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Antrag (Antrag 421/2010)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
280 kB
Datum
27.10.2010
Erstellt
17.09.10, 06:29
Aktualisiert
12.10.10, 06:25
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Inhalt der Datei

Christlich Demokratische Union Fraktion im Rat der Stadt Erftstadt www.cdu-erftstadt.de Christian Kirchharz Stadtverordneter Zülpicher Str. 10 50374 Erftstadt Herrn Bürgermeister Dr. Franz-Georg Rips Rathaus 50374 Erftstadt Tel.: 02235/979398 Mobil: 01793263949 ~ , r:~;j ~J~~.J ; 1 E-Mail: mail@christian-kirchharz.de www.christian-kirchharz.de ." I '1·.1 f-.---..; I ' I Erftstadt, 26. August 2010 Antrag nach GO Sehr geehrter Herr Bürgermeister, heute Morgen wurde in Friesheim die Agnes-Miegel-Straße sierten Aktion der Antifa Erftstadt "umbenannt" . in einer nicht autori- Die Gruppe begründet ihr Tun damit, die Schriftstellerin und Dichterin Agnes Miegel sei eine Verehrerin des Nationalsozialismus gewesen und habe sich auch nach dem Krieg nie von ihren Werken aus der NS-Zeit distanziert. Meiner Ansicht nach sollte in Ruhe und in enger Abstimmung mit den Anwohnerinnen und Anwohnern der Straße überlegt werden, wie man in der Sache weiter verfährt. Die Straße wurde meines Wissens bei der Gründung der Stadt nach Agnes Miegel benannt, weil die geborene Königsbergerin und Dichterin Ostpreußens symbolisch für die Heimatvertriebenen stand, die dort lebten und zum Teil noch heute dort wohnen. Ich beantrage daher: 1. Die Stadtverwaltung soll den Sachverhalt dezidiert unter Einbeziehung von Fachleuten klären und dazu im zuständigen Fachausschuss berichten. 2. Der Bürgermeister lädt zeitnah zu einer Anwohnerversammlung zum Thema ein. Hier soll geklärt werden, wie die Anwohner zum Thema stehen und ob es den Wunsch, wenn ja welchen, nach einer Umbenennung gibt. 3. Die Stadt prüft, welche Namen ggf. für die Straße in Betracht kommen. 4. Die Stadt möge recherchieren, ob es weitere Straßen im Stadtgebiet gibt, die ggf. ähnlich problematische Namen haben. Mit freundlichen Grüßen e» ~e:2,,-,~ /? Christian Kirchharz Postanschrift: Für die Fraktion Bürozeiten: Bankverbinduna: Antifa Erftstadt e/o Infoladen Ludolf-Camphausen-Str. 36 50672 Köln antifaerftstadt@riseup.net www.antifa-erftstadt.tk Ratsbüro Holzdamm 10 50374 Erftstadt Datum 26. August 2010 Offener Brief bezüglich der Umbenennung der Agnes-Miegel-Straße in Friesheim Sehr geehrte Damen und Herren, In Erftstadt sind viele Straßen nach bedeutenden Menschen benannt. Menschen, die großes geleistet haben und an die man sich erinnern soll. Darunter befinden sich auch Widerstandskämpferinnen gegen den Nationalsozialismus und Verfolgte des nationalsozialistischen Staates (z.B. Dietrich Bonhöffer, die Geschwister Scholl, Nikolaus Ehlen, Otto Wels oder Clemens August Kardinal Graf von Galen). Andere Straßen und Plätze tragen Namen bekannter Wissenschaftlerinnen und kulturschaffender Persönlichkeiten. In Friesheim jedoch ist eine Straße nach Agnes Miegel benannt. Miegel war Dichterin, Schriftstellerin, Journalistin und Autorin. In ihren Texten brachte sie immer wieder einen positiven Bezug zur nationalsozialistischen Ideologie und zu Adolf Hitler zum Ausdruck, sodass sie schnell zum Aushängeschild des Nationalsozialismus avancierte und bis heute in extrem rechten und (neo )nazistischen Kreisen angesehen ist. Schon eine kurze Internetrecherche (oder ein Blick auf unseren Nachbarschaftsflyer, siehe Anhang) lässt keinen Zweifel an ihrem positiven Verhältnis zum Nationalsozialismus aufkommen. Folglich wurden bereits Schulen und Straßen, die nach Miegel benannt wurden, in den letzten Jahren umbenannt, z.B. in den Städten Bielefeld, Erlangen, Wilhelmshaven, Neuenkirchen, Willich und Düsseldorf. Seite 2 zum Schreiben vom 26. August 2010 Es ist zudem ein Schlag in das Gesicht aller Opfer des Nationalsozialismus, dass hier immer noch eine Straße nach einer Wegbereiterin von Ausgrenzung, Unterdrückung, Massenmord und Krieg benannt ist. Wir sind zuversichtlich, dass sich der Rat der Stadt Erftstadt für eine sofortige Umbenennung einsetzen und klar politisch Stellung hierzu beziehen wird! In einer Stadt, in der laut eigener "Resolution gegen Rechts" für "Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus [. ..} und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung [...} kein Platz [ist!" konnte bis heute in unseren Augen nur Unkenntnis Schuld am Ausbleiben einer Umbenennung sein. Diese Unkenntnis ist mit diesem Brief passe. Mit unserer Aktion, die Straße eigenhändig umzubenennen, wollen wir zugleich einen Namensvorschlag für die Straße unterbreiten. Salomon Franken war ein Jude aus Friesheim, der dort 1895 geboren wurde und 1945 höchstwahrscheinlich im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Zwei seiner drei gemeinsamen Kinder mit seiner Frau Else konnten ins heutige Israel fliehen. Der jüngste Sohn wurde gemeinsam mit seinen Eltern von Friesheim ins KZ Theresienstadt und von dort aus 1945 nach Auschwitz deportiert, wo sich die Spur der drei Schicksale verlieren. Salomon Franken steht hier symbolisch für die vielen namenlosen - auch Erftstädter Opfer, die von der deutschen Gesellschaft stigmatisiert, entrechtet, ausgeschlossen und letztlich ermordet wurden. Wir denken, dass diesen Opfern gedacht, ihre persönlichen Leiden und Lebensgeschichten im Gedächtnis behalten werden sollten. Darum fordern wir, die Antifa Erftstadt, die Agnes-Miegel-Straße in Erftstadt-Friesheim in die Salomon-Franken-Straße umzubenennen! Weitere Informationen zu Salomon Franken finden sich im Buch "Heimat an der Erft" von Heidi und Cornelius Bormann und in unserem Nachbarschaftsflyer, siehe Anhang. In der Erwartung einer schnellen Straßenumbenennung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen, Marcel Schrink - stellvertretend für die Antifa Erftstadt Seite 3 zum Schreiben vom 26. August 2010 Strasse.numbe.ne.nnung in Erftstadt-Frie.sh,e.im Liebe AnwohnerInnen, In einer symbolischen Aktion wurde die Agnes-Mie~el-Straße in die Salomon-Franken-Straße umbenannt. Agnes Miegel war bekennende Nationalsozialistin und Verehrerin AdolfHitlers. Salomon Franken hingegen war ein Jude, der mit seiner Familie bis 1942 in Friesheim wohnte, von der nationalsozialistischen Gesellschaft ausgegrenzt und später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Agnes Miegel Agnes Miegel wurde 1879 im damaligen Königsberg (Preußen, seit 1945 russisch) geboren. Sie starb 1964 in Bad Salzuflen. Miegel war Dichterin, Schriftstellerin, Journalistin und Autorin. In ihren Texten brachte sie immer wieder einen positiven Bezug zur nationalsozialistischen Ideologie und zu Adolf Hitler zum Ausdruck, sodass sie schnell zum Aushängeschild des Nationalsozialismus avancierte und bis heute in extrem rechten und neonazistischen Kreisen angesehen ist. 1933 gehörte sie zu den 88 deutschen SchriftstellerInnen, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterzeichneten; in mehreren Städten wurden ihr Ehrenbürgerschaften verliehen. 1937 wurde sie Mitglied der NS-Frauenschaft, 1940 trat sie in die NSDAP ein. 1939 nahm sie das Ehrenzeichen der Hitlerjugend entgegen. Auf Grund ihrer Einstellung zum Nationalsozialismus wurde ihr die Arbeit von den Alliierten untersagt. In der Bundesrepublik hingegen wurden Straßen und Schulen nach ihr benannt, Miegel gilt noch immer als bedeutende Literatin. Dabei brachte sie in mehreren Gedichten ihre Zustimmung zum Nationalsozialismus und zu Hitler zum Ausdruck. Diesem widmete sie gleich drei Gedichte (,,Dem Führer!", 1936; "An den Führer", 1938; "Dem Schirmer des Volkes", 1939) .. Unsere Herzen, hart von Not und Krieg, hat mit seinen glühenden glaubensvollen Worten er durchpjlügt wie Ackerschollen, bis ein neuer Frühling in uns stieg." Weiter heißt es im Gedicht ,,An den Führer": "Lass deine Hand Führer! uns vor aller Welt bekennen: Du und wir nie mehr zu trennen, stehen ein für unser Vaterland!". Selbst Meyers Lexikon schreibt Miegels Werk ab 1933 eine "Tendenz zur Blut- und Bodenromantik" zu. Auch später hat sich Miegel nie von ihrem Schaffen im Nationalsozialismus, der Ideologie und den Kontakten in die rechte Szene distanziert. Viel mehr bewegte sie sich weiterhin in extrem konservativen und teils (neo)nazistischen Kreisen. Große Beliebtheit erlangte sie in "Vertriebenenkreisen" und verfasste Exklusivbeiträge für die Zeitschrift "Nation Europa", die von dem ehemaligen SS-Hauptsturmflihrer Arthur Ehrhardt 1951 gegründet wurde. Von Neonazis wird sie bis heute geehrt, z.B. durch das "Collegium Humanum", welches ein Wochenendseminar mit dem Thema: "Ostpreußens Beitrag zur Kultur Europas - Schwerpunkt Agnes Miegel und Ordensstaat" veranstaltete. Beim "Collegium Humanum" handelt es sich um einen inzwischen verbotenen Verein in dem es zu offenem Antisemitismus und zur Holocaustleugnung kam; er diente als Anlaufpunkt für verschiedene RechtsextremistInnen. Salomon Franken Salomon Franken wurde 1895 in Friesheim geboren. Mit ihm lebte die Familie in 4. Generation in Friesheim. Im ersten Weltkrieg wurde er verwundet und kam als Kriegsheld mit Beinprothese zurück nach Friesheim. Er heiratete Else Weisbecker, mit der er drei Kinder (Jenny, *1922; Simon, *1924; Jacob, *1938) hatte. Salomon Franken hatte das Anstreichhandwerk gelernt, arbeitete aber als Vorbeter in der Friesheimer Synagoge. Als in der Reichspogromnacht 1938 auch die Synagogen in Lechenich, Gymnich und Friesheim niedergebrannt wurden, wurde Salomon Franken tags darauf, wie alle jüdischen Männer, verhaftet. Die Polizei ließ ihn aber auf Grund seiner Kriegsverletzung am gleichen Tag wieder gehen. Spätestens jetzt war der Familie jedoch klar, dass sie keine Zukunft im nationalsozialistischen Staat haben würde. Sie begannen die Auswanderung der beiden älteren Kinder ins heutige Israel zu organisieren. Jenny und Simon konnten fliehen. 1942 wurde Salomon Franken, vermutlich mitsamt seiner Familie, aus seinem Haus geholt und in einem Viehtransporter aus Friesheim deportiert. Bekannt ist nur noch, dass Salomon, seine Frau Else und sein jüngster Sohn aus dem Konzentrationslager Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Umbenennung Mit der Umbenennung möchten wir darauf aufmerksam machen, dass noch immer überzeugte NationalsozialistInnen als NamensgeberInnen für z.B, Straßen dienen. Die WegbereiterInnen von systematischer Ausgrenzung und deutscher Vernichtungsideologie werden damit auch noch 65 Jahre nach Kriegsende hofiert. Wir aber denken, dass die zahlreichen Opfer, ihre persönlichen Leiden und Lebensgeschichten, im Gedächtnis behalten werden sollten. Das Schicksal von Salomon Franken steht hier symbolisch für die vielen namenlosen - auch Erftstädter - Opfer, die von der deutschen Gesellschaft stigmatisiert, entrechtet, ausgeschlossen und letztlich ermordet wurden. Wir hoffen, dass auch Sie sich bei Stadt, Politik und im persönlichen Umfeld für eine (tatsächliche) Umbenennung der Agnes-Miegel-Straße stark machen werden! Antifa Erftstadt www.antifa-erftstadt.tk