Daten
Kommune
Pulheim
Größe
152 kB
Datum
18.08.2015
Erstellt
11.08.15, 18:35
Aktualisiert
11.08.15, 18:35
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
310/2015
Erstellt am:
05.08.2015
Aktenzeichen:
I/101
Vorlage zur Beratung/Beschlussfassung
Gremium
TOP
Haupt- und Finanzausschuss
15
ö. Sitzung
X
nö. Sitzung
Termin
18.08.2015
Betreff
Freies WLAN in Pulheim
- Antrag der SPD-Fraktion v. 10.06.2015
Veranlasser/in / Antragsteller/in
SPD-Fraktion
Haushalts-/Personalwirtschaftliche Auswirkungen
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
ja
X nein
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
ja
X nein
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X nein
Finanzierungsbedarf gesamt:
(ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten)
€
— im Haushalt des laufenden Jahres
€
— in den Haushalten der folgenden Jahre
€
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
Finanzierungsvorschlag (und ggf. weitere Erläuterungen):
ja
nein
Vorlage Nr.: 310/2015 . Seite 2 / 3
Beschlussvorschlag
Der Haupt- und Finanzausschuss beschließt, die Beteiligung der Stadt am Freifunknetz sowie die Einrichtung eines frei
zugänglichen Internetzugangs zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen.
Erläuterungen
Mit Schreiben v. 10.06.2015 (s. Anlage) beantragt die SPD-Fraktion, die Möglichkeit der Einrichtung eines frei zugänglichen Internetzugangs in den Flüchtlingsunterkünften der Stadt zu prüfen. Des Weiteren sollen die Möglichkeiten dargestellt werden, in den Kernbereichen der Pulheimer Ortsteile ein freies WLAN einzurichten und die Geschäftsleute zu
unterstützen, die sich diesbezüglich bereits selbstständig engagiert haben. Dazu wird auf die Freifunk-Initiative verwiesen.
Der Freifunk basiert auf einem Modell, bei dem ein unverschlüsseltes WLAN ohne Registrierungszwang angeboten wird.
Bei Freifunk stellt der Inhaber eines Internetanschlusses durch den Einsatz spezieller Geräte jedem Interessenten, der
sich zufällig im Bereich seines WLAN-Routers aufhält, unverschlüsselt über sein WLAN einen Zugang zum Internet zur
Verfügung. Die Internetanschlüsse werden von Privatpersonen oder Unternehmen zur Verfügung gestellt. Als Betreiber
des so entstehenden Netzwerks und des darüber erfolgenden Internetzugangs tritt die Freifunk-Initiative in Form eines
gemeinnützigen Vereins auf.
Der Betrieb eines offenen WLAN Netzes wirft die Frage nach der Haftung des Betreibers des Funknetzwerkes sowie
des Privaten oder des Unternehmers auf, der den WLAN-Anschluss bereitstellt, wenn beliebige Dritte, die mit ihm in
keinerlei persönlicher Verbindung stehen, beim Surfen im Netz über ein freies Funknetz Rechtsverletzungen begehen, z.
B. Urheberrechtsverletzungen, die zu einem Unterlassungsanspruch führen.
Für den Inhaber eines WLAN-Anschlusses kommt eine zivilrechtliche Haftung auf der Grundlage der so genannten Störerhaftung in Betracht: Mit Störerhaftung gemeint ist allgemein die Haftung desjenigen, der an einer Rechtsverletzung
mitgewirkt hat, ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein. Nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können private WLAN-Anschlussinhaber als Störer insbesondere für Urheberrechtsverletzungen eines beliebigen
Dritten, der mit ihnen in keinerlei Verbindung steht, auf Unterlassung haften, wenn sie ihr WLAN-Netz nicht durch zumutbare Maßnahmen vor unberechtigten Zugriffen Dritter schützen (BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 – , zit.
nach juris).
Beim Freifunk-Modell erfolgt eine solche Sicherung gerade nicht. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, ob die
genannten Grundsätze zur Haftung privater Anschlussinhaber auch auf die Haftung kommerzieller Anbieter und auf das
Freifunk-Modell übertragbar sind, gibt es noch nicht.
Obergerichtlich haben etwa das OLG Köln und das OLG Hamburg entschieden, dass die vom BGH aufgestellten
Grundsätze der Störerhaftung grundsätzlich auch auf Internet-Zugangsvermittler (Access-Provider) anwendbar sind
(OLG Köln, Urteil v. 18.07.2014 – I-6 U 192/11, 6 U 192/11, zit. nach juris, dort Rn. 947; OLG Hamburg, Urteil vom 21.
November 2013 – 5 U 68/10 –, zitiert nach juris, dort Rn. 63). Das OLG Köln und das OLG Hamburg bejahen daher
grundsätzlich Prüfpflichten von Internet-Zugangsvermittlern, soweit sie zumutbar und nicht mit einem Eingriff in das
Fernmeldegeheimnis verbunden sind (OLG Hamburg, a. a. O., Rn. 71; OLG Köln, a. a. O., Rn. 914 ff, 918). Die Störerhaftung wird dabei auch nicht durch die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) ausgeschlossen
(OLG Köln, a.a.O., Rn. 944).
Vorlage Nr.: 310/2015 . Seite 3 / 3
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH hält das OLG Köln auch eine Auslegung des deutschen Rechts, die
zu einer generellen Freistellung der Zugangsvermittler von Ansprüchen wegen Rechtsverletzungen im Internet führt,
nicht für möglich (so OLG Köln, a.a.O. Rn. 947, unter Verweis auf EuGH GRUR 2014, 468 - kino.to). Das OLG Köln hat
gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen, die derzeit beim BGH anhängig ist.
Da die Rechtsfragen darüber, inwieweit den Internet-Zugangsvermittler Pflichten zur Sicherung des Netzwerks treffen,
bislang nicht abschließend geklärt sind, ist ein offenes WLAN nach dem Freifunk-Modell zurzeit nicht rechtssicher möglich. Für den WLAN-Anschlussinhaber, der sich am Freifunk-Netz beteiligt, bleibt daher ein nicht unerhebliches Kostenund Prozessrisiko, als Internet-Zugangsvermittler als Störer für rechtswidrige Urheberrechtsverletzungen eines beliebigen Dritten, der mit ihm in keinerlei Verbindung steht, verantwortlich gemacht zu werden. Auch im Freifunk-Modell ist es
technisch grundsätzlich nicht ausgeschlossen, den privaten WLAN-Anschluss, über den der Dritte Zugang zum Internet
erhält, zu ermitteln. Die „Freifunker“ nutzten daher in der Vergangenheit sogenannte Virtual Private Netzworks (VPN),
die die IP-Adresse des zur Verfügung gestellten WLAN-Routers verschleiern, um die geschilderten Haftungsfälle zu
vermeiden (so Engling/Golland, Datenschutzberater Nr. 05/2015, S. 102).
Daher werden die Beteiligung der Stadt am Freifunknetz sowie die Einrichtung eines frei zugänglichen Internetzugangs
seitens der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt, solange die Rechtslage insbesondere bzgl. der Haftungsfrage
nicht eindeutig geklärt ist.
Auf die dargelegten rechtlichen Unsicherheiten wird auch im Antrag der SPD-Fraktion vom 10.6.2015 hingewiesen.