Daten
Kommune
Pulheim
Größe
138 kB
Datum
10.11.2015
Erstellt
06.11.15, 18:30
Aktualisiert
06.11.15, 18:30
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
470/2015
Erstellt am:
29.10.2015
Aktenzeichen:
II/50
Vorlage zur Beratung/Beschlussfassung
Gremium
TOP
ö. Sitzung
Rat
X
nö. Sitzung
Termin
10.11.2015
Betreff
Flüchtlingssituation in der Stadt Pulheim, Unterbringung und Integration
Veranlasser/in / Antragsteller/in
Verwaltung, Fraktion Bürgerverein
Haushalts-/Personalwirtschaftliche Auswirkungen
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
ja
X nein
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
ja
X nein
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X nein
Finanzierungsbedarf gesamt:
(ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten)
€
— im Haushalt des laufenden Jahres
€
— in den Haushalten der folgenden Jahre
€
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
Finanzierungsvorschlag (und ggf. weitere Erläuterungen):
ja
nein
Vorlage Nr.: 470/2015 . Seite 2 / 4
Beschlussvorschlag
Der Rat beauftragt die Verwaltung eine Planung zur Errichtung von zwei weiteren Wohnanlagen mit jeweils 250 Plätzen
vorzubereiten. Bestandteil eines vergabereifen Beschlussvorschlages muss hierbei die Ausweisung geeigneter Standorte, die Beschreibung der örtlichen Betriebsabwicklung und die Finanzierbarkeit sein.
Erläuterungen
Die Verwaltung verweist auf die den Fraktionen regelmäßig gegebenen Hinweise zur Zahl der in der Stadt ankommenden Flüchtlinge. Aktuell sind in den Unterkünften der Stadt 610 Menschen untergebracht (Anlage 1). Zum Zeitpunkt der
Erstellung der Vorlage rechnet die Verwaltung bis zum Jahresende 2015 mit ca. 240 weiteren Menschen (2 Monate x 4
Wochen x 30 Flüchtlinge/Woche). Zurzeit werden auf europäischer, auf Bundes- und Landesebene zahlreiche Maßnahmen diskutiert, wie die Kommunen bei der Zahl der Zuweisungen entlastet werden können. Die Verwaltung muss davon
ausgehen, dass diese Maßnahmen erst im Laufe des Jahres 2016 ihre Wirksamkeit entfalten. Die Verwaltung rechnet
daher in den ersten fünf Monaten des Jahres 2016 mit mindestens 600 weiteren Menschen, die der Stadt Pulheim zur
Unterbringung zugewiesen werden (5 Monate x 4 Wochen x 30 Flüchtlinge/Wo.).
Bis zum Mai 2016 werden insgesamt ca. 1.450 Menschen in der Stadt unterzubringen sein.
In der Stadt stehen zurzeit 694 Plätze zur Unterbringung zur Verfügung. 94 hiervon sind nur befristet bis zum Januar
2016 nutzbar (Nrn. 7, 16). Ca. 120 Plätze sind in städt. Turnhallen (Nrn. 15, 17) eingerichtet bzw. vorgesehen. Diese
Nutzungen soll so schnell wie möglich wieder aufgegeben werden.
Im Ergebnis stehen aktuell ca. 480 Plätze zur dauerhaften Nutzung zur Verfügung.
Folgende Maßnahmen stehen aktuell zur Umsetzung an:
Zurzeit wird die Einrichtung in der Donatusstr., Brauweiler um 40 Plätze erweitert.
Die Verwaltung ist um Umsetzung des Beschaffungsbeschlusses aus dem HFA (Sitzung vom 27.10., Vorlage-Nr.
405/2015) bemüht. Zurzeit wird intensiv mit den potentiellen Vertragspartnern verhandelt, um auf Basis der Beschlusslage die Verträge unterzeichnen und die Maßnahmen umsetzen zu können. In den ehemals landwirtschaftlich genutzten
Wohncontainern stünden ca. 70 Plätze und in der gebrauchten Wohncontaineranlage ca. 60 Plätze zur Verfügung. Beide Anlagen sollen im Bereich der Liegewiese am Hallenbad Pulheim aufgestellt werden. Insgesamt entstehen hier ca.
130 Plätze.
Des Weiteren steht die Verwaltung in Verhandlungen mit dem Anbieter einer Wohnanlage. Der HFA hat in seiner jüngsten Sitzung die Vergabe beschlossen. Die Errichtung ist im Bereich des Sportzentrums Pulheim vorgesehen. Mit Fertigstellung stünden dort 288 Plätzen zur Verfügung. Die Verwaltung weist darauf hin, dass diese Verhandlungen zurzeit
noch keinen konkreten Vertragsschluss erkennen lassen. Es kann keine Aussage zum Ob und Wann eines Realisierungszeitpunktes getätigt werden.
Zusammengefasst stünden bei Realisierung dieser Maßnahmen ca. 938 Plätze zur Verfügung.
Mit den beiden von der Verwaltung vorgeschlagenen Wohnanlagen mit insgesamt 500 Plätzen stünden die zurzeit bis
Ende Mai für erforderlich gehaltenen Plätze zur Verfügung.
Die Verwaltung weist darauf hin, dass die Inanspruchnahme weiterer Turnhallen zu Unterbringungszwecken
nicht ausgeschlossen werden kann. Der Grund sind nicht kalkulierbare Bedarfe in der Zwischenzeit.
Über die genannten Maßnahmen hinaus prüft die Verwaltung laufend in der Verwaltung eingehende Angebote zur kurzfristigen Realisierung von alternativen Unterbringungsmöglichkeiten; dies sind auch sog. stabile Messebauten.
Als Standort für die zwei zur Beauftragung vorgeschlagenen Wohnanlagen kommen zurzeit zwei Grundstücke in Frage.
Dies sind der sog. Schützenplatz in Brauweiler (Ortsausgang Bernhardtstr.) und das Grundstück Am Fronhof in Geyen.
Das Grundstück in Geyen ist grds. geeignet, mit einer größeren Wohnanlage bebaut zu werden. Die Verwaltung weist
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darauf hin, dass dies nur im Rahmen einer Verdichtung möglich ist. Für in den dortigen Wohneinheiten lebenden Menschen müssten als Voraussetzung alternative Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden. Über die genannten
Grundstücke hinaus wird die Verwaltung weitere Prüfungen vornehmen und über mögliche Alternativen berichten.
Die Verwaltung schätzt den Finanzierungsbedarf für die beiden zu beauftragenden Wohnanlagen auf insgesamt ca. 2,8
Mio. €. Sie stützt sich hierbei auf die sich aus der Pulheimer Wohnanlage ergebenden Investionsbedarfe. Vorbehaltlich
der abschließenden Prüfung weist die Verwaltung darauf hin, dass haushaltsrechtlich abgesicherte Mittel nur aus dem
Maßnahmenpaket Guidelplatz bereit gestellt werden können. Eine Inanspruchnahme setzte selbstverständlich eine
Neuveranschlagung für den Haushalt 2017 voraus. Die Verwaltung geht vor dem Hintergrund des aktuellen Verfahrensstandes davon aus, dass es durch die anderweitige und vorläufige Mittelverwendung zu keinen Verzögerungen bei der
Realisierung des Guidelplatzprojektes kommt.
Die Verwaltung weist im Hinblick auf die Unterbringungssituation auf folgende Faktoren hin, die zurzeit nicht abschließend eingeschätzt werden können:
In den Unterkünften leben aktuell ca. 50 Menschen, deren Asylverfahren abgeschlossen ist. Diese finden entweder
keine geeigneten Wohnungen im Stadtgebiet oder unterliegen einem Abschiebestopp. Diese Zahl wird steigen, da in
den Sommermonaten dieses Jahres zahlreiche Menschen nach Pulheim gekommen sind, die aus sog. sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik geflohen sind. Die Verwaltung kann nicht einschätzen, welche Auswirkungen die zurzeit
diskutierten Maßnahmen zum Vollzug von Abschiebungen oder zur Setzung von Anreizen zur freiwilligen Rückkehr
haben werden.
Überhaupt nicht eingeschätzt werden kann, inwieweit sich die aktuell erörterten Vorhaben auf den politisch höheren
Ebenen auf die Flüchtlingszahlen auswirken werden. Die Verwaltung muss daher davon ausgehen, dass es mindestens
bei der Zahl der aktuellen Zuweisungen bleibt.
Zu den Regelzuweisungen hinzuzurechnen sind die Zuweisungen von unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und
Ausländer. Diese werden gesondert gezählt. Die Verwaltung verweist hierzu auf die Vorlage Nr. 438/2015 für den JHA
am 19.11.2015. In dieser rechnet die Verwaltung noch mit ca. 17 Jugendlichen/Jahr für 3,5 Jahre (ca. 63 Jugendliche).
Aktuelle Informationen deuten darauf hin, dass der in der benannten Vorlage zugrunde gelegte Schlüssel für die Zuweisungen von 1:3.000 auf 1:1.500 sinken wird (1 unbegleiteter minderjähriger Ausländer/-in pro 3.000 bzw. 1.500 Einwohner/-innen in der Stadt; Pulheim: ca. 54.500 EW). Demzufolge muss die Verwaltung mit insgesamt ca. 126 Jugendlichen
in der Zuweisung für Pulheim rechnen.
Im Weiteren erläutert die Verwaltung, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen und welche Maßnahmen getroffen
werden, um die in der Stadt als Flüchtlinge ankommenden Menschen zu unterstützen. Die Angebote orientieren sich
hierbei an den jeweils auftretenden Bedarfen. Den Angeboten liegen Grundsätze der sozialen Begleitung und Betreuung
zugrunde. Zur Erarbeitung abschließend ausformulierter Konzepte stehen keine Kapazitäten zur Verfügung.
Die rechtliche Notwendigkeit der Begleitung und Betreuung ergibt sich aus dem Flüchtlingsaufnahmegesetz. In diesem sind die Unterstützungsleistungen geregelt. Hiernach sind die Kommunen verpflichtet, wohnraumähnliche Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Daneben ist die Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewährleisten.
Neben den aktuell und im Rahmen von Notunterkünften unterzubringenden Menschen werden sich alle Städte und Gemeinden der Aufgabe zu stellen haben, eine große Zahl der jeweils vor Ort lebenden Menschen dauerhaft in die örtliche
Gesellschaft zu integrieren.
Die Begleitung der Flüchtlinge selber bringt einen immer größer werdenden Betreuungsaufwand mit sich. In den
Betreuungsbereich fallen die Begleitung bei Bezug der Einrichtung, die Begleitung bei weiteren Verfahrensschritten
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im Rahmen des Asylverfahrens oder auch die Vermittlung bzw. Bereitstellung von Plätzen in Kindertagesstätten bzw.
Schulen. Flüchtlingskinder respektive deren Eltern haben bis zum 6. Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen
Kindertagesstättenplatz bzw. unterliegen ab dem sechsten Lebensjahr der Schulpflicht. Da gerade bei Kindern wichtige Grundlagen für eine erfolgreiche Integration gelegt werden, ist eine frühzeitige und umfängliche Begleitung in der
Wahrnehmung dieser Möglichkeiten geboten.
Eine weitere Aufgabe ist die Begleitung und Koordinierung der ehrenamtlichen Unterstützungsangebote. Vorbemerkend sei erwähnt, dass es eine außergewöhnlich hohe Unterstützungsbereitschaft von Seiten der Pulheimer Bürgerschaft gibt. In den fünf örtlichen Sozialräumen der Stadt haben sich örtliche Netzwerke gebildet, die in einem sehr
großen Maß mit Sachspenden und den verschiedensten persönlichen Angeboten die Flüchtlinge insgesamt unterstützen. Die Palette der persönlichen Angebote reicht von Sprachkursen, über die Begleitung von Arzt- und Behördengängen bis hin zur Vermittlung von Sport- und Freizeitangeboten. In vorbildlicher Weise haben sich hierbei Vereine, Verbände und Einzelpersonen bereit erklärt, diese unterstützende Arbeit zu leisten.
In der Aufgabenwahrnehmung gilt es zunächst, die Angebote an die Flüchtlinge zu vermitteln. Oftmals herrscht ein
großes Misstrauen örtlichen Behörden oder Institutionen gegenüber, da diese in der Heimat nicht vertrauenswürdig
gewesen sind. Zur Vermittlungsarbeit gehört auch, die Flüchtlinge von der Sinnhaftigkeit der Teilnahme an diesen
Angeboten zu überzeugen.
Zudem müssen diese Unterstützungsangebote koordiniert werden. Es sind die Angebote zu sammeln, parallele Angebote zusammenzuführen, ortsteilübergreifende Vermittlung hat zu erfolgen und schlussendlich ist eine Unterstützung bei
der Angebotsrealisierung zu gewährleisten. Dies kann die Vermittlung von Räumlichkeiten oder die Unterstützung bei
Anträgen zur Finanzierung einzelner Maßnahmen sein.
Diese Beschreibung ist nicht abschließend. Zur Aufgabenwahrnehmung zählen auch besondere Einzelfälle, in denen
eine noch weitergehende Betreuung geboten ist. Dies können besonders traumatisierte Flüchtlinge oder Flüchtlinge mit
besonderen körperlichen und/oder geistigen Förderbedarfen sein.