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Vorlage (Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer zu Köln)

Daten

Kommune
Brühl
Größe
126 kB
Datum
18.12.2017
Erstellt
28.11.17, 17:48
Aktualisiert
28.11.17, 17:48
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Inhalt der Datei

IHK Köln, 50606 Köln An den Bürgermeister der Stadt Brühl Dieter Freytag Rathaus / Uhlstraße 3 50321 Brühl Ihr Zeichen | Ihre Nachricht vom Unser Zeichen | Ansprechpartner Hf | Achim Hoffmann E-Mail Achim.Hoffmann@koeln.ihk.de Telefon | Fax +49 221 1640-3020 | +49 221 1640-3090 Datum 21. November 2017 Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer zu Köln zum Haushalt der Stadt Brühl für das Jahr 2018 Sehr geehrter Herr Freytag, herzlichen Dank für die Übersendung des Haushaltsplanentwurfs der Stadt Brühl für das Rechnungsjahr 2018. Im Rahmen der abschließenden Beratungen im Rat erlauben wir uns, unsere Einschätzung zum Haushalt 2018 einzubringen: Die Kommunen in Deutschland haben im vergangenen Jahr einen Überschuss von 4,5 Mrd. Euro erwirtschaftet. Damit wird der beste Haushaltsabschluss seit dem Jahr 2008 erreicht. Ausschlaggebend für dieses positive Gesamtbild sind v.a. die gute Konjunktur in Deutschland, hohe Steuereinnahmen sowie eine günstige Zinslage. Das üppige Ergebnis kann jedoch bei genauerer Betrachtung keinen Grund zu allgemeiner Freude auslösen. Denn trotzt bundesweiter Milliarden-Überschüsse steckt fast jede fünfte Kommune deutschlandweit in einer Haushaltskrise. Insbesondere in vielen nordrhein-westfälischen Kommunen bleiben die teils dramatischen Finanzprobleme der vergangenen Jahre auch weiterhin bestehen. Eine grundlegende Verbesserung oder gar Trendwende bei den verschuldeten Kommunen kann damit auch im Jahr 2017 nicht erreicht werden. Vielmehr herrscht in weiten Teilen des Landes – trotz intensiver Bestrebungen vieler Kommunen – weiterhin eine strukturelle Unterfinanzierung. Auch Brühl befindet sich auf dem langen Weg der notwendigen Haushaltssanierung. Erste erkennbare und durchgreifende Konsolidierungserfolge lassen aber weiterhin auf sich warten. Eher wird der Haushalt von dem Gedanken Hoffnung und einem bangen Blick auf die 5 %-Hürde für die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes getragen. Steuererhöhung kontraproduktiv Industrie- und Handelskammer zu Köln Postanschrift: 50606 Köln | Hausanschrift: Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln | Internet: www.ihk-koeln.de Tel. +49 221 1640-0 | Fax +49 221 1640-1290 21. November 2017 | Seite 2 Für das anstehende Haushaltsjahr 2018 weist der Ergebnisplan ordentliche Erträge i.H.v. rund 113,0 Mio. Euro sowie ordentliche Aufwendungen i.H.v. rund 126,3 Mio. Euro aus. Zusammen mit dem Finanzergebnis beläuft sich das geplante Defizit auf über 15,3 Mio. Euro. Dieser Fehlbetrag würde noch größer ausfallen, sähe der Haushaltsplanentwurf nicht wiederum eine Gewinnabführung der Tochtergesellschaft in Höhe von 0,8 Mio. Euro und zur Steigerung der eigenen Ertragskraft eine massive Anhebung des Hebesatzes für 2018 bei der - Gewerbesteuer von 430 v.H. auf 460 v.H. vor. Die Stadt folgt damit dem Beispiel anderer Kommunen im Rhein-Erft-Kreis, welche Steueranpassungen bereits innerhalb der letzten Jahre angegangen sind oder im anstehenden Haushaltsjahr planen. Alleine durch diese Anhebung des Realsteuer-Hebesatzes zu Lasten der ortansässigen Unternehmen erwartet die Stadt Brühl Mehreinnahmen von ca. 1,0 Mio. Euro. Allerdings kommen diese geplanten Mehreinnahmen voll der Stadt Brühl zu Gute, liegt der neue Hebesatz doch oberhalb des fiktiven Hebesatzes im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes und hat damit keine Auswirkungen für die Steuerkraftberechnung, wie z. B. für die Kreisumlage. Nach wie vor gehören die Realsteuerhebesätze zu den bedeutendsten Standortfaktoren und sind für Ansiedlungsentscheidungen, aber auch für das Verbleiben von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmerinnen und Unternehmern an einem Ort, von besonderer Relevanz. Auf den ersten Blick ist die Erhöhung bei der Gewerbesteuer noch als moderat einzustufen, hält sich der Realsteuerhebesatz doch auch nach der Erhöhung noch im unteren Bereich vergleichbarer Kommunen im Rhein-Erft-Kreis oder im Durchschnitt auf Landeseben auf. Gleichwohl signalisiert die Stadt in entscheidendem Maße ihre „Ansiedlungsfreundlichkeit“ und schwächt langfristig so ihre Wirtschaftskraft. Ist es doch gerade die Wirtschaft, die mit ihren guten Steuerzahlungen bei der Gewerbesteuer in Höhe von geplanten 21,6 Mio. Euro und ihrem Anteil an der Einkommensteuer einen Großteil der Aufwendungen des Haushaltes finanziert. Daher sind auch der Ausbau und der Erhalt von Gewerbeflächen sowie der Schutz bestehender Betriebe entscheidende Beiträge, die den Brühler Haushalt auf der Einnahmeseite stärken. Die Flächen für Gewerbe und Industrie haben in den vergangenen 20 Jahren um etwa 20 % abgenommen. Aber auch in der Vergangenheit hat die Wirtschaft erhebliche Zahlungen bei der Gewerbesteuer geleistet (in 2016 über 27 Mio. Euro) und damit dazu beigetragen, dass für das Haushaltsjahr 2016 ein originärer Haushaltsausgleich mit einem leichten Überschuss von knapp 32.000 Euro erzielt wurde. Für das Haushaltsjahr 2017 zeichnet sich schon jetzt ab, dass das ursprünglich eingeplante Defizit in Höhe von 3,3 Mio. Euro unterschritten wird. Allerdings reichen die guten Steuerzahlungen der Wirtschaft nicht aus, um die strukturelle Haushaltslücke vollständig in 2017 auszugleichen, die schon in 2014 von der Gemeindeprüfungsanstalt mit 9,3 Mio. Euro ermittelt wurde. An den Steuerzahlungen der Unternehmen liegt es nicht, dass der Haushalt der Stadt Brühl in seiner Grundstruktur defizitär ist. 21. November 2017 | Seite 3 Bürde Soziallasten und Jugendhilfe Die überwiegend desolate Haushaltslage der meisten NRW-Kommunen lässt sich sicherlich nicht allein auf die besondere Sozialhilfeproblematik reduzieren. Manches mag auch mit Leistungs- und Ausstattungsstandards hierzulande zu tun haben, wahrscheinlich auch mit dem Kommunalisierungsgrad und den korrespondierenden, möglicherweise unzureichenden Bundes- und Landeszuweisungen. Zumindest mitverantwortlich sind sie jedoch für die weitverbreitete Misere. Nachdem Bund und auch das Land Nordrhein-Westfalen bei einer Vielzahl von sozialen Leistungen die anteilige oder vollständige Finanzierung übernommen haben, wäre es wünschenswert, wenn auch die Kosten für die geduldeten Flüchtlinge, wovon alleine auf Brühl etwa ein Mehr von 3,4 Mio. Euro entfallen, zusätzlich übernommen würden. So wäre zumindest sicherstellt, dass die steigenden Defizite im Produktbereich 31 „Soziale Hilfen“ bis 2021 auf annähernd 4,2 Mio. Euro zwar nicht vollständig, aber zu einem Großteil abgefedert würden. Betrug der Zuschussbedarf im Produktbereich 36 „Kinder-, Jugend- und Familienhilfe“ in 2016 noch knapp 14,8 Mio. Euro, so soll es nach der Planung der Verwaltung in 2021 schon annähernd 18,5 Mio. Euro sein. Um diesen enormen Steigerungen in den zukünftigen Haushaltsjahren zu begegnen, ist es sicherlich notwendig, neue Wege zu beschreiten. Hier könnten erste Gedanken der Verwaltung sich als hilfreich erweisen, ein Case Management, also eine ganzheitliche Fallbetrachtung, einzuführen. Personalkosten Wichtigster Ausgabenblock sind nach wie vor die Personalkosten. Die Orientierungsdaten des Landes sehen für die Jahre 2018 bis 2021 bei den Personalausgaben ein Wachstum von 1 % vor. Demgegenüber ist in Brühl bei den Personalaufwendungen und den Versorgungsaufwendungen ein Anstieg von 35,6 Mio. Euro in 2017 auf 37,8 Mio. Euro in 2018 vorgesehen. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 6,2 %, wobei die Steigerungsrate bei den reinen Personalkosten immer noch bei 5,7 % liegt und damit weit über den von Politik und Verwaltung angedachten 2 %. Mit zusätzlichen Stellen im Bereich der Feuerwehr oder Kindergärten lässt sich diese enorme Steigerung der Personalkosten nicht erklären. Ist es doch der Produktionsbereich 11 „Innere Verwaltung“ mit einem Zuschussbedarf von etwa 12,5 Mio. Euro in 2018 gegenüber 7,4 Mio. Euro in 2017 der dabei besonders auffällt. Hier steigen die Personalkosten im Zeitraum 2016 von 5,7 Mio. Euro bis 2021 auf 8,2 Mio. Euro an. Kreisumlage Das Leid der steigenden Finanzkraft der Stadt Brühl besteht in dem „Umlageunwesen“, wodurch die erzielten Steuermehreinnahmen in einem erheblichen Maße wieder aufgezehrt werden. Neben Mehrausgaben für die Gewerbesteuerumlage erhöht sich vor allen Dingen die Kreisumlage. In Brühl stellt die Kreisumlage mit 26,0 Mio. Euro einen der größten Ausgabenposten dar. Ob eine Entlastung der Kreisumlage angesichts des Wegfalls der gestiegenen Umlagegrundlagen zu erwarten ist, darüber 21. November 2017 | Seite 4 kann zurzeit nur spekuliert werden. Festzuhalten bleibt, dass die Kreisumlage in Höhe von 40,5 Prozent ein belastendes Ausmaß angenommen hat und kreisangehörige Kommunen über Gebühr strapaziert. Von den Steuereinnahmen, die Brühl erzielt, sind gut 40 Prozent an den Kreis abzuführen. Dies macht die finanzielle Dimension deutlich. Es erscheint damit dringlich geboten, dass sich auch der Kreis in einem Akt kommunaler Solidarität den gleichen Maßstäben unterwirft wie die zugehörigen Kommunen und zu einer umlageschonenden Hebesatzpolitik zurückkehrt. Alleine durch eine Anpassung des Umlagesatzes des Kreises an die gestiegenen Umlagegrundlagen ergäbe sich nach Berechnungen des Kämmerers so eine mögliche Einsparung von mindestens 1,6 Mio. Euro für die Stadt Brühl. In Brühls Zukunft investieren Wie schwierig sich die Haushaltslage der Stadt Brühl auch in den kommenden Jahren gestalten wird, zeigt die mittelfristige Finanzplanung. Statt im Haushalt finanzielle Handlungsspielräume für eine angemessene Eigenfinanzierung städtischer Investitionen zu erwirtschaften, wird auch für die nächsten Jahre weiterhin mit erheblichen Deckungslücken gerechnet. Infolgedessen steigen die Verbindlichkeiten aus Krediten für Investitionen von 2016 in Höhe von 97,5 Mio. Euro auf 150,7 Mio. Euro Ende 2018 an. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, sich auf die wirklich wichtigen Maßnahmen zu konzentrieren und diese auch zeitnah umzusetzen. Parallel bedarf es eine Neuausrichtung des städtischen Vermögens, um so die notwendigen Mittel für zukunftsweisende Investitionen zu schaffen. Wir halten von daher den Erwerb von Grundstücken für neue Gewerbeansiedlungen in Höhe von 4,0 Mio. Euro für durchaus sinnvoll. Fazit Auch wenn die städtische Finanznot nicht überwiegend hausgemacht ist, sondern hohe Sozialausgaben und eine insgesamt unzureichende Finanzausstattung die Ursachen sind, wird die Stadt Brühl aktuell und auch künftig nicht von eigenen Sparanstrengungen entbunden, gibt es für die nächsten Jahre in Brühl zu den zaghaften Konsolidierungsbemühungen keine ernsthafte Alternative - im Gegenteil, die Bemühungen müssen noch über die jetzigen Vorgaben von 2 % Verbesserung bis zum Haushalt 2018 gegenüber weiter ausgebaut werden. Wie die Vergangenheit deutlich gezeigt hat, besteht ein strukturelles Defizit im Haushalt von mindestens 11 Mio. Euro. Hierauf hat der Kämmerer in seiner Haushaltsrede ja schon hingewiesen. Aber auch die rasant steigenden Kassenkredite bis auf 22,4 Mio. Euro Ende 2018 geben deutliche Hinweise auf die Fehlsteuerung des Haushaltes. Bereits in unserer Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf 2006 haben wir uns intensiv mit den Konsolidierungsbemühungen auseinandergesetzt: „Wir geben zu bedenken, den „Dauerauftrag Defizitreduzierung“ im Stadtrat prioritär anzugehen und Vorschläge zur nachhaltigen Haushaltssanierung, bspw. in Form eines Leitsatzprogramms, zu unterbreiten.“ Dieser Hinweis hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Wir könnten uns durchaus vorstellen, dass noch erhebliche Potenziale im Haushalt zu entdecken sind. Diese zu heben sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden, umso die Wende von einem Mittelverzehr hin zu dem Aufbau einer Rücklage zu schaffen. 21. November 2017 | Seite 5 Wir appellieren an Rat und Verwaltung der Stadt Brühl, eine Entscheidung über die Steuererhöhung im sachlichen Zusammenhang mit den Konsolidierungsmaßnahmen sowie einer genauen finanziellen Folgenabschätzung vorzunehmen. Die geplante Steuererhöhung wird bei den ortsansässigen Unternehmen keine Freude auslösen. In Zeiten sprudelnder Steuerquellen auf Bundes- und Landesebene kommen diese zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Wir bitten, unsere Anmerkungen bei den abschließenden Haushaltsplanberatungen zu berücksichtigen. Für eine Übersendung des beschlossenen Haushaltsplans zu gegebener Zeit wären wir Ihnen sehr verbunden. Wir haben uns erlaubt, eine Kopie der Stellungnahme an den Kämmerer und die Fraktionsvorsitzenden zu schicken. Mit freundlichen Grüßen Industrie- und Handelskammer zu Köln Im Auftrag Achim Hoffmann stellv. Geschäftsführer I Leiter Steuern und Gesellschaftsrecht Geschäftsbereich Recht und Steuern