Im Antrag werden mehrere Themenkomplexe angesprochen, die ineinander übergreifen. Im Folgenden werden deshalb
drei Argumentationsstränge verfolgt:
1) Das Thema Leseförderung und die Aktivitäten der Stadtbücherei
2) Partizipatorische Projekte / Projekte mit Kindern/Jugendlichen
3) Stadtbild. Intervention
zu 1) Leseförderung
Die Stadtbücherei verfolgt seit langem im Rahmen ihrer beschränkten personellen Möglichkeiten zahlreiche Maßnahmen
zur Leseförderung. Sie kooperiert dabei in starkem Maß mit dem Förderverein.
Was es jetzt schon gibt:
20 Vorlesepaten (für Kindergärten), demnächst 40 Lesementoren, die Kinder mit Leseschwächen betreuen. Es gibt
Bilderbuchkino und Story-Time in English.
Verträge mit 2 Grundschulen über Führungen für Schulklassen, um den Kindern die Bücherei vorzustellen.
Die Bücherei Stommeln bietet außerdem aktuell einen Workshop (kostenpflichtig) mit einer Journalistin an: „ZeitreiseSchreibwerkstatt für Kinder im Alter von 9 - 11 Jahren ab 16.01.2017, zehnmal montags um 16.15 Uhr in der Bücherei“.
Was es schon gegeben hat:
Seit 2006 den Sommerleseclub und den JuniorLeseclub, - vom Kultursekretariat Gütersloh ersonnen und in zahlreichen
Mitgliedsstädten umgesetzt. Ziel: Kinder zum Lesen zu bringen, die Lektüren wurden später abgefragt und flossen in die
Zeugnisse ein. Das zeitliche Engagement konnte nur mit Hilfe der Ehrenamtler bewältigt werden.
Beendigung des Projekts:
Deutlicher Rückgang der Teilnehmerzahlen, so dass die Projekte nacheinander 2014 bzw. 2015 eingestellt wurden.
Neue Aktivitäten wie Schreibwettbewerbe kann die Stadtbücherei aus Personalmangel nicht durchführen. Wegen der
knappen Personaldecke mussten vor kurzem sogar die Öffnungszeiten reduziert werden.
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zu 2) Partizipatorische Projekte
Was es schon gegeben hat:
Partizipatorische Projekte wurden schon immer gerne von der Kulturabteilung realisiert. Beispiele sind hier „Das Klosterspiel von Brauweiler“ (1993) und „Der Jahrtausend-Kehraus“ (1999). Der Regisseur Dieter E. Neuhaus realisierte alle
Projekte mit einer großen Zahl an Amateuren, Laien-Schauspielern, Chören und Tänzern. Damals wurde auch der Kontakt zu schulischen Gruppierungen gesucht, man saß mehrfach mit den Leitern von Schulorchestern und Chören zusammen und versuchte, sie zum Mitmachen zu bewegen. Weitgehend vergebens. Die meisten Anfragen wurden nicht
aufgegriffen, als Einzige beteiligte sich damals die Realschule Brauweiler mit einem kleineren Projekt.
Für die Stadtbild. Intervention, Losing Horses, (2006) von Georg Winter wurde dringend ein kleiner (Schul-) Chor gesucht sowie weitere Teilnehmer aus der Bevölkerung. Die Kulturabteilung war glücklich, dass sich nach langem Suchen
tatsächlich ein Spanischkurs mit einer engagierten Lehrerin bereit erklärte mitzuwirken.
Seit den 90er Jahren hat sich die Kulturabteilung an zahlreichen Projekten der regionalen Kulturpolitik des Landes NRW
für Kinder/Jugendliche beteiligt.
Hierunter fällt u.a. das Kinder- und Jugendtheaterfestival Spielarten (seit Ende der 90er Jahre bis heute fortlaufend.)
Hier handelt es sich zwar um ein reines Rezeptionsprogramm, dennoch zeigt sich auch an diesem Beispiel, dass es vor
allem in den letzten Jahren nicht von selbst läuft, sondern dass viel Aufwand nötig ist, die Schulvorstellungen zu füllen.
Wenn es in früheren Jahren eines einzigen Vorstellungstermins für Lehrer bedurfte, um eine rege Nachfrage auszulösen, so ist es heute ein einziger Kampf um Besucher: Kulturabteilung und Jugendamt haben in den letzten Jahren wieder und wieder in den Schulen angerufen, persönliche Kontakte aktiviert, nachfragen müssen. Nach dem Zuschauereinbruch 2016 (vgl. TOP Rückblick Veranstaltungen) liegt die Vermutung nahe, dass sich Ganztag und G8 dahingehend
auswirken, dass den Schulen sehr viel weniger Freiraum für außerschulische Aktivitäten bleibt und sie die Möglichkeit
verlieren, kulturelle Angebote wahrzunehmen.
Von Anfang der 90er Jahre bis 2006 wurde versucht, ein Dance-in-Education-Programm zu etablieren (ebenfalls als
RKP-Projekt). Die Tanzcompanie Mind the gap versuchte, den Tanz in die Schulen zu bringen und machte großflächige
Workshop-Angebote. Hier war festzustellen, dass das Projekt an ein, zwei Schulen sehr beliebt war, dass es an anderen
Schulen aber immer weiter hakte – entweder war harte Überzeugungsarbeit nötig, oder die Workshops wurden lieblos
oder gar nicht vorbereitet. Dauerhafte Unterfinanzierung zwang die Companie schlussendlich zur Auflösung.
Von 2007 bis 2012 gab es Rhein medial und Miteinander Leben – ebenfalls RKP-Projekte: zahlreiche Workshops für
Kinder und Jugendliche. Das Angebot reichte von Schreibworkshops, über Radio, Video bis zur Bildenden Kunst, Fotografie und digitalen Kunstformen. Die Kulturabteilung bot über Jahre hinweg Workshops an – und machte auch hier die
Erfahrung, dass es zunehmend mühsamer wurde, Abnehmer für spannende Angebote zu finden – mehr als zwei Workshops waren nie unterzubringen, zum Schluss waren alle froh, wenn wenigstens einer stattfinden konnte.
In eigener Regie realisierte die Kulturabteilung immer wieder (partizipatorische) Begleitprogramme zu anspruchsvollen
Kulturangeboten, unter anderem zu den „Raumklängen“ – z. B. einen Workshop mit Lee Ferguson, in dem Papier als
Instrument eingesetzt wurde, oder eine Komposition von Harald Muenz, die von einem Jugendchor aufgeführt wurde.
Beide Projekte setzten für die teilnehmenden Jugendlichen einen größeren zeitlichen Aufwand voraus – für den im ersten Fall Unterrichtszeit eingesetzt wurde. Bedauerlicherweise ließ sich bei den Aufführungen der Projekte feststellen:
Der Publikumszuspruch war leider immer geringer als erhofft. Die Berechnung, die die Kulturabteilung angestellt hatte,
nämlich dass das Publikum sich um die interessierten Chor-Eltern und Freunde vergrößert, war prinzipiell falsch – es
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geschah das Gegenteil: Eltern, die ihren Nachwuchs regelmäßig zu Choraufführungen begleiteten, lieferten sie an der
Kirche ab und verschwanden wieder.
Dennoch wird die Kulturabteilung gerade für die Raumklänge in engem Kontakt zur Papst-Johannes-Schule bleiben und
Veranstaltungen anbieten. Das bietet sich wegen der großen räumlichen Nähe und einer sehr engagierten Lehrerin an.
Gerade kürzere Maßnahmen, die ein oder zwei Unterrichtsstunden in Anspruch nehmen, wurden sehr gerne wahrgenommen. Beispielsweise besuchte ein Kurs das Fluxus-Projekt von Ben Patterson in der Alten Kirche Stommeln. Anschließend stellte die Schule ein hinreißendes Video als Hommage an den großen alten Mann des Fluxus her.
Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten: Die Einbeziehung von Schulprojekten in Kulturprojekte ist wegen unterschiedlicher
Zeit- und Arbeitsstrukturen nur gelegentlich möglich. Es empfiehlt sich eher, mit kleinen, kurzen Begegnungen zu operieren, als mit groß angelegten Maßnahmen den einen wie den anderen Partner zu überfordern.
Jede Kooperation mit Schulgruppen stößt in dem Moment an ihre Grenzen, wo Schulalltag und der Zeitbedarf des
Kunstprojektes auseinanderklaffen: Wo für ein Kunstprojekt eine größere Anzahl von Proben angesetzt werden muss,
kann dies unter den aktuellen schulischen Bedingungen kaum noch durchgeführt werden.
zu 3) Stadtbild. Intervention
Stadtbild. Intervention kann keinesfalls als Schulprojekt durchgeführt werden, da dies ihrem speziellen Charakter widerspricht. Grundlage dafür, dass sich überregional agierende Künstler bereit erklären, eine Aktion zu realisieren, ist, dass
ihnen Freiheit zugestanden wird. Die Künstler haben die Freiheit zu entscheiden, was sie an Pulheim und seinem
Stadtbild interessiert, wie sie ihr Projekt formulieren und mit wem – ob als partizipatorisches Projekt unter Hinzuziehung
von Amateuren oder nur für statt mit Publikum. Ein Abweichen von diesem Grundsatz bedeutet das Ende des Kunstprojektes.
Die Künstlerhonorare machen im Übrigen den geringsten Teil der Ausgaben für Stadtbild aus – in der Regel entstehen
die Ausgaben hauptsächlich für Material und Equipment. Größere Projekte kommen auch an Schulen ohne beides nicht
zustande.
Kunst heißt auch Kunstfertigkeit und Professionalität nach einer langen Ausbildung. Es gibt Menschen, die Freude daran
haben, eine möglichst perfekte Darbietung zu sehen. SchülerInnen stehen in der Regel vor der Ausbildung. Die Schule
gibt ihnen einen geschützten Rahmen sich auszuprobieren. Häufig entstehen dabei eindrucksvolle Darbietungen. Aber
SchülerInnen sollten nicht als Ersatz für fertig ausgebildete Professionelle herhalten. Laien- wie Profi-Darbietungen
haben beide ihre Berechtigung – nebeneinander in friedlicher Koexistenz und in gelegentlicher, aber nicht verordneter
Kooperation: Dann, wenn es für beide Seiten passt und von beiden Partnern gewünscht ist.