Daten
Kommune
Brühl
Größe
230 kB
Datum
20.02.2017
Erstellt
14.02.17, 18:26
Aktualisiert
14.02.17, 18:26
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Sachbearbeiter/in
Aktenzeichen
Datum
Vorlagen-Nr.
20/1
Assenmacher
20 20 05
14.02.2017
84/2017
(194/2012)
Betreff
Kommunaler Bürgerhaushalt
Bezug: Antrag Die Linke & Piraten Partei vom 05.02.2017 (Vorlage 65/2017)
Beratungsfolge
Rat
Finanzielle Auswirkungen
X
X Ja
Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK / KST
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
BGM
Zust. Dez.
Freytag
Zust. Dienststelle
Kämmerer
Jülich
Radermacher
RPA
Beschlussentwurf:
Der Rat nimmt den Bericht des Bürgermeisters zur Kenntnis.
Erläuterungen:
1. Allgemeine Informationen
Zum Thema Bürgerhaushalt wurden in den letzten Jahren bereits mehrfach Anträge,
insbesondere von der Fraktion der Linken gestellt. Eine mit Vorlage 194/2012 vorgelegte
umfangreiche Stellungnahme des damaligen Kämmerers ist der Einladung unter diesem
Tagesordnungspunkt nochmals beigefügt.
Ein Bürgerhaushalt ist ein Instrument der Bürgerbeteiligung bei Fragen rund um die
Verwendung von öffentlichen Geldern. Die Bevölkerung wird dabei aktiv in die Planung
von öffentlichen Ausgaben und Einnahmen einbezogen. Dieser beteiligungsorientierte
Ansatz unterscheidet sich grundlegend vom traditionellen Modell "Verwaltung plant, Politik
entscheidet".
Immer mehr Städte und Gemeinden führen Beteiligungsverfahren zum kommunalen
Haushalt ein. Sie geben damit den Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit, ihre
Ideen einzubringen und zu diskutieren, wofür die Stadt ihre Gelder ausgeben soll. Auf
Landes- oder Bundesebene gibt es in Deutschland bisher keinen Bürgerhaushalt.
Die Kernphasen jedes Bürgerhaushaltes sind:
a) Information
Die Einwohner werden durch Öffentlichkeitsarbeit über den Haushalt informiert und für den
Bürgerhaushalt mobilisiert.
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b) Beteiligung
Bürgerinnen und Bürger können ihre eigenen Ideen und Prioritäten einbringen, ob nun als
„Berater“, indem sie ihre Vorschläge an Politik und Verwaltung adressieren, oder als
„Entscheider“ über ein konkretes Budget, wobei die endgültige Entscheidung dem Rat und
somit den vom Volk gewählten und legitimierten Vertretern obliegt. Zentrales Element
neben der Einbringung von eigenen Ideen ist der öffentliche Diskurs, zum Beispiel bei
Versammlungen oder übers Internet. Darüber hinaus können auch konkrete
verwaltungsseitige Vorschläge durch die Bürger kommentiert und bewertet werden.
c) Rechenschaft
Die Verfahrensorganisatoren geben Auskunft über die Ergebnisse der Beteiligungsphase.
Es wird kommuniziert und begründet, welche Ideen der Bürger umgesetzt oder nicht
umgesetzt wurden.
Quelle: http://www.buergerhaushalt.org/de (aufgerufen am 07.02.2017).
2. Beispiele der Städte aus dem Antrag und weiterer Städte
Im Folgenden werden zunächst unter 2.1 Beispiele der in dem Antrag genannten Städte
betrachtet. Anschließend werden unter 2.2 weitere Beispiele anderer Städte aufgezeigt.
2.1 Beispiele der Städte aus dem Antrag der Ratsfraktion
Nachfolgend werden die in dem Antrag der Ratsfraktion angesprochenen Beispiele der
Städte Hamm, Köln und Hilden kurz aufgezeigt.
2.1.1 Bürgerhaushalt Hamm
Die Stadt Hamm nahm von November 2000 bis Juni 2004 an dem von der Bertelsmann
Stiftung und dem Innenministerium NRW initiierten Modellprojekt „Kommunaler
Bürgerhaushalt“ teil.
Das Projekt setzte sich zum Ziel, ein Verfahren zur Bürgerbeteiligung bei der
Haushaltsaufstellung zu entwickeln, praktisch erproben und dokumentieren. Aufbauend
auf diesen Erfahrungen sollte der kommunale Haushalt bürgernäher und besser
verständlich gemacht werden.
Neben Hamm nahmen die Städte Castrop Rauxel, Emsdetten, Hilden, Monheim und
Vlotho an diesem Projekt teil. Nach Abschluss des Modellprojektes scheinen in Hamm die
Aktivitäten zum Bürgerhaushalt eingestellt worden zu sein, da sich nichts mehr über das
Projekt finden lässt.
2.1.2 Bürgerhaushalt Köln
Der Bürgerhaushalt in Köln ist bereits zum festen Bestandteil der Haushaltsplanungen
geworden. Bürgerinnen und Bürger werden informiert und können direkt an den
Haushaltsplanungen mitwirken. Sie können sich dazu an der Planung von
Sparmaßnahmen, Einnahmen und Ausgaben beteiligen. Gegenstand des Verfahrens ist
der gesamte Haushalt. Die Beteiligung erfolgt hauptsächlich über das Internet und
ergänzend über nicht-internetbasierte Kanäle. Bürgerinnen und Bürger können Vorschläge
für den Haushalt einbringen.
Die Stadt Köln hat hierzu eine eigene Plattform im Internet eingerichtet, die unter
folgendem Link abrufbar ist: https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2016/. Der Link führt
direkt zum Bürgerhaushalt 2016.
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Auszug aus dem Portal der Stadt Köln zum Bürgerhaushalt 2016:
„Am 27. November 2016, um punkt 24 Uhr, wurde der Online-Dialog zum Bürgerhaushalt
2016 beendet. Im Haushaltsplan 2016 stehen für die Umsetzung der Vorschläge für jeden
Stadtbezirk 100.000 Euro zur Verfügung.
Im diesjährigen Verfahren sind in der Zeit vom 24. Oktober bis 27. November 2016
insgesamt 854 Vorschläge, 1.334 Kommentare und 39.359 Bewertungen von 6.058
Teilnehmenden eingegangen. Somit liegt im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von
rund 30 Prozent vor.
Durch die Bewertungen* ergibt sich eine Bestenliste mit den Top 25 - Vorschlägen für
jeden Bezirk plus den Top 25 – Vorschlägen von bezirksübergreifender Bedeutung. Diese
werden nun der Fachverwaltung zur Prüfung und Stellungnahme hinsichtlich ihrer
Umsetzungsmöglichkeiten und finanziellen Auswirkungen vorgelegt.
*Hinweis: Der Rang eines Vorschlags errechnet sich aus der Differenz seiner ProStimmen minus der Contra-Stimmen. Bei Differenzgleichheit von Vorschlägen erhält der
Vorschlag mit der höheren Anzahl von Pro-Stimmen den höheren Rang.
Anschließend werden die Vorschläge an die jeweiligen Bezirksvertretungen weitergeleitet,
die die Vorschläge vorberaten. Abschließend erfolgt die Beratung und Entscheidung durch
den Finanzausschuss und Rat der Stadt Köln. Diese wird dann auf dieser Internetplattform
veröffentlicht.“
Quelle:
https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2016/node/2092
07.02.2017).
(aufgerufen
am
2.1.3 Bürgerhaushalt Hilden
Der Hildener Bürgerhaushalt ist aus einem Pilotprojekt des Innenministeriums NRW und
der Bertelsmann Stiftung entstanden. Hilden war eine von sechs Projektkommunen, die für
den Zeitraum von 2002 bis einschließlich 2004 erproben sollten, wie man die Bürger an
der Entstehung des Haushalts beteiligen kann.
Seit Beginn des Projektes führt die Verwaltung nun jährlich eine Veranstaltung durch, auf
der den Bürgerinnen und Bürgern Hildens aufgezeigt wird, wie sich die Finanzen
entwickeln. Darüber hinaus haben die Teilnehmer die Möglichkeit sich aktiv an dem
Entstehungsprozess zu beteiligen. Es folgt ein Auszug von der Internetseite der Stadt
Hilden:
„Grundsätzlich lässt sich der Hildener Bürgerhaushalt in drei Phasen teilen:
1. Information der Bürgerinnen und Bürger
Ziel ist es dem Bürger zu erklären, was Haushalt eigentlich bedeutet und was er alles
umfasst. Neben rechtlichen und formalen Umständen, die uns durch Gesetze vorgegeben
sind, wollen wir auch die Hintergründe zur Entstehung dieses Zahlenwerks geben und
insbesondere darüber informieren, wie Sie sich in diesen Prozess einbinden können.
2. Beteiligung am Haushalt
Da der Haushalt ein komplexes Zahlenwerk darstellt, welches nicht innerhalb weniger
Minuten zu durchschauen ist, liegt es an uns, Ihnen dabei zu helfen es zu verstehen und
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mit Ihren Ideen und Anregungen zu verknüpfen. Dies ist Ihre Chance, aktiv Einfluss auf
das Geschehen in Hilden zu nehmen .
3. Rechenschaft
Damit Ihre Bemühungen auch entsprechend gewürdigt werden, verarbeitet die Verwaltung
die Ergebnisse und legt sie dem Rat zur Entscheidung vor. Die getroffenen
Entscheidungen werden Ihnen dann auch mitgeteilt.
Da die mit diesem Projekt durchweg gute Erfahrungen gesammelt wurden und die
Rückmeldung der Teilnehmer überwiegend positiv war, wurde nach Beendigung der
Projektphase der Kommunale Bürgerhaushalt weiterhin durchgeführt. In den Jahren 2005
bis heute wurde in verschiedener Form der Haushalt der Stadt Hilden präsentiert und die
Bürger und Bürgerinnen an dem Entstehungsprozess beteiligt.“
Quelle:
https://www.hilden.de/sv_hilden/Unsere%20Stadt/Rathaus/Amt%20f%C3%BCr%20Finanz
service/B%C3%BCrgerhaushalt/ (aufgerufen am 07.02.2017).
2.2 Weitere Beispiele anderer Städte
Nachfolgend werden weitere Beispiele der Städte Bonn, Münster und Frankfurt am Main
beschrieben.
2.2.1 Bürgerhaushalt Bonn
Seit 2011 stellt die Stadt Bonn einen Bürgerhaushalt auf. Hierzu hat die Stadt Bonn hat ein
eigenes Internetportal mit der Firma Zebralog GmbH & Co. KG entwickelt. Für das
Erstellen und Einrichten einer solchen Plattform müsse man laut Herrn Lahmann mit
Kosten in Höhe von 10.000 € bis 15.000 € rechnen, je nachdem was man damit alles
durchführen möchte (bspw. vorschlagbasiertes Verfahren).
Die laufenden Kosten für die Plattform belaufen sich auf ca. 6.500 €. Diese Kosten werden
in den Bonner Haushalt für Updates und andere Bearbeitungskosten eingestellt. In Jahren,
in denen kein großer Bearbeitungsaufwand stattfinden muss, werden auch nur 50% der o.
g. laufenden Kosten benötigt.
Man sollte mindestens eine Person (in der Kämmerei oder beim Bürgermeisterbüro) als
Koordinierungsstelle einplanen. Diese Koordinierungsstelle sollte die Kämmerei und die
Politik bzw. Verwaltung und Politik miteinander verknüpfen können. Diese Person ist
Ansprechpartner für die Bürger und sammelt die Vorschläge, filtert diese und beantwortet
Bürgerfragen. Bis 1.000 Vorschlägen ist mit einem zeitlichen Aufwand von ca. 10 Stunden
pro Woche zu rechnen.
Die Vorschläge werden über die Internetplattform gesammelt und danach an die jeweiligen
Fachbereiche zwecks Stellungnahme weitergeleitet. Einige Vorschläge müssen vorab
nach Umsetzbarkeit und Rechtmäßigkeit gefiltert bzw. überprüft werden. Antworten über
die Umsetzbarkeit (Rechtmäßigkeit oder Zuständigkeit) zu diesen Vorschlägen sollten
zeitnah erfolgen – ähnlich wie bei der Plattform „Achtet auf Brühl“. Ferner muss über den
aktuellen Beratungsstand informiert werden. Die Stadt Bonn empfiehlt eine Abteilung
Bürgerbeteiligungen einzurichten, sofern geplant ist, eine ganzjährige Ideen- und
Beschwerdeplattform für die Bürger einzurichten. Die Stelle kann laut Bonn z. B. auch als
Stabsstelle oder im Bereich des Bürgermeisterbüros eingerichtet werden.
Im ersten Jahr hatte die Stadt Bonn ca. 15.000 registrierte Nutzer. Dies lag daran, dass
dieses Verfahren neu war und viele es ausprobieren wollten. In den Folgejahren sanken
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die Nutzerzahlen und Bonn kann jährlich von 3.000 bis 4.000 Nutzern ausgehen. Im
Schnitt kann man mit 1 – 2 % der Bevölkerung rechnen.
Die Partizipationsmöglichkeit eines solchen onlinebasierten Vorschlags-/Beschwerde/Ideenmanagement (Bürgerbeteiligungsmanagement) wird als sehr wichtig und wertvoll
betrachtet, um die Bürger aktiv am Haushalt der Stadt zu beteiligen und das Verständnis
für die komplexen Zusammenhänge zu verbessern.
Die
Internetplattform der Stadt Bonn ist unter folgendem Link zu erreichen:
https://www.bonn-macht-mit.de/.
2.2.2 Bürgerhaushalt Münster
Die Einrichtung eines Bürgerhaushaltes wurde 2011 vom Rat beschlossen. In der Vorlage
0029/2011 wurde mit Kosten von 30.500 € gerechnet. Von diesen Kosten entfallen auf die
Produktgruppen
„Finanzund
Beteiligungsmanagement“
15.000
Euro
für
Öffentlichkeitsarbeit und Vor-Ort-Veranstaltungen und 13.500 Euro für die Erstellung der
Internetplattform. Darüber hinaus ist nach heutiger Einschätzung mit Folgekosten für
Betrieb, Wartung und kleinere Anpassungen der Internetplattform in Höhe von jährlich ca.
2.000 Euro zu rechnen. „Stadt- und Regionalentwicklung, Stadtplanung“ in Höhe von
5.000 Euro (Durchführung einer Bürgerumfrage als Teil des Bürgerhaushalts). Beim
Bürgerhaushalt 2016 gingen 117 Vorschläge von insgesamt 2.963 registrierten
Teilnehmern ein, es wurden 484 Kommentare verfasst und
3.865 Bewertungen
abgegeben.
2.2.3 Bürgerhaushalt Frankfurt am Main
Der Bürgerhaushalt wurde gegen die Ideenplattform „Frankfurt fragt mich“ getauscht, doch
auch sie wird nur von wenigen genutzt. Hier lebt auch der "Frankfurter Bürgerhaushalt" als
"Ideenplattform" weiter. Vorschläge und Anregungen können direkt über die Website oder
per Brief, Fax und Telefon eingereicht werden. Finden sich für eine Idee mindestens 200
Unterstützer, wird sie vom zuständigen Fachdezernat geprüft und dem Magistrat
vorgelegt,
der
über
das
Verfahren
online
berichtet.
Auch
die
Stadtverordnetenversammlung ist in diesen Prozess mit einbezogen und erhält
halbjährlich
einen
Bericht.
Quelle:
http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2778&_ffmpar[_id_inhalt]=29578399
(aufgerufen am 07.02.2017).
Zweimal hat die Stadt versucht, die Bürger an dem Haushalt zu beteiligen. Mit wenig
Erfolg. Nur 6300 Frankfurter haben in den Jahren Vorschläge gemacht, für was die Stadt
mehr Geld ausgeben soll. Der Bürgerhaushalt wurde nun gegen die Ideenplattform
„Frankfurt fragt mich“ (www.ffm.de) getauscht. Die Nutzerzahlen sind niedrig, und es gibt
Hürden. Acht Wochen, nachdem ein registrierter Nutzer der Stadt einen Vorschlag
gemacht hat, muss er 200 Unterstützer gefunden haben. Erst dann greift das zuständige
Dezernat die Idee auf, nimmt Stellung, bevor der Magistrat darüber entscheidet. Die Uhr
tickt momentan für 189 Vorschläge. Quelle: Frankfurter Rundschau vom 22.09.2014.
3. Vor- und Nachteile eines Bürgerhaushalts
Ein Bürgerhaushalt hat Vor- und Nachteile, die im Folgenden kurz dargestellt werden.
Diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend und bezieht sich auf die
offensichtlichen Vor- und Nachteile.
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3.1 Vorteile
Die Aufstellung eines Bürgerhaushaltes führt zu einer größeren Transparenz über die
Verwendung öffentlicher Mittel und kann somit das Vertrauen der Bürger in die Politik
stärken. Darüber hinaus kann ein Bürgerhaushalt zu einem besseren Verständnis der
komplexen kommunalen Finanzen führen und somit Entscheidungen der Politik
nachvollziehbarer machen. Die Bürger können den Bürgerhaushalt aktiv mitgestalten bzw.
sich daran Beteiligen (demokratischer Prozess), was zu einer Steigerung der Identifikation
mit der Stadt und zur Förderung des politischen Interesses führen kann.
Die Stadt Brühl erhält durch die Durchführung eines Bürgerhaushalts wertvolle Hinweise
aus der Bevölkerung und erhält darüber hinaus ein Meinungsbild der Bürgerinnen und
Bürger. Somit kann die Stadt Brühl besser auf bestimmte Bedürfnisse der Bürgerinnen
und Bürger eingehen.
Ein Bürgerhaushalt trägt zusätzlich zur Legitimation politischer Entscheidungen bei, indem
der Politik die Bedürfnisse der Bevölkerung zugetragen werden und aufgrund dessen
politische Entscheidungen „bürgerfreundlich“ ausfallen.
3.2 Nachteile
Ein Bürgerhaushalt bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Nachfolgend sind daher auch
einige Nachteile aufgeführt, die berücksichtigt werden sollen.
Eine geringe Beteiligung einzelner Bürger birgt die Gefahr der Bestimmung durch Wenige.
Darüber hinaus ist die Gefahr der Mehrfachabstimmung gegeben, sofern keine eindeutige
Identifikation der Person (online) möglich ist. Die Möglichkeit der anonymen Beteiligung
fördert diese Gefahr. Bürgerinnen und Bürger verfolgen meist eigene Interessen und nicht
das Gemeinwohl.
Bürgerhaushalte sind zeitaufwändig und kostenintensiv. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist
daher genauestens abzuwägen. Fraglich ist, ob der zusätzliche Aufwand personell
gestemmt werden kann. Der Informationsfluss muss zu jeder Zeit gegeben sein
(Informationsveranstaltungen durchführen, Anfragen beantworten, Vorschläge sammeln,
Vorschläge beschließen und das Ergebnis mitteilen, etc.). Über den zeitlichen Aufwand
hinaus fallen für Zeitungsanzeigen, die Internetplattform (Einrichtung, Betrieb, Verwaltung,
etc.), Formulare und ggf. weitere schriftliche Korrespondenz Kosten an, die den
Bürgerhaushalt unnötig teuer werden lassen können.
Unqualifizierte Vorschläge müssen ebenso beraten werden, wie Vorschläge, die sich
umsetzen lassen. Aufgrund der Komplexität eines städtischen Haushalts ist mit
unqualifizierten Vorschlägen, die sich nicht umsetzen lassen, zu rechnen, die jedoch
ebenfalls beantwortet werden müssen.
Bei den Bürgerinnen und Bürgern können durch die Möglichkeit der Abgabe von
Vorschlägen („Wünschen“) falsche Erwartungen geweckt werden, die in
Politikverdrossenheit münden, sofern die Vorschläge abgelehnt oder nicht umgesetzt
werden.
Kosten:
Insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit und die Korrespondenz mit den Bürgerinnen und
Bürgern verursachen erhebliche Kosten. Für eine ausreichende Information der Einwohner
müssen bspw. Flyer gedruckt und verteilt werden, Informationsveranstaltungen
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durchgeführt und Anfragen schriftlich beantwortet werden. Es ist mit Kosten in Höhe von
40.000 € bis 150.000 € zu rechnen (siehe Vorlage 194/2012 vom 26.11.2012).
Personaleinsatz:
Um die Aufgabenstellungen, die die Aufstellung eines Bürgerhaushaltes mit sich bringen
bewältigen zu können, muss mit ca. 1 Stelle in der Kämmerei bzw. im Bürgermeisterbüro
gerechnet werden. Diese Stelle fungiert als Koordinierungsstelle zwischen Bürgern und
Verwaltung bzw. Verwaltung und Politik.
4. Fazit/Stellungnahme der Kämmerei
Der Bürgerhaushalt wird insgesamt von wenig Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen.
Beispielweise beteiligten sich am Kölner Bürgerhaushalt nur ca. 6.000 Bürgerinnen und
Bürger, was für eine Stadt mit über 1 Mio. Einwohner somit einer Quote von 0,6 %
entspricht. Die Stadt Bonn teilte mit, dass man maximal mit einer Beteiligungsquote von 1
– 2 % der Bevölkerung rechnen kann. Übertragen auf Brühl würde das bedeuten, dass ca.
270 Brühler (0,6 % von 45.000) bzw. 450 Brühler (1 % von 45.000) an einem
Bürgerhaushalt teilnehmen würden.
Darüber hinaus ist die Bearbeitung der Vorschläge, Anmerkungen, Anfragen,
Bewertungen, Durchführung von Informationsveranstaltungen und Stellungnahmen mit
einem erheblichen Mehraufwand (zwei Vollzeitstellen inkl. Sachkosten von mind. 120.000
€ bis 150.000 €) verbunden. Hinzu kommen die Aufwendungen bei den einzelnen
Fachbereichen, die zu jedem Vorschlag eine Beurteilung und Stellungnahme abgeben
müssen.
Die Kosten für eine internetbasierte Plattform betragen, laut Informationen der Stadt Bonn,
geschätzt einmalig mind. ca. 10.000 € bis 15.000 € sowie jährlich laufende Kosten von
geschätzt ca. 3.500 € bis 6.500 €.
Insbesondere in Bezug auf die Kosten und des vergleichsweise geringen Nutzens bzw.
der zu erwartenden geringen Beteiligung, wird vorgeschlagen, auf eine Aufstellung eines
Brühler Bürgerhaushaltes zu verzichten.