Daten
Kommune
Pulheim
Größe
184 kB
Datum
04.11.2014
Erstellt
27.10.14, 18:40
Aktualisiert
27.10.14, 18:40
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
422/2014
Erstellt am:
17.10.2014
Aktenzeichen:
III/26.1
Verfasser/in:
Herr Weßling
Vorlage zur Beratung/Beschlussfassung
Gremium
TOP
ö. Sitzung
Rat
X
nö. Sitzung
Termin
04.11.2014
Betreff
Verträge über die Lieferung von Strom
hier: Kündigung und Festlegung der Vergabekriterien ab 01.01.2017
Veranlasser/in / Antragsteller/in
CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Haushalts-/Personalwirtschaftliche Auswirkungen
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X nein
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
X ja
nein
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
ja
X nein
Finanzierungsbedarf gesamt:
(ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten)
Derzeit noch nicht
bezifferbar
€
— im Haushalt des laufenden Jahres
0€
— in den Haushalten der folgenden Jahre ab 2017
?€
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
ja
X nein
Finanzierungsvorschlag (und ggf. weitere Erläuterungen): s. Erläuterungen
Vorlage Nr.: 422/2014 . Seite 2 / 4
Beschlussvorschlag
Der Rat beschließt:
1a. Antrag der CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
bei der nächsten anstehenden Ausschreibung für den gesamten Strombedarf der Stadt den Bezug von Atomstrom auszuschließen und stattdessen zertifizierten Ökostrom zu beziehen. Dabei handelt es sich um Strom
ausschließlich aus regenerativer Produktion. Als regenerativ gilt Strom dann, wenn der stromliefernde Vertragspartner ausdrücklich den Neubau von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen in der
bestellten Menge garantiert.
alternativ
1b. Vorschlag der Verwaltung
unter Aufhebung des Grundsatzbeschlusses vom 27.09.2011, bei der nächsten anstehenden Ausschreibung
für den gesamten Strombedarf der Stadt den Bezug von Atomstrom auszuschließen und stattdessen zertifizierten Ökostrom zu beziehen.
Die Verwaltung wird beauftragt, dem Rat rechtzeitig vor der nächsten Ausschreibung Vorschläge
o
o
o
zur Definition der auszuschreibenden Ökostromqualität und
zur Definition von Anlagenkategorien der Stromerzeugungsanlagen sowie
zu den Wertungskriterien, die bei der Vergabe zu Anwendung kommen sollen,
zur Beschlussfassung vorzulegen.
Die Vorschläge sollen sich an dem Leitfaden des Umweltbundesamtes zur Beschaffung von Ökostrom (Arbeitshilfe für eine europaweite Ausschreibung der Lieferung von Ökostrom im offenen Verfahren) in seiner aktuellen Fassung orientieren.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Stromlieferverträge zum Ablauf des Lieferzeitraumes fristgerecht zu kündigen.
Erläuterungen
Es wird verwiesen auf den beigefügten gemeinsamen Antrag der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
vom 01.10.2014 (Anlage 1).
Die zuletzt durchgeführte Ausschreibung zur Lieferung von Strom wurde maßgeblich durch die E/M/S Energieconsulting
GmbH aus Münster begleitet. Die Verwaltung hat daher diesem Fachbüro den Antrag zur Stellungnahme zugeleitet.
Diese liegt zwischenzeitlich mit folgendem Inhalt vor:
Da in dem Antrag der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt wird, dass der stromliefernde
Vertragspartner ausdrücklich den Neubau von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen in der bestellten Menge garantiert, werden aus dortiger Sicht zwei unterschiedliche Leistungen miteinander gekoppelt.
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Zum Einen soll Ökostrom geliefert werden, zum Anderen soll der Stromlieferant garantieren, dass in der bestellten Menge Neuanlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen errichtet werden
Hiergegen bestehen aus dortiger Sicht erhebliche vergaberechtliche Bedenken.
Sofern mit dem Antrag allerdings gemeint sei, dass der zu liefernde Ökostrom aus Neuanlagen stammen soll, sei dies
aus dortiger Sicht durchaus umsetzbar. Allerdings müsse der Begriff „Neuanlagen“ eindeutig definiert werden. So versteht das Umweltbundesamt gemäß den Muster-Vergabeunterlagen zu den Leitfäden „Beschaffung von Ökostrom“ als
Neuanlage bei Lieferbeginn bis zu 4 Jahre alte Anlagen bei Erzeugung aus Wind, solarer Strahlung oder Biomasse und
6 Jahre alte Anlagen bei Erzeugung aus Wasserkraft und Geothermie. Dieser Definition könnte man sich anschließen.
Das Kostenrisiko dürfe jedoch bei der Beschaffung von Ökostrom aus Neuanlagen nicht außer Acht gelassen werden. In
der Regel werden in Deutschland Neuanlagen zur Erzeugung von Ökostrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) vergütet. Hierüber vergüteter Strom steht aber nicht mehr als handelbarer Ökostrom zur Verfügung, da der EEGStrom nicht doppelt vermarktet werden darf. Somit ist die verfügbare Menge an Ökostrom aus Neuanlagen begrenzt.
Auch wird für die direkte Vermarktung von Ökostrom aus Neuanlagen ein Preis erwartet, der mit den garantierten Einspeisevergütungen nach dem EEG vergleichbar ist. Die Einspeisevergütungen für EEG-Strom liegen aber je nach Art
der Erzeugung und Größe der Anlage bis zu mehrere Ct/kWh über den Großhandelspreisen vom allgemeinen Strommix.
Da wenige Erfahrungen mit Ökostrom aus Neuanlagen vorliegen, sei schwer einzuschätzen, welcher Aufpreis letztlich
im Rahmen einer Ausschreibung zu erwarten ist. E/M/S schließt einen Aufpreis von bis zu 4 Ct/kWh nicht aus. Bei einem
ungünstigen Verlauf der Ausschreibung sei auch ein höherer Aufschlag möglich.
Bei dem Stromjahresbedarf der Stadt Pulheim von ca. 8,6 Mio. kWh entspricht ein Aufpreis von 1 Ct/kWh einem
Betrag von 86.000 €/a. So dass eine jährliche Mehrbelastung von bis zu 344.000 € entstehen könnte.
Vorsorglich weist die Verwaltung darauf hin, dass nach der aktuell für den Doppelhaushalt 2015/16 erstellten Finanzplanung auch für 2017 ff. mit einem Haushaltsdefizit in Millionenhöhe (2017 – 5.731.590 €, 2018 – 763.890 €) zu rechnen
ist.
Wird Ökostrom ohne besondere Qualitätsanforderungen ausgeschrieben, sei ein Aufpreis von nicht mehr als 0,1 Ct/kWh
(ca. 8.600,00 €/a) zu erwarten. Dieser Ökostrom stammt überwiegend aus älteren, abgeschriebenen deutschen Wasserkraftwerken und aus Wasserkraftwerken aus Skandinavien oder der Alpenregion. Dem sogenannten „Greenwashing“,
also dem einfachen Umetikettieren von konventionellem Strom in Ökostrom durch Zukauf von Zertifikaten, könne
dadurch begegnet werden, dass dies in den Ausschreibungsunterlagen ausgeschlossen wird. Dadurch verteuert sich der
Strompreis nach Erfahrungen von E/M/S nicht weiter.
E/M/S schlägt vor, dass zu 100 % Ökostrom ausgeschrieben wird, unter Ausschluss des „Greenwashings“. Um den
Bietern einen Anreiz zu geben, an Stelle von einfachem Ökostrom auch Ökostrom aus Neuanlagen anzubieten, wird
hierfür dem Bieter ein Aufpreis zugestanden. Die Höhe des maximalen Aufpreises, den man bereit ist für Ökostrom aus
Neuanlagen zu bezahlen, müsse allerdings vor Beginn der Ausschreibung von der Stadt Pulheim festgelegt werden.
Dies könne dann durch die Vergabe von Zusatzpunkten in der Wertung berücksichtigt werden. E/M/S schlägt einen
maximalen Aufpreis von 1 Ct/kWh gegenüber dem günstigsten Bieter ohne Neuanlagen vor. Sollte der Aufpreis höher
liegen bzw. kein Bieter Ökostrom aus Neuanlagen anbieten, wäre aber dennoch sichergestellt, dass die Lieferung von
100 % Ökostrom vertraglich vereinbart wird.
Die Verwaltung schließt sich diesen Empfehlungen grundsätzlich an. Da es sich bei dem Ökostrommarkt jedoch um
einen vergleichsweise jungen und dynamischen Markt handelt, der stetigen Veränderungen und Entwicklungen unter-
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worfen ist, rät die Verwaltung davon ab, die Ausschreibungskriterien für eine Beschaffung, die erst in rd. zwei Jahren
durchzuführen ist, bereits heute festzulegen.
Die Verwaltung empfiehlt daher, die Kriterien erst zeitnah vor der nächsten Ausschreibung festzulegen und sich hierbei
an der dann aktuellen Fassung des Leitfadens des Umweltbundesamtes zur Beschaffung von Ökostrom (Arbeitshilfe für
eine europaweite Ausschreibung der Lieferung von Ökostrom im offenen Verfahren) zu orientieren (Anlage 2).
Die Anforderungen an die zu liefernde “Ökostromqualität“ und deren Umweltnutzen in Form von konkreten Treibhausgasemissionsreduzierungen ist darin derzeit wie folgt definiert:
Lieferung von 100 % Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien
Stromlieferung aus eindeutig beschriebenen und identifizierbaren Stromerzeugungsanlagen
Zeitlich bilanzierte Ökostromlieferung (ausgeglichene Energiebilanz innerhalb eines Kalenderjahres)
Nachweis der physikalischen Lieferung und netztechnischen Verbindung
Ausschluss der Doppelvermarktung des Umweltnutzens
Rechnerische Treibhausgas-Minderung durch die Stromlieferung aus Neuanlagen
Unter Neuanlagen werden regenerative Stromerzeugungsanlagen verstanden, die
bis zu vier Jahre vor dem 1. Januar [Kalenderjahr, in dem die Stromlieferung gemäß Ausschreibung beginnt]
bei Einsatz der erneuerbaren Energien Windenergie, Energie aus Biomasse, solare Strahlungsenergie bzw.
bis zu sechs Jahre vor dem 1. Januar [Kalenderjahr, in dem die Stromlieferung gemäß Ausschreibung beginnt]
bei Einsatz der erneuerbaren Energien Wasserkraft und Geothermie
in Betrieb genommen wurden.