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Beschlussvorlage (Anlage 5 - Geotechnischer Bericht)

Daten

Kommune
Aldenhoven
Größe
3,1 MB
Datum
15.12.2016
Erstellt
17.11.16, 16:32
Aktualisiert
17.11.16, 16:32

Inhalt der Datei

GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Erd-/Grundbau Fels-/Spezialtiefbau Ing.-/Hydrogeologie Altlasten/Deponien info@gbduellmann.de www.gbduellmann.de Geotechnische Maßnahmen zur Minimierung der Auswirkungen von Bewegungsdifferenzen entlang einer aktiven geologischen Störung auf das Basisabdichtungssystem der Abgrabung Aldenhoven III aktualisierte Fassung von Juli 2016 52078 Aachen Neuenhofstr. 112 Tel. (0241) 9 28 39 - 0 Fax (0241) 52 77 62 Geschäftsführer Dr.-Ing. M. Nendza Dr. I. Obernosterer Amtsgericht Aachen HRB 13065 Steuer-Nr. 201/5961/3379 USt.-IdNr. DE242696552 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Geotechnische Maßnahmen zur Minimierung der Auswirkungen von Bewegungsdifferenzen entlang einer aktiven geologischen Störung auf das Basisabdichtungssystem der Abgrabung Aldenhoven III - aktualisierte Fassung von Juli 2016 - Auftraggeber: Davids GmbH Gut Hommerschen 52511 Geilenkirchen Ansprechpartner: Herr Jöpen Bestellnummer: - Bestelldatum: Auftragnehmer: Geotechnisches Büro Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann GmbH Neuenhofstraße 112 52078 Aachen Projektbearbeiter: Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann Projektnummer: 14.139-2 Berichtsdatum: 19.07.2016 Berichtsumfang: 30 Seiten (einschließlich Deckblatt und Inhaltsverzeichnis) 1 Anlage Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Inhaltsverzeichnis 1 Vorgang, Aufgabenstellung.................................................................................... 1 2 Verwendete Unterlagen........................................................................................... 1 3 Anforderungen an die geologische Barriere und das Basisabdichungssystem3 3.1 Vorgaben nach DepV ....................................................................................... 3 3.2 Derzeitiges Planungskonzept ......................................................................... 6 3.2.1 3.2.2 3.2.3 Geotechnische Barriere .................................................................................... 6 Basisabdichtung ............................................................................................... 7 Entwässerungsschicht ...................................................................................... 7 3.3 Spezielle geologische Randbedingungen im Planungsabschnitt .............. 7 4 Auswirkungen einer störungsbedingten Zwangsverformung auf die verbesserte geologische bzw. technische Barriere ....................................................................... 9 4.1 Vorbemerkungen ............................................................................................. 9 4.2 Materialkundliche Grundlagen ....................................................................... 9 4.2.1 4.2.2 4.2.3 Begriff der Plastizität/Duktilität .......................................................................... 9 Druckfestigkeit, Bruchstauchung, Steifigkeit................................................... 12 Typische Spannungs-Deformations-Beziehung spröd vs. duktil .................... 14 4.3 Risstypen bei mechanisch verursachten Zwangsverformungen ............. 16 4.4 Zusammenwirken von Verformung und Dichtigkeit .................................. 17 4.4.1 4.4.2 Dichtung ohne Auflastspannung ..................................................................... 17 Dichtung unter Auflast .................................................................................... 18 4.5 Auswirkung einer Selbstheilung auf das Durchlässigkeitsverhalten ...... 20 4.6 Ergebnisse großtechnischer Versuche zur Risssicherung bei Beanspruchungen durch geologische Unstetigkeiten .............................. 22 4.6.1 4.6.2 4.6.2 Vorbemerkungen ............................................................................................ 22 Durchgeführte Untersuchungen ..................................................................... 22 Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus den praktischen Versuchen im 1 : 1Maßstab 23 5. Dehnungsbeanspruchung der Kunststoffdichtungsbahn (KDB) .................... 24 5.1 Vorgaben nach BAM-Zulassungsrichtlinie für KDB .................................. 24 5.2 Zu erwartende Dehnung im geplanten Einsatzbereich.............................. 24 6. Zusammenfassende Bewertung, Handlungsempfehlung................................. 26 Blatt I Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 1 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Vorgang, Aufgabenstellung Nach vorliegenden Untersuchungen [8.3] verläuft im Basisbereich der Abgrabung Aldenhoven III der „Frauenrather Sprung“ mit einer abgeschätzten maximalen Bewegungsdifferenz ab 2016 – 2045 von rund 10 cm. Aus diesem stufenförmig anzunehmenden Versatz entlang der Störungslinie an der Deponiebasis einschließlich Böschungen können sich besondere mechanische Beanspruchungen ergeben, die ohne Beeinträchtigung der Dichtungsfunktion von den einzelnen Komponenten des Abdichtungssystems (DK I) dauerhaft aufgenommen werden müssen. Mit der vorgelegten Ausarbeitung sollen konstruktive Lösungsmöglichkeiten für das anstehende geotechnische Problem erarbeitet und bewertet werden. Sie ersetzt eine 1. Fassung vom 27.02.2015 und berücksichtigt aktuellere Daten zur Böschungsgeometrie. 2 Verwendete Unterlagen [1] Auftraggeber bzw. Antragsteller [1.1] Antrag auf Zulassung einer Deponie der Deponieklasse I in der Gemeinde Aldenhoven vom 12.3.2014. [1.2] Lageplan 1 : 1.000 mit Eintragung der Grube und Verlauf der Störung. [1.3] Vermerk über einen Ortstermin mit Vertretern u.a. des StUA Aachen zur Ermittlung der Lage des Frauenrather Sprungs. [2] RWE-Power AG [2.1] Stellungnahme zur tektonischen Störung vom 11.06.14. [3] BR Köln [3.1] Stellungnahme vom 09.07.2014. [4] LANUV [4.1] Stellungnahme vom 25.07.2014. [5] Geologischer Dienst NRW [5.1] Stellungnahme vom 26.06.2014. [5.2] Stellungnahme vom 26.11.2014. [6] Erftverband [6.1] Grundwassergleichenplan von Oktober 2010 mit Eintragung von Störungszonen. [6.2] Schreiben vom 04.06.2014. Seite 1/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH [7] Sonstige Beteiligte [7.1] FBI - Prof. Dr.-lng. Feiser (11.4.2013): Trockenabgrabung Kiesgrube Aldenhoven III, Zusätzliche Tonabgrabung; Genehmigungsantrag der Fa. Davids GmbH, Geotechnische Stellungnahme zu den Einwendungen der Verfahrensbeteiligten. [7.2] Dipl.-Geol. F.R. Müller, lngenieurbüro für Geotechnik und Umweltschutz (10.9.2013): Abgrabung "Aldenhoven III“ - Stellungnahme: Verlauf "Frauenrather Sprung". [7.3] Dr. Koppelberg & Gerdes GmbH (2014): Standortwahl einer Windenergieanlage Gut Frauenrath; Geotechnischer Bericht. [8] Archiv der GB Düllmann GmbH [8.1] Geologische Karte NRW 1 : 100.000, Blatt 5102 Mönchengladbach. [8.2] Hydrologische Karte NW 1 : 25.000 (HyK 25); Blatt 5003 Linnich. [8.3] Geotechnische Bewertung der geologischen Störung „Frauenrather Sprung“, 22.10.2014 [8.4] Geplante Erweiterung der Deponie Aldenhoven – Geologische und hydrogeologische Standortverhältnisse; aktualisierter Bericht vom 08.07.2016. [9] Literatur [9.1] BECKER/DAHMEN/WILDEN (2004) – Praktische Untersuchungen zum Einsatz von Geotextilien für die Sicherung mineralischer Abdichtungen bei Beanspruchung durch geologische Unstetigkeiten (Geotechnik, Jg. 27, Nr. 3, S. 266-278). [9.2] HEITFELD/HEITFELD (1995) – Die Bedeutung tektonischer Störungen für die Beurteilung von Deponiestandorten. 10. Nationale Tagung für Ingenieurgeologie, S. 163 – 174. [9.3] SCHICK/WUNSCH (1995) – Verformbarkeit, Risssicherheit und Dichtigkeit von mineralischen Deponieabdichtungen. Bautechnik 72, H9, S. 588 – 599. [9.4] SCHERBECK/JESSBERGER (1992) – Zur Bewertung der Verformbarkeit mineralischer Abdichtungsschichten. Bautechnik 69, H.9, S. 497 – 506. [9.5] BELOUSCHEK/KÜGLER (1990) – Labortechnische Untersuchungen zur Rissbildung sowie zur Risssicherung von mineralischen Dichtsystemen. In: Thomé-Kozminkski (Hrsg.): Deponieablagerung von Abfällen, Bd. 4, Berlin. [9.6] MALLWITZ/SAVIDIS (1996) – Selbstheilungsvermögen bindiger Erdstoffe hinsichtlich Durchlässigkeit in Dichtungssystemen von Deponien. Bautechnik 73, Heft 9, S. 614 – 623. [9.7] GUDEHUS (1990) – Stoffgesetze. In: Grundbautaschenbuch, 4. Auflage, Teil 1, S. 175 – 203. Seite 2/28 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 [9.8] DÜLLMANN (2011) – Bodenuntersuchungen für bautechnische Zwecke. Band 1: Geländeund Laboruntersuchungen, Mitt. Ing.- und Hydrogeol., RWTH Aachen, Heft 100. [9.9] DÜLLMANN (2011) – Bodenuntersuchungen für bautechnische Zwecke. Band 2: Geotechnische Laborpraktikum, Mitt. Ing.- und Hydrogeol., RWTH Aachen, Heft 101. [10] Verordnungen, Richtlinien, Merkblätter [10.1] LANUV – Arbeitsblatt 13 ( 2012) – Technische Anforderungen und Empfehlungen für Deponieabdichtungssysteme - Konkretisierung und Empfehlungen zur Deponieverordnung. [10.2] LANUV – Fachbericht 25 ( 2010) – Langzeitbeständigkeit mineralischer Deponieabdichtungen. [10.3] Deponieverordnung – Verordnung über Deponien und Langzeitlagen (DepV) vom 16.07.1999. [10.4] BAM-Richtlinie für die Zulassung von Kunststoffdichtungsbahnen für Deponieabdichtungen. 6. Überarbeitete Auflage von November 2014. [10.5] LANUV-Arbeitsblatt 6 – Mineralische Deponieabdichtungen. Konkretisierende Anforderungen an zu verdichtende Deponieabdichtungskomponenten aus natürlichen, mineralischen Materialien. 3 Anforderungen an die geologische Barriere und das Basisabdichungssystem 3.1 Vorgaben nach DepV Nach Anhang 1, Nr. 21 der Deponieverordnung (DepV) dürfen für die Verbesserung der geologischen Barriere und technische Maßnahmen als Ersatz der geologischen Barriere sowie für das Abdichtungssystem Materialien, Komponenten oder Systeme nur eingesetzt werden, wenn sie dem Stand der Technik nach Anh. 1 Nummer 2.1.1 DepV entsprechen und wenn dies der zuständigen Behörde nachgewiesen worden ist. Mindestens folgende Kriterien und Einwirkmechanismen unter den besonderen Randbedingungen in Deponieabdichtungssystemen sind dabei zu berücksichtigen: 1. Dichtigkeit, gemessen an den Anforderungen der Tabelle 3.1, 2. Verformungsvermögen, um unvermeidbare Setzungen aufzunehmen, 3. Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanisch einwirkenden Kräften, 4. Widerstandsfähigkeit gegen hydraulische Einwirkungen (Suffosion und Erosion), Seite 3/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH 5. Beständigkeit gegenüber chemischen und biologischen Einwirkungen, 6. Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen, 7. Beständigkeit gegenüber alterungsbedingten nachteiligen Materialveränderungen, 8. Gesicherte, reproduzierbare und qualitätsüberwachte Vorfertigung von Abdichtungskomponenten, 9. Gesicherte, die Funktionalität wahrende und qualitätsüberwachte Herstellung sowie Einbau der Systemkomponenten und des Abdichtungssystems, insbesondere unter Einbeziehung geeigneter Maßnahmen zum Schutz vor auflastbedingten Beschädigungen, 10. Bei Vorgabe einer einzuhaltenden Durchflussrate: geeignete Nachweise, 11. Bei mineralischen Abdichtungskomponenten: Materialzusammensetzung, Einbautechnik und Einbindung im Abdichtungssystem, um eine sehr niedrige Durchlässigkeit zu erreichen und die Gefahr einer Trockenrissbildung zu minimieren, 12. Bei Deponieersatzbaustoffen: Einhaltung der zusätzlichen Anforderungen der §§ 14 und 15 dieser Verordnung, 13. Bei einer Entwässerung an der Deponiebasis: DIN 19667, Ausgabe August 2015, Dränung von Deponien – Planung, Bauausführung und Betrieb. Für die Herstellung des Abdichtungssystems soll ein einziger verantwortlicher Auftragnehmer bestellt werden. Die nachzuweisenden Anforderungen ergeben sich aus dem Bundeseinheitlichen Qualitätsstandard 2-0 „Mineralische Basisabdichtungskomponenten – übergreifende Anforderungen“ (BQS 20). Diese werden mit dem BQS 2-1 für Basisabdichtungen aus natürlichen und BQS 2-2 aus vergüteten natürlichen mineralischen Baustoffen konkretisiert. In Bezug auf die Mindestdicke d und den Mindest-k-Wert bei Ersatz einer fehlenden geologischen Barriere durch eine geotechnische Barriere gelten für eine DK I-Deponie die Anforderungen nach Tab. 3.1 (entspr. Tab. 1 DepV). Seite 4/28 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Tab. 3.1: Aufbau der geologischen Barriere und des Basisabdichtungssystems Nr. System-Komponente DK 0 1 obere Schicht der 1) Geologischen Barriere k ≤ 1 ⋅ 10 m/s d ≥ 1,00 m k ≤ 1 ⋅ 10 m/s d ≥ 1,00 m k ≤ 1 ⋅ 10 m/s d ≥ 1,00 m k ≤ 1 ⋅ 10 m/s d ≥ 5,00 m 2 Erste Abdichtungs2) Komponente nicht erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich +3 Zweite Abdichtungs2) komponente nicht erforderlich nicht erforderlich erforderlich erforderlich 4 Mineralische 3) Entwässerungsschicht , -3 k ≥ 1 ⋅ 10 m/s d ≥ 0,30 m d ≥ 0,50 m d ≥ 0,50 m d ≥ 0,50 m 1) 2) 3) DK I -7 DK II -9 DK III -9 -9 Der Durchlässigkeitsbeiwert k ist bei einem Druckgradienten i = 30 (Laborwert nach DIN 18130-1, Ausgabe Mai 1998. Baugrund-Untersuchung von Bodenproben; Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwertes- Teil 1: Laborversuche) einzuhalten. Werden Abdichtungskomponenten aus mineralischen Bestandteilen hergestellt, müssen diese eine Mindestdicke von 0,50 m und einen Durchlässigkeitsbeiwert von k ≤ 5 ⋅ 1 0 - 1 0 m/s bei einem Druckgradienten von i = 30 (Laborwerte nach DIN 18130-1. Ausgabe Mai 1998, Baugrund-Untersuchung von Bodenproben; Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwertes -Teil 1: Laborversuche) einhalten. Werden Kunststoffdichtungsbahnen als Abdichtungskomponente eingesetzt, darf ihre Dicke 2,5 mm nicht unterschreiten. Wenn nachgewiesen wird, dass es langfristig zu keinem Wasseranstau im Deponiekörper kommt, kann mit Zustimmung der zuständen Behörde a) bei Deponien der Klasse 0 auf die Entwässerungsschicht verzichtet b) bei Deponien der Klasse I, II und III die Entwässerungsschicht mit einer geringeren Schichtstärke oder anderer Körnung hergestellt werden. Das Schadstoffrückhaltevermögen ist nach BQS 1-0: „Technische Maßnahmen betreffend die geologische Barriere“ auch bei technischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Da sich Tonmineralien günstig auf das Schadstoffrückhaltevermögen auswirken, sollten sie daher in einem bestimmten Mindestmaß enthalten sein. Das LANUV-Arbeitsblatt Nr. 13 von 2012 [10.1] ergänzt bzw. konkretisiert die Vorgaben der Tab. 3.1 dahingehend, dass sie zusätzlich das Schadstoffrückhaltevermögen berücksichtigt und Empfehlungen für den Mindesttongehalt ct bzw. den Gesamttongehalt GT aufgenommen werden (s. Tab. 3.2). Seite 5/28 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Tab. 3.2: Anforderungen und Empfehlungen für die geologische Barriere, DK I Gesamttongehalt der Barriere über die gesamte Mächtigkeit [nach 10.1] Eigenschaft Anforderung Regelwerk Deponieklasse I Mächtigkeit d 1m DepV Anh. 1 Nr. 2.2 Tab. 1 Durchlässigkeit k ≤ 1 ⋅ 10 m/s -9 Schadstoffrückhaltevermögen ct ≥ 20 Gew.-% Tongehalt Gesamttongehalt 1) 2) 2) DepV Anh. 1 Nr. 2.2 Tab. 1 empfohlene Werte, bezogen auf die 1) Mindestmächtigkeit von 1 m GT ≥ 260 kg/m² Soweit die Mächtigkeit der technischen Maßnahmen die o.g. Mindestmächtigkeit überschreitet, können die Anforderungen an das Schadstoffrückhaltevermögen rechnerisch entsprechend verringert werden. Die Bestimmung des Gesamttongehalts wird in Anbetracht des höheren Analyseaufwandes für die Bestimmung des Tonmineralgehalts als hinreichend angesehen, wenn der einzubauende Ton aus einer grundsätzlich geeigneten Lagerstätte stammt. Für die technischen Maßnahmen zur Nachbesserung oder Vervollständigung kommen in Anlehnung an die GDA-Empfehlung E 2-38 als natürliche Erdstoffe in erster Linie Lehm bzw. Ton und schluffiger Ton der Bodengruppe TA (ausgeprägt plastisch) und TM (mittelplastisch) nach DIN 18 196 in Betracht. Die Abschätzung des Tonmineralgehaltes und damit des Schadstoffrückhaltevermögens erfolgt gemäß [10.1] vereinfacht über den Tongehalt. Mit den nachstehenden Formeln lässt sich der Gesamttongehalt einer mineralischen Schicht aus den spezifischen Materialangaben umrechnen: GT [kg/m²] ≅ 10 ⋅ ct [Gew.- %] ⋅ ρd [t/m³] ⋅ d [m] GT: Gesamttongehalt über die betrachtende Mächtigkeit, ct: spezifischer Tongehalt, ρd: Trockendichte, d: Dicke der geotechnischen Barriere. 3.2 Derzeitiges Planungskonzept 3.2.1 Geotechnische Barriere Vorgesehen ist eine geotechnische Barriere aus ggfs. mit Tonmehl bzw. Bentonit vergütetem Löss/Lösslehm, der im eingebauten Zustand folgende Kennwerte aufweist: Seite 6/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH d ≥ 1,0 m, k ≤ 1 ⋅ 10-9 m/s. Nach vorliegenden Erfahrungen ist das Material in den Bereich TL – TM einzuordnen. 3.2.2 Basisabdichtung Als alleinige Abdichtungskomponente ist eine BAM-zugelassene Kunststoffdichtungsbahn (KDB) mit einer Dicke ≥ 2,5 mm vorgesehen. 3.2.3 3.3 Entwässerungsschicht - Filter-Geotextil, - Integrierte Entwässerungsleitungen, - ≥ 0,5 m mineralische Entwässerungsschicht aus: • 0,4 m Rollkies 16/32, kalkarm, • 0,10 m Schutzschicht, Sand 0/2 bzw. 2/4 mm. Spezielle geologische Randbedingungen im Planungsabschnitt Die in Abb. 3.1 eingetragene Störung fällt steil mit 85° nach WSW ein und ist nach [8.3] und [8.4] auf eine relativ schmale Zone ≤ 5 m begrenzt, nach RWE Power AG im Bereich der Gaspipeline auf ca. 20 m. In [6.2] wird der Versatz an der UK Lösslehm mit ca. 1 m angegeben. Anlässlich einer Begehung der Kiesgrube am 24.06.14 konnte an der freigelegten Kiesoberfläche kein signifikanter Höhenunterschied zwischen Tief- und Hochscholle festgestellt werden. In der Geologischen Karte GKN 100 [8.1] ist der „Frauenrather Sprung“ als „nicht bewegungsaktive Störung“ dargestellt. Von RWE Power AG wurden dagegen als Folge der Tagebausümpfung (Tagebaue Inden und Hambach) Senkungsraten von 2 – 3 mm /a prognostiziert. Bis Ende der Abbautätigkeit in Hambach 2045 beträgt – von heute gerechnet – die zu erwartende Gesamtabsenkung 60 – 90 mm. Entlang der in Abb. 3.1 eingetragenen Störungslinie wird die westliche Scholle um das berechnete Maß absinken. Setzt man die Absenkungsrate von 2 – 3 mm/a näherungsweise mit der Relativgeschwindigkeit des Schervorganges im Bereich der Grenzfläche Seite 7/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Hoch-/Tiefscholle gleich, ergeben sich extrem niedrige Scher- bzw. Deformationsgeschwindigkeiten von 1 ⋅ 10-7 mm/s bzw. 1 ⋅ 10-10 m/s in der überlagernden geotechnischen Barriere. Die nach Einstellung der Sümpfungsmaßnahmen zu erwartenden Hebungen infolge der Entlastung durch den GW-Wiederanstieg werden nur einen Teil des o.a. Senkungsmaßes ausmachen, sie sind also nur teilreversibel und können für die vorliegende Problemstellung vernachlässigt werden. Schnitt III Schnitt IV Abb. 3.1: Lageplan Deponie mit Verlauf des „Frauenrather“ Sprungs (ohne Maßstab) Seite 8/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 4 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Auswirkungen einer störungsbedingten Zwangsverformung auf die verbesserte geologische bzw. technische Barriere 4.1 Vorbemerkungen Verformungseinwirkungen auf Abdichtungsschichten sind dann von Bedeutung, wenn sie als ungleichförmige Verformungen auftreten und somit zu Beanspruchungen in der Abdichtung führen. Die ungleichförmige Verformungseinwirkung in einer Deponiebasis-Abdichtung infolge ungleichmäßiger Setzungen des Auflagers unter Lasteinwirkung nimmt i.d.R. einen kontinuierlichen Verlauf an. Im Falle einer aktiven oder zeitweise reaktivierten Störung ist von einer sehr langsamen diskontinuierlichen Einwirkung (leichte Stufenbildung) auszugehen, wenn die technische Barriere direkt auf dem gewachsenen Untergrund aufliegt. Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass nach den Schnittdarstellungen in Abb. 4.1 zwischen dem anstehenden gewachsenen Boden und der einzubauenden Technischen Barriere immer eine mehrere Meter starke Auffüllung aus Z0-Material zwischengeschaltet ist, die einer diskreten Stufenbildung entgegenwirkt. Die Lage der Schnitte kann Abb. 3.1 entnommen werden. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Überlegungen steht damit die Frage, ob derartige Verformungen die Funktionsfähigkeit und damit die Dichtigkeit von Abdichtungskomponenten beeinträchtigen und wenn ja, welche technischen Hilfsmaßnahmen zu ihrer Sicherstellung eingesetzt werden können. 4.2 Materialkundliche Grundlagen 4.2.1 Begriff der Plastizität/Duktilität Weil u.a. im LfU/LANUV-Arbeitsblatt Nr. 6 [10.5], dort Abschn. 1.1, gefordert wird, dass das mineralische Material im eingebauten Zustand aufgezwungenen Verformungen plastisch folgen muss, wird nachfolgend auf den Begriff der Plastizität im bodenmechanischen Sinne näher eingegangen. Als plastische Verformung eines Körpers wird in der Kontinuumsmechanik die irreversible Änderung seiner Form unter der Einwirkung einer äußeren Kraft verstanden. Diese Änderung kann als Längenänderung oder als Winkeländerung in Erscheinung treten. Die zugehörige Eigenschaft eines Werkstoffes nennt man Plastizität (Definition 1) bzw. Duktilität. Im Gegensatz dazu würde ein elastischer Stoff seine ursprüngliche Form wieder einnehmen und ein spröder Stoff ohne oder mit nur geringer plastischer Verformung mit sofortigem Versagen reagieren – man spricht Seite 9/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH von Sprödbruch. Das plastische Verformungsverhalten hängt u.a. vom Spannungszustand, der Temperatur, der Belastungsart und der Belastungsgeschwindigkeit ab. Üblicherweise wird bei einer plastischen Verformung Volumenkonstanz bei geringer bzw. fehlender Sprödigkeit unterstellt. Abb. 4.1: Querprofile im Bereich der Deponieerweiterung Aldenhoven (s.a. Abb. 3.1) Seite 10/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Der Begriff der Plastizität wird in der Bodenmechanik auch als Wassergehaltsdifferenz IP zwischen dem Wassergehalt an der Fließgrenze wL und dem entsprechenden Wert am der Ausrollgrenze wP definiert (Definition 2). wL beschreibt bei einem mineralischen Material den Wassergehalt am Übergang von der flüssigen zur breiigen, wP den Übergang von der steifen zur halbfesten Zustandsform IC (s. Abb. 4.2). Die Differenz IP zwischen diesen beiden materialspezifischen Kennwerten wird auch Plastizitätszahl oder Bildsamkeit bezeichnet und dient zur Charakterisierung feinkörniger Böden nach DIN 18196 und zur Eingruppierung dieser Böden im CasagrandeDiagramm (Abb. 4.3). Die Plastizitätszahl IP gibt danach an, innerhalb welcher Wassergehaltsspanne ein feinkörniges Material in der breiig bis steifen Zustandsform oder ein Übergang von der bereits flüssigen in die halbfeste Zustandsform vorliegt. Bei ausgeprägt plastischen Tonen mit nennenswertem Tonmineralgehalt ist dieser Wassergehaltsbereich relativ groß, nimmt in Richtung leicht plastische Tone, d. h. mit abnehmendem Feinkornanteil, jedoch sehr schnell auf Werte IP < 10 % ab. Abb. 4.2: Abgrenzung plastischen Materialverhaltens nach DIN 18196 Seite 11/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.3: GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Plastizitätsdiagramm nach Casagrande mit Bodengruppen nach DIN 18196 Der Begriff der Plastizität nach Definition 2 ist erst über den vorhandenen Wassergehalt mit der Konsistenzzahl (Abb. 4.2) und diese wiederum mit Festigkeitsparametern (Druckfestigkeit, Zugfestigkeit, Bruchstauchung, Zugdehnung Biegezugfestigkeit) verknüpft. Daraus folgt, dass sich Wassergehaltsänderungen bestimmter Größe bei schwachbindigen Böden stärker auswirken als bei einem starkbindigen Material. Eine plastische Verformung im Sinne der Definition 1 ist damit eher bei einem starkbindigen Material im Konsistenzbereich weich/steif zu erwarten, aber verbunden mit dem Risiko des größeren Schrumpfpotenzials. Andererseits kann ein ausgeprägt plastisches Material nach Definition 2 (z.B. ein fetter Ton) bei steifer – halbfester oder sogar fester Konsistenz keine Plastizität im Sinne der Definition 1 aufweisen und ein spröde brechendes Materialverhalten zeigen. 4.2.2 Druckfestigkeit, Bruchstauchung, Steifigkeit Bereits eine einfache Betrachtung des Zusammenhangs zwischen der Konsistenz und der 1axialen Druckfestigkeit qu liefert hierzu erste Erkenntnisse. Mit zunehmender Konsistenzzahl IC bzw. abnehmendem Wassergehalt nimmt bei gleichbleibender, materialspezifischer Fließ- und Seite 12/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Ausrollgrenze die Festigkeit zu, die Bruchstauchung εB jedoch ab (Tab. 4.1). Die Zielgrößen qu, εB und Es lassen sich in genormten Versuchen ermitteln. Tab. 4.1: Beziehungen zwischen Konsistenz Ic und 1-axialer Druckfestigkeit qu nach TERZAGHI/PECK, 1961 Zustandsform IC [1] qu [kN/m²] breiig < 0,5 < 25 weich 0,5 – 0,75 25 – 50 steif > 0,75 – 1,0 50 – 200 halbfest > 1,0 (w ≤ ws) 200 – 400 fest >> 1,0 (w << ws) > 400 Steifigkeit Abb. 4.4 zeigt beispielhaft für einen tonigen Schluff die erforderliche Spannung σ, um in Abhängigkeit vom Einbauwassergehalt und der Verdichtungsart im Belastungsversuch eine Stauchung von 5 % zu erzielen. Auf dem trockenen Ast steigt die erforderliche Spannung bzw. der daraus ableitbare Steifemodul Es bis um den Faktor 10 an. Seite 13/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.4: GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Einfluss des Einbauwassergehaltes und der Verdichtungsart auf die Festigkeit eines tonigen Schluffs 4.2.3 Typische Spannungs-Deformations-Beziehung spröd vs. duktil Abb. 4.5 zeigt schematisch die Spannungs-Deformations-Beziehung und die Abgrenzung zwischen sprödem und duktilem bzw. plastischen Materialverhalten. Seite 14/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.5: GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Typische Spannungs-Deformations-Beziehung spröd vs. duktil Mit zunehmender Konsistenz bzw. zunehmender Steifigkeit und/oder hoher Deformationsgeschwindigkeit tendiert ein verdichteter Boden zum Sprödbruch. Niedrige Konsistenzwerte und/oder geringe Deformationsgeschwindigkeiten begünstigen dagegen die plastische Deformation. Bei normalen, in der Versuchspraxis üblichen Deformationsgeschwindigkeiten im Belastungsversuch bindiger Boden ist der Übergang zum spröden Verhalten ab einem IC-Wert von etwa 0,8 zu erwarten, bei extrem niedrigen Deformationsgeschwindigkeiten kann sich dieser Wert auf ca. IC = 0,9 – 1,0 erhöhen. Abb. 4.6 zeigt schematisch den Übergang von spröde zu duktil für unterschiedliche Belastungszustände (Druck, Zug) und Deformationsbereiche. Seite 15/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Abb. 4.6: Übergänge von sprödem zu duktilem Materialverhalten 4.3 Risstypen bei mechanisch verursachten Zwangsverformungen Da im Störungsverlauf mit einer Zwangsverformung der mineralischen Dichtungskomponente zu rechnen ist, sind in dem Erdstoff je nach den mechanischen Randbedingungen (Grenzzustände) folgende Bruchmechanismen möglich (s. Abb. 4.7): a) Bildung von Scherrissen und/oder b) Bildung von Zugrissen. Unterschiedliche Verformbarkeit des mineralischen Materials bedeutet bei gleicher aufgeprägter Zwangsverformung unterschiedliche Rissverläufe und damit Risssicherheit. Bei einem kontinuierlichen Verlauf der Ober- und Unterfläche der verformten Bodenschicht dominieren eher Zugrisse im Bereich der Krümmungsmaxima, bei einem diskontinuierlichen Verlauf mit Stufenbildung eher Scherrisse. Seite 16/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.7: GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Mögliche Versagensarten einer Komponente einer mineralischen Basisabdichtung bei einer Zwangsverformung 4.4 Zusammenwirken von Verformung und Dichtigkeit 4.4.1 Dichtung ohne Auflastspannung Zwischen dem bodenmechanischen Grenzzustand (Scher- oder Rissversagen) und dem Durchlässigkeitsverhalten besteht eine enge Wechselwirkung, die nach [9.4] in Abb. 4.8 anhand der Verformungsabhängigkeit des Durchlässigkeitsbeiwertes km dargestellt ist. Die beiden beispielhaft beobachteten Verläufe entsprechen dem typischen Verhalten bindiger Materialien im plastischen (Scherversagen) bzw. halbfesten, spröden Zustand (Rissversagen). Tritt Rissversagen ein, entsteht bei Überschreiten der Grenzverformung ein unkontrollierter Durchfluss durch die mineralische Schicht und die Funktionsfähigkeit ist nachhaltig gestört. Seite 17/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Scherversagen im Grenzzustand führt hingegen zu keiner nennenswerten Änderung der Durchlässigkeitseigenschaften. Bei der Bewertung der Zunahme ist zu berücksichtigen, dass km in Modellversuchen nach [9.4] das Durchlässigkeitsverhalten einer gesamten Schicht bzw. Probe beschreibt. Um auf das Durchlässigkeitsverhalten der unmittelbar verformten Bereiche zu schließen, ist der k-Wert in dieser Zone etwa um den Faktor 10 zu erhöhen. Abb. 4.8: Verformungsabhängigkeit des km-Wertes nach [9.4] Die k-Wert-Erhöhung in der Scherzone ist im Normalfall ohne weiteres hinzunehmen, da sie nur in einem begrenzten Bereich auftritt und die Dichtungsfunktion der gesamten Dichtungslage selbst nicht signifikant beeinflusst. Die Abdichtung hält somit bei Scherversagen ihre Integrität weitgehend aufrecht, weshalb dieser Verformungszustand i.d.R. akzeptiert werden kann. 4.4.2 Dichtung unter Auflast Während Scherfugen – wie ausgeführt - bezüglich der Durchlässigkeit eigentlich unkritisch sind, ist (s.a. Abschn. 4.4.1) bei Zugrissen nur dann mit einer deutlichen Reduktion der Durchflussrate zu rechnen, wenn die Rissflanken unter Auflast abscheren (Abb. 4.9). Seite 18/28 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.9: Erforderliche Auflastspannung σv zur Rissschließung nach SCHICK/WUNSCH [9.3] Bei diesem Ansatz wird für die Beurteilung der Verformbarkeit der Dichtung unter Auflast die Scherfestigkeit maßgebend. Die Auflast σv ergibt sich aus dem Kräftegleichgewicht am Gleitkeil nach Abb. 4.9. Die für das Versagen der Rissflanken erforderliche Auflast senkrecht zur Dichtungsfläche beträgt: σv* = 2 ⋅ c‘ ⋅ tan (45° + ϕ‘/2) mit: σv* = zur vollständigen Rissschließung erforderliche Auflastspannung [kN/m²] c‘ = effektive Kohäsion [kN/m²] ϕ‘ = effektiver Reibungswinkel [°] Seite 19/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Nach [9.3] kann für durchschnittliche bindige Materialverhältnisse mit einem effektiven Reibungswinkel ϕ‘ von etwa 20° davon ausgegangen werden, dass eine Rissbildung nicht mehr möglich ist, wenn das Verhältnis zwischen Auflastspannung σv und Kohäsion c‘ ca. 3 beträgt. Setzt man beispielsweise für einen leicht-mittelplastischen Lehm steifer Konsistenz einen c‘-Wert von 10 kN/m² an, ergibt sich eine Mindestauflastspannung σv von ca. 30 kN/m², dies entspricht einer Mindestüberdeckung von etwa 1,5 – 2,0 m. Aus o.a. Ansatz folgt zwangsläufig, dass mit zunehmender Scherfestigkeit die erforderliche Auflastspannung zur Rissunterdrückung ansteigt. 4.5 Auswirkung einer Selbstheilung auf das Durchlässigkeitsverhalten Mineralische Dichtungsmaterialien haben die Fähigkeit zur Selbstheilung. Unter Selbstheilung ist zu verstehen, dass eine z.B. durch Risse geschädigte Dichtungslage in der Lage ist, diese selbsttätig wieder zu schließen. Ursachen hierfür können sein: - Quellvorgänge, z.B. bei Vorhandensein quellfähiger Additive, - Einspülen von Feinstbestandteilen in vorhandene Risse. Durch das Anordnen eines Geotextils unter der Dichtungsschicht werden Risse durch sich auf dem Geotextil ablagernde Feinstbestandteile geschlossen, der Selbstheilungsprozess wird dadurch also gefördert. Untersuchungen von MALLWITZ/SAVIDIS [9.6] zeigen in Abb. 4.10 schematisch das zeitliche Durchlässigkeitsverhalten gerissener und ungerissener Bodenproben im Versuch. Die Gesamtdurchlässigkeit kges ergibt sich dabei additiv aus dem Durchlässigkeitsbeiwert des ungerissenen Bodens kb und dem Durchlässigkeitsbeiwert des Risses kr. Es gilt: kges = kb + kr Seite 20/28 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.10: Zeitliches Durchlässigkeitsverhalten gerissener und ungerissener Bodenproben (schematisch) nach [9.6] Der Faktor quantifiziert dabei das Selbstheilungsvermögen. Nach Untersuchungen von SCHICK/WUNSCH [9.3] zeigen leichtplastische, natürliche Bodenarten der Gruppe TL ein günstigeres Selbstheilungsverhalten im Vergleich zu mittelplastischen (TM) und hochplastischem (TA) Material. Scherrisse verhalten sich im Vergleich zu anderen Rissarten generell günstiger. Da die Rissgeometrie einen Unsicherheitsfaktor für das Selbstheilungsvermögen insitu darstellt und nicht mit letzter Sicherheit prognostizierbar ist, sollte aber der Effekt der Selbstheilung als zusätzliche stille Sicherheitsreserve im Hinblick auf die Kompensation von hydraulischen Wegigkeiten infolge Bruchvorgängen betrachtet werden. Seite 21/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 4.6 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Ergebnisse großtechnischer Versuche zur Risssicherung bei Beanspruchungen durch geologische Unstetigkeiten 4.6.1 Vorbemerkungen Die einzigen praktischen Versuche zur Sicherung mineralischer Abdichtungen bei direkten Beanspruchungen durch geologische Unstetigkeiten infolge Stufenbildung und Rissbildungen sind von RWE Power 2002 durchgeführt worden [9.1]. Die Untersuchungen wurden seinerzeit vom Unterzeichnenden als Fremdprüfer begleitet und bei der Umverlegung der Inde im Tagebaubereich technisch mit Erfolg umgesetzt. 4.6.2 Durchgeführte Untersuchungen Zur Stabilisierung von mineralischen Abdichtungen im Bereich von Störzonen wurden einlagige Bewehrungen (Geogitter) zur Rissbeschränkung bzw. –vermeidung und ein Filtervlies an der Unterseite der Dichtung zur Verbesserung des Selbstheilungseffektes eingesetzt. Insgesamt wurden fünf Großversuche im Höhenmaßstab 1 : 1 unter Variation des Dichtungsmaterials und der Geokunststoffe ausgeführt. Als aufgeprägte Verformung konnte über eine Zwangsführung eine Absenkung um 30 cm und gleichzeitig eine kontinuierliche Horizontalverschiebung um 10 cm eingestellt werden mit einem Einfallwinkel der Diskontinuität von ca. 70°. Mit dieser Vorgabe wurde seinerzeit eine Maximalverformung in einem tektonisch sehr stark belasteten Tagebauvorfeld modellhaft nachgebildet. Die der Dichtung (d = 0,8 m) im Versuch aufgezwungene Deformationsgeschwindigkeit war aus versuchstechnischen Gründen naturgemäß sehr hoch (Stunden) im Vergleich zu den tatsächlich auftretenden Verformungen in Störungsbereichen über Jahre (s.a. Abschn. 3.3). Als Auflast wurde eine Überdeckung mit σv = 50 kN/m² gewählt und die Konsistenz des mineralischen Dichtungsmaterials (Schluff bzw. Lösslehm) an der oberen Grenze des zulässigen Bereiches mit IC ≅ 1,0 eingestellt. Insgesamt wurden damit eher Extrembedingungen simuliert. Seite 22/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 4.6.2 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus den praktischen Versuchen im 1 : 1-Maßstab Als wesentliche Ergebnisse können genannt werden: - Eine Bewehrung zur Rissbegrenzung mit einem Combigrid (Geogitter + Vliesstoffauflage) wird am besten unter der Dichtungsschicht positioniert. Dadurch kann eine Stufenbildung wirksam verhindert und das Auftreten von Rissen weitgehend minimiert bzw. verhindert werden mit gleichzeitig positivem Effekt für die Aktivierung des Selbstheilungsvermögens. - Als Stützschicht (Auflager) ist Sand geeigneter als Kies, weil Sand zu günstigeren Ausrundungsradien und damit geringeren Dehnungen in den Geokunststoffen führt. - Bei Einhaltung des geforderten Durchlässigkeitsbeiwertes des Barrierematerials zeigt ein leichtplastischer Schluff aufgrund seines besseren Umformungsverhaltens unter Auflast (s.a. Abschn. 4.4.2) und im Hinblick auf Rissschließung ein günstigeres Verhalten als Ton. - Beidseitig bekannter Störungen muss eine mindestens 3 - 4 m breite Bewehrungsüberdeckung eingehalten werden. Bei unsicherem Verlauf ist die Bewehrungsüberdeckung entsprechend zu vergrößern. Abb. 4.11 zeigt beispielhaft den Versuch mit Schluff als Dichtungsboden und einen Einbau der Geotextilien (Kombiprodukt) und Stützschicht (Auflager) nach obiger Empfehlung. Mit Ausnahme weniger kurzer Einrisse an der Oberfläche kann die Integrität der Dichtungslage insgesamt erhalten werden. Seite 23/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 Abb. 4.11: GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Bewehrung mit einem Kombiprodukt (Bewehrung/Filtervlies) an der Unterseite nach [9.1] 5. Dehnungsbeanspruchung der Kunststoffdichtungsbahn (KDB) 5.1 Vorgaben nach BAM-Zulassungsrichtlinie für KDB Nach der Zulassungsrichtlinie [10.4] muss der Untergrund so beschaffen sein, dass auflastbedingte Verformungen zu keinen Schäden führen. Aus Setzungen herrührende Verformungen dürfen die zulässige Dehnung der Dichtungsbahn nicht überschreiten. Der Grenzwert der zulässigen Dehnung von PEHD-Dichtungsbahnen darf bei Ansatz einer mehraxialen Beanspruchung bei 20° C 6 % betragen. 5.2 Zu erwartende Dehnung im geplanten Einsatzbereich Ein belastbares Rechen- und Bemessungsverfahren steht für den vorliegenden Belastungsfall einer extrem langsam ablaufenden Scherbeanspruchung im Auflager der KDB nicht zur Verfügung. Es erscheint jedoch zulässig auf die im 1 : 1-Versuch gewonnenen Erkenntnisse zurückzugreifen (Beobachtungsmethode). Die sich langfristig einstellende Biegelinie an der Oberseite der mineralischen Dichtung führt gegenüber der unverformten Ausgangslage zwar zu einer Längung, die auch für eine in Planlage aufliegende KDB angenommen werden kann (s. Abb. 4.10), diese führt Seite 24/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH aber zu einer Dehnung deutlich kleiner als die zugelassene Grenzdehnung für eine KDB. Nachfolgend wird dies durch eine vereinfachte Beispielrechnung erläutert (s. Abb. 5.1). Getroffene Annahmen: - Höhenversatz: 15 cm unter Einrechnung eines Sicherheitszuschlags von 50 % - Krümmungsbereich: Nach 1 : 1-Versuchen abgeschätzt mit a = 2⋅ d (mit d = 0,5 m = Dicke der Dichtungslage) = 1,0 m - Krümmungsverlauf: Abb. 5.1: Wird durch 2 Kreissegmente angenähert Abschätzung der Dehnung der KDB durch ein zwangsverformtes Auflager (geol. Barriere) Seite 25/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Aus dem Rechenbeispiel folgt, dass selbst bei Annahme einer noch stärkeren Krümmung die zulässige Grenzdehnung einer KDB deutlich unterschritten wird. 6. Zusammenfassende Bewertung, Handlungsempfehlung Die vorausgehenden theoretischen Überlegungen belegen, dass in einer mineralischen Dichtungskomponente durch aufgezwungene Verformungen Risse des mechanischen Typs wie Trenn- und Scherbrüche bzw. Zugrisse und Scherfugen entstehen können. Neben den mechanischen Randbedingungen, wie der absolute Versatzbetrag zwischen Hoch- und Tiefscholle, Deformationsgeschwindigkeit und Belastungssituation (Auflast) sind vor allem Materialart- und – zustand dafür verantwortlich, ob das Bruchversagen zu einer durchgehenden Wegsamkeit entsprechend einem Sprödbruch führt oder zu einer nur aufgelockerten Zone entsprechend dem Bruchversagen von bindigen Böden im plastischen Zustand (duktiles Verhalten). Duktiles Verhalten hat keine nennenswerten Auswirkungen auf den Durchlässigkeitsbeiwert, Trennbrüche mit einem signifikanten Anstieg der Durchflussrate können andererseits nur durch eine entsprechende Auflast geschlossen werden. Als zusätzliche Sicherheit kann das Selbstheilungsvermögen der geotechnischen Barriere durch Wahl eines bevorzugt leichtplastischen Materials – ggf. mit Bentonit vergütet – im steifen Konsistenzbereich und der konstruktiven Ausbildung der Dichtungsschicht mit einem unterhalb der Barriere angeordneten Geotextil genutzt werden. Als weitere Sicherheit gegen einen sprunghaften Versatz an der Unterseite der Technischen Barriere ist die Auffüllung in einer Mächtigkeit von mehreren Metern aus Z0-Material bis zum gewachsenen Untergrund anzusehen, in der ein stufenförmiger Versatz im gewachsenen Untergrund bereits weitgehend ausgeglichen werden kann. Um die letzte verbleibende Unsicherheit in Bezug auf den tatsächlich eintretenden Verformungszustand an der Unterseite der geotechnischen Barriere (kontinuierlicher oder diskontinuierlicher Verlauf) ausräumen zu können, sollte nach den sehr positiven 1 : 1-Versuchen nach [9.1] unterhalb der 1,0 m starken Barriere zusätzlich ein Geogitter eingebaut werden, das der Dichtungslage einen kontinuierlichen Deformationszustand mit günstigen Krümmungsradien aufzwingt und zusätzlich zu einem weitgehenden Ausbleiben von kritischen Trennbrüchen beiträgt. Geogitter und Trennvlies können auch in einem Kombiprodukt (z.B. Combigrid der Fa. NAUE) zusammengefasst werden. Seite 26/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Berücksichtigt man gegenüber den Großversuchen den beim Frauenrather Sprung deutlich geringer anzusetzenden maximalen Verschiebungsbetrag und die insitu tatsächlich extrem langsam ablaufende Scherverschiebung, kann im Vergleich zu den Großversuchen für das Geogitter eine geringere Zugkraft (längs und quer) gewählt werden. Zusammengefasst ergibt sich damit folgender Handlungsvorschlag (s.a. Abb. 6.1): Erläuterungen: 1 Untergrund: Füllboden (Z0), Ev2 ≥ 45 MN/m² 2 Ausgleichsschicht: Sand, Ev2 ≥ 45 MN/m² 3 Bewehrung aus Geogitter + Vlieskaschierung. Max. Zugkraft quer/längs ≥ 40 kN/m (z.B. Combigrid 40/40 der Fa. NAUE oder g.w.), Breite ≥ 10 m .9 4 Geotechnische Barriere aus Lösslehm, ggf. vergütet mit Bentonit, k ≤ 1 ⋅ 10 m/s, 0,75 < IC ≤ 1,0 5 BAM zugelassene Kunststoffdichtungsbahn (HDPE) ≥ 2,5 mm 6 Dränschicht nach Abschn. 3.2.3 7 Mindest-Überschüttung (Auflast), Mächtigkeit ≥ 2 m Abb. 6.1: - Empfohlener Aufbau des Basisabdichtungssystems im Störungsbereich Unter Einrechnung eines Sicherheitszuschlags für den tatsächlichen Störungsverlauf Wahl einer Überdeckungsbreite b von mindestens 10 m beidseitig der Störung. - Ausbildung eines verdichteten Sandauflagers (d = 0,3 m, EV2 ≥ 450 MN/m²). Seite 27/28 Projektnr. 14.139-2 19.07.2016 - GEOTECHNISCHES BÜRO PROF. DR.-ING. H. DÜLLMANN GMBH Verlegen eines Kombiproduktes (Geogitter + Trennvlies), aufnehmbare Höchstzugkraft quer und längs 40 kN/m (Produkt z.B. Combigrid S 40/40). - Einbau der geotechnischen Barriere bevorzugt aus einem leichtplastischen Lösslehm, zwecks Erzielung eines ausreichenden k-Wertes (< 1 ⋅ 10-9 m/s) ggf. vergütet mit Tonmehl bzw. Bentonit. - Auflagerung der KDB ohne zusätzliche Zwischenschicht. - Dränschicht, wie bisher vorgesehen. - Mindestauflast entsprechend einer Überschüttung von 2 m Stärke. Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann Verteiler: Fa. Davids 3-fach Seite 28/28