Daten
Kommune
Pulheim
Größe
1,8 MB
Datum
20.12.2016
Erstellt
01.12.16, 18:32
Aktualisiert
01.12.16, 18:32
Stichworte
Inhalt der Datei
Antrag für die Bebauung eines Grundstücks in der Gemarkung
Pulheim Stommeln, Neusser Gasse 89
Artenschutzprüfung
1. Anlass
Die Familie Obuz (Rondorferstr. 38, Hürth) beabsichtigt die Bebauung eines Grundstücks in der Gemarkung Pulheim Stommeln, Neusser Gasse 89.
Da nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann, dass es durch den Abbruch
eines kleinen Lagergebäudes sowie die Entfernung von Sträuchern und einigen auch
älteren Gehölzen auf dem Gelände zu Gefährdungen artenschutzrechtlich relevanter
Arten kommen könnte, wurden das Gebäude und das betroffene Gartengrundstück
durch Biologen im April 2016 begangen und im Hinblick auf Vorkommen gebäudesowie gehölzbewohnender Arten (Vögel, Fledermäuse) kontrolliert. Mit der nachfolgenden Beschreibung werden die Ergebnisse dieser Begehung vorgestellt.
2. Rechtsgrundlagen
Die artenschutzrechtlichen Regelungen des BNatSchG finden sich in § 44 mit den
dort dargestellten Verboten. Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie
zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus
der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen
Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
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3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders
geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu
zerstören,
4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).
Im Zusammenhang mit einem Eingriff artenschutzrechtlich relevant sind entsprechend § 44 Abs. 5 BNatSchG Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und wildlebende Vogelarten.
Im Zusammenhang mit der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben ist zudem die
„Gemeinsame Handlungsempfehlung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt,
Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW vom 22.12.2010“ zu beachten,
die unmittelbar auf artenschutzrechtliche Vorgaben des BNatSchG Bezug nimmt.
3. Methodik
Um eine Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten durch den Abbruch des
Gebäudes sowie die Entfernung von Sträuchern und einigen Gehölzen auszuschließen, wurde eine Kontrolle des Grundstücks durchgeführt. Folgende Aspekte wurden
untersucht:
1. Untersuchung der vorhandenen Strukturen in und an dem Gebäude auf mögliche
Quartiernutzung von Fledermäusen. Mögliche Verdachtsflächen sind vor allem
Dachflächen, der Übergangsbereich von der Fassade zum Dach, Spalten und
Ritzen in Fassade und Mauerwerk, Kellerräume oder Fensterbereiche sowie offen
zugängliche Räumlichkeiten.
2. Untersuchung der vorhandenen Strukturen auf Hinweise einer Nutzung durch gebäudebewohnende Vogelarten.
3. Kontrolle der auf dem Gartengrundstück vorhandenen Gehölze im Hinblick auf
eine aktuelle Nutzung durch Brutvögel oder auf Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse.
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Im Falle der Feststellung von Hinweisen für Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten sind ggf. Maßnahmen zu konzipieren, um ein Eintreten der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu vermeiden.
4. Lage des Grundstücks
Abbildung 1: Luftbild mit der Lage des hier untersuchten Grundstücks.
Bei dem betreffenden Grundstück handelt es sich um ein Gartengrundstück in Pulheim-Stommeln in innerstädtischer Lage. Das Grundstück liegt zwischen der Venloer
Straße im Süden und der nördlich verlaufenden Neusser Gasse. Von der geplanten Bebauung betroffen sind der südliche Teil des Flurstücks 1201 sowie möglicherweise auch das
Flurstück 1202, auf dem sich ein kleines Gebäude befindet.
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5. Ergebnisse der Begehungen
Im Rahmen der Geländebegehung wurden das Gebäude (siehe Abbildung 2) sowie
die angrenzende Gartenfläche mit dem dort vorhandenen Gehölzbestand einer intensiven Kontrolle unterzogen.
Abbildung 2: Kleines Lagergebäude auf Flurstück 1202.
Bei der Kontrolle des Gebäudes konnten keine Vogelarten festgestellt werden. Das
Gebäude besteht aus einem Raum, der leergeräumt und sauber war (siehe Abbildung 3). Es ist nicht unterkellert und besitzt keinen Dachboden. Obwohl eines der
Fenster zwecks Belüftung gekippt war, zeigten sich keine Hinweise auf aktuelle Nutzung durch gebäudebewohnende artenschutzrechtlich relevante Arten. Spalten im
Mauerwerk oder andere Versteckmöglichkeiten im Inneren des Gebäudes konnten
nicht festgestellt werden.
Kontrolliert wurden auch das Umfeld der Fensterrahmen auf dort vorhandene Spalten
im Anschluss ans Mauerwerk sowie der Dachüberstand (Abbildung 4). Dort bieten
sich oftmals Möglichkeiten der Quartiernutzung (z.B. für Zwergfledermäuse) oder
Ansiedlungsmöglichkeiten für gebäudebrütende Vogelarten. Im vorliegenden Fall ließ
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sich eine derartige Nutzung jedoch nicht feststellen. So konnten auch in diesen Bereichen keine Kotspuren von Fledermäusen (oder auch Vögeln) beobachtet werden.
Abbildung 3: Innenraum des betreffenden Gebäudes.
Abbildung 4: Keine Hinweise auf gebäudebrütende Arten im Bereich des Dachüberstands oder der
Fenster.
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Das betreffende Gartengrundstück stellt sich als typischer innerstädtischer, intensiv
genutzter Ziergarten dar (Abbildung 5). Hier stocken Blaufichten, Kiefern, Fichten,
Kirschlorbeer, Forsythie, Holunder, Kirschbäume, Ahorn, Hasel und eine ältere Eiche. Zum westlichen Nachbargrundstück hin dient eine Hainbuchenhecke als
Grenzmarkierung. An der östlichen Seite stockt eine ältere Wachholderhecke.
Abbildung 5: Blick auf den Baumbestand des Gartengrundstücks.
Am südlichen Rand des Gartengrundstücks wurde von den Eigentümern eine Fläche
für die Kompostierung von Grünschnitt angelegt (Abbildung 6). Als Sichtschutz für
diesen Bereich dient eine Wachholderhecke.
Im Bereich des Gartengrundstücks und benachbarter Gärten wurden typische Vogelarten der Garten- und Siedlungsbereiche wie Amsel, Blaumeise, Kohlmeise, Heckenbraunelle, Ringeltaube, Buchfink und Elster gesichtet.
An den Gehölzen wurden bei der Begehung keine aktuellen Brutaktivitäten festgestellt. Auch konnten dort keine älteren Nester beobachtet werden. Grundsätzlich bietet jedoch das Gartengrundstück vielfältige Möglichkeiten für Vögel zur Brut. Daher
ist es nicht ausgeschlossen, dass sich dort vereinzelt Brutvögel zur Nestanlage im
Frühjahr und Sommer einfinden. Um eine Schädigung der Tiere bzw. der Gelege von
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Vögeln zu vermeiden, ist eine Entfernung der Gehölze nur außerhalb der Brutzeit,
also nur im Zeitraum Oktober bis Februar möglich.
Baumhöhlen oder andere geeignete Strukturen, die die Nutzung durch Fledermäuse
erwarten lassen würden konnten bei der Begehung des Gartengrundstücks nicht
festgestellt werden. Bezüglich der Artengruppe der Fledermäuse ist somit kein Konfliktpotential im Zuge der Baufeldfreimachung zu erwarten.
Abbildung 6: Bereich zur Lagerung von Kompost und Gartenabfällen.
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6. Fazit
Das für den Abbruch vorgesehene kleine Lagergebäude sowie die zu entfernenden
Gehölze auf dem Gartengrundstück, welches für die Bebauung in der Gemarkung
Pulheim Stommeln, Neusser Gasse 89 benötigt wird, sind mit Blick auf mögliche
Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten wie folgt zu bewerten:
1. In und an dem kleinen Lagergebäude konnte aktuell eine Quartiernutzung von
Fledermäusen nicht festgestellt werden. Es konnten keine Tiere direkt beobachtet
oder vorgefunden werden und es gelang auch kein indirekter Nachweis z.B. über
Kotspuren oder Nahrungsreste. Baumhöhlen oder andere geeignete Strukturen,
die die Nutzung durch Fledermäuse erwarten lassen würden konnten nicht festgestellt werden.
2. Die Untersuchungen zur Avifauna erbrachten ebenfalls keinen aktuellen Nachweis von gebäudebrütenden Arten. Die auf dem Gartengrundstück und im Umfeld
beobachteten Vogelarten sind typische Vertreter gehölzreicher Lebensräume wie
z.B. Gärten und Parks. Planungsrelevante Arten im Sinne des Konzeptes des
Landes NRW wurden nicht festgestellt.
3. Das betreffende Gartengrundstück bietet jedoch vielfältige Möglichkeiten für Vögel zur Brut. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich dort Brutvögel zur Nestanlage
einfinden. Um eine Schädigung der Tiere bzw. der Gelege von Vögeln zu vermeiden, ist eine Entfernung der Gehölze nur außerhalb der Brutzeit, also nur im Zeitraum Oktober bis Februar möglich.
Aus artenschutzrechtlicher Sicht sind somit – unter Berücksichtigung der beschriebenen Vermeidungsmaßnahmen - der Abbruch des kleinen Lagergebäudes sowie die
Entfernung der Gehölze auf dem Gartengrundstück zulässig.
Für die Richtigkeit
Köln, den 11.04.2016
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Dr. Thomas Esser
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Protokoll einer Artenschutzprüfung (ASP) – Gesamtprotokoll –
A.) Antragsteller (Angaben zum Plan/Vorhaben)
Allgemeine Angaben
Plan/Vorhaben (Bezeichnung): Bebauung eines Grundstücks in der Gemarkung Pulheim Stommeln, Neusser Gasse 89.
Plan-/Vorhabenträger (Name): Familie Obuz, Rondorferstr. 38, Hürth
Gegenstand der nachfolgenden artenschutzrechtlichen Prüfung ist die beabsichtigte Bebauung eines Grundstücks in der
Gemarkung Pulheim Stommeln, Neusser Gasse 89.
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum/Wirkfaktoren)
Ist es möglich, dass bei FFH-Anhang IV-Arten oder europäischen Vogelarten die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG bei Umsetzung des Plans bzw. Realisierung des Vorhabens ausgelöst werden?
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
■
ja
nein
(unter Voraussetzung der unter B.) (Anlagen „Art-für-Art Protokoll“) beschriebenen Maßnahmen und Gründe)
Nur wenn Frage in Stufe I „ja“:
Wird der Plan bzw. das Vorhaben gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen
(ggf. trotz Vermeidungsmaßnahmen inkl. vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen oder
eines Risikomanagements)?
ja
■
nein
Arten, die nicht im Sinne einer vertiefenden Art-für-Art-Betrachtung einzeln geprüft werden:
Begründung: Bei den folgenden Arten liegt kein Verstoß gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG vor (d.h. keine erhebliche Störung
der lokalen Population, keine Beeinträchtigung der ökologischen Funktion ihrer Lebensstätten sowie keine unvermeidbaren Verletzungen
oder Tötungen und kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko). Es handelt sich um Irrgäste bzw. um Allerweltsarten mit einem landesweit
günstigen Erhaltungszustand und einer großen Anpassungsfähigkeit. Außerdem liegen keine ernst zu nehmenden Hinweise auf einen
nennenswerten Bestand der Arten im Bereich des Plans/Vorhabens vor, die eine vertiefende Art-für-Art-Betrachtung rechtfertigen würden.
Stufe III: Ausnahmeverfahren
Nur wenn Frage in Stufe II „ja“:
1. Ist das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden
öffentlichen Interesses gerechtfertigt?
ja
nein
2. Können zumutbare Alternativen ausgeschlossen werden?
ja
nein
3. Wird der Erhaltungszustand der Populationen sich bei europäischen Vogelarten
nicht verschlechtern bzw. bei Anhang IV – Arten günstig bleiben?
ja
nein
Antrag auf Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG
Nur wenn alle Fragen in Stufe III „ja“:
Die Realisierung des Plans/des Vorhabens ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses
im Sinne von § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG gerechtfertigt und es gibt keine zumutbare Alternative. Der Erhaltungszustand der Populationen wird sich bei europäischen Vogelarten nicht verschlechtern bzw. bei FFH-Anhang-IV-Arten
günstig bleiben. Deshalb wird eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG
beantragt. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“).
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Nur wenn Frage 3. in Stufe III „nein“:
(weil bei einer FFH-Anhang-IV-Art bereits ein ungünstiger Erhaltungszustand vorliegt)
Für die Erteilung einer Ausnahme sprechen „außergewöhnliche Umstände“. Außerdem wird sich durch die Ausnahme
der ungünstige Erhaltungszustand der Populationen nicht weiter verschlechtern bzw. wird die Wiederherstellung des
günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“).
Nur wenn eine der Fragen in Stufe III „nein“:
Im Zusammenhang mit privaten Gründen liegt eine unzumutbare Belastung vor. Deshalb wird eine Befreiung von den
artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 67 Abs. 2 BNatSchG beantragt.
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