Daten
Kommune
Pulheim
Größe
1,4 MB
Datum
09.12.2015
Erstellt
30.11.15, 18:30
Aktualisiert
30.11.15, 18:30
Stichworte
Inhalt der Datei
Bebauungsplan Nr. 122 Sinnersdorf Töpferweg,
Stadt Pulheim
Artenschutzprüfung (ASP)
Bebauungsplan Nr. 122 Sinnersdorf Töpferweg,
Stadt Pulheim
Artenschutzprüfung (ASP)
Gutachten im Auftrag der
Stadt Pulheim
Bearbeiter:
Dr. Thomas Esser
Dr. Claus Albrecht
Dipl.-Ing. agr. Anja Koglin
KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK
Lütticher Str. 32
50674 Köln
www.kbff.de
Köln, im Oktober 2015
Inhalt
1. Anlass und Rechtsgrundlagen ............................................................................. 3
1.1 Anlass .......................................................................................................................... 3
1.2 Rechtsgrundlagen ........................................................................................................ 4
1.2.1 Artenschutzrechtliche Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) .... 4
1.2.2 Begriffsdefinitionen ................................................................................................ 6
1.2.3 Fazit ....................................................................................................................... 8
2. Beschreibung des Vorhabenbereichs ............................................................... 10
2.1 Lage des Plangebiets ................................................................................................. 10
2.2 Beschreibung des Plangebiets ................................................................................... 12
3. Vorgehensweise und Methodik .......................................................................... 16
3.1 Vorgehensweise und Fragestellung............................................................................ 16
3.2 Auswahl artenschutzrechtlich relevanter Arten ........................................................... 17
3.3 Methodik und Datengrundlagen.................................................................................. 17
4. Beschreibung des Vorhabens und seiner Auswirkungen ............................... 18
4.1 Baubedingte Wirkungen ............................................................................................. 18
4.2 Anlage- und betriebsbedingte Wirkungen ................................................................... 19
5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten ......................................... 21
5.1 Europäische Vogelarten ............................................................................................. 21
5.1.1 Nicht planungsrelevante Vogelarten .................................................................... 21
5.1.2 Planungsrelevante Vogelarten ............................................................................. 22
5.2 Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie ................................................................... 23
6. Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten ........................................ 26
6.1 Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrelevanter Beeinträchtigungen ................... 26
6.2 Mögliche Betroffenheiten prüfrelevanter Arten und Bewertung der
artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ................................................................ 28
6.2.1 Europäische Vogelarten ....................................................................................... 29
6.2.2 Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie ................................................................... 31
7. Prüfung von Ausnahmetatbeständen ................................................................ 33
8. Zusammenfassung und Fazit: Artenschutzrechtliche Zulässigkeit
Bebauungsplan Nr. 122 Sinnersdorf Töpferweg, Stadt Pulheim .................... 34
9. Literatur und sonstige verwendete Quellen ...................................................... 36
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
1.1 Anlass
§ 44 des BNatSchG enthält Schutzbestimmungen für bestimmte Tier- und Pflanzenarten.
Diese gelten für Pflanzen- und Tierarten, die nach § 7 BNatSchG besonders und/oder streng
geschützt sind, und zwar sowohl für die Individuen bzw. Populationen der Arten als auch für
ihre Lebensräume bzw. wichtige Bestandteile der Lebensräume.
Eingriffe in Natur und Landschaft bedürfen einer Überprüfung artenschutzrechtlicher Belange, wenn eine Betroffenheit bestimmter geschützter Arten (Arten des Anhangs IV der FFHRichtlinie, wildlebende Vogelarten sowie Arten, die nach einer Rechtsverordnung nach § 54
Absatz 1 Nummer 2 BNatSchG aufgeführt sind) nicht von vorneherein auszuschließen ist
(siehe hierzu auch Kapitel 1.2). Zu prüfen sind dabei die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1
BNatSchG, nach denen eine Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Arten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), eine erhebliche Störung der Lokalpopulation (§
44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) sowie eine Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§
44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) verboten sind. Nähere Bestimmungen zu Eingriffen im Falle der
Betroffenheit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten und im Hinblick auf damit verbundene Tötungen von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Tierarten finden sich in § 44 Abs. 5
BNatSchG (siehe Kapitel 1.2). Die Anforderungen des Artenschutzes sind in der Verwaltungsvorschrift des Landes NRW zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung
der Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) (VV-Artenschutz, MUNLV
2010) näher beschrieben.
Zur Verbesserung der Ausnutzung von Grundstücksflächen im Sinne der Innenentwicklung
beabsichtigt die Stadt Pulheim die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 122 Sinnersdorf
„Töpferweg“.
Im Zuge der Realisierung des Vorhabens sind Betroffenheiten von Arten, die unter die o.a.
Schutzbestimmungen des § 44 BNatSchG fallen, nicht von vorneherein auszuschließen. Daher wird in der vorliegenden artenschutzrechtlichen Betrachtung geprüft, ob und ggf. bei welchen möglicherweise auftretenden Arten artenschutzrechtliche Konflikte auftreten können
(Potenzialeinschätzung). Im vorliegenden Beitrag wird für alle potenziell vorkommenden artenschutzrechtlich relevanten Arten eine einzelartbezogene Betrachtung der denkbaren Konflikte durchgeführt. Weiterhin werden Vermeidungs- und ggf. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen dargestellt, die geeignet sind, das Eintreten artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände zu vermeiden.
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
1.2 Rechtsgrundlagen
Grundlage der Artenschutzprüfung sind die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG,
wonach es nicht zu einer Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Arten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), zu einer erheblichen Störung (§ 44 Abs. 1 Nr. 2
BNatSchG) oder zu einer Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 44 Abs. 1 Nr. 3
BNatSchG) dieser Arten kommen darf. Bei zulässigen Eingriffen gelten hinsichtlich der Tötung von Individuen und Zerstörung der Fortpflanzungs-/Ruhestätten ergänzende Vorgaben
des § 44 Abs. 5 BNatSchG (siehe nachfolgendes Kapitel). Im Falle eines Verstoßes gegen
ein Zugriffsverbot darf das Vorhaben dennoch zugelassen werden, wenn entsprechend der
Vorgaben von § 45 Abs. 7 BNatSchG die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme
vorliegen.
Für die Artenschutzprüfung nach § 44 BNatSchG sind zunächst sämtliche Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie sämtliche wildlebende Vogelarten relevant, darunter auch
Arten, die in Nordrhein-Westfalen nur als Irrgäste oder sporadische Zuwanderer auftreten
sowie (bei den Vogelarten) häufige, verbreitete und ungefährdete Arten, die einen günstigen
Erhaltungszustand haben. Vor diesem Hintergrund wurde für Nordrhein-Westfalen eine naturschutzfachlich begründete Auswahl von Arten getroffen, die in einer Artenschutzprüfung
einzeln zu bearbeiten sind (planungsrelevante Arten, vgl. KIEL 2005). Im Falle der nichtplanungsrelevanten Arten (z.B. ungefährdeten Vogelarten) kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass keine Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG eintreten, sofern
eingriffsbedingte Tötungen vermieden werden, so dass Einzelbetrachtungen nicht erforderlich sind (vgl. MUNLV 2010).
Die Vorgaben der §§ 44 und 45 BNatSchG werden im Folgenden näher erläutert.
1.2.1
Artenschutzrechtliche
Vorgaben
des
Bundesnaturschutzgesetzes
(BNatSchG)
Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten,
1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu
entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und
Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn
sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art
verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4
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4.
ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen
oder zu zerstören
(Zugriffsverbote)
In § 44 Absatz 5 BNatSchG werden die Zugriffsverbote für nach § 15 BNatSchG zulässige
Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 S. 1
BNatSchG (z.B. bei Aufstellung eines Bebauungsplans) eingeschränkt:
(5) Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im
Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der
Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte
Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
das Verbot des Absatzes 1 Nummer 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nummer 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder
Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in
Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei
Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die
Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.
Die Frage, ob die ökologische Funktion betroffener Fortpflanzungs- und Ruhestätten im
räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, ist einzelfallbezogen zu prüfen. Die ökologische Funktion im Sinne des § 44 Abs. 5 BNatSchG kann ggf. auch durch vorgezogene
Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) sichergestellt werden.
Für die Bewertung des Störungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist maßgeblich, ob die Störwirkungen erheblich für die Lokalpopulation der betroffenen Art sind, d.h. ob
sie zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Lokalpopulation führen können.
Falls ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG
eintritt, ist ein Ausnahmeverfahren nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich, um ein Vorhaben dennoch zulassen zu können. Demnach müssen folgende Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme kumulativ erfüllt sein:
Vorliegen von zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art,
Fehlen einer zumutbaren Alternative und
keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Populationen einer Art bzw. (für
Arten des Anhangs IV FFH-RL) keine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes.
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
1.2.2 Begriffsdefinitionen
Die in § 44 Abs. 1 und 5 BNatSchG verwendeten Begriffe werden im Folgenden unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben und neuerer Gerichtsentscheidungen näher erläutert.
Tötungen von Tieren können grundsätzlich baubedingt sowie betriebsbedingt eintreten (betriebsbedingt z.B. bei Straßen). Unvermeidbare baubedingte Tierverluste im Zusammenhang
mit der Beseitigung von Fortpflanzungs-/Ruhestätten verstoßen nach § 44 Abs. 5 BNatSchG
bei Planungs- und Zulassungsverfahren nicht gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot
des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, solange die ökologische Funktion der betroffenen Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Demgegenüber betont das
BVerwG u.a. im sog. „Freiberg-Urteil“ (Urteil vom 14.7.2011 – 9 A 12.10) die
individuenbezogene Ausgestaltung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Demnach ist von einem
Eintreten des Verbotstatbestandes bereits dann auszugehen, wenn einzelne Tiere durch eine Maßnahme getötet werden. Bei bestimmten Artengruppen sind Maßnahmen möglich, mit
denen baubedingte Tötungen vollständig vermieden werden können (z.B. Vögel: Inanspruchnahme von Nistbereichen nur außerhalb der Brutzeit).
Betriebsbedingte Tötungen (z.B. an Straßen) verstoßen nicht gegen das Tötungsverbot des
§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wenn sie dem allgemeinen Lebensrisiko einer Art entsprechen,
sehr wohl allerdings dann, wenn sich durch das Vorhaben das Tötungsrisiko signifikant erhöht. Dies ist ggf. einzelfallbezogen zu prüfen.
Bezugsgröße für die Bewertung der „Störung“ ist laut § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG die Lokalpopulation der betroffenen Art. Störungen können grundsätzlich durch Beunruhigungen
und Scheuchwirkungen z.B. infolge von Bewegung, Lärm oder Licht eintreten. Unter das
Verbot fallen aber auch anlagebedingte Lebensraumbeeinträchtigungen und Störungen des
Lebensraumverbundes, z.B. Silhouettenwirkungen von Bauwerken und Zerschneidungen
von Leitstrukturen für Wander-/Ausbreitungsbewegungen (vgl. MUNLV 2010). Falls Störungen zu einer Aufgabe von Brutplätzen, Quartieren oder sonstigen Fortpflanzungs-/Ruhestätte
führen, ergeben sich Überschneidungen mit dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3
BNatSchG (siehe unten).
Verbotstatbeständlich sind Störungen, die sich erheblich auf die Lokalpopulation auswirken,
d.h. zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der betroffenen Art führen. Dies ist
der Fall, wenn sie sich auf die Überlebenschancen, die Reproduktionsfähigkeit und den Fortpflanzungserfolg der Arten auswirken. Die Bewertung der Erheblichkeit einer Störung hängt
von Dauer und Zeitpunkt der Störwirkung ab, weiterhin auch von der „Empfindlichkeit“ der
betroffenen Lokalpopulation. Empfindlichkeiten gegenüber störenden Einflüssen sind zu6
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
nächst arten- bzw. artengruppenbezogen sehr unterschiedlich. Weiterhin hängt die Empfindlichkeit einer Lokalpopulation auch von ihrer Größe und dem Verbreitungsbild ab: So führen
Wirkungen auf kleine Restpopulationen und Vorkommen am Rand des Verbreitungsgebietes
eher zu erheblichen Störungen als Wirkungen auf größere Populationen in zentralen Bereichen des Verbreitungsraumes (vgl. MUNLV 2010).
Als lokale Population im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kann in Anlehnung an § 7
Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG eine Gruppe von Individuen einer Art definiert werden, die eine Fortpflanzungs- oder Überdauerungsgemeinschaft bilden und einen zusammenhängenden Lebensraum gemeinsam bewohnen. Da Lokalpopulationen in der Praxis kaum nach populationsbiologischen Kriterien definiert werden können, müssen alternativ pragmatische Kriterien
für die Abgrenzung herangezogen werden. So können bei bestimmten Arten mit punktueller
bzw. zerstreuter Verbreitung oder mit lokalen Dichtezentren kleinräumige Landschaftseinheiten (z.B. Waldgebiete, Grünlandkomplexe, Bachläufe) oder Schutzgebiete (NSG, Natura
2000-Gebiet) als Lebensraum einer Lokalpopulation benannt werden. Bei Arten mit flächiger
Verbreitung kann die Definition anhand von naturräumlichen Landschaftseinheiten erfolgen,
hilfsweise auch anhand von Verwaltungsgrenzen (Gemeinden, Kreise) (MUNLV 2010).
Zu den Fortpflanzungsstätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG gehören alle Bestandteile des Lebensraumes, die für die Fortpflanzung benötigt werden, z.B. Balz- und
Paarungsplätze, Neststandorte, Eiablageplätze, Wurfbaue/-plätze, Wochenstubenquartiere
(von Fledermäusen), Verpuppungs-/Schlupfplätze (von Libellen, Schmetterlingen) (vgl. des
MUNLV 2008, 2010). Ruhestätten sind Bereiche, die von Tieren zum Ruhen, Schlafen oder
bei längerer Inaktivität (z.B. Überwinterung) aufgesucht werden. Hierzu gehören Schlaf-,
Mauser- und Rastplätze, Sonnplätze oder Winterquartiere z.B. von Fledermäusen.
Weitere Teilhabitate wie z.B. Nahrungsräume, Flugrouten und Wanderkorridore gehören
nicht zu den Fortpflanzungs-/Ruhestätten nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Beeinträchtigungen solcher Teilhabitate können aber in bestimmten Fällen (wenn es sich um essenzielle
Habitatelemente handelt) dazu führen, dass Lebensstätten (Brutplätze, Quartiere,…) aufgegeben werden bzw. dass keine Reproduktion mehr erfolgen kann. Ein solcher vollständiger
Funktionsverlust einer Fortpflanzungs-/Ruhestätte erfüllt den Schädigungstatbestand.
Die Definition der Fortpflanzungs- und Ruhestätten ist jeweils artbezogen durchzuführen.
Dabei lassen sich grundsätzlich 2 Fälle unterscheiden, und zwar erstens bei Arten mit relativ
kleinen Aktionsräumen (z.B. Singvogelarten mit geringen Raumansprüchen) eine Definition
unter Einbeziehung des weiteren Umfelds des jeweiligen Niststandortes, Eiablageplatzes,
Versteckes u.ä. (weite Auslegung) sowie zweitens bei Arten mit großem Aktionsraum die
Beschränkung auf die als Fortpflanzungs-/Ruhestätte genutzte kleinflächige bzw. punktuelle
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
Örtlichkeit (z.B. Horststandort einer Greifvogelart, Fledermausquartier) (enge Auslegung)
(EUROPEAN COMMISSION 2007, MUNLV 2010).
Hinsichtlich des Schutzes von Fortpflanzungs-/Ruhestätten ist weiterhin zu beachten, dass
eine Zerstörung einer Lebensstätte außerhalb der Nutzungszeit durch die jeweilige Art den
Verbotstatbestand nicht erfüllt, wenn es sich um eine nicht-standorttreue Art handelt, die ihre
Lebensstätte ständig wechselt, dass der Verbotstatbestand allerdings sehr wohl erfüllt wird,
wenn es sich um eine standorttreue Art handelt, die die betroffene Fortpflanzungs/Ruhestätte regelmäßig nutzt bzw. auf die Wiederverwendung der Fortpflanzungsstätte angewiesen ist und keine Ausweichmöglichkeit hat (MUNLV 2010).
Bei der Beschädigung einer Fortpflanzungs-/Ruhestätte kann es sich um eine unmittelbare
materielle Schädigung eines Nestes, Quartieres o.ä. oder um eine mittelbare Funktionsbeeinträchtigung, etwa durch Veränderung abiotischer Faktoren (z.B. Veränderung des Wasserhaushalts mit Auswirkung auf die Lebensraumeignung für eine an Feuchtgebiete gebundene Tierart). Entscheidend ist die Frage, ob durch die Wirkung die Reproduktion oder die
Ruhemöglichkeiten beeinträchtigt werden können (MUNLV 2010).
Die Frage der „Absichtlichkeit“ artenschutzrechtlicher Beeinträchtigungen ist durch den
EuGH im so genannten „Caretta-Caretta-Urteil“ vom 30.01.2002, Rs. C-103/00 (siehe unter
http://curia.europa.eu) thematisiert worden. Danach ist eine Handlung dann als absichtlich zu
bezeichnen, wenn sie in Kenntnis aller Umstände, folglich im Bewusstsein des Vorkommens
der geschützten Arten und der beeinträchtigenden Wirkung der Handlung vorgenommen
wird. Eine unmittelbare Absicht des Tötens von Anhang IV – Arten oder der Störung derselben muss nicht vorhanden sein. Das Wissen um die voraussichtliche Wirkung des eigenen
Handelns im Zusammenhang mit dem ebenfalls bekannten Vorkommen von Anhang IV –
Arten reicht aus, um dieses als absichtlich zu bezeichnen (siehe EUROPEAN COMMISSION
2006, 2007, Kapitel II.3.).
1.2.3 Fazit
Ein Vorhaben ist somit unter folgenden Voraussetzungen aus artenschutzrechtlicher Sicht
zulässig:
a.
Es entstehen keine Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen prüfrelevanter Arten mit artenschutzrechtlicher Relevanz oder
b.
es entstehen Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen mit artenschutzrechtlicher Relevanz, diese können aber mit Hilfe geeigneter Maßnahmen vermieden, gemindert oder
vorgezogen funktional ausgeglichen werden, so dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nicht eintreten oder
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
c.
ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
es verbleiben auch bei Berücksichtigung von Maßnahmen Beeinträchtigungen, die artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllen. Das Vorhaben erfüllt aber die in § 45
Abs. 7 BNatSchG formulierten Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme.
Falls Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG eintreten und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG nicht erfüllt sind, ist
das Vorhaben aus artenschutzrechtlicher Sicht unzulässig.
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2. Beschreibung des Vorhabenbereichs
2.1 Lage des Plangebiets
Die zu überplanende Fläche liegt nördlich der Ortsmitte von Sinnersdorf (Stadt Pulheim) und
wird im Norden durch die Straße Am Zehnthof, im Westen durch Roggendorfer Straße, im
Süden durch die Kesselsgasse und im Osten durch die Straße Am Theuspfad begrenzt. Die
gesamte Fläche des Geltungsbereiches beträgt ca. 33.050 m² und liegt inmitten der Ortslage. Dabei entfallen ca. 3.430m² auf Verkehrsflächen. Die verbleibenden Grundstücksflächen
umfassen daher eine Fläche von ca. 29.620 m² (vgl. Abbildung 1).
Die Erarbeitung eines Artenschutzgutachtens (ASP) erscheint zunächst aufgrund fehlender
relevanter Grünstrukturen oder Ruinen nicht erforderlich, zumal auch das gesamte Gebiet
bereits vollständig zugunsten einer baulichen Nutzung beplant ist. Rein vorsorglich wird die
ASP jedoch hiermit vorgelegt.
Abbildung 1: Das Neubauareal an der Hagelkreuzstraße. (Grundlage: @Geobasis NRW 2015).
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
Abbildung 2: Geltungsbereich des B-Plans 122 Sinnersdorf „Töpferweg“.
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ASP Sinnersdorf Töpferweg, Pulheim
2.2 Beschreibung des Plangebiets
Das Plangebiet wird – mit Ausnahme der beschriebenen Althöfe - geprägt durch eine überwiegende Wohnnutzung entlang der Roggendorfer Straße, des Theuspfades und der Straße
am Zehnthof. Der Töpferweg teilt zwei vorhandenen Freiflächen und wurde bislang als Privatweg genutzt. Alle vorhandenen Gebäude sind dadurch gut erschlossen. Ein weiteres
Wohnhaus entlang des geplanten Töpferweges wurde bereits errichtet, ist aber bis zu dessen Herstellung über das Vordergrundstück von der Kesselsgasse her erschlossen.
Der Hof, der umgenutzt werden soll, beherbergt derzeit einen Gebrauchtwarenhandel, der
andere Hof wird bewohnt und partiell als Unterstellplatz z.B. für Wohnmobile genutzt. Entlang der Straße am Zehnthof befinden sich in den Erdgeschossen der Wohnhäuser Ladenlokale. Einen Eindruck vom Plangebiet geben die nachfolgenden Abbildungen.
Abbildung 3: Blick auf die Roggendorfer Straße.
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Abbildung 4: Typische Wohnsituation im Theuspfad.
Abbildung 5: Blick auf die Straße Am Zehnthof, rechts im Bild größte Baumgruppe im Plangebiet
(Kiefern, Tannen, Eichen, Birke, Trauerweide, Salweide)
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Abbildung 6: Blick auf den Töpferweg.
Abbildung 7: Wohnhaus mit Koniferenbestand und angrenzender Wiese am Töpferweg.
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Abbildung 8: Eingezäunte Weide am Töpferweg.
Abbildung 9: Blick auf die zwei verbliebenen Linden am Töpferweg.
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3. Vorgehensweise und Methodik
3.1 Vorgehensweise und Fragestellung
Mögliche artenschutzrechtlich relevante Betroffenheiten im Sinne des § 44 BNatSchG werden in folgenden Schritten geprüft:
In einem ersten Schritt werden diejenigen prüfrelevanten Arten ermittelt, die im Wirkungsbereich des Vorhabens vorkommen könnten. Dies erfolgt unter Zugrundelegung
der im Informationssystem der Naturschutzverwaltung (LANUV 2014a) abrufbaren
Messtischblatt-Quadranten-bezogenen Zusammenstellung planungsrelevanter Arten
und der Lebensraumsituation im Bereich bzw. im Umfeld des Vorhabens.
Es ist der Tatbestand der Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich
relevanter Arten (Arten des Anhangs IV der FFH-RL oder europäischer Vogelarten) nach
§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu prüfen.
Im Hinblick auf das Störungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist zu prüfen, ob
sich der Erhaltungszustand ggf. betroffener lokaler Populationen relevanter Arten verschlechtern könnte.
Es ist zu prüfen, ob Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von artenschutzrechtlich relevanten Arten im Sinne § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG im Einflussbereich des Vorhabens vorkommen und beeinträchtigt werden können sowie, falls dies zu bejahen ist, ob die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Nach § 44 Abs. 5 BNatSchG ist bei zulässigen Eingriffen das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG im Falle eines Erhalts dieser ökologischen Funktion nicht verletzt.
Falls die Verletzung eines Verbotstatbestandes nicht auszuschließen ist, ist zunächst zu prüfen, ob dies über geeignete Vermeidungs- und/oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen
vermieden werden kann.
Ist die Verletzung eines Verbotstatbestandes auch unter Berücksichtigung von Vermeidungsoder
Minderungsmaßnahmen
oder
vorgezogenen
Ausgleichsmaßnahmen
(CEF-
Maßnahmen) nicht auszuschließen, ist zu prüfen, ob eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7
BNatSchG gewährt werden kann. In diesem Zusammenhang ist eine Begründung zum Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen, insbesondere zu zumutbaren Alternativen und zur
Frage des Erhaltungszustands betroffener Arten als Folge des Vorhabens, erforderlich.
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3.2 Auswahl artenschutzrechtlich relevanter Arten
Gegenstand der artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 44 BNatSchG sind die Arten des
Anhangs IV der FFH-RL sowie die wildlebenden Vogelarten.
3.3 Methodik und Datengrundlagen
Die Ermittlung der prüfrelevanten Arten erfolgt im vorliegenden Beitrag in erster Linie anhand
einer Potenzialeinschätzung. Auf Grundlage der Aufstellung planungsrelevanter Arten für
den Quadranten 4 des Messtischblattes (MTB) 4906 Pulheim, in dem der Vorhabenbereich
liegt (LANUV 2014a), sowie einer Erfassung der Lebensraumsituation im Wirkungsbereich
des Vorhabens wird ermittelt, welche planungsrelevanten Arten im Betrachtungsgebiet vorkommen könnten.
Eine überschlägige Erfassung der Lebensraumsituation (Biotop- und Nutzungstypen im
Plangebiet) erfolgte im Rahmen einer Ortsbegehung am 07.10.2015.
Außerdem wurde geprüft, ob in der Landschaftsinformationssammlung des Landes
Nordrhein-Westfalen (@LINFOS, LANUV 2014b) Meldungen planungsrelevanter Arten für
den Vorhabenbereich und die Umgebung verzeichnet sind.
In die Betrachtung einbezogen werden weiterhin nicht gefährdete, verbreitete Vogelarten, die
in der Artenschutzprüfung nach § 44 BNatSchG grundsätzlich zu berücksichtigen sind, aber
nicht zu den planungsrelevanten Arten nach KIEL (2005) gehören. Diese werden summarisch
abgehandelt, eine artbezogene Prüfung erfolgt nicht.
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4. Beschreibung des Vorhabens und seiner Auswirkungen
Das Plangebiet ist bereits geprägt durch eine überwiegende Wohnnutzung entlang der Roggendorfer Straße, des Theuspfades und der Straße am Zehnthof. Diese siedlungstypische
Nutzung mit ihren Vorwirkungen muss bei der Betrachtung der möglichen artenschutzrechtlichen Konflikte berücksichtigt werden.
Die Aufstellung des Bebauungsplans 122 dient vor allem der Neuerschließung des Gebiets
durch Verkehrswege und zudem der Schaffung der Voraussetzungen zur Bebauung der
noch vorhandenen Freiflächen. Ein Rückbau bestehender Gebäude ist zurzeit nicht geplant
und wird daher nur als Möglichkeit mit thematisiert.
4.1 Baubedingte Wirkungen
Hierzu gehören Wirkfaktoren, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Baumaßnahmen auftreten.
Flächenbeanspruchung
Durch baubedingte Flächenbeanspruchungen, z.B. Nutzungen als Baustreifen, Bau-, Lager- oder Rangierflächen, auf bisher noch nicht baulich beanspruchten Flächen kann es
zu Zerstörungen oder Beeinträchtigungen von Lebensräumen kommen, die über die anlagebedingt (durch die Bebauung) beanspruchten Flächen hinausgehen. Diese Nutzungen bzw. Eingriffe sind zeitlich auf die Bauphase und räumlich auf die Baustellenbereiche
beschränkt.
Stoffeinträge
Die Bautätigkeit ist mit Erdbewegungen verbunden. In bestimmten Fällen kann es in diesem Zusammenhang zu Veränderungen von Lebensräumen im Umfeld der Baustellen
durch Einträge von Nährstoffen kommen (Ruderalisierung).
Im vorliegenden Fall sind derartige Auswirkungen nicht zu erwarten, da im Bereich bzw.
im Umfeld des Plangebiets keine diesbezüglich empfindlichen Lebensräume vorkommen.
Artenschutzrechtlich relevante Beeinträchtigungen über diesen Wirkfaktor treten daher
nicht ein.
Baubedingte akustische und optische Störwirkungen
Die Bautätigkeit ist mit Maschinenbetrieb und daraus resultierenden Lärmemissionen
verbunden, weiterhin mit visuellen Störwirkungen auf Lebensräume bzw. bestimmte empfindliche Arten im Umfeld der Baustellen, durch Fahrzeuge und Maschinen sowie die
Anwesenheit von Baupersonal. Dadurch kann es zu Beeinträchtigungen von Vorkommen
störempfindlicher Arten im Umfeld der Baustellen kommen. Diese Wirkungen sind zeitlich
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auf die Bauphase beschränkt. Bei der Bewertung der Beeinträchtigungen sind die vorhandenen Vorbelastungen (hier v.a. durch Wohnnutzung) zu beachten. Auswirkungen
auf störempfindliche Arten können im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden.
Unmittelbare Gefährdung von Individuen
Bei Eingriffen in Gehölze und Vegetationsflächen sowie bei eventuellen späteren Gebäuderückbauarbeiten können Tiere getötet und verletzt oder deren Entwicklungsstadien
zerstört werden. Dieses Risiko betrifft Entwicklungsstadien wie z.B. Vogeleier, weiterhin
Individuen, die nicht aus dem Eingriffsbereich flüchten können, z.B. Jungvögel, die noch
nicht flügge sind, sowie in Quartieren ruhende Fledermäuse.
4.2 Anlage- und betriebsbedingte Wirkungen
Die anlage- und betriebsbedingten Wirkungen des Vorhabens entstehen dauerhaft durch die
Neubebauung und damit einhergehende veränderte Nutzung des Plangebiets.
Flächeninanspruchnahme / Lebensraumverlust
Anlagebedingte Flächenbeanspruchungen sind mit einem dauerhaften Verlust von im
Plangebiet für die Neubebauung vorhandenen Gehölzen und Vegetationsflächen mit ihren jeweiligen Lebensraumfunktionen für Tiere verbunden, weiterhin mit einem Verlust
von Gebäuden, an bzw. in denen gebäudebewohnende Tierarten vorkommen könnten.
Das gesamte Plangebiet ist bereits vollständig zugunsten einer baulichen Nutzung
beplant. Neubauvorhaben sind nur in begrenztem Umfang möglich und erstrecken sich
auf die noch nicht bebaute Teilfläche, die als Offenland im bebauten Umfeld zu charakterisieren ist. Rodungen von Gehölzen sind allerhöchstens kleinflächig geplant. Ein Rückbau oder Umbau bestehender Gebäude mit ihren möglichen Lebensraumfunktionen für
gebäudebewohnende Fledermaus- oder Vogelarten ist zurzeit nicht vorgesehen und wird
daher nur als zusätzlicher Aspekt im Zusammenhang mit der möglichen zukünftigen Bebauung am Rande thematisiert.
Anlage- und betriebsbedingte akustische und optische Störwirkungen
Ein Wohngebiet kann zu dauerhaften Beeinträchtigungen von Lebensräumen bzw. Artvorkommen im Umfeld führen, z.B. durch nutzungsbedingte optische und akustische
Störwirkungen (v.a. durch verstärkte Frequentierung durch Menschen, Fahrzeugverkehr),
von denen insbesondere Arten mit hoher Empfindlichkeit gegenüber menschlichen Aktivitäten betroffen sind. Hier sind die vorhandenen Vorbelastungen (hier v.a. durch die bestehenden Nutzungen) zu beachten, so dass nicht von relevanten Zunahmen von Störwirkungen auszugehen ist.
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Auswirkungen auf Lebensraumvernetzung und -verbund
Beeinträchtigung von Vernetzungs- und Verbundbeziehungen treten z.B. auf, wenn funktionale Zusammenhänge von Lebensräumen gestört werden (z.B. Trennung von Brutund Nahrungsräumen einer Tierart, Verlust wichtiger Teilhabitate, z.B. Nahrungsräume),
wenn Tierwanderwege unterbrochen oder miteinander in Kontakt stehende Teilpopulationen durch ein Vorhaben voneinander getrennt werden (Barriereeffekte). Im vorliegenden
Fall sind in diesem Zusammenhang z.B. mögliche Funktionen des Plangebiets als Teilhabitat (Nahrungs-, Quartiergebiet) für lokale Vorkommen prüfrelevanter Arten bzw. Artengruppen (z.B. Fledermäuse) auszuschließen.
20
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5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
Im ersten Schritt wird geprüft, welche für die Artenschutzprüfung nach § 44 BNatSchG relevanten Arten (Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie, wildlebende Vogelarten) im Wirkungsbereich des Vorhabens theoretisch vorkommen könnten. Dies erfolgt auf Grundlage der im Informationssystem der Naturschutzverwaltung (LANUV 2014a) abrufbaren MesstischblattQuadranten-bezogenen Zusammenstellung planungsrelevanter Arten und der Lebensraumsituation im Bereich bzw. im Umfeld des Vorhabens.
In der Landschaftsinformationssammlung des Landes NRW (@LINFOS, LANUV 2014b) sind
keine Punktnachweise planungsrelevanter Arten im Bereich bzw. im näheren Umfeld des
Plangebiets verzeichnet.
Der mögliche Wirkungsbereich des Vorhabens umfasst im vorliegenden Fall das Plangebiet.
5.1 Europäische Vogelarten
5.1.1 Nicht planungsrelevante Vogelarten
Für die Prüfung nach § 44 BNatSchG sind grundsätzlich alle wildlebende Vogelarten relevant. Weit verbreitete und ungefährdete Arten mit einem landesweit günstigen Erhaltungszustand und einer großen Anpassungsfähigkeit werden aber nicht als „planungsrelevant“ im
Sinne von KIEL (2005) eingestuft. Bei diesen Arten wird davon ausgegangen, dass im Regelfall keine Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG eintreten. Daher ist keine einzelartbezogene Betrachtung erforderlich. Das Nichtvorliegen der Verbotstatbestände ist aber auch
für diese Arten in der ASP in geeigneter Weise zu dokumentieren (MUNLV 2010). Außerdem
gilt auch für diese Arten das Verbot eingriffsbedingter Tötungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG.
Im Plangebiet kommen folgende Lebensraumtypen vor: Bäume (Laubbäume und Koniferen),
Gebüsche, Hecken, Fettwiesen bzw. -weiden, Säume, Gärten und bereits bestehende Gebäude.
Entsprechend des Bestands der Lebensräume ist im Betrachtungsraum mit Vorkommen verschiedener nicht-planungsrelevanter Vogelarten zu rechnen. Als potenzielle Brutvogelarten
sind dies:
Amsel, Bachstelze, Blaumeise, Buchfink, Buntspecht, Dohle, Dorngrasmücke, Elster, Fitis,
Gartenbaumläufer, Gartengrasmücke, Gelbspötter, Girlitz, Grünfink, Grünspecht, Hausrotschwanz, Haussperling, Heckenbraunelle, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mauersegler, Misteldrossel, Mönchsgrasmücke, Rabenkrähe, Ringeltaube, Rotkehlchen, Schwanzmeise,
Singdrossel, Sommergoldhähnchen, Star, Stieglitz, Straßentaube, Türkentaube, Wintergoldhähnchen, Zaunkönig, Zilpzalp.
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5.1.2 Planungsrelevante Vogelarten
In der nachfolgenden Tabelle sind die planungsrelevanten Vogelarten zusammengestellt, die
laut LANUV (2014a) im Quadranten 4 des MTB 4906 Pulheim, in dem der Vorhabenbereich
liegt, vorkommen (Artauswahl für die im Plangebiet vorkommenden Lebensraumtypen Kleingehölze, Alleen, Bäume, Gebüsche, Hecken, Fettwiesen, Säume, Gärten, Parkanlagen,
Siedlungsbrachen, Gebäude). Für diese Arten wird anhand der Erkenntnisse der Ortsbegehung eingeschätzt, ob sie im möglichen Wirkungsbereich des Vorhabens vorkommen könnten oder nicht (siehe nachfolgende Tabelle).
Tabelle 2: Einschätzung zu möglichen Vorkommen der für den MTB-Quadranten angegebenen planungsrelevanten Vogelarten (lebensraumbezogene Auswahl) im Betrachtungsraum. Status: pB =
potenzieller Brutvogel, pG = potenzieller Gastvogel. RL NW: Rote-Liste-Status in NordrheinWestfalen nach SUDMANN et al. (2008); RL NB: Rote-Liste-Status in der Region Niederrheinische
Bucht nach SUDMANN et al. (2008); RL D: Rote-Liste-Status in Deutschland nach SÜDBECK et al.
(2007). Kategorien: 0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, R = durch extreme Seltenheit (potentiell) gefährdet, S =
von Naturschutzmaßnahmen abhängig, * = ungefährdet. Schutz: § = besonders geschützt, §§ =
streng geschützt; Anh. I = Art des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie, Art. 4 (2) = gefährdeter Zugvogel nach Artikel 4 (2) der Vogelschutzrichtlinie. Grün hinterlegt: Vorkommen nicht zu erwarten
bzw. ausgeschlossen. Gelb hinterlegt: Vorkommen als gelegentlicher Gastvogel theoretisch
denkbar (potenziell vorkommende Art). Rot hinterlegt: Vorkommen als Brutvogel theoretisch
denkbar (potenziell vorkommende Art).
Status
RL
NW
RL
NB
RL
D
Schutz
Feldlerche
Alauda arvensis
--
3S
3
3
§
Kein Vorkommen; keine offenen Feldflurbereiche
als mögl. Bruthabitate im Betrachtungsraum.
Feldsperling
Passer montanus
--
3
2
V
§
Brutvogel im offenen/halboffenen Kulturland und
an Ortsrändern, im (innerörtlichen) Plangebiet für
die Neubebauung nicht zu erwarten.
Kiebitz
Vanellus vanellus
--
3S
2S
2
Kleinspecht
Dryobates minor
--
3
3
V
§
Kein Vorkommen; keine Altholzbestände oder
weichholzreiche Baum-/Waldbestände als mögl.
Bruthabitate im Betrachtungsraum.
Mäusebussard
Buteo buteo
pG
*
*
*
§§
Brutvorkommen aufgrund der innerörtlichen Lage
und der Störeinflüsse nicht zu erwarten, Auftreten als sporadischer Nahrungsgast denkbar.
§
Im Plangebiet für die Neubebauung kein Hinweis
auf Bruten (keine Altnester), aber Auftreten als
Nahrungsgast denkbar. Potenzieller Brutvogel im
Umfeld des Plangebiets für die Neubebauung.
§
kein Vorkommen zu erwarten; Ansprüche an
Brutgehölze (lineare Lebensräume: mind. 6 m
breit, 200 m lang) sind im Betrachtungsraum
nicht erfüllt.
§
Im Betrachtungsraum keine Bruten, auch Auftreten als Nahrungsgast nicht zu erwarten, da keine
Bauernhöfe mit Viehzucht im Umfeld des Plangebiets für die Neubebauung.
Deutscher Name
wissenschaftl. Name
Mehlschwalbe
Delichon urbicum
Nachtigall
Luscinia megarhynchos
Rauchschwalbe
Hirundo rustica
pG
--
--
3S
3
3S
3S
2
3S
V
*
V
Vorkommen im möglichen Wirkungsbereich
des Vorhabens
§§,
Kein Vorkommen; keine offene Feldflurbereiche
Art.4 (2) als mögl. Bruthabitate im Betrachtungsraum.
22
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Deutscher Name
wissenschaftl. Name
Rebhuhn
Perdix perdix
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Status
RL
NW
RL
NB
RL
D
Schutz
Vorkommen im möglichen Wirkungsbereich
des Vorhabens
--
2S
2S
2
§
Kein Vorkommen; keine offene Feldflurbereiche
als mögl. Bruthabitate im Betrachtungsraum.
Steinkauz
Athene noctua
pG
3S
2S
2
§§
Brutvorkommen wenig wahrscheinlich; Ansprüche an Bruthabitate (Baumbestände mit Höhlen
kombiniert mit Offenland bzw. Grünland, Ausdehnung mehrere Hektar), nicht erfüllt, nur durch
Anbringen von Nisthilfe denkbar, als Nahrungsgast aber nicht ausgeschlossen.
Turmfalke
Falco tinnunculus
pB
VS
VS
*
§§
Brutvorkommen wenig wahrscheinlich, aber in
Altnestern im Baumbestand im Plangebiet für die
Neubebauung theoretisch denkbar.
Turteltaube
Streptopelia turtur
--
2
1
3
§§
kein Vorkommen zu erwarten; Ansprüche an
Bruthabitate (gebüschreiche Lebensraumkomplexe und lichte grenzlinienreiche Wälder mit
offenen Bodenstellen) nicht erfüllt.
Wachtel
Coturnix coturnix
--
2S
2S
*
§
Kein Vorkommen; keine offene Feldflurbereiche
als mögl. Bruthabitate im Betrachtungsraum.
§§
Baumbestand im Plangebiet für die Neubebauung weist keine für die Art geeigneten Bruthöhlen auf; aber Auftreten als Nahrungsgast denkbar.
Waldkauz
Strix aluco
Waldohreule
Asio otus
Waldschnepfe
Scolopax rusticola
pG
*
*
*
pB, pG
3
3
*
§§
Brutvorkommen wenig wahrscheinlich (Brutvogel
v.a. in der halboffenen Kulturlandschaft) aber im
Baumbestand (v.a. Koniferen) im Plangebiet für
die Neubebauung theoretisch denkbar, weiterhin
Nutzung von Koniferen als Ruhebäume denkbar.
--
3
D
V
§
Kein Vorkommen, im Plangebiet für die Neubebauung und Umgebung keine Waldgebiete.
Von den insgesamt 16 für den MTB-Quadranten und die im Betrachtungsraum vorhandenen
Lebensräume gelisteten planungsrelevanten Vogelarten werden 6 für den Betrachtungsraum
(Plangebiet für die Neubebauung und Umgebung) als potenziell vorkommend eingestuft, davon zwei als mögliche Brutvögel (Turmfalke, Waldohreule), die übrigen vier als potenzielle
Gastvögel (Mäusebussard, Mehlschwalbe, Steinkauz, Waldkauz, vor allem als Nahrungsgäste). Vorkommen der übrigen planungsrelevanten Arten sind nicht zu erwarten, da keine geeigneten Lebensräume bzw. Teillebensräume vorhanden sind.
5.2 Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
Laut LANUV (2014a) sind für den Quadranten 4 des MTB 4906, in dem der Vorhabenbereich
liegt, lediglich die Anhang IV-Arten Feldhamster und Springfrosch angegeben. Diese Aufstellung ist mit Sicherheit nicht vollständig. Im Quadranten ist zumindest mit Vorkommen von
Fledermausarten wie der in Siedlungen verbreiteten Zwergfledermaus zu rechnen. Daher
werden als Grundlage für die Ermittlung potenziell vorkommender Anhang IV-Arten hilfswei23
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
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se die Angaben für alle vier Quadranten des MTB 4906 Pulheim herangezogen (Artauswahl
für die im Plangebiet für die Neubebauung und Umgebung vorkommenden Lebensraumtypen Kleingehölze, Alleen, Bäume, Gebüsche, Hecken, Fettwiesen, Säume, Gärten, Parkanlagen, Siedlungsbrachen, Gebäude). Auch für diese Arten wird anhand des Lebensraumangebotes eingeschätzt, ob sie im möglichen Wirkungsbereich des Vorhabens vorkommen
könnten oder nicht (siehe nachfolgende Tabelle).
Tabelle 3: Einschätzung zu möglichen Vorkommen der für das MTB angegebenen planungsrelevanten Arten des Anhangs IV FFH-RL (lebensraumbezogene Auswahl) im Betrachtungsraum. RL NW:
Rote-Liste-Status in Nordrhein-Westfalen nach MEINIG et al. (2011) (Säugetiere) bzw. SCHLÜPMANN
et al. (2011) (Amphibien, Reptilien), RL TL/NB: Rote-Liste-Status im Tiefland in NRW (Säugetiere)
bzw. in der Region Niederrheinische Bucht (Amphibien, Reptilien) nach MEINIG et al. (2011) bzw.
SCHLÜPMANN et al. (2011), RL D: Rote-Liste-Status in Deutschland nach MEINIG et al. (2009) (Säugetiere) bzw. KÜHNEL et al. (2009a, b) (Amphibien, Reptilien). Kategorien: 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, G =
Gefährdung unbekannten Ausmaßes, * = ungefährdet, D = Daten unzureichend, S = dank Schutzmaßnahmen gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet. Schutz: § = besonders geschützt, §§ =
streng geschützt; Anh. IV = Art des Anhangs IV der FFH-RL. Grün hinterlegt: Vorkommen nicht
zu erwarten bzw. ausgeschlossen. Rot hinterlegt: Vorkommen denkbar (potenziell vorkommende
Art).
Deutscher Name
wissenschaftl. Name
RL
NW
RL
TL/
NB
RL
D
Schutz
Vorkommen im möglichen Wirkungsbereich des Vorhabens
Zwergfledermaus
Pipistrellus pipistrellus
*
*
*
§§, IV
Gebäudefledermaus, Quartiere in Spalten und Hohlräumen v.a. in/an Gebäuden (Wohnhäuser, Schuppen), auch
an Bäumen denkbar (Einzelquartiere, unter Umständen
auch Wochenstube). Auftreten als Nahrungsgast zu erwarten. Quartiere in der vorhandenen Wohnbebauung
sehr wahrscheinlich.
Springfrosch
Rana dalmatina
G
G
*
§§, IV
Kein Vorkommen, Lebensraumansprüche nicht erfüllt
(keine Gewässer als Reproduktionshabitate, keine Waldgebiete als Landhabitate)
§§, IV
Habitate: besonnte, kleinräumig strukturierte Lebensräume mit Versteckmöglichkeiten, Sonnplätzen und geeigneten Eiablageplätzen (lockere Substrate, z.B. Sand), Betrachtungsraum hat keine hohe Lebensraumeignung und
liegt im Siedlungsbereich ohne Anbindung an weitere
potenzielle Lebensräume. Vorkommen nicht zu erwarten.
Zauneidechse
Lacerta agilis
2
3
V
Für das gesamte MTB ist lediglich eine Fledermausart angegeben, und zwar die Zwergfledermaus. Die Art ist in Siedlungsbereichen in NRW verbreitet. Auch im Betrachtungsraum ist
mit einem Auftreten zu rechnen. Sie könnte hier als Nahrungsgast auftreten (die Art jagt in
unterschiedlichen Lebensräumen, u.a. auch in Gärten und auf innerörtlichen Freiflächen),
weiterhin könnte sie Spalten und Hohlräume an bzw. in Gebäuden (Wohnhäuser, Schuppen)
sowie in / an Bäumen als Quartiere nutzen. Denkbar ist insbesondere eine Nutzung von
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Quartiermöglichkeiten in der Aktivitätszeit (Frühjahr bis Herbst) durch Einzeltiere. Theoretisch denkbar ist auch eine Nutzung der vorhandenen Gebäude durch eine Wochenstube
(Gruppe von mehreren Weibchen mit ihren Jungtieren). Nicht auszuschließen sind weiterhin
Überwinterungen von Fledermäusen in Spalten an Gebäuden und in Hohlräumen stark dimensionierter Bäume. Dies betrifft nicht nur die nach Quellenangaben (LANUV 2014a) tatsächlich nachgewiesenen Fledermausarten, sondern auch weitere verbreitete Arten der Gärten und Siedlungsflächen wie der Große Abendsegler und die Breitflügelfledermaus. Auch
wenn diese Arten für den hier relevanten MTB nicht aufgeführt sind, könnten sie durchaus im
Raum vorkommen.
Vorkommen von Amphibien- und Reptilienarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (Springfrosch, Zauneidechse) können hingegen ausgeschlossen werden, da die ökologischen Ansprüche hinsichtlich Lebensraumausstattung und Lebensraumverbund nicht erfüllt sind.
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6. Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten
Auf Grundlage der Erkenntnisse zu möglichen Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter
Arten im Vorhabenbereich bzw. dessen Umfeld erfolgt eine Prognose möglicher Auswirkungen des Vorhabens auf Individuen bzw. Lebensräume dieser Arten und eine Bewertung dieser Wirkungen im Hinblick auf die Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (siehe
6.2).
Dabei werden Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Lebensraumverlusten,
Individuenverlusten und Störwirkungen in die Betrachtung einbezogen. Diese Maßnahmen
sind im nachfolgenden Kapitel 6.1 zusammengestellt.
Weiterhin werden Maßnahmen benannt, mit denen bei Bedarf mögliche artenschutzrechtlich
relevante Lebensraumverluste vorgezogen funktional ausgeglichen werden können (CEFMaßnahmen). Diese Maßnahmen sind nur erforderlich, wenn es durch das Vorhaben zu
Zerstörungen bzw. Funktionsverlusten von Fortpflanzungs-/Ruhestätten planungsrelevanter
Arten kommt. Dies ist im vorliegenden Fall nur anzunehmen, falls es zu späteren Inanspruchnahmen von Gebäuden kommen würde.
6.1 Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrelevanter Beeinträchtigungen
Bei der Realisierung des Vorhabens sind folgende Maßnahmen zu berücksichtigen, um direkte Gefährdungen, Lebensraumverluste und Störungen artenschutzrechtlich relevanter Arten zu vermeiden bzw. zu reduzieren:
V1 Zeitliche Begrenzung der Inanspruchnahme von Gehölzen und Vegetationsflächen zur
Vorbereitung der Bautätigkeiten
Die Rodung von Gehölzen und die Räumung der Vegetationsflächen sind außerhalb der
Brut- und Aufzuchtzeit wildlebender Vogelarten (Zeitraum der Revierbesetzung, Balz und
Brut bis zum Ausfliegen der Jungtiere: 1. März bis 30. September) durchzuführen. Hierdurch
werden der Verlust von Individuen sowie die unmittelbare Beschädigung oder Zerstörung
von Nestern und Eiern brütender Vögel vermieden, so dass die Verbotstatbestände des § 44
Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (unmittelbare Gefährdung von Individuen inkl. ihrer Eier und Jungtiere) sowie des Artikels 5 a) und b) der Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG für wildlebende Vogelarten nicht eintreten.
Falls vorhabenbedingte Eingriffe in Gehölze innerhalb der Brutzeit wildlebender Vogelarten
vorgesehen sind, sind geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Individuenverlusten bzw.
Zerstörungen von Nestern und Eiern brütender Vögel vorzusehen, z.B. eine ökologische
Baubegleitung, die sicherstellt, dass Brutvorkommen rechtzeitig identifiziert und geschützt
werden können.
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V2 Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefährdung von Fledermausindividuen in Baumhöhlen
Für Fledermäuse kommen Bäume, die Höhlen oder Spalten aufweisen und einen Brusthöhendurchmesser (BHD) von mehr als 50 cm aufweisen, als Winterquartiere in Betracht.
Nach vorliegenden Erkenntnissen zur geplanten Bebauung sind solche Bäume vorhabenbedingt nicht betroffen. Sollte es in Einzelfällen oder zukünftig doch zur Inanspruchnahme von
Höhlen- und Spaltenbäumen mit dem entsprechenden Umfang innerhalb des in V1 festgelegten Zeitraumes kommen, müssten die dort vorhandenen Höhlen vor der Rodung auf Fledermausbesatz kontrolliert werden (dies ist mit einer Endoskopkamera möglich). Im Falle
eines positiven Befundes sind weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen (z.B. Verschieben der Fällung bis zum Verlassen des Quartiers oder Abwarten des Ausfluges und danach
Verschließen der entsprechenden Baumhöhle im Falle einer Rodung vor Eintritt größerer
Frostperioden und damit noch zur Aktivitätszeit der Fledermäuse). Hierdurch werden der
Verlust von Fledermausindividuen und das Eintreten des Verbotstatbestandes des § 44 Abs.
1 Nr. 1 BNatSchG (unmittelbare Gefährdung von Individuen inkl. ihrer Eier und Jungtiere)
vermieden.
V3 Minimierung baubedingter Flächeninanspruchnahmen
Baubedingte Flächeninanspruchnahmen (z.B. Baufeldfreimachung, Anlage und Nutzung von
Lagerflächen, von Stellflächen für Baumaschinen), die über das Plangebiet für die Neubebauung hinausgehen, sollten vermieden oder zumindest auf das unvermeidbar notwendige
Maß beschränkt werden.
Zurzeit nicht absehbar, aber im Falle einer Inanspruchnahme von Gebäuden wären folgende
Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Konflikte zu beachten:
Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefährdung von Vogel- und Fledermausindividuen beim
Rückbau von Gebäuden
Ein eventueller Rückbau oder grundlegender Umbau von Gebäuden (Wohnhäuser, Schuppen) ist nach Möglichkeit außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit wildlebender Vogelarten
(Zeitraum der Revierbesetzung, Balz und Brut bis zum Ausfliegen der Jungtiere: 1. März bis
30. September) durchzuführen, um eingriffsbedingte Gefährdungen von Bruten bzw. Individuen oder Entwicklungsstadien wildlebender Vogelarten zu vermeiden. Falls Rückbauarbeiten innerhalb des genannten Zeitraumes durchgeführt würden, wären vor Beginn der Arbeiten Kontrollen der betroffenen Gebäude auf Vogelbruten durchzuführen. Im Falle eines positiven Befundes sind weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen (z.B. Verschieben der Arbeiten in dem Gebäude oder Gebäudeteil bis nach dem Abschluss der Brut).
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Weiterhin müssten Gebäude vor Beginn der Rückbauarbeiten auf Fledermausbesatz kontrolliert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spalten und Hohlräume an Gebäuden von Fledermäusen besetzt sind, ist im Frühjahr, Sommer und Herbst höher als im Winter. Da eine
Nutzung von Gebäudequartieren durch Fledermäuse auch im Winter nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wäre eine solche Kontrolle auch bei Durchführung der Arbeiten im
Winter vorzunehmen. Die Kontrolle im Winter kann auf für die Überwinterung geeignete Teilbereiche beschränkt werden (dies sind vor allem Keller). Die Maßnahmen sind erforderlich,
um Gefährdungen von Fledermausindividuen durch die Gebäuderückbauarbeiten und das
Eintreten des Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (unmittelbare Gefährdung von Individuen bzw. Entwicklungsstadien) zu vermeiden.
Sofern beim Rückbau von Gebäuden Fledermausquartiere nachgewiesen würden, sollten
diese im Rahmen einer dann vorzusehenden Ausgleichsplanung ersetzt werden. Potenziell
sind vor allem Betroffenheiten der siedlungstypischen Zwergfledermaus denkbar. Geeignet
wären dann Maßnahmen zur Installation von Fledermauskästen in Anlehnung an die Vorgaben in MKULNV (2013), etwa:
Bereitstellung von Ersatzquartieren z.B. durch Installation von Fledermauskästen. Laut
MKULNV (2013) sind für jedes verlorengehende Quartier fünf Ersatzquartiere bereitzustellen.
Sofern Ersatzquartiere notwendig werden, sollten diese an Gebäuden, möglichst in geringer Entfernung zum Plangebiet für die Neubebauung und in relativ strukturreichen Lagen der Ortschaften (Nähe zu struktur-, gehölzreichen Lebensräumen, Anbindung an
Leitstrukturen), angebracht werden. Es wird eine Anbringung in Gruppen von 5-10 Quartieren empfohlen (siehe MKULNV 2013).
Art und Lage der Ersatzquartiere wären ggf. unter Beteiligung fachkundiger Experten weiter
zu konkretisieren.
6.2 Mögliche Betroffenheiten prüfrelevanter Arten und Bewertung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
Im Folgenden wird geprüft, ob die für den Betrachtungsraum als potenziell vorkommend eingestuften geschützten Tierarten von Beeinträchtigungen durch das geplanten Vorhaben betroffen sein könnten und ob diese Beeinträchtigungen zur Erfüllung artenschutzrechtlicher
Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG führen könnten. Dabei werden die in Kapitel 6.1 benannten Vermeidungsmaßnahmen und ggf. funktionalen Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt.
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6.2.1 Europäische Vogelarten
Nicht-planungsrelevante Vogelarten
Für die im Betrachtungsraum potenziell vorkommenden nicht-planungsrelevanten Vogelarten
(siehe Kapitel 5.1.1) kann ein Eintreten artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände von vorneherein ausgeschlossen werden, wenn Maßnahmen zur Vermeidung eingriffsbedingter Gefährdungen von Individuen und Entwicklungsstadien vorgesehen werden (Maßnahmen V1
und V3 in Kapitel 6.1). Mit diesen Maßnahmen können Tötungen im Sinne des § 44 Abs. 1
Nr. 1 BNatSchG vermieden werden.
Erhebliche Störungen der Lokalpopulationen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sind
für die nicht-planungsrelevanten Arten ausgeschlossen: Vorhabenbedingte Störwirkungen
sind zwar für einige Arten dieser Gruppe auf individueller Ebene (d.h. für einzelne als Brutvögel oder Gastvögel auftretende Individuen) denkbar. Die Störwirkungen betreffen allerdings nur sehr geringe Anteile der jeweiligen Verbreitungsräume der Lokalpopulationen. Aufgrund der weiten Verbreitung und geringen Spezialisierung dieser Arten sowie angesichts
des günstigen Erhaltungszustandes der jeweiligen Lokalpopulationen wird sich als Folge
dieser Störung der Erhaltungszustand der Lokalpopulationen nicht verschlechtern.
Eine Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs-/Ruhestätten im Sinne des § 44
Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG mit Auswirkungen auf die ökologische Funktion tritt ebenfalls nicht
ein. Vorhabenbedingte Inanspruchnahmen oder Funktionsverluste von Brutstätten können
zwar in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund vorhandener Ausweichmöglichkeiten ist aber von einem Erhalt der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang
auszugehen (vgl. MUNLV 2010). Das Lebensraumangebot im Umfeld ist hierfür ausreichend
groß.
Planungsrelevante Vogelarten
Mögliche Betroffenheiten der als potenziell vorkommend eingestuften planungsrelevanten
Vogelarten (siehe Kapitel 5.1.2) werden nachfolgend benannt und im Hinblick auf die Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände bewertet.
Mäusebussard, Mehlschwalbe, Steinkauz, Waldkauz
Für diese Arten können artenschutzrechtlich relevante Beeinträchtigungen von vorneherein ausgeschlossen werden, da sie allenfalls als Nahrungsgäste im Betrachtungsbereich
(Plangebiet für die Neubebauung und Umgebung) auftreten könnten und die vorhabenbedingten Flächenbeanspruchungen und Störungen keine essenziellen Nahrungshabitate betreffen, sondern allenfalls geringe Anteile fakultativer Nahrungsräume. Eine Gefähr-
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dung von Individuen kann bei potenziell vorkommenden Gastvögeln ebenso ausgeschlossen werden wie der Verlust von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.
Turmfalke, Waldohreule
Turmfalke und Waldohreule werden als potenzielle Brutvogelarten in Baumbeständen im
Plangebiet für die Neubebauung eingestuft. Mit der Rodung der Baumbestände wäre
somit ein Verlust von Brutstandorten theoretisch denkbar, verbunden mit einer möglichen
Gefährdung von Entwicklungsstadien bzw. nicht flüggen Jungvögeln (bei Durchführung
zur Brutzeit) sowie einer Zerstörung von Fortpflanzungs-/Ruhestätten.
Das Tötungsrisiko lässt sich durch Durchführung notwendig werdender Baumfällungen
außerhalb des Brutzeitraumes (Maßnahme V1 in Kapitel 6.1) sicher vermeiden. Bei Beachtung der Maßnahme tritt der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG nicht
ein.
Der Verlust von Brutplätzen als Fortpflanzungsstätten würde dann den artenschutzrechtlichen Schädigungstatbestand erfüllen, wenn für ein ggf. betroffenes Vorkommen keine
Ausweichmöglichkeiten verfügbar wären (kein Erhalt der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang nach § 44 Abs. 5 BNatSchG). Für die potenziell betroffenen Arten
Turmfalke und Waldohreule kann aber im Falle einer denkbaren Beanspruchung eines
Niststandortes begründet davon ausgegangen werden, dass betroffene Vorkommen
ausweichen können.
Turmfalken bauen ihre Nester nicht selbst, sondern nutzen Nischen z. B. an hohen Felsen, an Gebäuden (vielfach auch Nistkästen) oder Nester anderer Arten. Bei Gebäudebrütern kann dabei eine hohe Nistplatztreue auftreten, bei Baumbrütern wird aufgrund
der geringeren Haltbarkeit der Horste meist jährlich ein anderer Horst in räumlicher Nähe
bezogen (LANUV 2014a). Im Falle einer Brut im Vorhabenbereich müsste sich das betroffene Brutpaar somit auch unabhängig von dem Vorhaben jedes Jahr einen neuen
Nistplatz suchen. Als potenzielle Brutplätze können insbesondere alte Elster- und Krähennester fungieren, die in Baumbeständen im Siedlungsraum nicht selten sind. Da allenfalls von einem Verlust eines einzelnen Brutplatzes auszugehen ist und ausreichend
alternative Brutmöglichkeiten in der Umgebung des Plangebiets vorhanden sind, ist von
einem Erhalt der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang für den Turmfalken auszugehen.
Auch Waldohreulen bauen keine eigenen Horste, sondern nutzen die Nester von Krähenvögeln, Greifvögeln, seltener von Tauben, Eichhörnchenkobel oder brüten in morschen Astgabeln ohne Nest. Die Art brütet zwar oft über Jahre im selben Gebiet (reviertreu), wechselt aber häufig den Horst (LANUV 2014a). Auch bei dieser Art besteht also
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keine enge Bindung an einen bestimmten Horststandort und es steht ein relativ breites
Angebot an möglichen Brutplätzen in Form von Nestern von auch in Siedlungsräumen
verbreiteten Brutvogelarten im Umfeld zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass im Falle einer Betroffenheit eines Brutbaumes der Art
durch das geplante Vorhaben Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind und die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gewahrt werden kann.
Für die planungsrelevanten Arten Turmfalke und Waldohreule kommt es folglich nicht zu
einer Erfüllung des artenschutzrechtlichen Schädigungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr.
3 i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG.
6.2.2 Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie
Mögliche Betroffenheiten der als potenziell vorkommend eingestuften planungsrelevanten
Fledermausart werden nachfolgend benannt und im Hinblick auf die Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände bewertet.
Zwergfledermaus
Die Zwergfledermaus wird als potenziell vorkommend eingestuft. Sie könnte als Nahrungsgast auftreten, weiterhin könnte sie Spalten und Hohlräume an bzw. in Gebäuden
(Wohnhäuser, Schuppen) sowie in / an Bäumen als Quartiere nutzen.
Das Tötungsrisiko lässt sich durch Besatzkontrollen möglicher Quartiere vor Durchführung von Baumfällungen (V2) sowie ggf. weiteren Schutzmaßnahmen, vor allem im Falle
späterer Gebäuderückbaumaßnahmen, weitgehend vermeiden. Bei Beachtung der Maßnahme tritt der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG nicht ein.
Der Verlust von Quartieren als Fortpflanzungs-/Ruhestätten erfüllt dann den artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand, wenn für ggf. betroffene Fledermäuse keine Ausweichmöglichkeiten verfügbar wären (kein Erhalt der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang nach § 44 Abs. 5 BNatSchG). Dies wäre dann der Fall, wenn Wochenstubenquartiere oder Winterquartiere in Gebäuden betroffen wären. Da Inanspruchnahmen
von Gebäuden aktuell nicht vorgesehen sind, entstehen auch keine diesbezüglichen Beeinträchtigungen. Im Falle einer Betroffenheit solcher Quartiere müssten ggf. vorgezogene Maßnahmen zur Sicherstellung des Quartierangebotes durchgeführt werden (z.B. Installation von Fledermauskästen, siehe Kapitel 6.1), um die ökologische Funktion im Sinne des § 44 Abs. 5 BNatSchG zu erhalten.
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Demgegenüber können Verluste von Tagesquartieren von Einzelindividuen durch Ausweichen in die Umgebung kompensiert werden, da die Ansprüche und Bindung an solche
Quartiere gering sind und gerade im Siedlungsraum und in gehölzreichen Lebensräumen
generell ein ausreichendes Angebot an hierfür geeigneten Spalten und Hohlräumen vorhanden ist. Im Falle eines Verlustes von Tagesquartieren in geringer Anzahl (in Siedlungen oder gehölzreichen Lebensräumen) wäre somit nicht von einer Erfüllung des Schädigungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG auszugehen.
Der Störungstatbestand ist für die Zwergfledermaus nicht erfüllt, da sie als Kulturfolger
generell wenig empfindlich gegenüber menschlichen Tätigkeiten ist und auch keine für
die Lokalpopulation relevanten Beeinträchtigungen des Lebensraumverbunds ersichtlich
sind. Die Freiflächen im Plangebiet für die Neubebauung weisen eine Eignung als Nahrungsräume für die Zwergfledermaus auf. Die Inanspruchnahme kann somit zu einer gewissen Verringerung des Nahrungsangebotes für in der Ortslage ansässige Vorkommen
führen. In Anbetracht der hohen Flexibilität der Art hinsichtlich der Nahrungsräume und
der großen Aktionsräume führt dies aber nicht zu einer Erfüllung artenschutzrechtlicher
Verbotstatbestände (keine erhebliche Störung der Lokalpopulation, keine Funktionsverluste von Fortpflanzung-/Ruhestätten).
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7. Prüfung von Ausnahmetatbeständen
Aus der artenschutzrechtlichen Betrachtung geht hervor, dass im Falle einer Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen für keine der
prüfrelevanten Arten Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 i.V.m. Abs. 5
BNatSchG eintreten. Somit bedarf das Vorhaben keiner Prüfung der Ausnahmetatbestände
nach § 45 Abs. 7 BNatSchG.
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8. Zusammenfassung und Fazit: Artenschutzrechtliche Zulässigkeit
Bebauungsplan Nr. 122 Sinnersdorf Töpferweg, Stadt Pulheim
Im Ortsteil Sinnersdorf der Stadt Pulheim ist im Rahmen des Bebauungsplans Nr. 122
Sinnersdorf „Töpferweg“ die Ausweisung bzw. Errichtung von Wohnbebauung auf einer innerörtlichen Fläche vorgesehen. In der vorliegenden artenschutzrechtlichen Betrachtung wird
geprüft, ob und ggf. bei welchen Arten artenschutzrechtliche Konflikte entsprechend der Regelungen von § 44 BNatSchG auftreten können.
Im ersten Schritt werden diejenigen prüfrelevanten Arten ermittelt, die im Wirkungsbereich
des Vorhabens vorkommen könnten. Dies erfolgt unter Zugrundelegung der im Informationssystem der Naturschutzverwaltung (LANUV 2014a) abrufbaren Messtischblatt- (MTB-) bezogenen Zusammenstellung planungsrelevanter Arten und der Lebensraumsituation im Bereich
bzw. im Umfeld des Vorhabens. Für die potenziell vorkommenden prüfrelevanten Arten erfolgt anschließend eine Einschätzung, ob vorhabenbedingte Wirkfaktoren zur Auslösung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände führen können. Dabei werden Vermeidungs- und
Minderungsmaßnahmen (Minimierung baubedingter Flächeninanspruchnahmen, zeitliche
Beschränkung der Baumaßnahmen sowie ggf. der baubedingten Flächeninanspruchnahmen) sowie bei Bedarf eine vorgezogene funktionale Ausgleichsmaßnahme (CEFMaßnahme) berücksichtigt.
Die Prüfung kommt zu folgendem Ergebnis:
Im Plangebiet für die Neubebauung und seiner Umgebung ist mit Brutvorkommen verschiedener nicht-planungsrelevanter Brutvogelarten zu rechnen. Bei diesen Arten treten im
Regelfall keine Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG ein, so auch im vorliegenden
Fall, da für evtl. von Lebensraumverlusten betroffene einzelne Vorkommen ungefährdeter
Vogelarten Ausweichmöglichkeiten in der Umgebung vorhanden sind und das Vorhaben lediglich mit räumlich begrenzten Störwirkungen verbunden ist. Das Verbot eingriffsbedingter
Tötungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gilt allerdings auch für die nichtplanungsrelevanten Arten. Somit sind Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefährdung der
Individuen und Entwicklungsstadien erforderlich (Ausschlusszeit für Eingriffe in mögliche
Brutbereiche).
Bei den im Betrachtungsraum (Plangebiet für die Neubebauung und Umgebung) als potenziell vorkommend eingestuften planungsrelevanten Vogelarten handelt es sich z.T. um
Gastvögel, für die artenschutzrechtlich relevante Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können, da die vorhabenbedingten Flächenbeanspruchungen und Störungen keine
Brutplätze und keine essenziellen Nahrungshabitate betreffen, sondern allenfalls geringe Anteile der potenziellen Nahrungsräume.
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Zwei planungsrelevante Arten werden als potenzielle Brutvögel in Gehölzen im Plangebiet
für die Neubebauung eingestuft und zwar die Arten Turmfalke und Waldohreule. Eingriffsbedingte Gefährdungen von Individuen oder Entwicklungsstadien können durch Durchführung der Rodungsmaßnahmen außerhalb der Brutzeit vermieden werden. Bei beiden Arten
besteht keine enge Bindung an einen bestimmten Horststandort und es steht ein relativ breites Angebot an möglichen Brutplätzen als Ausweichlebensräume zur Verfügung, so dass es
im Falle einer Betroffenheit von Brutstandorten nicht zu einer Erfüllung des artenschutzrechtlichen Schädigungstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG kommt. Das
Vorhaben ist weiterhin nicht mit erheblichen Störungen für lokale Populationen dieser Arten
verbunden.
Als potenziell vorkommend wird weiterhin die Zwergfledermaus als planungsrelevante Art
des Anhangs IV FFH-RL eingestuft. Sie könnte als Nahrungsgast auftreten, weiterhin könnte
sie Spalten und Hohlräume in / an Bäumen als Quartiere nutzen. Das Eintreten des Tötungstatbestandes lässt sich durch Besatzkontrollen möglicher Quartiere vor Durchführung notwendig werdender Baumfällungen sowie ggf. durch weitere Schutzmaßnahmen vermeiden.
Im Falle eines späteren Gebäuderückbaus müssten mögliche Quartierfunktionen für die
Zwergfledermaus zudem im Rahmen einer ökologischen Baubegleitung kontrolliert werden.
Falls es bei späteren Gebäuderückbauarbeiten zu Quartierverlusten für die Art kommen
würde, könnten Ausweichmöglichkeiten im Rahmen von CEF-Maßnahmen bereitgestellt
werden (so z.B. das Aufhängen von Fledermauskästen).
Aus artenschutzrechtlicher Sicht ist das Vorhaben somit bei Beachtung der Vermeidungsmaßnahmen und ggf. durchzuführenden funktionalen Ausgleichsmaßnahmen zulässig.
Für die Richtigkeit:
Köln, den 08.10.2015
_________________________
Dr. Thomas Esser
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9. Literatur und sonstige verwendete Quellen
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BAUER, H.-G., BEZZEL, E. & FIEDLER, W. (2005b): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas.
Passeriformes – Sperlingsvögel. – 2. Aufl., Aula-Verlag, Wiebelsheim: 622 S.
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EUROPEAN COMMISSION (2007): Guidance document on the strict protection of animal species
of Community interest under the Habitats Directive 92/43/EEC. Final Version, February
2007.
KIEL, E.-F. (2005): Artenschutz in Fachplanungen. Anmerkungen zu planungsrelevanten Arten und fachlichen Prüfschritten. LÖBF-Mitteilungen 1/2005, 12-17.
LANA (2009): Vollzugshinweise zum Artenschutzrecht. Beschlossen in der 93. Sitzung der
LANA am 29. Mai 2006 in der aktualisierten Fassung (Stand: 13.03.2009).
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Ampelbewertung planungsrelevanter Arten NRW. Stand: 12.12.2014.
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Fledermäuse und Straßenbau − Arbeitshilfe zur Beachtung der artenschutzrechtlichen Belange bei Straßenbauvorhaben in Schleswig-Holstein. Kiel. 63 S. + Anhang.
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Bettendorf, R. Heuser, U. Jahns-Lüttmann, M. Klußmann, J. Lüttmann, Bosch & Partner
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SUDMANN, S.R., C. GRÜNEBERG, A. HEGEMANN, F. HERHAUS, J. MÖLLE, K. NOTTMEYERLINDEN, W. SCHUBERT, W. VON DEWITZ, M. JÖBGES & J. W EISS, (2008): Rote Liste der gefährdeten Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens 5. Fassung. Stand: Dezember 2008.
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Begriffe und fachliche Annäherung, in Naturschutz in Recht und Praxis - online (2008)
Heft 1, www.naturschutzrecht.net.
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